Psychologie in Gesellschaft, Kultur und Umwelt

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Psychologie in Gesellschaft, Kultur und Umwelt
45 Massenkommunikation
Ulrike Six
Massenkommunikation ist ein umfassendes Themengebiet, dem sich nicht nur verschiedene
Massenmedien
Wissenschaftsdisziplinen (Psychologie, Publi Medienwirkungen
zistik/Kommunikationswissenschaft, Soziologie
Medienkommunikation
etc.) widmen, sondern auch innerhalb der Psy Medienpsychologie
chologie verschiedene Teildisziplinen, haupt Motive
sächlich jedoch die Medienpsychologie. Was aber
ist Massenkommunikation, um welche Medien geht es dabei, und wie lassen sich
Massenkommunikation und Massenkommunikationsforschung untergliedern?
Was sind hier Hauptthemen und Anwendungsbereiche der psychologischen
Forschung? Der vorliegende Beitrag geht auf derartige Fragen ein, befasst sich
allerdings schwerpunktmäßig mit klassischen Massenmedien (Neue Medien →
Kap. 46, Neue Kommunikationsmedien).
Schlüsselbegriffe
Begriffsbestimmung
Medien und
Kommunikation
Medien und Medienkommunikation. Massenkommunikation ist eine der beiden
Formen von Medienkommunikation (s. Abb. 45.1, sowie → Kap. 46, Neue
Kommunikationsmedien). Letztere lässt sich als Kommunikation umschreiben,
bei der Kommunikationsinhalte indirekt, bei räumlicher und/oder zeitlicher
Unabhängigkeit zwischen den Kommunikationspartnern, per Medien vermittelt
bzw. abgerufen werden. Als Medien gelten dabei alle Mittel zur Übertragung
und/oder Rezeption von Kommunikationsinhalten im Rahmen der Massenkommunikation und Medien-Individualkommunikation, wobei zwischen klassischen und Neuen Medien zu differenzieren ist.
Massenkommunikation. Die im deutschsprachigen Raum noch immer meistzitierte Definition der Massenkommunikation stammt von Maletzke (1972,
S. 1514): „Unter Massenkommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte [...] Empfängerschaft)
durch [...] Verbreitungsmittel (Medien) indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und
einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmendem)
an ein disperses Publikum [...] vermittelt werden“. „Disperses Publikum“ bedeutet dabei, dass es sich hier um eine inhomogene, nicht genauer definierte Vielzahl von Menschen handelt, die sich in der Regel nicht kennen, keine Beziehungen zueinander haben und untereinander unorganisiert sind. Diese Definition
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Teil III: Kultur, Freizeit und Umwelt
Medienkommunikation
Medien-Individualkommunikation
Massenkommunikation (MK)
Klassische MK
MK per
Neue Medien
Klassische
MK-Medien:
Audiovisuelle
Medien
(TV, Kinofilm,
veröffentlichter
Videofilm etc.)
Neue MK-Medien:
Hörmedien
(Radio,
Schallplatte,
veröffentlichte
Kassette, CD etc.)
Bildmedien
(veröffentlichte
Dias, Fotos etc.)
Printmedien
(Zeitung, Magazin,
Zeitschrift, Buch,
Flyer etc.)
(Beispiele)
Computervermittelte
Individualkommunikation
MCK
TeleCIK
kommunikation
Websites
Banner-
Werbung
Internet
Datenbanken
Web-TV
Internet-Radio
Interaktives TV
HandyInfomationsdienste
–
CIK (oft auch CMC oder im Deutschen
auch CvK): Computervermittelte
interpersonale Kommunikation
MCK (oft auch MCI): MenschComputer-Kommunikation/Interaktion
Abbildung 45.1. Massenkommunikation ist eine Form der Medienkommunikation. Das
Schema zeigt die wichtigsten Bereiche der Massenkommunikation
Medien und
Kommunikation
erscheint auch unter den Bedingungen Neuer Massenmedien brauchbar, während eine Reihe von Bestimmungsmerkmalen für Medien-Individualkommunikation nicht gelten können.
