Studie: Marktanalyse - Wasser

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Studie: Marktanalyse - Wasser
Vorbereitung und Begleitung der Erstellung des
Erfahrungsberichts 2014
gemäß § 65 EEG
im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
Marktanalyse zur Vorbereitung von
Ausschreibungen
Vorhaben IId, Wasserkraft
Projektleitung:
Dipl.-Ing. Rita Keuneke
IHS
März 2015
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
3
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung und Veranlassung ..................................................................................5
2
Überblick über Anlagenbestand .............................................................................5
2.1
2.2
2.3
3
Anzahl, Leistung, Jahresarbeit und Lage aller Wasserkraftanlagen in
Deutschland .....................................................................................................5
Detaillierte Angaben nach Leistungsklassen ..................................................10
Detaillierte Angaben nach Bundesländern......................................................16
Vermarktungsformen .............................................................................................20
3.1
3.2
3.3
3.4
EEG 2012 ......................................................................................................20
EEG 2014 ......................................................................................................20
Aktuelle Vermarktung .....................................................................................21
Zustand des Wasserkraftanlagenbestands.....................................................25
3.4.1 Ökologischer Zustand ..........................................................................25
3.4.2 Technischer Zustand ............................................................................27
3.5
4
Dauer der Vergütungszahlungen ....................................................................30
Stromgestehungskosten .......................................................................................31
4.1
4.2
4.3
Grundlage für die Berechnung der Stromgestehungskosten ..........................31
Berechnung der Stromgestehungskosten.......................................................32
Betriebskosten nach Ende der Abschreibungszeit..........................................34
5
Betreiberklientel.....................................................................................................35
6
Möglichkeiten der Systemdienstleistung von Wasserkraftanlagen ...................37
6.1
6.2
6.3
6.4
7
Zubaupotenzial ......................................................................................................40
7.1
7.2
7.3
7.4
8
Zubaupotenzial an großen Gewässern...........................................................41
Zubaupotenzial an mittelgroßen und kleinen Gewässern ...............................42
Zubaupotenzial differenziert nach Bundesländern ..........................................42
Vorgehen der Länder bei geforderter Ausweisung der vorhandenen WKPotenziale (§ 35 Absatz 3 WHG)....................................................................43
Genehmigungsregelungen und Projektrealisierungszeiten ...............................49
8.1
8.2
9
Steuerbarkeit..................................................................................................37
Organisation...................................................................................................38
Technische Eignung .......................................................................................38
Aktuelle Teilnahme am Reservemarkt ............................................................39
Relevante rechtliche Regelungen und Genehmigungsverfahren ....................49
Projektrealisierungszeiten ..............................................................................51
Grenzkraftwerke .....................................................................................................53
9.1
9.2
9.3
Kraftwerke an Hochrhein und Oberrhein mit deutschen und nichtdeutschen Anteilen.........................................................................................53
WKA in Grenzgewässern, die keine deutschen Anteile besitzen ....................53
Besonderheiten bei der Planung ....................................................................55
10 Neuentwicklungen .................................................................................................56
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
4
10.1 Technologieentwicklung in der Wasserkraft ...................................................56
10.1.1 Neuentwicklung von einzelnen Komponenten ......................................56
10.1.2 Neuentwicklung bei Wasserrädern .......................................................59
10.1.3 Fischfreundlichere Turbinen .................................................................59
10.1.4 Anlagen zur Verbesserung der Durchgängigkeit ..................................60
10.1.5 Anlagen zur Nutzung geringer Fallhöhen .............................................61
10.1.6 Standardisierte Einfachturbinen ...........................................................62
10.1.7 Weitere Entwicklungen .........................................................................62
10.2 Technologieentwicklung bei den ökologischen Maßnahmen ..........................62
10.2.1 Maßnahmen zur Herstellung der flussabwärts gerichteten
Durchgängigkeit und zum Schutz der Fischpopulationen .....................63
11 Literatur ..................................................................................................................67
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
5
1 Einleitung und Veranlassung
Nach § 2 (5) soll die finanzielle Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien bis
spätestens 2017 durch Ausschreibungen ermittelt werden. Um den Diskussionsprozess
zur Erarbeitung eines Ausschreibungsdesigns in 2015/16 zu strukturieren, plant das
BMWi Anfang 2015 eine sogenannte Marktanalyse für alle Sparten vorzulegen. Die
Marktanalyse soll die für die Entwicklung des Ausschreibungsdesigns erforderliche
Marktlage darstellen.
Die Ingenieurbüro Floecksmühle GmbH hat die vorliegende Marktanalyse mit Hilfe von
aktualisierten Daten aus dem Erfahrungsbericht 2014 gemäß § 65 EEG, Vorhaben II d
Wasserkraft, sowie
zusammengestellt.
zusätzlichen
Recherchen
bei
Behörden
und
Betreibern
2 Überblick über Anlagenbestand
2.1 Anzahl, Leistung, Jahresarbeit und Lage aller Wasserkraftanlagen in
Deutschland
In Deutschland sind über 7.300 Wasserkraftanlagen (WKA) mit einer Gesamtleistung von
ca. 5,6 GW in Betrieb. Darin enthalten ist mit knapp 1,2 GW die gesamte Leistung von
Pumpspeicherkraftwerken, die einen natürlichen Zufluss besitzen. Ca. 7.200 Anlagen
haben den Anspruch auf eine EEG-Vergütung. Der langjährige Mittelwert des genutzten
Wasserkraftpotenzials beträgt einschließlich der Erzeugung aus dem natürlichen Zufluss
der Pumpspeicherkraftwerke etwa 20,8 TWh. In diesen Werten sind die ausländischen
Anteile von WKA an deutschen Grenzgewässern und die rein für die Eigenversorgung
arbeitenden WKA nicht enthalten.
436 Wasserkraftanlagen weisen eine installierte Leistung von mehr als 1 MW auf. Das
entspricht einem Anteil von 6 %. Sie erzeugen etwa 86 % der Jahresarbeit aus
Wasserkraft. 94 % der Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung kleiner 1 MW
erzeugen nur ca. 14 % der eingespeisten Jahresarbeit (Abbildung 1).
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
6
100%
14%
90%
80%
70%
60%
50%
94%
P < 1 MW
86%
40%
P >= 1 MW
30%
20%
10%
0%
6%
Zahl der WKA
Jahresarbeit
Abbildung 1: Verteilung von Anzahl und Jahresarbeit der Wasserkraftanlagen in
Deutschland nach Leistungsklassen P < 1 MW und P 1MW
Die räumliche Verteilung der Wasserkraftanlagen in Deutschland zeigt Abbildung 2. Es ist
eine deutliche Konzentration der Anlagen entlang der großen Gewässer und in den
Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg zu erkennen. In diesen Ländern sind ca.
65 % der Leistung der deutschen EEG-Wasserkraftanlagen installiert. Nicht dargestellt
wurden weitere 600 bis 900 Wasserkraftanlagen, die nur für den Eigenverbrauch
arbeiten, und deren Zahl auf der Grundlage bekannter Daten für Bayern, NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz auf Gesamtdeutschland hochgerechnet wurden.
Tabelle 1: Wasserkraftnutzung in Deutschland, Stand 2013
WKA alle
WKA mit
P 1 MW
Pumpspeicherkraftwerke mit
natürlichem Zustrom
Ca. 7.330
436
11***
Installierte Leistung [GW]
5,6**
3,8**
1,16**
Jahresarbeit [TWh]
20,8**
18,05*
0,6***
Anzahl WKA
* Bei Grenzkraftwerken nur deutscher Anteil
[Quelle: Auswertung IBFM, **AGEE-Stat 2014 und ***ANDERER et al 2010]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
Abbildung 2: Bestand der genutzten Wasserkraftanlagen in Deutschland
[Quelle: ANDERER et al 2010]
7
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
8
Daten der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien Statistik (AGEE-Stat)
Abbildung 3 zeigt die installierte Leistung und die Stromerzeugung aus Wasserkraft in
den Jahren 1990 bis 2013. Während die installierte Leistung quasi kontinuierlich auf
5.619 MW im Jahr 2013 zugenommen hat, schwankt die jährliche Erzeugung. Das ist
insbesondere durch wetterbedingte jährliche Schwankungen bei den Abflüssen zu
erklären. Im Jahr 2013 lag sie bei 20,8 TWh.
Abbildung 3: Jahresarbeit und installierte Leistung aller Wasserkraftanlagen. Die
installierte Leistung ist als Säule dargestellt, die Jahresarbeit als Linie.
[Quelle: AGEE-Stat]
Daten des statistischen Bundesamtes
Die Statistischen Ämter führen eine dezentrale Erhebung zur Elektrizitäts- und
Wärmeversorgung von Stromerzeugungsanlagen für die allgemeine Versorgung durch.
Die jeweiligen von den statistischen Ämtern der Länder erstellten Ergebnisse werden im
Statistischen Bundesamt zum Bundesergebnis zusammengefasst. Daten werden
monatlich bei höchstens 1000 Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität mit
einer Engpassleistung (elektrisch brutto) ab 1 MW erhoben. Diese Daten bilden daher
nicht die Gesamtmenge der Wasserkrafterzeugung ab und werden hier nicht weiter
betrachtet.
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9
Wasserkraftanlagen mit und ohne EEG-Vergütung
Die folgenden Daten zu Wasserkraftanlagen basieren auf einer Auswertung der EEGDaten der Bundesnetzagentur aus dem Jahr 2013 und der Daten zu Wasserkraftanlagen
mit einer installierten Leistung 1 MW, die in HEIMERL et al. (2004) veröffentlicht und in
den letzten Jahren aktualisiert wurden. Die Differenz zwischen den Daten aus Tabelle 1
und Tabelle 2 ergibt sich daraus, dass in Tabelle 2 weder Pumpspeicherkraftwerke mit
natürlichem Zufluss noch Kraftwerke, die der Industrie zugeordnet sind, aber nicht der
allgemeinen Versorgung dienen, berücksichtigt sind.
Tabelle 2: Wasserkraftanlagen mit und ohne Anspruch auf EEG-Vergütung, Stand 2013
Anzahl WKA
WKA mit Anspruch auf
EEG-Vergütung
7.203
WKA ohne Anspruch auf
EEG-Vergütung
129
gesamt
7.332
Installierte
Leistung [MW]
Jahresarbeit
[GWh]
1.553
6.264
2.457*
12.630*
4.010
18.894
* Bei Grenzkraftwerken nur deutscher Anteil
[Quelle: Auswertung IBFM und Hydrotec; 2013: EEG-Daten Bundesnetzagentur]
Von den 7.203 Wasserkraftanlagen, die einen Anspruch auf eine EEG-Vergütung haben,
konnten im Jahr 2013 zu 6.690 Anlagen Bewegungsdaten zugeordnet werden. Zu ca.
500 Anlagen enthalten die Bewegungsdaten keine Angaben zu Vergütung oder
Direktvermarktung, so dass sie sich vermutlich außer Betrieb oder in Revision befanden.
Von den 6.690 Anlagen haben 6.376 Anlagen (95 %) eine feste EEG-Vergütung in
Anspruch genommen, 314 Anlagen haben direkt vermarktet und 105 Anlagen haben
zwischen den beiden Vermarktungsformen gewechselt. Weitere 130 Anlagen vermarkten
ihren Strom außerhalb des EEG, siehe Kapitel 3.1.
Tabelle 3: Anzahl und Leistung der Anlagen mit Anspruch auf EEG Vergütung,
(Auswertung IBFM und Hydrotec)
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Anzahl
k.A.
k.A.
k.A.
k.A
6.594
6.645
6.925
7.065
Install.
Leistung
[MW]
1.049*
1.103*
1.156*
1.211*
1.260*
1.270*
1.316*
1.372*
2011
2012
2013
6.177**
6.657***
7.203***
1.353***
1.553***
1.340**
(1.428*)
Die Auswertung der EEG Daten 2011 ergibt durch das Entfallen der EEG Datensätze ohne
Jahreserzeugung 888 Anlagen weniger als im Statistikbericht 2010 (BNetzA 2010a) aufgeführt.
[Quellenangabe: EEG Daten Bundesnetzagentur; * EEG Statistikbericht 2011 (BNetzA 2011)
** EEG Daten BNetzA aus 2011; *** EEG Daten BNetzA aus 2012 bzw. 2013]
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10
2.2 Detaillierte Angaben nach Leistungsklassen
In Tabelle 4 sind die Anzahl und die installierte Leistung der Wasserkraftanlagen mit
Anspruch auf eine EEG-Vergütung nach Leistungsklassen differenziert aufgeführt.
Tabelle 5 zeigt diese Werte für Anlagen mit einer installierten Leistung > 0,5 MW, die
keinen Anspruch auf eine EEG-Vergütung haben, sowie die Jahresarbeit.
