"Projekt `Du kannst was` – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können
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"Projekt `Du kannst was` – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können
PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt INFORMATION zur Pressekonferenz mit Dr. Michael STRUGL Wirtschafts-Landesrat Mag.ª Ulrike RABMER-KOLLER Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer OÖ Obfrau des Firmenausbildungsverbundes OÖ am Dienstag, 20. Jänner 2015, um 09.30 Uhr zum Thema: Projekt „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt 1 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt Wirtschafts-Landesrat Dr. Michael Strugl: „Du kannst was“ – eine oö. Erfolgsstory rund um die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften Oberösterreichs Wirtschaft kann auf den internationalen Märkten nur dann wettbewerbsfähig sein, wenn sie sich über die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen von den Mitbewerbern unterscheiden kann. Eine der größten Herausforderungen im Lande ist es daher, dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die duale Ausbildung durch das Nutzen zusätzlicher Potentiale zu ergänzen. Denn aufgrund der Bevölkerungsentwicklung wird das Potenzial für die Lehrausbildung und die daraus resultierenden Fachkräfte immer kleiner. Bereits 2008/2009 wurde daher von den Sozialpartnern und Mitgliedern des Erwachsenenbildungsforums OÖ ein neues Modell entwickelt, welches der Zielgruppe „noch formal niedrigstqualifiziert“ altersgerecht und neben ihrer Berufstätigkeit ermöglichen sollte, ihr Wissen, ihr Können, ihre Fähigkeiten, ihre Fertigkeiten noch besser zu nutzen und mittels eines Quali-Checks und daraus folgend eines Lehrabschlusszeugnisses zu dokumentieren, das Projekt „Du kannst was“. Ein Pilotprojekt wurde zügig abgewickelt und dessen Erfolg führte dazu, das Projekt „Du kannst was“ in einen Regelbetrieb überzuleiten. Eine wesentliche Zielgruppe für das Projekt „Du kannst was“ war und ist die Gruppe der (zumindest formell) Niedrigstqualifizierten. Es gibt in Oberösterreich noch immer zu viele Menschen, die über keine über den Pflichtschulabschluss hinaus führende Ausbildung verfügen – zB. der klassische Hilfsarbeiter. Diese Personen verfügen aber fast immer über ein hohes Ausmaß an beruflichen Kenntnissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Wissen - oft verbunden mit Ausbildungen ohne staatlich anerkannten Abschluss. Diesen soll ermöglicht werden, über geeignete Maßnahmen einen Lehrabschluss nachzuholen. Zur Zielgruppe gehören neben den nicht formal qualifizierten Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern auch erwachsene Frauen und Männer mit Migrationshintergrund. 2 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt Arbeitsplatzsicherheit und Sozialprestige als vordringliche Motive: Rückmeldungen seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigen, dass nicht nur die Chance auf zusätzlichen Verdienst, sondern auch die Arbeitsplatzsicherheit durch den Fachkräftestatus und das damit verbundene Sozialprestige vordringliche Motive zum erfolgreichen Abschluss dieses Projektes sind: „Endlich habe ich es schriftlich, dass ich etwas kann“ „Seit 20 Jahren habe ich darunter gelitten, keinen Berufsabschluss zu haben. Ich kann es gar nicht glauben, dass ich es jetzt geschafft habe“ „Seit ‚Du kannst was‘ weiß ich, dass ich lernen kann.