Die Jagd nach der zwei

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Die Jagd nach der zwei
Exoplaneten < Natur
Die Jagd nach der zweiten Erde
Immer schneller werden immer mehr Planeten entdeckt, die um fremde Sonnen kreisen.
Und immer klarer zeichnet sich ab: Erdähnliche Planeten sind nicht die Ausnahme,
sondern die Regel. Nun konzentrieren sich Forscher darauf, wie sie dort Spuren von Leben
nachweisen können. TEXT: ULF LÜDEKE
Foto: NASA / JPL-Caltech
Lange war man unsicher, ob andere
Sterne von Planeten umkreist
werden. Inzwischen weiß man: Jeder
zweite in unserer Galaxis hat mindestens einen Trabanten – in der
Mehrheit Gesteinsplaneten. Sogar
bei Doppel- und Dreifach-Sternsystemen hat man Planeten
entdeckt – hier die Illustration eines
Gasplaneten im Drei-Sterne-System
HD 188753, Sternbild Schwan, aus
der Sicht eines seiner Monde.
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Exoplaneten < Natur
E
s war ein nassgrauer Januartag, als Xavier Dumusque aus seinem Büro im Genfer Observatorium auf
die schneebedeckten Kuppen des Jura-Gebirges
schaute und das Gefühl hatte, dass sich in ihm eine
Lawine löste. Vier Jahre, nachdem er 2008 in der LaSilla-Sternwarte in der chilenischen Atacamawüste begonnen hatte, Berge von Beobachtungsdaten über Alpha
Centauri B anzuhäufen, flimmerte nun der erste Hinweis über seinen Computerbildschirm, dass dieser Stern
von einem Planeten umkreist wird. Vor lauter Aufregung folgten schlaflose Nächte, die Dumusque nutzte,
um den Hinweis zu belegen.
Journalisten der New York Times und vieler anderer
großer Medien aus der ganzen Welt schalteten sich am
16. Oktober 2012 zu einer Online-Pressekonferenz
der Europäischen Südsternwarte (ESO) hinzu, als der
28-jährige Schweizer seine sensationelle Entdeckung
bekanntgab. Alpha Centauri B ist eine von drei Sonnen,
die sich gegenseitig im Sternbild Centaurus umkreisen
– 4,3 Lichtjahre von uns entfernt. Das Trio liegt damit
näher an unserer eigenen Sonne als jede andere der
rund 200 Milliarden Sonnen in unserer Galaxis. Und
ausgerechnet hier fand Dumusque mit seinem Team
einen Trabanten, der fast genau die gleiche Masse hat
wie die Erde. Ein neuer Rekord bei der Suche nach einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, auch
„extrasolarer Planet“ oder kurz „Exoplanet“ genannt, die
vor allem ein Ziel hat: einen anderen Himmelskörper
zu entdecken, auf dem es Leben gibt. Eine zweite Erde.
Alpha Centauri A und B sowie der kleinere Proxima
Centauri sind keine Unbekannten. Mit bloßem Auge
nur als eine einzige Lichtquelle wahrnehmbar, strahlen allein die beiden Großen als dritthellstes Gestirn
am Firmament. Seit gut hundert Jahren wissen Astronomen, dass diese drei unsere nächsten Nachbarn im
All sind. Seither projizieren zahllose Autoren fantastische Geschichten über zweite Erden in ihre Umlaufbahnen – so wie 2009 James Cameron mit dem Mond
Pandora in seinem Film „Avatar“, dem erfolgreichsten
Kino-Epos aller Zeiten.