Tabelle 4: Anzahl und installierte Leistung der Wasserkraftanlagen mit Anspruch auf
EEG-Vergütung in den Jahren 2011 - 2013 nach Leistungsklassen
(Auswertung IBFM und Hydrotec)
2011
Leistung
[MW]
Anzahl
100 kW
2012
2013
Leistung
[MW]
Anzahl
Leistung
[MW]
Anzahl
4.558
145
5.045
156
5.411
167
> 100 - 200 kW
502
75
488
74
538
81
> 200 - 500 kW
619
205
627
207
703
233
> 0,5 - 1 MW
228
161
224
158
254
180
> 1 - 2 MW
126
179
128
182
144
206
> 2 - 5 MW
139
491
141
498
146
520
> 5 - 10 MW
3
22
2
16
3
23
> 10 - 20 MW
1
12
1
12
1
12
> 20 - 50 MW
1
50
1
50
2
79
> 50 MW
0
0
0
0
1
53
6.177
1.340
6.657
1.353
7.203
1.553
Summe
[Quellenangabe: 2011, 2012, 2013: EEG-Daten Bundesnetzagentur]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
11
Tabelle 5: Anzahl, installierte Leistung und Jahresarbeit der Wasserkraftanlagen (Pinst >
0,5 MW) ohne Anspruch auf EEG-Vergütung nach Leistungsklassen
(Auswertung IBFM und Hydrotec)
Anzahl
Leistung [MW]
Jahresarbeit
[GWh]
> 0,5 - 1 MW
1
1
2
> 1 - 2 MW
3
3
18
> 2 - 5 MW
6
17
114
> 5 - 10 MW
34
274
1.436
> 10 - 20 MW
49
706
3.450
> 20 - 50 MW
29
929
4.956
7
527
2.654
129
2.457
12.630
> 50 MW
Summe
Abbildung 4 und Abbildung 5 zeigen die Werte grafisch. Während die weitaus größte
Anzahl an Anlagen im Leistungsbereich
100 kW zu finden ist, ist die installierte
Leistung bei den Anlagen zwischen 20 und 50 MW am größten. Die Anlagen mit
Anspruch auf EEG-Vergütung weisen in der Leistungsklasse zwischen 2 und 5 MW die
größte installierte Leistung auf (Tabelle 6). Ab 5 MW erfolgt die Vermarktung der Anlagen
vorwiegend außerhalb des EEG. Während 2012 der Zubau vor allem bei den kleinen
Anlagen stattgefunden hat, ist im Jahr 2013 eine gleichmäßige Verteilung des Zubaus
über alle Leistungsklassen zu verzeichnen.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
12
Anzahl Wasserkraftanlagen
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
2013
1.000
> 50 MW
> 20 - 50 MW
> 10 - 20 MW
> 5 - 10 MW
> 2 - 5 MW
> 1 - 2 MW
> 0,5 - 1 MW
> 200 - 500 kW
> 100 - 200 kW
100 kW
0
Leistungsklassen
Abbildung 4: Anzahl der Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 nach Leistungsklassen
[Quellenangabe: EEG-Daten Bundesnetzagentur, IBFM]
Installierte Leistung [MW]
1200
1000
800
600
400
ohne EEG-Anspruch
mit EEG-Anspruch
200
> 50 MW
> 20 - 50 MW
> 10 - 20 MW
> 5 - 10 MW
> 2 - 5 MW
> 1 - 2 MW
> 0,5 - 1 MW
> 200 - 500 kW
> 100 - 200 kW
100 kW
0
Leistungsklassen
Abbildung 5: Installierte Leistung der Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 nach
Leistungsklassen
[Quellenangabe: Bundesnetzagentur; IBFM]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
Tabelle 6:
13
Anteil der Anlagen mit EEG-Anspruch an der gesamten installierten
Leistung
Installierte Leistung [MW]
Anlagen mit
EEG-Anspruch
100 kW
Leistungsanteil der
Anlagen mit EEGAnspruch
Anlagen ohne
EEG-Anspruch
167
0
100%
> 100 – 200 kW
81
0
100%
> 200 – 500 kW
233
0
100%
> 0,5 – 1 MW
180
1
99%
> 1 – 2 MW
206
3
99%
> 2 – 5 MW
520
17
97%
> 5 – 10 MW
23
274
8%
> 10 – 20 MW
12
706
2%
> 20 – 50 MW
79
929
8%
> 50 MW
53
527
9%
Tabelle 7 und Abbildung 6 zeigen die in 2013 gezahlte Vergütung und die Jahresarbeit
differenziert nach verschiedenen Leistungsklassen. Es zeigt sich, dass der höchste Anteil
der Vergütung nach EEG 2009 gezahlt wird. Die meiste Vergütung entfällt auf den
Leistungsbereich 200 bis 500 kW, der größte Teil der Jahresarbeit wird von den Anlagen
im Leistungsbereich 2 bis 5 MW erwirtschaftet. In Tabelle 8 ist die Jahresarbeit für die
Jahre 2012 und 2013 aufgeführt. Die Jahresarbeit der Anlagen ohne Anspruch auf EEGVergütung ist in Tabelle 5 dargestellt.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
14
Tabelle 7: Vergütung der im Jahr 2013 nach EEG vergüteten Anlagen, mit
Direktvermarktung (Auswertung IBFM und Hydrotec)
Vergütung [Mio. EUR]
Gesamtjahresarbeit
[GWh]
EEG 2000
EEG 2004
EEG 2009
EEG 2012
Summe
19,3
5,5
24,9
7,7
57,4
585
> 100 – 200 kW
5,2
2,2
18,7
5,4
31,5
310
> 200 – 500 kW
11,5
6,6
45,8
16,3
80,2
851
> 0,5 – 1 MW
6,1
5,2
33,9
10
55,2
703
> 1 – 2 MW
6,2
2,4
23,4
6,2
38,2
736
> 2 – 5 MW
7,6
2,8
18,2
5,7
34,3
2.435
> 5 – 10 MW
0
0
0
0
0
61
> 10 – 20 MW
0
0
0
0
0
93
> 20 – 50 MW
0
0
0
5,7
5,7
182
> 50 MW
0
0
0
0
0
308
55,9
24,7
164,9
57
302,5
6.264
100 kW
Summe
[Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
15
Abbildung 6: Gesamtjahresarbeit, Jahresarbeit aus Direktvermarktung und Vergütung
der Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 differenziert nach Leistungsklassen
und EEG-Novellen
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
16
Tabelle 8: Jahresarbeit der nach EEG vergüteten Wasserkraftanlagen in den Jahren
2012 - 2013 nach Leistungsklassen (Auswertung IBFM und Hydrotec)
2012
EEGJahresarbeit
[GWh]
Anzahl
100 kW
2013
EEGJahresarbeit
[GWh]
Anzahl
5.045
506
5.411
585
> 100 - 200 kW
488
265
538
310
> 200 - 500 kW
627
747
703
851
> 0,5 - 1 MW
224
624
254
703
> 1 - 2 MW
128
645
144
736
> 2 - 5 MW
141
2163
146
2435
> 5 - 10 MW
2
53
3
61
> 10 - 20 MW
1
91
1
93
> 20 - 50 MW
1
319
2
182
> 50 MW
0
0
1
308
6.657
5.413
7.203
6.264
Summe
[Quellenangabe: 2011, 2012, 2013: EEG-Daten Bundesnetzagentur]
2.3 Detaillierte Angaben nach Bundesländern
Tabelle 9 und Abbildung 7 zeigen die installierte Leistung von nach EEG vergüteten
Anlagen für die einzelnen Bundesländer. Bayern und Baden-Württemberg haben den
höchsten Anteil an installierter Leistung. Den größten Zuwachs in 2012 im Vergleich zum
Vorjahr weisen Nordrhein-Westfalen und Bayern auf, gefolgt von RLP und Sachsen.
Hessen und Niedersachsen haben 2012 im Vergleich zum Vorjahr eine etwas geringere
Anlagenkapazität.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
17
Tabelle 9: Installierte Leistung [MW] der nach EEG vergüteten Anlagen nach Bundesländern (Auswertung Daten 2011, 2012 und 2013: IBFM und Hydrotec)
Bundesland
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
BadenWürttemberg
266
268
315
369
320
314
440
Bayern
569
566
594
591
567
574
604
Berlin
0
0
0
0
0
0
0
Brandenburg
4
4
4
4
5
5
5
Bremen
0
0
0
0
10
10
10
Hamburg
0
0
0
0,28
0,11
0,11
0,11
50
59
63
65
64
64
63
MecklenburgVorpommern
3
3
3
3
3
3
3
Niedersachsen
56
60
56
65
62
56
57
153
115
110
110
116
124
120
Rheinland-Pfalz
41
40
39
40
34
39
41
Saarland
11
11
11
10
11
11
11
Sachsen
82
85
86
97
88
94
136
Sachsen-Anhalt
21
23
24
25
25
24
26
SchleswigHolstein
4
4
4
6
4
4
6
Thüringen
32
32
30
31
31
31
32
1.294
1.270
1340
1.417
1.340
1.353
1.553
Hessen
NordrheinWestfalen
Summe
[Quellenangabe: Statistikberichte Bundesnetzagentur; 2010, 2011: Stammdaten und
Bewegungsdaten der BNetzA; 2012, 2013: Plausibilisierte Daten der BNetzA]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
18
700
Installierte Leistung in [MW]
600
500
400
2007
2008
300
2009
2010
200
2011
2012
100
2013
0
Abbildung 7: Installierte Leistung der nach EEG vergüteten Anlagen nach
Bundesländern
[Quellenangabe: Statistikberichte Bundesnetzagentur; 2010, 2011: Stammdaten
und Bewegungsdaten der BNetzA; 2012, 2013: Plausibilisierte Daten der BNetzA]
Tabelle 10 zeigt die installierte Leistung aller Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 nach
Bundesländern. Hier ist die Vorrangstellung Bayerns im Bereich der Stromerzeugung aus
Wasserkraft noch deutlicher zu erkennen.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
19
Tabelle 10: Installierte Leistung [MW] der Wasserkraftanlagen nach Bundesländern
(Auswertung IBFM und Hydrotec)
Bundesland
mit EEG
ohne EEG
Summe
Baden-Württemberg
440
359
799
Bayern
604
1.821
2.425
Berlin
0
0
0
Brandenburg
5
0
5
10
0
10
0,11
0
0
63
31
94
3
0
3
57
17
74
120
42
162
Rheinland-Pfalz
41
180
221
Saarland
11
7
18
Sachsen
136
0
136
26
0
26
6
0
6
32
0
32
1.553
2.457
4.010
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Summe
Die Bruttostromerzeugung, d.h. die Strommenge, die die Kraftwerke in Bayern bzw.
Baden-Württemberg produzierten, betrug 2013 90,9 TWh bzw. 61,5 TWh. Die
Erneuerbaren Energien hatten daran einen Anteil von etwa 34,8 % bzw. 23,7 %. Bei den
erneuerbaren Energieträgern lieferte die Stromerzeugung aus Wasserkraft mit rund 42 %
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
20
(BY) bzw. 38,5 % (BW) den wesentlichen Beitrag. In Bezug auf die Gesamterzeugung
hat die Wasserkraft einen Anteil von 14,5 % bzw. 9,1 %.
Der Anteil der Wasserkraft an der Netto-Nennleistung betrug im Jahr 2013 für Bayern
7,7 % und für Baden-Württemberg 4 %.
3 Vermarktungsformen
3.1 EEG 2012
Für die Vermarktung des Stroms aus Wasserkraft stehen seit dem EEG 2012 mehrere
Möglichkeiten zur Verfügung
1. Festvergütung nach EEG
2. Direktvermarktung über das Marktprämienmodell (§33b Nr. 1)
3. Direktvermarktung durch Stromhändler (§33b Nr. 2, Grünstromprivileg)
4. Sonstige Direktvermarktung (nicht 2, oder 3)
Nach § 33a EEG 2012 wird die Vermarktung in Arealnetzen (Veräußerung an Dritte in
unmittelbarer räumlicher Nähe, ohne Durchleitung
Direktvermarktung im Sinne des EEG bezeichnet.
über
ein
Netz)
nicht
als
Zusätzlich gibt es die Vermarktung außerhalb des EEG als nicht geförderte
Direktvermarktung sowie den Eigenverbrauch.
3.2 EEG 2014
Nach EEG 2014 haben Anlagenbetreiber Anspruch auf die Marktprämie (§20 Abs. 1 Nr. 1
EEG 2014). Die Direktvermarktung durch Stromhändler (Grünstromprivileg) entfällt.
Die feste Einspeisevergütung gilt noch für Anlagen bis 500 kW bei einer Inbetriebnahme
vor 2016. Nach 2016 können nur noch Anlagen bis 100 kW eine feste
Einspeisevergütung in Anspruch nehmen. Anlagenbetreiber größerer Anlagen können in
Ausnahmefällen auch nach 2016 noch eine feste Einspeisevergütung verlangen. Die
Höhe der Vergütung wird dann allerdings um 20 % verringert.
Wie nach EEG 2012 gibt es die sonstige nicht geförderte Direktvermarktung sowie den
Eigenverbrauch.
Ab 2017 ist vorgesehen, die Vergütungshöhe für die Erneuerbaren Energien nicht mehr
im Vorhinein festzulegen, sondern über Ausschreibungsverfahren zu ermitteln.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
21
3.3 Aktuelle Vermarktung
Im Folgenden werden die durch die Wasserkraft genutzten Vermarktungswege
dargestellt.
Während der Großteil der Wasserkraftanlagen in Deutschland (ca. 98 % aller Anlagen,
Leistungsanteil 27,6 % in 2013) einen Anspruch auf EEG-Vergütung hat, sind
insbesondere für große Anlagen Vermarktungsformen außerhalb des EEG wirtschaftlich
interessant (Tabelle 11, Abbildung 8). So vermarkten Anlagen, die etwa 72 % der in
Deutschland installierten Leistung repräsentieren, ihren Strom außerhalb des EEG.
Darüber hinaus wurden ca. 10 % der Leistung über das Marktprämienmodell, 1,4 % über
das Grünstromprivileg (bis 30.06.2014) und 0,9 % über die sonstige Direktvermarktung
vermarktet. Somit wurden etwa 13 % der Leistung über die Direktvermarktung nach §20
Abs. 1 EEG 2014 vermarktet.
Die entsprechende Aufteilung der Jahresarbeit ist in Tabelle 12 dargestellt. Danach
verfünffachte sich die Jahresarbeit in der Direktvermarktung von 2010 bis 2013, während
ihr Anteil an der nach EEG vergüteten Strommenge in 2012 etwa gleich blieb. Die
Jahresarbeit der Anlagen mit fester EEG Vergütung ging entsprechend zurück.
Tabelle 11: Vermarktungsanteile für das Jahr 2014 innerhalb und außerhalb des EEG
Vermarktungsform
Inst. Leistung [MW]
Anteil an Gesamtleistung [%]
Vermarktung durch ÜNB Anlagen mit fester EEG Vergütung
826
14,7
Marktprämie
595
10,6
Grünstromprivileg
80
1,4
Sonstige Direktvermarktung
52
0,9
Vermarktung außerhalb EEG
4066
72,4
Gesamt
5619
100
[Quelle: AGEE Stat 2014, Netztransparenz 2015]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
22
Abbildung 8: Vermarktungsanteile in Installierter Leistung [MW], 2014
Tabelle 12: Anteil der Direktvermarktung an der Gesamtjahresarbeit (Auswertung IBFM
und Hydrotec)
Jahresarbeit aller Wasserkraftanlagen [GWh]
2010
2011
2012
2013
Jahresarbeit mit fester
EEG Vergütung
5.049
2.398
2.738
3.004
Jahresarbeit der
Sonstigen
Direktvermarktung (§20
Abs. 1 Nr. 2)
0,616
2.446
2.675
3.261
Gesamte
EEG-Jahresarbeit
5.050
4.844
5.413
6.265
Anteil der Sonstigen
Direktvermarktung an
der gesamten EEG
Jahresarbeit
12,2 %
50,5 %
49,4 %
52 %
Jahresarbeit der
Vermarktung außerhalb
des EEG
15.903
12.827
16.342
14.535
21.755
20.800
Bruttostromerzeugung
20.953
17.671
Wasserkraft*
*PSK nur Stromerzeugung aus natürlichem Zufluss
[Quellenangabe: AGEE-Stat, Stand August 2014]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
23
Innerhalb und außerhalb des EEG wurden 2013 mehr als 85 % der Jahresarbeit direkt
vermarktet.
Tabelle 13 zeigt die Anzahl der Anlagen, die einen Anspruch auf EEG-Vergütung haben,
deren Vermarktungsform sowie die jeweilige Jahresarbeit. Nimmt man die 129 Anlagen
aus Tabelle 5 hinzu, die keinen Anspruch auf Vergütung nach EEG haben und
entsprechend direkt vermarkten, erhält man als Gesamtzahl 7.322 Anlagen mit einer
Jahresarbeit von 18.894 GWh.