Bereiche der Massenkommunikationsforschung
Eine grobe Einteilung in Gebiete der Massenkommunikationsforschung (s. Abb.
45.2) ergibt sich aus den an Massenkommunikation beteiligten Elementen, die
Lasswell bereits 1948 in seiner bekannten Formel „Who says what in which
channel to whom with what effect?“ zueinander in Beziehung gesetzt hat:
Kommunikatorforschung (who says), Inhaltsforschung (what), Medienanalyse/
45 Massenkommunikation
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Beschreibung äußerer Rahmenbedingungen der
Medienproduktion und -verbreitung
Medienanalyse/ Medienlehre
Kommunikatorforschung
Analyse von Organisations-,
Gruppen- und Personenbedingungen der Medienproduktion
und -verbreitung
Organisationsebene
Gruppenebene
Individualebene
Inhaltsforschung
Analyse von Medienangeboten auf
verschiedenen Ebenen und
Dimensionen
Rezipientenforschung
Nutzungsforschung zu
quantitativen Aspekten der
Mediennutzung
Forschung zu Bedingungen
der Mediennutzung auf
Seiten von Individuum,
Kontext und Situation
Rezeptionsforschung:
Mediennutzungsweise und
mit ihr verbundene
psychische Prozesse
Medienwirkungsforschung
Strukturaspekte
Inhaltsaspekte
Formale/Gestaltungs-Aspekte
Abbildung 45.2. Bereiche der Massenkommunikationsforschung
Medien und
Kommunikation
Medienlehre (in which channel) und Rezipientenforschung (to whom) einschließlich Wirkungsforschung (with what effect). Dabei ist allerdings zu beachten, dass diese Gebiete – insbesondere die Rezipientenforschung – zum einen
weiter zu untergliedern sind und dass zum anderen gerade innerhalb der Medienpsychologie häufig einzelne Aspekte aus einem Gebiet mit solchen aus anderen Bereichen verknüpft werden. Darüber hinaus sei bereits hier angemerkt, dass
sich die Psychologie vorrangig mit der Rezipientenforschung und dabei insbesondere mit der Kombination von Rezeptions- und Wirkungsforschung befasst.
Medienanalyse und Medienlehre. Dieser Bereich befasst sich mit der Beschreibung der äußeren Rahmenbedingungen der Medienproduktion und -verbreitung. Hierzu gehören Themen wie Mediensystem und Medienstrukturen im
historischen und internationalen Vergleich, Medienpolitik, Medienrecht, Medienkonzentration und Medienökonomie, Medienethik und Auflagen journalistischer Arbeit, Ausbildungsstandards im Journalismus sowie technische Bedingungen und medienspezifische „Eigengesetzlichkeiten“ der Medienproduktion,
-gestaltung, -verbreitung und -nutzung. Insgesamt sind solche externen Faktoren wesentliche Rahmenbedingungen für die Kommunikator- und Medieninhaltsseite sowie letztlich auch für die Rezipientenseite, gehören jedoch weniger
zum Forschungsgebiet der Medienpsychologie als vielmehr zu dem anderer Disziplinen.
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Teil III: Kultur, Freizeit und Umwelt
45 Massenkommunikation
Medien und
Kommunikation
Kommunikatorforschung. In diesem Bereich werden Merkmale und Prozesse auf
der Kommunikatorseite als wesentliche Bedingungen der Medienproduktion
und -verbreitung analysiert. Auf der Ebene der Medienorganisationen (z.B. Sendeanstalt) interessieren dabei Fragen etwa nach der Struktur, den ökonomischen
Bedingungen und externen Abhängigkeiten, der Kommunikationsstruktur und
der inneren Pressefreiheit der jeweiligen Organisation. Auf der Gruppenebene
(z.B. Nachrichtenredaktion) spielen strukturelle Bedingungen eine Rolle (technische, finanzielle und personelle Ausstattung, Position in der Organisation etc.),
ebenso die jeweiligen organisationsexternen (z.B. Agenturen) und -internen (z.B.
