Frauen und Männer - Webseiten der Mitarbeiter der Universität
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Mosaiksteinchen zu Frauen in der Astronomie Vom ersten Weltreich zum ersten Weltkrieg Dr. B. Pfeiffer Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz, Astronomische Gesellschaft Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule 31.05.2005 19:30 Vortrag 3.5.05 Vorbemerkung Ich hatte nur wenig Zeit für die Vorbereitung, so musste ich mich auf Informationen aus dem Internet beschränken. Deshalb als erstes eine Warnung: Manches kann falsch sein! Ich hoffe, eine Stenfreundin nimmt das Thema noch einmal auf und kann tiefer einsteigen. Hadith at madrassah at Bukhara, 1417 "It is the duty of every Muslim man and woman to acquire knowledge." Das Internet umfasst vorwiegend englische Seiten. Ich habe den Eindruck, dass damit auch eine Vorauswahl an Themen und Interessengebieten und Biographien einhergeht. Die meisten Namen von Frauen in der Wissenschaft aus dem Internet sind aus dem „abendländischen Kulturkreis“ im allgemeinen und dem angelsächsischen im besonderen. In außereuropäischen Kulturen gab es sicher auch Frauen, die sich am wissenschaftlichen Leben beteiligt haben. So werden mehrere Frauen in der Vedischen Literatur Indiens erwähnt, wie Gargi. Doch oft kennen wir auch keine Männer. So wurde die gesamte Literatur Mittelamerikas vernichtet. Merit Ptah, ca. 2700 V.Chr 1. Ärztin, III. Dynastie Es gibt noch viel zu erforschen! B.P. 2005 Warum nicht „Frauen in der Wissenschaft“? • Zum einen heißt der Kurs „Besondere Astronomische Themen“ und • zum zweiten ist die Astronomie die älteste Wissenschaft. Und wenn man die eng damit verflochtene Mathematik und Naturphilosophie mit einschließt, erfasst man praktisch alle Wissenschaftlerinnen. In einer modernen Beschreibung der Alchemie fand ich die Behauptung, dass Frauen schon immer in der Alchemie voll gleichberechtigt waren. Allerdings fand ich bei (zugegebenermaßen) nicht allzu intensiver Suche fast immer nur den Hinweis auf Maria die Jüdin / Hebræa / Judaica / Prophetissa Tribikos Kerotakis Manchmal wird sie als Schwester des Moses bezeichnet. Dann heißt es, sie müsse vor Demokrit gelebt haben, da sie seine Naturphilosophie nicht zitiert. Andere sagen, sie lebte im 1. Jahrhundert in der jüdischen Gemeinde von Alexandria. Die meisten Webseiten erwähnen nur, sie habe die Salzsäure gefunden. Andere schreiben ihr erste Destillationsapparate zu. Sulfide (die sich am Rückflussapparat „Kerotakis“ ablagern) heißen „Schwarz der Maria“. Das Wasserbad wird „Balneum Mariæ”, “Marias Bad”, genannt. Die Techniken babylonischer Parfümherstellerinnen (Tapputi-Belatekallin ca. 1250 v.Chr.) wurden von den Hellenisten weiterentwickelt. Weitere Alchemistinnen sind Kleopatra VII, Paphnutia die Jungfrau, Theosebeia, Schwester des Zosimus (der ältere Arbeiten, auch von Frauen, unter seinem Namen veröffentlichte). Am Beginn der Chemie steht dann wieder eine Frau: Marie de Lavoisier (1758-1836). B.P. 2005 Beginn der Astronomie ? Mondphasen Canchal Mahona, Spanien Die Anfänge der Astronomie verlieren sich im Dunkel der Zeit. Und sicher haben sich Frauen und Männer gleichermaßen damit beschäftigt. Doch über mehrere Zehntausend Jahre haben wir keine Kenntnis von individuellen Beiträgen zum Fortschritt der Erkenntnis, sei es nun von Männern oder Frauen. Erst seit der Erfindung der Schrift in den frühen Hochkulturen können wir erste Personen erkennen, wenn auch oft nur sehr schemenhaft. ORION ? Schwäbische Alb Plejaden in Lascaux? Venus von Willendorf Löwenmensch, ca. 30000 J. Schwäbische Alb B.P. 2005 Time Lords or Time Ladies? En Hedu‘Anna (ca. 2354 v.Chr.) Tochter von Sargon von Akkad, dem Begründer des ersten Imperiums. Oberpriesterin des Mondgottes Nanna in Ur, eine bedeutende Position. 48 hymnische Gedichte sind überliefert. Aganice (1878 v.Chr. ?) Griechische Naturphilosophin, die ein System zur Vorhersage von Planetenpositionen entwickelte. Andere sagen, sie sei eine Tochter des Pharaos Sesostris I. Königin Sonduk von Korea (ca. 630 v.Chr.) Errichtete den „Turm der Sonne und des Mondes“ in Kyongju (Südkorea), Hauptstadt der Silla Dynastie. War berühmt als Schamanin. Pan Chao [Ban Zhao] (50 – 112) Wirkte am Hof von Kaiser Ho. Kapitel über Astronomie im „Han Shu“. Diatoma War Lehrerin des Sokrates. Rede wird in Platos „Symposium“ zitiert. Arate von Cyrene Eine Zeitgenossin von Sokrates, war Leiterin einer eigenen Philosophenschule. B.P. 2005 Weitere Griechinnen: Hipparchia, Lasthenia, Perictione, Themista. Theano und Damo Nach Menagius „Historia Mulierum Philosopharum“ gab es 28 Frauen an der Schule des Pythagoras in Kroton (Süditalien). Theanos Vater, Milon von Kroton, ein Philosoph, Arzt und 12-facher Olympiasieger, förderte die Ansiedlung der Schule des Pythagoras in seiner Heimatstadt in Süditalien. Die Schule wurde erst von Pythagoras Ehefrau Theano und dann von der Tochter Damo, der er alle seine Aufzeichnungen übergeben hatte, fortgeführt. Theano soll das Buch über den Goldenen Schnitt verfasst haben. Die Diskriminierung der Frauen begann dann mit Plato / Aristoteles, auf den sich die Männer bis heute berufen. B.P. 2005 Aglaonice aus Thessalonien Lebte im 5. Jahrhundert vor Christus (?). Wurde laut Plutarch (einem Priester am Orakel von Delphi) als