Tabelle 13: Anteil der Anlagen mit Anspruch auf EEG und der Jahresarbeit mit Angabe
der Vermarktungsform in 2013 (Auswertung IBFM und Hydrotec)
Anzahl
direkt
100 kW
Jahresarbeit [GWh]
mit
Wechsel
EEG
gesamt
direkt
gesamt
Anteil an
der DV
11
5129
11
5.411
2
585
0,4 %
> 100 - 200 kW
20
464
10
538
17
310
5,3 %
> 200 - 500 kW
75
525
33
703
114
851
13,4 %
> 0,5 - 1 MW
49
159
23
254
197
703
28,0 %
> 1 - 2 MW
56
69
14
144
354
737
48,0 %
> 2 - 5 MW
99
30
13
146
2038
2435
83,7 %
> 5 - 10 MW
2
0
0
3
62
62
100,0 %
> 10 - 20 MW
1
0
0
1
94
94
100,0 %
> 20 - 50 MW
0
0
1
2
76
182
41,9 %
> 50 MW
1
0
0
1
308
308
100,0 %
314
6376
105
7.203
3.260
6.264
52,0 %
Summe
Erlöse
Während Anlagen mit EEG-Vergütung durch die Marktprämie feste Preise für den
erzeugten Strom erhalten, verkaufen Anlagen außerhalb des EEG ihren Strom zu
schwankenden Preisen im Großhandel.
Der Großhandel von Strom wird generell auf zwei Arten durchgeführt. Neben dem
transparenten börslichen Handel existiert der bilaterale OTC-Handel. Dabei kann man an
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
24
den Börsen wie European Energy Exchange (EEX) und European Power Exchange
(EPEX) ausschließlich standardisierte Produkte handeln, während sich am OTC-Markt
individuell gestaltete Lieferverträge aushandeln lassen. In diesem außerbörslichen Markt
findet ein Großteil des Stromhandels statt, auf Grund der Intransparenz des OTC-Markts
gilt jedoch der transparente Börsenmarkt als Referenzmarkt. D. h. auch OTC-Geschäfte
orientieren sich an den Börsenpreisen (AGORA 2013).
Die Entwicklung des Preises für Grundlaststrom (Baseload) ist in Abbildung 5.1
dargestellt. Ende Juni 2014 kostete Grundlaststrom im Day-Ahead-Handel 3,15 Cent pro
kWh.
Abbildung 9: Preisentwicklung am Spotmarkt der EEX/EPEX, Baseload
Langfristige Geschäfte auf dem Terminmarkt werden häufig zu niedrigeren Preisen,
kurzfristige Peakkontrakte für die Lieferung von Strom in den Stunden mit hoher
Stromnachfrage zu höheren Preisen gehandelt. Im Juni 2014 notierte der Futurepreis pro
kWh für Strom zur Lieferung 2015 bei unter 3,5 Cent pro kWh.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
25
Eigenverbrauch
Der Anteil des Eigenverbrauchs an der Gesamtelektrizitätserzeugung des Energieträgers
Wasser variiert zwischen 1,2 und 3,4 %, siehe Abbildung 10. Für Pumpspeicherkraftwerke wurde dabei nur der Anteil aus natürlichem Zufluss berücksichtigt.
Abbildung 10: Eigenverbrauch aller Wasserkraftanlagen
[Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012]
3.4 Zustand des Wasserkraftanlagenbestands
3.4.1
Ökologischer Zustand
Neben der Anlagenkapazität, ausgedrückt durch die installierte Leistung, sind die
Stromerzeugung und die Vergütung sowie die Vergütungskategorie von Interesse, die
Hinweise auf den Ausstattungsgrad geben kann. Eine Vergütung nach EEG 2000 haben
alle damals in Betrieb befindlichen Anlagen erhalten. Das bedeutet, dass Anlagen mit
dieser Vergütungskategorie seit dem Jahr 2000 keine ökologische Verbesserung am
Standort durchgeführt haben. Anlagen, die eine Vergütung nach EEG 2004 oder 2009
erhalten, haben nach Umfragen in der Regel eine Fischaufstiegsanlage zur
Verbesserung des ökologischen Zustands gebaut. Anlagen mit einer Vergütung nach
EEG 2012 müssen die Anforderungen nach WHG bzgl. der Durchgängigkeit und des
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
26
Fischschutzes einhalten sowie eine Steigerung des Leistungsvermögens vorweisen.
Diese Anlagen sind demnach am umfangreichsten modernisiert.
Tabelle 14 gibt die Anzahl der jeweiligen Datensätze der im Jahr 2012 nach EEG
vergüteten Anlagen wieder. Grundsätzlich sollte jeder Wasserkraftanlage, die eine
Vergütung nach EEG erhält, ein eindeutiger Anlagenschlüssel zugeordnet werden, so
dass die Zahl der Wasserkraftanlagen der Zahl der Stammdatendatensätze entspricht.
Eine detaillierte Analyse einiger Datensätze zeigte jedoch, dass in einigen Fällen
Anlagenschlüssel bei Wechsel des Netzbetreibers verändert werden, da diese eine
Kennung für den Netzbetreiber beinhalten. Darüber hinaus können größere Anlagen am
gleichen Standort durch mehrere Anlagenschlüssel und Stammdaten, die jeweils eine
entsprechend geringere Leistung enthalten, repräsentiert werden. Folglich stimmt die
Anzahl der Datensätze nicht genau mit der Anzahl der Anlagen überein, gibt aber einen
relativ guten Überblick.
In Tabelle 15 ist die installierte Leistung der Anlagen aufgeführt, sortiert nach
Leistungsklassen und EEG-Vergütung.
Tabelle 14: Anzahl der Datensätze der im Jahr 2013 nach EEG vergüteten Anlagen, ohne
Direktvermarktung (IBFM und Hydrotec)
Anzahl
EEG 2000
EEG 2004
EEG 2009
EEG 2012
Summe
3.284
494
1.077
473
5.328
> 100 - 200 kW
144
43
227
86
500
> 200 - 500 kW
145
53
284
117
599
> 0,5 - 1 MW
37
19
96
37
189
> 1 - 2 MW
24
5
35
23
87
> 2 - 5 MW
15
3
16
10
44
> 5 - 10 MW
0
0
0
0
0
> 10 - 20 MW
0
0
0
0
0
> 20 - 50 MW
0
0
0
1
1
3.649
617
1.735
747
6.748
100 kW
Summe
[Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
27
Tabelle 15: Installierte Leistung der im Jahr 2013 nach EEG vergüteten Anlagen, ohne
Direktvermarktung (Auswertung IBFM und Hydrotec)
Installierte Leistung[MW]
EEG 2000
EEG 2004
EEG 2009
84,7
15,3
46,0
20,1
166,1
582
> 100 - 200 kW
21,2
6,3
34,2
12,9
74,6
293
> 200 - 500 kW
47,9
17,5
93,1
37,4
195,9
737
> 0,5 - 1 MW
25,4
13,2
67,9
26,0
132,5
506
> 1 - 2 MW
34,5
7,6
52,6
30,3
125
383
> 2 - 5 MW
60,2
8,4
55,2
34,2
158
398
> 5 - 10 MW
0
0
0
0
0
0
> 10 - 20 MW
0
0
0
0
0
0
> 20 - 50 MW
0
0
0
38,9
38,9
105
273,9
68,3
349,0
199,8
891
3004
100 kW
Summe
EEG 2012
Summe
Gesamtjahresarbeit
[GWh]
[Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]
Betrachtet man, nach welchen EEG-Fassungen die heute in Betrieb befindlichen Anlagen
vergütet werden (Tabelle 14), wird deutlich, dass mehr als die Hälfte der Anlagen eine
Vergütung nach EEG 2000 erhält. Hierunter fallen vor allem kleine Anlagen, bei denen
sich seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 bisher keine Änderungen in Ausbau bzw.
der ökologischen Anpassung ergeben haben.
Etwa 35 % der Anlagen erhalten eine Vergütung nach EEG 2004 oder 2009. Es ist zu
erwarten, dass an diesen Anlagen eine ökologische Anpassung (i.d.R. Bau einer
Fischaufstiegsanlage) durchgeführt wurde. Der restliche Anteil (ca. 11 %) wird nach EEG
2012 vergütet. Diese Anlagen müssen durchgängig sein und Anlagen zum Fischschutz
aufweisen.
Aus der jeweiligen EEG-Novelle kann auf den Modernisierungsgrad und somit indirekt
auf den Modernisierungsbedarf geschlossen werden. Aussagen zu Anlagen außerhalb
des EEGs sind nur schwer und unzuverlässig zu ermitteln.
3.4.2
Technischer Zustand
Die technische Modernisierung der Anlagen war bis zum EEG 2012 unabhängig von der
Vergütung. Um Aussagen über den Zustand des Kraftwerkparks und damit über den
Modernisierungsbedarf bestehender Wasserkraftanlagen zu erhalten, wurden die
Betreiber und Betreiberinnen von EEG vergüteten Anlagen in einer Umfrage nach
Baujahr und Modernisierungsjahr ihrer Anlage befragt.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
28
Die an der Umfrage beteiligten Wasserkraftanlagen (Anzahl: 267), die im Jahr 2011 nach
dem EEG 2009 eine Vergütung erhielten, wurden zwischen den Jahren 1415 und 2011
errichtet. Der Zubau erfolgte zwischen 1850 und 2010 und ist relativ gleichmäßig. In den
1960er Jahren und ab 2008 wurden etwas mehr Anlagen gebaut als in der übrigen Zeit.
Technische Modernisierungen dieser Anlagen wurden ab dem Jahr 1960 durchgeführt,
wobei eine Häufung ab dem Jahr 2004 zu verzeichnen ist (Abbildung 11), was mit dem
EEG 2004 und den damit verbundenen Anreizen zur Modernisierung korreliert.
Die Betreiber und Betreiberinnen gaben als Zeitraum für die nächste Generalüberholung
1 bis 30 Jahre an, der Durchschnitt lag bei 8 Jahren. Eine Korrelation mit der
Anlagengröße war nicht gegeben.
Angaben zu einer Wasserkraftanlage
liegen auf einer horizontalen Linie.
Abbildung 11: Baujahr und Jahr der technischen Modernisierung der Wasserkraftanlagen, die im Jahr 2011 eine Vergütung nach EEG 2009 erhielten
[Quelle: Umfrage bei den Anlagenbetreiberinnen und Betreibern]
Da nur die Anlagenbetreiber und Betreiberinnen befragt wurden, die eine Vergütung nach
EEG 2009 erhalten und damit ihre Anlage ab 2009 modernisiert haben, ist der Zustand
aller Wasserkraftanlagen nur schwer abzulesen. Es ist aber zu erkennen, dass fast die
Hälfte der Anlagen aus der Befragung älter als 60 Jahre ist und somit die in der Literatur
(GIESECKE 2009) angegebene durchschnittliche Nutzungsdauer bereits überschritten
hat.
Tabelle 14 zeigt, dass noch im Jahr 2013 mehr als die Hälfte der Anlagen eine Vergütung
nach EEG 2000 erhalten hat. Es handelt sich vor allem um Anlagen mit einer installierten
Leistung < 100 kW. Die Anlagen dieser Kategorie sind in der Mehrzahl wahrscheinlich
nicht technisch modernisiert worden. So wurden Anlagen mit mechanischer Steuerung in
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
29
der Regel nicht auf eine elektrische Steuerung umgerüstet. Anlagen mit einer installierten
Leistung > 100 kW wurden mit einer technischen Einrichtung zur Ansteuerung
nachgerüstet, die teilweise auch Anpassungen der Steuerungstechnik nach sich gezogen
hat.
Auch die Betreiber der Wasserkraftanlagen mit einer Leistung P
1 MW wurden
bezüglich des Baujahrs ihrer Anlage, der letzten Revision und dem Ende der
wasserrechtlichen Zulassung befragt. Die beteiligten 48 Wasserkraftanlagen wurden in
den Jahren 1900 bis 2012 errichtet, wobei eine Häufung in den 1920er, den 1960er
Jahren und ab 2000 zu erkennen ist (Abbildung 12). Revisionen fanden zwischen 1970
und 2012 statt. Bei zwei Anlagen stand in 2013 eine Revision an.
Die Umfrage ergab, dass in den nächsten Jahren an insgesamt 14 der beteiligten 48
Wasserkraftanlagen Revisionen bzw. Modernisierungen geplant sind. Dabei werden als
betroffene technische Komponenten meist die Steuerung und (Turbinen-)Regelung
aufgeführt. Nicht alle Anlagen sind vollautomatisiert. Nur einmal wurde jeweils die
Revision von Turbine, Generator und Leittechnik, der Bau einer Fischaufstiegsanlage,
der Bau einer zweiten Fischaufstiegsanlage, der Einbau einer Restwasserturbine oder
eines Rechens genannt. 14 der 48 Anlagenbetreiber und Betreiberinnen gaben an, dass
ihrer Meinung nach kein Modernisierungsstau vorliege. In sechs Fällen wurde ein
Modernisierungsstau angeführt. Weitere Anmerkungen wiesen darauf hin, dass die
Entscheidung für eine Modernisierung allein aus technischen Gründen gefällt wird.
Zwanzig Anlagen verfügen über eine unbefristete wasserrechtliche Zulassung, bei neun
Anlagen beträgt die Befristung über 100 Jahre. Genehmigungen, die nach dem Jahr
2000 erteilt wurden, reichen über 25 bis 50 Jahre.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
30
Angaben zu einer Wasserkraftanlage
liegen auf einer horizontalen Linie.
Abbildung 12: Baujahr, Revisionsjahr und Ende der wasserrechtlichen Zulassung von
Wasserkraftanlagen > 1 MW; 2100 = keine Befristung der
wasserrechtlichen Zulassung
[Quelle: Umfrage bei den Anlagenbetreibern]
Auch bei den Anlagen aus der Umfrage mit einer installierten Leistung > 1 MW ist die
Hälfte der Anlagen über 60 Jahre alt. Fast alle Anlagen führten eine Revision durch. Aus
den Daten ist aber nicht abzulesen, ob die Anlagen umfänglich modernisiert worden sind.
Insgesamt ist den Ergebnissen der Umfrage zu entnehmen, dass die Mehrzahl der
Anlagen die durchschnittliche Nutzungsdauer bereits überschritten hat, dass Revisionen
und technische Modernisierungen in mehr oder weniger großen Abständen stattfinden
und dass die Mehrzahl der Anlagen eine unbefristete wasserrechtliche Zulassung hat, die
bei Neubauten nicht mehr gewährt wird.