Korrespondenten) Kooperationsbeziehungen. Wesentliche Variablen sind zudem den Arbeitsbeziehungen und -prozessen innerhalb der Gruppe zu subsumieren (Gruppenstruktur und -normen, Homogenität in relevanten Einstellungen, Konfliktpotential und Arbeitsklima etc.). Auf der Individualebene (z.B.
Redakteur) interessieren – neben soziodemographischen Faktoren und der professionellen Qualifikation des einzelnen Kommunikators – individuelle Orientierungen (Berufs- und Rollenselbstverständnis, soziale Einstellungen etwa zu Umweltthemen, Fremdbilder bezüglich der jeweiligen Zielgruppen, Identifikation
mit der Organisation und dem Team etc.), das Image eines Kommunikators in
der Öffentlichkeit sowie Arbeitsanforderungen und deren Übereinstimmung
mit der eigenen Qualifikation. Hinsichtlich der anfallenden Arbeitsprozesse
(Themen-/Ereignisselektion, Recherche, Auswahl, Redaktion und Gestaltung der
zu vermittelnden Informationen etc.) werden insbesondere solche Faktoren
untersucht, die die Nachrichtenauswahl beeinflussen bzw. zu erklären versuchen,
weshalb Journalisten über bestimmte Themen und Ereignisse berichten und
über andere weniger oder gar nicht. Dabei ist zum einen das Konzept des „Gatekeeping“, zum anderen das der „Nachrichtenwertfaktoren“ von Bedeutung (zusammenfassend Pürer, 2003). Insgesamt liefert die Kommunikatorforschung
gemeinsam mit der Medienanalyse/Medienlehre wesentliche Hinweise zur Erklärung von Medienangebotscharakteristika. Gleichzeitig sind jedoch auch Wechselwirkungen mit der Rezipientenseite zu beachten (z.B. wechselseitige Stereotype und Erwartungen).
Inhaltsforschung. In diesem Bereich werden strukturelle, inhaltliche und formale Merkmale von Medienangeboten auf verschiedenen Ebenen und Dimensionen
analysiert. Hierzu gehören zum einen Strukturanalysen des Angebots einzelner
Medien im Hinblick auf bestimmte Angebotsbereiche (z.B. Ressorts einer Tageszeitung, Programmstruktur eines Radiosenders, Genres eines TV-Senders),
Formate und Präsentationsformen. Eine strukturanalytische Frage wäre etwa:
Welchen Anteil haben Werbespots an der Gesamtwerbezeit eines TV-Senders
und diese am Gesamtprogramm des Senders, und welche Unterschiede bestehen
dabei zwischen einzelnen Sendern? Inhaltsanalysen des Angebots eines Mediums
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Medien und
Kommunikation
oder einzelner Angebotsbereiche richten sich dagegen auf bestimmte Inhaltskategorien wie Quantität und Qualität von Gewaltdarstellungen oder von pornographischen Inhalten etwa in Print-Magazinen, von Stereotypen in deutschen
Spielfilmen oder von politischer Berichterstattung und der „Karriere“ einzelner
Themen etwa in TV-Informationsformaten. Auf der Ebene einzelner Medienangebote kommen Spezialfragen hinzu: z.B. zum Kommunikationsstil in einer
Talkshow oder zu persuasiven Elementen einer Kampagne. Über inhaltliche
Aspekte hinaus werden bei Inhaltsanalysen oft auch formale Aspekte untersucht
wie Schnittfrequenz und Kameraperspektive, Sprechtempo eines Radiosprechers
oder Länge eines Zeitungsartikels.
