Die räumliche Konfiguration von Wertschöpfungsprozessen in der
Transcription
Die räumliche Konfiguration von Wertschöpfungsprozessen in der
L U D W I GMAX IMILIANS U N I V E R SITÄT MÜNCHE N DEPARTMENT FÜR GEOGRAPHIE LEHRSTUHL FÜR WIRTSCHAFTSGEOGRAPHIE Die räumliche Konfiguration von Wertschöpfungsprozessen in der chemischen Industrie, dargestellt am Beispiel des Bayerischen Chemiedreiecks Freie wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades einer Diplom-Wirtschaftsgeographin LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN Prof. Dr. Hans-Dieter Haas Elisabeth Waltl Brucknerstr. 7 81677 München München, den 06.12.2007 VORWORT Im Zeitalter der Globalisierung sind ökonomische Aktivitäten zunehmend durch räumliche Konzentrationsprozesse von Produktionsstandorten geprägt. Dieses Spannungsfeld zwischen regionaler Verflechtung und globalen Wertschöpfungsaktivitäten bildet den Ausgangspunkt für diese Diplomarbeit. Aufbauend auf Ansätzen der vertikalen Unternehmensintegration und einer Zusammenführung von Netzwerk- und Transaktionskostentheorie entwickelt die Autorin ein empirisches Untersuchungskonzept zur Analyse der räumlichen Konfiguration von Wertschöpfungsprozessen. Die gewählte Untersuchungsbranche ist die chemische Industrie. Den Untersuchungsgegenstand bildet die regionale Industrievereinigung Initiative Bayerisches Chemiedreieck. Die Wirtschaftskraft Südostoberbayerns ist zu einem großen Teil der chemischen Industrie vor Ort zuzuschreiben, die zweifelsohne als eine der Schlüsselindustrien der Region bezeichnet werden kann. Das Ziel dieser Diplomarbeit liegt darin, den Wert und die räumliche Ausprägung der direkt vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsprozesse sowie die Struktur des brancheninternen Netzwerkes der Initiative Bayerisches Chemiedreieck detailliert zu analysieren. Die Gewichtung der vier Chemiestandorte im brancheninternen Netzwerk sowie die räumlichen Ausprägungen der Wertschöpfungsaktivitäten stellen einen wesentlichen Aspekt in der wirtschaftsgeographischen Erhebung dar. So wird deutlich, dass am Standort Burghausen mehr als drei Viertel des gesamten Beschaffung- und Umsatzvolumens der Initiative Bayerisches Chemiedreieck realisiert wird. Unter den Mitgliedern selbst wird nur ein geringer Anteil der gesamten Wertschöpfung abgesetzt. Nahezu 100% davon werden über langfristige Lieferverträge abgewickelt. Die Stabilität und Langfristigkeit dieser brancheninternen Verbindungen werden in dieser Diplomarbeit ebenso deutlich wie die herausragende Bedeutung von überregionalen Geschäftsbeziehungen für das Bayerische Chemiedreieck. Folglich kommt dem Ausbau der infrastrukturellen Anbindung des Bayerischen Chemiedreiecks höchste Priorität zu. Die Erkenntnisse der empirischen Untersuchung dienen der Analyse des Netzwerkes Initiative Bayerisches Chemiedreieck und beleuchten somit einen Themenbereich mit einer hohen praktischen und politischen Relevanz. Diese Diplomarbeit versteht sich als explorative Regionalstudie. Darauf aufbauend können weitere Forschungsschwerpunkte und –fragen herausgefiltert und erhoben werden. I DANK An erster Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Professor Dr. Hans-Dieter Haas sowie Herrn Dipl.-Geogr. Matthias Wallisch (MBR) vom Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie der Ludwig-Maximilians-Universität München für die wissenschaftliche Begleitung und Betreuung dieser Arbeit bedanken. Besonderer Dank gebührt Herrn Dr. Werner Goll, Sprecher der Initiative Bayerisches Chemiedreieck, für die zahlreichen Ratschläge und Anregungen, die wesentlich zum Entstehen dieser Forschungsarbeit beigetragen haben, sowie für die tatkräftige Hilfe bei der Vermittlung von Kontakten zu den Mitgliedsunternehmen der Initiative Bayerisches Chemiedreieck. Daran anschließen möchte ich meinen Dank an Herrn Dr. Willi Kleine von der Wacker Chemie AG, Standort Burghausen, für das entgegengebrachte Interesse bei der Themenerarbeitung, für die Bereitstellung der unternehmensinternen Zulieferdaten und für die finanzielle Unterstützung. Gleichermaßen bedanke ich mich bei den zahlreichen Gesprächspartnern, die sich die Zeit genommen haben, mir komplexe Entwicklungen darzulegen und ausführliche Informationen zu geben. Ohne deren Unterstützung und dem mir entgegengebrachten Vertrauen bei der Erhebung von sensiblen, unternehmensinternen Daten wäre dieses Forschungsprojekt nicht realisierbar gewesen. Elisabeth Waltl 06.12.2007 II WIDMUNG FÜR MEINE ELTERN DR. JOSEF UND MARIANNE WALTL III INHALT Seite VORWORT..…………………………………………………………………………………..………I DANK……………………………………………………………………...…………………….…..II WIDMUNG…………………………………………………………………………………….….....III INHALT…………………………………………………………...…………………………………IV TABELLENVERZEICHNIS…………………………………………...…………………….…..........VI ABBILDUNGSVERZEICHNIS……………………………………………..…………………...…....VII ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS……………………………………………..………...………..……VIII 1. EINFÜHRUNG .................................................................................................................. 1 1.1 IDEE UND ZIELSETZUNG .......................................................................................... 1 1.2 AUFBAU DER ARBEIT ............................................................................................. 3 2. DIE CHEMISCHE INDUSTRIE IM ÜBERBLICK ..................................................................... 4 2.1 DEFINITION „CHEMISCHE INDUSTRIE“...................................................................... 4 2.2 CHEMIESTANDORT DEUTSCHLAND .......................................................................... 5 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.3 Organisation und aktuelle Kennzahlen..................................................................... 5 Verflechtungsbeziehungen und räumliche Nähe ..................................................... 7 Räumliche Standortstruktur der chemischen Industrie ............................................ 8 Chemieparks im Spannungsfeld zwischen Globalisierung und Regionalisierung ... 8 CHEMIESTANDORT BAYERN .................................................................................. 10 2.3.1 Entwicklung der chemischen Industrie im Zeitverlauf ............................................ 10 2.3.2 Das Bayerische Chemiedreieck (BC)..................................................................... 11 2.3.3 Initiative Bayerisches Chemiedreieck (IBC) ........................................................... 13 3. THEORETISCHER BEZUGSRAHMEN ............................................................................... 15 3.1 DAS EXTERNE UMFELD VON UNTERNEHMEN ......................................................... 15 3.2 ANALYSE VERTIKALER UNTERNEHMENSINTEGRATION ........................................... 16 3.2.1 Erste Ansätze zur Analyse vertikaler Unternehmensintegration............................ 16 3.2.2 Wertkette und Wertesystem nach Porter ............................................................... 17 3.2.3 Das Filière-Konzept ................................................................................................ 19 3.3 NETZWERKE IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN MARKT UND HIERARCHIE ................. 21 3.3.1 Zur Verknüpfung von Netzwerktheorie und Transaktionskostentheorie ................ 21 3.3.2 Charakteristika der Transaktionskostentheorie...................................................... 22 3.3.3 Unternehmensnetzwerke als Form kooperativer Zusammenarbeit ....................... 23 3.4 4 HERLEITUNG VON FORSCHUNGSFRAGEN .............................................................. 26 EMPIRISCHES ANALYSEKONZEPT UND METHODISCHES VORGEHEN ............................. 29 4.1 EMPIRISCHES ANALYSEKONZEPT.......................................................................... 29 4.2 METHODISCHES VORGEHEN BEI DER QUANTITATIVEN UNTERSUCHUNG .................. 30 4.1.1 Begründung und Auswahl der Methodik ................................................................ 30 4.1.2 Auswahl der Untersuchungseinheiten.................................................................... 31 4.1.3 Vorgehensweise bei der Datenauswertung ........................................................... 33 4.3 METHODISCHES VORGEHEN BEI DER QUALITATIVEN UNTERSUCHUNG .................... 34 4.3.1 Begründung und Auswahl der Methodik ................................................................ 34 4.3.2 Auswahl der Interviewpartner und Interviewsituation............................................. 34 4.3.3 Vorgehensweise bei der Datenauswertung ........................................................... 35 IV 4.4 KRITIK AM METHODISCHEN VORGEHEN ................................................................. 36 4.4.1 Kritikpunkte an der quantitativen Erhebung ........................................................... 36 4.4.2 Kritikpunkte an der qualitativen Erhebung ............................................................. 37 5 DIE RÄUMLICHE KONFIGURATION VON WERTSCHÖPFUNGSPROZESSEN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE IM BAYERISCHEN CHEMIEDREIECK (BC) ............................... 38 5.1 PROBLEME BEI DER DATENERHEBUNG.................................................................. 38 5.2 AUSWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE ........................................ 40 5.2.1 Strukturmerkmale der Basisdaten .......................................................................... 40 5.2.2 Gewichtung und räumliche Dimension der Liefer- und Absatzbeziehungen ......... 42 5.2.3 Ergebnisse der brancheninternen Netzwerkanalyse.............................................. 50 6 QUALITATIVE SITUATIONSANALYSE DES BAYERISCHEN CHEMIEDREIECKS (BC) ............. 54 6.1 PROBLEME BEI DER DATENERHEBUNG.................................................................. 54 6.2 VERNETZUNG MIT DER REGION ............................................................................. 54 6.2.1 Vernetzung mit lokalen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ........ 54 6.2.2 Branchenstruktur der lokalen Zulieferbetriebe ....................................................... 56 6.2.3 Qualitative Effekte auf die Region .......................................................................... 57 6.3 BRANCHENINTERNE BEZIEHUNGEN ....................................................................... 58 6.3.1 Art und Intensität der wirtschaftlichen Verflechtungen ........................................... 58 6.3.2 Brancheninterne Netzwerke ................................................................................... 60 6.4 STANDORTSITUATION DER CHEMISCHEN INDUSTRIE............................................... 62 6.4.1 Bedeutung der chemischen Industrie für die Region ............................................. 62 6.4.2 Chancen und Risiken der chemischen Industrie vor Ort........................................ 63 7 ZUSAMMENFASSUNG UND WEITERER FORSCHUNGSBEDARF ........................................... 66 7.1 ZUSAMMENFASSUNG DER WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE ....................................... 66 7.2 WEITERER FORSCHUNGSBEDARF ......................................................................... 68 LITERATUR ......................................................................................................................... 69 ANHANG ............................................................................................................................. 77 V TABELLENVERZEICHNIS Seite Tab. 1 Inländische Umsatzstruktur der chemischen Industrie 2003 6 Tab. 2 Chemische Industrie in Bayern im Zeitraum 1950 - 2006 10 Tab. 3 Vor- und Nachteile vertikaler Unternehmensintegration 17 Tab. 4 Teilnehmende Unternehmen an den vier Standorten des BC 32 Tab. 5 Beschäftigung und Pendelverflechtung mit dem angrenzenden Österreich 42 Tab. 6 Gewichtung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 43 Tab. 7 Räumliche Verteilung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 45 Tab. 8 Beschaffungsvolumen der IBC 2006 auf Standortebene 46 Tab. 9 Umsatzvolumen der IBC 2006 auf Standortebene 48 Tab. 10 Struktur der brancheninternen Geschäftsbeziehungen 2006 50 Tab. 11 Effekte des BC auf die Region 57 Tab. 12 Chancen und Risiken der chemischen Industrie im BC 63 VI ABBILDUNGSVERZEICHNIS Seite Abb. 1 Chemieparks in Deutschland 9 Abb. 2 Die Aufgabenumwelt eines Unternehmens 15 Abb. 3 Ansätze und Begrifflichkeiten zur Analyse vertikaler Unternehmensintegration 17 Abb. 4 Das Wertesystem nach PORTER 18 Abb. 5 Das Filière-Konzept 19 Abb. 6 Netzwerke im Spannungsfeld zwischen Markt und Hierarchie 21 Abb. 7 Einordnung der IBC in die Typologie interorganisationaler Netzwerke 25 Abb. 8 Die räumliche Dimension der Wertschöpfung innerhalb eines Standortsystems 27 Abb. 9 Modell der zu untersuchenden Akteursbeziehungen im BC 28 Abb. 10 Methodische Triangulation 29 Abb. 11 Perspektivenwechsel innerhalb der empirischen Erhebung 30 Abb. 12 Methodisches Vorgehen bei der Auswertung der Experteninterviews 35 Abb. 13 Ansiedelungszeitpunkt der Mitglieder der IBC im BC 40 Abb. 14 Hauptsitze der Mitgliedsunternehmen der IBC 41 Abb. 15 Gewichtung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 43 Abb. 16 Räumliche Verteilung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 44 Abb. 17 Netzwerkanalyse – Anzahl der brancheninternen Geschäftsbeziehungen 2006 51 Abb. 18 Netzwerkanalyse – Auftragswerte der brancheninternen Geschäftsbeziehungen 2006 52 Abb. 19 Branchenstruktur der lokalen Zulieferbetriebe 56 Abb. 20 Momentane Nutzung der Pipelines und Medienverbundsysteme im BC 59 VII ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS BC Bayerisches Chemiedreieck BIP Bruttoinlandsprodukt BRD Bundesrepublik Deutschland EPS Ethylenpipeline Süd EU Europäische Union EUR Euro IBC Initiative Bayerisches Chemiedreieck KMU Kleine und mittelständische Unternehmen kWh Kilowattstunden REACH Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals TAL Transalpine Ölleitung TSD Tausend TSH Trostberg/Schalchen/Hart USA Vereinigte Staaten von Amerika VCI Verband der Chemischen Industrie e.V. VCI LV Verband der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Bayern WAT Waldkraiburg/Aschau/Töging VIII DIE RÄUMLICHE KONFIGURATION VON WERTSCHÖPFUNGSPROZESSEN IN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE, DARGESTELLT AM BEISPIEL DES B AYERISCHEN CHEMIEDREIECKS 1. EINFÜHRUNG Die chemische Industrie verfügt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) über eine lange Tradition und ist in vielen Regionen eine wesentliche Wertschöpfungsquelle der regionalen Wirtschaft. In Bayern stellt die chemische Industrie mit 60.608 Arbeitnehmern (2006) und einem Gesamtumsatz von rund EUR 14,8 Mrd. (2006) einen der beschäftigungs- und umsatzstärksten Wirtschaftssektoren dar (vgl. BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE 2007: 47). Nach An- gaben des BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE (2005: 44) konzentrieren sich innerhalb der chemischen Industrie Bay- erns rund ein Drittel der Umsätze der gesamtbayerischen Chemieproduktion sowie mehr als ein Viertel der Arbeitsplätze der bayerischen Chemiebranche im Bayerischen Chemiedreieck (BC) (vgl. BULWIENGESA AG 2005: 46). Das BC stellt für die Chemieindustrie Bayerns das bedeutendste regionale Cluster dar. Die dort ansässigen Chemieunternehmen haben sich mit dem Ziel der Stärkung der politischen Durchsetzungskraft im Rahmen der Initiative Bayerisches Chemiedreieck (IBC) im April diesen Jahres zu einem brancheninternen Netzwerk zusammengeschlossen. Aufgrund der großen wirtschaftlichen Bedeutung des BC für die Region, der Förderung der Ethylenpipeline Süd (EPS) durch den Freistaat Bayern in Höhe von EUR 45 Mio. (vgl. HANDELSBLATT 2006A: 23) sowie den geplanten Folgeinvestitionen der Chemieunternehmen von bisher mehr als EUR 1,5 Mrd. (vgl. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 2007B: 41) handelt es sich um einen Themenbereich mit einer hohen praktischen und politischen Relevanz. 1.1 IDEE UND ZIELSETZUNG Basierend auf den Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung können lediglich qualifizierte quantitative Aussagen über die gesamte Chemieindustrie Bayerns getroffen werden. Da seitens der amtlichen Statistik keine spezifischen Werte über das BC erhoben werden, wird seit längerem in regionalen Fachkreisen diskutiert, inwieweit die dort ansässigen Chemieunternehmen dieser Region einen „Mehrwert“ bieten und vor allem, welche quantitative Dimension diesem Mehrwert zugeschrieben werden kann. Die BULWIENGESA AG, München, präsentierte Anfang 2007 eine Regionalstudie 1 über die wirtschaftlichen Effekte des BC, in welcher die volkswirtschaftliche Bedeutung anhand einer Input-Output-Analyse1 verdeutlicht wird. Darin wird für das Jahr 2004 eine branchenübergreifende Gesamtwirkung von 65.849 Arbeitsplätzen ermittelt. Innerhalb des BC werden 23.961 direkte Arbeitsplätze durch das Vorhandensein der Chemiebetriebe errechnet (BULWIENGESA AG 2005: 17ff.). Ausgehend von diesen Annahmen liegt das allgemeine Interesse darin, eine Methode ausfindig zu machen, mit deren Hilfe der „Mehrwert“ des BC für die Region anhand anderer Gesichtspunkte untersucht wird. Basierend auf PORTERS Konzept der Wertkette (1991: 62ff.) wird in dieser Diplomarbeit die Überlegung angestellt, die Wertschöpfungsprozesse der Chemieunternehmen in räumlicher Perspektive zu untersuchen. PORTER betont die Verbindung eines Unternehmens mit den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsaktivitäten der Lieferanten und Abnehmer. Das vorliegende Analysekonzept beschäftigt sich ausschließlich mit der chemischen Industrie im BC sowie mit den räumlichen Strukturen und den wirtschaftlichen Effekten der Wertschöpfung, die diese – sowohl als Abnehmer als auch als Lieferant von Waren und Dienstleistungen – auf die lokalen kleinen und mittelständischen Betriebe (KMU) und somit auf das direkte regionale Umfeld projiziert. Diese Diplomarbeit begleitet den Ausbau und die Festigung der Netzwerkaktivitäten zwischen den Mitgliedern der IBC, indem mit dem vorliegenden Untersuchungskonzept die aktuelle Standortsituation der chemischen Industrie im BC mittels qualitativer Experteninterviews analysiert wird. Bei diesen Gesprächen werden die Meinungen, Einstellungen und vor allem das konkrete Erfahrungswissen der Experten erfragt. Mittels einer quantitativen Erhebung werden die räumlichen Dimensionen der Liefer- und Absatzbeziehungen und die brancheninterne Vernetzung der Mitglieder der IBC ermittelt. Diese Diplomarbeit dokumentiert die Effekte, die durch das Vorhandensein der chemischen Industrie auf die Region und die lokalen KMU ausgelöst werden, mittels wissenschaftlich fundierter Ergebnisse. Zudem wird den Mitgliedern der IBC demonstriert, mit welcher Intensität und in welchem Ausmaß an und zwischen den Standorten der Chemieindustrie im BC brancheninterne Geschäftsbeziehungen stattfinden. Aus diesen Überlegungen und Zielsetzungen ergibt sich folgende zentrale Fragestellung: Welche Auswirkungen hat das Vorhandensein der chemischen Industrie im BC auf die Wirtschaft, die Infrastruktur und letztlich auf die Bevölkerung in der Region? 1 Die Input-Output-Analyse ermöglicht einen detaillierten Einblick in die Güterströme und Produktionsverflechtungen einer Volkswirtschaft (vgl. MAIER/TÖDTLING 1996: 46f.) 2 1.2 AUFBAU DER ARBEIT In Kapitel 2 wird zunächst auf die wirtschaftliche Bedeutung und die räumliche Konzentration der Chemieindustrie in der BRD eingegangen, um dann das Untersuchungsgebiet BC entsprechend einzuordnen. Kapitel 3 erläutert den theoretischen Bezugsrahmen, auf den sich die empirische Untersuchung stützt. Kapitel 4 beinhaltet das empirische Analysekonzept, die Vorgehensweise bei der methodischen Untersuchung sowie die Aufbereitung des gewonnenen Datenmaterials. Anschließend werden in Kapitel 5 die Ergebnisse der quantitativen Erhebung in einer umfassenden Auswertung dargelegt. Kapitel 6 beinhaltet eine qualitative Situationsanalyse des BC, indem die Meinungen und Einschätzungen der befragten Experten diskutiert werden. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst. Ein Ausblick vermittelt einen Überblick über weiterführende Forschungsfragen. 3 2. DIE CHEMISCHE INDUSTRIE IM ÜBERBLICK In diesem Abschnitt wird zuerst eine Abgrenzung der „chemischen Industrie“ vorgenommen (Kapitel 2.1), um anschließend die Standortsituation der chemischen Industrie in der BRD statistisch zu analysieren (Kapitel 2.2). In Kapitel 2.3 wird die Bedeutung der Chemiewirtschaft in Bayern und besonders im BC erörtert. 2.1 DEFINITION „CHEMISCHE INDUSTRIE“ Für den Begriff „chemische Industrie“ bestehen zahlreiche, uneinheitliche Definitionen. Eine weltweit anerkannte und verwendete Abgrenzung der chemischen Industrie existiert nicht (vgl. BATHELT 1997: 99). Grundsätzlich unterscheidet sich die chemische Industrie nach der Art ihrer Tätigkeit von anderen Industrien: „Die chemische Industrie ist zu charakterisieren als eine Industriegruppe, die mit Hilfe von chemischen und physikalischen Verfahren, durch Stoffumwandlung und –veredelung sowie Weiterverarbeitung eine große Menge von Produkten herstellt.“ SCHWORM 1967: 13 Dass diese Definition sehr weit gefasst ist, zeigt sich bei KÖBEL/SCHULZE (1970: 5) und bei AMECKE (1987: 13). Diese Autoren betonen explizit, dass Industriezweige, die chemische Reaktionen nur begrenzt bzw. im spezialisierten Rahmen2 verwenden, üblicherweise nicht zur chemischen Industrie gezählt werden. Die mechanische Weiterverarbeitung von Produkten – wie beispielsweise bei der kunststoffverarbeitenden Industrie – wird nicht der chemischen Industrie zugerechnet, wogegen die pharmazeutische Industrie hinzugezählt wird (vgl. AMECKE 1987: 13). In der BRD wird die chemische Industrie dem verarbeitendem Gewerbe zugerechnet. Die chemische Industrie erzeugt Grundstoffe, Zwischenprodukte und Fertigwaren und zeichnet sich durch ein breit gefächertes Produktportfolio aus. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der chemischen Industrie liegt darin, dass diese äußerst stark mit anderen Wirtschaftszweigen verflochten ist (vgl. KOSTKA/HASSAN 1997: 7, REHFELD ET AL. 2004: 25). Folglich ist diese häufig zu Beginn der Wertschöpfungsketten zu finden und stellt als Vorleistungslieferant eine bedeutende Querschnitts- und Schlüsselindustrie dar (vgl. PESCHKE ET AL. 1997: 9). Charakteristisch sind auch die globale Präsenz und die starke Exportorientierung der chemischen Industrie (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND TECHNOLOGIE 1997: 2 5f.). Die Autoren nennen hier die Glasindustrie, das Hüttenwesen, die Erdöl- und die Lebensmittelverarbeitung. 4 2.2 CHEMIESTANDORT DEUTSCHLAND In diesem Kapitel wird die Standortsituation der deutschen Chemieindustrie erläutert, indem in Kapitel 2.2.1 zunächst ein quantitativer Überblick über die Branche und deren Organisation gegeben wird. Kapitel 2.2.2 beschäftigt sich mit der räumlichen Konfiguration der Liefer- und Absatzbeziehungen. In Kapitel 2.2.3 wird die räumliche Standortstruktur der chemischen Industrie Deutschlands erläutert, um anschließend in Kapitel 2.2.4 die aktuelle Bedeutung von Chemieparks darzulegen. 2.2.1 ORGANISATION UND AKTUELLE KENNZAHLEN In der BRD gibt es derzeit rund 2.000 Chemieunternehmen. 93% davon sind KMU mit weniger als 500 Beschäftigten (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007A: 4). Die chemische Industrie in der BRD ist traditionell gut organisiert. Bereits seit dem Jahr 1871 vertritt der „Verband der Chemischen Industrie e.V.“ (VCI) die wirtschaftspolitischen Interessen der chemischen Industrie gegenüber Politik, Behörden und Gesellschaft (vgl. AMECKE 1987: 16). Bis heute haben sich 90% der deutschen Unternehmen aus allen Sparten der Chemie dem VCI angeschlossen. Die Ziele des VCI liegen vor allem in der Standortsicherung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die deutsche Chemiewirtschaft. Zu diesem Zweck beschäftigen sich über 40 Arbeitskreise mit speziellen Branchenthemen. Auf regionaler Ebene bestehen acht Landesverbände (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007B: 5). Nach dem Fahrzeugbau, dem Maschinenbau und der Elektronikindustrie stellt die chemische Industrie den viertgrößten Industriesektor und mit 436.000 Beschäftigten den sechstgrößten Arbeitgeber der deutschen Wirtschaft dar. Bei inländischen Zulieferern der Chemieindustrie entstehen pro Jahr weitere 380.000 Arbeitsplätze. Zusätzlich entstehen durch Einkommenseffekte der Chemiebeschäftigten 200.000 Arbeitsplätze innerhalb der BRD. Im Vergleich zum Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes sind die Löhne und Gehälter in der Chemieindustrie rund 20% höher (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007A: 13). Der Umsatz der deutschen Chemieindustrie konnte im Jahr 2006 um 6,1% auf insgesamt EUR 162,2 Mrd. gesteigert werden. Mit einem Anteil von 7,4% am weltweiten Chemieumsatz liegt die deutsche Chemiewirtschaft hinter den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) mit 23,3%, China (9,4%) und Japan (8,9%) an vierter Stelle. Innerhalb Europas liegt die deutsche Chemiewirtschaft mit einem Umsatzanteil von genau einem Viertel deutlich an der Spitze. Mit einer Exportquote von 54,3% und einem absoluten Wert von EUR 88,1 Mrd. war die deutsche Chemiewirtschaft 2006 zum vierten Mal in Folge Exportweltmeister. Davon werden mehr als 60% innerhalb der Europäischen 5 Union (EU) abgesetzt (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007C: 32f.). Für diese Branche spielen daher internationale Handelsverflechtungen eine bedeutende Rolle. Der Beitrag der deutschen Chemieindustrie zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beträgt 1,7% (2003). Im internationalen Vergleich liegt dieser Wert einzig in Belgien und in Korea bei mehr als zwei Prozent. Die chemische Industrie verfügt über eine heterogene Branchen- und Produktstruktur (vgl. BATHELT 1997: 100). Aufgrund von Innovationen, Nachfrageentwicklungen und Globalisierungstendenzen unterliegt die Produktpalette der Chemieindustrie einem ständigen Wandel. Derzeit liegt der Fokus auf der Produktion von Fein- und Spezialchemikalien (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007A: 3). Tabelle 1 zeigt die Verflechtung der chemischen Industrie mit anderen Branchen. Mit 54,6% wird mehr als die Hälfte des Umsatzes branchenintern realisiert (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007C: 49). Tab. 1: Inländische Umsatzstruktur der chemischen Industrie 2003 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 ABNEHMERBRANCHEN INLÄNDISCHE VERWENDUNG IN % Chemische Industrie Privater und staatlicher Konsum Gummi- und Kunststoffindustrie Dienstleistungen Herstellung von Roheisen, Stahl, Metall-, Gießereierzeugnissen Fahrzeugbau Bauwirtschaft Holz- und Möbelindustrie Papier- und Druckindustrie Elektrotechnik Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft Textil-, Bekleidungs- und Schuhindustrie Sonstige TOTAL 54,6 15,3 6,1 4,6 3,0 2,4 2,4 2,2 1,9 1,5 1,5 1,5 3,0 100,0 Quelle: VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007C: 49 Im Zeitraum 1995 bis 2005 fand innerhalb der Chemieindustrie Deutschlands trotz eines Umsatzzuwachses von 26% ein deutlicher Beschäftigungsabbau von 22% statt, wovon besonders das Rheinland, Köln und Düsseldorf betroffen waren. Die Ursachen liegen in den überproportionalen Produktivitätssteigerungen dieser Jahre und im anhaltenden Trend zur Verringerung der Wertschöpfungstiefe (vgl. ZENTRUM FÜR EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTSFORSCHUNG GMBH 2007: 30). REHFELD ET AL. (2004: 29) weist darauf hin, dass dieser Beschäftigungsabbau auf den Rückbau der Chemieindustrie in den neuen Bundesländern zurückzuführen ist. Die räumliche Persistenz der Chemieindustrie wird dadurch deutlich, dass in dieser Zeit keine grundlegenden Veränderungen in der räumlichen Standortverteilung stattgefunden haben (vgl. BATHELT 1997: 109). Dies ist hauptsächlich in der Komplexität der Chemieanlagen und der Verbundsysteme begründet (vgl. LINDEINER 1995: 26). 