3.5 Dauer der Vergütungszahlungen
Die Dauer der EEG-Vergütungszahlungen wurde mit Hilfe der Vergütungskategorie
ermittelt. Aus Abbildung 13 ist zu abzulesen, dass im Jahr 2029 690 Anlagen keine
Vergütung mehr erhalten, sofern sie nicht vorher eine technische Modernisierung
durchführen und damit erneut Anspruch auf Vergütung haben. Damit würde eine
installierte Leistung von ca. 160 MW anderweitig zu vermarkten sein. In den Jahren 2030
bis 2033 erreichen jedes Jahr etwa 500 Anlagen oder je 100 MW das Ende der
Vergütungsdauer. In den Jahren 2034 bis 2038 sind es noch jeweils ca. 120 Anlagen mit
je 14 MW. In diese Zeit fällt aber auch das Ende der Vergütungsdauer von Anlagen, die
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
31
zukünftig nach EEG 2014 vergütet werden, so dass mit einer größeren Anzahl an
Anlagen zu rechnen ist, deren Stromproduktion anderweitig zu vermarkten ist.
4000
300
3500
250
2500
2000
150
1500
100
Anzahl
Leistung [MW]
3000
200
Leistung
[MW]
Anzahl
WKA
1000
50
500
0
0
Laufzeitende
Abbildung 13: Anzahl der WKA und Leistung differenziert nach Ende der EEG –
Vergütungsdauer
[Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]
Mehr als 3.600 Anlagen und somit 273,9 MW erhalten eine zeitlich unbegrenzte
Vergütung nach EEG 2000.
4 Stromgestehungskosten
4.1 Grundlage für die Berechnung der Stromgestehungskosten
Die Stromerzeugungskosten wurden für exemplarische Anlagen verschiedener
Leistungsklassen auf Grundlage typischer Kosten und betriebswirtschaftlicher
Hauptparameter mittels eines für alle spartenspezifischen Vorhaben einheitlichen
Analyserasters ermittelt.
Dabei wurden folgende Kosten berechnet bzw. angesetzt:
Anschaffungsausgaben
Betriebskosten für Instandhaltung, Versicherungen, Verwaltung, Pacht und
Unvorhergesehenes
Personalkosten
Annuität für typische Kapitalverzinsungen und Lebensdauern.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
32
Je nach Abflussverhalten des Gewässers und Ausbaugrad der Anlage ergeben sich
unterschiedliche Volllaststunden. Die Volllaststunden wurden so gewählt, dass die
typischen Jahreserzeugungen der verschiedenen Leistungsklassen widergespiegelt
werden.
Für die Anschaffungsausgaben wurden differenzierte Werte angesetzt. Für den Neubau
wurden keine Kosten für Wehrsanierungen oder Umbau berücksichtigt, da diese je nach
Standort sehr stark variieren und keine generelle Aussage getroffen werden kann. Im
Einzelfall können die Kosten für den Betreiber ggf. deutlich höher liegen.
4.2 Berechnung der Stromgestehungskosten
Abbildung 14 zeigt die ermittelten Stromerzeugungskosten sowie die Vergütung nach
EEG 2012 für den Neubau von Wasserkraftanlagen unterschiedlicher Leistung PInst.
Berücksichtigt ist die Degression der Vergütungssätze bei einer Inbetriebnahme im Jahr
2015. Der obere und der untere Grenzfall stellen jeweils die Stromerzeugungskosten bei
110 % bzw. 90 % der gewählten Anzahl an Volllaststunden dar.
Abbildung 14: Vergleich von Stromgestehungskosten und Vergütung beim Neubau von
Wasserkraftanlagen bezogen auf die Leistung PInst, Inbetriebnahme 2015
Für die Modernisierung von Anlagen
5 MW wurde unterschieden nach Anlagen, die
noch keine technischen oder ökologischen Anforderungen erfüllen (EEG 2000) und nach
Anlagen, die bereits eine Vergütung nach EEG 2004 oder 2009 erhalten und somit
bereits Maßnahmen für eine wesentliche Verbesserung des ökologischen Zustands
durchgeführt haben. Zu den kompletten Gestehungskosten sind neben den Kosten für
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
33
die Modernisierung auch die Kosten für die bereits vorhandene Wasserkraftanlage zu
zählen. Diese Kosten werden als Grundgestehungskosten mit 7,67 ct/kWh angesetzt.
Abbildung 15: Stromgestehungskosten bei der Modernisierung von Wasserkraftanlagen
bis einschl. 5 MW bezogen auf die Leistung PInst und Vergütung nach EEG
2014, Inbetriebnahme 2015
Während bei der Modernisierung der Strom aus Wasserkraftanlagen bis einschließlich
einer Leistung von 5 MW in Gänze nach EEG vergütet werden kann, wird bei Anlagen
über 5 MW nur der Anteil der Stromerzeugung vergütet, der der Leistungserhöhung
zuzurechnen ist.
Abbildung 16 zeigt die ermittelten Maßnahmekosten (nur Kosten für Steuerung oder
Dotierturbine) sowie die Vergütung nach EEG 2012 für Wasserkraftanlagen für eine
Leistungserhöhung um 1-3 Prozent. Bei einer 50 MW-Anlage bedeutet z. B. eine
Leistungssteigerung um 2 % eine zusätzliche Leistung von 1 MW. Berücksichtigt ist die
Degression der Vergütungssätze bei einer Inbetriebnahme im Jahr 2015. Der obere und
der untere Grenzfall stellen jeweils die Stromerzeugungskosten bei 110 % bzw. 90 % der
gewählten Anzahl an Volllaststunden dar.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
34
Abbildung 16: Maßnahmekosten (nur Kosten für Steuerung oder Dotierturbine) bei der
Modernisierung von Wasserkraftanlagen ab 5 MW bezogen auf die
zusätzliche Stromerzeugung und Vergütung nach EEG 2014
Die Kosten für eine umfassende Modernisierung einer Wasserkraftanlage mit einer
installierten Leistung > 5 MW sind erheblich höher als hier dargestellt, da eine
Leistungssteigerung über diese Größenordnung
umfassendere Maßnahmen erfordert.
hinaus in der Regel weitaus
4.3 Betriebskosten nach Ende der Abschreibungszeit
Die Betriebskosten von Wasserkraftanlagen setzen sich zusammen aus Kosten für
Instandhaltung, Versicherungen, Verwaltung und Pacht sowie Personalkosten. In Tabelle
16 wurden die Betriebskosten in Abhängigkeit verschiedener Leistungsklassen
zusammengefasst. Die Zeile „Kosten ohne Inflation“ gibt die Stromgestehungskosten
ohne Berücksichtigung der Inflation oder von Strompreisänderungen an. In der letzten
Zeile sind 2 % Inflation und 2,3 % Strompreisänderung sowie ein Betrachtungszeitraum
von 20 Jahren berücksichtigt.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
35
Tabelle 16: Betriebskosten für Wasserkraftanlagen nach Klassen der install. Leistung
Installierte Leistung
€/a
Instandhaltungskosten
Versicherungen
100
kW
200
500 kW
kW
14.400 25.200
1 MW
2 MW
5 MW
10 MW
20 MW
50 MW
55.250
90.000
130.000
220.000
400.000
560.000
875.000
1.600
2.660
5.850
7.200
10.000
16.000
28.000
42.000
70.000
800
1.400
3.250
6.000
12.000
24.000
48.000
84.000
210.000
Miete bzw. Pacht
2.000
3.500
8.125
15.000
25.000
50.000
100.000
175.000
437.500
Unvorhergesehenes
2.400
4.200
9.750
18.000
30.000
60.000
120.000
210.000
525.000
Personalaufwand
5.000
7.500
13.000
45.000
90.000
188.000
300.000
375.000
600.000
26.200 44.460
95.225
181.200
297.000
558.000
996.000
1.446.000
2.717.500
Verwaltung
Summe laufende
Kosten
Kosten ohne Inflation
[ct/kWh]
6,9
5,9
4,5
4,0
3,1
2,2
1,9
1,3
1,0
Kosten mit Inflation
und Strompreisänderung
[ct/KWh]
8,1
6,9
5,3
4,7
3,6
2,6
2,2
1,5
1,2
5 Betreiberklientel
Die großen Wasserkraftanlagen ( 1 MW) werden in den meisten Fällen von regionalen
oder überregionalen Energieversorgungsunternehmen betrieben. Die Wasserkraftnutzung ist ein Bestandteil ihres Stromerzeugungsportfolios. Häufig sind sie
Tochterunternehmen von Stadtwerken oder von Kapitalgesellschaften.
Von den 409 Anlagen, die in einer bürointernen Datenbank geführt werden, konnten zu
351 Anlagen 97 Betreiber ermittelt werden. Dabei treten 16 Stadtwerke als Betreiber auf.
97 WKA einer Leistung > 10 MW werden von 18 Betreibern geführt, zu denen u.a.
Tochterfirmen der großen Energieversorger gehören.
Bei den Betreiberinnen und Betreibern von kleinen Wasserkraftanlagen (< 1 MW) handelt
es sich typischer Weise um engagierte Unternehmer oder Privatpersonen oder lokale
Energieversorgungsunternehmen.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
36
Für gewerbliche Betreiber bzw. Investoren sind andere Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen
anzusetzen als für private Investoren. Tabelle 17 zeigt das typische Verhältnis von
Fremd- zu Eigenkapital bei Wasserkraftanlagen sowie die Zinssätze. Dabei sinkt der
Eigenkapitalanteil mit der Größe der Anlage.
Tabelle 17: Zinstabelle für Wasserkraftanlagen
Anteil in %
Zinssatz* in %
Fremdkapital
65 - 75
4-6
Eigenkapital
25 - 35
3-7
Fremdkapital
70 - 80
4-7
Eigenkapital
20 - 30
10 - 12
Privatinvestor
Gewerblicher Investor
[*Zinssätze, die im Rahmen des EEG-Erfahrungsberichtes zugrunde gelegt wurden]
Die Betreiber kleinerer Anlagen bis etwa 500 kW berücksichtigen bei ihren
Investitionsentscheidungen auch folgende Kriterien:
Längere Nutzungsdauer (weit über den EEG-Vergütungszeitraum)
Geringere Renditeerwartung aus Eigenkapital
Fördergelder
Reduzierung der Betriebskosten durch Eigenarbeit
Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten
Krisensichere Kapitalanlage
Ideelle Werte (z.B. Tradition und unbefristete Wasserrechte in Verbindung mit
Grundstück im Familienbesitz).
Betreiberwechsel
Der Betrieb einer Wasserkraftanlage ist nur mit einem gültigen Wasserrecht zulässig. Die
Wasserrechte sind i.d.R. an die Grundstücke gebunden, so dass die Rechte mit dem
Erwerb von Grundstücken den Besitzer wechseln.
Die Stauanlagen sind häufig in öffentlicher Hand, wie z.B. bei den Bundeswasserstraßen,
und werden von den Wasserkraftbetreibern gepachtet. Auch gemeinsamer Besitz von
Wasserkraftanlagenbetreiber und öffentlicher Hand kommt vor.
Grundsätzlich ist ein Betreiberwechsel also möglich. Informationen zur Häufigkeit von
Betreiberwechseln konnten nicht ermittelt werden.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
37
6 Möglichkeiten der Systemdienstleistung von Wasserkraftanlagen
Wasserkraftanlagen sind im Falle einer gegebenen Regelbarkeit dazu geeignet,
Systemdienstleistungen zu erbringen und somit zu einem stabilen Netz- bzw. sicheren
Systembetrieb beizutragen. Abhängig von der Art der Systemdienstleistungen sind
unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen, die nachfolgend erläutert werden.
6.1 Steuerbarkeit
Die Marktintegration erfordert, dass Wasserkraftanlagen ihre Erzeugungsleistung gemäß
dem jeweiligen Handelsergebnis anpassen und ggf. weitere Leistung für den Fall eines
Abrufs bereithalten.
Leistungsbereich
Eine grundlegende Randbedingung stellt dabei der zulässige Leistungsbereich einer
Erzeugungsanlage dar. So kann im regelfähigen Betrieb die Erzeugung nur innerhalb der
zulässigen technischen Grenzen gesteuert werden. Diese ergeben sich bei
Wasserkraftanlagen einerseits aus der baulichen Auslegung (Maximalleistung) und
andererseits aus der Turbinenauslegung (Mindestdurchfluss). Begrenzend wirkt in
letzterem Fall die Kavitation an den Turbinenblättern.
Der Leistungsbereich begrenzt somit sowohl die an Märkten für Fahrplanenergie
handelbare Leistung als auch die von Wasserkraftanalgen handelbare Reservemenge.
Zugriffszeiten
Der
Handel
von
Fahrplanenergie
und
die
Erbringung
von
Reserve
als
Systemdienstleistung erfordern den steuernden Zugriff auf die Erzeugungsanlage in
hinreichend kurzer Zeit. Während dies für Fahrplanenergie bei Wasserkraftanlagen
zumeist keine relevante Einschränkung darstellt, ergeben sich aus den technischen und
organisatorischen Eigenschaft der Reserve relevante Einschränkungen, welche die
Erbringung von Systemdienstleistungen einschränken können.
Der Abruf von Minutenreserve und Sekundärregelreserve ist informationstechnisch
organisiert, so dass eine sichere Kommunikationsleitung zwischen Übertragungsnetzbetreiber und Wasserkraftanlage erforderlich ist [SPECKAMP 2012]. Die zeitlichen
Anforderungen der Primärregelreserve erfordern hingegen die direkte regelungstechnische Verknüpfung von Erzeugungsleistung und Netzfrequenz im Rahmen der
Leistungs-Frequenz-Regelung [MOSER 2012]. Dabei sind insbesondere rotierende
Massen besonders geeignet, kurzfristigen Frequenzschwankungen entgegenzuwirken.
Laufwasserkraftwerke mit gesichertem kontinuierlichem Durchfluss, steuerbaren
Turbinen sowie hinreichender Erzeugungsleistung weisen somit bei geeigneter
Ansteuerung die geringste Zugriffszeit auf.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
38
Arbeitsvorhaltung
Die Vorhaltung von (Reserve-) Arbeit in Wasserkraftanlagen erfordert i. A. entweder
einen angedrosselten Turbinenbetrieb oder das Aufstauen des Wasserlaufs. Nur durch
diese Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass Reservearbeit über den
marktspezifischen Zeitraum auch erbracht werden kann.
Während eine Androsselung die erzeugbare Energiemenge vermindert, beeinflusst ein
Aufstauen i. A. das Gewässersystem, weshalb beide Möglichkeiten zumeist nur in
eingeschränktem Maße zum Einsatz kommen.
6.2 Organisation
Neben technischen Anforderungen erfordern Marktintegration und Erbringung von
Systemdienstleistungen auch organisatorische Maßnahmen.
Portfoliomanagement
Aufgrund der marktbasierten Struktur von Systemdienstleistungen ist es erforderlich,
Wasserkraftanlagen auch in ein Portfoliomanagement einzugliedern. Es vermarktet die
verfügbare elektrische Erzeugungsleistung an den unterschiedlichen Märkten für
Fahrplanenergie und Systemdienstleistungen unter Berücksichtigung der jeweiligen
Fristigkeiten. Dies geht sowohl mit der Beachtung der anlagenspezifischen technischen
Randbedingungen als auch mit dem Treffen von Vermarktungsentscheidungen einher.