Dass es auf Alpha Centauri Bb, wie der neu entdeckte Planet getauft wurde, Leben gibt, hält Dumusque für
unwahrscheinlich: „Er ist nur sechs Millionen Kilometer von seinem Zentralgestirn entfernt – bei der Erde sind es 150 Millionen. Daher ist Alpha Centauri Bb
vermutlich ein Ball aus Lava.“ Dennoch ist die Entdeckung bemerkenswert. Nicht nur, weil Astronomen
noch vor gut 20 Jahren stritten, ob es außerhalb unseres Sonnensystems überhaupt Planeten gibt. Sondern
auch, weil Alpha Centauri Bb eine recht neue These
bestätigt: Erdähnliche Planeten im Universum sind
nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Aktuelle Hochrechnungen, die nicht nur auf Modellen, sondern inzwischen auch auf konkreten Beob-
achtungen basieren, erhärten die These. In unserer
Milchstraße soll sogar jede zweite Sonne von mindestens
einem Planeten umkreist werden – die Mehrheit von
ihnen wahrscheinlich Gesteinsplaneten. Das läuft auf
hundert bis mehrere hundert Milliarden Planeten in
unserer Galaxis hinaus – die wiederum nur eine von
vielen Milliarden im Universum ist. Allein aufgrund
der schieren Menge von Planeten da draußen sollten
bewohnbare Exemplare also nicht allzu selten sein –
selbst wenn einiges zusammenkommen muss, um Leben
auf einem Himmelskörper zu ermöglichen.
Fotos: ESO / S. Brunier, privat, ESO
Die La-Silla-Sternwarte in Chile: Mit Teleskopen und Raumsonden fahnden Astronomen nach der zweiten Erde.
Alpha Centauri Bb ist der leichteste Exoplanet, der
bislang entdeckt wurde. Und besonders die Kleinen
haben es in sich, erklärt Dumusque. „Damit sich auf
einem Planeten Organismen entwickeln können, sollte er felsig sein. Planeten mit mehr als zehn Erdmassen
aber sind in der Regel gasförmig.“ Eine aktive Plattentektonik und Vulkanismus seien ebenso wichtig, da
beides Einfluss auf die Bildung einer stabilen Atmosphäre hat, die nicht zuletzt als Schutzschirm gegen
die lebensfeindliche Strahlung des Alls dient. Ab vier,
fünf Erdmassen nimmt diese Aktivität jedoch ab. Je
weiter die Planetenmasse hingegen unter jener der Erde
liegt, desto mehr fehlt es an Gravitation, um eine Atmosphäre zu halten. Der Mars zum Beispiel, der lediglich ein Zehntel der Erdmasse aufweist, hat nur noch
eine sehr dünne Atmosphäre. Daher konzentrieren
sich Astronomen bei der Jagd nach einer zweiten Erde
auf Planeten zwischen einer und zehn Erdmassen, genannt „Supererden“.
Eine solche Supererde muss jedoch in bestimmter
Entfernung um ihre Sonne kreisen, da sonst eine weitere Voraussetzung für die Entstehung von Leben, wie
wir es kennen, nicht in flüssiger Form existieren kann:
Wasser. Den Bereich um einen Stern herum, in dem
die richtigen Temperaturen herrschen, nennen Experten die „grüne“ oder „habitable Zone“. Und die ist relativ schmal (siehe Grafik S. 18): Bei unserer Sonne
zum Beispiel zieht die Venus, der erdnächste innere
Planet, bereits zu nah an der Sonne ihre Kreise, sie ist
zu heiß (Sonnenentfernung: rund 108 Millionen Kilometer). Der Mars dagegen kreist am äußeren Rand
der habitablen Zone – dort wird es schon zu kalt (Sonnenentfernung: rund 228 Millionen Kilometer). Der
Orbit unserer Erde dagegen liegt goldrichtig.
Die Suche nach Exoplaneten ist extrem schwierig,
da sie im Vergleich zu den Sonnen sehr klein, zudem
unglaublich weit von der Erde entfernt sind und nicht
selbst leuchten. Die Entdeckung des ersten Exoplaneten Pegasi 51b, der 50 Lichtjahre weit weg von uns als
heißer Gasriese eng um einen sonnenähnlichen Stern
rotiert, war 1995 daher nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine technische Sensation.
