Schöne Tage - Kathi-Lampert

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Schöne Tage - Kathi-Lampert
Schöne Tage
DVD
Regie und Drehbuch: Fritz Lehner
© 2006 Hoanzl
Der Film „Schöne Tage“ erzählt die autobiographische Geschichte des Franz Innerhofer, der mit
etwa 6 Jahren von seiner Mutter weg gegeben wird und auf einen Bergbauernhof zu seinem
leiblichen Vater kommt. Dort herrschen raue Sitten. Er muss hart arbeiten und wird von seinem
Vater viel geschlagen. Verzweifelt versucht Franz aus der Enge und der Gewalt des väterlichen
Bauernhofes zu entfliehen: zuerst als Kind zurück zu seiner Mutter und später als Jugendlicher
als er vergeblich eine Lehrstelle im Tal zu finden versucht.
„Schöne Tage“ macht Schluss mit der Wald- und Wiesenromantik und einer verklärten Sicht auf
die bäuerliche Lebensweise. Der Filmregisseur hat dabei klugerweise nur Laiendarsteller
(wahrscheinlich alle selbst aus dem bäuerlichen Milieu) eingesetzt. Den Menschen fehlt nicht
nur die Sprache zum menschlichen und im wahrsten Sinne des Wortes „höflichen“ Umgang
miteinander, es fehlt ihnen auch ein differenzierter, menschlicher Gesichtsausdruck. Die
Darsteller blicken stier bis stumpfsinnig in die Kamera, ihr Gesichtsausdruck ist starr und
maskenhaft.
Was vermittelt der Film als gesellschaftlichen Aussagen?
1. Macht und Ohnmacht: es wird eindrücklich geschildert, dass Machtlosigkeit und Ohnmacht
auch an einer fehlenden Sprache hängt. Wer das Wort nicht kennt, wer nicht reden darf, der
hat auch keine Stimme, der kann nicht ganz frei sein.
2. Gewalt und Zwang geht nicht nur von Menschen aus, sondern wird auch vom Ort des
abgeschiedenen Bauernhofs und von einer bestimmten Lebensweise bestimmt. Am Schluss
sagt der Vater zu seinem Sohn: Du darfst diesen Bauernhof nicht verlassen. Der Sohn
antwortet: Ich gehöre dir nicht. Der Vater: Du gehörst mir nicht, aber du gehörst zum Hof.
Hier wird der Bauernhof, der dem Jungbauern ein Einkommen und Auskommen sichern soll,
zum Gefängnis.
3. Die Beziehung zu den Materialien ist wichtiger als die Beziehung der Menschen unter
einander. Eine verschüttete Milch, ein zerstörter Wagen oder kaputte Milcheimer sind
wichtiger als ein verletzter Knecht.
4. Technisierung (der Landwirtschaft) als Befreiung: Den Traktor betrachten wir heute
oftmals als Einbruch in die Idylle der Landwirtschaft. Im Film ist er das Symbol der
Befreiung, weil er die bisherigen Machtverhältnisse auf den Kopf stellt: Der jugendliche
Franz sitzt stolz auf einem 15 PS starken Traktor und zieht mühelos das Seil, an dessen
Ende der Bauer mit einer Fülle an Knechten und Mägden hilflos versucht, sich der Kraft des
Traktors entgegen zu stemmen, vergeblich wie wir mittlerweile wissen.
Christoph Schindegger