6 2.2.2 VERFLECHTUNGSBEZIEHUNGEN UND RÄUMLICHE NÄHE Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und technologischen Wandels in den letzten beiden Jahrzehnten hat BATHELT (1997: 310ff.) untersucht, wie sich dieser auf die räumliche Konfiguration der Zuliefer- und Absatzbeziehungen der deutschen Chemieindustrie auswirkt. Hinsichtlich der Verflechtungsbeziehungen mit Zulieferern belegt BATHELT (1997: 311ff.), dass Vor- und Zwischenprodukte häufig innerhalb eines Produktionsverbundes ausgetauscht und daher nur selten externe Zulieferer angesprochen werden. Auf diese Weise können bei Gewichtsverlustmaterialien und Gefahrgütern teure Transportkosten vermieden werden. Im Gegensatz dazu werden Rohstoffe aufgrund der Lagerstättenabhängigkeit teilweise über große Distanzen angeliefert. Bei der Auswahl unternehmensexterner Zulieferer spielt der Preis eine entscheidende Rolle. Um Versorgungssicherheit zu erreichen, bemühen sich deutsche Chemieunternehmen um stabile Zulieferbeziehungen und langfristige Liefervereinbarungen. Aufgrund des Trends zur Konzentration auf unternehmensspezifische Kernkompetenzen und Kerngeschäftsfelder werden seit den 1990er Jahren verstärkt Fremdleistungen in Anspruch genommen. Räumliche Nähe trägt in diesem Kontext enorm zur Vertrauensbildung bei und fördert das Entstehen von Kooperationsbeziehungen zu Zulieferern der chemischen Industrie in bedeutendem Maße. BATHELT (1997: 313) stellt fest, dass in den Jahren 1994 und 1995 etwa 30% der befragten Chemieunternehmen über Zulieferkontakte im näheren Umfeld des Produktionsstandortes (bis 50 km) verfügen und rund zwei Drittel der erfassten Chemiebetriebe strategisch wichtige Zulieferkontakte im weiteren regionalen Umfeld (50 bis 200 km) besitzen. Die Zulieferbeziehungen der erfassten Betriebe finden überwiegend innerhalb der BRD statt, wobei BATHELT auf große Unterschiede in der Produktstruktur hinweist. Bezüglich der Absatzbeziehungen der deutschen Chemieindustrie stellt BATHELT (1997: 316f.) fest, dass diese innerhalb eines Produktionsverbundes extrem langfristig angelegt sind. Außerhalb der Verbundproduktion steigt die Bedeutung langfristiger Absatzbeziehungen; kurzfristige Markttransaktionen sind rückläufig. Etwa die Hälfte der befragten Unternehmen treffen in den Jahren 1994 und 1995 mehrjährige Lieferabsprachen mit ihren Abnehmern. Auch hier fördert räumliche Nähe den Vertrauensaufbau und somit die Festigung der Geschäftsbeziehungen. Die Absatzbeziehungen der befragten Unternehmen sind zu dieser Zeit überwiegend auf den nationalen Absatzmarkt ausgerichtet. Allerdings stellt BATHELT (1997: 321) einen Bedeutungszuwachs der Auslandsmärkte fest. 7 Insgesamt vermittelt BATHELT in seiner Studie einen ersten Überblick über die räumliche Konfiguration der Liefer- und Absatzbeziehungen der deutschen Chemieindustrie, trifft aber keine detaillierten Aussagen über die räumliche Konfiguration der Beschaffungsbzw. Umsatzvolumina der befragten Unternehmen. 2.2.3 RÄUMLICHE STANDORTSTRUKTUR DER CHEMISCHEN INDUSTRIE Das geographische Zentrum der deutschen Chemieindustrie liegt in der Region um Leverkusen in Nordrhein-Westfalen, wo etwa ein Drittel des gesamtdeutschen Chemieumsatzes produziert wird. Auf dem zweiten und dritten Platz liegen die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hessen. In den neuen Bundesländern befindet sich der bedeutendste Chemiestandort im „Mitteldeutschen Chemiedreieck“ in der Region um Bitterfeld in Sachsen-Anhalt (vgl. KLEIN 2004: 43, VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007A: 3). Anhand der Standortkonfiguration der Chemieunternehmen und deren Beschäftigten stellen BATHELT ET AL. (2004: 68f.) fest, dass sich die chemische Industrie innerhalb der BRD speziell in vier Regionen sammelt: − Rheinland, Köln-Düsseldorf und angrenzendes Ruhrgebiet, − Frankfurt, Wiesbaden und Umland, − Ludwigshafen-Mannheim und Rhein-Neckar-Raum, − Hamburg und Umland. An diesen Standorten befinden sind auch die Hauptsitze bzw. Konzernzentralen der größten Chemieunternehmen Deutschlands. Sekundäre Standortagglomerationen der Unternehmen der chemischen Industrie sind im näheren Umfeld der Städte Berlin, Magdeburg, Bremen, Hannover, Frankfurt, Stuttgart, Erlangen/Nürnberg, Ingolstadt und München vorzufinden (vgl. KLEIN 2004: 43, DIERCKE/THOMAS 2005: 24f.). Eine räumliche Konzentration3 der chemischen Industrie ist nach KLEIN (2004: 43) nur in den Landkreisen Bitterfeld, Ludwigshafen, Leverkusen und Altötting vorhanden. 2.2.4 CHEMIEPARKS IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN GLOBALISIERUNG UND REGIONALISIERUNG In den letzten zwei Jahrzehnten war die chemische Industrie starken wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Umstrukturierungen unterworfen, die vor allem in Veränderungen der Produktionsstrukturen deutlich werden. Die ehemals geschlossenen Verbundstandorte einzelner Konzerne werden aufgelöst (vgl. KAPPES 2006: 36). Die regi3 Räumliche Konzentration wird hier mit einem Standortkoeffizienten > 2,5 definiert. Der Standortkoeffizient beschreibt das Verhältnis der im Landkreis vorhandenen Branchen zum Bundesdurchschnitt. 8 onale Verbundproduktion findet heute in neu entstandenen Chemieparks zwischen verschiedenen Konzernen statt. Chemieparks verfügen generell über eine Rohstoffanbindung sowie intensive Stoffströme und bieten so den ansässigen Unternehmen ein hohes Maß an Versorgungssicherheit mit gleichzeitiger Kostenoptimierung. Eine gut ausgebaute chemiespezifische Infrastruktur ist ebenso ein charakteristisches Merkmal wie das Vorhandensein einer Betreibergesellschaft (vgl. REHFELD ET AL. 2004: 47ff.). Im regionalen Umfeld von Chemieparks profitieren im Zulieferbereich vor allem KMU, die als Folge langjähriger Zusammenarbeit ein chemiespezifisches Expertenwissen erwerben konnten (vgl. KAPPES 2006: 24). Die räumliche Verteilung von Chemie- Abb. 1: Chemieparks in Deutschland parks in der BRD wird in Abbildung 1 deutlich, wo sich die traditionelle Konfiguration der Chemiestandorte widerspiegelt. Die größte räumliche Konzentration von Chemieparks ist sowohl im Rhein-Main-Gebiet, im Rhein-Ruhr- Gebiet als auch im Mitteldeutschen Chemiedreieck zu finden. Um ein regionales Clustermanagement4 betreiben zu können, haben sich einzelne Betreibergesellschaften zu regionalen, strategischen Netzwerken zusammengefunden. Innerhalb der BRD sind dies die Regionalinitiativen Quelle: HANDELSBLATT 2006B: 29 − CeChemNet (Mitteldeutsches Chemiedreieck), − ChemCoast (Norddeutschland), − ChemCologne (Rheinland), − ChemSite (Ruhrgebiet) und die − IBC (Bayern). Viele Chemiestandorte, vor allem in der Region um Frankfurt, sind bisher nicht in regionalen Initiativen organisiert (vgl. INVEST IN GERMANY GMBH 2006A: 8). 4 Als Cluster werden in diesem Zusammenhang „räumlich konzentrierte, über Zuliefer-, Absatz- und Konkurrenzbeziehungen miteinander verflochtene Unternehmen“ der chemischen Industrie bezeichnet (vgl. BATHELT ET AL. 2004: 69). 9 2.3 CHEMIESTANDORT BAYERN Kapitel 2.3.1 vermittelt einen Überblick über die Entwicklung und den Stellenwert der Chemieindustrie innerhalb Bayerns. Kapitel 2.3.2 stellt den Untersuchungsraum BC und Kapitel 2.3.3 die IBC vor. 2.3.1 ENTWICKLUNG DER CHEMISCHEN INDUSTRIE IM ZEITVERLAUF Gemessen an Umsatz und Beschäftigung ist die chemische Industrie nach dem Fahrzeugbau, der Elektroindustrie und dem Maschinenbau die viertgrößte Industrie Bayerns (vgl. BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE 2007: 15). Tabelle 2 vermittelt einen Überblick über die Entwicklung der chemischen Industrie in Bayern seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Anzahl der Betriebe ist bis heute um knapp ein Viertel auf 262 Betriebe zurückgegangen. Derzeit befinden sich etwa 20% aller deutschen Chemiebetriebe in Bayern. Die Anzahl der Beschäftigten hat sich bis in die 1990er Jahre mehr als verdoppelt. Seither ist sie jedoch auf 60.608 zurückgegangen. Rund 60% dieser Beschäftigten sind im Regierungsbezirk Oberbayern zu finden, wo sich die Chemiebetriebe räumlich stark in den beiden Wirtschaftsräumen München und Inn-Salzach konzentrieren. Bayerns Chemieindustrie verfügt über einen Anteil von elf Prozent am gesamtdeutschen Chemieumsatz und über einen Anteil von 12% an der Gesamtbeschäftigung in der Chemieindustrie. Im Vergleich mit den restlichen Bundesländern stellt Bayern demnach die zweitgrößte Chemieregion der BRD dar (vgl. STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE 2007: 46f.). Der Umsatz der Chemieindustrie Bayerns hat sich seit dem Jahr 1950 um den Faktor 40 auf EUR 14,8 Mrd. vervielfacht. Der Exportanteil der bayerischen Chemieindustrie ist seit dem Zweiten Weltkrieg kontinuierlich auf 52% angewachsen. Tab. 2: Chemische Industrie in Bayern im Zeitraum 1950 - 2006 JAHR BETRIEBE BESCHÄFTIGTE UMSATZ IN MIO. EUR EXPORTANTEIL IN % 1950 340 33.931 368 15* 1960 303 46.863 1.061 16 1970 315 63.350 2.638 28 1980 256 63.576 6.086 35 1990 260 70.110 9.635 42 2000 251 60.200 11.862 48 2006 262 60.608 14.830 52 2006 1.401 418.067 129.564 52 BRD GESAMT * Daten für das Jahr 1951 Quelle: Eigene Zusammenstellung nach VEREIN DER BAYERISCHEN CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. UND VCI LV BAYERN 1996: ANHANG, BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE 2006: 21 UND 2007: 47, BAYERISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 1954: 34 UND 2001: 204ff. 10 2.3.2 DAS BAYERISCHE CHEMIEDREIECK (BC) Die Chemiebetriebe des BC nehmen eine einflussreiche Stellung im regionalen Wirtschaftsgefüge ein und prägen diesen Raum, den MAUCH Ende der 1970er Jahre noch als „strukturschwach“ (1979: 5) bezeichnet. Aktuell ordnen HAAS ET AL. die betroffenen Landkreise in einer bayernweiten Clusteranalyse als „periphere industrielle Räume“ (2002: 96) ein. In der Fachpresse wird die Region aufgrund des enormen industriellen Potentiales als „der bedeutendste Wirtschaftsstandort der chemischen Industrie in Süddeutschland und eine der wirtschaftlich stärksten Regionen Deutschlands“ CHEMANAGER 2004: 9 bezeichnet. Anfangs verstand man unter dem BC ausschließlich die drei Standorte Burghausen, Burgkirchen/Gendorf und Trostberg (vgl. MAUCH 1979: 7). Heute werden dem gedachten geographischen Dreieck zahlreiche Chemieunternehmen der Standorte Töging, Waldkraiburg, Aschau, Schalchen und Hart hinzugezählt (vgl. EDERER ET AL. 2002: 2). Alle diese Standorte sind in den drei Landkreisen Altötting, Mühldorf und Traunstein angesiedelt. Zusammen mit den angrenzenden Landkreisen Berchtesgadener Land, Rosenheim und Stadt Rosenheim werden diese der Planungsregion Südostoberbayern zugerechnet. Die Region Südostoberbayern grenzt im Osten und Süden an die österreichischen Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und Tirol (vgl. REGIONALER PLANUNGSVERBAND SÜDOSTOBERBAYERN 2007A). Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Industrie wird am Bruttoinlandsprodukt (BIP)5 dieser drei Landkreise deutlich. Der Landkreis Altötting liegt mit einem Wert von 71.024 bayernweit auf dem siebten Platz. Das BIP des Landkreises Mühldorf ist mit einem Wert von 63.457 ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Einzig der Landkreis Traunstein liegt mit einem Wert von 55.887 um 6.815 Punkte unter dem bayerischen Durchschnitt (vgl. BAYERISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2007). Die Studie der BULWIENGESA AG (2005) beschäftigt sich ebenfalls mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Chemieindustrie für diese Region. Die Berechnung der regionalen Beschäftigungswirkung zeigt, dass ein Arbeitsplatz innerhalb des BC deutschlandweit über alle Branchen knapp zwei weitere Jobs sicherstellt. Mit Anteilen von 39% an den Industriearbeitnehmern und 42% am Industrieumsatz (2004) ist die chemische Industrie in den betroffenen Landkreisen „absolut strukturbestimmend“ (vgl. BULWIENGESA AG 2005: 17ff.). Ausschlaggebend für die Ansiedelung der energieintensiven Chemiebetriebe zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das starke Gefälle der Flüsse Inn und Alz und seine Nutzbarmachung in Form von elektrischem Strom (vgl. WITZMANN 1955: 171). Die starke wirt5 Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen 2005 11 schaftliche Entwicklung der Region geht auf den Ausbau der Rüstungsproduktion während der Weltkriege zurück. Mit dem Anschluss an die Transalpine Ölleitung (TAL) und der Ansiedelung der Marathon-Raffinerie in Burghausen Mitte der 1960er Jahre begann der Ausbau der petrochemischen Industrie im BC (vgl. WOLLER 1984: 34f., GYPTA 2007: 1f.). Seit dem Fall des Eisernen Vorhanges und der EU-Osterweiterung verfügt die Region wieder über eine zentrale geographische Lage innerhalb Europas und eine räumliche Nähe zu den südosteuropäischen Märkten. Als Folge des Strukturwandels der 1990er Jahre haben auch die ansässigen Chemieunternehmen in der Produktion den Fokus von Massengütern auf Spezialprodukte verlagert (vgl. PESCHKE ET AL. 1997: 16f.). Die Standortsituation im BC lässt sich nach WOLLER (1984: 54) und PESCHKE ET AL. (1997: 17) anhand von drei Faktoren charakterisieren: − Aufgrund fehlender Lagerstätten sind die Chemieunternehmen a priori auf die Einfuhr von Rohstoffen und Primärenergieträgern aus dem Ausland angewiesen. − Die infrastrukturelle Randlage erhöht die Transportkosten für den Bezug von Rohstoffen und Primärenergieträgern sowie den Absatz der Produkte. − Im Vergleich zu anderen Bundesländern fallen im Bereich der Elektrizitätsversorgung überdurchschnittlich hohe Verteilungskosten an. Das regionale Umfeld profitiert von den Einkommenseffekten und von den zahlreichen Dienstleistungs- und Zulieferbetrieben, die sich auf die Chemieindustrie spezialisiert haben. Jährlich verlassen rund 5,7 Mio. Tonnen Güter die Chemiebetriebe des BC. Der unzureichende Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wird anhand der fehlenden Fertigstellung der A94 und dem dringend notwendigen zweigleisigen Ausbau der Bahnanbindung deutlich (vgl. EDERER ET AL. 2002: 4f.) Auf der Strecke München – Burghausen werden immerhin rund ein Prozent des gesamten Frachtverkehrs der Railion Deutschland AG (2004) transportiert (vgl. BULWIENGESA AG 2005: 41). Stoff-, Energie- und Rohstoffverbundsysteme sind an und zum Teil auch zwischen den Produktionsstandorten vorhanden (siehe Kapitel 6.3.1). Nach eigenen Angaben verfügen die ansässigen Chemiebetriebe zusammen über einen jährlichen Energiebedarf von über fünf Milliarden Kilowattstunden (kWh), was in etwa dem Bedarf einer Stadt in der Größe Münchens entspricht (vgl. EDERER ET AL. 2002: 4f.). Die Chemiebetriebe weisen einen geschätzten Jahresumsatz von acht Milliarden EUR auf (vgl. CHEMANAGER 2006: 7f.). Die Erdölversorgung der chemischen Industrie im süddeutschen Raum wird mittels Pipelines aus Italien/Triest (TAL) und Russland sichergestellt. Der Osten und Nordosten Deutschlands wird ebenfalls mit russischem Erdöl beliefert. Die Chemiestandorte im Wes- 12 ten und Nordwesten der BRD beziehen das benötigte Erdöl über Pipelines aus Rotterdam. Auch die Versorgung mit Ethylen und Propylen ist für diese Standorte durch Pipelines sichergestellt (vgl. INVEST IN GERMANY GMBH ET AL. 2006B). Einzig die Chemiestandorte in Süddeutschland hatten bisher keine Möglichkeit, Ethylen aus dem europäischen Ethylenmarkt zu beziehen oder dort abzusetzen. Ein Verbund von sieben Chemieunternehmen6 hat sich mit dem Ziel der Planung und Betreibung einer 360 km langen Ethylenpipeline zwischen Münchsmünster und Ludwigshafen zur EPS Ethylen-Pipeline Süd GmbH & Co. KG zusammengeschlossen. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf EUR 150 Mio., wobei der Freistaat Bayern das Projekt mit 29,9% der Bausumme subventioniert (vgl. HANDELSBLATT 2006A: 23). Im September 2007 wurde mit dem Bau dieser Pipeline begonnen, die im Jahr 2008 fertig gestellt sein soll (vgl. EPS ETHYLEN-PIPELINESÜD GMBH & CO. KG 2007). Dieses Projekt ist von herausragender Bedeutung für die langfristige Standortsicherung des BC. Kurz nach der Genehmigung der Zuschüsse haben die Chemieunternehmen im BC bereits Folgeinvestitionen in Höhe von EUR 1,5 Mrd. zugesagt (vgl. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 2007A: 41). 2.3.3 INITIATIVE BAYERISCHES CHEMIEDREIECK (IBC) Die IBC ist eine Interessensvereinigung der chemischen Industrie vor Ort mit dem Ziel der Durchführung von unternehmensübergreifenden Maßnahmen von gemeinschaftlichem Interesse. Der Motor für dessen Gründung war die Initiierung eines Arbeitsprojektes des „Verbandes der Chemischen Industrie e.V. Landesverband Bayern“ (VCI LV) vor knapp zwei Jahren, in welchem Möglichkeiten und Chancen der Förderung sowie der langfristigen Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie im BC aufgezeigt wurden (vgl. GOLL 2007: 2). Der Projektauftrag für die Konzepterstellung der IBC wurde am 12.09.2006 durch den „Initiativkreis Chemiedreieck“ erteilt. Dieser besteht aus dem VCI LV und den Werk- und Standortleitungen von sechs Chemieunternehmen7 des BC. Mit der Leitung des Projekts wurden Herr Dr. Werner Goll und Herr Franz X. Völkl (VCI LV) beauftragt. Die konstituierende Sitzung der IBC fand am 25.04.2007 statt. Die IBC wurde auf der Basis gegenseitigen Vertrauens in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Die vorläufige Laufzeit des Projektes wurde auf drei Jahre festgelegt. Zwei Mal jährlich findet eine Mitgliederversammlung statt (vgl. GOLL 2007: 17). 6 Basell Polyolefine GmbH, BASF AG, Borealis Polymere GmbH, Clariant GmbH, OMV Deutschland GmbH, Vinnolit GmbH & Co. KG, Wacker Chemie AG 7 AlzChem Holding GmbH, BASF Construction Chemicals GmbH Trostberg, Borealis Polymere GmbH, InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG, OMV Deutschland GmbH, Wacker Chemie AG 13 Die Ziele der IBC sind wie folgt festgelegt (vgl. GOLL 2007: 9ff.): 1. Ausbau der Verkehrsinfrastruktur des BC, 2. Erhöhung des Bekanntheitsgrades des BC, 3. Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter im BC, 4. Kooperation der Unternehmen im BC, 5. Standortvermarktung und Neuansiedlung im BC. Zum ersten Ziel zählen vor allem unterstützende Maßnahmen für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur (A94, Bahn, Bundesstraßen), die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie des Medienverbundes (Strom, Gas und andere Medien), sowie die Nutzung möglicher logistischer Synergien durch Containerterminals. Für das zweite Ziel wird mit Hilfe eines Projektteams derzeit ein Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit des BC erarbeitet, um die Bekanntheit im deutschsprachigen Raum und innerhalb der EU zu erhöhen. Das dritte Ziel beschäftigt sich mit der bedarfsgerechten Qualifizierung und der Ausbildung in den klassischen Naturwissenschaften (Ingenieure, Facharbeiter und Chemikanten). Ziel 4 dient der Bündelung des politischen Potentiales, der Stärkung des Gemeinschaftsgefühles der Mitglieder und dem Beitritt weiterer Firmen in die IBC. In diesem Kontext sind Kontakte zu Politikern, örtlichen Wirtschaftsverbänden und wissenschaftlichen Instituten von besonderer Bedeutung. Ziel 5 bezieht sich auf den Ausbau der vorhandenen Netzwerke und die Einbindung der IBC in das Projekt „Cluster Chemie8“ der Bayerischen Staatsregierung. Die Neuansiedelung betrifft aufgrund der Verfügbarkeit von Freiflächen ausschließlich die Standorte Burgkirchen, Trostberg, Töging und Waldkraiburg. 8 Ziel dieses Projektes ist es, die Vernetzung zwischen Hochschulen und der chemischen Industrie zu erhöhen. Vor allem KMU, die in Bayern den größten Teil der Chemiebranche bestreiten, verfügen oft über zu wenig Kapital, um in Forschungsaktivitäten zu investieren (vgl. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 2007D: R1). Der Zeithorizont des Projektes wurde vorerst auf fünf Jahre festgelegt (vgl. BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE 2006: 14). 14 3. THEORETISCHER BEZUGSRAHMEN Der zentrale Untersuchungsgegenstand BC ist in einen komplexen Wirkungszusammenhang von unternehmerischen und wirtschaftsräumlichen Determinanten eingebunden. Kapitel 3 zielt darauf ab, dieses Wirkungsgefüge offen zulegen und dient als theoretische Grundlage für die wissenschaftliche Ausarbeitung des empirischen Analysekonzepts in Kapitel 4. In Kapitel 3.1 wird zunächst das externe Umfeld von Unternehmen abgegrenzt. In Kapitel 3.2 werden relevante Ansätze zur Analyse vertikaler Unternehmensintegration vorgestellt. Kapitel 3.3 beschäftigt sich mit der konkreten Ausgestaltung zwischenbetrieblicher Interaktion. 3.1 DAS EXTERNE UMFELD VON UNTERNEHMEN Jedes Unternehmen ist ein offenes System, welches mit seinem externen Umfeld interagiert. Dieses externe Umfeld ist mehrschichtig und einem ständigen Wandel unterworfen, wobei das Unternehmen im Mittelpunkt einer Reihe von konzentrischen Kreisen9 angesiedelt ist. Im direkten Kontakt mit dem Unternehmen steht die Aufgabenumwelt, die die tatsächlichen Interaktionen eines Unternehmens mit seiner Umwelt abbildet. Darauf folgt der Wirkungsbereich, der die potentiellen Akteure umfasst, mit denen das Unternehmen in Kontakt kommen könnte. Den äußersten Kreis bildet die Makroumwelt, die die gesellschaftliche und die globalen Umwelt beinhaltet (vgl. MCDERMOTT/TAYLOR 1982: 18). Abb. 2: Die Aufgabenumwelt eines Unternehmens Quelle: Eigene Darstellung nach DICKEN/LLOYD 1999: 221 9 DICKEN/LLOYD (1999: 220) bezeichnen das externe Umfeld eines Unternehmens auch „als eine Reihe von Ebenen, ähnlich den Häuten einer Zwiebel“. 15 Der Aufgabenumwelt kommt besondere Bedeutung zu, da sich diese primär auf Austauschprozesse in Form von Rohstoffen, Gütern und Informationen bezieht. Abbildung 2 verdeutlicht die Akteure der Aufgabenumwelt eines Unternehmens, die hier als Konkurrenten, Regulatoren und Gruppen mit Verhandlungsmacht bezeichnet werden. Im Kontext dieser Diplomarbeit sind letztgenannte als Zulieferer von Inputs bzw. als Abnehmer von Outputs des Unternehmens von zentraler Bedeutung. 3.2 ANALYSE VERTIKALER UNTERNEHMENSINTEGRATION In diesem Kapitel werden unterschiedliche Ansätze und Begrifflichkeiten zur Analyse vertikaler Unternehmensintegration vorgestellt sowie deren Vor- und Nachteile erläutert (Kapitel 3.2.1). Besondere Beachtung finden das Wertesystem nach PORTER (Kapitel 3.2.2) und das Filière-Konzept (Kapitel 3.2.3). 3.2.1 ERSTE ANSÄTZE ZUR ANALYSE VERTIKALER UNTERNEHMENSINTEGRATION Als Basis für die Untersuchung räumlicher Wertschöpfungsprozesse ist es zunächst notwendig, den Begriff Wertschöpfung abzugrenzen. PORTER grenzt Wertschöpfung sehr eng ab, indem er diese als „Verkaufspreis minus Einkaufspreis der Rohstoffe“ (2000: 70) bezeichnet. Er kritisiert hier, dass sich diese Definition zu sehr auf Rohstofflieferanten konzentriert. Inputs von weiteren Lieferanten werden außer Acht gelassen. DE MIROSCHEDJI (2002: 124) definiert Wertschöpfung allgemeiner und sieht darin den vom Unternehmen geschaffenen Wert. Wertschöpfung entspricht hier der Gesamtleistung eines Unternehmens minus der extern hinzugefügten Vorleistungen. Die empirischen Wertschöpfungsberechnungen dieser Diplomarbeit verknüpfen diese beiden Definitionen, indem das Umsatzvolumen eines Unternehmens um das Beschaffungsvolumen vermindert wird. Der optimale Wertschöpfungsgrad eines Unternehmens ist individuell unterschiedlich und orientiert sich an der jeweiligen Art des Unternehmens sowie an den jeweiligen Unternehmenszielen. Tabelle 3 gibt einen allgemeinen Überblick über mögliche Vor- und Nachteile einer vertikalen Unternehmensintegration. Verglichen mit anderen Wirtschaftszweigen des verarbeitenden Gewerbes blieb der Grad der vertikalen Integration der Wertschöpfungsketten in der deutschen Chemieindustrie der 1990er Jahre relativ konstant. Als Gründe hierfür werden von SCHUMM/BECKER (2001: 119f.) die intensive Verbundproduktion, die hohen Qualitätsansprüche der Chemieindustrie und die vermehrte Bildung von Gemeinschaftsunternehmen genannt. 