“ „Niemand hat mir zugetraut, dass ich etwas lernen kann – jetzt habe ich es mir selbst bewiesen, dass ich es schaffen kann“ „Mein Selbstwert ist total gestiegen – ich mache mit dem Lernen weiter – nächstes Ziel ist die Meisterprüfung“ „Alleine die Vorbildwirkung für meine Kinder war die Mühe wert“ Weitere Erkenntnisse aus dem Projekt „Du kannst was“: Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmerhaben ihr Wissen und Können unterschätzt. Bisher eher nicht so bildungsnahe Menschen konnten davon überzeugt werden, dass Lernen auch Freude machen kann. Der Schritt zum Lehrabschluss ist für die meisten „neuen“ Fachkräfte generell der Schritt in eine neue Karriere – inklusive Vorbereitung durch Erwerb weiterer Qualifikationen wie Meisterprüfung, Matura etc. Nebeneffekt: Gelebte Integration In den Arbeits- und Lerngruppen des Projektes „Du kannst was“ wird auch Integration von Menschen mit Migrationshintergrund „gelebt“. Sehr viele Teilnehmerinnnen und Teilnehmer in den einzelnen Gruppen haben gelernt, dass sie sich von ihrem Banknachbarn eigentlich nur bezüglich der Sprache unterscheiden, nicht aber vom Streben nach beruflichem Erfolg. Das Projekt „Du kannst was“ ist so auch zu einem Integrationsprojekt geworden – und das ohne zusätzliche Aufwendungen. Rund 40 % 3 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt der Projektteilnehmer/innen haben Migrationshintergrund – mit Schwerpunkt Bosnien-Herzegowina und Türkei. Fakten zum Projekt „Du kannst was“: Seit 2011 haben 738 Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Projekt „Du kannst was“ durchlaufen. Davon sind 354 Teilnehmerinnen und Teilnehmerbereits zum Quali-Check II angetreten: 273 von ihnen haben diesen auch schon erfolgreich absolviert und ein Lehrabschlussprüfungszeugnis erhalten – das ist eine Erfolgsquote von 77,11 %. 81 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind gerade in der Phase des Quali-Checks I oder II. Weiters bereiten sich zur Zeit 195 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einen Abschluss vor. 189 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben das Programm ohne Abschluss verlassen. Aufteilung nach Berufsgruppen: Das Projekt „Du kannst was“ wird in folgenden Berufsgruppen angeboten: EINZELHANDEL METALLBEARBEITUNG BETRIEBSLOGISTIK KÖCHE GÄRTNER BÄCKER MAURER ELEKTROTECHNIK IT-TECHNIK TISCHLER PRODUKTIONSTECHNIK UNIVERSALSCHWEISSER INSTALL-u.GEBÄUDETECHNIK ENTSORGUNG/RECYCLING/Abwasser ELEKTROBETRIEBSTECHNIK 33,5 % 25,3 % 6,6 % 8,3 % 4,2 % 3,3 % 3,1 % 5,4 % 2,2 % 2,2 % 1,9 % 1,1 % 1,1 % 1,4 % 0,4 % 4 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt Aufteilung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Geschlecht: Altersstruktur: 5 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt Mag.ª Ulrike Rabmer-Koller –Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer OÖ, Obfrau des Firmenausbildungsverbundes OÖ: „LebensLangesLernen“ gilt auch für erfolgreiche Innovationsprojekte wie „Du kannst was“ Es fällt auf, dass sich sehr viele Institutionen mit dem Thema Anerkennungsverfahren informell und nonformal erworbener Qualifikationen beschäftigen (nichts anderes ist „Du kannst was“). Viele Akteure befinden sich in einer Analyse- und Konzeptphase – deshalb gilt dem Projekt „Du kannst was“ nicht nur national, sondern auch international eine besondere Aufmerksamkeit. Meist sind diese Akteure verblüfft, wie einfach und unbürokratisch „Du kannst was“ funktioniert – frei nach Erich Kästner „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. „Du kannst was“ ist ein Projekt, das vom Firmenausbildungsverbund OÖ (FAVOÖ) betrieben wird. Der FAVOÖ ist ein Verein, welcher von Land OÖ, WKOÖ und AKOÖ getragen wird. Die Finanzierung erfolgt durch das Land OÖ, die Geschäftsführung erfolgt ehrenamtlich durch Rudolf Riegler von der WKOÖ. Unterstützt wird der FAVOÖ bei der Abwicklung von „Du kannst was“ durch die VHS-Linz – die Kosten von „Du kannst was“ werden durch das Wirtschaftsreferat des Landes OÖ getragen. Dass der FAVOÖ gerade im Bereich der Fachkräfteausbildung ein durch von „Innovationstreiber“ ist, wurde schon oft bewiesen: Die Unterstützung Ausbildungsverbünden, von die Lehrbetrieben Beratung derselben Förderung durch eigene Ausbildungsberater wurde in OÖ durch den FAVOÖ auf Anregung von Sozialpartnern und Land OÖ entwickelt und 2008 von der Republik Österreich für alle österreichischen Lehrbetriebe übernommen. 