Fast alle der inzwischen mehr als tausend entdeckten
Exoplaneten können noch immer nicht direkt, son-
dern nur indirekt beobachtet werden. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Die
häufigste, mit der auch Alpha Centauri Bb
aufgespürt wurde, ist die Messung der Radialgeschwindigkeit (siehe Grafik S. 19),
wie das leichte Schlingern eines Sterns genannt wird, welches das Gra-vitationsfeld
Der Schweizer Xavier Dumusque
sucht in unserer stellaren
Nachbarschaft nach
erdähnlichen Planeten
eines um ihn kreisenden Planeten erzeugt.
Obwohl der Stern viel größer und schwerer
ist, steht er also nicht still, sondern wandert fast unmerklich mit dem Planeten um
einen gemeinsamen Schwerpunkt. Diese
Bewegung des Sterns fällt um-so stärker
aus und lässt sich umso leichter messen, je
massereicher und näher der Pla-net ist. Aus
der Radialgeschwindigkeit und der Masse
des Sterns lässt sich die Masse des Exoplaneten ableiten.
Angesichts der Tatsache, dass selbst der
nächste Exoplanet 4,3 Lichtjahre entfernt
ist (ein Lichtjahr sind 9,5 Billionen Kilometer), erscheinen die Radialgeschwindigkeiten absurd klein. Beim Mutterstern von
Pegasi 51b etwa beträgt sie nur 60 Meter
pro Sekunde. Gemessen wurde sie mit dem
inzwischen außer Dienst gestellten Spektrografen ELODIE vom Observatorium Haute
Provence in Frankreich, das über ein veraltetes 1,9-Meter-Spiegelteleskop verfügt.
ELODIE konnte Radialgeschwindigkeiten
bis zu 10 Meter pro Sekunde erkennen.
Alpha Centauri Bb wurde mit einem ebenfalls antiquierten 3,6-Meter-Spiegelteleskop in Chile entdeckt. Dessen Spektrograf
HARPS schafft bereits 50 Zentimeter pro
Sekunde – das ist immer noch weniger als
die menschliche Schrittgeschwindigkeit.
In zwei Jahren soll an einem der vier 8-Meter-Spiegel des benachbarten Paranal-Observatoriums ESPRESSO in Betrieb gehen,
was Exoplanetenjäger wie Xavier Dumusque mit Spannung erwarten: „ESPRESSO
wird zehn Zentimeter pro Sekunde schaffen.
Das ist genau die Radialgeschwindigkeit,
die ein Planet wie unsere Erde bei einem
Stern wie unserer Sonne auslöst.“ Die
Diese Aufnahme war 2005 eine
Weltsensation: die erste direkte
Beobachtung eines Exoplaneten.
Der 170 Lichtjahre entfernte
Gasriese 2M1207b (roter
Punkt) umrundet einen
Braunen Zwergstern (weißer
Punkt). Das Foto gelang, weil
der Planet seinen relativ
schwach leuchtenden Stern in
großer Entfernung umrundet,
sodass dieser ihn weniger
überstrahlt. Und weil der
Planet zu den größten gehört,
die wir kennen – drei bis zehn
Mal größer als Jupiter.
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Exoplaneten < Natur
Jagd auf richtig interessante Planeten, die der Erde gleichen, geht also gerade erst richtig los.
Es gibt noch weitere Tricks, Exoplaneten aufzuspüren. Der zweitwichtigste ist die Transitmethode (siehe
Grafik S. 19): Zieht ein Planet von der Erde aus gesehen
»Wir sind die erste Menschengeneration, die Leben auf
anderen Planeten entdecken
kann«, sagt Lisa Kaltenegger
direkt vor seiner Sonne vorbei, Transit genannt, ist er
zwar auch nicht direkt sichtbar, bewirkt jedoch einen
vorübergehenden Abfall in der Intensität des Sternenlichts, weil er einen kleinen Teil davon verdeckt. Ein
jupitergroßer Planet vor einem sonnenähnlichen Stern
zum Beispiel reduziert dessen Licht um ein Prozent.
Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Exoplanetenorbit genau auf unserer Beobachtungsebene liegt,
ziemlich gering, was einzelne Sterne betrifft. Da moderne Teleskope und Raumsonden jedoch tausende Sterne
gleichzeitig überprüfen können, finden sie jede Menge
Beispiele. Zu diesem Zweck hatte die US-Raumfahrtbehörde NASA das Weltraumteleskop Kepler gebaut, das
Die wichtigsten Wege Exoplaneten aufzuspüren: Die Transitmethode registriert den
vorübergehenden Sternenlichtabfall, wenn der
Planet vorbei zieht. Die Radialgeschwindigkeits- und die Astrometrische Methode
messen, wie der Stern sich hin und her bewegt,
während der Planet ihn umkreist. Im ersten Fall
vorwärts und rückwärts, im zweiten seitlich.
in einem winzigen Himmelsausschnitt im Sternbild
Schwan seit 2009 rund 150 000 Sterne absuchte. Bis zu
seinem Ausfall im Frühjahr 2013 entriss Kepler der funkelnden Finsternis 3000 Exoplaneten-Kandidaten, von
denen inzwischen mehr als 130 bestätigt sind.
Die jüngste Entdeckung macht deutlich, was die umfangreichen, bislang unausgewerteten Daten noch für
Schätze bergen könnten. Ende Oktober gab das Berliner
DLR-Institut für Planetenforschung vier Exoplaneten
um den 2500 Lichtjahre entfernten Stern KOI-351 bekannt. Drei jupiterähnliche waren bereits zuvor gefunden worden, womit KOI-351 das erste extrasolare
System mit sieben nachgewiesenen Planeten ist. Wie
bei unserem acht Planeten zählenden Sonnensystem
kreisen die eher kleinen Gesteinsplaneten innen, die
großen Gasriesen außen.
Viele Planetenforscher halten eine solche Konstellation für günstig, weil die großen Gasriesen mit ihrer
enormen Anziehungskraft einen Großteil des Asteroidenbombardements aus dem All auf die kleineren Planeten abfangen. So könnte sich dort mögliches Leben
ungestörter entwickeln. „Kein anderes Sonnensystem
gleicht bisher so sehr dem unseren wie dieses“, jubelten die Forscher um Projektleiter Juan Cabrera. „Es ist
ein großer Schritt auf der Suche nach einem ,Zwilling‘
zu unserem Sonnensystem und damit auch auf der
Suche nach der zweiten Erde.“
Fotos: MPIA/Elisabeth Schuh, NASA/Ames/JPL-Caltech, fotolia/apttone, Grafik: Sonja Heller (3)
Die Grafik zeigt die grünen Zonen unserer Sonne und des Sterns Kepler-62.
Allerdings hat das neu entdeckte System mit einer
Sonne, die noch etwas wärmer als unsere ist, einen
Haken: Keiner der Gesteinsplaneten liegt in der habitablen Zone. Der äußerste Planet – ein Gasriese – kreist
um KOI-351 in einer Distanz wie die Erde um die Sonne, alle anderen liegen dazwischen.
In dieser Hinsicht war ein weiterer Coup der KeplerMission viel aufregender: Die Entdeckung der fast
identischen Gesteinsplaneten Kepler 62e und 62f im
Sternbild Leier, verkündet im vergangenen April. Diese
Kepler-Zwillinge tänzeln in der grünen Zone um ihren
Stern, der noch über mindestens drei weitere Planeten
verfügt und nur ein wenig kleiner ist als die Sonne.