16 Tab. 3: Vor- und Nachteile vertikaler Unternehmensintegration NACHTEILE VORTEILE Produktdifferenzierungsmöglichkeiten Ausbau der Marktmacht Verbesserte Kontrollmöglichkeiten Sicherung von Absatz- und Beschaffungsmarktzugang Know-How Zugang zu zukunftssichernde Technologien Kosteneinsparungspotentiale durch Umgehung des Marktes Eventuelle Kostennachteile aufgrund fehlender Größenvorteile Reduktion der Unternehmensflexibilität Anstieg des Kapitalbedarfes Kapazitätsabstimmungsprobleme und erhöhter Koordinationsaufwand Erschwerter Zugang zu externem Know-How Quelle: HESS 1998: 64 (NACH MITZKAT 1996: 24), leicht verändert Abbildung 3 vermittelt einen Überblick über die Vielzahl von Begriffen und Ansätzen, die sich in der wirtschaftsgeographischen Fachliteratur mit der Analyse von vertikaler Unternehmensintegration beschäftigt haben. Einer der ersten Ansätze ist die „Wirtschaftsformation“ nach WAIBEL (1927). Eine Wirtschaftsformation bezeichnet Betriebsstätten einer bestimmten Wirtschaftsform (z.B. Landwirtschaft), die „in einem gegebenen Raum dominant sind“ (SCHAMP 2000: 28). Als überwiegend statisches Konzept stellt sie einen der ersten Versuche zur Beschreibung der regionalen Clusterbildung von Industrien dar (vgl. SCHAMP 2000: 28f.). Im Kontext dieser Diplomarbeit ist es sinnvoll, sich auf den Ansatz der Wertkette (Kapitel 3.2.2) und der Filière (Kapitel 3.2.3) zu beschränken. Abb. 3: Ansätze und Begrifflichkeiten zur Analyse vertikaler Unternehmensintegration ANSATZ/BEGRIFFLICHKEITEN Global Production Chain, Global Production Network Wertkette und Wertesystem (Value Chain) Filière Global Commodity Chain Commodity Chain Value-Added Chain Wirtschaftsformation ERWÄHNUNG DURCH HENDERSON ET AL. (2002) PORTER (2000) LENZ (1997) GEREFFI (1994) STORPER (1992) JOHNSTON/LAWRENCE (1988) WAIBEL (1927) Quelle: Eigene Zusammenstellung 2007 3.2.2 WERTKETTE UND WERTESYSTEM NACH PORTER Das PORTER’sche Modell der „Wertkette“ konzentriert sich zunächst auf die unternehmensinterne Sichtweise, indem der Gesamtwert der unternehmerischen Leistung eines Unternehmens in neun Wertaktivitäten und eine Gewinnspanne10 zerlegt wird. Die Wertaktivitäten unterteilt PORTER in primäre und unterstützende Tätigkeiten. Primäraktivitäten beinhalten überwiegend Funktionen der physischen Leistungserstellung. Unterstützende Tätigkeiten beschreiben administrative Aufgaben, welche die reibungslose Abwicklung der Primäraktivitäten sicherstellen. PORTER zielt in seinen Ausführungen hauptsächlich auf die Generierung von Wettbewerbsvorteilen ab. Er betont, dass eine Analyse der Wertketten 10 Die Gewinnspanne kann der in Kapitel 3.2.1. definierten „Wertschöpfung“ gleichgesetzt werden. 17 nur auf der Ebene einzelner Unternehmen einer Branche sinnvoll sei. Die externen Verflechtungen eines Unternehmens bleiben zunächst unbeachtet (vgl. PORTER 2000: 63f.). Abb. 4: Das Wertesystem nach PORTER Quelle: PORTER 2000: 64 In Abbildung 4 wird deutlich, dass die Wertkette eines Unternehmens wiederum in das lineare „Wertesystem“ eingebettet ist. Dieses umfasst einerseits die dem Unternehmen vorgelagerten Wertketten der Lieferanten als auch die dem Unternehmen nachgelagerten Wertketten der Abnehmer. PORTER sieht im Wertesystem eine Möglichkeit zur Analyse der vertikalen Unternehmensintegration, welche er als „die Arbeitsteilung zwischen einem Unternehmen und seinen Lieferanten, Vertriebskanälen und Abnehmern“ PORTER 2000: 89 bezeichnet. Einem Unternehmen steht demnach offen, inwieweit Aktivitäten intern oder extern ausgeführt werden. Die Effekte, die durch die externen Verflechtungen eines Unternehmens ausgelöst werden, werden auf der Zulieferseite als „Rückwärtskopplungseffekte“ und auf der Absatzseite als „Vorwärtskopplungseffekte“ bezeichnet (vgl. KULKE 2006: 42). Basiert PORTERS Modell ursprünglich auf der Analyse der ökonomischen Aktivitäten eines Unternehmens, so wurde das Konzept von anderen Autoren auch zur Analyse ganzer Branchen eingesetzt. Derartige Branchenanalysen werden vor allem hinsichtlich der Nichtbeachtung von horizontalen Unternehmenskooperationen kritisiert (vgl. PAROLINI 1999: 61ff., MAITLAND ET AL. 2002: 488). Nach ZERDICK ET AL. (2001: 32) ermöglicht das Wertesystem erstmals Verknüpfungsmöglichkeiten mit anderen ökonomischen Teilkonzepten, die bis dato nebeneinander existierten. An dieser Stelle wird ein starker Bezug zur Netzwerk- und zur Transaktionskostentheorie deutlich (siehe Kapitel 3.3). Der Fokus dieser Diplomarbeit liegt in der räumlichen Konfiguration von Wertschöpfungsaktivitäten, die PORTER (1989: 25) als die „geographische Streubreite“ bezeichnet. Damit meint PORTER die geographische Verteilung der Aktivitäten der Wertkette auf unterschiedliche Regionen oder Länder. Er stellt fest, dass vorgelagerte Wertketten eines Unternehmens zumeist unabhängig vom Absatzmarkt angesiedelt sind. Im Gegensatz dazu befinden sich nachgelagerte Wertketten häufig in geographischer Nähe zum Kunden (vgl. PORTER 1989: 24f.). Wertschöpfungsaktivitäten können demnach sowohl global verteilt als auch lokal konzentriert auftreten. Im Zuge der Globalisierung steigt die globale grenzüber- 18 schreitende Konfiguration von Wertschöpfungsaktivitäten. Bei der Überwindung geographischer Distanzen spielen Transport- und Telekommunikationstechnologien eine große Rolle. Trotzdem überwiegt eindeutig die räumliche Konzentration von ökonomischen Aktivitäten (vgl. DICKEN 1999: 10f.). 3.2.3 DAS FILIÈRE-KONZEPT Das Filière-Konzept wurde in den 1970er Jahren von französischen und schweizerischen Wissenschaftern konzipiert. Es stellt eine Erweiterung der PORTER’schen Wertkette dar und verfügt daher über gewisse Analogien zum PORTER’schen Wertesystem. Das FilièreKonzept ermöglicht durch die produktbezogene Sichtweise eine strukturierte Betrachtung von Produktions- und Distributionsabläufen. Ein Filière ist vor allem ein deskriptives, meso-ökonomisches Analyseinstrument. Aufbauend auf den damit festgestellten Strukturen können weitere Analysen abgeleitet und Hypothesen erstellt werden (vgl. LENZ 1997: 20f.). Angesichts der Zunahme von räumlichen und sektoralen Verflechtungen verschiebt sich hier der wirtschaftsgeographische Fokus von der Analyse einzelner Segmente auf die funktionalen Verflechtungen zwischen diesen Segmenten und den einzelnen Akteuren (vgl. HESS 1998: 86ff., STAMM 2004: 12). Charakteristisch für das Filière-Konzept ist die Aufteilung der Wertkette in Segmente (siehe Abbildung 5). Jedes Segment beinhaltet den Dreisatz „Input-Transformation-Output“ und stellt einen zusammenhängenden Produktionsabschnitt dar (vgl. LENZ 1997: 21). So bezieht das Filière-Konzept neben den unternehmensinternen Abläufen auch das Umfeld der Kettensegmente und somit die jeweiligen Schnittstellen mit ein (vgl. KULKE 2006: 63, TUCHER 1999: 8, LENZ 1997: 20f.). Indem die Versorgung an diesen Schnittstellen sowohl unternehmensintern als auch unternehmensextern erfolgen kann, wird der Bezug zur Transaktionskostentheorie deutlich (vgl. HESS 1998: 86). Einem Segment können demnach unterschiedlichste Liefer- und Absatzverflechtungen zugeteilt werden (vgl. SCHAMP 2000: 30). Im Gegensatz zum linearen Wertesystem können mit Hilfe des FilièreKonzepts alle relevanten Beziehungen und Akteure aufgedeckt werden (vgl. NUHN 1993: 141). Abb. 5: Das Filière-Konzept Quelle: Eigene Darstellung 2007 (nach LENZ 1997: 22, KULKE 2006: 63) 19 SCHAMP (2000: 32) versteht das Filière-Konzept als dynamisches System, in welchem die einzelnen Segmente und Märkte einem ständigen Wandel unterworfen sind. Von besonderer Bedeutung sind die hierarchischen Dominanz- und Abhängigkeitsstrukturen innerhalb der Filières (vgl. NUHN 1993: 138f.). Nach HUGON (1988: 665ff.) besteht eine wichtige Aufgabe darin, „strategische Knotenpunkte“ auszumachen, von denen die gesamte Produktions- und Distributionskette dominiert werden kann. Filières können anhand von Organisationsformen, Produkten, zeitlichen Perioden und Raumbezügen abgegrenzt werden (vgl. NUHN 1993: 139, SCHAMP 2000: 30). Der hohe Komplexitätsgrad von Filières wird speziell in der empirischen Umsetzung deutlich, wenn die betrachteten Segmente, Dienstleistungs- und Warenströme unterschiedliche Rohstoffe und Endprodukte zum Gegenstand haben (vgl. STAMM 2004: 13). Kurze Filières finden sich vor allem im Agrarsektor, lange Ketten mit den vielfältigsten divergierenden und konvergierenden Verbindungen sind in erster Linie in der Industrie zu finden (vgl. LENZ 1997: 23). LENZ (1997: 29) betont, dass Filières zwar als Analyseinstrument auf der Mikro- und der Makroebene verwendet werden, „das Filière-Konzept ist dabei ohne expliziten Raumbezug, d.h. räumliche Aspekte sind kein ausdrücklicher Gegenstand des Ansatzes. Vielmehr stellen die Segmente […] Stadien der Produktion oder Distribution dar, in die Einzelbetriebe oder Gruppen von Betrieben mit gleichen oder ähnlichen Aktivitäten eingebunden sind. Eine Gleichsetzung der Begriffsinhalte von Segment und Standort ist nicht möglich. Dennoch hat jede Filière gewissermaßen automatisch eine räumliche Struktur, da die Segmente bzw. die Elemente, die die Segmente ausmachen, im Raum, d.h. an einem Standort, vorhanden sind.“ LENZ 1997: 29 Die Analyse des einzelnen Standortes stellt nach LENZ (1997: 30f.) nur ein Teilziel der empirischen Umsetzung dar. Vielmehr steht die Veranschaulichung exemplarischer Filières im Mittelpunkt des Interesses. So kann gezeigt werden, wie Standorte bzw. Unternehmen miteinander in Beziehung stehen. LAMBOOY (1985: 7f.) greift die räumliche Sichtweise auf, indem er das Filière-Konzept mit der Wirtschaftsformation nach WAIBEL (siehe Kapitel 3.2.1) verknüpft. Er spricht von „filières formations“, wenn innerhalb einer Region Unternehmen mittels Produktions- und Dienstleistungsaktivitäten verflochten sind. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass zur Untersuchung von Produktionsverflechtungen im räumlichen Kontext unterschiedliche wirtschaftsgeographische Ansätze zur Verfügung stehen. Die Wahl des jeweiligen Ansatzes hängt sehr stark von der Komplexität der Fragestellung und der jeweiligen Datengrundlage ab. Das Wertesystem nach PORTER und das Filière-Konzept bilden im Kontext dieser Diplomarbeit die theoretische Grundlage für das empirische Analysemodell der Untersuchung der räumlichen Konfiguration von Liefer- und Absatzbeziehungen der Mitglieder der IBC in Kapitel 4. 20 3.3 NETZWERKE IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN MARKT UND HIERARCHIE Kapitel 3.3 beschäftigt sich mit theoretischen Modellen zur Analyse unternehmensübergreifender Geschäftsbeziehungen. Kapitel 3.3.1 zeigt die Zusammenhänge zwischen Transaktionskostentheorie und Netzwerktheorie auf, welche anschließend in den Kapiteln 3.3.2 und 3.3.3 detailliert beleuchtet werden. 3.3.1 ZUR VERKNÜPFUNG VON NETZWERKTHEORIE UND TRANSAKTIONSKOSTENTHEORIE Grundsätzlich kann zwischen interorganisationalen Netzwerken (zwischen verschiedenen Unternehmen) und intraorganisationalen Netzwerken (innerhalb eines Unternehmens) unterschieden werden (vgl. STRAUSS/BRUHN 2003: 8). Der Fokus dieser Diplomarbeit liegt auf der Analyse interorganisationaler Netzwerke. Zur Beschreibung dieser Verflechtungen bieten sich sowohl die Transaktionskostentheorie als auch die Netzwerktheorie an. Abbildung 6 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen unternehmensübergreifenden Netzwerken im Spannungsfeld zwischen den Extremformen der Tranksaktionskostentheorie Markt und Hierarchie. Interorganisationale Netzwerke entstehen nach SYDOW (1995: 160f.) aufgrund von unternehmerischen Externalisierungs- und Internalisierungsbestrebungen. Externalisierung beschreibt die partielle Auslagerung betrieblicher Funktionen und somit die Verringerung der Wertschöpfungstiefe. Internalisierungsbestrebungen zeichnen sich dadurch aus, dass Geschäftsbeziehungen mit neuen Kooperationspartnern eingegangen werden. Abb. 6: Netzwerke im Spannungsfeld zwischen Markt und Hierarchie Quelle: STRAMBACH 1995: 85 Im Kontext dieser Diplomarbeit wird das Netzwerk zwischen den Mitgliedern der IBC sowohl hinsichtlich formeller und als auch informeller Kontakte einer detaillierten Analyse unterworfen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Strukturanalyse und Quantifizierung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Mitgliedern der IBC an den jeweiligen Standorten. 21 3.3.2 CHARAKTERISTIKA DER TRANSAKTIONSKOSTENTHEORIE Die Transaktionskostentheorie ist dem Bereich der Neuen Institutionenökonomie zuzuordnen und stellt einen Ansatz zur Erklärung der Organisation von Geschäftsbeziehungen auf einzelwirtschaftlicher Ebene dar. Den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Transaktionskostentheorie bildet die Arbeit von COASE (1937), in der dieser Unternehmen dadurch definiert, welche Produktionsschritte unternehmensintern durchgeführt werden und welche Produktionsschritte unternehmensextern an andere Akteure ausgelagert werden. Besonders WILLIAMSON (1979) hat diesen Ansatz in den 1970er und 1980er Jahren erweitert. Die make-or-buy-Thematik stellt sich wie folgt dar: Sowohl Markttransaktionen als auch die unternehmensinterne Leistungserstellung (Hierarchie) verursachen Kosten. Das Ziel ökonomischen Handelns besteht demnach darin, Transaktionen unter den Akteuren optimal auf diese beiden Extremformen auszurichten, sodass die Transaktionskosten möglichst gering bleiben (vgl. HESS 1998: 60, BATHELT/GLÜCKLER 2002: 155f., NOLLERT 2005: 28). Transaktionskosten umfassen nach KULKE „Kosten für die Informationssuche, Anbahnung, Vereinbarung, Organisation, Kontrolle und Sicherung der Beziehungen zwischen den Vertragspartnern.“ KULKE 2006: 183 Der Transaktionskostenansatz geht von drei Verhaltensannahmen aus, die dem Bild des neoklassischen homo oeconomicus klar widersprechen. Das Prinzip der begrenzten Rationalität und des Opportunismus stellen die zentralen sozialen Faktoren dar (vgl. NOLLERT 2005: 29). Als dritte Verhaltensannahme wird die Risikoneutralität der Akteure genannt (vgl. HESS 1998: 61). Transaktionen lassen sich anhand von drei Dimensionen charakterisieren (vgl. SCHMOLY 2005: 12): 1. Der Häufigkeit, mit der die Transaktion vorgenommen wird, 2. Dem Ausmaß an Unsicherheit, 3. Die Spezifität bestimmter Investitionen. Sowohl die Häufigkeit als auch der Grad der Unsicherheit bestimmen über die Koordinationsform einer Transaktion. Je größer die Unsicherheit und je häufiger die Transaktion durchgeführt wird, desto eher wird die Transaktion vertikal in das Unternehmen integriert (vgl. HESS 1998: 61f.). Das relevanteste Merkmal einer Transaktion ist nach WILLIAMSON (1990: 85) die Spezifität, die sich im Lauf einer Geschäftsbeziehung ändern kann. Unspezifische (standardisierte) Leistungen werden über den Markt bezogen. Bei häufig vorkommenden, hochspezifischen Transaktionen ist es effizient, die Leistung unternehmensintern zu erstellen. 22 SCOTT (1988: 17ff.) hat den Transaktionskostenansatz um die räumliche Perspektive erweitert, indem er feststellt, dass Transaktionskosten zwischen Unternehmen durch räumliche Nähe vermindert werden können. Durch die Organisation der Produkterstellung in räumlicher Nähe sind regelmäßige face-to-face-Kontakte möglich und die Kosten der Informationssuche, der Anpassung und der Kommunikation können reduziert werden. Die Bildung von Vertrauen in die Zuverlässigkeit anderer Unternehmen vermindert die Unsicherheit und die Wahrscheinlichkeit von opportunistischem Verhalten. Bei kritischer Betrachtung ist der Transaktionskostenansatz allerdings nur bedingt geeignet, um die Zwischenformen der Unternehmenskooperation zu erklären. SHAN (1990: 130) betont, dass bei der Initiierung von Kooperationsbeziehungen der Einbezug von Transaktionskostenüberlegungen zwar notwendig ist, aber explizit keine Voraussetzung dafür darstellt. In diesem Zusammenhang verweist NOLLERT (2005: 32) auf die schwierige Operationalisierung von Transaktionskosten sowie die Vernachlässigung von struktureller und kultureller Einbettung der Akteure. Neben rein ökonomischen Beziehungen sind auch andere Formen von Unternehmensbeziehungen von Bedeutung. Für die Untersuchung dieser zusätzlichen Aspekte verweisen HAAS/NEUMAIR (2005: 562) auf die Netzwerktheorie. 3.3.3 UNTERNEHMENSNETZWERKE ALS FORM KOOPERATIVER ZUSAMMENARBEIT Indem Netzwerke eine Kombination aus Markt- und Hierarchieorganisation darstellen, können diese zur Verminderung von Transaktionskosten beitragen (vgl. NOLLERT 2005: 33). Sie beschreiben den Rahmen für die Organisation zwischenbetrieblicher Kooperationsformen. Der Leitgedanke der Netzwerktheorie besteht darin, dass ökonomisches Handeln nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern immer in den sozialen Kontext der Akteure eingebettet ist (vgl. PFÜTZER 1995: 52). Diese Diplomarbeit basiert auf der Definition nach SYDOW (1992: 78f.): „Ein Unternehmensnetzwerk stellt eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform ökonomischer Aktivitäten dar, die sich durch komplex-reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhängigen Unternehmungen auszeichnet.“ SYDOW 1992: 79 Ein derartiges Netzwerk ist sowohl branchenintern als auch branchenübergreifend denkbar (vgl. CORSTEN 2001: 4). Ein Netzwerk an sich ist aus Knoten und Kanten aufgebaut. Als Knoten werden die Akteure eines Netzwerkes bezeichnet. Akteure können sowohl Individuen, Gruppen, Organisationen und Nationen sein. Kanten beschreiben die zwischen den Akteuren stattfindenden Beziehungen, Aktivitäten oder Interaktionen (vgl. KUTSCHKER/SCHMID 2002: 518). Unternehmensnetzwerke können bezüglich der Einflussgrö- ßen (Branche, Ziel der Zusammenarbeit etc.) in ihrer Ausprägung sehr unterschiedlich 23 ausgestaltet sein. Dennoch können vier wesentliche Charakteristika von Netzwerken festgestellt werden (vgl. HESS 1998: 66f., REHNER 2003: 79f., HAAS/NEUMAIR 2005: 563f.): 1. Reziprozität, 3. Interdependenz, 2. Lose Verflechtungen, 4. Machtasymmetrien. Als Reziprozität werden die wechselseitigen Austauschbeziehungen zwischen den Akteuren bezeichnet. Netzwerkbeziehungen sind grundsätzlich langfristig ausgerichtet (vgl. BLAU 1964: 6). Da vielfach keine rechtsverbindlichen Grundlagen der Zusammenarbeit in Netzwerken existieren, betont KADRITZKE (1999: 75) die Bedeutung von Vertrauen. Die gegenseitigen Beziehungen sind vielfach über informelle Arrangements geregelt (vgl. HESS 1998: 66). Im Gegensatz zur hierarchischen Organisation werden die Unternehmen in einem Netzwerkes durch lose Verflechtungen zusammen gehalten. Die Unternehmen agieren rechtlich und wirtschaftlich selbständig und der Grad der vertikalen und horizontalen Integration bleibt gering. Dadurch wird vermieden, dass die Akteure im Zeitverlauf in eine feste lock-in Situation geraten, welche die Flexibilität des Netzwerkes und die Offenheit nach außen stark einschränken würde (vgl. GRABHER 1993: 9). Lose Verflechtungen ermöglichen Redundanzen11 sowie kollektive Innovations- und Lernprozesse (vgl. PFÜTZER 1995: 55). Im Gegensatz zu reinen Marktbeziehungen und Hierarchien entstehen in Netzwerkbeziehungen wechselseitige Abhängigkeitsverhältnisse. Diese Anpassungsprozesse werden als Interdependenz bezeichnet. Interdependenzen erhöhen die Stabilität des Netzwerkes und werden im Kontext mit der Generierung von Synergieeffekten genannt (vgl. HESS 1998: 67, REHNER 2003: 79). HÅKANSON/JOHAN-SON (1993: 40) stellen einen direkten Zusammenhang zwischen der Dauer von Netzwerkbeziehungen und dem Grad der Interdependenz fest. Machtasymmetrien stellen ein konstitutives Merkmal von ökonomischen Netzwerken dar. Sie können die Komplexität von Koordinationsprozessen reduzieren und sind daher für die Handhabung von Interdependenzen notwendig. Die Akteure versuchen, im Verlauf der Zusammenarbeit die eigene Machtposition zu optimieren (vgl. HÅKANSON/JOHANSON 1993: 42). SCHAMP (2000: 68) kritisiert die Methodik des Netzwerkansatzes dahingehend, dass Netzwerke oft nicht eindeutig abgegrenzt werden können. Zusätzlich weist SCHAMP darauf hin, dass Netzwerke vermutlich einem Lebenszyklus unterliegen und Fragen nach der Erhaltung und dem Ende von Netzwerken vielfach unberücksichtigt bleiben. 11 Im Falle des Ausscheidens eines Akteurs gewährleisten diese Mehrfachverbindungen, dass das Netzwerk nicht zusammenbricht. Überschüssige Ressourcen werden innerhalb des Netzwerkverbundes dorthin verteilt, wo diese sinnvoll eingesetzt werden können (vgl. PFÜTZER 1995: 55, MAIER/TÖDTLING 1995: 85). 24 Die Netzwerktheorie wird stark durch den sozioökonomischen Forschungsansatz beeinflusst. Besonders GRANOVETTER (1985) kritisiert, dass ökonomisches Handeln nicht kontextfrei passiert und erweitert den Netzwerkansatz um das Konzept der „Embeddedness“. Als relationale Embeddedness wird die Qualität der Beziehung zwischen zwei Akteuren bezeichnet, strukturelle Embeddedness kennzeichnet die Qualität der Beziehungen zwischen mehreren Akteuren. Aufgrund der Reputation gegenüber Dritten wird so das Risiko des Opportunismus eingeschränkt. „Embeddedness in räumlicher Perspektive“ zeigt sich in unterschiedlichen Maßstabsebenen, indem der soziale Kontext von Unternehmen untersucht wird (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 160f.). In der Wirtschaftsgeographie wird Embeddedness in räumlicher Perspektive vielfach nur als lokales bzw. regionales Phänomen betrachtet (vgl. OINAS 1997: 29). Dabei spielt die nationale Ebene eine entscheidende Rolle. Empirische Studien belegen, dass die Verflechtungen zwischen Unternehmen und Kunden bzw. Zulieferern oft nicht lokal gebunden sind und häufig dispers über die gesamte nationalstaatliche Ebene verteilt sind (vgl. SCHAMP 2000: 93f.). Um die langfristige Zusammenarbeit in einem Netzwerkes zu sichern, weisen KUTSCHKER/SCHMID (2002: 528) darauf hin, dass an den Schnittstellen neue Organisationen ge- bildet werden müssen. Die IBC stellt im Sinne der Projektorganisation so eine Schnittstelle dar, die die Aktivitäten des Netzwerkes koordiniert und strategisch steuert (siehe Abbildung 7). Im Sinne von SYDOWS „Typologie interorganisationaler Netzwerke“ befindet sich die IBC genau dort, wo sich diese drei Netzwerktypen überlagern (vgl. SYDOW 2001: 301). Abb. 7: Einordnung der IBC in die Typologie interorganisationaler Netzwerke Quelle: SYDOW 2001: 301 (leicht verändert) Sowohl die Transaktionskostentheorie als auch die Netzwerktheorie zielen auf die Analyse von Austauschbeziehungen zwischen Organisationen ab. Ein weiteres Ziel dieser Diplomarbeit liegt in der Analyse der Geschäftsbeziehungen innerhalb der IBC. Der Grad der vertikalen Integration wird in der empirischen Untersuchung anhand der Unterscheidung zwischen gelegentlichen Kaufverträgen, langfristigen Lieferverträgen, Joint Ventures und Strategischen Allianzen gemessen. Nach SYDOW (1992: 104) werden gelegentlich statt- 25 findende Kaufverträge eindeutig der Marktkoordination zugeordnet. Langfristige Lieferverträge und Joint Ventures werden als Kooperationsformen des interorganisationalen Netzwerkes beschrieben. Mittels langfristiger Lieferverträge bleiben die beteiligten Unternehmen rechtlich selbständig, können jedoch kostengünstige Konditionen und Planungssicherheit erreichen (vgl. DICKEN 1999: 230f.). Joint Ventures werden in der Literatur oft nicht klar von der Strategischen Allianz und anderen Kooperationsformen abgegrenzt. Nach KUTSCHKER/SCHMID (2002: 240) ist ein Joint Venture als rechtlich selbständiges Gemeinschaftsunternehmen von mindestens zwei Partnern zu verstehen, in welches Kapital, Vermögen, Personal und/oder Wissen eingebracht werden. Joint Ventures können anhand von zahlreichen Kriterien12 differenziert werden. Von den genannten Kooperationsformen besitzen Strategische Allianzen nach KUTSCHKER/SCHMID (2002: 861f.) den höchsten Grad vertikaler Integration. Sie werden als strategische Zusammenarbeit bzw. als Partnerschaft von mindestens zwei Unternehmen bezeichnet, die in exakt definierten Geschäftsbereichen zusammenarbeiten, um durch gemeinsames Handeln ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Im Unterschied zu Joint Ventures wird bei einer Strategischen Allianz häufig auf Kapitalbeteiligungen sowie auf die Bildung von Gemeinschaftsunternehmen verzichtet. Bei Strategischen Allianzen bleiben die beteiligten Unternehmen rechtlich selbständig und es besteht ein stärkerer Abstimmungsbedarf als bei Joint Ventures, wo dieser vom Gemeinschaftsunternehmen übernommen wird (vgl. MÜLLERSTEWENS 1993: Sp. 4063ff.). 3.4 HERLEITUNG VON FORSCHUNGSFRAGEN Als „Wissenschaft von der räumlichen Ordnung und der räumlichen Organisation der Wirtschaft“ (SCHÄTZL 2001: 21) liegt der Fokus der Wirtschaftsgeographie im Sinne eines raumwirtschaftlichen Ansatzes auf der Analyse der räumlichen Verteilung von Wirtschaftsaktivitäten (Struktur), den Verflechtungsbeziehungen zwischen den Standorten (Interaktion) und deren zeitliche Veränderungen (Prozess). Mit der Einbettung der Wirtschaftsaktivitäten in regionale Netzwerke wird die netzwerktheoretische Sichtweise um die räumliche Analyseebene erweitert. Ein räumliches System wird nach WIRTH (1979: 105f.) als „Standortsystem“ bezeichnet, wenn zwischen den Standorten Beziehungen bestehen. Abbildung 8 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen einem Standortsystem und der räumlichen Dimension von Wertschöpfungsaktivitäten. 12 Die Autoren nennen hier die Zahl der Kooperationspartner, den sachlichen Kooperationsbereich, den Standort, den geographischen Kooperationsbereich, die Kooperationsrichtung, die Kapitalbeteiligung bzw. die Stimmrechtsbeteiligung und den zeitlichen Horizont der Kooperation. Für detaillierte Ausführungen wird an dieser Stelle auf KUTSCHKER/SCHMID (2002: 852ff.), WEDER (1989: 50ff.) und EISELE (1995: 17ff.) verwiesen. 