Pooling
Eine Erweiterung des Portfoliomanagements stellt das Pooling mehrerer Anlagen zur
gemeinsamen Marktteilnahme dar. Dieses Vorgehen motiviert sich aus den
Anforderungen der einzelnen Handelsplätze, die zumeist nicht von einzelnen
Kleinanlagen, ggf. aber durch das Aggregieren mehrerer Anlagen erreicht werden kann.
6.3 Technische Eignung
In welchem Umfang Wasserkraftanlagen für eine gemeinsame Reservemarktteilnahme
aggregiert werden müssen, ergibt sich aus dem Vergleich der in Tabelle 18 dargestellten
technischen und organisatorischen Anforderungen der deutschen Reservemärkte mit den
individuellen Anlageneigenschaften: Es müssen mindestens so viele Einheiten
zusammengefasst werden, dass die jeweilige Mindestgebotsmenge am Markt innerhalb
der Aktivierungszeit überschritten und die Reserve während des gesamten
Betrachtungszeitraums erbracht werden kann. Aufgrund der ähnlichen technischen
Eigenschaften von Wasserkraftwerken führt dies i. A. dazu, dass zahlreiche Kleinanlagen
gemeinsam betrieben werden müssen.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
39
Tabelle 18: Technische und organisatorische Anforderungen der Reservemärkte in
Deutschland
Primärregelreserve
Sekundärregelreserve
Minutenreserve
Mittlerer
Gesamtbedarf
± 576 MW
+ 2.133 MW
- 2108 MW
+ 2.406 MW
- 2.452 MW
Aktivierungszeit
30 Sekunden
5 Minuten
7,5-15 Minuten
Ausschreibung
Wöchentlich
täglich
Mindestgebot
± 1 MW
+ 5 MW/-5 MW
Gebotsinkrement
± 1 MW
+ 1 MW/-1 MW
Vergabe
Merit Order der Leistungspreise
Anforderung
Unselektiv
Merit Order der Arbeitspreise
Vergütung
Leistungspreis
Leistungs- und Arbeitspreis
6.4 Aktuelle Teilnahme am Reservemarkt
In Kapitel 3.3 wurde gezeigt, dass die überwiegende Zahl der Betreiber von
Wasserkraftanlagen (94 %) die Vermarktung über das Festpreismodell des EEG
bevorzugt. Dies betrifft aber nur 22 % der in Deutschland installierten Leistung. Da bei
dieser Vermarktungsform die gesamte erzeugte elektrische Energie dem jeweiligen
Übertragungsnetzbetreiber zur Verfügung gestellt werden muss, ist eine Steuerung und
insbesondere Abregelung der Anlagen nicht zulässig und somit eine Teilnahme am
Reservemarkt innerhalb dieser Vermarktungsform nicht möglich.
Anders sieht es bei den Wasserkraftanlagen der Leistung > 1 MW aus, die mit einer
Gesamtleistung von etwa 3.400 MW etwa 84 % der installierten Leistung repräsentieren
und zu 75 % außerhalb des EEG vermarktet werden.
Die Umfrage bei ca. 400 Wasserkraftanlagen bzgl. der Teilnahme am Reservemarkt und
der Präqualifizierung für ein bestimmtes Marktsegment (Primär-, Sekundär-,
Minutenreserve) ergab, dass fünf Anlagen, also nur etwa 10 % (ca. 14 % der Leistung)
am Reservemarkt teilnahmen (Tabelle 19). Die Anlagen hatten eine Präqualifizierung als
Minutenreserve. Dabei handelte es sich um zwei Laufwasserkraftwerke und drei Anlagen
am gleichen Gewässer, deren Zufluss über einen Speichersee geregelt werden kann. Ob
diese Aussagen repräsentativ sind, konnte nicht geklärt werden, da sich die
Rückmeldungen der Umfrage auf eine Gesamtleitung von 160 MW und 676 GWh/a
(entsprechend etwa 3 % der installierten Leistung in Deutschland) beziehen.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
40
In zwei Fällen wurde angegeben, dass in 2012 ein Eingriff zur Sicherung der
Netzstabilität erfolgt ist. Die Auswertung der Befragung der Netzbetreiber bestätigt, dass
Eingriffe zur Netzstabilisierung nur an wenigen Anlagen erfolgten.
Tabelle 19: Auswertung der Rückläufe der Fragebogen für WKA (> 1 MW) zu Teilnahme
am Reservemarkt und Präqualifizierung (aus Umfrage WKA > 1 MW, Stand
Februar 2013, 48 Rücksendungen insgesamt)
Mit Präqualifizierung im
Minutensegment
Teilnahme am
Reservemarkt
Anzahl WKA
Leistung
Anzahl WKA
Leistung
ja
5
22 MW
5 (davon 4 WKA
mit 100% der
Leistung)
Ca. 16 MW
nein
41
133 MW
-
-
Keine Angabe
2
4,7 MW
43
144 MW
7 Zubaupotenzial
Das Zubaupotenzial wurde im ersten Schritt als ein technisches Potenzial bestimmt.
Dieses wurde aus dem theoretischen Linienpotenzial der deutschen Gewässer durch
Berücksichtigung der Fließverluste und unter Einbeziehung der realen Wirkungs- und
Ausbaugrade von Wasserkraftanlagen abgeleitet. Als Ergebnis der Untersuchung wird
das verfügbare technische Potenzial für Deutschland auf 33,2 bis 42,1 TWh beziffert.
Aus dem technischen Potenzial aller Wasserkraftanlagen (P > 1 MW und
1 MW) von
33,2 bis 42,1 TWh verbleibt nach Abzug des genutzten Potenzials von 20,7 TWh ein
technisches Zubaupotenzial von etwa 12,5 bis 21,4 TWh. Die Realisierbarkeit dieses
technischen Zubaupotenzials wurde differenziert für große und mittelgroße und kleine
Gewässer betrachtet:
Davon befinden sich
11 bis 18,6 TWh
an großen Flüssen und
1,5 bis 2,8 TWh
an mittelgroßen bis kleinen Gewässern.
Das ermittelte technische Potenzial ist das Ergebnis einer rein physikalischen bzw.
technischen Untersuchung. Es stellt das theoretisch maximal nutzbare Potenzial und
damit die Obergrenze des nutzbaren Wasserkraftpotenzials dar.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
41
Dabei wurden neue Technologien wie Generatoren mit verbesserten Wirkungsgraden
und Turbinen im Bereich sehr kleiner Fallhöhen berücksichtigt, auch wenn diese sich
noch in der Erprobungsphase befinden.
7.1 Zubaupotenzial an großen Gewässern
An Elbe, Oder, Donau und Rhein existieren große frei fließende Strecken, die einen
erheblichen Anteil des ermittelten technischen Zubaupotenzials beinhalten. Geht man
davon aus, dass diese frei fließenden Strecken erhalten bleiben sollen, reduziert sich das
technische Zubaupotenzial an den großen Gewässern auf im Mittel 4,0 TWh.
Abbildung 17: Bestehendes Regelarbeitsvermögen sowie ermitteltes Zubaupotenzial an
neun großen Flüssen durch Erhöhung des Anlagenwirkungsgrades und
des Ausbaugrades an Wasserkraftanlagen P > 1 MW
Der größte Anteil dieses technischen Zubaupotenzials an den großen Gewässern kann
mit 2,37 TWh an bestehenden Standorten von WKA mit P
1 MW durch technische
Verbesserungen, durch Erhöhung des Anlagenwirkungsgrades und des Ausbaugrades
realisiert werden. Dieser Wert unterscheidet sich im Vergleich zum Ergebnis der
Bundesstudie (ANDERER et al 2010), da das Zubaupotenzial der bestehenden
Moselkraftwerke reduziert werden musste (RUPRECHT 2013).
Die Errichtung von neuen WKA mit P
1 MW an bestehenden Querbauwerken führt zu
einer zusätzlichen jährlichen Erzeugung von etwa 0,12 TWh.
An den großen Gewässern können somit ca. 2,5 TWh des Zubaupotenzials von etwa
4,0 TWh durch den Umbau bestehender Standorte von Querbauwerken oder
Wasserkraftanlagen genutzt werden. Die verbleibenden 1,5 TWh könnten nur durch den
Neubau von Staustufen mit Wasserkraftanlagen in bisher ungenutzten Gewässerstrecken
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
42
realisiert werden. Derartige Neubauten werden jedoch wegen der bestehenden
Randbedingungen, Nutzungen und Restriktionen als eher unwahrscheinlich eingeschätzt.
7.2 Zubaupotenzial an mittelgroßen und kleinen Gewässern
An mittelgroßen und kleinen Gewässern konnte als Ergebnis der Studie ein technischökologisch-ökonomisches Zubaupotenzial von etwa 0,6 TWh entsprechend einem
weiteren Ausbau um 18 % ermittelt werden.
Insgesamt ergibt sich an den großen, mittelgroßen und kleinen Gewässern ein
Zubaupotenzial an bestehenden Standorten von etwa 3 TWh/a.
7.3 Zubaupotenzial differenziert nach Bundesländern
Bei der Ermittlung des Zubaupotenzials für die einzelnen Bundesländer wurde zwischen
dem Erzeugungspotenzial als Jahresarbeit (z.B. in GWh) und dem Leistungspotenzial
(z.B. in MW) unterschieden. In Tabelle 20 sind die in dem jeweiligen Bundesland
zusätzlich ausbaubaren technischen Erzeugungs- und Leistungspotenziale aufgelistet.
Baden-Württemberg und Bayern, die Bundesländer mit dem aktuell größten Beitrag zur
Stromerzeugung aus Wasserkraft, verfügen auch über die größten noch ausbaubaren
Erzeugungspotenziale.
Insgesamt ergibt sich als Summe für alle Bundesländer ein zusätzlich ausbaubares
technisches Erzeugungspotenzial von etwa 3,0 TWh/a bei einem technischen
Leistungspotenzial von 0,968 GW.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
43
Tabelle 20: Voraussichtlich zusätzlich ausbaubares technisches Erzeugungs- und
Leistungspotenzial für die Wasserkraftnutzung (Stand Anfang 2010,
Weserkraftwerk Bremen Hemelingen berücksichtigt) gemäß erweiterter
Potenzialstudie für Deutschland (ANDERER et al 2010), (IE 2011)
voraussichtlich zusätzlich ausbaubar
Leistungspotenzial
[MW]
Erzeugungspotenzial
[GWh/a]
Baden-Württemberg
214
707
Bayern
535
1626
Berlin
0,21
0,84
Brandenburg
2,42
9,36
Bremen
0,01
0,02
Hamburg
0,13
0,50
Hessen
31,1
94,8
1,01*
2,87*
Niedersachsen
54,2
158
Nordrhein-Westfalen
52,2
170
Rheinland-Pfalz
42,4
137
Saarland
10,8
23,2
Sachsen
10,4
23,6
Sachsen-Anhalt
8,53
24,0
0,63**
2,76**
Thüringen
5,00
25,2
gesamt
968
3.005
Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern
Schleswig-Holstein
* Ohne Berücksichtigung der Einzugsgebiete von Warnow und Peene;
** Ohne Berücksichtigung der Einzugsgebiete von Eider und Trave
7.4 Vorgehen der Länder bei geforderter Ausweisung der vorhandenen
WK-Potenziale (§ 35 Absatz 3 WHG)
Die Bundesländer bzw. die zuständigen Behörden sind nach § 35 Absatz 3 WHG
verpflichtet, das bisher nicht genutzte Wasserkraftpotenzial an vorhandenen Staustufen
zu ermitteln. Dabei ist zu prüfen, ob an den Staustufen oder sonstigen Querverbauungen,
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
44
die am 1. März 2010 bestanden und deren Rückbau zur Erreichung der
Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 auch langfristig nicht vorgesehen
ist, eine Wasserkraftnutzung möglich ist.
Innerhalb der vorliegenden Untersuchung wurden die oberen Wasserbehörden der
Bundesländer in Bezug auf § 35 Absatz 3 WHG befragt,
ob nach 2009 Potenzialuntersuchungen in den Bundesländern durchgeführt
wurden und
auf welche Weise die Ergebnisse zu standortspezifischen Potenzialen der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Zusätzlich wurden Informationen aus Veröffentlichungen und eigenen Arbeiten
zusammengetragen und in Tabelle 21 zusammengestellt.
In zahlreichen Bundesländern wurden in unterschiedlichem Umfang Untersuchungen
zum Wasserkraftpotenzial durchgeführt. Die meisten Bundesländer nutzen bei der
geforderten Ausweisung der Potenziale die Veröffentlichung im Internet, führen
öffentliche Informationsveranstaltungen durch und/oder versenden auf Anfrage
entsprechende Berichte. Da einige Studien nicht öffentlich vergeben wurden, verwiesen
einzelne Bundesländer darauf, dass sie keinen Einfluss auf die Veröffentlichung der
Ergebnisse haben.
Für Baden-Württemberg wird die landesweite Potenzialstudie im Frühjahr 2015
abgeschlossen sein und im Internet veröffentlicht werden (Informationen J. Reiss, Büro
am Fluss, vom 8.12.2014). Darin wurde das technisch-wirtschaftlich-ökologische
Potenzial an bestehenden Querbauwerken und das Ausbaupotenzial an bestehenden
oder stillgelegten Wasserkraftanlagen ermittelt. Die bisherigen Ergebnisse sind im
Potenzialatlas Erneuerbare Energien veröffentlicht (Ministerium für Umwelt, Klima und
Energiewirtschaft, Abbildung 18 und Abbildung 19).
Die Bayerische Staatsregierung veröffentlicht für alle (erneuerbare) Energieformen ein
GIS-gestütztes System (GIS: geographisches Informationssystem), in dem die aktuell
betriebenen Erzeugungsanlagen dargestellt sind (Abbildung 20). Informationen zu
bestehenden Wasserkraftanlagen beinhalten den Namen, das zuständige
Wasserwirtschaftsamt, Kraftwerkstyp und die Leistungsklasse (z.B. 501 – 999 kW).
Darüber hinaus sind das Modernisierungs- und Nachrüstungspotenzial an bestehenden
WKA (Abbildung 21) und das Neubaupotenzial an ungenutzten Querbauwerken
dargestellt.
Gemäß Energiekonzept der Bayerischen Staatsregierung „Energie innovativ“ vom Mai
2011 soll bis zum Jahr 2021 die Stromerzeugung aus Wasserkraft (ohne
Pumpspeicherkraftwerke) auf durchschnittlich 14,5 Mrd. kWh/Jahr gesteigert werden.
Dazu sollen bestehende Wasserkraftwerke modernisiert und/ oder nachgerüstet werden.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
45
An bestehenden Querbauten soll natur- und umweltverträglich der Neubau von
Wasserkraftwerken erfolgen.