6 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt Das System „Du kannst was“ wurde auf Grund der positiven Erfahrungen schon im Pilotprojekt in das bundesweit gültige Berufsausbildungsgesetz übernommen. Im Bundesland Salzburg und Burgenland ist „Du kannst was“ nach oö. Vorbild im Einsatz, andere Bundesländer zeigen Interesse. Projekt „Du kannst was“ wird noch nachgeschärft: Der Erfolg des Projektes spricht für sich. Aber gerade weil das Projekt erfolgreich läuft und gut aufgestellt ist, kann man es aus einer Position der Stärke weiter verbessern. Unverändert bleibt die Vorgangsweise mit den Schritten: Obligatorische Einstiegsberatung bei der Beratungseinrichtung des Vertrauens (AKOÖ, WKOÖ, LFI oder VHS) – diese Beratung dient zur Feststellung, ob eine Teilnahme an DKW Sinn macht oder ob man einen anderen Bildungsweg einschlagen sollte Im Rahmen von Workshops erfolgen Analysen, welche Positionen des Berufsbildes des angestrebten Berufsabschlusses schon beherrscht werden inkl. Bewertung eventuell vorliegender Zeugnisse, Zertifikate, Kursbesuchsbestätigungen etc. Überprüfung dieser Selbsteinschätzung durch Mitglieder einer Prüfungskommission der WKOÖ im Rahmen des Qualicheck I Ergänzung fehlender Kompetenzen zur Erfüllung der Anforderungen an die Prüfungsordnung des jeweiligen Lehrberufes durch Weiterbildung und Aufschulung Qualicheck II durch Mitglieder einer Lehrabschluss-Prüfungskommission der WKOÖ Ausstellung Lehrabschlussprüfungszeugnis Im Projekt zeigt sich aber auch, dass man auf Probleme eingehen muss, die bisweilen unterschätzt werden: Lernen lernen: 7 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt „Du kannst was“ wird von vielen Hilfskräften genutzt, welche zwar praktisch die Anforderungen einer Fachkraft quasi mit links erfüllen, denen aber der theoretische Unterbau fehlt. Der Unterschied von der Hilfskraft zur Fachkraft ist eben, dass die Hilfskraft eine Tätigkeit durchführt – die Fachkraft aber weiß, warum sie diese Tätigkeit genau so durchführt und welche technischen Rahmenbedingungen (besonders Sicherheitsvorschriften, Normen usw.) zu beachten sind. Hilfskräfte hatten und haben oftmals einfach Scheu vorm Lernen bzw. Prüfungsängste und scheiterten daher oft bei Schularbeiten und Lehrabschlussprüfungen. Im Rahmen von „Du kannst was“ wurde beobachtet, dass diese eingeprägte Angst vor dem Lernen oder Testsituationen sehr schwer wegzubringen ist. Daher wird es zukünftig notwendig sein, „Du kannst was“-Teilnehmer/innen noch mehr als bisher auf altersgerechte Lerntechniken hinzuweisen bzw. diese bei der Aneignung solcher Techniken zu unterstützen. Bei den Teilnehmer/innen, wo dies schon jetzt gelungen ist zeigt sich, dass die Freude am Lernen geradezu exponentiell gestiegen ist. Fach“chinesisch“ Gerade in den technischen Berufen zeigt sich, dass gerade Teilnehmer/innen mit Migrationshintergrund Probleme mit dem Verständnis der technischen Fachsprache haben. Auch wenn die Deutschkenntnisse sehr gut sind, beim Verständnis der Fachausdrücke mangelt es des Öfteren. Hier gilt es, die Teilnehmer/innen durch gezieltes Training, aber auch entsprechende