26 Abb. 8: Die räumliche Dimension der Wertschöpfung innerhalb eines Standortsystems Quelle: TUCHER 1999:14 Ein Standort wird hier als Wertschöpfungsknoten bezeichnet, an dem Wertschöpfungsaktivitäten von unterschiedlicher Art und Intensität stattfinden. Diese Knoten können aus einer beliebigen Anzahl von Aktivitäten, Ressourcen und Akteuren bestehen. Über die Kanten des Netzwerks finden Austauschprozesse materieller Art (z.B. Güter, Vorprodukte) und immaterieller Art (z.B. Information) statt (vgl. HAAS/NEUMAIR 2005: 567). Im Unterschied zur unternehmensinternen Sichtweise TUCHERS (1999: 13f.) wird in dieser Diplomarbeit die unternehmensübergreifende Perspektive beleuchtet. Als Wertschöpfungsknoten wird ein Standort definiert, welcher durch seine spezifische Lage im Raum gekennzeichnet ist und an dem mehrere Mitglieder der IBC ansässig sind. Das hier vorgestellte Standortsystem beschreibt die räumliche Konfiguration von Wertschöpfungsprozessen der chemischen Industrie im BC. In dieser Diplomarbeit wird folgenden Forschungsfragen nachgegangen: I. Inwieweit werden die direkt vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsprozesse der Mitglieder der IBC im regionalen Umfeld ausgeführt? Basierend auf PORTERS Konzept der Wertekette und dem Filière-Konzept wird die Überlegung angestellt, die direkt vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsprozesse der Mitglieder der IBC in räumlicher Perspektive zu untersuchen. Der Schwerpunkt liegt auf der räumlichen Verortung der Liefer- und Absatzbeziehungen und somit auf der räumlichen Reichweite der interregionalen Beziehungen. Zur Beantwortung dieser Fragen werden in der empirischen Untersuchung die wirtschaftlichen Verflechtungen der Unternehmen mit der Region durch die wertmäßige Erfassung des Beschaffungs- bzw. des Umsatzvolumens im Wirtschaftsjahr 2006 in sieben räumlichen Maßstabsebenen analysiert. Demnach können Aussagen über den geldmäßigen Wert getroffen werden, der von den Unternehmen aus der Region bezogen wird bzw. aus den Unternehmen wieder in die Region abgesetzt wird. 27 II. Inwiefern finden quantitativ und qualitativ erfassbare Beziehungen zwischen den Mitgliedern der IBC statt? − Welcher Art sind diese Kontakte (formell/informell)? − Wie intensiv findet ein Güteraustausch zwischen diesen Unternehmen statt? Aufgrund der vorhandenen Pipelines und Medienverbundsysteme an und zwischen den Chemiestandorten im BC wird angenommen, dass die brancheninternen Geschäftsbeziehungen relativ stark sind. Welchen materiellen Wert diese Geschäftsbeziehungen umfassen, ist bisher noch nicht untersucht worden. Auf der Grundlage der gemeinsamen Historie sind sehr wahrscheinlich Vertrauensverhältnisse zwischen den Akteuren entstanden, die den Informations- und Warenfluss fördern. Die Vereinigung in der IBC ist ein Indiz für diesen Sachverhalt. Mit Hilfe einer Netzwerkanalyse zwischen den Mitgliedern der IBC werden das Ausmaß der wirtschaftlichen Geschäftsbeziehungen quantifiziert und Informationen über die Art der Beziehungen zwischen diesen Unternehmen festgehalten. Dies geschieht vor dem Hintergrund des transaktionsorientierten Ansatzes und der Netzwerktheorie. Ziel ist es, die Formen und Inhalte der brancheninternen Geschäftsbeziehungen zu erfassen und ein realitätsgetreues Abbild des Netzwerkes zu produzieren. Abb. 9: Modell der zu untersuchenden Akteursbeziehungen im BC Quelle: Eigene Abbildung 2007 Im Vorfeld der empirischen Erhebungen wurden mehrere Gespräche mit Herrn Dr. Willi Kleine, Herrn Klaus Millrath, Herrn Konrad Kammergruber (alle Wacker Chemie AG) und Herrn Dr. Werner Goll durchgeführt, um das wissenschaftliche Konzept zu erweitern und dieses an die Charakteristika des BC anzupassen. Abbildung 9 liefert eine schematische Visualisierung der zentralen Forschungsfragen und der zu untersuchenden Akteursbeziehungen. Im Kontext der IBC können vier Standorte identifiziert werden, an und zwischen denen ökonomische Aktivitäten seitens der ansässigen Chemieunternehmen stattfinden. Die Mitglieder der IBC unterhalten Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten und Kunden, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der Region ansässig sind. 28 4 EMPIRISCHES ANALYSEKONZEPT UND METHODISCHES VORGEHEN Zur Überprüfung der Forschungsfragen wird in Kapitel 4.1 ein empirisches Analysekonzept erstellt. Um den Forschungsgegenstand in all seiner Komplexität erfassen zu können, findet das methodische Vorgehen sowohl im Bereich der quantitativen Forschung (Kapitel 4.2) als auch im Bereich der qualitativen Forschung (Kapitel 4.3) statt. Anschließend werden in Kapitel 4.4 Kritikpunkte am methodischen Vorgehen angeführt. 4.1 EMPIRISCHES ANALYSEKONZEPT Aufgrund der Komplexität des Themas und dem geringen Stand seiner empirischen Erforschung versteht sich diese Diplomarbeit als explorative Regionalstudie. Die Methode der Triangulation wird zur Optimierung der Datenqualität angewandt. Die unterschiedlichen Methoden erfassen verschiedene Aspekte des Untersuchungsgegenstandes (vgl. FLICK 2004: 10ff.). Diese Kombination verhilft zu einem tieferen Verständnis und einer umfangreicheren Sichtweise als durch eine singuläre Herangehensweise möglich wäre (siehe Abbildung 10). Soweit möglich, wurden die Ergebnisse der empirischen Erhebung mit sekundärstatistischen Daten (wissenschaftliche Studien, branchenspezifische Publikationen, Unternehmensinformationen) verglichen bzw. ergänzt. Aufgrund der Aktualität des Themenbereiches sowie der kleinräumigen Ausdehnung des BC bot sich eine Analyse der Tagespresse an. Die sekundärstatistischen Erkenntnisse wurden bereits in Kapitel 2 verwendet und fließen auch in die folgenden Kapitel ein. Abb. 10: Methodische Triangulation Quelle: Eigene Darstellung 2007 Die gleichzeitige Verwendung von qualitativen und quantitativen Erhebungsmethoden ermöglicht eine zusätzliche Absicherung der Daten. Im Rahmen einer quantitativen Vollerhebung werden alle unternehmerischen Mitglieder der IBC erfasst, die im BC über eine 29 Produktionsstätte verfügen. Da auf diese Weise allein die unternehmensinterne Perspektive beleuchtet wird, sind lediglich quantitative Aussagen über die brancheninternen Geschäftsbeziehungen und über die räumlichen Maßstabsebenen der Liefer- und Absatzbeziehungen möglich. Personen, die aus unterschiedlichen Gründen im und mit dem BC zu tun haben, werden mittels qualitativen Experteninterviews befragt. Insofern wird der Themenbereich aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und entspricht der von FLICK (2004: 20f.; 2005: 81f.) geforderten „systematischen PerspektivenTriangulation“. Im Vordergrund steht die Erklärung eines Phänomens mit Hilfe von verschiedenen Perspektiven und methodischen Zugängen. Die gewonnen Daten können bei der Interpretation aufeinander bezogen werden. Abbildung 11 verdeutlicht den Perspektivenwechsel in der empirischen Erhebung und die dabei angewandte Untersuchungsmethode. Im Folgenden werden die methodischen Arbeitsschritte der Datenerhebung und der Datenauswertung für die quantitative und die qualitative Erhebung im Rahmen dieser Diplomarbeit näher erläutert. Abb. 11: Perspektivenwechsel innerhalb der empirischen Erhebung REGIONSEXPERTEN – METAEBENE Gutachter, Regionalplaner, Industrie- und Handelskammer, Verband Zugang: qualitativ WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG – REGIONSINTERNE PERSPEKTIVE Betroffene Landkreise und Gemeinden Zugang: qualitativ CHEMIEWIRTSCHAFT – UNTERNEHMENSINTERNE PERSPEKTIVE Standortleiter, Geschäftsführer, Abteilungsleiter Einkauf Zugang: qualitativ und quantitativ Quelle: Eigene Darstellung 2007 4.2 METHODISCHES VORGEHEN BEI DER QUANTITATIVEN UNTERSUCHUNG Kapitel 4.2 beschäftigt sich mit der Methodik (Kapitel 4.2.1), der Auswahl der Untersuchungseinheiten (Kapitel 4.2.2) und Datenauswertung (Kapitel 4.2.3) des quantitativen Teils der empirischen Erhebung. 4.1.1 BEGRÜNDUNG UND AUSWAHL DER METHODIK Der Fokus im quantitativen Untersuchungskonzept liegt auf einer detaillierten, wertmäßigen Analyse der brancheninternen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der IBC sowie in der Erfassung der räumlichen Dimensionen der Liefer- und Absatzregionen im Wirtschaftsjahr 2006. Als empirisches Untersuchungskonzept wurde ein teilstandardisierter Fragebogen entworfen (siehe Anhang 1). Die räumlichen Dimensionen der Liefer- und 30 Absatzregionen werden mit Hilfe der deskriptiven Statistik analysiert. Die brancheninternen Geschäftsbeziehungen werden mittels einer Netzwerkanalyse erfasst. Eine Netzwerkanalyse beschäftigt sich generell mit der Strukturbeschreibung von Beziehungen zwischen einzelnen Akteuren (vgl. PAPPI 1987: 18). Der Zweck einer Netzwerkanalyse besteht nach SCHNELL ET AL. „[…] in der Beschreibung und Erklärung von sozialen Beziehungen und daraus resultierenden Handlungen. Die Netzwerkanalyse zielt auf die Erfassung aller ein Netzwerk bildenden Einheiten und deren Relationen untereinander“. SCHNELL ET AL. 2005: 258 Demnach werden in einer Netzwerkanalyse relationale Daten erhoben und analysiert. SCOTT (1991: 3) betont, dass mit Hilfe einer Netzwerkanalyse nicht die spezifischen Eigenschaften der Akteure selbst, sondern die eines Systems von Akteuren beschrieben werden. Beziehungen verbinden Akteure zu Paaren und weiterführend zu größeren Beziehungssystemen. Eine Netzwerkanalyse eignet sich daher besonders um interpersonelle und interorganisationelle Verflechtungen transparent zu machen (vgl. NOLLERT 2005: 197). Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einem relationalen und einem positionalen Ansatz. Der relationale Ansatz konzentriert sich auf die Analyse der Art und Anzahl der Kanten und der Knoten in einem Netzwerk und somit auf die gegenseitige Verbundenheit der Akteure. Demgegenüber steht der positionale Ansatz, welcher nach gleichartigen Mustern in der Verkettung der Beziehungen sucht. In diesem Forschungsprojekt liegt der Fokus auf den Beziehungen zwischen den einzelnen Positionen im Netzwerk und somit auf dem relationalen Ansatz (vgl. JANSEN 2006: 67, BURT 1980: dargestellt in BENDER 1983: 34). Im Kontext der empirischen Sozialforschung kann hier nicht von einer „Netzwerktheorie“ gesprochen werden. Eine Netzwerkanalyse besitzt zwar inhaltliche Annahmen, allgemeine Hypothesen können jedoch nur bei speziellen Anwendungen dieser Analysemethode formuliert werden (vgl. SCHNELL ET AL. 2005: 258, HOLZER 2006: 33). 4.1.2 AUSWAHL DER UNTERSUCHUNGSEINHEITEN Für eine wissenschaftliche Untersuchung müssen Netzwerke auf einen realisierbaren Umfang beschränkt werden. In der Abgrenzbarkeit von Netzwerken liegt auch das zentrale Problem der Netzwerkanalyse: Wichtige Einheiten könnten ausgeschlossen werden (vgl. WASSERMAN/FAUST 1994: 30ff., LAUMANN ET AL. 1989: 63, SCHNELL ET AL. 2005: 260). Die Analyse von Strukturen ist nur dann möglich, wenn hinsichtlich der Problemstellung alle relevanten Beziehungen und Akteure erfasst werden können. JANSEN (2006: 71) weist darauf hin, dass Totalerhebungen lediglich für relativ kleine Gesamtheiten möglich sind. Nur wenn alle relevanten Einheiten des Netzwerkes als Informanten zur Verfügung stehen, ist eine Netzwerkanalyse sinnvoll. Die Nichtteilnahme einzelner Untersuchungsein- 31 heiten kann zu einem stark verzerrten Abbild des tatsächlichen Netzwerkes führen (vgl. LAUMANN ET AL. 1989: 63, SCHNELL ET AL. 2005: 260, JÜTTE 2006: 205). Die Auswahl der untersuchten Firmen fand in Absprache mit dem Sprecher der IBC statt. Aufgrund der geringen Grundgesamtheit (n = 22) wurde eine Vollerhebung aller Mitglieder13 angestrebt. Die Durchführung einer Stichprobe könnte keine allgemeingültigen Aussagen zu dem Forschungsgegenstand treffen. Mittels einer vollständigen Liste der Akteure ist die Datenerhebung direkt bei den einzelnen Akteuren des Netzwerkes erfolgt. In den vorbereitenden Gesprächen wurde betont, dass eine persönliche Vorstellung des Untersuchungskonzeptes bei den Mitgliedsunternehmen der IBC entscheidend für die Akzeptanz der Untersuchung und somit für den Rücklauf der Fragebögen sei. Aus diesem Grund wurde das Untersuchungskonzept im Vorfeld der postalischen Versendung bei allen 22 Unternehmen persönlich, per E-Mail sowie in Einzelfällen über nachbarschaftliche Kontakte der Standortleiter vorgestellt und das Einverständnis der betroffenen Unternehmen eingeholt. Die individualisierten Fragebögen wurden am 22.06.2007 mit einem Begleitschreiben von Herrn Professor Dr. Hans-Dieter Haas, Vorstand des Lehrstuhles für Wirtschaftsgeographie, und Herrn Dr. Werner Goll versandt. In dem Schreiben wurde auf die Relevanz der Untersuchung für die IBC hingewiesen und eine Bearbeitungszeit von zwei Wochen festgelegt. Tab. 4: Teilnehmende Unternehmen an den vier Standorten des BC TEILNEHMENDE UNTERNEHMEN STANDORT WALDKRAIBURG ASCHAU/TÖGING (WAT) TROSTBERG SCHALCHEN/HART (TSH) BURGKIRCHEN BURGHAUSEN Aleris Recycling (German Works) GmbH Chemtura Manufacturing Germany GmbH KRAIBURG Holding GmbH & Co. KG NIGU Chemie GmbH Nitrochemie GmbH AlzChem Hart GmbH AlzChem Trostberg GmbH BASF Construction Chemicals GmbH BASF Construction Polymers GmbH Clariant Produkte (Deutschland) GmbH Dyneon GmbH & Co. KG InfraServ Bayernwerk Gendorf GmbH InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG Klöckner Pentaplast GmbH & Co. KG Vinnolit GmbH & Co. KG Borealis Polymere GmbH Linde Gas Produktionsgesellschaft mbH & Co. KG OMV Deutschland GmbH Vinnolit GmbH & Co. KG Wacker Chemie AG ANZAHL 5 4 6 5 Quelle: Eigene Darstellung 2007 13 Die Wacker Chemie AG am Standort Burghausen wurde inklusive der verbundenen Unternehmen Alzwerke GmbH, Siltronic AG und Wacker Polymer Systems GmbH & Co. KG als ein Unternehmen erfasst. 32 Die teilnehmenden Unternehmen an den vier identifizierten Standorten werden aus Tabelle 4 ersichtlich. Nicht alle Unternehmen der IBC können direkt der chemischen Industrie zugeordnet werden14, sind jedoch aus der Historie des BC heraus eng mit den lokal ansässigen Chemieunternehmen verflochten. Die Mitglieder der IBC können somit als „chemieaffine“ Unternehmen“ bezeichnet werden. 4.1.3 VORGEHENSWEISE BEI DER DATENAUSWERTUNG Im Kontext der IBC handelt es sich um ein uniplexes Gesamtnetzwerk nach BARNES (1972), in dem ein bestimmter Beziehungstyp – hier die Geschäftsbeziehung – untersucht wird. Üblicherweise werden Netzwerke als Graphen dargestellt (vgl. PAPPI 1987: 13f.). Mithilfe von sogenannten „Soziogrammen“ können bewertete Beziehungen sehr anschaulich dargestellt werden. Neben der Information über die Richtung der Beziehung enthalten diese auch Angaben über die Stärke und die Intensität der Beziehung. Diese detaillierte Art der Netzwerkanalyse ist sehr aufwändig und wird deshalb in der Forschungspraxis nur selten angewandt. Meist beschränkt man sich auf die Darstellung der Existenz oder Nichtexistenz einer Beziehung (vgl. PAPPI 1987: 16, SCHNELL ET AL. 2005: 259). Mit einer steigenden Anzahl von Akteuren können graphische Darstellungen schnell unübersichtlich werden. Bei komplexen Netzwerken bietet sich die tabellarische Auflistung der Knoten und ihrer Beziehungen in einer „Soziomatrix“ an (vgl. SCOTT 1991: 67f., STRAUS 2002: 196, JANSEN 2006: 92f., HOLZER 2006: 34). Im Kontext dieser Forschungsarbeit wurde eine Graphendarstellung anhand eines Soziogramms gewählt. Die hier durchgeführte Netzwerkanalyse konzentriert sich auf die Analyse der Beziehungen zwischen den Akteuren an und zwischen den vier Standorten und nicht auf ihre persönlichen Merkmale. Ziel ist es, ein realistisches Abbild der Geschäftsbeziehungen innerhalb der IBC zu erstellen und zu visualisieren (vgl. JÜTTE 2006: 202). Um Bedenken hinsichtlich der Herausgabe von - teilweise sehr sensiblen - unternehmensinternen Daten im Vorfeld auszuräumen, wurde den chemieaffinen Unternehmen eine anonymisierte Dateninterpretation in räumlich aggregierter Form zugesichert. Bei der Auswertung erfolgt eine Verdichtung der Daten auf Standortebene. Somit sind keine Rückschlüsse auf einzelne Unternehmen möglich15. 14 Die Linde Gas Produktionsgesellschaft mbH & Co. KG ist als energieproduzierendes Unternehmen, die Aleris Recycling (German Works) GmbH als metallverarbeitendes Unternehmen und die OMV Deutschland GmbH als petrochemisches Unternehmen in der IBC vertreten. 15 Im Fall der Aleris Recycling GmbH als einziges Unternehmen am Standort Töging ist eine Konsolidierung der Daten mit dem Standort Waldkraiburg/Aschau vorgesehen (siehe Tabelle 4). Ausschlaggebend ist hier die geringe geographische Distanz zwischen den genannten Standorten. 33 4.3 METHODISCHES VORGEHEN BEI DER QUALITATIVEN UNTERSUCHUNG Kapitel 4.3 beschäftigt sich mit der Methodik (Kapitel 4.3.1), der Auswahl der Interviewpartner und Interviewsituation (Kapitel 4.3.2) und der Datenauswertung (Kapitel 4.3.3) des qualitativen Teils der empirischen Erhebung. 4.3.1 BEGRÜNDUNG UND AUSWAHL DER METHODIK Im qualitativen Untersuchungskonzept liegt der Fokus in der Vertiefung der Untersuchungsergebnisse der quantitativen Erhebung sowie in der intensiveren Beleuchtung einzelner Themenaspekte (vgl. WESSEL 1996: 135). Die Erhebung ist mittels Experteninterviews durchgeführt worden, die von MEUSER/NAGEL (1991: 441) als eine Anwendungsform des Leitfadeninterviews diskutiert werden. Die Verwendung eines Leitfadens zur Gesprächsstrukturierung ist unter anderem dann sinnvoll, wenn es sich um eine stark themenorientierte Fragestellung handelt (vgl. GIRTLER 1984: 154f.). Der Befragte steht nicht als individuelle Persönlichkeit, sondern als Experte für einen spezifischen Problembereich im Vordergrund. Durch die Ausarbeitung des Leitfadens vermittelt der Interviewer, dass er sich im Vorfeld mit dem Themenbereich auseinandergesetzt hat (vgl. LAMNEK 2002: 176). Der verwendete Interviewleitfaden (siehe Anhang 2) gibt eine grobe thematische Gliederung vor und besteht aus drei Themenbereichen. Individuelle Fragen wurden flexibel und fallspezifisch zur Vertiefung einzelner Sachverhalte eingefügt. Den Befragten wurde im Vorfeld das Forschungsvorhaben und das Untersuchungskonzept erläutert sowie der Interviewleitfaden zur Verfügung gestellt. 4.3.2 AUSWAHL DER INTERVIEWPARTNER UND INTERVIEWSITUATION Die Auswahl der Experten fand anhand der drei Perspektiven statt, die in Kapitel 4.1 bereits erläutert wurden. Um eine anonyme Interpretation der Aussagen zu gewährleisten wurden diese wie folgt mit einem Expertenkürzel versehen: W … für Wirtschaftsförderer der vom BC betroffenen Landkreise und Gemeinden. R … für Regionsexperten, die nicht zwingend im BC ansässig sind, aber über einen konkreten Bezug zum BC verfügen und somit die Region aus der Metaebene betrachten können. C … für Vertreter der chemierelevanten Unternehmen vor Ort. Dabei wurden entweder die Geschäftsführung und/oder Mitarbeiter aus den Bereichen Beschaffung und Controlling befragt. 34 Insgesamt wurden 15 Experteninterviews im Zeitraum vom 5. Juli 2007 bis 11. September 2007 durchgeführt (siehe Anhang 3), wobei es sich ausschließlich um einmalige Gespräche handelte. Die Interviews fanden überwiegend in den Geschäftsräumen der befragten Personen statt. Die Dauer der Interviews war abhängig von der Erzählbereitschaft und der zur Verfügung stehenden Zeit und betrug zwischen 35 Minuten und knapp zwei Stunden. Alle Interviews wurden digital erfasst und vollständig transkribiert. 4.3.3 VORGEHENSWEISE BEI DER DATENAUSWERTUNG Die Auswertung der empirisch erhobenen Daten aus den Expertengesprächen basiert auf den Methoden der qualitativen Sozialforschung nach LAMNEK (1995B): „Die Art und Weise der Auswertung steht in engem Zusammenhang mit der angewandten Erhebungsmethode und der dahinter stehenden theoretischen Zielsetzung. In der qualitativen Sozialforschung gibt es keinen Konsens über eine bestimmte anzuwendende Analysemethode, vielmehr wird angestrebt, dem jeweiligen Projekt eine an Thema und Erhebungsmethode orientierte Auswertungsmethode auf den Leib zu schneidern.“ LAMNEK 1995B: 114 Der Auswertungsprozess orientiert sich im Wesentlichen an der inhaltlich-reduktiven Methode von JUNGBAUER-GANS (1998, dargestellt in LAMNEK 1995B: 110ff.). Die Auswertung erfolgt primär anhand der drei Themenbereiche des Interviewleitfadens (siehe Anhang 2). Ziel dieser Vorgehensweise ist es, einen Überblick über die Fülle des Materials zu gewinnen und inhaltlich interessante Aspekte gezielt herauszufiltern. Getroffene Interpretationen und Resümees können so anschaulich und nachvollziehbar erarbeitet werden. In Abbildung 12 werden die vier Schritte des angewandten Auswertungsverfahrens schematisch dargestellt und im Anschluss kurz erläutert. Abb. 12: Methodisches Vorgehen bei der Auswertung der Experteninterviews I. II. III. IV. Transkription der Interviews Thematischer Verlauf Klassifizierung des Materials nach Personengruppen in Themenmatrizen Themenorientierte Darstellung Quelle: Eigene Darstellung 2007 Die Transkription der Interviews in Phase I ermöglicht Erkenntnisse, die auf den ersten Blick im Gespräch nicht erkennbar waren. Die digitalen Tonbandaufnahmen werden in ein einheitliches Transkriptionsschema übertragen. Es wurde eine Transkription in normales Schriftdeutsch gewählt, wobei es unvermeidbar war, Äußerungen in Dialekt vom Satzbau her leicht verändert zu erfassen. MAYRING 1996 (dargestellt in REUBER/PFAFFENBACH 1996: 155) argumentiert hierzu, dass die Sachinhalte der Aussagen im Vordergrund stehen und die konkreten sprachlichen Äußerungen vernachlässigt werden können. Ebenso wurden Elemente der kommentierten Transkription wie Gesprächspausen, lautes Lachen 35 sowie besondere Betonungen eines bzw. mehrerer Wörter erfasst. In diesem Zuge entstanden rund 100 Seiten Text. „Thematische Verläufe“ der Phase II im Sinne von JUNGBAUER-GANS ermöglichen einen Überblick über die Datenmenge, indem das gesammelte Material auf wesentliche Aussagen reduziert wird. Die Strukturierung der Kernaussagen erfolgt systematisch anhand der drei Themenbereiche. Zusätzliche bzw. neue Aspekte werden als weitere Themen hinzugefügt. Die für die Erhebung relevanten Äußerungen werden in eigenen Worten zusammengefasst und den einzelnen Themenblöcken zugeordnet. Wörtliche Zitate, die in diesem Kontext als besonders repräsentativ und bemerkenswert erscheinen, werden ebenfalls erfasst. So entsteht für jedes Interview ein „thematischer Verlauf“. In Phase III erfolgt eine Zusammenlegung aller in den Interviews angesprochenen Themen. Nach LAMNEK (1995A: 176) soll damit eine generalisierte Darstellung der Ergebnisse erreicht werden. Um einen besseren Überblick über die Aussagen zu erhalten und auch um die Vergleichbarkeit dieser zu ermöglichen, werden die einzelnen thematischen Verläufe in drei Gesamtmatrizen – jeweils eine pro Personengruppe - eingetragen. Die Matrizen aus Phase III dienen in Phase IV als heuristisches Mittel zu einer inhaltlichen Darstellung. Die Aussagen der Personengruppen zu einzelnen Themenbereichen werden zusammengefasst und einander gegenübergestellt. Bei der Interpretation der Ergebnisse erfolgt in Kapitel 6 zunächst keine Unterscheidung anhand der drei Personengruppen. Nur wenn deutliche Unterschiede erkennbar sind, wird explizit darauf hingewiesen. Für die Belegung prägnanter Aspekte wurden treffende Zitate aus den thematischen Verläufen (siehe Phase II) entnommen und in den Textverlauf eingefügt. Auf diese Weise können charakteristische Elemente des Interviews hervorgehoben und Interpretationen anschaulich und nachvollziehbar dargelegt werden. 4.4 KRITIK AM METHODISCHEN VORGEHEN An dieser Stelle werden mögliche Schwachpunkte der angewandten Methodik diskutiert. 4.4.1 KRITIKPUNKTE AN DER QUANTITATIVEN ERHEBUNG Grundlegend für den Erfolg einer quantitativen Forschung ist die Qualität der erhobenen Daten. Speziell bei schriftlichen Befragungen wird die Datenqualität als problematisch eingestuft, da die Befragungssituation nicht kontrollierbar ist. In erster Linie ist hier das 36 Risiko, dass einzelne Fragen unsorgfältig ausgefüllt werden, zu beachten. Eine Ausnahme bildet die schriftliche Befragung geschlossener, homogener Gruppen (vgl. ATTESLANDER 2006: 147ff.). Die IBC stellt so eine Gruppe dar. Für die Mitglieder sind die Ergebnis- se der Untersuchung von großem Interesse, was in den Gesprächen mit den Verantwortlichen der befragten Unternehmen vielfach betont wurde. Aus diesem Grund wird angenommen, dass die Daten vollständig und wahrheitsgemäß erhoben werden konnten. Die Aussagekraft des Forschungsprojektes wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die unvollständige Erfassung der Unternehmen sowie der teilweise Rückgriff auf Schätzungen sind aus den in Kapitel 5.1 aufgeführten Gründen zu vernachlässigen. 4.4.2 KRITIKPUNKTE AN DER QUALITATIVEN ERHEBUNG Entgegen der Diskussion über Validität und Reliabilität qualitativer Forschung ist in den letzten Jahren eine zunehmende Verbreitung qualitativer Methoden in wirtschaftsgeographischen Arbeiten zu verzeichnen. Dies ist im Kontext der zunehmenden Analyse von Prozessen, Beziehungen und Interaktionen zwischen Akteuren und einer Abwendung vom traditionellen, raumwirtschaftlichen Forschungsansatz zu sehen (vgl. HEALEY/RAWLINSON 1993: 345). Im Themenbereich der „Embeddedness“ sind qualitative Interviews mit Unternehmen und anderen relevanten Akteuren von zentraler Bedeutung, da quantitative Erhebungen den Untersuchungsgegenstand nur unzureichend abdecken (vgl. MARKUSEN 1999: 44). Nach LAMNEK (2002: 157) ist die eigenständige Bedeutung des qualitativen Interviews anerkannt. Kritisch kann hier angemerkt werden, dass die Auswahl der Interviewpartner nur unzureichend die Ausstrahlungseffekte des BC auf die Grenzregion Österreich berücksichtigt. Es wurde versucht, mehrere österreichische Experten für ein Interview zu gewinnen. Bedauerlicherweise ist keines dieser Gespräche zustande gekommen. 37 5 DIE RÄUMLICHE KONFIGURATION VON WERTSCHÖPFUNGSPROZESSEN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE IM 5.1 BAYERISCHEN CHEMIEDREIECK (BC) PROBLEME BEI DER DATENERHEBUNG JANSEN (2006: 74) weist darauf hin, dass mit dem Ausfall eines Akteurs sowohl die absolute Information über den spezifischen Akteur als auch das gesamte Muster seiner Außenbeziehungen zu allen anderen Akteuren fehlt. Von den 22 angesprochenen Unternehmen haben zwei kleinbetriebliche Unternehmen am Standort Burghausen die Teilnahme am Fragebogen aufgrund des internen Aufwandes für die Datenerhebung abgelehnt16. Verglichen mit der Größe und der gesamten Wirtschaftskraft aller befragten Unternehmen resultiert aus der Nichtteilnahme dieser zwei kleinbetrieblichen Firmen kein stark verzerrtes Abbild der Realität und es wird nicht von einer Verminderung der Aussagekraft der Untersuchung ausgegangen. Die Datenerhebung gestaltete sich als sehr komplex und zeitintensiv. Einerseits lag dies daran, dass die Daten unternehmensintern von Experten aus unterschiedlichen Abteilungen (Einkauf, Vertrieb, Personalabteilung, evtl. Controlling) zusammengetragen werden mussten. Bei der unternehmensinternen Weiterleitung sowie bei der Bearbeitung der Fragebögen kam es – unter anderem aufgrund der Haupturlaubszeit – zu beträchtlichen zeitlichen Verzögerungen. Andererseits lagen diese Verzögerungen auch daran, dass in den Unternehmen die Daten nicht in der geforderten Form erfasst werden und eine gesonderte – und somit zeitaufwändige – Auswertung der unternehmensinternen Daten notwendig war. Besonders kompliziert gestaltete sich die Erhebung der räumlichen Maßstabsebenen. Für Unternehmen, die die Datenverarbeitungssoftware SAP benutzen, war die Erstellung von Excel-Listen mit sämtlichen Postleitzahlen der Planungsregion Südostoberbayern sowie des Bundeslandes Bayern nötig. SAP erfasst die Stammdaten anhand der Postleitzahl und nicht anhand der Landkreis- bzw. Bundesländergrenze. Erschwerend kam hinzu, dass sich die Postleitregionen17 des Bundeslandes Bayern beginnend mit 63..., 88..., 89..., 96..., 97... mit den angrenzenden Bundesländern überschneiden. Etliche Fragebögen kamen unvollständig zurück. Soweit möglich, wurden diese anhand von Internetrecherchen auf der Unternehmenshomepage ergänzt bzw. wurde telefonisch um die nachträgliche Ergänzung der fehlenden Daten gebeten. 16 In einem Fall stellte sich heraus, dass dieses Unternehmen am Standort ausschließlich Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten für das Stammhaus durchführt. Somit wäre das Unternehmen ohnehin nicht für die Untersuchung geeignet gewesen. 