Hexe betrachtet, da sie den „Mond vom Himmel holen konnte“. Sie konnte also Finsternisse vorausberechnen! Aglaonice (63 km Durchmesser) Danilova Impaktkrater auf der Venus werden nach bedeutenden Frauen benannt. • Maria Danilova (ca. 1793) russische Balletttänzerin • Julia Howe (1819-1910) amerikanische Dichterin Howe Einschlagkrater auf Venus B.P. 2005 Berenike II Pharao und Göttin (nach 270 – 221 v.Chr.) Es gibt nur ein Vorbild für die gleichberechtigte Darstellung eines Pharaonenpaares: Nofretete und Echnaton Eine Vorschrift des Kanopus-Dekrets vom 7. März 238 v.Chr. betrifft den Kalender. Ptolemaeus III Euergetes und Berenike II ersetzen den altägyptischen Kalender mit 365 Tagen durch einen Sonnenkalender von 365,25 Tagen, damit die Feiertage mit den Jahreszeiten synchron laufen. Volk und Priesterschaft boykottierten die Neuerung. Sternbild und offener Sternhaufen Coma Berenices Haar der Berenike Etwa 200 Jahre später schlug der Astronom Sosigenes von Alexandria diese Schaltjahrregelung Cäsar vor, der sie dann 46 v.Cr. In Rom einführte. Der Historiker Poseidipp berichtet, dass Berenike bei den Olympischen Spielen ein Wagenrennen gewann. B.P. 2005 Eingeführt 247 v.Chr. durch Conon von Samos Hypatia (ca. 370 – März 415) Tochter Theons von Alexandria, letzte Leiterin der Akademie Alle eigenständigen Werke verloren, nur noch bekannt aus Zitaten: Kommentare zu Diophantus Arithmetica und Apollonius Kegelschnitten Überliefert Arbeiten mit ihrem Vater: Kommentare zu Syntaxis Mathematica (Buch III) von Ptolemaeus und Neuausgabe von Euklids Elementen Idealisiertes Bild Sie gilt as Erfinderin des Astrolabs (?). Ihr Schüler Synesius von Syrene, Bischof von Ptolemais, fragt in einem Brief um Rat zur Fertigung eines Astrolabs. Dieses Gerät wurde dann von den Arabern weiterentwickelt und nach Europa vermittelt. Hypatia geriet in einen Machtkampf zwischen dem Präfekten Orestes und dem Patriarchen St. Cyril und wurde von einem christlichen Mob hingeschlachtet. Darauf verließen fast alle Philosophen die Stadt und beendeten die 700 jährige Tradition als Zentrum des Wissens. B.P. 2005 Kaiserin Eudocia (396 – 460) Mehrere Webseiten behaupten, Eudocia habe bedeutende Beiträge zur Astronomie geleistet. Doch welche? Sie wurde geboren als Athenaïs, Tochter des heidnischen Philosophen Leontius, und erhielt durch ihn eine solide Ausbildung. Sie ließ sich taufen als Eudocia, damit sie den Kaiser Theodosius II heiraten konnte. Viele Webseiten sagen, dass er sich lieber mit Mathematik und Astronomie beschäftigte, als zu regieren. Das überließ er seiner Schwester Pulcheria und seiner Frau. St. Katharina von Alexandria (vom Berg Sinai) Teilweise die gleichen Webseiten nennen auch Katharina als Astronomin. Nach Auffassung vieler Gelehrte hat sie nie gelebt. Sie ist vielleicht ein christliches Spiegelbild der heidnischen Hypatia, mit der sie viele Attribute teilt wie Gelehrsamkeit, Tugendhaftigkeit, Schönheit. Manche Webseiten spekulieren, ob im Katharinenkloster am Berg Sinai nicht am Ende Hypatia begraben liegt, deren Leichnam von den fanatischen Wüstenmönchen mitgenommen wurde, damit St. Cyril verbreiten konnte, sie sei gar nicht ermordet worden, sondern besuche einige alte Schüler (darunter hohe Würdenträger der Kirche). B.P. 2005 Zeit der „gelehrten Äbtissinnen“ Im frühen Mittelalter ermöglichten nur die Klöster Zugang zu Bildung, und das galt für Frauen und Männer gleichermaßen. Hildegard von Bingen (1098 – 1179) Das Weltall aus dem verschollenen Rupertsberger Scivias-Kodex der seligen Hildegard von Bingen (1141 – 1151) In ihrem 1163 bis 1174 entstandenen Werk "Liber divinorum operum simplicis homini" gibt sie ihr kosmologisches Modell auf und beschreibt die Aristotelischen Sphären. Die Kenntnisse der antiken Astronomen gelangten gerade zu ihrer Lebenszeit erst über das maurische Spanien wieder nach Mitteleuropa, z.B. über Übersetzungen der arabischen Literatur. Um 1150 entstand auch das Lehrbuch „Theoricae Planetarum“ des Gerard von Cremona, der in Spanien lebte. Hildegard hatte anscheinend Kenntnis von den topaktuellen Entwicklungen in der Wissenschaft. M. A. Álvarez and Á. I. Díaz Women in the History of Astronomy Astrophysics and Space Science 263 (1999) 401 B.P. 2005 Herrad von Landsberg (ca. 1127 – 1195) Herrad war in der Zeit von 1167 bis 1195 Äbtissin des Klosters Hohenburg auf dem Odilienberg (Elsass) und erlangte große Berühmtheit als Autorin und Illustratorin des Hortus deliciarum (Garten der Wonnen). Der Hortus Deliciarum, der das geistliche und profane Wissen des Hochmittelalters für die Klosterschwestern des Hohenburger Klosters in lateinischer Sprache zusammenfasste, war die erste nachweislich von einer Frau verfasste Enzyklopädie. Enthalten sind Illustrationen des Tierkreises und ein Paschalzyklus für die Jahre 1175 bis 1706. Komputistik nach Dionysius Exiguus. Herrad von Landsberg Selbstbildnis aus dem Hortus deliciarum, um 1180 Das Original wurde beim Brand von Straßburg während der Belagerung im Deutsch-Französischen Krieg 1870/1 vernichtet. B.P. 2005 Margaret Cavendish, Duchess of Newcastle (1623 - 1673) „First Lady of Science“ "I cannot publicly preach, teach, declare or explain [my work] by word of mouth, as most of the famous philosophers have done, who thereby made their philosophical opinions more famous than I fear mine will ever be." Cavendish war die erste Aristokratin in England, die unter ihrem eigenen Namen veröffentlichte. Und sie war die einzige, die zu ihrer Zeit mehr als 1 Buch publizierte (14 insgesamt). Sie glaubte, Materie setze sich aus intelligenten Atomen zusammen und daher benötige man keinen Gott, um die Natur zu beleben. Viele wollten sie am liebsten als Atheistin verbrennen. Ihr Buch „A Blazing New World“ gilt als erstes Werk der Science-Fiction Gattung. 