Abbildung 18: Potenzialatlas Erneuerbare Energien Baden-Württemberg, Wasserkraft
(http://rips-app.lubw.badenwuerttemberg.de/maps/?lang=de&app=potenzialatlas, Stand 8.12.2014)
Abbildung 19: Potenzialatlas Erneuerbare Energien Baden-Württemberg, Beispiel
Standorte mit Neubaupotenzial Wasserkraft (Stand 8.12.2014)
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
46
Abbildung 20: Energieatlas Bayern, Wasserkraft (http://geoportal.bayern.de/energieatlaskarten/?1, 8.12.2014)
Abbildung 21: Energieatlas Bayern, Modernisierungs- und Nachrüstungspotenzial
Wasserkraft (http://geoportal.bayern.de/energieatlas-karten/?1, 8.12.2014)
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
47
Tabelle 21: Potenzialuntersuchungen in den Bundesländern; Maßnahmen zur Erfüllung
von § 35 Absatz 3 WHG
BB
Ziel der Untersuchung
Umfang
Ermittlung des
Wasserkraftpotenzials
landesweit
Maßnahmen zur
Umsetzung /
Veröffentlichung
gemäß §35 (3)
WHG
[RINDELHARDT
2011b],
veröffentlicht
Keine aktuelle
Untersuchung,
Potenzial gering
BE
BW
Quelle /
Anmerkung
Ermittlung des
Wasserkraftpotenzials
Alle Standorte im
Einzugsgebiet des
Neckars, ohne
Bundeswasserstraße
Neckar;
Alle weiteren Gebiete
[UmweltBW
2010]
Fertigstellung/
Veröffentlichung
Frühjahr 2015
Veröffentlichung
im Internet,
Workshops
[E.ON & BEW
2009],
Veröffentlichung
„Gebietskulisse
Wasserkraft“ im
Energieatlas
Bayern
Landesregierung
bietet
Unterstützung bei
Genehmigungsverfahren an;
Veröffentlichung
GIS gestütztes
System im Internet
HB
gesamtes
Potenzial wird in
Bremen
Hemelingen
genutzt
-
HH
Keine aktuelle
Untersuchung,
Potenzial gering
BY
Ermittlung des
Wasserkraftpotenzials
Untersuchung an WKA
von E.ON und BEW
HE
Potenzialstudie im
Rahmen der Studie
„Wasserkraftnutzung und
WRRL“
Technisch-wirtschaftlichökologisches Potenzial an
Standorte von
Querbauwerken unter
Berücksichtigung
ökologischer Abflüsse
(Qmin, Q_FAA,
Q_Bypass)
[THEOBALD et
al 2011]
MV
Untersuchung zum
Wasserkraftpotenzial
Landesweit
[RINDELHARDT
2011a]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
Ziel der Untersuchung
Umfang
48
Quelle /
Anmerkung
NI
Antwort der
Landesregierung vom
Drucksache
Landesweit, Liste der
15.5.2002 auf eine
ausbaubaren Standorte im 14/3397,
Anfrage des Landtages zur
veröffentlicht
Anhang
Förderung der
Wasserkraftnutzung
NW
Aufbau einer landesweiten
Datenbank zu
Querbauwerken und
Wasserkraftanlagen und
Untersuchung des
Wasserkraftpotenzials
Technisch-wirtschaftlichökologisches Potenzial für
alle Standorte von
Querbauwerken und
Wasserkraftanlagen
[ANDERER et al
2007];
Aktualisierung
war für
2012/2013
geplant
RP
Aufbau einer landesweiten
Datenbank zu
Querbauwerken und
Wasserkraftanlagen und
Untersuchung des
Wasserkraftpotenzials
Technisch-wirtschaftlichökologisches Potenzial für
alle Standorte von
Querbauwerken und
Wasserkraftanlagen
[ANDERER et al
2009];
Aktualisierung
erfolgte in 2011
SL
Potenzialermittlung für die
erneuerbaren Energien
Landesweit
[IZES 2007],
Studie
veröffentlicht
SN
Ermittlung der technischen
Potenziale der
erneuerbaren
landesweit
Energieträger in Sachsen,
sowie der wirtschaftlichen
Umsetzungsmöglichkeiten
ST
Energiestudie mit
Prognosen der
Energiekennzahlen für die
Jahre 2020 bis 2030 zur
Vorbereitung der
Fortschreibung des
Energiekonzeptes der
Landesregierung in
Sachsen-Anhalt
SH
Untersuchung des
Landesweit, Liste aller
Wasserkraftpotenzials aus
Mühlenstandorte
1990
landesweit
Maßnahmen zur
Umsetzung /
Veröffentlichung
gemäß §35 (3)
WHG
Fachveranstaltung
en und Weitergabe
der Liste
potenzieller WKA
auf Anfrage
[VEE 2008],
Studie
veröffentlicht
[EUPD&DCTI
2012], Studie
veröffentlicht
[SH-MSGE
1990], Broschüre Prüfung steht aus
veröffentlicht
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
TH
49
Quelle /
Anmerkung
Ziel der Untersuchung
Umfang
Innerhalb der Studien zur
Wiederherstellung der
Durchgängigkeit wurde
das Ausbaupotenzial der
Wasserkraft
standortspezifisch
untersucht
Techn.-wirtsch.-ökol.
Potenzial an allen
Standorte von QBW und
WKA im Gewässerverlauf:
bisher für die Gewässer
[IBFM 2011]
Ilm, Unstrut, Saale; in
2012: Studie zur Werra; für
weitere Gewässer in
Planung: Gera, Apfelstädt,
Ohra, Schwarza, Loquitz,
Ulster, Schleuse/Nahe
Maßnahmen zur
Umsetzung /
Veröffentlichung
gemäß §35 (3)
WHG
Bisher für Ilm,
Unstrut:
Veröffentlichung
der Studie,
öffentlicher
Workshop
Daten aus Veröffentlichungen zur WRRL
In den so genannten C-Berichten der Bestandsaufnahme zur EG-WRRL wurden
detaillierte Informationen zu Wasserkörpern, Gewässereinzugsgebieten bzw. Teilen der
Einzugsgebiete zusammengetragen. Daten zu Wasserkraftanlagen und zur Umsetzung
von § 35 Absatz 3 WHG können diesen Berichten in der benötigten Detailschärfe jedoch
nicht entnommen werden. Die Erfassung der Querbauwerke erfolgte meist ohne die
Erfassung der Nutzung, so dass keine Angaben über Standorte von Wasserkraftanlagen
vorhanden sind.
Die Qualität und Quantität dieser Daten ist in den 16 Bundesländern teilweise sehr
unterschiedlich, was auf die unterschiedliche Vorgehensweise der Länder bei der
Bestandsaufnahme zurückzuführen ist.
8 Genehmigungsregelungen und Projektrealisierungszeiten
8.1 Relevante rechtliche Regelungen und Genehmigungsverfahren
Die
Genehmigung
von
neuen
Wasserkraftanlagen
oder
umfangreichen
Umbaumaßnahmen ist ein komplexer Prozess und beinhaltet verschiedene Verfahren. Je
nach Bundesland sind unterschiedliche Behörden zuständig.
Wasserrechtsverfahren
Für die eigentliche Zulassung gibt es unterschiedliche Verfahren:
o
Planfeststellungsverfahren
o
Plangenehmigungsverfahren
o
Raumordnungsverfahren
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
o
50
Erlaubnis-und Bewilligungsbescheid
Rechtsgrundlage ist das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Des Weiteren finden
sich Regelungen, die die Genehmigung von Wasserkraftanlagen betreffen für die
einzelnen Bundesländer innerhalb folgender Gesetze:
Landeswassergesetze
Landesfischereigesetze
Die wasserrechtlichen Regelungen der Wasserkraftnutzung der einzelnen
Bundesländer wurden 2012 in einer Studie für das Umweltbundesamt
zusammengetragen. Die Publikation ist als Download zu finden unter:
http://www.uba.de/uba-info-medien/4287.html
Naturschutzfachliche Planung
Folgende landschaftsplanerische Fachbeiträge sind zusätzlich zur technischen
Planung zu erbringen:
o
Landschaftspflegerischer Begleitplan
o
Umweltverträglichkeitsprüfung
o
FFH-Gebiets-Vorprüfung oder FFH-Gebiets-Prüfung
o
Spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung
Die umweltrechtlichen Fragen können für eine beabsichtigte Wasserkraftnutzung
die größten Einschränkungen bedeuten. Daher ist es im Einzelfall zweckmäßig,
eine Umweltverträglichkeitsprüfung als ökologische Vorprüfung zu erstellen.
Sofern eine geplante Wasserkraftanlage der Planfeststellung nach § 67 WHG
bedarf, ist auch die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens erforderlich.
Netzanschlussbegehren
Mit dem Netzbetreiber ist zu klären, welches der gesamtwirtschaftlich günstigste
und räumlich nächstgelegene Netzverknüpfungspunkt für die neu zu errichtende
Anlage ist.
Weiteres
Darüber hinaus können aus den folgenden Bereichen zusätzlich behördliche
Abstimmungen erforderlich sein:
o
Baurecht
o
Bauleitplanung
o
Nachbarschaftsrecht
o
Lärmschutz.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
51
8.2 Projektrealisierungszeiten
Die Realisierungszeiten für den Neubau einer Wasserkraftanlage sind relativ lang. Von
Beginn der Planung bis zur Fertigstellung der Anlage vergehen fünf Jahre und mehr
(siehe Abbildung 22). Vor der Planung muss ggf. ein Raumordnungsverfahren mit
entsprechenden Fristen erfolgen. Bei Modernisierungen können sich die Zeiträume etwas
verkürzen, bei größeren Anlagen aber auch deutlich verlängern.
Abbildung 22: Verfahrensdauer und anteilige Kosten für den Neubau einer Wasserkraftanlage mit einer Gesamtinvestition von ca. 11,5 Mio.€ (10 Mio. € Bau +
1,5 Mio. € Planung) ohne Grunderwerbskosten
In dem in Abbildung 22 dargestellten Projekt wurde vor Erteilung des Genehmigungsbescheids mit der Ausführungsplanung begonnen. Das birgt die Gefahr von
Umplanungen und somit höheren Kosten, die sich durch Anforderungen des
Genehmigungsbescheids ergeben können. Trotzdem ist dieses Vorgehen aus Gründen
der Zeitersparnis eine häufig angewandte Praxis.
Die Verwirklichung des Weserkraftwerks Hemelingen (10 MW) dauerte beispielsweise
etwa zwölf Jahre. Das 1. Konzept wurde 2001 erstellt. Die fünfjährige Genehmigungsphase führte Anfang 2007 zum Planfeststellungsbeschluss. Mit dem Bau wurde 2008
begonnen. Die Anlage nahm schließlich nach dreijähriger Bauzeit im März 2012 den
regulären Betrieb auf.
Abbildung 23 zeigt die Projektphasen für den Neubau des Wehrkraftwerks AlbbruckDogern (installierte Leistung 24 MW). Bereits 1981 ließ die Rheinkraftwerk AlbbruckDogern AG ein Vorprojekt zur Erweiterung der Wasserkraftnutzung am Stauwehr
erarbeiten. 1991 ließ das Schweizerische Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft
eine Studie erstellen, die ökologische Verbesserungsmaßnahmen am Hochrhein
aufzeigte.
In
dem
Katalog
von
Projektideen
für
lokale
ökologische
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
52
Verbesserungsmaßnahmen war das Wehrkraftwerk eines der bedeutendsten Projekte
(SCHLAGETER, 2006).
Abbildung 23: Projektlaufzeit und Kostenentwicklung des Neubaus des Wehrkraftwerks
Albbruck-Dogern
Quelle: GIESECKE (2013), verändert nach DURST (2014)
Aufgrund der ungenügenden Abflusssituation in der Ausleitungsstrecke hat die RADAG
1994 die Projektidee erneut aufgegriffen und mit der Bedarfsklärung, der Finanzplanung
und den Verhandlungen mit den Energieabnehmern begonnen. Die Genehmigungsphase
des Grenzkraftwerks dauerte auf deutscher Seite etwa 5,5 Jahre, auf schweizerischer
Seite etwa 1,5 Jahre. Die Bauphase dauerte von 2007 bis 2009, also knapp drei Jahre.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
53
Die Umsetzungsphase bis zur Inbetriebnahme betrug also 16 Jahre. Nach der
Inbetriebnahme wurden noch ökologische Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt.
Die Kosten lagen im Zeitraum 2005 bis zur Fertigstellung bei 69,8 Mio. €. In diesen
Kosten sind die Kosten für die Planung und Baubewilligung enthalten. Kosten für die
Vorstudien, Finanzplanung und Verhandlungen mit den Energieabnehmern sind nicht
enthalten (DURST, 2014).
Selbst wenn keine wasserrechtliche Genehmigung für die Modernisierung erforderlich ist,
erfordert die Vorbereitung viel Zeit und vor allem wird angestrebt, während der
Modernisierungsmaßnahme die Erzeugungsverluste gering zu halten. Deshalb wird i.d.R.
jeweils in der wasserarmen Zeit des Jahres (bei alpinen Flüssen im Winterhalbjahr) nur
eine Turbine umgebaut. Bei einer großen Anlage mit drei oder vier Turbinen zieht sich
somit die Realisierung über vier bis fünf Kalenderjahre.
Die Realisierungszeiten kleinerer Anlagen sind kürzer. Nach einer Statistik des
Umweltministeriums Baden-Württemberg beträgt die Verfahrensdauer bei Vorliegen
vollständiger Unterlagen für Anlagen bis etwa 500 kW sechs bis sieben Monate. Für den
Neubau von Anlagen wird vorab eine Standortabklärung angeboten. Die Dauer hierfür
beträgt ca. vier bis sechs Monate. Bei positivem Ausgang liegt die Genehmigungsdauer
dann an der unteren Grenze.
9 Grenzkraftwerke
9.1 Kraftwerke an Hochrhein und Oberrhein mit deutschen
und nicht-deutschen Anteilen
Hochrhein und Oberrhein bilden über weite Strecken die Grenze zu Frankreich bzw. der
Schweiz. Die Wasserkraftanlagen befinden sich dort im gemeinsamen Besitz deutscher
und französischer bzw. schweizerischer Unternehmen, wobei der deutsche Anteil am
Regelvermögen der Kraftwerke meist 50 % beträgt. Größere Abweichungen von diesem
Wert ergeben sich je nach Lage des Gesamtkomplexes (Tabelle 22).
9.2 WKA in Grenzgewässern, die keine deutschen Anteile besitzen
An den Grenzgewässerabschnitten im Hochrhein und Oberrhein werden WKA betrieben,
die einen erheblichen Teil des verfügbaren Potenzials verarbeiten, an denen die
deutsche Seite aber über keinen Anteil verfügt:
Am Hochrhein befinden sich vier schweizerische WKA mit einer installierten
Leistung von insgesamt 159,1 MW (Tabelle 23).