17 Postleitregionen bezeichnen die ersten beiden Ziffern der vier- bzw. fünfstelligen Postleitzahl. In Deutschland gibt es 83, in Österreich 77 Postleitregionen (vgl. KUHLMANN 1993: 7). 38 Vier von 20 Unternehmen konnten aufgrund der spezifischen Unternehmensorganisation keine exakten Angaben über die räumlichen Dimensionen der Liefer- und Absatzbeziehungen geben. Diese vier Untenehmen übernehmen im Sinne einer verrichtungsorientierten Unternehmensorganisation eine Komponentenfertigung für die Muttergesellschaft und sind sozusagen als Lohnverarbeiter tätig (vgl. KOCH 1997: 210, GROS 1992: 41). Nach der Principal-Agent-Theorie ist die Muttergesellschaft hier als Auftraggeber tätig (vgl. PICOT ET AL. 1999: 85). Sie übernimmt den Einkauf der Rohstoffe und ist deren wirtschaftlicher Ei- gentümer. Die Muttergesellschaft stellt diese den Produktionsstandorten zur Verfügung und veranlasst deren Veredelung, wofür die Unternehmen ein Entgelt erhalten. Konzerneigene Vertriebsgesellschaften verkaufen die veredelten Produkte und organisieren zum Teil auch den Versand von den jeweiligen Produktionsstätten zum Kunden. Folglich hat ein Werk keinen detaillierten Einblick in die eigenen Liefer- und Absatzbeziehungen. Daher muss in vier Fällen auf qualifizierte Schätzungen von unternehmensinternen Experten zurückgegriffen werden. Der Chemtura Manufacturing Germany GmbH war es aus oben genannten Gründen nicht möglich, die Art und Gewichtung der eigenen Geschäftsbeziehungen zu den Mitgliedern der IBC qualifiziert zu schätzen. Infolgedessen können in der Netzwerkanalyse lediglich Daten von 19 Unternehmen verwertet werden. In diesem Kontext darf der Hinweis auf das mögliche Auseinanderklaffen von Marktpreisen und unternehmensinternen Verrechnungspreisen nicht fehlen. Dies betrifft sowohl die bereits angesprochenen Agency-Beziehungen mit der Muttergesellschaft, als auch Beziehungen zwischen einzelnen Produktionsstätten innerhalb eines Unternehmens. Verrechnungspreise werden von PERLITZ (2000: 328) als „Leistungsaustausch zwischen verbundenen inländischen und ausländischen Unternehmen“ definiert und primär bei Zwischenprodukten angewandt. Die Preise und Konditionen werden nicht durch Verhandlungen selbständiger, objektiver Marktparteien festgelegt, sondern können theoretisch autonom von der Unternehmensleitung bestimmt werden (vgl. BLÖDORN 1992: 380, PAUSENBERGER 1992: 768). Für Zwischenprodukte existieren oftmals keine Markt- bzw. Börsenpreise und folglich ist ein Preisvergleich nicht möglich18. Der Spielraum für die Gestaltung von Verrechnungspreisen ist durch rechtliche Normen erheblich eingeschränkt (vgl. PERLITZ 2000: 330). Dennoch kann nicht vollkommen ausgeschlossen werden, dass der Datenauswertung teilweise konzerninterne Verrechnungspreise zugrunde liegen. Zusammenfassend muss betont werden, dass alle befragten Unternehmen ein großes Interesse an der Untersuchung zu Tage gelegt haben und sich bei der – teilweise sehr aufwändigen – Datenerhebung sehr kooperativ verhalten haben. 18 Aus diesem Grund konnte der innerbetriebliche Produktaustausch der Vinnolit GmbH & Co. KG nicht monetär beziffert werden. Das Vinylchlorid der Vinnolit GmbH & Co. KG wird am Standort Burgkirchen produziert und innerbetrieblich per Pipeline nach Burghausen weitergeleitet und dort verarbeitet. 39 5.2 AUSWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE Anhand der Auswertung der Basisdaten des Wirtschaftsjahres 2006 wird in Kapitel 5.2.1 zunächst näher auf die jeweilige, spezifische Struktur der befragten 20 Unternehmen eingegangen. Diese erste Gegenüberstellung der Standorte ermöglicht einen Gesamteindruck über die aktuelle Situation der Chemieindustrie im BC und erleichtert das Verständnis weiterer Auswertungsschritte. Anschließend erfolgt in Kapitel 5.2.2 die Auswertung der Liefer- und Absatzbeziehungen der befragten Unternehmen. Anhand der Heterogenität der Standortprofile werden die Gewichtung und die unterschiedliche räumliche Ausrichtung der Mitglieder der IBC deutlich. Nachfolgend werden in Kapitel 5.2.3 die brancheninternen Geschäftsbeziehungen in einer Netzwerkanalyse im Detail analysiert. 5.2.1 STRUKTURMERKMALE DER BASISDATEN Der Ansiedelungszeitpunkt der befragten Unternehmen wird aus Abbildung 13 deutlich. Vier Unternehmen haben sich schon in der Zeit vor 1950 im BC angesiedelt. Zwei weitere Unternehmen wurden gegen Ende der 1960er Jahre gegründet. Ende der 1970er Jahre bis Ende der 1980er Jahre haben sich weitere drei Unternehmen am Standort niedergelassen. In den 1990er Jahren wurden sieben von insgesamt 20 Unternehmen in der heutigen Form gegründet. Diese Neugründungen sind jedoch nicht gleichbedeutend mit einer Neuansiedelung der Unternehmen im BC. Sechs von sieben Fällen resultieren aus der Umstrukturierung des ehemaligen Werksstandortes des Hoechst-Konzerns in Burgkirchen in eigenständige Geschäftseinheiten. Der Standort Burgkirchen existiert bereits seit dem Jahr 1939 und wurde damals durch die Vorgängergesellschaft des Hoechst-Konzerns, der Anorgana GmbH, gegründet (vgl. INFRASERV GMBH & CO. GENDORF KG 2007: 24). Nach der Jahrtausendwende haben sich vier weitere Unternehmen im BC niedergelassen. Auch diese Ansiedelungen sind vor dem Hintergrund der Umstrukturierung der Degussa AG an den Standorten Trostberg, Schalchen und Hart zu interpretieren. Als Bayerische Stickstoffwerke AG war die Vorgängergesellschaft der Degussa AG bereits seit dem Jahr 1908 im Chemiedreieck ansässig (vgl. EVONIK DEGUSSA GMBH 2007). Abb. 13: Ansiedelungszeitpunkt der Mitglieder der IBC im BC Basis: 20 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 HOPPE/ROTHER (2004: 9) weisen in einer Studie der Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung mbH ausdrücklich auf die bedeutende Fremdbestimmung der Betriebe in den Landkreisen Altötting und Mühldorf hin: 40 „Diese Angaben dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass die Wirtschaft in der Region in erheblichem Maße ‚fremdbestimmt’ ist, denn die strategischen Entscheidungen in den größten Betrieben werden nicht (mehr) vor Ort, sondern in auswärtigen, teils ausländischen Konzernzentralen gefällt.“ HOPPE/ROTHER 2004: 9 HOPPE/ROTHER (2004: 9) legen die Fremdbestimmtheit anhand der Hauptsitze der Unternehmen fest. In Abbildung 14 wird deutlich, dass genau die Hälfte der 20 befragten Unternehmen über einen Hauptsitz direkt vor Ort im BC verfügt. Von jeweils drei Unternehmen sind die Hauptsitze in der Region München bzw. im restlichen Bundesgebiet angesiedelt. Nur bei vier von 20 Unternehmen ist der Hauptsitz im Ausland angesiedelt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass 80% der Unternehmen über einen Hauptsitz innerhalb der BRD verfügen. Die hier getroffenen Aussagen zum Hauptsitz der Unternehmen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass 19 dieser Unternehmen in der Gesellschaftsform einer GmbH existieren und folglich eventuelle Kapitalbeteiligungen auswärtiger bzw. ausländischer Konzerne nicht explizit ausgeschlossen werden können. Dessen ungeachtet besitzen Hauptsitze von Unternehmen in der Regel über eine größere Standortsicherheit als Zweigniederlassungen. Abb. 14: Hauptsitze der Mitgliedsunternehmen der IBC Basis: 20 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 Dem gegenüber steht die Gesamtanzahl der Standorte, die von den befragten Unternehmen mit insgesamt 605 Standorten weltweit angegeben wird. Von diesen 605 Standorten sind knapp zehn Prozent (bzw. 54 Standorte) in der BRD und zwei Prozent (bzw. zehn Standorte) in Österreich. Von der relativ hohen Anzahl der weltweiten Standorte kann ebenso nicht auf eine Fremdbestimmtheit nach HOPPE/ROTHER (2004: 9) geschlossen werden, da hier nicht die Zentralen der jeweiligen Unternehmungen, sondern sämtliche Zweigniederlassungen bzw. Produktionsstandorte erfasst werden. Diese Angaben dienen 41 lediglich als Indiz für die weltweite Präsenz der befragten Unternehmen und geben keine Auskunft über die Gewichtung der im Ausland erzielten konzerninternen Umsätze. Die Gesamtbeschäftigung der Mitglieder der IBC beträgt 16.708 Mitarbeiter (Stand: 31.12.2006), wovon allein 60% am Standort Burghausen beschäftigt sind (siehe Tabelle 5). In Burgkirchen arbeiten 20% aller Arbeitnehmer. Die beiden Standorte WAT und TSH beschäftigen jeweils rund zehn Prozent der Arbeitnehmer. In der Studie der BULWIENGESA AG ist für das Jahr 2004 eine absolute Beschäftigung von 23.961 Arbeitnehmern für die gesamten Unternehmen im BC ausgewiesen (vgl. BULWIENGESA AG 2005: 19). Bringt man diese beiden Zahlen trotz des unterschiedlichen Bezugsjahres miteinander in Verbindung, so kann festgestellt werden, dass 70% aller Arbeitnehmer alleine bei den Kernunternehmen des BC beschäftigt sind. Die unterschiedlich starken Pendelverflechtungen der vier Standorte mit dem angrenzenden Österreich werden ebenfalls aus Tabelle 5 deutlich. Insgesamt verfügen 2.038 Arbeitnehmer über einen Hauptwohnsitz in Österreich. Die Pendelquote beträgt somit 12,2%; wovon allein 86% bzw. 1.751 Arbeitnehmer am Standort Burghausen beschäftigt sind. Die übrigen 287 Arbeitnehmer verteilen sich auf die restlichen drei Standorte, wobei der Standort TSH mit nur zehn Arbeitnehmern den geringsten prozentualen und absoluten Anteil an der Pendelverflechtung aufweist. In diesem Kontext stellen EDERER ET AL. (2002: 7) fest, dass die chemieaffinen Unternehmen im BC Pendler aus einem Umkreis von bis zu 60 km ansprechen. Tab. 5: Beschäftigung und Pendelverflechtung mit dem angrenzenden Österreich BESCHÄFTIGTE PER 31.12.2006 STANDORTE Waldkraiburg/Aschau/Töging Trostberg/Schalchen/Hart Burgkirchen Burghausen TOTAL ABSOLUT IN % 1.743 1.600 3.353 10.012 16.708 10,4 9,6 20,1 59,9 100,0 PENDELVERFLECHTUNG 2006 MIT ÖSTERREICH ABSOLUT 111 10 166 1.751 2.038 PENDELQUOTE 6,4% 0,6% 5,0% 17,5% 12,2% Basis: 20 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 5.2.2 GEWICHTUNG UND RÄUMLICHE DIMENSION DER LIEFER- UND ABSATZBEZIEHUNGEN Die Gewichtung der Standorte anhand der Liefer- und Absatzbeziehungen in Abbildung 15 zeigt sehr deutlich, dass der Standort Burghausen mit einem Beschaffungsvolumen von EUR 5,6 Mrd. und einem Umsatzvolumen von EUR 8,9 Mrd. jeweils über drei Viertel des Gesamtvolumens verfügt. Burgkirchen liegt mit einem Beschaffungs- bzw. Umsatzanteil von 11% bzw. 12% auf dem zweiten Platz. Die Standorte TSH und WAT verfügen über Beschaffungs- und Umsatzvolumina von jeweils weit unter einer Milliarde EUR. 42 Abb. 15: Gewichtung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 Basis: 20 Unternehmen, Gesamtbeschaffungsvolumen = EUR 7,3 Mrd.; Gesamtumsatzvolumen = EUR 11,4 Mrd. Quelle: Eigene Erhebung 2007 Insgesamt wurden im Wirtschaftsjahr 2006 an allen vier Standorten des BC Waren und Dienstleistungen im Wert von EUR 7,39 Mrd. bezogen und im Wert von EUR 11,44 Mrd. verkauft (siehe Tabelle 6). Die so beschriebene Bruttowertschöpfung der IBC beträgt EUR 4,05 Mrd. und lässt sich mit dem Faktor 1,55 beschreiben. 80% dieser Bruttowertschöpfung wird allein am Standort Burghausen realisiert. Prozentual gesehen verfügt der Standort TSH mit einem Wert von 81% mit Abstand über die höchste Wertschöpfungsquote und der Standort WAT mit 35% über die niedrigste Wertschöpfungsquote. Tab. 6: Gewichtung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 BESCHAFFUNGSVOLUMEN TSD EUR 243.206 % STANDORTE UMSATZVOLUMEN TSD EUR 440.488 % 3 Trostberg/Schalchen/Hart 4 584.741 8 Waldkraiburg/Aschau/Töging 786.540 7 876.805 12 Burgkirchen 1.310.104 11 5.688.651 77 Burghausen 8.908.493 78 7.393.403 100 TOTAL 11.445.625 100 Basis: 20 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 Die prozentuale, räumliche Verteilung der Liefer- und Absatzbeziehungen der IBC im Wirtschaftsjahr 2006 wird in Abbildung 16 deutlich. Es zeigt sich, dass die Geschäftsbeziehungen zwischen den Mitgliedern der IBC jeweils in etwa sechs Prozent des Beschaffungs- bzw. Umsatzvolumens betragen. Die gesamte Region Südostoberbayern verfügt mit jeweils weniger als zehn Prozent nur über geringe Anteile am Beschaffungs- und am Umsatzvolumen. Zusammengenommen werden innerhalb Bayerns 16% des Beschaffungsvolumens und neun Prozent des Absatzvolumens realisiert. Folglich spielt das Bun- 43 desland Bayern für die Beschaffung der chemieaffinen Unternehmen im BC eine nahezu doppelt so große Bedeutung als auf der Umsatzseite. Aus der BRD werden mit einem Anteil von 38% und einem Wert von EUR 2,8 Mrd. insgesamt mehr als ein Drittel aller Waren und Dienstleistungen bezogen. Mit einem Umsatz wert von EUR 6,8 Mrd. werden genau 60% der Waren und Dienstleistungen der Mitglieder der IBC innerhalb Deutschlands abgesetzt. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen nach BATHELT (1997: 313), auf die bereits in Kapitel 2.2.2 hingewiesen wurde. Das Nachbarland Österreich stellt mit einem Anteil von jeweils in etwa 15% einen bedeutenden Beschaffungs- und Absatzmarkt dar. Die restlichen Länder der EU verfügen mit in etwa fünf Prozent nur über einen geringen prozentualen Anteil am Gesamtbeschaffungsvolumen. Als Absatzmarkt spielen diese Länder jedoch mit einem Anteil von über zehn Prozent am Gesamtumsatzvolumen eine beträchtliche Rolle. Die globale Beschaffung über die Grenzen der EU hinaus ist aufgrund der Rohstoffknappheit Deutschlands mit über 40% des Gesamtbeschaffungsvolumens von erheblicher Bedeutung. Der weltweite Absatz der Produkte fällt mit knapp 15% des Gesamtumsatzvolumens erstaunlich gering aus. Abb. 16: Räumliche Verteilung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 Basis: 20 Unternehmen, Gesamtbeschaffungsvolumen = EUR 7,3 Mrd.; Gesamtumsatzvolumen = EUR 11,4 Mrd. Quelle: Eigene Erhebung 2007 Für die chemieaffinen Unternehmen des BC kann zusammenfassend festgehalten werden, dass mit einem Wert von EUR 4,4 Mrd. über 60% des gesamten Beschaffungsvolumens aus dem Ausland bezogen wird und demzufolge die weltweite Beschaffung von Rohstoffen eine gewichtige Rolle spielt. Als Absatzmarkt überwiegt die BRD mit genau 44 60% des Umsatzvolumens und einem Wert von EUR 6,8 Mrd. Daraus resultiert eine Exportquote der Mitglieder der IBC von 40%. Diese ist um 12,1 Prozentpunkte niedriger als die durchschnittliche Exportquote der gesamten chemischen Industrie in Bayern (vgl. VEREIN DER BAYERISCHEN CHEMISCHEN INDUSTRIE 2007). Die Mitglieder der IBC erfüllen demnach eine wichtige Funktion als Vorleistungslieferanten von Waren und Dienstleistungen innerhalb der Chemieindustrie Deutschlands. Eine detaillierte Auflistung der absoluten und relativen Werte der beschriebenen Beschaffungs- und Umsatzvolumina wird aus Tabelle 7 ersichtlich. Tab. 7: Räumliche Verteilung des Beschaffungs- und Umsatzvolumens 2006 BESCHAFFUNGSVOLUMEN UMSATZVOLUMEN % RÄUMLICHE MAßSTABSEBENEN 443.604 6 1. Chemieunternehmen im Chemiedreieck 686.738 6 221.802 3 2. Region Südostoberbayern (ohne 1.) 114.456 1 517.538 7 3. Bayern (ohne 2.) 228.913 2 1.626.549 22 4. Deutschland (ohne 3.) 5.837.269 51 1.182.944 16 5. Österreich 1.602.388 14 295.736 4 6. Restliche Länder der EU 1.373.475 12 3.105.229 42 7. Weltweit (ohne 6.) 1.602.388 14 7.393.403 100 TOTAL 11.445.625 100 TSD EUR TSD EUR % Basis: 20 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 Die Mitglieder der IBC beziehen voneinander Waren und Dienstleistungen im Wert von EUR 443 Mio. und setzen im Gegenzug EUR 686 Mio. untereinander ab19. Die wertmäßige Vernetzung dieser 20 chemieaffinen Unternehmen mit KMU innerhalb der Region Südostoberbayern ist auf der Beschaffungsseite mit EUR 222 Mio. etwa doppelt so stark ausgeprägt wie auf der Absatzseite. Auch bei HAAS ET AL. (2002: 117) fällt allgemein die niedrige Verflechtung der Industrie mit regionalen Zulieferern im Wirtschaftsraum InnSalzach auf. Die regionalen Verflechtungen innerhalb der Region Südostoberbayern sind auf der Beschaffungsseite prozentual mit insgesamt neun Prozent bzw. EUR 665 Mio. als nicht unerheblich einzustufen. Absolut gesehen spricht ein bayernweites Beschaffungsvolumen in Höhe von EUR 1,2 Mrd. durchaus für eine intensive Verflechtung der Mitglieder der IBC untereinander sowie mit bayerischen Unternehmen. Von diesen EUR 1,2 Mrd. werden allein 56% aus der Planungsregion Südostoberbayern bezogen. Absatzseitig werden innerhalb Bayerns Waren und Dienstleistungen im Wert von insgesamt etwa einer Milliarde EUR abgesetzt. Davon werden 77% bzw. EUR 801 Mio. alleine innerhalb der Region Südostoberbayern realisiert. Ein Großteil der chemischen Zwischenprodukte wird 19 Die Abweichung in Höhe von EUR 243 Mio. resultiert aus unpräzisen Angaben einiger Unternehmen (siehe Kapitel 5.1). In der Netzwerkanalyse wird ein brancheninterner Lieferwert von EUR 548 Mio. angegeben (siehe Kapitel 5.2.3). Hier ist zu beachten, dass nur 19 Mitglieder der IBC berücksichtigt werden konnten. 45 also dort weiterverarbeitet. Aus dem gesamten Bundesgebiet Deutschlands werden von den Mitgliedern der IBC Waren und Dienstleistungen im Wert von EUR 2,8 Mrd. bezogen und im Wert von EUR 6,8 Mrd. abgesetzt. Die innerdeutsche Bruttowertschöpfungsquote liegt bei 146% und beträgt absolut EUR 4,1 Mrd. Demzufolge kann die BRD mit Abstand als der wichtigste Absatzmarkt der chemieaffinen Unternehmen des BC angesehen werden. Für das angrenzende Österreich beträgt das Beschaffungsvolumen EUR 1,2 Mrd. und das Umsatzvolumen EUR 1,6 Mrd. Dieser relativ hohe Wert resultiert unter anderem aus Kapitalbeteiligungen österreichischer Unternehmen an Mitgliedern der IBC am Standort Burghausen. Die genannten Absatzwerte bestätigen die Aussagen von HAAS ET AL. (2002: 117), dass im BC „insbesondere die chemische Industrie überregionale Absatzmärkte bedient“. Die restlichen Länder der EU spielen als Beschaffungsquellen mit einem Wert von insgesamt EUR 295 Mio. eine vergleichsweise geringfügige Rolle. Im Gegensatz dazu ist die Bedeutung dieser europäischen Länder als Absatzmärkte mit einem rund viereinhalb Mal so großen Wert von EUR 1,3 Mrd. ungleich größer. Der überproportional hohe Wert des weltweiten Beschaffungsvolumens mit EUR 3,1 Mrd. lässt sich anhand des enormen Rohölbedarfes der OMV Deutschland GmbH erklären20. Eine detaillierte Betrachtung der räumlichen Ausprägungen der Beschaffungsbeziehungen in Tabelle 8 verdeutlicht die Heterogenität der vier Standorte. Tab. 8: Beschaffungsvolumen der IBC 2006 auf Standortebene WALDKRAIBURG TROSTBERG BESCHAFFUNGSVOLUMEN 2006 BURGASCHAU SCHALCHEN KIRCHEN ANGABEN IN % TÖGING HART 1. Chemieunternehmen im Chemiedreieck 4 7 27 2. Region Südostoberbayern (ohne 1.) 4 8 5 3. Bayern (ohne 2.) 4 15 30 4. Deutschland (ohne 3.) 54 52 25 5. Österreich 4 3 6. Restliche Länder der EU 15 7 10 7. Weltweit (ohne 6.) 15 8 3 TOTAL 100 100 100 BESCHAFFUNGSVOLUMEN 2006 ANGABEN IN TSD EUR 1. Chemieunternehmen im Chemiedreieck 2. Region Südostoberbayern (ohne 1.) 3. Bayern (ohne 2.) 4. Deutschland (ohne 3.) 5. Österreich 6. Restliche Länder der EU 7. Weltweit (ohne 6.) TOTAL WALDKRAIBURG ASCHAU TÖGING 23.390 23.390 23.390 315.760 23.390 87.711 87.711 584.741 TROSTBERG SCHALCHEN HART 17.024 19.456 36.481 126.467 7.296 17.024 19.456 243.206 BURGKIRCHEN 236.737 43.840 263.042 219.201 87.681 26.304 876.805 BURGHAUSEN 3 3 3 17 20 2 52 100 BURGHAUSEN 170.660 170.660 170.660 967.071 1.137.730 113.773 2.958.099 5.688.651 Basis: 20 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 20 Nach Angaben der OMV Deutschland GmbH deckt die Raffinerie am Standort Burghausen 80% des Rohölbedarfes mit libyschem Rohöl. 46 Die Unternehmen am Standort Burgkirchen nehmen eine herausragende Position ein, indem diese Waren und Dienstleistungen im Wert von EUR 236 Mio. bzw. 27% des Beschaffungsvolumens des Standortes von den restlichen Mitgliedern der IBC beziehen. Einzig der Standort Burghausen erreicht mit EUR 170 Mio. einen ähnlich hohen Wert. Die überdurchschnittlich hohen Werte dieser beiden Standorte resultieren aus den Pipelines und Medienverbundsystemen21, welche sowohl zwischen Burgkirchen und Burghausen als und auch innerhalb der beiden Standorte vorhanden sind. Die an dieser Stelle angeführten Zahlen hinsichtlich der brancheninternen Beziehungen geben jedoch in keiner Weise Aufschluss, von welchen Standorten die Waren und Dienstleistungen bezogen werden. Dies wird erst im nächsten Kapitel, in der brancheninternen Netzwerkanalyse, deutlich. Speziell die Unternehmen am Standort Burgkirchen beziehen insgesamt 32% des Beschaffungsvolumens bzw. EUR 280 Mio. von Unternehmen aus der gesamten Region Südostoberbayern. Für den Standort Burghausen kann bezüglich der Lieferbeziehungen zunächst nur eine geringe relationale, regionale Verflechtung von sechs Prozent festgestellt werden. Ein Blick auf die absoluten Bezugswerte des Standortes aus der Region Südostoberbayern mit EUR 341 Mio. relativiert dies jedoch schnell wieder22. Die größte Bedeutung für die lokalen KMU der umliegenden Landkreise innerhalb der Region Südostoberbayern hinsichtlich eines Beschaffungsvolumens von EUR 170 Mio. liegt mit Abstand bei den chemieaffinen Unternehmen des Standortes Burghausen, was einem Anteil von 76% entspricht. An zweiter Stelle befindet sich der Standort Burgkirchen, von dem die lokalen Betriebe im Umfang von EUR 43 Mio. profitieren. Dies entspricht in etwa einem Viertel des Burghauser Wertes. Die Standorte TSH und WAT realisieren jeweils ein Beschaffungsvolumen von rund EUR 20 Mio. aus der Region Südostoberbayern. Für den gesamten Freistaat Bayern ist das Beschaffungsvolumen des Standortes Burgkirchen mit einem Wert von EUR 543 Mio. von herausragender Bedeutung. Knapp darauf folgt der Standort Burghausen, welcher über ein bayernweites Beschaffungsvolumen von EUR 512 Mio. verfügt. Im Vergleich dazu beziehen die Standorte WAT mit EUR 70 Mio. und TSH mit EUR 73 Mio. nur geringfügige Mengen von bayerischen Unternehmen. Aus der gesamten BRD kann – mit Ausnahme des Standortes Burghausen – an allen Standorten ein Anteil am Beschaffungsvolumen von mehr als zwei Drittel festgestellt werden. WAT bezieht genau zwei Drittel des gesamten Beschaffungsvolumens aus der BRD. In TSH erreicht dieser Wert 82%, in Burgkirchen sogar 87%. Der Standort Burghausen bezieht mit 26% zwar etwa nur ein Viertel des Beschaffungsvolumens aus der BRD, liegt hier jedoch aus den bereits erwähnten Gründen mit einem absoluten Wert von rund EUR 1,5 Mrd. 21 Für detailliertere Angaben wird an dieser Stelle auf Kapitel 2.1 und Kapitel 6.3.1 verwiesen. Wie bereits erwähnt wurde, setzt sich das Gesamtbeschaffungsvolumen des Standortes Burghausen zum überwiegenden Teil aus dem weltweiten Rohölbezug der OMV Deutschland GmbH zusammen. 22 47 deutlich an der Spitze. Für die Betriebe im Landkreis Altötting stellen HOPPE/ROTHER (2005: 10) eine größere Bedeutung Österreichs als Absatzgebiet fest als für die Betriebe im Landkreis Mühldorf. Die vorliegende Erhebung bestätigt, dass über alle Mitglieder der IBC hinweg Österreich als Beschaffungsmarkt in größerem Umfang nur für die Unternehmen am Standort Burghausen von Bedeutung ist. Die EUR 1,1 Mrd., die von dort aus aus dem angrenzenden Staat bezogen werden, sind zu gut zwei Drittel der Unternehmensorganisation der Petrochemie vor Ort zuschreiben. Mit Ausnahme des Standortes TSH spielen die restlichen Länder der EU als Beschaffungsland ebenfalls eine bedeutende Rolle. Die größte prozentuale Bedeutung dieser europäischen Länder ist mit einem Anteil von 15% am Standort WAT vorhanden. Der größte absolute Beschaffungswert kann mit EUR 113 Mio. wiederum vom Standort Burghausen aus realisiert werden. Der weltweite Beschaffungsmarkt spielt sowohl für den Standort Burghausen aufgrund des bereits erwähnten Rohölbezuges sowie überraschenderweise für den relativ kleinen Standort WAT mit einem Beschaffungsanteil von 15% bzw. EUR 87 Mio. eine enorme Rolle. Eine Betrachtung der räumlichen Wirkungen der Umsatzbeziehungen in Tabelle 9 vermittelt einen differenzierteren Einblick in die Verschiedenartigkeit der einzelnen Standorte. Tab. 9: Umsatzvolumen der IBC 2006 auf Standortebene UMSATZVOLUMEN 2006 ANGABEN IN % 1. Chemieunternehmen im Chemiedreieck 2. Region Südostoberbayern (ohne 1.) 3. Bayern (ohne 2.) 4. Deutschland (ohne 3.) 5. Österreich 6. Restliche Länder der EU 7. Weltweit (ohne 6.) TOTAL UMSATZVOLUMEN 2006 ANGABEN IN TSD EUR 1. Chemieunternehmen im Chemiedreieck 2. Region Südostoberbayern (ohne 1.) 3. Bayern (ohne 2.) 4. Deutschland (ohne 3.) 5. Österreich 6. Restliche Länder der EU 7. Weltweit (ohne 6.) TOTAL WALDKRAIBURG ASCHAU TÖGING 1 3 8 46 4 25 13 100 TROSTBERG SCHALCHEN HART 38 3 2 11 2 19 25 100 WALDKRAIBURG ASCHAU TÖGING 7.865 23.596 62.923 361.808 31.462 196.635 102.250 786.540 TROSTBERG SCHALCHEN HART 167.385 13.215 8.810 48.454 8.810 83.693 110.122 440.488 BURGKIRCHEN 21 1 9 22 4 26 17 100 BURGKIRCHEN 275.122 13.101 117.909 288.223 52.404 340.627 222.718 1.310.104 BURGHAUSEN 3 1 1 57 17 8 13 100 BURGHAUSEN 267.255 89.085 89.085 5.077.841 1.514.444 712.679 1.158.104 8.908.493 Basis: 20 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 Die Umsatzbeziehungen der Mitglieder der IBC untereinander sind – mit Ausnahme des Standortes WAT – sehr stark ausgeprägt. Die Unternehmen an den Standorten Burgkirchen und Burghausen setzen jeweils Waren und Dienstleistungen im Wert von etwa EUR 48 270 Mio. an Mitglieder der IBC ab. Die Unternehmen in TSH setzen mit EUR 167 Mio. sogar 38% des Gesamtumsatzes des Standortes an andere Mitglieder der IBC ab. Die relativ hohen Werte an allen drei Standorten können – genauso wie bei den Beschaffungsbeziehungen – auf vorhandene Pipelines und Medienverbundsysteme zurückgeführt werden. Die diesbezügliche Insellage des Standortes WAT mit einem verhältnismäßig geringen IBC-internen Umsatz von sieben Millionen EUR wird hier besonders deutlich. Der Standort Burghausen deckt mit EUR 89 Mio. 65% des Gesamtumsatzvolumens der IBC an lokale KMU innerhalb der Region Südostoberbayern ab. Überraschenderweise liegt hier der Standort WAT mit einem Wert von EUR 23 Mio. an zweiter Stelle. Die Unternehmen an den Standorten TSH und Burgkirchen verfügen in diesem Kontext über ein Umsatzvolumen von jeweils EUR 13 Mio. Innerhalb Bayerns sind die Standorte Burghausen und Burgkirchen mit absoluten Umsatzwerten von insgesamt EUR 445 Mio. bzw. EUR 406 Mio. von herausragender Bedeutung. TSH erreicht hier lediglich einen Wert von EUR 189 Mio., WAT sogar nur EUR 92 Mio. Alle vier Standorte im BC setzen jeweils mehr als die Hälfte der gesamten Waren und Dienstleistungen innerhalb der BRD um. Allein vom Standort Burghausen aus werden 62% des standörtlichen Umsatzwertes bzw. EUR 5,5 Mrd. innerhalb der BRD realisiert. Mit einem absoluten Umsatzwert von EUR 694 Mio. liegt der Standort Burgkirchen hier auf dem zweiten Platz. WAT realisiert EUR 456 Mio., TSH lediglich EUR 237 Mio. innerhalb Deutschlands. Österreich spielt für die Mitglieder der IBC als Absatzmarkt, ebenso wie als Beschaffungsmarkt, in größerem Umfang allein für die Unternehmen des Standortes Burghausen mit einem absoluten Umsatzwert von EUR 1,5 Mrd. eine gewichtige Rolle. Diese Erkenntnis deckt sich mit der Feststellung von HOPPE/ROTHER (2005: 10), wo dem österreichischen Absatzmarkt des Landkreises Altötting eine erheblich größere Bedeutung zugesprochen wird als für den Landkreis Mühldorf. Über alle Standorte hinweg sind die restlichen Länder der EU – mit Ausnahme des Standortes Burghausen – mit Anteilen von bis zu einem Viertel des Umsatzvolumens von bemerkenswerter Bedeutung. Obwohl der Standort Burghausen dabei mit EUR 712 Mio. über den höchsten absoluten Umsatzwert verfügt, liefern die dort ansässigen Unternehmen nur acht Prozent des standörtlichen Gesamtumsatzvolumens in diese Länder. Mit einem Umsatzwert von EUR 340 Mio. liegt der Standort Burghausen an zweiter Stelle, gefolgt von WAT mit EUR 196 Mio. und TSH mit EUR 83 Mio. Der weltweite Umsatz von Waren und Dienstleistungen spielt mit einem Anteil von 25% speziell für den Standort TSH eine bedeutende Rolle. Mit einem absoluten Umsatzwert von EUR 1,2 Mrd. liegt hier wiederum der Standort Burghausen an erster Stelle. Die Unternehmen am Standort Burgkirchen können hier einen Umsatzwert von EUR 222 Mio. realisieren. Mit weltweiten Umsatzwerten von knapp über EUR 100 Mio. ist die absolute Bedeutung des Umsatzes über die Grenzen der EU hinaus an den Standorten TSH und WAT am geringsten ausgeprägt. 