1667 gelang es ihr (trotz heftiger Gegenwehr) zu einer Sitzung der Royal Society zugelassen zu werden. Robert Boyle führte Experimente vor. B.P. 2005 Wohlhabende Frauen, Familienangehörige Sofie Brahe (1556 – 1643) Schwester und Assistentin von Tycho Brahe in Uraniborg. Maßgebliche Beiträge zum Sternkatalog. Marie Cunitz (1610 – 1664) „Urania Propitia… Das ist: Newe und langgewünschete, leichte Astronomische Tabelln“ Überarbeitung der Rudolfinischen Tafeln, die sie für praktische Anwendungen brauchbar machten. Elisabeth Hewelke, geb. Koopman (1647 – 1693) Verbesserte das Werk von Cunitz Nach dem Tod von Hevelius veröffentlichte sie „Firmamentum Sobieskanum“ und „Prodromos Astronomicae“; Sternkatalog mit 1888 Objekten B.P. 2005 Jeanne Dumée (? -1706) Jeanne Dumée begann als 17jährige Witwe, sich mit der Astronomie und anderen Naturwissenschaften zu befassen. In ihrer Schrift „Entretiens sur l’opinion de Copernic touchant la mobilité de la terre“ (um 1680) beschrieb sie anhand von Beobachtungen der Venus und der Monde des Jupiter die Bewegung der Erde und somit die Richtigkeit der Theorien des deutschen Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473–1543) und des italienischen Mathematikers, Physikers und Astronomen Galileo Galilei (1564–1642). Die Inhaltsangabe des umfangreichen Werkes wurde im „Journal des Savants“ veröffentlicht. Doch wurde es nie gedruckt. Die Bibliothèque Nationale in Paris verwahrt ein Manuskript. B.P. 2005 Astrologische Almanache Sarah Jinner aus London und Mary Holden aus Sudbury (Biographische Daten unbekannt? Jinner war vermutlich Hebamme) Sarah Jinner, The Woman’s Almanack: Or, Prognostication For ever, Shewing the nature of the Planets, with the Events that shall befall Women and children born under them. With several Predictions very useful for the Female Sex (1659) „Sarah Jinner’s almanac is the only existing one written by a woman during this time period. Like Culpeper, Jinner also gives advice on conception and pregnancy and provides recipes for gynecological medicines.“ Mary Holden: "The Womans Almanack for the Year of our Lord, 1688"; "The Woman's Almanack: or, an Ephemerides For the Year of Our Lord, 1689". Alle Almanache/Kalender enthielten astrologische Vorhersagen. Sie waren sehr einflussreich, da sie oft die einzige Literatur waren, die in den Haushalten gelesen wurden. B.P. 2005 Mit dem Bürgerkrieg in England treten Frauen verstärkt an die Öffentlichkeit. Sie schreiben sogar Petitionen ans Parlament. Schon Gutenberg druckte Kalender/Almanache mit astronomisch/ astrologischen Angaben für medizinische Anwendungen, wie den Aderlasskalender für das Jahr 1457. Bibliothèque Nationale de France Kalender für das Jahr 1499 des Baseler Druckers Lienhart Ysenhut, bearbeitet vom Baseler Stadtarzt Joh. Rom. Wonecker. Magdalena Zeger (ca. 1491 – 1568) Um 1560 verfasste Magdalena Zeger Kalender für Nordeutschland/Dänemark. Die Bestimmung der Osterfeiertage erforderte astronomische Kenntnisse. B.P. 2005 Fortdauer bis heute! Die Tradition der Almanache wird z.B. von dem seit 1792 erscheinenden „Old Farmer‘s Almanac“ aufrechterhalten, der von dem FBI kürzlich für ein Handbuch für Terroristen gehalten wurde. Neben astronomischen Tabellen enthält er auch Wetterprognosen für die Bundesstaaten (Al Manac bedeutet im modernen Arabisch das Wetter). Im Vorwort besteht die Herausgeberin darauf, dass die 80% Trefferquote auf wissenschaftlichen Methoden beruhe. Der Gründer, Robert B. Thomas, hat um 1790 eine Geheimformel entwickelt, in die u.a. Sonnenfleckenhäufigkeiten eingehen. Quellen für die Formel wollte sie mir aber nicht verraten! Angebote der AZ Im Vortrag vom 23.3.04, „Kosmische Strahlung- Boten aus dem All“ http://www.staff.uni-mainz.de/bpfeiffe/Vhs04f-w.pdf hatte ich Veröffentlichungen von Wilhelm Herschel um 1800 erwähnt, in denen er eine Beziehung zwischen Sonnenflecken und Getreidepreisen in England herstellte. In England lachte man darüber, woanders nahm man sie vielleicht ernst. Der spätere Präsident der USA, Benjamin Franklin, gab seit 1733 unter Pseudonym den „Poor Richard‘s Almanack“ heraus. B.P. 2005 Kalender im „Familienbetrieb“ Maria Margarethe Winkelmann (1670-1720) Christfried (1694-1740) Gottfried Kirch (1639-1710) Christine (1696-1782) Gottfried Kirch ist ein bedeutender Astronom des 17. Jahrhunderts, der (noch) nicht die zustehende Anerkennung fand. Insbesondere fand er keinen Gönner, der ihm einen festen Posten verschaffte. Bis 1700, als er als Astronom an die gerade gegründete „Brandenburgische Societät der Wissenschaften“ berufen wurde, ernährte er sich und seine Familie mit der Erstellung von Kalendern, manchmal 13 verschiedene in einem Jahr. Es ist hervorzuheben, dass er seine Familie sowohl bei seinen Beobachtungen als auch den Berechnungen der Ephemeriden für die