Rezipientenforschung. Hierzu gehört zunächst die Nutzungsforschung, die
quantitative Dimensionen der Mediennutzung (z.B. Medienausstattung, Reichweiten von Medien und einzelnen Medienangeboten, Dauer der Nutzung einzelner Medien im Wochen- und Tagesablauf) unter Einbeziehung insbesondere
soziodemographischer Rezipientenvariablen untersucht. Auch die Medienpsychologie kombiniert derartige Variablen mit Themen, die den weiteren drei
Bereichen der Rezipientenforschung zuzuordnen sind und gemeinsam den
Hauptgegenstand der psychologischen Massenkommunikationsforschung ausmachen (vgl. Abb. 45.2): Als zweiter Bereich wäre die Forschung zu Individual-,
Kontext- und Situationsbedingungen der Mediennutzung zu nennen. Zu den am
häufigsten untersuchten personalen Bedingungen gehören rezeptions- und verarbeitungsrelevante Wissensbestände und Interessen, Persönlichkeitsfaktoren
und situationsabhängige oder überdauernde Befindlichkeiten/Stimmungen und
Motive, die unter anderem für die Selektion im Medienangebot von Bedeutung
sind. Speziell im Hinblick auf Kinder werden zudem Entwicklungsstand und
Medienkompetenz als wesentliche Voraussetzungen untersucht. Tabelle 45.1
steht als Beispiel für aktuelle Ergebnisse zu Motiven der Mediennutzung bzw.
Funktionen, die einzelnen Massenmedien attribuiert werden.
Im dritten Forschungsbereich, der Rezeptionsforschung, werden Mediennutzungsmuster und die jeweils aktuelle Nutzungsweise sowie die hiermit verbundenen psychischen Prozesse – insbesondere „Rezipientenaktivitäten“ unmittelbar vor
und während der Rezeptionssituation – untersucht. Solche „Aktivitäten“ umfassen
zum einen die Auswahl im Medienangebot, die selektive Aufmerksamkeit gegenüber genutzten Medienangeboten sowie die selektive Speicherung rezipierter Inhalte. In Verbindung hiermit sind zum anderen Informationsverarbeitungsprozesse sowie sozial-kognitive und (sozio-)emotionale Prozesse von Bedeutung,
insbesondere für anschließende Reaktionen und Wirkungen. Diese Prozesse reichen von Dekodierungs-, Bewertungs-, Gedächtnis- und Integrationsprozessen
über soziale Kognition und Urteilsbildung, eigene Elaborationen, emotionales
Involvement und Rezeptionserleben bis hin zu parasozialen Interaktionen.
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Teil III: Kultur, Freizeit und Umwelt
Tabelle 45.1. Die Tabelle zeigt Motive, Funktionen und Präferenzen der Mediennutzung.
Basis: Repräsentativdaten 2003, Personen ab 14 Jahre, die mehrere Medien zumindest mehrmals im Monat nutzen (Quelle: Oehmichen & Schröter, 2003, S. 375)
Mediennutzungsmotive/-funktionen
Stimmungs-/situationsabhängige
Medienpräferenzen
(Angaben in Prozent)
Medium wird unter den angegebenen
Medien präferiert für folgende
Funktionen:
Radio
TV
Tageszeitung
Internet
um sich zu informieren
12
31
37
19
um Denkanstöße zu bekommen
14
32
29
24
um sich besser im Alltag zurechtzufinden
20
27
38
15
Information gesamt
15
30
35
19
um sich zu entspannen
50
37
9
3
um Spaß zu haben
24
60
2
14
um den Alltag zu vergessen
(Eskapismus)
36
51
5
8
Unterhaltung gesamt
37
49
5
8
um mitreden zu können
(soziale Funktion)
13
41
37
10
um sich nicht alleine zu fühlen
([para-] soziale Funktion)
33
49
6
11
aus Gewohnheit
32
44
16
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Medien und
Kommunikation
Der vierte Bereich, die Medienwirkungsforschung, ist unter Anwendungsaspekten das wichtigste und zugleich umfassendste sowie heterogenste Teilgebiet der
Rezipientenforschung. Untersucht werden hier die mit der Mediennutzung verbundenen Wirkungen und Folgen unter Berücksichtigung des komplexen Wirkungszusammenhangs, der neben unabhängigen und abhängigen Variablen
auch die oben genannten Rezipienten- und Kontextvariablen umfasst. Dabei
liegt im Hinblick auf die Anzahl vorliegender Studien das Fernsehen auf dem
ersten Rangplatz, während Zeitschriften und Bücher sowie Tonträger – wie in
der Massenkommunikationsforschung insgesamt – die unteren Ränge einnehmen. Medienwirkungen wie auch Wirkungsstudien und -konzepte lassen sich
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Medien und
Kommunikation
auf einer Vielzahl an Dimensionen kategorisieren, von denen im Folgenden nur
einige genannt werden.