49 Die Exportquote der vier Standorte variiert zwischen 38% (Burghausen) und 47% (Burgkirchen). In der regionalen Tagespresse wird des häufig von einem Exportanteil der chemieaffinen Unternehmen im BC von bis zu 80% gesprochen (vgl. SALZBURGER NACHRICHTEN 2007: 9). Genau die Hälfte der befragten 20 Mitglieder der IBC verfügt über einen Exportanteil von weniger als 50%. Diese Unternehmen setzen mit EUR 2,1 Mrd. knapp die Hälfte des gesamten Auslandsumsatzes der IBC von EUR 4,5 Mrd. um. Sieben Unternehmen erreichen eine Exportquote zwischen 50 und 80%. Von diesen wird ein Umsatzwert in Höhe von EUR 2,2 Mrd. realisiert. Nur drei der befragten Unternehmen erreichen eine Exportquote von mehr als 80% und verfügen mit rund EUR 200 Mio. über einen Anteil von vier Prozent am Gesamtauslandsumsatz der IBC. Wie bereits angedeutet, ist die Bedeutung des ausländischen Absatzmarktes für die IBC beachtlich. Der gesamtbayerische Durchschnitt von 52,1% (vgl. VEREIN DER BAYERISCHEN CHEMISCHEN INDUSTRIE 2007) wird jedoch an keinem der vier Standorte erreicht. Folglich kann an dieser Stelle festgestellt werden, dass die Bedeutung des innerdeutschen Absatzmarktes für die Mitglieder der IBC überdurchschnittlich stark ausgeprägt ist. 5.2.3 ERGEBNISSE DER BRANCHENINTERNEN NETZWERKANALYSE Insgesamt werden bei 72 Geschäftsbeziehungen zwischen den befragten Mitgliedern der IBC Waren und Dienstleistungen im Wert von EUR 548 Mio. umgesetzt23. Der durchschnittliche Auftragswert einer Geschäftsbeziehung zwischen Mitgliedern der IBC beträgt EUR 7,6 Mio. Die Spannweite reicht von EUR 1.000 bis EUR 93,5 Mio. Jeweils etwa die Hälfte der Geschäftsbeziehungen wird über gelegentliche Kaufverträge und langfristige Lieferverträge geregelt (siehe Tabelle 10). Tab. 10: Struktur der brancheninternen Geschäftsbeziehungen 2006 ART DER GESCHÄFTSBEZIEHUNG Kaufvertrag (gelegentlich) Langfristiger Liefervertrag Joint Venture Strategische Allianz TOTAL ANZAHL DER GESCHÄFTSBEZIEHUNGEN 33 37 2 72 AUFTRAGSWERT 2006 IN TSD EUR 14.754 531.144 2.224 548.122 Basis: 19 Unternehmen Quelle: Eigene Erhebung 2007 Die Betrachtung der realisierten Auftragswerte zeigt, dass mit 97% nahezu das gesamte Auftragsvolumen innerhalb der IBC über langfristige Lieferverträge abgewickelt wird. Der 23 Hier feststellbare Abweichungen mit den Angaben in Kapitel 5.2.1 sind einerseits auf die fehlenden Angaben eines Unternehmens zurückzuführen als auch auf den in Kapitel 5.1 bereits beschriebenen Umstand, dass einige Unternehmen nur qualifizierte Schätzungen liefern konnten. 50 durchschnittliche Auftragswert eines solchen Vertrages beträgt EUR 14 Mio., was genau dem Gesamtauftragsvolumen der 33 gelegentlich stattfindenden Kaufverträge entspricht. Zwischen den Mitgliedern der IBC werden keinerlei Joint Ventures realisiert und auch der Anteil der Strategischen Allianzen fällt mit zwei Geschäftsbeziehungen und einem Gesamtauftragswert von EUR 2,2 Mio. sehr gering aus. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Mitglieder der IBC äußerst intensiv miteinander vernetzt sind. Die vorhandenen langfristigen Lieferverträge sind in vielen Fällen von übergeordneter strategischer Bedeutung und verschaffen den Unternehmen Planungssicherheit. Zusätzlich können kostengünstige Konditionen ausgehandelt werden und die Vertrauensbildung zwischen den Akteuren wird forciert. Abbildung 17 stellt ein Soziogramm dar, in dem die 72 Geschäftsbeziehungen modellhaft dargestellt werden. Abb. 17: Netzwerkanalyse – Anzahl der brancheninternen Geschäftsbeziehungen 2006 Basis: 19 Unternehmen, Gesamtanzahl der Geschäftsbeziehungen: 72 Quelle: Eigene Erhebung 2007 Innerhalb der vier Standorte werden 33 Geschäftsbeziehungen realisiert. An den Standorten Burghausen und Burgkirchen treten brancheninterne Geschäftsbeziehungen am häufigsten auf. Mit jeweils 13 Geschäftsbeziehungen bestreiten die beiden Standorte zusammen einen Anteil von rund 80% der gesamten innerstandörtlichen Geschäftsbeziehungen. Beim Waren- und Dienstleistungsaustausch zwischen den Standorten können insgesamt 39 Geschäftsbeziehungen realisiert werden. Zwischen allen Standorten finden jeweils mindestens drei Geschäftsbeziehungen statt. Die Gewichtung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Standorten wird anhand der Pfeildicke deutlich. Hier treten wie- 51 derum die Unternehmen in Burghausen und Burgkirchen in den Vordergrund. Sowohl zwischen diesen beiden Standorten als auch mit dem Standort TSH können jeweils über sechs Umsatzbeziehungen realisiert werden. Burghausen tritt in 16 Geschäftsbeziehungen als Lieferant auf, Burgkirchen sogar in 17 Fällen. Als Bezugsquelle für die Mitglieder IBC spielen TSH und WAT eine relativ geringfügige Rolle. Für WAT macht sich hier wiederum die bereits erwähnte Insellage hinsichtlich der Pipelines und Medienverbundsysteme bemerkbar. Es zeigt sich, dass dieser Standort ungeachtet des infrastrukturellen Nachteils über insgesamt 13 Geschäftsbeziehungen mit anderen Standorten verfügt. Nach JANSEN (2006: 129ff.) verfügt der Standort Burgkirchen mit 25 direkten Verbindungen zu den anderen drei Standorten über den höchsten Grad an Zentralität, dicht gefolgt von Burghausen mit 24 und TSH mit 17 direkten Geschäftsbeziehungen zu anderen Standorten. Mit nur 13 direkten Verbindungen verfügt WAT über die schwächste Zentralitätsausprägung. Ein weiteres Strukturmerkmal eines Netzwerkes ist die Dichte, die sich aus dem Verhältnis der Anzahl der realisierten Beziehungen mit der Zahl der theoretisch möglichen Beziehungen berechnet (vgl. NOLLERT 2005: 198). Das hier vorgestellte ökonomische Netzwerk verfügt über eine geringe Dichte von 0,21. Bezogen auf die Zahl der theoretisch möglichen Geschäftsbeziehungen kann das untersuchte Netzwerk daher in keinem Fall als „strong tie-Netzwerk“ (JANSEN 2006: 111) bezeichnet werden. Die Anzahl alleine gibt jedoch keinen Aufschluss über die Gewichtung und die Höhe der Auftragswerte dieser Geschäftsbeziehungen. Abb. 18: Netzwerkanalyse – Auftragswerte der brancheninternen Geschäftsbeziehungen 2006 Basis: 19 Unternehmen, Gesamtauftragswert 2006: EUR 548 Mio. Quelle: Eigene Erhebung 2007 52 Abbildung 18 verdeutlicht, dass innerhalb der Standorte mit rund EUR 439 Mio. etwa 80% des brancheninternen Gesamtauftragsvolumens der IBC abgewickelt werden. Burgkirchen liegt hier wiederum an der Spitze, wo mit EUR 187 Mio. über ein Drittel des brancheninternen Gesamtauftragsvolumens realisiert wird. Innerhalb des Standortes Burghausen werden 30% des Gesamtauftragsvolumens abgewickelt. An diesen beiden Standorten sind die Pipelines und Medienverbundsysteme besonders stark ausgeprägt. In TSH werden mit EUR 84 Mio. etwa 15% des Gesamtauftragsvolumens realisiert. Die Unternehmen am Standort WAT sind mit einem Auftragsvolumen von etwas mehr als drei Millionen untereinander vergleichsweise schwach vernetzt. Das Auftragsvolumen zwischen den vier Standorten beträgt mit EUR 109 Mio. nur ein Fünftel des realisierten brancheninternen Gesamtauftragswertes der IBC. Davon werden knapp zwei Drittel vom Standort Burghausen aus abgewickelt. Von diesen EUR 67,5 Mio. werden alleine EUR 61 Mio. an den Standort Burgkirchen geliefert, was mit Abstand dem größten Auftragswert einer Geschäftsbeziehung zwischen zwei Standorten entspricht. Der zweitgrößte Umsatzwert kann vom Standort Burgkirchen mit EUR 18 Mio. an den Standort TSH realisiert werden, dicht gefolgt vom Beschaffungswert des Standortes WAT vom Standort TSH mit etwa EUR 14 Mio. Das geringste externe Umsatzvolumen auf Standortebene ist dem Standort WAT mit rund zwei Millionen EUR zuzuschreiben. Letztlich muss hervorgehoben werden, dass das untersuchte Netzwerk theoretisch mit einem Wert von 0,21 zwar nur über eine geringe Dichte verfügt, der Gesamtauftragswert von EUR 548 Mio. aber auf sehr intensive wirtschaftliche Verflechtungen der Akteure schließen lässt. Die Netzwerkdichte wird ursprünglich in der Gesellschaftstheorie verwendet. Bei der Analyse von ökonomischen Beziehungen müssen andere Faktoren berücksichtigt werden. So benötigt beispielsweise nicht jedes Unternehmen die erzeugten Waren und Dienstleistungen jedes anderen Mitgliedes der IBC. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Beziehungen sind die Mitglieder der IBC also praktisch durchaus sehr intensiv miteinander verflochten, da ein Fünftel aller theoretisch möglichen Geschäftsbeziehungen bereits realisiert ist. Der Zusammenschluss in der IBC zeigt zudem, dass die informellen Kontakte der Mitglieder viel stärker ausgeprägt sind. Die Netzwerkdichte der informellen Kontakte innerhalb der IBC kann in einem Bereich knapp unter Eins eingeordnet werden. An dieser Stelle kann durchaus von einem „strong tie-Netzwerk“ nach JANSEN (2006: 111) gesprochen werden. 53 6 QUALITATIVE SITUATIONSANALYSE DES BAYERISCHEN CHEMIEDREIECKS (BC) In diesem Kapitel werden die Auswertungsergebnisse der geführten Experteninterviews zunächst deskriptiv vorgestellt, indem ein kompletter Überblick über die verschiedenen Meinungen und Einschätzungen der Experten vermittelt wird. Das Kapitel lehnt sich in seiner Gliederung an die drei Themenbereiche des Leitfadens an (siehe Anhang 2). 6.1 PROBLEME BEI DER DATENERHEBUNG Experteninterviews stellen generell höhere Anforderungen an die Bereitschaft der Probanden sowie an deren sprachliche und soziale Kompetenz (vgl. ATTESLANDER 2006: 132). Größere Probleme sind bei der Durchführung der qualitativen Experteninterviews nicht aufgetreten. Das Interesse der Befragten am Thema und der Interviewsituation war sehr groß. 6.2 VERNETZUNG MIT DER REGION In diesem Kapitel werden sowohl die Vernetzung der lokalen Betriebe mit der Chemieindustrie (Kapitel 6.2.1), die Branchenstruktur der lokal nachgefragten Produkte und Dienstleistungen (Kapitel 6.2.2) als auch die qualitativen Effekte durch das Vorhandensein der chemischen Industrie auf die Region (Kapitel 6.2.3) beleuchtet. 6.2.1 VERNETZUNG MIT LOKALEN KLEINEN UND MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN (KMU) Um einen qualitativen Einblick in die Liefer- und Absatzbeziehungen vor Ort zu gewinnen, wurden alle Interviewpartner gebeten eine Einschätzung der Vernetzung der chemieaffinen Unternehmen des BC mit lokalen KMU vorzunehmen. Nahezu alle Experten betonen die „sehr, sehr intensiven“ (W2) wirtschaftlichen Verflechtungen mit lokalen Betrieben im Zulieferbereich. Rohstoffe werden grundsätzlich global, Dienstleistungen eher lokal nachgefragt. Im BC sind momentan viele Fremdfirmen vorhanden, die vor allem bei einmaligen oder projektbezogenen Investitionen beauftragt werden. Lokale KMU werden speziell bei regelmäßig anfallenden Wartungsarbeiten und Reparaturen nachgefragt, da die lokalen Zulieferer sehr schnell verfügbar sind und sich über 54 die Jahre das notwendige, spezifische Know-How der Anlagen vor Ort angeeignet haben (C1). Diese starke Vernetzung der Chemieunternehmen mit lokalen Zulieferern beschreibt folgende Aussage eines Experten: „Wenn mal Lieferkontakte oder so da sind, dann bleiben die auch“ (W1). Aufgrund der historisch gewachsenen Geschäftsverbindungen (R1, R5) haben „sich viele, viele Mittelständler auf die Chemie als Kunden spezialisiert“ (W3). Aus den starken Vernetzungen resultieren zum Teil auch relativ große Abhängigkeiten der lokalen KMU von den Chemieunternehmen hinsichtlich des Auftragsvolumens. Dies hat sich in jüngster Zeit jedoch grundlegend gewandelt. Die lokalen Betriebe müssen sich zusehends im globalen Markt behaupten, denn „letztlich bestimmt immer der Preis“ (C2). Seitens der Chemieunternehmen wird hier besonders die Flexibilität, die Zuverlässigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Zulieferer hervorgehoben, die sich in den letzten zehn bis 15 Jahren stark verbessert hat (C5). Ein Experte formuliert dies sehr treffend: „In der Regel können die Unternehmen hier günstig anbieten, weil die eben den nahen Zugang haben und weil sie oft die Lage vor Ort besser einschätzen können. Der Vorteil ist, wenn mal was ist, hat man sehr schnell Hilfe! Das heißt, wenn irgendetwas kaputt ist, dann kann man da anrufen und es wird oft noch am gleichen Tag repariert.“ C3 Viele Chemiebetriebe sprechen daher die lokalen KMU gezielt an, wenn es um eine bevorstehende Auftragsvergabe geht (C1, C4, C5, R1). Diese Geschäftsbeziehungen werden „wo sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar mit lokalen Unternehmen, teilweise über Rahmenverträge oder längerfristige Verträge geregelt“ (C1). In jüngster Zeit lagert ein Teil der chemieaffinen Unternehmen Aktivitäten aus, um die teuren Chemie- und Mineralöltarife zu umgehen. In diesem Fall „bedient man sich lokalen Anbietern, die über das KernKnow-How verfügen und uns da unterstützen können“ (C1). Mehrmals wird auch auf das ausgeprägte Regionalbewusstsein bei der Auftragsvergabe (R1) und die starke Bindung der Chemiebetriebe an die Region hingewiesen: „Wir stehen zur Region, wir stehen zum Standort und vergeben unsere Aufträge, wo immer es möglich ist, in der Region!“ W4 Die Landkreise Altötting und Mühldorf bieten als Hilfestellung zur Geschäftsanbahnung eine Produkt- und Dienstleistungsbörse namens „KWIS“ an. In dieser Online-Börse haben ortsansässige Unternehmen die Möglichkeit, Kooperationspartner zu suchen sowie ihre Produkt- und Dienstleistungspalette zu präsentieren (vgl. LANDKREISE ALTÖTTING UND MÜHLDORF 2007). In diesem Kontext dürfen die Ausstrahlungseffekte auf die Grenzregion Österreich (Oberösterreich, Salzburg) im Zulieferbereich nicht außer Acht gelassen werden. Das im BC vorhandene Dienstleistungsportfolio verbessert nach Meinung der Wirtschaftsförderer die Standortqualität und festigt so die Beziehungen der Chemieindustrie mit der Region (W2, W4). 55 Absatzbeziehungen mit lokalen KMU werden vom Volumen her als unwesentlich eingestuft. Seitens aller Experten wird die Exportorientierung der Chemieunternehmen betont. Dies steht im Gegensatz zu den Ergebnissen der quantitativen Erhebung, wo deutlich wird, dass zwar nur sieben Prozent des Gesamtumsatzes der IBC in der Region Südostoberbayern abgesetzt wird, aber 60% des Gesamtumsatzes der IBC innerhalb der BRD realisiert wird (siehe Tabelle 7). 6.2.2 BRANCHENSTRUKTUR DER LOKALEN ZULIEFERBETRIEBE Da es aufgrund zeitlicher Restriktionen innerhalb der quantitativen Erhebung nicht möglich war, die Branchenstruktur der lokalen Zulieferbetriebe zu ermitteln, wurden die Experten dazu befragt. Abbildung 19 vermittelt einen Überblick über die genannten Wirtschaftszweige. Die Interviewpartner sind sich einig, dass hinsichtlich der überwiegend mittelständischen Zulieferbetriebe „alles, was sehr handwerksintensiv ist“ (C5) sowie klassische Dienstleistungsunternehmen von den ansässigen Chemiebetrieben profitieren. Vor allem Aufträge des Baugewerbes werden typischerweise von lokalen Unternehmen erbracht. Transport- und Logistikunternehmen profitieren nicht unwesentlich von der schlechten Verkehrsinfrastruktur im BC sowie vom großen Volumen der Chemieprodukte (R1). Aufgrund von massiven Investitionsvorhaben der Chemiebetriebe werden derzeit sehr viele Aufträge an Stahlbaubetriebe sowie Maschinen- und Anlagenbauunternehmen vergeben (C3, C5, W1). Wie bereits erwähnt wurde, lagern viele Chemieunternehmen aus Wettbewerbsgründen Leistungen aus, die nicht das Kerngeschäft des jeweiligen Unternehmens betreffen (C2). Darunter fallen vor allem technische und allgemeine Dienstleistungen sowie alle Arten von Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten. So hat sich im BC beispielsweise die InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG als Betreiber des Chemieparks in Burgkirchen auf die Bereitstellung von Systemdienstleistungen für chemieaffine Unternehmen spezialisiert (vgl. INDUSTRIEPARK WERK GENDORF 2006: 12). Als klassische Querschnittsbranchen profitieren nicht zuletzt der Tourismus und die Gastronomie von den Mitgliedern der IBC. Abb. 19: Branchenstruktur der lokalen Zulieferbetriebe Baugewerbe (inkl. Malereibetriebe) Handel (Bürobedarf und –einrichtung) Elektro-, Mess- und Regelungstechnik Stahl-, Behälter- und Maschinenbau Logistik/Transportdienstleistungen Staat/Behörden (Gebühren) Metallverarbeitung, Rohrleitungsbau und -planung Holz- und Papierindustrie Ingenieurdienstleistungen (Anlagenplanung, -reparatur, -wartung) Geschäftsreisetourismus Allgemeine Dienstleistungen (Beratung, Gutachten, Labor, EDV, Reinigung) Gastronomie (Kantine) Quelle: Eigene Erhebung 2007 56 6.2.3 QUALITATIVE EFFEKTE AUF DIE REGION Es ist offensichtlich, dass in der Region durch die Arbeitsplätze in der Chemie ein relativ großer Wohlstand vorhanden ist. Diese Sekundäreffekte, die durch die generierten Einkommen entstehen, werden seitens der BULWIENGESA AG (2005) detailliert erläutert. In dieser Diplomarbeit liegt der Fokus auf einer qualitativen Analyse der Effekte, die durch die Chemieindustrie innerhalb des Wirtschaftsgefüges, in der Kultur- und in der Naturlandschaft hervorgerufen werden. In Tabelle 11 werden diese Aspekte zusammenfassend dargestellt. WIRTSCHAFT Geringe Arbeitslosigkeit Offene Informationspolitik bezüglich umweltrelevanter Maßnahmen (Imageeffekt) Breite Produktpalette und Spezial-Know-How Tab. 11: Effekte des BC auf die Region KULTURLANDSCHAFT Hohe Identifikation der Bevölkerung mit der Region Steigende Einwohnerzahlen Sport- und Kultursponsoring Spenden für wohltätige Zwecke Weltoffenheit/Internationalität Hohes Bildungsniveau und intellektuelle Kapazität Quelle: Eigene Erhebung 2007 NATURLANDSCHAFT Emissionen (Abgase, Abwässer, Lärm) Verkehrsproblematik Enormes Gefahrenpotenzial Bei allen Experten steht ausnahmslos die hohe Akzeptanz der Chemieindustrie innerhalb der Bevölkerung im Vordergrund. Diese wird als das höchste Gut der Region bezeichnet (R1), welches die Planungen problembehafteter Teilbereiche der Chemie nicht zusätzlich erschwert. Mit dieser positiven Grundstimmung und dem vorhandenen „industriellem Denken“ (R4) kann die Politik und Verwaltung bestimmte Vorhaben vorantreiben, die in anderen Regionen der BRD wesentlich niedrigere Reizschwellen aufweisen (R1). Dies setzt eine offene Informationspolitik der Chemiebetriebe voraus, die innerhalb der Bevölkerung zu einem wertfreien Umgang mit dem Gefahrenpotenzial im Anlagenumfeld und den chemiebedingten Emissionen geführt hat. Hinsichtlich Umwelt- und Sicherheitsaspekten zeigen die Mitglieder der IBC ein hohes Maß an Eigeninitiative (R6). Die geringe Arbeitslosigkeit bedingt steigende Einwohnerzahlen durch den Zuzug von Fachleuten und letztendlich auch eine hohe Identifikation der Bevölkerung mit der Region. Die Häufung von hochqualifizierten Arbeitskräften und der relativ großen Anzahl von akademisch gebildeten Personen resultiert in einem hohen Bildungsniveau und in einem steigenden Bedarf an höheren Schulen und Bildungsmöglichkeiten. So finden beispielsweise Sommerakademien der Technischen Universität München im ehemaligen Kloster Raitenhaslach nahe Burghausen statt (vgl. WISSENSCHAFTSZENTRUM STRAUBING 2007). Auch die Qualität des Kultur- und Sportangebotes ist – vor allem durch Sponsoring der chemischen Industrie – bemerkenswert. Beispielhaft werden hier die Burghauser Jazzwoche, das 57 Burghauser Burgfest (vgl. BURGHAUSER TOURISTIK GMBH 2007) und der Sportverein „Wacker Burghausen e.V.“ genannt. Letzterer ist mit 6.000 Mitgliedern einer der größten Sportvereine Deutschlands (vgl. SPORTVEREIN WACKER BURGHAUSEN E.V. 2007). Angebote dieser Größenordnung sind unüblich für ländliche Regionen und normalerweise erst in Städten ab 100.000 Einwohnern zu finden (W2). Die Internationalität der Region zeigt sich unter anderem auch in der Existenz von Kindergärten mit interkultureller Ausrichtung (vgl. STADT BURGHAUSEN 2007). Mehrmals wird auf die Ausstrahlungseffekte und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Umwelt- und Sicherheitsfragen mit Österreich hingewiesen (C5). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Chemieindustrie im BC als „der strukturbestimmende Faktor“ (R4) gesehen wird. 6.3 BRANCHENINTERNE BEZIEHUNGEN Hinsichtlich der brancheninternen Beziehungen wurden die Experten gebeten, eine qualitative Einschätzung der Art und Intensität der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Mitgliedern der IBC (Kapitel 6.3.1) sowie über das Vorhandensein von brancheninternen Netzwerken und Kooperationen (Kapitel 6.3.2) vorzunehmen. 6.3.1 ART UND INTENSITÄT DER WIRTSCHAFTLICHEN VERFLECHTUNGEN Hier unterscheiden sich die Angaben der Expertengruppen erheblich. Wirtschaftsförderer und Regionsexperten betonen zwar, dass die Interaktionen zwischen den Chemiebetrieben hoch sind und die Standorte sehr stark miteinander verflochten sind (R5, W2); detaillierte Angaben über diese Beziehungen sind jedoch nicht möglich. Einzig R4 glaubt „nicht, dass es langfristige Lieferverträge gibt“. Die empirischen Erkenntnisse in Kapitel 5.2.3 belegen genau das Gegenteil: 97% der brancheninternen Geschäftsbeziehungen werden über langfristige Lieferverträge geregelt. Die Vertreter der Chemieindustrie verfügen über einen differenzierten Einblick in die brancheninternen Geschäftsbeziehungen (C1-C5). Viele chemiespezifische Dienstleistungen (Feuerwehr, Abfallverbrennungs- und Kläranlagen etc.) werden im Verbund betrieben, da nur so eine Kostenoptimierung erzielt werden kann (C2). Auch die Rohstoff- und Energieversorgung wird weitestgehend über integrierte Verbundsysteme und Pipelines geregelt (C1). Seitens dieser Experten werden besonders die engen wirtschaftlichen Beziehungen zur InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG hervorgehoben. In Abbildung 20 wird ersichtlich, dass an und zwischen den Standorten Burghausen und Burgkirchen die Stoffströme über Pipelines und Medienverbundsysteme am stärksten ausgeprägt sind. Diese beiden 58 Standorte agieren im Sinne von JÜTTE (2006: 213f.) als „Gatekeeper“. Folglich wird deutlich, dass die Macht zwischen den Mitgliedern der IBC ungleich zugunsten dieser zwei Standorte verteilt ist. Abb. 20: Momentane Nutzung der Pipelines und Medienverbundsysteme im BC Quelle: Eigene Erhebungen 2007 (Stand: 10/2007), EDERER ET AL. 2002: 9f. Am Standort Burghausen werden sowohl unternehmensintern als auch zwischen den ansässigen Unternehmen Medien und Produkte über Pipelines ausgetauscht, wobei nach Angaben der befragten Experten Ethylen die größte Rolle spielt. Diese Pipelines wurden von den beteiligten Unternehmen aus der Historie heraus je nach Bedarf errichtet und ohne staatliche Zuschüsse finanziert. Mit Hilfe eines Rohrbrückennetzes sind die unternehmensübergreifenden Beziehungen am Standort Burgkirchen ebenfalls sehr stark ausgeprägt. Dieses wurde durch den ehemaligen Werksverbund der Hoechst-Gruppe finanziert. Heute wird das Rohrbrückennetz von der InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG betrieben. Basierend auf mehrjährigen Transportverträgen werden die ansässigen Unternehmen mit den notwendigen Medien zum Betreiben von Chemieanlagen versorgt. Zwischen den Unternehmen bestehen vereinzelt Produktpipelines (z.B. Ethylenverbund zwischen der Vinnolit GmbH & Co. KG und der Klöckner Pentaplast GmbH), die von diesen selbst finanziert werden. Zwischen den Standorten Burghausen und Burgkirchen findet ebenfalls ein intensiver Produktaustausch statt. Hervorzuheben ist hier die Ethylenpipeline, welche ebenfalls von der Hoechst-Gruppe finanziert wurde und heute von der InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG betrieben wird. Die Stickstoffleitungen werden momentan nicht aktiv genutzt. Zwischen der Vinnolit GmbH & Co. KG wird unternehmensin- 59 tern Vinylchlorid ausgetauscht. Die OMV Deutschland GmbH betreibt eine Produktpipeline über den Standort Burgkirchen, mit welcher der Flughafen München mit Heizöl extra leicht, Diesel- und Flugturbinenkraftstoff (Jet) versorgt wird. Ebenso befindet sich vom Tanklager in Steinhöring ausgehend eine Abzweigung der TAL, welche die petrochemische Raffinerie der OMV Deutschland GmbH mit Rohöl aus dem Seehafen Triest versorgt (vgl. OMV DEUTSCHLAND GMBH 2006: 2f.). Die Standorte TSH und WAT sind an keines der bisher genannten Produkt- und Medienverbundsysteme angeschlossen. Die Unternehmen agieren relativ autonom und sind mit den restlichen Standorten nur geringfügig verflochten (siehe Kapitel 5.2.3). Die Produkte der dort ansässigen Unternehmen sind zum Teil überwiegend auf den Weltmarkt ausgerichtet. Besonders der Standort WAT verfügt hier über eine Insellage. Zwischen den Produktionsstätten der AlzChem Holding GmbH am Standort TSH existiert ein firmeninternes Kohlenmonoxid-Verbundsystem, welches durch die Vorgängergesellschaft Bayerische Stickstoffwerke AG finanziert wurde. Wirtschaftliche Verflechtungen und Kooperationen kommen somit vor allem im Zuge der Verbundsysteme sowie über alle Standorte hinweg hinsichtlich Umwelt- und Sicherheitsmaßnahmen zustande. Diese Verflechtungsbeziehungen werden als „ein typisches Beispiel für Synergien durch Kooperation“ (W3) bezeichnet. 