Kalender beteiligte. Nach seinem Tod führte seine Frau die Arbeit an dem offiziellen Kalender für Preußen fort. Der Sohn Christfried folgte ihm 1716 als Astronom in Berlin. Als nach dem 1. Schlesischen Krieg Kalender für Schlesien berechnet werden mussten, stellte man die Tochter Christine mit einem ansehnlichen Gehalt an. Kirch wurde als beobachtender Astronom bekannt durch den 1. mit einem Teleskop entdeckten Kometen C/1680 V1, den Kugelsternhaufen M11 1681 und dir Variabilität von Chi Cygni 1686. M11 Bei der gemeinsamen Beobachtung des von Margarethe entdeckten „Kometen von 1702“ fanden sie den offenen Sternhaufen M5. Margarethe fand Anerkennung durch die Beschreibung der Nordlichter in 1707. M5 Erst in letzter Zeit erkennt man die Bedeutung der Kirchschen Kalender für die Verbreitung des Pietismus und der Gedanken der Frühaufklärung. B.P. 2005 Leibnitz hatte die Societät ursprünglich in Mainz gründen wollen. Einige Beispiele für Kalender des Familienbetriebs Kirch Christen-, Jüden- und TürckenKalender, 1677 Zigeuner-Kalender für 1676 Christen-, Jüden- und Türcken-Kalender, 1686 Astronomischer Wunder-Kalender für 1683 B.P. 2005 K.-D. Herbst; Beiträge zur Astronomiegeschichte 7 (2004) 115 „Teutsche Stern=Gesellschafftt“ Oder: Wie kommuniziere ich mit der Welt? Heute verbreiten sich Nachrichten in Windeseile um die Welt. Früher war es recht schwierig, eine Beobachtung / neue Theorie den anderen Astronomen mitzuteilen (entsprechend auf dem laufenden zu bleiben), da es noch keine internationalen Journale gab. Dieses Problem stellte sich für Männer und Frauen, für letztere aber war es fast unüberwindlich. Kirch z.B. fügte astronomische Beobachtungen in seine Kalender ein. Während eines Aufenthaltes bei Hevelius in Danzig bemerkte er, dass Hevelius als ein international bekannter Astronom mit vielen Kollegen in Briefwechsel stand. Wichtig war auch, dass er als Mitglied der Royal Society zugang zu deren Publikationen hatte, wie den „PhiloChristen-, Jüden- und Türckensophical Transactions“ (erscheinen seit 1665). Kalender, Gottfried Kirch, 1685 In der deutschen Kleinstaaterei gab es keine zentralen Institutionen wie in Britannien und Frankreich. Kirch schlug deshalb die Gründung einer Astronomen aus aller Welt zugänglichen „Astronomischen Societät in Teutschland“ mit Sitz in Frankfurt vor, die Beobachtungen sammeln und publizieren sollte. Auch Weigels „Collegium Artis Consultorum“, das die Einführung des „Reichskalenders“ in den protestantischen Staaten 1700 vorbereiten sollte, kam nicht zustande. Der Kurmainzer Revisionsrat Leibniz schlug nach einem Parisaufenthalt die Gründung einer Akademie in Mainz vor. 1700 wurde sie dann nach Fürsprache durch Kurfürstin Sophie Charlotte in Berlin gegründet, mit einer Sternwarte. B.P. 2005 K.-D. Herbst; Beiträge zur Astronomiegeschichte 5 (2002) 115 Women in Astronomy - Bio-Notes http://users.erols.com/njastro/barry/pages/womenbio.htm Eine umfangreiche, sehr hilfreiche Web-Seite. Leider fehlen noch die meisten Kurzbiographien. Viele der aufgeführten Frauen haben nur im weitesten Sinne eine Beziehung zur Astronomie. Bryan, Margaret (1770?-1816+) British Educator/Author Ran a boarding school and seminary for girls at Blackheath, England. In August, 1797, she published her lecture notes, in book form, as "A Compendious System of Astronomy". The popularity of her first work encouraged her to publish "Lectures on Natural Philosophy" in 1806, and later that same year "An Astronomical and Geographical Class Book for Schools". Marcet, Jane Haldimand (1769-1858) Swiss/British Author/Popularizer Born in geneva to Anthony and Jane Haldimand. Husband was Alexander Marcet. In 1806 she published "Conversations on Chemistry". In 1819 Jane published "Conversations on Natural Philosophy", a physics book of which two-thirds of the text actually deals with astronomy and related topics. She authored many other popular books right up until her death. B.P. 2005 http://www.a-i-f.it/STORIA/Download/PDF/Gabbiani%202001.pdf B.P. 2005 Marie-Jeanne Lalande (1768-1832) war die Nichte von Joseph-Jérôme Lalande (1732–1804), des Direktors des Pariser Observatoriums. Sie verarbeitete die Beobachtungen an zehntausend Sternen zu einer Sammlung von Stundentabellen und berechnete zahlreiche Sternbewegungstabellen. Diese Abhandlung, leider in italienisch, behandelt auch ausführlich die „Neuzeit“, die ich nicht abhandeln will! B.P. 2005 Maria Clara Müller, geb. Eimmart (1676 – 1707) Maria Clara Eimmart Astronomie-Illustratorin und Malerin geboren am 27. Mai 1676 in Nürnberg gestorben am 28. Oktober 1707 in Altdorf (Mittelfranken) Maria Clara Eimmart gehörte einer berühmten Maler- und Kupferstecherfamilie an und wurde von ihrem Vater Georg Christoph Eimmart (1638–1705) unterrichtet. Außer Zeichnen und Malen lernte sie auch Sprachen, Mathematik und Astronomie. Früh half sie ihrem Vater bei astronomischen Beobachtungen. Sie stellte Zeichnungen von 250 Mondphasen her und illustrierte das von ihrem Vater verfasste Werk „Micrographica Stellarum Phases Lunae Ultra 300“ aufgrund von teleskopischen Beobachtungen. Ihr gebührt die Ehre, eine der ersten Astronomie-Illustratorinnen gewesen zu sein. Maria stellte Kometen, Sonnenflecke, Finsternisse und Mondgebirge dar. Außerdem malte und zeichnete sie vor allem Blumen, Vögel und Früchte und stach Figuren in Kupfer. 