Spezifizierung der unabhängigen Variablen. (Frage: Wirkungen bzw. Folgen
wovon?) Hier sind mindestens folgende Unterscheidungen zu treffen:
Medienlandschaft, -angebot und -verfügbarkeit als solche (nutzungs- und
inhaltsunabhängige Folgen),
quantitative und qualitative Aspekte der Nutzung von (oder der Konfrontation mit) Medieninhalten (inhaltsunabhängige Wirkungen und Folgen),
Medieninhalte – Aggregatebene oder einzelne Inhalte – mit ihren jeweiligen
formalen und inhaltlichen Qualitäten (Wirkungen und Folgen rezipierter Inhalte),
Spezifizierung der abhängigen Variablen. (Frage: Wirkungen bzw. Folgen auf/
für wen, welcher Qualität und worauf?) Hier sind zunächst verschiedene Wirkungsdimensionen zu unterscheiden:
Soziale Ebene: Wirkungen auf der Makro- oder Mikroebene (innerhalb der
Psychologie interessiert vor allem die Mikro- bzw. Gruppen- und Individualebene),
Generalisierbarkeit: generalisierbare oder auf bestimmte Gruppen/Individuen
begrenzte Wirkungen,
Effektart: Stabilisierung/Verstärkung oder Veränderung; Homogenisierung
oder soziale Differenzierung/Polarisierung,
Zeitpunkt/-dauer: Wirkungen in der kommunikativen (unmittelbare Reaktionen) oder post-kommunikativen Phase (Kurz- vs. Langzeitwirkungen),
Intendiertheit, Erwartungskongruenz und Erwünschtheit: intendierte oder
unbeabsichtigte Wirkungen; innerhalb der intendierten Wirkungen: erwartungskongruente oder -diskrepante Wirkungen; innerhalb der unbeabsichtigten Wirkungen: prinzipiell erwünschte oder unerwünschte („positive“, funktionale vs. „negative“, dysfunktionale) Wirkungen,
Nutzungs-/Inhaltsbezug: nutzungs-/inhaltsunabhängige oder -abhängige Wirkungen.
Darüber hinaus lassen sich Wirkungen nach Wirkungsbereichen kategorisieren,
wobei eine solche Trennung ebenso weit verbreitet wie künstlich ist: Wirkungen
im kognitiven, sozial-kognitiven, (sozio-)emotionalen und sozialen Bereich sowie im Bereich von Verhaltens- und Handlungsweisen.