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
54
Am Rheinseitenkanal (Grand Canal d´Alsace) am Oberrhein betreibt der
französische Stromkonzern EDF acht WKA mit einer Gesamtleistung von
1.227 MW (Tabelle 24).
Tabelle 22: WKA an Oberrhein und Hochrhein, deren deutsche Anteile <100 % betragen
Kraftwerksname
deutscher BundesAnteil [%]
land
Kehl
50
BW
Iffezheim
50
BW
Gambsheim
50
Rheinfelden
hf
[m]
km
Qa
[m3/s]
Pinst, ges
[MW]
Ea, ges Inbetrieb
[GWh/a] nahme
4,7
35
1,2
8,2
2009
334
10,6
1095
109,2
750,0
1978
BW
309
10,3
1100
100,0
660,0
1974
75,1
BW
147
5,7
600,0
26,0
185,1
1898
RyburgSchwörstadt
50
BW
144
12,0
1420
144,0
800,0
1931
Säckingen
50
BW
130
6,6
1450
73,6
492,0
1933
Laufenburg
50
BW
123
10,1
1355
110,0
700,0
1914
AlbbruckDogern
90,5
BW
110
9,2
1100
84,0
580,0
1933
Reckingen
50
BW
91
8,3
560
38,0
274,5
1942
Eglisau
7,2
BW
80
10,6
415
31,9
242,0
1920
Rheinau
38,3
BW
62
10,5
400
36,0
245,0
1898
9
BW
52
6,8
500
28,9
168,0
1964
Schaffhausen
[Quelle: ANDERER et al 2010]
Tabelle 23: Schweizerische WKA am Hochrhein (100 % schweizerische WKA)
WKA-Name
Installierte Leistung
[MW]
Neuhausen
Regelarbeitsvermögen
[GWh/a]
Fallhöhe
[m]
4,4
41
23
Albbruck-Dogern
Wehrkraftwerk
23,3
80
8,75
Augst
46,2
205
6,7
Birsfelden
85,2
534
9
159,1
860
Summe
[Quelle: ANDERER et al 2010]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
55
Tabelle 24: Französische WKA am Rheinseitenkanal (100 % französische WKA)
WKA-Name
Installierte Leistung
[MW]
Regelarbeitsvermögen
[GWh/a]
Fallhöhe
[m]
Kembs
156
938
14,2
Ottmarsheim
156
980
15,5
Fessenheim
180
1.030
15,7
Vogelgrün
140
800
12,3
Marckolsheim
152
928
13,2
Rheinau
152
930
13,3
Gerstheim
143
818
11,75
Straßburg
148
868
13,25
1.227
7.292
Summe
[Quelle: ANDERER et al 2010]
9.3 Besonderheiten bei der Planung
Die
integrierte
Bewirtschaftung
von
Oberflächengewässern
erfolgt
bei
grenzüberschreitenden
Gewässern
großräumig
im
Rahmen
internationaler
Kommissionen für ganze Flussgebiete. Alle Kommissionen koordinieren innerhalb ihrer
Flussgebiete die Umsetzung der WRRL.
Deutschland ist Mitglied in:
der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins (IKSR)
der Internationalen Kommission zum Schutze er Mosel und der Saar gegen
Verunreinigungen (IKSMS)
der Internationalen Kommission zum Schutze der Elbe (IKSE)
der Internationalen Kommission zum Schutze der Donau (IKSD)
der Internationalen Kommission zum Schutze der Oder gegen Verunreinigungen
(IKSO)
der Internationalen Maaskommission zum Schutz der Maas (IMK)
der Internationalen Kommission zum Schutze des Bodensees
Weiterhin arbeitet Deutschland mit in der UNECE-Konvention zum Schutz und zur
Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen zusammen.
Für den Ausbau des Wasserkraftpotenzials bedeutet dies, dass die Konzessionierung
der Schweiz identisch sein muss mit der deutschen Bewilligung. Dies bedingt, dass
bereits im Vorfeld, z.B. bei der UVP, ein Abstimmungsprozess erforderlich ist, in dem
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
56
beiden Rechtssystemen Rechnung getragen wird. Die Gesamtdauer des Prozesses
liegt dann bei mehreren Jahren, das eigentliche Genehmigungsverfahren dürfte
immer noch zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen.
10 Neuentwicklungen
10.1 Technologieentwicklung in der Wasserkraft
Die Wasserkraft-Technologie hat einen sehr hohen Reifegrad und eine sehr hohe
Zuverlässigkeit erreicht. Große Anlagen erreichen heute Wirkungsgrade im Bereich von
95 % im Optimum, eine große Steigerung ist hier kaum mehr möglich. Auch bei
modernen kleinen Anlagen ist der Wirkungsgrad schon sehr hoch (im Bereich von 90 –
92 %), so dass Wirkungsgradsteigerungen demzufolge nur noch begrenzt möglich sind.
Dennoch ergeben sich in den letzten Jahren eine Vielzahl an Neuentwicklungen.
Der Fokus bei der Entwicklung in der Kleinwasserkraft liegt neben der Verbesserung von
Einzelkomponenten auf folgenden Punkten:
Entwicklung fischfreundlicher Turbinen,
Entwicklung
von
Anlagen
und
Komponenten
zur
Verbesserung
der
Durchgängigkeit von Geschiebe und Fischen,
Entwicklung neuer Konzepte zur Nutzung geringer Fallhöhen,
Entwicklung von kostengünstigen standardisierten Turbinen.
10.1.1 Neuentwicklung von einzelnen Komponenten
Verbesserte Auslegungsmethoden
Durch den Einsatz neuer Auslegungsmethoden – hier ist vor allem der Einsatz moderner
Strömungssimulationsmethoden zu nennen, die heute auch kleinen Unternehmen
kostengünstig zur Verfügung stehen – ist eine Erhöhung der Wirkungsgrade gegenüber
alten Anlagen von ca. 2 – 4% zu erwarten. Vor allem bei „kritischen“ Anlagen (z. B. mit
einer sehr großen Fallhöhenschwankung) kann damit ein deutlich besserer
Wirkungsgradverlauf in den Einsatzrandbereichen erreicht werden, was zu einer
deutlichen Steigerung der Jahresarbeit führt.
Optimierung der Betriebsführung
Bei Anlagen mit mehreren Turbinen kann alleine durch eine optimierte Betriebsführung
(wirkungsgrad-optimierter Einsatz der einzelnen Turbinen) eine deutliche Steigerung der
Jahresarbeit erreicht werden. Je nach Anlage kann diese Steigerung zwischen 2 – 4 %
betragen, bei speziellen Anlagen sogar noch mehr. Durch heute eingesetzte Digitalregler,
bei denen entsprechende Optimierungsmodule zur Verfügung stehen (z. B. Joint-Control
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
57
der Fa. Andritz) kann die Optimierung der Betriebsführung ohne nennenswerten Aufwand
realisiert und somit das Wasserdargebot deutlich effizienter genutzt werden.
Automatisierung von Rechenreinigung und Spülprogrammen
Eines der größten Probleme bei Kleinwasserkraftanlagen stellt die Verschmutzung
sowohl des Rechens als auch der Turbine dar. Dabei kann es innerhalb sehr kurzer Zeit
zu großen Leistungseinbrüchen kommen. In Abbildung 24 ist die Leistungsabnahme an
einer Anlage infolge der Turbinenverschmutzung gezeigt.
Noch immer werden Rechenreinigungsanlagen und vor allem Turbinenspülvorgänge
manuell durchgeführt. Da diese manuelle Reinigung bzw. Spülung natürlich nicht immer
zum optimalen Zeitpunkt erfolgt, kommt es in der Regel zu erheblichen
Produktionseinbußen. Heutige moderne Rechenreinigungsanlagen sowie moderne
digitale Turbinenregler sind aber ohne nennenswerte Kosten so umrüstbar, dass sowohl
die Rechenreinigung als auch die Turbinenspülung mit einem effizienten Spülprogramm
automatisch erfolgen kann und sich somit eine deutlich verbesserte Betriebssituation mit
einer Mehrproduktion ergibt.
Abbildung 24: Leistungsabnahme einer Kleinturbine infolge Verschmutzung
Anlagen mit variabler Drehzahl
Durch die Entwicklungen im Bereich der Windkraft und der Photovoltaik stehen heute
effiziente Frequenzumrichter zu moderaten Kosten zur Verfügung. Dadurch können
Wasserturbinen auch mit variabler Drehzahl betrieben werden. Rüstet man eine einfachregulierte Turbine (Francis- oder Propellerturbine) mit einem drehzahlvariablen Generator
aus, so ergeben sich damit zwei Vorteile. Zum einen erhält man einen deutlich breiteren
Wirkungsgradverlauf und damit einen höheren Wirkungsgrad im Teillast- und
Überlastbereich. Dies führt vor allem bei Anlagen mit starker Wassermengenschwankung
zu einem erheblichen Gewinn an Jahresarbeit. Zum zweiten erreicht man ein höheres
Schluckvermögen der Maschine, was bei einer Anlage, die genügend Wasser zur
Verfügung hat, zu einer weiteren Steigerung der Jahresarbeit führt. Der
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
58
Wirkungsgradverlauf einer einfach-regulierten Maschine mit variabler Drehzahl ist in
Abbildung 25 dem einer konventionellen Turbine mit fester Drehzahl gegenübergestellt.
Abbildung 25: Wirkungsgradvergleich von fester und variabler Drehzahl bei einer einfachregulierten Maschine
Betrachtet man allerdings doppelt-regulierte Maschinen (Kaplan- oder Rohrturbine) so
ergibt sich nur eine marginale Verbesserung des Wirkungsgrades. Hier lohnt sich ein
Betrieb mit variabler Drehzahl im Allgemeinen nicht. Lediglich bei Anlagen mit extrem
schwankender Fallhöhe kann man durch den Betrieb mit variabler Drehzahl einen
größeren Betriebsbereich realisieren, dadurch kann ein Zugewinn an Jahresarbeit
erreicht werden.
Entwicklungen im Generatorbau
Im Bereich der Generatorentwicklung geht der Trend zu direkt-gekoppelten Generatoren.
Dies hat zwei Vorteile, zum einen erreicht man einen besseren Wirkungsgrad und zum
anderen eine Reduktion der Wartung, wenn man auf ein Getriebe verzichtet. Mit einem
direkt-gekoppelter Generator steigt der Wirkungsgrad um ca. 2 % gegenüber einer
Getriebevariante.
In den letzten Jahren werden darüber hinaus immer häufiger Permanentmagnet-erregte
Generatoren eingesetzt. Diese erfordern zwar bei der Installation und Wartung ein
gewisses Know-How, man erreicht dadurch aber vor allem im Teillastbereich noch einmal
eine deutliche Steigerung des Wirkungsgrades. Gegenüber konventionellen Generatoren
haben Permanentmagnet-erregte Generatoren zusätzlich den Vorteil, dass sie deutlich
kleiner bauen, was z. B. bei Rohrturbinen Vorteile bringt.
Durch den Einsatz von Hochtemperatur-Supraleitenden Generatoren kann der
Generatorwirkungsgrad noch einmal gesteigert werden. Vor allem im Teillastbetrieb
weisen diese Generatoren noch einmal eine deutliche Verbesserung auf. Diese
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
59
Technologie scheint jedoch noch nicht die Zuverlässigkeit zu besitzen, die für einen
Einsatz in Wasserkraftanlagen notwendig ist, um einen langlebigen, wartungsarmen
Betrieb zu gewährleisten. Die Wirkungsgrade der einzelnen Generatortypen sind in
Abbildung 26 zusammengestellt.
Abbildung 26: Vergleich der Wirkungsgradverläufe von verschiedenen
Generatorkonzepten
[Quelle: Zenergy Power]
10.1.2 Neuentwicklung bei Wasserrädern
Vermehrt kommen auch wieder Wasserräder für den Einsatz bei sehr kleinen Anlagen
mit niedriger Fallhöhe und relativ kleinen Wassermengen zum Einsatz. Wasserräder
haben den Vorteil, dass der bauliche Aufwand bei einer Anlage deutlich geringer ist als
bei der Verwendung von konventionellen Turbinen. Dafür erreichen sie nur deutlich
kleinere Wirkungsgrade als Turbinen. Neue Entwicklungen im Bereich der Wasserräder
beinhalten meist neue Fertigungsmethoden und einen modularen Aufbau, so dass eine
einfache Anpassung des Rades an die örtlichen Gegebenheiten möglich ist. Beispielhaft
10.1.3 Fischfreundlichere Turbinen
Bei der Entwicklung einer fischfreundlicheren Turbine wird darauf geachtet werden, dass
Schädigungen an Fischen möglichst vermieden werden. Das führt dazu, dass eine
fischfreundlichere Turbine nahezu spaltfrei ist. Sie weist einen großen Abstand zwischen
Leit- und Laufrad mit wenigen Laufradschaufeln auf, damit sinkt die Wahrscheinlichkeit
einer Kollision. Darüber hinaus ist sie für eine relativ niedrige Drehzahl ausgelegt. Um
den Druckgradienten möglichst zu verkleinern, ergeben sich relativ lange
Laufradschaufeln. Durch die langsame Drehzahl und die deutlich langsamere
Strömungsgeschwindigkeit als bei konventionellen Turbinen ist auch die
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
60
Kavitationsgefahr minimiert. In Abbildung 27 sind zwei fischfreundlichere Laufräder
dargestellt. Deutlich sieht man die wenigen und langen Laufschaufeln.
Durch das fischfreundlichere Design kann die Mortalitätsrate deutlich gesenkt werden.
Eine Schädigungsrate im Bereich von 4 – 8 % bei konventionellen Turbinen kann durch
ein fischfreundliches Design auf 1 – 3 % reduziert werden (Grünig 2013). Das klingt zwar
nicht sonderlich viel, betrachtet man aber eine Staustufenkette, so sieht man, dass die
Überlebensrate nach z.B. 12 Staustufen bei einer konventionellen Turbine mit einer
Mortalitätsrate von 5 % bei ca. 53 % liegt, während sie bei einer fischfreundlicheren
Turbine (Mortalitätsrate 2 %) ca. 78 % beträgt.
Abbildung 27: Beispiele für fischfreundliche Turbinenlaufräder
a) Alden-Turbine [Alden 2013],
b) [Grünig 2013]
10.1.4 Anlagen zur Verbesserung der Durchgängigkeit
Neben der Durchgängigkeit für Fische und andere Lebewesen ist natürlich auch die
Durchgängigkeit für Geschiebe wünschenswert. Demzufolge wird versucht, Anlagen zu
entwickeln, die dieses Kriterium erfüllen. In Abbildung 28 sind einige Beispiele gezeigt.