1706 heiratete sie den „Professor der Mathematik und Physik“ Johann Heinrich Müller und starb ein Jahr später im Wochenbett. B.P. 2005 Emilie Marquise de Châtelet (17.12.1706 – 10.9.1749) Voltaire: „Eléments de la Philosophie de Newton“, Amsterdam, 1738 Eine Frau lenkt die von der Muse Urania ausgehenden Strahlen auf den Autor. Voltaires verschlüsselter Hinweis darauf, dass die Abschnitte über Newtons Mathematik von Emilie stammen. Obwohl als adelige Dame in der „feinen“ Gesellschaft integriert, konnte sie Gelehrte nicht in den Pariser Cafés besuchen. Aus Protest kam sie einmal in Männerkleidung, um mit Maupertius zu diskutieren. „Two wonders have occurred. One that Newton was able to write this work, the other that a woman could translate and explain it.“ Voltaires Vorwort zur Übersetzung von Newtons „Principia“. Dies ist bis heute die einzige französische Übersetzung, darüber hinaus noch kommentiert. B.P. 2005 Sie starb bei der Geburt einer Tochter, die auch nicht überlebte. Nicole-Reine Lépaute (1723-1788) Erste Arbeiten betrafen die Schwingungen von Pendeln verschiedener Länge, erschienen 1755 im "Traité d'horlogerie" ihres Mannes, des königlichen Uhrmachers. Sie erwarb sich bald den Ruf, eine der besten astronomischen Rechnerinnen ihrer Zeit zu sein. In Vorbereitung der erwarteten Rückkehr des Halleyschen Kometen beauftragte Jérome Lalande den Mathematiker Alexis Clairaut mit der Neuberechnung der Kometenbahn unter Berücksichtigung der Störungen durch Jupiter und Saturn. Dafür mussten die Bahnen der Gasplaneten für die letzten 200 Jahre neu berechnet werden. Clairaut wiederum erbat sich die Unterstützung von Nicole Lépaute. Während 6 Monaten kamen sie oft nicht mal zum Essen. Sie erwarteten den Periheldurchgang für April 1759. Ihre Fähigkeiten wurden bald wieder gebraucht: zur Berechnung des Durchgangs der Venus im Jahre 1761 und 1762 und zur Berechnung der kommenden Sonnenfinsternis 1764. Für 1764 veröffentlichte sie Tabellen, die den Verlauf der Finsternis für jede Viertelstunde für ganz Europa angaben. Von 1759 bis 1774 war Nicole Lépaute zusammen mit Lalande für die Jahrespublikation der Akademie der Wissenschaften "Connaissance des Temps" verantwortlich, von 1774 bis 1783 brachte sie die "Ephemeris" - Tabellen mit den Positionen der verschiedenen Himmelskörper für jeden Tag des Jahres heraus und machte fast sämtliche Positionsberechnungen für Sonne, Mond und Planeten selbst. Zu ihren Ehren wurde inzwischen ein Mondkrater nach ihr benannt. B.P. 2005 Karoline Lukretia Herschel (1750 – 1848) Gegen den Widerstand der Mutter förderte der Vater die Bildung auch seiner Töchter. Neben den Arbeiten für ihren Bruder Wilhelm (inklusive Haushalt) fand sie noch Zeit für eigene Beobachtungen, so der „First Lady‘s Comet“ am 1.8.1786, und Veröffentlichungen. Daraufhin erhielt auch sie ein königliches Gehalt und gab ihre Karriere als Sängerin auf. Gold Medal and Honorary Membership of the Royal Astronomical Society Nach dem Tode Wilhelms 1822 kehrte sie nach Hannover zurück. Als ihr Neffe John sie vor der Caroline Herschel taking notes as her brother William observes. Reise ans Kap besuchte, sagte sie: „Wäre ich This engraving by P. Fouché was meant to illustrate the pair on 20 Jahre jünger, käme ich mit!“ March 13, 1781, the night William discovered Uranus. B.P. 2005 „Designed by a Lady“ 1825 erschien in London „Urania‘s Mirror“, 32 Karten mit dem nördlichen Sternhimmel, begleitet von einer Einführung in die Astronomie von J. Aspin. Die Karten basieren auf J.E. Bodes „Vorstellung der Gestirne“ und „Uranographia“. In der Einleitung werden die Karten einer „young Lady“ zugeschrieben. Und seit fast 2 Jahrhunderten versucht man herauszufinden, wer diese junge Dame denn war. Selbst die damals schon 75jährige Karoline Herschel geriet in Verdacht, wie auch die in der Himmelsmechanik arbeitende Mary Somerville. P.D. Hingley, Archivar der Royal Astronomical Society, fand eine Notiz über die Aufnahme von Reverend Richard Rouse Bloxam, D.D., in die Gesellschaft 1830, worin er als Autor von "Urania's Mirror" genannt wird. Außer dass Bloxam (ca.1765-1840) bis 1828 Lehrer an der Schule in Rugby war ist wenig über sein Leben bekannt, insbesondere sind keine Publikationen unter seinem Namen überliefert. „Atelier Typographique“ Catherine Tennant The Box of Stars : A Practical Guide to the Mythology of the Night Sky „Urania's Mirror, a 170-year old mystery solved?“ Journal of the British Astronomical Association JBAA 104 (1994) 238 Gab es noch eine „Urania‘s Mirror“ oder war die „young Lady“ ein Werbetrick? B.P. 2005 http://www.kernchemie.uni-mainz.de/~pfeiffer/aag/cetus.htm Hofrätin Wilhelmine von Witte (1777 – 1854) Minna Mädler, geb. von Witte (1804 – 1891) Wilhelmine war eine Autodidaktin aus Hannover. Sie beobachtete den Mond aus einem eigenem Observatorium mit drehbarer Kuppel und bestimmte Höhen und Tiefen aus der Länge der Schatten. Da ihr die damaligen Mondkarten nicht anschaulich genug waren, fertigte sie nach den Karten von Johann Heinrich Mädler einen Mondglobus mit überhöhten Reliefs. 