6.3.2 BRANCHENINTERNE NETZWERKE Nach Meinung aller Experten ist die chemische Industrie in Bayern über den VCI LV traditionell sehr gut organisiert. Der Verband fungiert hier als Plattform, in der sich die chemieaffinen Unternehmen permanent begegnen (R2, R3) und gemeinschaftlich die folgenden Themen in Arbeitsgruppen bearbeiten (vgl. VEREIN DER BAYERISCHEN CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2007): 1. Berufsausbildung, 4. Forschung, 2. Energiepolitik, 5. Öffentlichkeitsarbeit, 3. Umwelt. Seitens der Bayerischen Staatsregierung wird die Chemieindustrie seit März 2007 durch das „Cluster Chemie“ unterstützt (siehe Kapitel 2.3.3). Bei beiden Netzwerken liegt der Fokus auf der gesamtbayerischen Perspektive. Innerhalb des BC gibt es sowohl formelle als auch informelle Kontakte auf den verschiedensten Ebenen. Seitens der Experten wird von einem intensiven und komplexen Beziehungsgeflecht gesprochen, welches durch die räumliche Nähe zwischen den Standorten 60 begünstigt wird (C1, R3, W1). Seit Anfang der 1990er Jahre findet sich die chemische Industrie im BC regelmäßig in informellen Arbeitsgruppen zusammen. „Das ist ein allgemeiner, unternehmensübergreifender Know-How-Austausch. Das ist jetzt nicht so, dass Details über einzelne Aufträge besprochen werden, sondern man versucht, sich gegenseitig auszutauschen, um dann von dem Wissen und der Information der anderen mit zu profitieren.“ C3 Diese Treffen finden ein bis zwei Mal jährlich sowohl auf Geschäftsführer- als auch auf Abteilungsleiterebene hinsichtlich der Themenbereiche 1. Personal/Ausbildung, 4. Einkauf/Logistik, 2. Energie, 5. Öffentlichkeitsarbeit, 3. Umwelt- und Gefahrenstoffmanagement. statt. Darüber hinaus gibt es an den Standorten Burgkirchen und TSH vierteljährliche Treffen der Standortleiter. Einige Unternehmen veranstalten regelmäßige Zusammenkünfte mit regionalen Zulieferern im kleinen wie im großen Rahmen (C1). Beispielsweise organisiert die Wacker Chemie AG Lieferantentage, wo sämtliche Partnerfirmen eingeladen werden (vgl. WIN WACKER INTERNATIONAL 2007: 4). Nach Meinung eines Experten sind „die Netzwerke im Chemiedreieck deutlich ausbaufähig“ (C4). Da Netzwerkaktivitäten sehr zeit- und kostenintensiv sind, werden seit April 2007 übergreifende Themen von der IBC bearbeitet. Die Mitglieder der IBC können so ihre Eigenständigkeit bewahren (R6, W3). Die Vertreter der Chemiewirtschaft erhoffen sich durch die IBC eine Bündelung der politischen Durchsetzungskraft, um „die Rahmenbedingungen in der Region so zu gestalten, dass die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt“ (R1), denn in diesem Kontext könnte die Chemieindustrie „wesentlich mehr im Mittelpunkt der politischen Diskussion und im Geiste der Entscheidungsträger verankert sein, als man es ist“. W3 Auch eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit sowie die Steigerung des Bekanntheitsgrades des BC für externe Investoren stehen im Mittelpunkt des Interesses (C4). Ausschlaggebend für die Initiierung der IBC war die schlechte Wirtschaftskraft in der chemischen Industrie um die Jahrtausendwende. Es wurde befürchtet, dass BC an wirtschaftlicher Bedeutung verliert und man versuchte alternative Entwicklungsmöglichkeiten für die südostbayerische Region auszuarbeiten. Vor dem Hintergrund der aktuellen, positiven Konjunktur in der Chemiebranche einigte man sich seitens der Verbände auf die Gründung der IBC (W3, vgl. GLÜCK 2005: 12f.). 61 6.4 STANDORTSITUATION DER CHEMISCHEN INDUSTRIE In Kapitel 6.4 wird die Bedeutung der Chemieindustrie für die Wirtschaft im BC (Kapitel 6.4.1) dargestellt sowie möglichen Chancen und Risiken in der aktuellen Entwicklung (Kapitel 6.4.2) aus der Sicht der befragten Experten nachgegangen. 6.4.1 BEDEUTUNG DER CHEMISCHEN INDUSTRIE FÜR DIE REGION Im Jahr 2007 werden 80% von insgesamt EUR 114 Mio. an Fördermitteln der regionalen Wirtschaftsförderung des Freistaats Bayern in der Region Ostbayern24 ausgegeben. Ostbayern erhielt in den letzten zwölf Jahren (1995 bis 2006) mit insgesamt EUR 763 Mio. knapp die Hälfte aller zur Verfügung stehenden Mittel. Im Vergleichzeitraum erhielt Oberbayern mit EUR 113 Mio. in etwa sieben Prozent der Fördermittel und lag mit Abstand an letzter Stelle. Bezogen auf die Bevölkerung erhielt Ostbayern im Zeitraum 1995 bis 2006 pro Einwohner EUR 358, Oberbayern dagegen nur EUR 27 (vgl. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 2007C: 41). Die chemische Industrie erhielt – mit Ausnahme der aktuellen Förderung der EPS – in den letzten Jahrzehnten keinerlei gesonderte Fördergelder. „Die Chemie verfügt über eine rein großbetriebliche Struktur, da kann man förderungsmäßig nichts machen“ (R4), bedauern vor allem die Regionsexperten. Eine monetäre Förderung findet nur projektbezogen im Rahmen der Möglichkeiten der bayerischen Wirtschaftsförderung statt (R3), die von den befragten Betrieben bei Projekten mit überregionaler Bedeutung, im Rahmen von Umweltschutzmaßnahmen und bei der Einführung von neuen Technologien oder Innovationen in Anspruch genommen werden kann (C1, C2, C4). Nach Meinung der Vertreter der Chemiewirtschaft und der Wirtschaftsförderer ist die Bedeutung der Rahmenbedingungen für die chemische Industrie „viel wichtiger als die Geldförderung“ (C3). Von allen Experten werden die gute Zusammenarbeit mit den Behörden auf Landkreisebene, besonders die rasche Abwicklung von Genehmigungsverfahren, sowie das wirtschaftsfreundliche Klima innerhalb der Region anerkennend hervorgehoben. In diesem Kontext dokumentieren HAAS ET AL. (2005: 185), dass die Chemiebetriebe im BC den Standort deutlich positiver bewerten als Handwerksbetriebe. Die Wirtschaftsförderer sehen ihre Hauptaufgabe in der Bestandssicherung der Chemiebetriebe. Regionale Projekte entstehen im Dialog mit den ansässigen Unternehmen. Beispielsweise wird bei der Vergabe von freien Gewerbeflächen das Zulieferer- und Dienstleistungsportfolio größtmöglich auf die Bedürfnisse der Chemiebetriebe abgestimmt (W2, W4, vgl. HAAS ET AL. 2002: 87). 24 Ostbayern wird hier durch die Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz definiert. 62 Obwohl sich im Landkreis Mühldorf nur ein kleiner Teil des BC befindet, unterstützt der Landkreis Mühldorf die ansässigen Chemieunternehmen durch die Erstellung und Finanzierung der branchenspezifischen Werbebroschüre „Region Mühldorf, der Wirtschaftsstandort: Chemie und Kunststoffherstellung“. Neben einem Profil des Landkreises Mühldorf kommen in der Broschüre auch Vertreter der Chemieindustrie zu Wort (vgl. LANDRATSAMT MÜHLDORF AM INN 2007). Lokale Zulieferer werden von den Kommunen unterstützt, sich von der Abhängigkeit der chemischen Industrie abzukoppeln und global zu positionieren (W2). Die lokale Infrastruktur wird in Burghausen durch eine Vorfinanzierung des neuen Logistikterminals durch die Kommune gestärkt (C1, W2). Die Rolle des BC für die Neuansiedelung von großen Produktionsstätten der chemischen Industrie wird „definitiv überbewertet“ (W4). Im Zuge der Umstrukturierungen und der massiven in-situ-Entwicklung der chemieaffinen Unternehmen ist momentan speziell die Neuansiedelung von Zulieferern im Bereich technische Dienstleistungen und Logistik von Bedeutung (R4, W1, W4). W3 fasst die Bedeutung der Chemieindustrie für das BC wie folgt zusammen: „Die Chemieindustrie ist bei uns echte Leitindustrie und es haben sich aufgrund der Chemie über Jahrzehnte x Betriebe angesiedelt.“ W3 6.4.2 CHANCEN UND RISIKEN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE VOR ORT Um mögliche Potentiale sowie Defizite in der aktuellen Entwicklung des BC zu eruieren, wurden die Experten nach den Chancen und Risiken der chemischen Industrie im BC befragt (siehe Tabelle 12). Tab. 12: Chancen und Risiken der chemischen Industrie im BC CHANCEN RISIKEN − Unzureichende Realisierung der Potentiale hinsichtlich + Zentrale geographische Lage in Europa und räumliche Nähe zu Märkten in Osteuropa Verkehrsinfrastruktur (Straße, Schiene) und Verkehrsanbindung an Seehäfen (Hamburg, Rotterdam, Triest) + Synergieeffekte durch: - vorhandene Chemieinfrastruktur. − Geringe Bekanntheit der Region hinsichtlich eines - gute Vernetzung (Verbund-/Energiekreisläufe). weltweiten Standortwettbewerbes - Verfügbarkeit von chemiespezifischen Dienstleistungen. − Gewerbeflächenknappheit am Standort Burghausen - Technologieintensität (Produktion, Umweltstandards). − Fremdbestimmtheit durch ausländische Konzern+ Anschluss an den europäischen Pipelineverbund (TAL zentralen und EPS) und Folgeinvestitionen EPS − Fachkräftemangel und sinkendes naturwissenschaftli+ Mitarbeiter: Know-How, Flexibilität, Motivation, Loyalität ches Ausbildungsniveau innerhalb der BRD + Preisniveau der Löhne/Gehälter − Energiepreisentwicklung + Akzeptanz der Chemieindustrie − Bürokratische Hürden durch neue Gesetze und 25 + Gute Zusammenarbeit mit Behörden auf Landkreisebene Verordnungen (z.B. REACH ) (Genehmigungsverfahren) − Konkurrenz am Weltmarkt + Attraktives Umfeld und niedrige Lebenshaltungskosten + Nähe zu sehr guten Hochschulen + Austausch mit Österreich Quelle: Eigene Erhebung 2007 25 REACH – Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals 63 Seitens aller Experten werden besonders die zentrale Lage des BC innerhalb Europas und die räumliche Nähe zu den neuen Märkten in Osteuropa positiv hervorgehoben. Auch Synergieeffekte durch die chemiespezifische Infrastruktur, die hohe Vernetzung zwischen den Chemieunternehmen, die Verfügbarkeit von chemiespezifischen Dienstleistungen sowie die Technologieintensität wird allseits als eine der größten Chancen der chemischen Industrie vor Ort angesehen. Vor allem die Vertreter der Chemiewirtschaft betonen das „Commitment der Bevölkerung gegenüber der Region und den Chemieunternehmen“ (C4). Ausschlaggebend hierfür ist einerseits die Verwurzelung der Chemiebetriebe mit der Region als auch deren große Bedeutung als Arbeitgeber. W4 stellt in diesem Kontext fest: „Diese Region ist mit der Chemie groß geworden. Die Bevölkerung lebt mit der Chemie und sie lebt gut mit der Chemie“. So ist es nicht verwunderlich, dass die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften in der Region sowie die Loyalität und Flexibilität der Mitarbeiter von allen Seiten als vorteilhaft beschrieben wird. Auch die Tatsache, dass Bayern deutschlandweit über den niedrigsten Mineralöl- und Chemietarif verfügt und daher das Lohn- und Gehaltsniveau im Vergleich zu anderen deutschen Chemieregionen als „vernünftig“ (C3) bezeichnet werden kann, wird seitens der Experten als förderlich für die Chemieindustrie im BC gesehen. Die Vertreter der Chemiewirtschaft sind der Meinung, dass der Austausch mit Österreich, hier besonders mit der Chemieregion Linz, noch deutlich ausbaufähig ist (C2). Auch die räumliche Nähe zu Hochschulen wird hinsichtlich der Nachwuchsrekrutierung und der vorhandenen Forschungseinrichtungen geschätzt. Die Gruppe der Wirtschaftsförderer weist vor allem auf weiche Standortfaktoren in der Region hin. Zudem wird durch den Bau der EPS und die dadurch ausgelösten Folgeinvestitionen die Standortqualität deutlich verbessert und langfristig gestärkt, denn „wenn man sieht, was hier im Augenblick investiert wird und weiß, was im Ruhrgebiet investiert wird, dann läuft das alles auch darauf hinaus, dass das die hier ansässigen Unternehmen erkannt haben“. C3 Als das herausragendste Defizit des BC wird von allen Experten ohne Zweifel die unzureichende Verkehrsinfrastruktur und die mangelhafte überregionale Verkehrsanbindung genannt. Der politische Handlungsdruck ist in diesem Punkt am stärksten ausgeprägt. Zwar finden diese Forderungen Eingang in den Regionalplan (vgl. REGIONALER PLANUNGSVERBAND SÜDOSTOBERBAYERN 2007B) sowie in das Entwicklungskonzept der Planungsregion Südostoberbayern (vgl. REGIONALER PLANUNGSVERBAND SÜDOSTOBERBAYERN 2007C), letztlich liegt die Zuständigkeit aber auf Seiten der BRD. Die Vertreter der Chemiewirtschaft bemängeln besonders, dass ihrerseits derzeit intensiv in die Standorte im BC investiert wird, die Transportkapazitäten jedoch nicht entsprechend gesteigert werden. Hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur verfügen besonders die Standorte Burgkirchen 64 und Burghausen über eine „isolierte Randlage“ (R3). Im Hinblick auf die vorauszusehende Steigerung des lokalen Güterverkehrs in den kommenden acht Jahren um mehr als 200% allein auf der Schiene wird die einspurige, nicht elektrifizierte Bahnstrecke zwischen Mühldorf und Burghausen als unzumutbar eingestuft. Verkehren auf diesem Streckenabschnitt derzeit täglich 12 Güterzüge, so soll das Pensum bis zum Jahr 2015 auf 40 Güterzüge pro Tag anwachsen (vgl. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 2007C: 41). Die Unflexibilität der Bahn behindert auch die Anbindung der Region an die Seehäfen in Hamburg, Rotterdam und Triest. Die A94 wird als „infrastrukturelles Handicap“ (C1) bezeichnet und verstärkt die Randlage des BC, da die „Verkehrsströme, die Hauptlinien nach Osten, an uns vorbei gehen“ (R3). Das BC wird von außen – und somit von externen Investoren – nach wie vor als periphere Randlage gesehen (C2). Der Bekanntheitsgrad des BC innerhalb der BRD ist nur sehr schwach ausgeprägt (C2). Die Gewerbeflächenknappheit am Standort Burghausen erfordert eine optimale Ausrichtung der noch vorhandenen Freiflächen auf die Bedürfnisse der Chemieindustrie. Auch die Fremdbestimmtheit der Chemieunternehmen durch ausländische Konzernzentralen wird von den Wirtschaftsförderern als Risiko für den Standort genannt. Im Hinblick auf die empirischen Ergebnisse in Kapitel 5.2.1 kann dies etwas relativiert werden. Das BC ist zusehends vom Fachkräftemangel, vor allem bei Ingenieuren (vgl. CHEMIE REPORT 2007A: 3), und nach Meinung der Chemieexperten auch vom sinkenden Niveau der naturwissenschaftlichen Schulbildung an Gymnasien innerhalb Deutschlands betroffen (C4, R3). Die Chemieindustrie ist ein sehr energieintensiver Wirtschaftszweig. Die steigende Entwicklung der Energiepreise in der BRD aufgrund staatlich verursachter Aufschläge26 stellt einen aktuellen Standortnachteil im globalen Standortwettbewerb dar (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2006A: 2). Da außerhalb der BRD Energie um einiges günstiger zu beschaffen ist, sieht ein Großteil der befragten Experten hier ein enormes Risikopotential. Auch der zunehmende bürokratische Aufwand, beispielsweise durch die REACH-Verordnung des EU-Chemikalienrechts (vgl. CHEMIE REPORT 2007B: 6), schränkt die Flexibilität der Chemiebetriebe durch die vielen Detailvorgaben erheblich ein (vgl. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. 2006B: 6). Generell wird die globale Konkurrenz am Weltmarkt als Risiko für den Standort BC genannt (C3). 26 Seitens der Experten werden hier das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und die Ökosteuer genannt. 65 7 ZUSAMMENFASSUNG UND WEITERER FORSCHUNGSBEDARF 7.1 ZUSAMMENFASSUNG DER WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE Die chemische Industrie hat „zwei Gesichter“ (AMECKE 1987: 299). In der öffentlichen Meinung werden damit sowohl positive als auch negative Assoziationen verbunden. Verglichen mit anderen Chemiestandorten innerhalb der BRD – vor allem im Rhein-MainGebiet – wird die chemische Industrie von der Bevölkerung im BC weitestgehend akzeptiert. Dies liegt zum einen an der offenen Kommunikationspolitik der Chemiebetriebe vor Ort und zum anderen an der langjährigen Tradition und der großen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Branche für die Region. Die regionale Einbettung stellt einen wesentlichen Standortfaktor für die ansässigen Chemiebetriebe dar. In diesem Kontext erscheint es wichtig, dass die Aktionen und Projekte der IBC auch die regionale Bevölkerung als wesentliche Anspruchsgruppe miteinbinden. Die im Vorfeld aufgestellten Forschungsfragen konnten mit Hilfe der Auswertungen der empirischen Erhebung entsprechend beantwortet werden. Die vorliegende Untersuchung bestätigt, dass die chemische Industrie im BC einen enormen Stellenwert im regionalen Wirtschaftsgefüge besitzt. Aus Bayern beziehen die Mitglieder der IBC insgesamt Waren und Dienstleistungen im Wert von EUR 1,2 Mrd. Davon kommen alleine EUR 222 Mio. von lokalen KMU aus der Region Südostoberbayern. Demgegenüber realisieren die Mitglieder der IBC einen bayernweiten Umsatzwert von rund einer Milliarde EUR, wovon direkt EUR 115 Mio. an lokale KMU in der Region Südostoberbayern fließen. Die Kernunternehmen des BC speisen demnach jährlich über zwei Milliarden EUR direkt in die regionale Wirtschaft ein. Lokale KMU profitieren zusätzlich durch Multiplikatoreffekte, die durch Löhne und Gehälter in der Region ausgelöst werden. Mit 16.708 Arbeitnehmern werden rund 70% aller Arbeitsplätze im BC alleine von den Kernunternehmen der chemischen Industrie zur Verfügung gestellt. Mindestens jeder zwölfte Arbeitnehmer verfügt über einen Hauptwohnsitz in Österreich. Genau die Hälfte der 20 befragten Unternehmen verfügt über einen Hauptsitz direkt vor Ort im BC. Durch die ausgeprägte regionale Verankerung stellt die Chemieindustrie im BC einen wesentlichen Impulsgeber für lokale Wertschöpfungsprozesse dar. Jährlich werden von den Mitgliedern der IBC Waren und Dienstleistungen im Wert von insgesamt EUR 7,39 Mrd. bezogen und im Wert von EUR 11,44 Mrd. verkauft. Die gesamte Bruttowertschöpfungsquote der IBC beträgt 55% und entspricht einem Wert von EUR 4,05 Mrd. Verflechtungen mit lokalen KMU sind speziell im Zulieferbereich vorhan- 66 den, betragen aber im Vergleich zum gesamten Beschaffungs- und Umsatzvolumen der IBC nur einen äußerst geringen Anteil. Anhand der räumlichen Ausprägung der Wertschöpfungsprozesse mit Anteilen von jeweils über 90% am gesamten Beschaffungs- und Umsatzvolumen wird der außerordentliche Stellenwert überregionaler und internationaler Geschäftsbeziehungen deutlich. So wird allein über 60% des Beschaffungsvolumens aus dem Ausland importiert. Dies entspricht einem Gesamtwert von EUR 4,4 Mrd., welcher zu einem großen Teil in der Rohstoffarmut Deutschlands begründet ist. Überraschenderweise stellt die BRD mit einem Umsatzanteil von genau 60% und einem Auftragswert von EUR 6,8 Mrd. das Hauptabsatzgebiet für die Mitglieder der IBC dar. Die Exportquote der IBC beträgt 40% und liegt um 12,1 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der gesamtbayerischen Chemieindustrie. Insgesamt wird mehr als drei Viertel des Gesamtumsatzes der IBC innerhalb Europas abgewickelt. Das angrenzende Österreich profitiert mit einem Beschaffungs- und Umsatzanteil von rund 15% wesentlich von den Kernunternehmen des BC. Nach Meinung einiger Experten sind besonders diese grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen deutlich ausbaufähig. Die Standortprofile verdeutlichen die Heterogenität der räumlichen Ausrichtung der vier Chemiestandorte im BC. Der Zusammenschluss in der IBC ist ein erster Versuch zur Institutionalisierung des überwiegend informellen, brancheninternen Netzwerkes. Losgelöst von der einzelwirtschaftlichen Sichtweise greift die IBC Themen von standortübergreifender Relevanz auf. Sie hilft den Mitgliedern vor Ort, sowohl neue Kontakte zu knüpfen als auch die vorhandenen Kontakte zu intensivieren. Folglich können neue Synergiepotentiale in der Region aufgespürt, analysiert und umgesetzt werden. Wie die empirischen Ergebnisse weiterhin gezeigt haben, ist das Kooperationspotential der Mitglieder der IBC äußerst hoch. Seit Beginn der Umstrukturierungsmaßnahmen der großen Chemieunternehmen in den 1990er Jahren findet im BC ein reger, informeller Informationsaustausch sowohl auf Geschäftsführer- als auch auf Abteilungsleiterebene statt. Derzeit realisieren die Mitglieder der IBC bei 72 brancheninternen Geschäftsbeziehungen einen Gesamtauftragswert von EUR 548 Mio. 80% davon werden alleine innerhalb der vier Chemiestandorte im Bayerischen Chemiedreieck umgesetzt. Diese Geschäftsbeziehungen sind überwiegend langfristig ausgerichtet. Verglichen mit dem gesamten Beschaffungs- und Umsatzvolumen der IBC sind die brancheninternen, ökonomischen Kooperationen mit Anteilen von jeweils sechs Prozent relativ schwach ausgeprägt. Als Konsequenz sind die Mitglieder der IBC zum überwiegenden Teil auf überregionale Geschäftsbeziehungen angewiesen. Für die nachhaltige Sicherung der unternehmerischen und regionalen Wettbewerbsfähigkeit stellt die weitere Verbesserung der Transportinfrastruktur einen ausschlaggebenden Aspekt dar. Im Hinblick auf die massiven Folgeinvestitionen, die durch den Bau der EPS ausgelöst wurden, wird die regionale Bedeutung der Chemieindustrie weiter ansteigen. Ein Blick in die aktu- 67 elle, lokale Tagespresse genügt, um sich von der wirtschaftlichen und politischen Brisanz des Themas zu überzeugen. Im Zuge der zunehmenden Internationalisierung ökonomischer Aktivitäten müssen sich auch die Unternehmen im BC dem weltweiten Standortwettbewerb stellen. In diesem Zusammenhang ist in erster Linie auf den geringen Bekanntheitsgrad des BC im deutschsprachigen Raum hinzuweisen. Die Vorteile der Region hinsichtlich der chemiespezifischen Infrastruktur, der zentralen geographischen Lage innerhalb Europas sowie der räumlichen Nähe zu osteuropäischen Märkten könnten deutlich gewinnbringender in den Vordergrund gestellt und publiziert werden. Basis hierfür ist Ausarbeitung eines gemeinschaftlichen Werbeauftrittes der Chemieregion durch die IBC sowie ein regionsspezifisches Portal, welches die Öffentlichkeitsarbeit für die Chemieindustrie im BC abwickelt. Die Erkenntnisse dieser Diplomarbeit verdeutlichen, dass das BC als größte chemiespezifische Standortagglomeration innerhalb Bayerns differenziert von der gesamtbayerischen Chemieindustrie betrachtet werden muss. Aufgrund der komplexen Ausgangssituation und den derzeit suboptimalen Rahmenbedingungen des BC ist es notwendig, dass die Akteure vor Ort Themen von übergeordneter Relevanz aufgreifen. Davon abgeleitete Aktionen müssen standortübergreifend geplant und durchgeführt werden. Die IBC als regionale Industrievereinigung der chemieaffinen Unternehmen vor Ort stellt einen geeigneten Ansatzpunkt dar, diese Ziele gemeinschaftlich zu erreichen. 7.2 WEITERER FORSCHUNGSBEDARF Um zu weiteren Erkenntnissen über das BC zu gelangen, wären fortführende Arbeiten wünschenswert, die die Zulieferbetriebe der Mitglieder der IBC differenzierter analysieren. In der vorliegenden Arbeit konnte dieser Aspekt nur ansatzweise mittels qualitativer Expertengespräche und einem quantitativen Fallbeispiel (Wacker Chemie AG) untersucht werden. Um zu einem umfangreicheren Verständnis über die Branchenstruktur der Zulieferbetriebe zu gelangen, sind darüber hinaus detailliertere Analysen notwendig. Von besonderer Relevanz sind hier die exakte Verortung sowie die Gewichtung der unterschiedlichen Branchen innerhalb der einzelnen räumlichen Maßstabsebenen. Ferner erscheint eine Verknüpfung der untersuchten Aspekte im Sinne des FilièreKonzeptes über die räumlichen Dimensionen entlang der spezifischen Wertkette der Mitglieder der IBC interessant. Hier liegt der Fokus auf den Lieferanten bzw. Abnehmern der chemieaffinen Unternehmen zweiter und dritter Ordnung. 68 LITERATUR AMECKE, HANS BERND (1987): Chemiewirtschaft im Überblick. Produkte, Märkte, Strukturen. Weinheim. ATTESLANDER, PETER (2006): Methoden der empirischen Sozialforschung. Berlin. BATHELT, HARALD (1997): Chemiestandort Deutschland. Technologischer Wandel, Arbeitsteilung und geographische Strukturen in der chemischen Industrie. Berlin. BATHELT, HARALD ET AL. (2004): „Chemische Industrie. Unterschiede in Ost und West“. In: Leibniz-Institut für Länderkunde e.V. (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland, Band 8 – Unternehmen und Märkte, S. 68–71. BATHELT, HARALD und JOHANNES GLÜCKLER (2002): Wirtschaftsgeographie. Stuttgart. BAYERISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG (1954): Die Bayerische Industrie 1949 – 1953. (= Beiträge zur Statistik Bayerns, Heft 195). München. BAYERISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG (2001): Statistisches Jahrbuch für Bayern 2001. München. BAYERISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG (2007): „Interaktives Kartenverzeichnis“ URL: http://www.statistik.bayern.de/daten/intermaptiv/archiv/home.asp - Abrufdatum: 04.10.2007 BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIe (2005): Industriebericht Bayern 2005. München. BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIE (2006): Bayerische Clusterpolitik. München. BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, INFRASTRUKTUR, VERKEHR UND TECHNOLOGIe (2007): Industriebericht Bayern 2007. München. BECKER, STEFFEN und WILHELM SCHUMM (2001): „Begrenzte Vernetzung. Restrukturierung von Großunternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie in der Region Rhein-Main“. In: Esser, Josef und Eike W. Schamp (Hrsg.): Metropolitane Region in der Vernetzung. Der Fall Frankfurt/Rhein-Main, S. 105–130. BENDER, DONALD (1983): „Software zur Netzwerkanalyse. Eine Einführung“. In: Informationszentrum Sozialwissenschaften bei der Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Institute e.V. (Hrsg.): Software zur Clusteranalyse, Netzwerkanalyse und verwandten Verfahren. Eine kommentierte Dokumentation, S. 31-37. BLAU, PETER M. (1964): Exchange and Power in Social Life. New York. BLÖDORN, NIELS (1992): „Internationales Controlling“. In: Schoppe, Siegfried (Hrsg.): Kompendium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre. S. 325-393. BULWIENGESA AG (2005): Die wirtschaftliche Bedeutung des bayerischen „Chemie-Dreiecks“. München. unveröffentlicht. BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG, WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND TECHNOLOGIE (1997): Chemiestandort Deutschland. Stärkung von Bildung und Forschung zur Zukunftssicherung. Bonn. BURGHAUSER TOURISTIK GMBH (2007): „Kultur und Veranstaltungen“ URL: http://tourismus.burghausen.de/content/index.cfm/fuseaction/20,dsp,0,1,0,0,0,0, Kultur_und_Veranstaltungen___Startseite.html – Abrufdatum: 15.09.2007 69 CHEMANAGER (2004): „Das Bayerische Chemiedreieck. Erfolgreiche Chemie in landschaftlicher Idylle“, 20/2004, S. 9. CHEMANAGER (2006): “Regionalspecial Bayern/Österreich”, 13/2006, S. 7-9. CHEMIE REPORT (2007A): “Mangel an Ingenieuren weitet sich immer mehr aus“, 04/2007, S. 3. CHEMIE REPORT (2007B): “Bürokratiekosten. Belastung für Wirtschaft und Bürger reduzieren“, 04/2007, S. 6. COASE, RONALD (1937): “The Nature of The Firm“. In: Economica, Vol. 4, S. 386–405. CORSTEN, HANS (2001): „Grundlagen der Koordination in Unternehmensnetzwerken“. In: Corsten, Hans (Hrsg.): Unternehmensnetzwerke. Formen unternehmensübergreifender Zusammenarbeit, S. 1 – 57. DE MIROSCHEDJI, SANIA A. (2002): Globale Unternehmens- und Wertschöpfungsnetzwerke. Grundlagen – Organisation – Gestaltung. (= Schriftenreihe der European Business School, Band 41). Wiesbaden. DICKEN, PETER (1999): Global Shift. Transforming the World Economy. London. DICKEN, PETER und PETER LLOYD (1999): Standort und Raum. Theoretische Perspektiven in der Wirtschaftsgeographie. Stuttgart. DIERCKE, CARL und THOMAS MICHAEL (2005): Diercke Weltatlas. Braunschweig. EDERER, THEODOR ET AL. (2002): Das Bayerische Chemiedreieck. High-Tech in Südostbayern. Trostberg. EISELE, JÜRGEN (1995): Erfolgsfaktoren des Joint-Venture-Management. (= Neue betriebswirtschaftliche Forschung, Band 165). Mannheim. EPS ETHYLEN-PIPELINE-SÜD GMBH & CO. KG 2007: „Das Projekt im Überblick“ URL: http://www.eps-pipeline.de/index.php?option=com_content&task=view&id=372& Itemid=413 – Abrufdatum: 26.10.2007 EVONIK DEGUSSA GMBH (2007): „Geschichte der Degussa – Vorgängergesellschaften“ URL: http://www.degussa-geschichte.de/geschichte/de/vorgaenger/skw_trostberg/ Abrufdatum: 15.09.2007 FLICK, UWE (2004): Triangulation. Eine Einführung. (= Reihe Qualitative Sozialforschung, Band 12). Wiesbaden. FLICK, UWE (2005): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Hamburg. GEREFFI, GARY (1994): “The organization of buyer-driven global commodity chains. How US-retailers shape overseas production networks”. In: Gereffi, Gary und Miguel Korzeniewicz (Hrsg.): Commodity Chains and Global Capitalism, S. 95-122. GIRTLER, ROLAND (1984): Methoden der qualitativen Sozialforschung. Anleitung zur Feldarbeit. Wien. GLÜCK, ALOIS (2005): Das Bayerische Chemiedreieck im 21. Jahrhundert: Strukturwandel und Standortsicherheit. Präsentation vom 21.11.2005, 16 Seiten, unveröffentlicht. GOLL, WERNER (2007): Initiative Bayerisches Chemiedreieck. Präsentation zur konstituierenden Sitzung der Initiative Bayerisches Chemiedreieck. München, 15.05.2007, 18 Seiten, unveröffentlicht. GRABHER, GERNOT (1993): “Rediscovering the Social in the Economics of Interfirm Relations”. In: Grabher, Gernot (Hrsg.): The embedded firm. On the socioeconomics of industrial networks, S. 1-31. 