Es handelt sich dabei um einen Coanda-Rechen (Abbildung 28a), ein Schachtkraftwerk
mit überströmtem Rechen (Abbildung 28b), sowie ein unter- und überströmtes Kraftwerk
(Abbildung 28c), das angehoben bzw. abgesenkt werden kann, um im Bedarfsfall das
Geschiebe unter dem Kraftwerk durchzulassen.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
61
Abbildung 28: Beispiele von Anlagen zur Verbesserung des Fischabstiegs und der
Durchlässigkeit von Geschiebe,
a) Coanda-Rechen aus [Pelikan 2012],
b) Schachtkraftwerk [BR 2013],
c) Unter- und überströmte Turbine [Hydro 2013]
10.1.5 Anlagen zur Nutzung geringer Fallhöhen
Der größte Anteil von neuen Kraftwerken an bestehenden Querbauwerken weist nur eine
relativ geringe Fallhöhe auf. Um diese Anlagen ausbauen zu können, ist es deshalb
notwendig, entsprechende Turbinen zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus dürfen die
Baukosten auch nicht das ganze Projekt unwirtschaftlich machen. In Abbildung 29 sind
exemplarisch drei Entwicklungen gezeigt. Es sind dies die VLH-Turbine (Juhrig 2011),
eine Wasserkraftschnecke (Pelikan 2012) sowie die Entwicklung eines speziellen
Wasserrades im HYLOW Projekt (Hylow 2013). Alle diese Entwicklungen zeigen zwar
etwas niedrigere Wirkungsgrade als konventionelle Turbinen, dafür ist aber der
Bauaufwand deutlich geringer als bei konventionellen Anlagen, was eine ökonomische
Realisierung eines Projektes oft einfacher machen kann.
Abbildung 29: „Turbinen“-Konzepte zur Nutzung geringer Fallhöhen
a) VLH-Turbine [Juhrig 2011],
b) Wasserkraftschnecke [Pelikan 2012],
c) Wasserdruckmaschine [Hylow 2013]
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
62
10.1.6 Standardisierte Einfachturbinen
Um vergleichsweise kostengünstige Turbinen für Kleinwasserkraftanlagen bereitstellen
zu können, versuchen die meisten Hersteller einen Satz von standardisierten, einfachen
Turbinen (z. B. ohne Leitrad- und Laufradverstellung) bereit zu stellen. Hier sei
exemplarisch die Matrixturbine der Fa. Andritz oder der StreamDiver der Fa. Voith
genannt. Dadurch können wirtschaftliche Rahmenbedingungen erreicht werden, die
einen ökonomischen Ausbau eines Standorts erst möglich machen.
Abbildung 30: Standardisierte Turbinen
a) Matrixturbine der Fa. Andritz [Andritz 2013],
b) Streamdiver der Fa. Voith [Kössler o.J.]
10.1.7 Weitere Entwicklungen
Neben den aufgezeigten neuen Technologien gibt es noch zahlreiche weitere
Entwicklungen. Dabei liegen aber meist keine ausreichenden zuverlässigen Daten vor,
um die Effizienz dieser Systeme beurteilen zu können, bzw. die Effizienz dieser
Entwicklungen ist so schlecht, dass sie hier nicht betrachtet werden.
10.2 Technologieentwicklung bei den ökologischen Maßnahmen
Der Betrieb von Wasserkraftanlagen ist an eine behördliche Zulassung gebunden. Die
§§ 33 bis 35 WHG müssen erfüllt sein. Dort werden eine Mindestwasserführung, die
Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer und der Schutz der Fischpopulationen
gefordert.
Für die Abgabe des Mindestabflusses sind keine besonderen technischen Einrichtungen
erforderlich. Die „Durchgängigkeit“ fand als hydromorphologische Qualitätskomponente
Eingang in die Europäische Wasserrahmenrichtlinie und damit auch in das deutsche
Wasserrecht. Im Mai 2014 ist das DWA-Merkblatt M 509 „Fischaufstiegsanlagen und
fischpassierbare Bauwerke - Gestaltung, Bemessung, Qualitätssicherung“ erschienen.
Darin wird ein neuer Standard für die Herstellung der aufwärts gerichteten
Durchgängigkeit festgelegt. Weitere Entwicklungen sind nur begrenzt zu erwarten.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
63
10.2.1 Maßnahmen zur Herstellung der flussabwärts gerichteten Durchgängigkeit
und zum Schutz der Fischpopulationen
Die Durchgängigkeit flussabwärts und der Schutz der Fischpopulationen sind an
Wasserkraftanlagen eng miteinander verknüpft. Die Fische können nur abwandern, wenn
sie vor einer Schädigung an der Wasserkraftanlage geschützt werden. Zudem müssen
die so geschützten Tiere in das Unterwasser gelangen können.
Gefährdungen für die abwandernde Fischfauna bestehen an Wasserkraftanlagen am
Einlaufrechen und durch die Passage von Turbinen. Das Schädigungspotenzial ist
mittlerweile ausreichend dokumentiert (z.B. UBA 2010a, EBEL 2008, ATV-DVWK 2004).
Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen gilt:
Hohe Schutzraten können nicht mit Verhaltensbarrieren (Nutzung von Licht,
Strom, Schall etc.), sondern nur mit mechanischen Barrieren, die die Passage von
Organismen durch kleine lichte Weiten verhindern, realisiert werden.
Durch die Modifikation von Nutzungsanlagen und ihrer Betriebsweise ist eine
gewisse Reduzierung der Schädigung von Fischen möglich.
Ein vollständiger Schutz aller abwandernden aquatischen Organismen einschließlich aller
Entwicklungsstadien an bzw. in Wassernutzungsanlagen wäre allenfalls bei sehr kleinen
lichten Weiten der Rechen und sehr geringen Anströmgeschwindigkeiten möglich. An
realen Nutzungsanlagen können diese Bedingungen nicht erfüllt werden. Daher ist es
zwingend erforderlich, Zielarten und –stadien für den Fischschutz zu definieren und die
Schutztechniken auf deren Körpergröße und Verhalten zu bemessen. Berücksichtigt man
in Bezug auf die Fische die Anforderungen von § 35 WHG, so muss die zulässige
Schädigungsrate an einem Standort durch Betrachtung der Gesamtschädigungsrate in
einem Gewässer abgeleitet werden.
Für die diadromem Fischarten ist die erforderliche Bemessung von Fischschutzanlagen
bekannt. Durch derartige Anlagen kann gleichzeitig ein hoher Schutz der potamodromen
Arten erreicht werden. Jedoch sind bei diesen Arten die Auswirkungen von
Schädigungen auf die Fischpopulationen nicht ausreichend geklärt. Fischschutzanlagen
für die diadromen Arten Lachs, Meerforelle und Aal können aus technischer Sicht
mittlerweile an Nutzungsanlagen bis zu einem Durchfluss von ca. 50 m³/s realisiert
werden. In Folge der geringen lichten Weiten steigen die hydraulischen Verluste und die
Aufwendungen zur Reinigung der Rechenfläche. Daher entsteht insbesondere bei der
Nachrüstung ein erheblicher finanzieller Aufwand.
Für kleinere und mittlere Wasserkraftanlagen gibt es mit Vertikalrechen (ca. bis 30 m³/s
Ausbaudurchfluss) und Horizontalrechen (bis ca. 50 m³/s Ausbaudurchfluss je
Recheneinheit) gegenwärtig einen Stand des Wissens und der Technik, mit dem
funktionsfähige, mechanische Fischschutz- und Abstiegsanlagen einschließlich der
erforderlichen Reinigungstechnik realisiert werden können (Forum Fischschutz 2014).
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
a)
64
b)
Abbildung 31: Fischschutzrechen
a) Horizontalrechen (Bauphase), dR = 12 mm (WKA ca. 300 kW)
b) Vertikalrechen (Bauphase), dR = 10 mm mit Reiniger (WKA ca. 500 kW)
Fischschutzanlagen erfüllen nur dann ihren ökologischen Zweck, wenn den Tieren
gleichzeitig auffindbare und passierbare Abwanderkorridore angeboten werden. Die
Auffindbarkeit der Abwanderkorridore hängt vom Verhalten der Fische an der Barriere
und beim unmittelbaren Einstieg in den Bypass ab. Sowohl für anadrome als auch für
katadrome Arten wurden Kombinationen von Fischschutz- und Abwandereinrichtungen
realisiert, jedoch fehlt weitgehend ein wissenschaftliches Monitoring, um die Effektivität
zu klären und die Weiterentwicklung zu fördern.
Speziell für den Aalabstieg sind verschiedene Abwandersysteme entwickelt worden, die
das Verhalten der Tiere nutzen, um sie in einen Bypass zu locken. Verhaltensbeobachtungen (ADAM et al. 1999) zeigen, dass abwandernde Aale bei der Annäherung
an eine Barriere ihre Schwimmrichtung umkehren und sohlennah in Richtung
Oberwasser entfliehen, wenn die Anströmgeschwindigkeit am Rechen 0,5 m/s nicht
übersteigt. Derzeit findet an verschiedenen Standorten ein Monitoring statt, um die
Effektivität und Betriebstauglichkeit der Anlagen zu überprüfen.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
65
b)
a)
Abbildung 32: Aalsammelsystem
a) Bottom Gallery® [ADAM et al. 2002], Foto aus der Bauphase
b) „Vorrichtung für den Abstieg von Aalen an Wasserbauwerken“ Foto aus
der Versuchsanordnung) [HÜBNER 2009]
Für einen Einsatz an großen Wasserkraftanlagen erfüllt der gegenwärtige Stand der
Technik aber nicht die Bedingungen für ein wirksames Maßnahmenkonzept zum
Fischschutz und Fischabstieg (FORUM FISCHSCHUTZ, 2014). Es existiert aktuell kein
Stand der Technik, mit dem funktionsfähige Fischschutz- und Abstiegsanlagen
einschließlich der erforderlichen Reinigungstechnik zu wirtschaftlich akzeptablen
Bedingungen realisiert werden können.
Daher werden insbesondere an großen Wasserkraftanlagen Methoden des
fischfreundlichen Betriebsmanagements diskutiert und in bestimmten Fällen angewandt:
Fang und Transport: die Abwanderstadien diadromer Arten werden mit
fischereilichen Methoden gefangen und flussabwärts transportiert. Dieses
Verfahren wird für Aale seit vielen Jahren an Mosel und Saar sowie seit 2009
auch am Main angewendet.
Durch Frühwarnsysteme werden die Zeiten/Spitzen der Aalabwanderung ermittelt
und Wasserkraftanlagen entlang der Wanderroute temporär gedrosselt oder
abgeschaltet und Wehre oder Bypässe geöffnet.
Das Frühwarnsystem MIGROMAT® (ADAM 2000, DURIF 2003; DVWK 2004) für
die Zielart Aal beruht auf der prämigratorischen Unruhe, die bei gehälterten Aalen
vor dem Beginn von Abwanderwellen im Gewässer festgestellt wurde.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
66
Dementsprechend werden Aale in einem Tank, der mit Flusswasser versorgt wird,
automatisch beobachtet. Erhöhte Aktivitäten der Aale im Tank korrelieren mit
Aalabwanderungen im Gewässer. Innerhalb eines EG-Projektes an der Maas
(BRUIJS et al., 2003) konnten mit dem MIGROMAT®
an den beiden
niederländischen Wasserkraftanlagen Linne und Alphen 66 % bzw. 73 % der
Abwanderereignisse zeitnah prognostiziert werden. Seit 2002 wird das
Wasserkraftwerk Wahnhausen an der Fulda mit Hilfe eines MIGROMAT®
aalfreundlich betrieben. 2011 wurden drei weitere Kraftwerksstandorte an Weser
und Werra im Auftrag der norwegischen Statkraft Markets GmbH mit
MIGROMAT® ausgestattet. Auch an Main und Regnitz sind drei MIGROMAT® im
Auftrag der Rhein-Main-Donau AG in Betrieb.
An Standorten mit mehreren Turbinen können die Maschinen während der
Abwanderspitzen im fischfreundlichsten Betriebspunkt gefahren werden. Ggf. sind
dazu je nach Abfluss im Gewässer einzelne Maschinen abzuschalten.
Abbildung 33: Behälter des MIGROMAT® am Wehrpfeiler der WKA Langwedel,
Weser
Darüber hinaus können – meist im Zusammenhang mit ohnehin erforderlichen
Revisionen – fischfreundlichere Laufräder und veränderte/variable Drehzahlen zur
Anwendung kommen. Wirksam auffindbare, artspezifisch gestaltete Bypässe können den
Anteil der Fische, die die Turbine(n) passieren, merklich reduzieren.
Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen
67
11 Literatur
AGEE-Stat 2014
Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.): Zeitreihen zur Entwicklung der
erneuerbaren Energien in Deutschland – unter Verwendung von Daten der
Arbeitsgruppe Erneuerbaren Energien-Statistik (AGEE-Stat) (Stand: August
2014)
ANDERER et al 2007 Anderer, P., U. Dumont, R. Kolf: Das Wasserkraftpotenzial in NordrheinWestfalen, Wasser und Abfall 7-8, 2007, S. 16-20
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ANDERER et al 2010 Anderer, P., Dumont, U.; Heimerl, S., Ruprecht, A., Wolf Schumann, U.,
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Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien. Bundesgesetzblatt I 2000,
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EEG 2004
Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien. Bundesgesetzblatt I 2004,
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EEG 2009
Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im
Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften
(Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG 2009) - amtliche Fassung vom 25.
Oktober 2008 - Veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil I Nr.
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Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-EnergienGesetz - EEG). Bundesgesetzblatt I 2011, 1634
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31.07.2012
Forum Fischschutz, 2014
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und Fischabstieg“ 2014.
GIESECKE 2013
Giesecke, J; Heimerl, S.; Mosonyi, E. † (2013): Wasserkraftanlagen Planung, Bau und Betrieb. 6. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York:
Springer-Verlag.
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Ingenieurbüro Floecksmühle, „Modellhafte Erarbeitung einer
Gesamtbewertung für die Herstellung der Durchgängigkeit der für
Thüringen ausgewiesenen Schwerpunktgewässer Durchgängigkeit: Ilm und
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IE 2011
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ausbaubares Wasserkraftpotenzial in den deutschen Bundesländern“,
Ingenieurbüro Floecksmühle, im Auftrag der Leipziger Institut für Energie
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IZES 2007
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MOSER 2012
Moser, A., „Planung und Betrieb von Elektrizitätsversorgungssystemen“,
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NETZTRANSPARENZ 2015: www.netztransparenz.de
SPECKAMP 2012
Speckamp, C., „Bundesweit einheitliches Management von
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Oktober 2012
SH-MSGE 1990
Ministerium für Soziales, Gesundheit und Energie des Landes SchleswigHolstein: Druckschrift im Rahmen der Reihe „Die neue Energiepolitik , Nr. 6
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THEOBALD et al 2011
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RINDELHARDT 2011a
Rindelhardt, U.: „Laufwasserkraftwerke in Mecklenburg-Vorpommern“. In:
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RUPRECHT 2013
Dr. A. Ruprecht, Institut für Strömungsmechanik und Hydraulische
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SCHLAGETER 2006 Schlageter, G.: „Neubau des Wehrkraftwerks Albbruck-Dogern“. In:
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VEE: „Grüne Ausbaustrategie 2020, Perspektiven für Erneuerbare Energien
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WHG 2009
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