1839 stellte sie den Globus in Pyrmont bei einem Treffen der Naturforscher vor. Mädler war nicht nur sehr angetan von dem Globus, sondern heiratete auch gleich die mitgereiste Tochter Minna. Minna ist bis heute als Dichterin bekannt. Doch hatte sie auch eine Ausbildung als Astronomin erhalten. In Dorpat assistierte sie ihrem Mann bei den Beobachtungen. Ihr Salon war der Ort des Austauschs unter den Professoren an der Universität. http://www.uni-potsdam.de/u/romanistik/humboldt/frames/inh58_2.htm Der Globus der Frau Witte befindet sich im Archiv des Museums am Hohen Ufer in Hannover. Man konnte mir kein Bild geben. Er könnte demjenigen im Heimatmuseum Wiesbaden-Naurod gleichen, den Dietz für v. Lade 1897 anfertigte. Mädler Gutenberg In Mädler/Beer „Mappa Selenographica“ von 1837 wird auch ein Mondkrater nach Gutenberg benannt. Nicht allzuweit entfernt vom Krater „Mädler“. B.P. 2005 http://www.kernchemie.uni-mainz.de/~pfeiffer/cragut.html Aufnahme von Dr. O. Nickel Dr. h.c. Sophie Germain (1776-1831) Alias Monsieur LeBlanc Sie studierte mit Vorlesungsmitschriften der „Ecole Polytechnique“. Kontakt zu anderen Gelehrten konnte sie nur schriftlich aufnehmen, indem sie sich als M. LeBlanc ausgab. Sie (alias LeBlanc) korrespondierte z.B. seit 1804 mit Carl Friedrich Gauss. Bei der Belagerung Braunschweigs 1806 war er überrascht, als der napoleonische General Pernety ihm eröffnete, dass Mlle. Germain ihn gebeten habe, Gauss zu beschützen, damit es ihm nicht so ergehe wie Archimedes. Neben Himmelsmechanik arbeitete sie auch lange über die Chladnischen Klangfiguren. Ihre Beiträge zur Theorie der Elastizität wurden teilweise von der Académie preisgekrönt. Ihre wesentlichen Arbeiten sind auf dem Gebiet der Zahlentheorie. Germains Theorem war für 100 Jahre der einzige Beitrag zu „Fermats letztem Theorem“, was sehr viel später (1994) Andrew Wiles bei seinem Beweis half. Ihr Hauptproblem war die wissenschaftliche Isolation. Insbesondere als unverheiratete Frau hatte sie kaum Möglichkeiten zu persönlichen Kontakten mit Gelehrten. Man(n) traf sich in der „Académie“ oder im Kaffeehaus, zu beiden hatte Sophie keinen Zutritt. Die Preisfragen der Akademie wurden schriftlich abgewickelt. Als sie der Sekretär zu unpersönlich für eine Verleihung einlud, blieb sie der Ehrung fern, zum Bedauern der Männer, die sich schon auf das „Spektakel“ freuten. Lehrbuch mit Aussage über Stabilität von Orbitalen und Einfluss von Störungen war eine Anregung für den jungen John C. Adams zu seinen Berechnungen der Störung des Uranus. Eine weitere Inspiration folgt auf der nächsten Folie. B.P. 2005 Gauß bewog einige Monate nach dem Tod von Sophie die Göttinger Universität, ihr den Ehrendoktortitel zu verleihen. Mary Somerville (1780 – 1872) Sie wurde berühmt durch ihre Abhandlung über Laplaces „Mécanique Céleste“. J.C. Adams sagte ihr, dass ihre Annahme, die Bahnabweichungen des Uranus könnten von einem unbekannten Planeten verursacht sein, ihn zu seinen Rechnungen anregten. Da Frauen nicht in wissenschaftliche Gesellschaften aufgenommen wurden, erhielt sie (mit Karoline Herschel) die Honorary Fellowship of the Royal Astronomical Society. Da ihr Ehemann Mitglied war, hatte sie schon zuvor Zugang zu den Sitzungen und die Möglichkeit zum Kontakt mit den Gelehrten in London (und auch in Paris). Ganz im Gegensatz zur ledigen Sophie Germain. Mary Fairfax Somerville (The frontispiece of her book, On Molecular and Microscopic Science) B.P. 2005 Mary Somerville. The connection of the physical sciences. Philadelphia: Key and Biddle, 1834 Ein neugegründetes College für Frauen in Oxford wurde 1878 nach ihr benannt. Mary Somerville machte Ada Lovelace mit Charles Babbage bekannt. Augusta Ada King, Countess of Lovelace (1815 – 1852) Modell der „CPU“ der nie gebauten Analytical Engine Kommentierte Übersetzung von Luigi Federico Manabreas (1809-1896): „Notions sur la machine analytique de Charles Babbage“ ... elaborations on the points made by Menabrea, together with some complicated programs of her own, the most complex of these being one to calculate the sequence of Bernoulli numbers. B.P. 2005 B0 = 1 Bernoulli numbers Charles Babbage (1791-1871) Maria Mitchell (1818 - 1889) 1847 entdeckte sie einen neuen Kometen und wurde dafür mit der Goldmedaille des dänischen Königs ausgezeichnet. Sie galt seitdem als führende Astronomin in Amerika und wurde 1848 in die "American Academy of Arts and Science" und 1850 in die "American Association for the Advancement of Science" gewählt. Ab 1849 arbeitete sie für den "American Ephemeris and Nautical Almanac" und die Küstenwache. Sie berechnete u.a. die Positionen der Venus. 1861 wurde sie Professorin am Vassar College, dem ersten für Frauen. Sie lehrte Astronomie und war Direktorin des Observatoriums. Mitchell mit ihren Studentinnen vor dem Observatorium Ihre Nachfolgerin Mary Withney (1847-1921) hatte am Vassar College und in Zürich studiert. Sie arbeitete auf dem Gebiet der Kometen, Asteroide und Doppelsterne. 1899 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der „American Astronomical Society“. B.P. 2005 Camille Flammarion (1842-1925) Sylvie Petiaux (1837-1919) Gabrielle Renaudot (1877-1962) Camille Flammarion war ein begnadeter Popularisierer, sowohl der Astronomie als auch der Meteorologie. Immer voll eingebunden in seine Arbeiten waren seine Ehefrauen (Gabrielle ab 1919). Die von ihm 1887 gegründete „Société Astronomique de France” wurde nach seinem Tod von Gabrielle geleitet. Allen bekannt sein dürfte der Holzschnitt rechts. Er ist zwar auf mittelalterlich gemacht, doch stammt er von Flammarion. 