Auf theoretische Perspektiven der Wirkungsforschung und der Massenkommunikationsforschung insgesamt kann hier angesichts der Vielfalt und Heterogenität der Konzepte und Ansätze nicht eingegangen werden. Es sei lediglich
angemerkt, dass inzwischen zum einen die medienzentrierte Perspektive – auch
außerhalb der Medienpsychologie – zugunsten rezipientenorientierter Sichtweisen in den Hintergrund getreten ist. Zum anderen wurden einfache, dem Reiz^
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Teil III: Kultur, Freizeit und Umwelt
Reaktions-Schema folgende Wirkungsfragen nahezu aufgegeben zugunsten
komplexerer Wirkungsansätze, in Weiterentwicklung des „Konzepts des Aktiven
Rezipienten“ und unter Berücksichtigung von multidimensionalen Bedingungsund Einflussfaktoren, Inter- und Transaktionen sowie dynamisch-konstruktiven
Prozessen auf Seiten der Rezipienten.
Medien und
Kommunikation
Hauptthemen und Anwendungsbereiche der psychologischen
Massenkommunikationsforschung
Auf theoretischer wie auf empirischer Ebene lassen sich für die Medienpsychologie einige inhaltliche Schwerpunkte herausstellen: Unter den fokussierten Medieninhalten dominieren das Unterhaltungs- und „Affekt“-Fernsehen, Werbung,
mediale Gewaltdarstellungen und Inhalte im Rahmen der politischen Kommunikation. Auf der Rezipientenseite werden schwerpunktmäßig Variablen und
Prozesse analysiert, die sich zunächst auf die Informationsverarbeitung, die soziale Kognition und Urteilsbildung, auf Persuasionsprozesse sowie auf kognitive
Schemata und Wissen unter Rezeptions- und Verarbeitungs- und/oder Kultivierungsaspekten richten. Einen zweiten Schwerpunkt bilden Studien zum Zusammenhang zwischen sozioemotionalen Variablen und Prozessen (z.B. Stimmungen, Involvement, parasoziale Interaktionen und Beziehungen zu TV-Akteuren)
der Rezeption und Verarbeitung von Medieninhalten und deren Wirkungen. Ein
dritter, quer zu anderen Fragestellungen liegender Schwerpunkt befasst sich mit
dem Themenkomplex „Kinder und Medien“, insbesondere unter entwicklungspsychologischen sowie Präventions- und Wirkungsaspekten.
Aus dem Spektrum von Anwendungsbereichen sollen hier nur einige exemplarisch genannt werden:
Medienpädagogik (Medienerziehung/-bildung, Mediendidaktik)
Medienevaluation (u.a. unter dem Aspekt intendierter Wirkungen)
Medienkontrolle (u.a. im Hinblick auf Jugendschutzrichtlinien)
Mediengestaltung/-produktion, Optimierung medialer Präsentation
interne und externe Organisations-/Unternehmenskommunikation, PR, Marketing, Werbung
Medienberatung (z.B. für die Moderatorenauswahl und -schulung)
Kampagnenplanung und -evaluation in verschiedenen öffentlichen Bereichen
(z.B. politische, Umwelt- oder Gesundheitskampagnen).
Einführende Literatur
Pürer, H. (2003). Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Konstanz: UVK
Verlagsgesellschaft.
Vorderer, P., Mangold, R. & Bente, G. (Hrsg.). (2004). Lehrbuch der Medienpsychologie.
Göttingen: Hogrefe.
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Weiterführende Literatur
Schenk, M (2002). Medienwirkungsforschung. Tübingen: Mohr.
Perse, E. M. (2001). Media effects and society. London: Erlbaum.
Zitierte Literatur
Medien und
Kommunikation
Maletzke, G. (1972). Massenkommunikation. In C. F. Graumann (Hrsg.), Handbuch
der Psychologie (Bd. 7, S. 1511 – 1535).
Göttingen: Hogrefe.
Oehmichen, E. & Schröter, Ch. (2003).
Funktionswandel der Massenmedien durch
das Internet? Media Perspektiven, 8, 374 – 384.
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Teil III: Kultur, Freizeit und Umwelt
Pürer, H. (2003). Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Konstanz: UVK
Verlagsgesellschaft.