Literatur (zB. Bildwörterbücher) zu unterstützen. Der FAVOÖ wird Fachleute auf diese Problematik ansetzen. Organisation Aus Kostengründen wurde bis jetzt meist zugewartet, bis sich für eine Berufsgruppe 8 bis 10 Teilnehmer/innen angemeldet hatten. Bei eher seltenen Berufen führte dies oft zu längeren Wartezeiten bis zum Start der Aus- und Weiterbildung. Der FAVOÖ wird zukünftig mit kleineren Gruppen die notwendigen Aktivitäten starten können – eine sehr sparsam und damit wirtschaftlich erfolgreiche Projektabwicklung ermöglicht das. DropOut 8 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt Wie bei allen Bildungssystemen, gibt es auch im Projekt „Du kannst was“ sogenannte DropOuts = Projekt-Teilnehmer/innen, welche vor Antritt zum Quali-Ccheck II das Projekt verlassen. Die Gründe für das vorzeitige Ausscheiden sind vielfältig: Sprachprobleme – besonders bei der Fachsprache fehlende oder falsche Lerntechniken Wartezeit, bis Gruppengröße erreicht ist Das soll durch die zuvor angeführten Maßnahmen entsprechend verbessert werden. „Du kannst was“ als Teil einer Strategie für LebensLangesLernen „Du kannst was“ ist der Beweis, dass besonders jene Mitbürgerinnen und Mitbürger noch Potentiale ausschöpfen können, die in der Vergangenheit entweder keine Chance auf eine Berufsausbildung gehabt haben oder die in ihrer Jugend die gebotenen Chancen (noch) nicht genutzt haben. Nicht zu vergessen der Wissensund Erfahrungsschatz der Migrant/innen. Das Projekt ist ein typisches Win-Win- Projekt: Die Höherqualifikation von der Hilfskraft zur Fachkraft hilft, dem Fachkräftemangel besonders in handwerklichen Berufen bzw. im Dienstleistungsbereich entgegenzuwirken. Die meisten unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund haben in ihren Herkunftsländern meist schon berufliche Erfahrungen gemacht. Verbunden mit dem in Österreich erworbenen Wissen und Kenntnissen wäre es volkswirtschaftlich beinahe leichtsinnig, diese Arbeitskräfte nicht als Fachkräfte zu qualifizieren. Viele ältere Hilfskräfte tun sich schwer mit körperlich harter Arbeit, haben aber das Potential, als Fachkraft zB komplexe Maschinen und Anlagen ihres bisherigen beruflichen Umfeldes bedienen und warten zu können. Mit einer Aufqualifizierung im Rahmen von „Du kannst was“ ist der Weg offen für Aufgaben und Tätigkeiten, die den älteren Arbeitnehmer körperlich entlasten. 9 PK Strugl/Rabmer-Koller: „Du kannst was“ – Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft: Können zählt am oö. Arbeitsmarkt Gerade der Erwerb eines formellen Berufsabschlusses hebt das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen eines Menschen ungemein. Verfolgt man die Entwicklung der bisherigen „Du kannst was“-Teilnehmer/innen stellt man fest, dass sehr viele von ihnen Geschmack am Lernen gefunden haben und der Schritt zum Lehrabschluss war für die meisten „neuen“ Fachkräfte generell der Schritt in eine neue Karriere. Erfreulicherweise meist in ihrem „alten“ Betrieb. Es bereiten sich viele schon auf die nächsten, weiteren Qualifikationen vor – ein Best Practice Beispiel für „Lebenslanges Lernen“. Den Weg zum Berufsabschluss zeigt auch eine Infoveranstaltung von AKOÖ und WKOÖ am 22. Jänner 2015 im Schloss Traun, Schlosstraße 8, auf. Anmeldung beim FAVOÖ T: 0732-330734-0 M: [email protected] Für jene, deren Kenntnisse für „Du kannst was“ noch nicht ausreichend sind, sind Qualifizierungen wie eine klassische Lehre im Rahmen eines Lehrverhältnisses oder die außerordentliche Zulassung zur Lehrabschlussprüfung ebenfalls eine Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung. Die Auswahl ist groß – es gibt keinen Grund zur Nichtqualifizierung. 10