1879 B.P. 2005 Frauen als „Computer“ 1887 beschlossen 18 Observatorien eine Himmelsdurchmusterung mit Hilfe der neuen Astrophotographie durchzuführen: Projekt „La Carte du Ciel“. Es sollten die Positionen von 100 Millionen Objekten erfasst werden. Für die Routinearbeiten (Ausmessen der Photoplatten, Berechnung der Positionen) setzte man Frauen ein. Der Vatikan griff auf Nonnen zurück, die anderen zahlten geringe Gehälter. In Paris waren 35, in Melbourne 33, in Helsinki 19, usw. Frauen am Werk. Les „calculatrices“ à Toulouse. Right, observator Georg Dreijer inspecting a photographic plate; left, Nanny Helin doing computations. (Helsinki, around 1904). Nach 60 Jahren wurden die Arbeiten unvollendet eingestellt. Zwischendurch war die „moderne“ Astrophysik von den nicht beteiligten Observatorien (z.B. in den USA) in Beschlag genommen worden. B.P. 2005 Pickerings „Harem“ Amerikanische Observatorien beteiligten sich nicht am Projekt „Carte du Ciel“, da man in den USA sich der Astrophysik zugewandt hatte. Die Witwe des Medizinprofessors und „Amateur“astronomen Henry Draper stiftete Geld zur Erstellung eines Sternkatalogs mit Spektraltypen. E.C. Pickering vom Harvard College Observatory wollte mit dem Geld möglichst viele Astronomen anstellen, deshalb bot er die Arbeit Frauen an, die für gleiche Arbeit weniger Lohn erhielten. Einige der jungen Damen konnten dann akademische Karrieren einschlagen: Williamina P. Fleming Henrietta S. Leavitt Annie J. Cannon Antonia Maury Pickering mit seiner „Mannschaft“ 1912 B.P. 2005 Henrietta Swan Leavitt (1868 – 1921) P-L-Relation der Cepheiden B.P. 2005 Das Observatory hatte eine Außenstelle in Peru mit Blick auf die Magellanschen Wolken. Die Photoplatten wurden dann in den USA von den Damen ausgewertet. Leavitt katalogisierte veränderliche Sterne in den Magellanschen Wolken und veröffentlichte 1908 eine Liste mit 1777 Sternen. Bei etwa 2 Dutzend stellte sie eine Beziehung zwischen Leuchtkraftunterschied und Periode fest: Haben neidische Männer Henrietta den Ruhm gestohlen? Vor etwa 2 Jahren wandte sich eine Journalistin, die einen Artikel über Leavitt schrieb, an die Historiker in der „Vereinigung der Sternfreunde“ mit der Bitte um Unterstützung bei der Literatursuche und gegenlesen der astronomischen Aussagen. Von den USA aus versuchte ich zu helfen, Zugang zum Internet hatte ich während der Nachtschichten. Allerdings gelang es mir nur mit großem Aufwand, die ursprüngliche Veröffentlichung zu finden, da sie damals nur unter Pickering in den Datenbanken aufgelistet war. Dass man die P-L-Relation zu Entfernungsbestimmungen anwenden könnte, wird nur nebenbei erwähnt. Ich konnte keinen Hinweis finden, dass am Harvard Observatory darauf gearbeitet wurde, weder von Frauen noch von Männern. Die Aussage der Journalistin, die männlichen Kollegen hätten ihr die Sache aus der Hand genommen, erscheint mir daher sehr fraglich. Das Problem war (und ist bis heute) die Kalibration mit Cepheiden bekannter Entfernung. Hertzsprung verschob irgendwie ein Komma und diskreditierte das Verfahren. Shapley verwandte die Entfernung zu den Hyaden, allerdings mit fragwürdigen Methoden. Er vermass Kugelsternhaufen und vermutete das Galaktische Zentrum in Richtung SAGITTARIUS. B.P. 2005 PASP 30, 42 (1918) Dieser Artikel gibt einen Vortrag wieder. In der Referenzliste fehlt Leavitt. Im Text erwähnt Shapley die „allen bekannten Arbeiten von Frau Leavitt“. The Scale of the Universe William Ellery Hale Foundation, Washington, 26.4.1920 („Die große Debatte“) Harlow Shapley Bulletin of the National Research Council 2, pp. 171 – 217 (1921) H. Shapley: • Milchstrasse ca. 300.000 LJ • Sonnensystem ca. 50.000 LJ vom Zentrum entfernt • Spiralnebel Teil der Milchstrasse Heber D. Curtis H.D. Curtis: • Milchstrasse kleiner als 30.000 LJ • Sonne im Zentrum • Spiralnebel extragalaktisch • Universum 10 – 100 Millionen LJ http://antwrp.gsfc.nasa.gov/htmltest/gifcity/cs_nrc.html Die Arbeit Leavitts ermöglichte es zu erkennen, dass die Milchstrasse nur eine unter Myriaden von Galaxien ist und dass das All wahrlich eine enorme Ausdehnung hat. Ob sie bei der „Grossen Debatte“ anwesend war, konnte ich nicht herausfinden. Vielleicht verhinderte dass ihr Gesundheitszustand, sie verstarb 1921. B.P. 2005 Siehe Vortrag 19.4.05: „Über Größen und Entfernungen“ http://www.staff.uni-mainz.de/bpfeiffe/vhs05-ld-w.pdf Cecilia Payne-Gaposchkin (1900 – 1979) Sie arbeitete für ihre Doktorarbeit an der Harvard University, doch die Arbeit „Stellar Atmospheres, A Contribution to the Observational Study of High Temperature in the Reversing Layers of Stars“, die als eine der besten Doktorarbeiten in der Astornomie gilt, musste sie 1925 an der „Frauenuniversität“ Radcliffe einreichen. Später wurde sie zur ersten Vollprofessorin an der Harvard University. B.P. 2005 Mileva Einstein-Marić (1875 – 1948) "Wie glücklich bin ich, dass ich in Dir eine ebenbürtige Kreatur gefunden habe, die gleich kräftig und selbständig ist wie ich selbst! Außer mit Dir bin ich mit allen allein." (Albert Einstein an Mileva Maric, 3. Oktober 1900). In einem Brief vom 27. März 1901 schreibt Einstein an Mileva: "Wie stolz und glücklich werde ich sein, wenn wir beide zusammen unsere Arbeit über die Relativbewegung siegreich zu Ende geführt haben. Wenn ich so andre Leute sehe, da kommt mir's so recht, was an Dir ist!" B.P. 2005 Marie Curie-Sklodowska (1867-1934) 1. 