70 GRANOVETTER, MARK (1985): „Economic Action and Social Structure. The Problem of Embeddedness”. In: American Journal of Sociology, Vol. 91, S. 481-510. GROS, ULRICH (1992): Einfluss der Unternehmensorganisation auf den Standort von Zweigbetrieben. (= Nürnberger Wirtschafts- und Sozialgeographische Arbeiten, Band 45). Nürnberg. GYPTA, DIETMAR (2007): „Historisches Lexikon Bayerns – Bayerisches Chemiedreieck“ URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44841 - Abrufdatum: 04.10.2007 HAAS, HANS-DIETER ET AL. (2002): Wirtschaftsraum Inn-Salzach. Strukturen, Potentiale und Entwicklungsstrategien. Gutachten im Auftrag des Städtebundes Inn-Salzach. München. HAAS, HANS-DIETER und SIMON NEUMAIR (2005): Internationale Wirtschaft : Rahmenbedingungen, Akteure, räumliche Prozesse. München. HÅKANSON, HÅKAN und JAN JOHANSON (1993): “The Network as a Governance Structure. Interfirm Cooperation beyond Markets and Hierarchies”. In: Grabher, Gernot (Hrsg.): The embedded firm. On the socioeconomics of industrial networks, S. 35-51. HANDELSBLATT (2006A): „Bayerns Chemie schließt Lücke in Europa. Ethylenpipeline Süd perfekt – OMV investiert Milliarde“, 07.11.2006, S. 23. HANDELSBLATT (2006B): „Der Chemie-Standort Deutschland kämpft gegen den Abwärtstrend“, 09.05.2006, S. 29. HEALEY, MICHAEL und MICHAEL RAWLINSON (1993): “Interviewing Business Owners and Managers. A Review of Methods and Techniques“. In: Geoforum, Vol. 24, S. 339-355. HENDERSON, JEFFREY ET AL. (2002): “Global production networks and the analysis of economic development”. In: Review of International Political Economy, Vol. 9, S. 436– 464. HESS, MARTIN (1998): Glokalisierung, industrieller Wandel und Standortstruktur. (= Wirtschaft und Raum, Band 2). München. HOLZER, BORIS (2006): Netzwerke. Bielefeld. HOPPE, RALF und JOSEF ROTHER (2004): Teilbericht der Unternehmensbefragung der Netzwerkinitiative Inn-Salzach (November 2004), bearbeitet von der Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung mbH (GEFAK). Marburg, 36 Seiten. unveröffentlicht. HUGON, PHILLIPE (1980): “L’industrie agro-alimentaire. Analyse en termes de filières”. In: Revue Tiers Monde, 29/1980, S. 665–693. INDUSTRIEPARK WERK GENDORF (2006): Together we’re strong. Altötting. INFRASERV GMBH & CO. GENDORF KG (2007): Dahinter steckt Kompetenz. Dienstleistungen und Infrastruktur für Ihren Erfolg. München. INVEST IN GERMANY GMBH (2006A): Chemical Parks and Sites in Germany. Bonn. INVEST IN GERMANY GMBH ET AL. (2006B): “The Chemical Industry in Germany” URL: http://www.iic.de/uploads/media/MAP_Chemical_Industry.pdf - Abrufdatum: 22.10.2007 JANSEN, DOROTHEA (2006): Einführung in die Netzwerkanalyse. Grundlagen, Methoden, Forschungsbeispiele. Wiesbaden. JOHNSTON, RUSSEL und PAUL LAWRENCE (1988): “Beyond vertical integration – the rise of the value-adding partnership”. In: Harvard Business Review, July-August, S. 94–101. 71 JÜTTE, WOLFGANG (2006): „Netzwerkvisualisierung als Triangulationsverfahren“. In: Holstein, Betina und Florian Straus (Hrsg.): Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen, S. 199-220. KADRITZKE, ULF (1999): „Herrschaft in Unternehmensnetzwerken. Vom Schwinden einer Kategorie in Theorie und Praxis“. In: Sydow, Jörg und Carsten Wirth (Hrsg.): Arbeit, Personal und Mitbestimmung in Unternehmensnetzwerken, S. 63–98. KAPPES, KATRIN (2006): „Vom Verbundstandort zu Industriepark. Die chemische Industrie in Deutschland und Frankreich“. In: Praxis Geographie, Band 36, S. 23-27. KLEIN, RALF (2004): „Die räumliche Branchenkonzentration im verarbeitenden Gewerbe“. In: Leibniz-Institut für Länderkunde e.V. (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland, Band 8 – Unternehmen und Märkte, S. 42-45. KÖBEL, HERBERT und JOACHIM SCHULZE (1970): Der Absatz in der Chemischen Industrie. Heidelberg. KOCH, ECKART (1997): Internationale Wirtschaftsbeziehungen - Band 1: Internationaler Handel. Chancen und Risiken der Globalisierung. München. KOSTKA, SEBASTIAN und ALI HASSAN (1997): Umweltmanagementsysteme in der chemischen Industrie. Wege zum produktionsintegrierten Umweltschutz. Berlin. KUHLMANN, REINHOLD (1993): „Die neue gesamtdeutsche Postleitzahl“. In: Zeitschrift für die berufliche Bildung im Postdienst 46, Heft 5, S. 3-13, unveröffentlicht. KULKE, ELMAR (2006): Wirtschaftsgeographie. Paderborn. KUTSCHKER, MICHAEL und STEFAN SCHMID (2002): Internationales Management. München. LAMBOOY, J. G. (1991): “Complexity, formations, and networks”. In: Nederlandse geografische Studies 132, S. 15–23. LAMNEK, SIEGFRIED (1995A): Qualitative Sozialforschung. Methodologie. Weinheim. LAMNEK, SIEGFRIED (1995B): Qualitative Sozialforschung. Methoden und Techniken. Weinheim. LAMNEK, SIEGFRIED (2002): „Qualitative Interviews“. In: König, Eckard und Peter Zedler (Hrsg.): Qualitative Forschung. Grundlagen und Methoden. S. 157–193. LANDKREISE ALTÖTTING UND MÜHLDORF (2007): „KWIS Unternehmensbörse“ URL: http://www.kwis-internet.de/KWIS/mod_ub/Info/InfoMenu.asp - Abrufdatum: 10.07.2007 LANDRATSAMT MÜHLDORF AM INN (2007): Region Mühldorf, der Wirtschaftsstandort: Chemie und Kunststoffherstellung. Mühldorf. LAUMANN, EDWARD ET AL. (1989): “The Boundary Specification Problem in Network Analysis”. In: Freeman, Linton C. et al. (Hrsg.): Research Methods in Social Network Analysis, S. 61-87. LENZ, BARBARA (1997): „Das Filière-Konzept als Analyseinstrument der organisatorischen und räumlichen Anordnung von Produktions- und Distributionsprozessen“. In: Geographische Zeitschrift, 01/1997, S. 20–33. LINDEINER, KLAUS (1996): „Globalisierung“. In: Verein der Bayerischen Chemischen Industrie e.V. und VCI LV (Hrsg.): 50 Jahre Bayerische Chemieverbände, S. 25-29. MAIER, GUNTER und FRANZ TÖDTLING (1996): Regional- und Stadtökonomik 2. Regionalentwicklung und Regionalpolitik. Wien. MAITLAND, CARLEEN ET AL. (2002): “The European market for mobile data: evolving value chains and industry structure”. In: Telecommunications Policy, Vol. 26, S. 485–504. 72 MARKUSEN, ANN R. (1999): “Studying Regions by Studying Firms”. In: Markusen, Ann R. et al. (Hrsg.): Second Tier Cities. Rapid Growth beyond the Metropolis, S. 43-63. MAUCH, STEFAN (1979): Unternehmenspolitische Strategien zur Bewältigung von Standortnachteilen, dargestellt am Beispiel der Standortsituation der bayerischen Chemiebetriebe. München. MCDERMOTT, PHILIP und MICHAEL TAYLOR (1982): Industrial Organization and Location. Cambridge. MEUSER, MICHAEL und ULRIKE NAGEL (1991): „ExpertInnenInterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht. Ein Beitrag zur qualitativen Methodendiskussion“. In: Garz, Detlef und Klaus Kraimer (Hrsg): Qualitativ-empirische Sozialforschung, S. 441–471. MITZKAT, MARKUS (1996): Kaufverhaltensorientierte Gestaltung der Fertigungstiefe. Konzeptionelle Grundlagen und empirische Analysen. Wiesbaden. MÜLLER-STEWENS, GÜNTER (1993): „Strategische Partnerschaften“. In: Wittmann, Waldemar et al. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Band 3, Sp. 4063-4075. NOLLERT, MICHAEL (2005): Unternehmensverflechtungen in Westeuropa. Nationale und transnationale Netzwerke von Unternehmen, Aufsichtsräten und Managern. (= Soziopulse. Studien zur Wirtschafts- und Sozialpolitik, Band 3). Münster. NUHN, HELMUT (1993): „Konzepte zur Beschreibung und Analyse des Produktionssystems unter besonderer Berücksichtigung der Nahrungsmittelindustrie“. In: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, 03-04/1993, S. 137–142. OINAS, PÄIVI (1997): „On the socio-spatial embeddedness of business firms“ In: Erdkunde, Jg. 51, S. 23-32. OMV DEUTSCHLAND GMBH (2006): Für die Anlieger der OMV Pipelines. Burghausen. PAPPI, FRANZ URBAN (1987): Methoden der Netzwerkanalyse. (= Techniken der empirischen Sozialforschung, Band 1). München. PAROLINI, CINZIA (1999): The Value Net. A Tool for Competitive Strategy. Chichester. PAUSENBERGER, EHRENFRIED (1992): „Konzerninterner Leistungsaustausch und Transferpreispolitik in internationalen Unternehmungen“. In: Kumar, Brij Nino und Helmut Haussmann (Hrsg.): Handbuch der Internationalen Unternehmenstätigkeit. Erfolgsund Risikofaktoren, S. 767-768. PERLITZ, MANFRED (2000): Internationales Management. Stuttgart. PESCHKE, WOLFGANG ET AL. (1997): Chemie in Bayern. München. PFÜTZER, STEFANIE (1995): Strategische Allianzen in der Elektronikindustrie. Organisation und Standortstruktur. (= Wirtschaftsgeographie, Band 9). Münster. PICOT, ARNOLD ET AL. (1999): Organisation. Eine ökonomische Perspektive. Stuttgart. PORTER, MICHAEL E. (1989): „Der Wettbewerb auf globalen Märkten. Ein Rahmenkonzept“. In: Porter, Michael E. (Hrsg.): Globaler Wettbewerb. Strategien der neuen Internationalisierung, S. 17–68. PORTER, MICHAEL E. (1991): Nationale Wettbewerbsvorteile – Erfolgreich konkurrieren auf dem Weltmarkt. München. PORTER, MICHAEL E. (2000): Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage). Spitzenleistungen erreichen und sich behaupten. Frankfurt. 73 REGIONALER PLANUNGSVERBAND SÜDOSTOBERBAYERN (2007A): „Region - Kurzbeschreibung“ URL: http://www.region-suedostoberbayern.bayern.de/region/regbesch.htm - Abrufdatum 15.05.2007 REGIONALER PLANUNGSVERBAND SÜDOSTOBERBAYERN (2007B): „Regionalplan - Inhaltsübersicht“ URL: http://www.region-suedostoberbayern.bayern.de/regplan/Textuebersicht/textueb .htm - Abrufdatum: 10.07.2007 REGIONALER PLANUNGSVERBAND SÜDOSTOBERBAYERN (2007C): „Aktuelles – Verbandsinfo – Entwicklungskonzept (Region 18)“ URL: http://www.region-suedostoberbayern.bayern.de/aktuelles/r18-konz.htm - Abrufdatum: 22.09.2007 REHFELD, DIETER ET AL. (2004): Chemische Industrie. Neuorientierung, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. (= Arbeit und Technik, Band 27). München. REHNER, JOHANNES (2003): Netzwerke und Kultur. Unternehmerisches Handeln deutscher Manager in Mexiko. (= Wirtschaft und Raum, Band 11). München. REUBER PAUL und CARMELLA PFAFFENBACH (2005): Methoden der empirischen Humangeographie. Beobachtung und Befragung. Braunschweig. SALZBURGER NACHRICHTEN (2007): „Unbekannte Hightech-Region: Bayerns Chemiedreieck“, 24.02.2007, S. 8-9. SCHAMP, EIKE (2000): Vernetzte Produktion. Industriegeographie aus institutioneller Perspektive. Darmstadt. SCHÄTZL, LUDWIG (2001): Wirtschaftsgeographie 1 - Theorie. München. SCHMOLY, EVA (2005): Wandel der Unternehmensorganisation infolge des globalen Wettbewerbs. Dargestellt am Beispiel der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Marburg. SCHNELL, RAINER ET AL. (2005): Methoden der empirischen Sozialforschung. München. SCHWORM, KLAUS (1967): Chemische Industrie. München. SCOTT, ALLEN L. (1988): New Industrial Spaces. Flexible Production Organization and Regional Development in North America und Western Europe. London. SCOTT, JOHN (1991): Social Network Analysis. A Handbook. London. SHAN, WEIJIAN (1990): “An Empirical Analysis of Organizational Strategies by Entrepreneurial High-Technology Firms”. In: Strategic Management Journal, 11. Jg, S. 129-139. SPORTVEREIN WACKER BURGHAUSEN E.V. (2007): „Der Verein“ URL: http://www.sv-wacker.de/svwacker/ – Abrufdatum: 15.09.2007 STADT BURGHAUSEN (2007): „Bürgerinfo – Kindergärten und Horte“ URL: http://burghausen.de/content/index.cfm/fuseaction/113,dsp,0,0,0,106,0,0,Buer gerinfo___Kindergaerten_und__horte.html – Abrufdatum: 15.09.2007 STAMM, ANDREAS (2004): Wertschöpfungsketten entwicklungspolitisch gestalten. Anforderungen an Handelspolitik und Wirtschaftsförderung. Konzeptstudie im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Eschborn. STORPER, MICHAEL (1992): “The limits to globalization: technology districts and international trade”. In: Economic Geography, Vol. 68, S. 60–93. STRAMBACH, SIMONE (1995): Wissensintensive unternehmensorientierte Dienstleistungen. Netzwerke und Interaktion - am Beispiel des Rhein-Neckar-Raumes. Münster. 74 STRAUS, FLORIAN (2002): Netzwerkanalysen. Gemeindepsychologische Perspektiven für Forschung und Praxis. Wiesbaden. STRAUSS, BERND und MANFRED BRUHN (2003): „Dienstleistungsnetzwerke – Eine Einführung in den Sammelband“. In: Bruhn, Manfred und Bernd Strauss (Hrsg.): Dienstleistungsnetzwerke, Dienstleistungsmanagement Jahrbuch 2003, S. 3-30. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (2006): „Milliarden-Investitionen in Burghausen. Eine neue Pipeline soll für zusätzliche Arbeitsplätze sorgen“, 07.11.2007, S. 33. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (2007A): „Chemiedreieck rechnet mit mehr Güterverkehr“, 03.05.2007, S. 41. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (2007B): „Wettlauf um die Spitzenplätze – die Ranglisten“, 26.07.2007, S. 28. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (2007C): „Wirtschaftsförderung im Freistaat gerät in die Kritik. Die Schwaben fordern mehr Geld“, 16.08.2007, S. 41. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (2007D): „Chemie-Cluster gegründet. Hochschulen und Industrie sollen vernetzt werden“, 10.03.2007, R1. SYDOW, JÖRG (1992): Strategische Netzwerke. Evolution und Organisation. Wiesbaden. SYDOW, JÖRG (1995): „Unternehmensnetzwerke“. In: Corsten, Hans und Michael Reiß (Hrsg.): Handbuch Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Schnittstellen, S. 159–169. SYDOW, JÖRG (2001): „Management von Netzwerkorganisationen. Zum Stand der Forschung“. In: Sydow, Jörg (Hrsg.): Management von Netzwerkorganisationen. Beiträge aus der „Managementforschung“, S. 293–339. TUCHER, MATHIAS VON (1999): Die Rolle der Auslandsmontage in den internationalen Wertschöpfungsnetzwerken der Automobilindustrie. (= Wirtschaft und Raum, Band 5). München. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (2006A): Energie in Deutschland zu teuer! Warum die chemische Industrie wettbewerbsfähige Energiepreise braucht. Frankfurt. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (2006B): REACH kommt!. Darmstadt. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (2007A): Die chemische Industrie in Deutschland (Stand: 09/2007), 14 Seiten. URL: http://www.vci.de/template_downloads/tmp_VCIInternet/Branche%20082007~ DokNr~65348~p~101.pdf - Abrufdatum: 07.10.2007 VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (2007B): Stimme der Chemie. Frankfurt am Main. VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (2007C): Chemiewirtschaft in Zahlen 2007. Wiesbaden. VEREIN DER BAYERISCHEN CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (2007): Jahresbericht 2006/2007 URL: http://www.die-bayerische-chemie.de/pdf/Jahresbericht2007.pdf - Abrufdatum: 15.07.007 VEREIN DER BAYERISCHEN CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. und VCI LV BAYERN (1996): 50 Jahre Bayerische Chemieverbände. München. WAIBEL, LEO (1927): „Die Sierra Madre de Chiapas“. In: Verhandlungen und wissenschaftliche Abhandlungen des 22. Deutschen Geographentags zu Karlsruhe 1927, S. 12– 163. WASSERMAN, STANLEY und KATHERINE FAUST (1994): Social Network Analysis. Methods and Applications. Cambridge. 75 WEDER, ROLF (1989): Joint Venture. Theoretische und empirische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der chemischen Industrie der Schweiz. (= Basler Sozialökonomische Studien, Band 35). Basel. WESSEL, KARIN (1996): Empirisches Arbeiten in der Wirtschafts- und Sozialgeographie. Eine Einführung. Paderborn. WILLIAMSON, OLIVER E. (1979): “Transaction-Cost Economics. The Governance of contractural Relations“. In: Journal of Law and Economics, Vol. 22, S. 233–261. WILLIAMSON, OLIVER E. (1990): Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus. Unternehmen, Märkte, Kooperationen. Tübingen. WIN WACKER INTERNATIONAL (2007): „Gemeinsam im Wettbewerb“, Heft 04/2007, S. 4. WIRTH, EUGEN (1979): Theoretische Geographie. Grundzüge einer theoretischen Kulturgeographie. Stuttgart. WISSENSCHAFTSZENTRUM STRAUBING (2007): „News - Marke TUM im internationalen Wettbewerb“ URL: http://www.wz-straubing.de/default.asp?menue=230&lang=&ShowNews=ON& Artikel=95 – Abrufdatum: 15.09.2007 WITZMANN, KARLHEINZ (1955): Der Wirtschaftsraum Inn-Salzach-Alz. München. WOLLER, REINHARD (1984): Chemie in Bayern. München. ZENTRUM FÜR EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTSFORSCHUNG GMBH (2007): Innovationsmotor Chemie 2007. Die deutsche Chemieindustrie im globalen Wettbewerb. Mannheim. ZERDICK, AXEL ET AL. (2001): Die Internetökonomie. Strategien für die digitale Wirtschaft. Berlin. 76 ANHANG ANHANG 1: FRAGEBOGEN (QUANTITATIV)……………………..……………….……….78 ANHANG 2: KERNFRAGEN DES LEITFADENS (QUALITATIV)….………….……………….80 ANHANG 3: INTERVIEWPARTNER (QUALITATIV)...………………………..………...……81 ANHANG 4: EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG……….……………………………………82 77 L U D W I GMAX IMILIANS U N I V E R SITÄT MÜNCHE N DEPARTMENT FÜR GEOGRAPHIE LEHRSTUHL FÜR WIRTSCHAFTSGEOGRAPHIE FRAGEBOGEN UNTERNEHMEN XY Lieferbeziehungen 2006 Woher beziehen Sie Ihre Waren und Dienstleistungen (total = 100%)? 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. _______ % von Chemieunternehmen im Chemiedreieck (Auflistung siehe Rückseite) _______ % aus der Region Südostoberbayern (ohne 1., Karte siehe Beiblatt) _______ % aus dem Bundesland Bayern (ohne 2.) _______ % aus Deutschland (ohne 3.) _______ % aus Österreich _______ % aus den restlichen Ländern der EU _______ % weltweit (ohne 6.) Beschaffungsvolumen im Wirtschaftsjahr 2006 (in TSD EUR): _________ Absatzbeziehungen 2006 Wohin verkaufen Sie Ihre Waren und Dienstleistungen (total = 100%)? 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. _______ % an Chemieunternehmen im Chemiedreieck (Auflistung siehe Rückseite) _______ % in die Region Südostoberbayern (ohne 1., Karte siehe Beiblatt) _______ % in das Bundesland Bayern (ohne 2.) _______ % nach Deutschland (ohne 3.) _______ % nach Österreich _______ % in die restlichen Länder der EU _______ % weltweit (ohne 6.) Umsatzvolumen im Wirtschaftsjahr 2006 (in TSD EUR): _________ Basisdaten 2006 Hauptsitz in __________________, am Standort seit _________ Anzahl der Standorte, weltweit: Anzahl der Standorte, Deutschland: Anzahl der Standorte, Österreich: _________ _________ _________ Beschäftigte 2006, gesamt: _________ Beschäftigte 2006, am Standort: _________ Beschäftigte 2006, am Standort, wohnhaft in Deutschland: _________ Beschäftigte 2006, am Standort, wohnhaft in Österreich: _________ Jahresumsatz 2006, gesamt (in TSD EUR): Jahresumsatz 2006, am Standort (in TSD EUR): _________ _________ - Bitte wenden! - Bitte senden Sie den Fragebogen bis zum 09.07.2007 zurück an: Elisabeth Waltl, Brucknerstr. 7, 81677 München Vielen Dank für Ihre Mitarbeit! Bei Rückfragen können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden. Kontakt: 089 - 244 16 734, 0160 - 857 2512, [email protected] 78 UNTERNEHMEN XY Von welchen der aufgeführten Unternehmen des Chemiedreiecks bezogen Sie im Wirtschaftsjahr 2006 Waren/Dienstleistungen? Auftragswert 2006 (in TSD EUR) Welche Art der Beziehung führen Sie mit den genannten Unternehmen? Bitte kreuzen Sie an. Kaufvertrag (gelegentlich) Langfristiger Liefervertrag Joint Venture Strategische Keine Allianz Beziehung Keine Angabe Sonstige (Benennung) Sonstige (Benennung) WALDKRAIBURG ASCHAU TÖGING Aleris Recycling (German Works) GmbH Chemtura Manufacturing Germany GmbH KRAIBURG Holding GmbH & Co. KG NIGU Chemie GmbH TROSTBERG HART SCHALCHEN Nitrochemie Aschau GmbH AlzChem Hart GmbH AlzChem Trostberg GmbH BASF Construction Chemicals GmbH BASF Construction Polymers GmbH BURGKIRCHEN Clariant Produkte (Deutschland) GmbH Dyneon GmbH & Co. KG InfraServ Bayernwerk Gendorf GmbH InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG Klöckner Pentaplast GmbH & Co. KG Vinnolit GmbH & Co. KG BURGHAUSEN Borealis Polymere GmbH Linde Gas Produktionsgesellschaft mbH & Co. KG OMV Deutschland GmbH Vinnolit GmbH & Co. KG Wacker Chemie AG * * Die Wacker Chemie AG beinhaltet die Alzwerke GmbH, die Siltronic AG und die Wacker Polymer Systems GmbH & Co. KG. 79 Quelle: Eigene Bearbeitung 2007 ANHANG 2: KERNFRAGEN DES LEITFADENS (QUALITATIV) VERNETZUNG DES BAYERISCHEN CHEMIEDREIECKS MIT DER REGION* − Wie schätzen Sie die Vernetzung (im Sinne von Liefer- und Absatzbeziehungen) der Chemieunternehmen des Chemiedreiecks mit kleinen und mittelständischen Unternehmen vor Ort ein? − Welche Branchen profitieren besonders von den Chemieunternehmen? Welche Leistungen werden nachgefragt? − Wie wirkt sich das Vorhandensein der Chemieindustrie auf die Region aus (auch nicht-ökonomische Effekte)? BRANCHENINTERNE BEZIEHUNGEN IM BAYERISCHEN CHEMIEDREIECK − Gibt es Netzwerke/Kooperationen zwischen den Chemieunternehmen vor Ort? − Sind Ihnen Informationen über die Art und Intensität der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den lokalen Chemieunternehmen bekannt? BAYERISCHES CHEMIEDREIECK ALLGEMEIN − Wird die chemische Industrie im Bayerischen Chemiedreieck gezielt gefördert? − Welche Bedeutung hat die chemische Industrie für Neuansiedelung/Neugründung von Unternehmen im Bayerischen Chemiedreieck? − Wandern Unternehmen aus dem Bayerischen Chemiedreieck ab? Wenn ja, warum und in welchem Ausmaß? − Chancen / Probleme für die wirtschaftliche Entwicklung der Chemieunternehmen im Bayerischen Chemiedreieck (nur Stichpunkte)? Quelle: Eigene Bearbeitung 2007 * Der Regionsbegriff umfasst die Planungsregion Südostoberbayern sowie das angrenzende Österreich. 80 ANHANG 3: INTERVIEWPARTNER (QUALITATIV) Interviewpartner Unternehmen/Organisation Art der Befragung Ort Datum Dauer REGIONSEXPERTEN Stefan Stark BulwienGesa AG Persönliches Gespräch München 05.07.2007 120 Min. Hans Zott Regionaler Planungsverband Südostoberbayern, Geschäftsführer Persönliches Gespräch Traunstein 19.07.2007 40 Min. Franz X. Völkl Verband der Bayerischen Chemischen Industrie e.V., Geschäftsführer Persönliches Gespräch München 31.07.2007 70 Min. Dr. Tina Emslander Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, Referat Industrie Persönliches Gespräch München 07.08.2007 35 Min. Dr. Robert Obermeier Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern Leiter Bereich IIIA (IHK-Gremien, Volkswirtschaft, Industrie, Dienstleistungen, Standort- und Regionalpolitik) Persönliches Gespräch München 07.08.2007 35 Min. Dr. Werner Goll Initiative Bayerisches Chemiedreieck, Sprecher Persönliches Gespräch München 11.09.2007 45 Min. WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG Ulla Stadler Wirtschaftsförderung des Landratsamtes Altötting Persönliches Gespräch Altötting 17.07.2007 40 Min. Anton Steinberger Wirtschaftsförderungsgesellschaft Burghausen mbH, Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Altötting-Mühldorf, Körperschaft des öffentlichen Rechts, Geschäftsführer Persönliches Gespräch Burghausen 18.07.2007 35 Min. Monika Bachinger Landratsamt Mühldorf a. Inn Leiterin des Referats für Regionalentwicklung & Wirtschaftsförderung Persönliches Gespräch Mühldorf 18.07.2007 70 Min. Harald Schwarzbach Wirtschaftsförderungs GmbH Traunstein, Geschäftsführer Persönliches Gespräch Traunstein 19.07.2007 35 Min. CHEMIEWIRTSCHAFT Christoph Bachg OMV Deutschland GmbH, Leiter Services Persönliches Gespräch Burghausen 08.08.2007 115 Min. Dr. Bernhard Langhammer InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG, Geschäftsleitung Persönliches Gespräch Burgkirchen 17.08.2007 45 Min. Dr. Georg Grötsch Chemtura Manufacturing Germany GmbH, Geschäftsführer Industriegemeinschaft Waldkraiburg und Aschau e.V., Vorsitzender Persönliches Gespräch Waldkraiburg 17.08.2007 125 Min. Dr. Hermann-Josef Korte NIGU Chemie GmbH, AlzChem Trostberg GmbH, AlzChem Hart GmbH, Geschäftsführer Persönliches Gespräch Trostberg 20.08.2007 35 Min. Dr. Willi Kleine Dr. Klaus Blum Konrad Kammergruber Leiter Werk Burghausen, Wacker Chemie AG Stellvertretender Werkleiter, Leiter der Chemischen Zentralfunktionen Leiter Beschaffung, Technik & Dienstleistungen, Materialwirtschaft Persönliches Gespräch Burghausen 04.09.2007 35 Min. 81 Quelle: Eigene Bearbeitung 2007 ANHANG 4: EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre hiermit ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. München, den 06.12.2007 …………….................................................... ELISABETH WALTL 82