1. Frau, die einen Nobelpreis erhielt: 1903 in Physik 2. Eine der wenigen Menschen mit 2 Preisen: 1911 in Chemie Sie kam aus dem damals russischen Warschau nach Paris, da man in ihrer Heimat als Frau keinen Zugang zu Universitäten hatte. Prix Nobel de physique remis à Pierre et Marie Curie en décembre 1903. Ce prix, décerné conjointement à eux et à Henri Becquerel, récompense la découverte de la radioactivité et l'étude du rayonnement qui l'accompagne B.P. 2005 Dr.-Ing. Ida Noddack-Tacke Ida Noddack, geborene Tacke deutsche Chemikerin geboren am 25. Februar 1896 auf Haus Wohlgemuth bei Lackhausen gestorben am 24. September 1978 in Bad Neuenahr Ida Noddack studierte als eine der ersten Frauen in Deutschland seit 1915 Chemie in Berlin. Zusammen mit ihrem Ehemann Professor Dr. Walter Noddack (1893–1960) entdeckte sie 1929 die chemischen Elemente Rhenium und Masurium. Großes Aufsehen erregte 1934 Idas These, dass Urankerne bei Neutronenbeschuss in größere Bruchstücke zerfallen können. Vier Jahre später glückte die Kernspaltung. Das Forscherehepaar Noddack wurde durch seine „Allgegenwartstheorie“ der chemischen Elemente von 1936 zum Mitbegründer der Geochemie. Durch ihre Untersuchungen von Meteoriten gehört Ida Noddack auch zu den Initiatoren der Kosmochemie. Aus aktuellem Anlass: Idas Arbeiten zur Kosmochemie in Berlin wurden nach dem Krieg in der Abteilung für Kosmochemie des MPI für Chemie in Mainz erfolgreich fortgeführt, bis zur Schließung mit dem heutigen Tag. Über neuere Entwicklungen zur Kontroverse um Masurium (heute Technetium) http://www.hypatiamaze.org/ida/tacke.html B.P. 2005 Lise Meitner (1878 – 1968) 1906 war sie war die zweite Frau, die promovierte. Sie wirkte von 1912 bis 1938 am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin-Dahlem. Trotz jahrelangem Bemühen gelang es nicht, für Meitner einen Nobelpreis zu erhalten. Jedoch wurden alle drei 1966 als erste Nichtamerikaner von Präsident Johnson mit der Enrico-Fermi-Medaille ausgezeichnet. Mainz, 9.7.1956 L. Meitner, O.R. Frisch, Nature 143 (1939) 239-240 B.P. 2005 Ehrungen Gerade im Fall Hahn – Meitner wird heute oft gesagt, dass Frauen bei wissenschaftlichen Ehrungen benachteiligt werden, dass sie auch einen Nobelpreis verdient hätte. Doch gerade Nobelpreise sind so eine Sache. July 1971, Fowler‘s 60th birthday Diese 4 Wissenschaftler sind Autoren der so genannten „Bibel“ der Nukleosynthese. Den Nobelpreis dafür erhielt nur einer. Alle vier erhielten die angesehene Bruce Medaille der „Astronomical Society of the Pacific“ Diese Auszeichnung wird seit 1898 vergeben. Mir fielen nur vier Frauen darunter auf: 1957: Ira S. Bowen 1982: E.M. Burbidge 1990: Charlotte E.M. Sitterly 2003: Vera C. Rubin B.P. 2005 Kein Schlusspunkt Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts haben Frauen zumindest in den meisten „westlichen“ Gesellschaften Zugang zu den höheren Lehranstalten. Frauen müssen damit nicht mehr im stillen Kämmerlein Selbststudium betreiben, Hauslehrer anstellen, ihre Werke durch Männer veröffentlichen lassen, sich als Männer ausgeben und sogar verkleiden, usw. Ich will daher den kurzen Überblick zu diesem Zeitpunkt beenden. Das soll keine Missachtung der vielen Kolleginnen sein, die in den letzten 100 Jahren hervorragende Arbeit leisteten und bis heute erbringen. Und leider findet man in der Literatur auch kaum eine Erwähnung der vielen engagierten und kompetenten Amateurastronominnen. Und man sollte auch nicht die Lebensgefährten/innen der Astronomen vergessen, die oft wenig von ihren Liebsten zu sehen bekommen. B.P. 2005 Mit Frauen-Power zum Mars? Nachtrag zum Vortrag „Star Trek – Reisen durch Raum und Zeit“ von Jörg Schuster am 10.05.05 Lichtbogentriebwerk: 30.000 Grad heißer Treibstoff Laut Homepage des IRS handelt es sich bei dem oben abgebildeten Antrieb um ein mit Argon betriebenes MPD. Raketengleichung: Hohe Gasgeschwindigkeit und hohes Verhältnis Start- zu Endmasse bedeuten hohe Geschwindigkeit Der Referent hatte auch die Lichtbogentriebwerke vorgestellt. Am 21.5.05 berichtete Spiegel On-Line von einer meist weiblichen Forschergruppe am „Institut für Raumfahrtsysteme“ (IRS) an der Univ. Stuttgart. Forscherin mit Triebwerk: Zum Mars in 15 Jahren? Die Gruppe um Prof. Monika Auweter-Kurtz, stellvertretende Leiterin des IRS, entwickelt und testet thermische Lichtbogentriebwerke und auch Magnetoplasmadynamische Triebwerke - so genannte MPD-Antriebe – für künftige Flüge zu Mond und Mars. Das 100 kW-Modell rechts oben ist nur 30 cm lang. 2009 sollen die Triebwerke einen Institutssatelliten zum Mond befördern. B.P. 2005 http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,356730,00.html Nächster Vortrag Dienstag 7. Juni 2005 um 19:30 Ergebnisse der Mars-Missionen Dr. Ulrich Rieth OPPORTUNITY Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz 3d Bild von Olympus Mons HRSC auf MARS EXPRESS Aufnahmen von Mars Global Surveyor Mars Express Mars Express Mars Odyssey Mars Odyssey Volkshochschule Mainz: Besondere astronomische Themen VHS-Sternwarte im Turm der Anne-Frank-Schule 07.06.2005 19:30