„Das war für mich eine der Sternstunden der Astronomie“, sagt Lisa Kaltenegger vom Max-Planck-Institut
für Astronomie in Heidelberg. Die 36-jährige Astrophysikerin war ein Jahr zuvor von Kepler-Chef William Borucki gebeten worden, die Daten von Kepler 62e
und 62f genauer auszuwerten. „Diese beiden Exopla-
neten sind die ersten in der habitablen Zone,
deren Radius weniger als doppelt so groß
wie jener der Erde ist und die wir uns nur
als Felsplaneten erklären können – der eine etwas heißer, der andere etwas kühler.“
Es wäre möglich, so die Österreicherin,
dass der eine von einem tiefen Ozean bedeckt ist und der andere von einem dicken
Eispanzer.
Dass Kaltenegger den Auftrag erhielt,
lag nahe, denn sie ist Spezialistin für die
Lufthüllen von Exoplaneten. „Solange Reisen zu diesen Planeten unmöglich bleiben,
sind ihre Atmosphären der einzige Schlüssel
für uns, Leben zu identifizieren“, so Kaltenegger, die auch an der Harvard University forscht. „Was wir suchen, sind Gase
wie Sauerstoff, Wasserdampf und Methan,
die – wenn sie zusammen auftreten – als Indikatoren für biologische Prozesse gelten.“
So werden Methan und Sauerstoff auf der
Erde vor allem von Organismen produziert
und in die Luft abgegeben. Nachweisen
kann man die Gase in der Atmosphäre eines
fernen Planeten, indem man im Moment
seines Transits das Sternenlicht analysiert.
Scheint Licht durch seine Atmosphäre, absorbieren deren Gase je nach Art bestimmte
Wellenlängen. Sauerstoff oder Methan zum
Beispiel verraten sich also durch schwarze
Linien an einer ganz bestimmten Stelle im
Farbspektrum dieses Lichts.
Kaltenegger hat am Heidelberger MaxPlanck-Institut das Team „Supererden und
Leben“ aufgebaut, das seit 2010 einen Katalog von Atmosphärenmodellen erarbeitet.
Sie beschreiben alle möglichen Mixturen
von Luftgemischen, wie sie für verschiedene
Planeten typisch sind – vom heißen Gasriesen bis zum eisigen Mini-Planeten. „Indem wir künftig die Spektren von neu entdeckten Exoplaneten mit diesen Modellen
vergleichen, können wir besser verstehen,
auf welche Indikatoren im Farbspektrum
wir achten müssen und recht schnell erkennen, welcher Planet theoretisch Leben
beherbergen könnte.“
Einen Diamanten von vielen
Trillionen Karat fände wohl
jeder schick. Astronomen vermuten, dass es im All solche
Edelsteine gibt: Gesteinsplaneten, deren Mantel nicht wie
bei der Erde aus Silikatgesteinen, sondern aus Keramik besteht – hauptsächlich Siliziumund Titancarbid, umhüllt mit
einer Schicht Graphit. Am
Grund dieser Graphitschicht
wäre der Druck so groß, dass
sich reiner Diamant bildet –
kilometerdick. Entstehen
könnten solche Planeten in den
äußeren, kohlenstoffreichen
Regionen der Staubscheibe eines
jungen Sterns. Die Atmosphäre
bestünde vermutlich aus
Kohlenmonoxid und Methan –
nicht gerade lebensfreundlich.
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Exoplaneten < Natur
Die Raumsonde Kepler (oben) hat in vier Jahren
3000 Exoplaneten aufgespürt. Das JamesWebb-Weltraumteleskop (unten) soll das
berühmten Hubble-Teleskop ersetzen und die
Atmosphären solcher Planeten analysieren.
Leben auf unseren Nachbarplaneten
Bei unseren Nachbar-Planeten und deren Monden ist die
Suche nach Leben trotz der im Vergleich zu Exoplaneten
überschaubaren Entfernungen bislang erfolglos verlaufen.
An Indizien und Elementen, die als Voraussetzung für
organisches Leben gelten, mangelt es jedoch nicht.
Der Mars liegt am äußeren Rand der grünen Zone um die
Sonne und hat nur eine dünne, vor allem aus Kohlendioxid
bestehende Atmosphäre mit geringen Spuren Sauerstoffs.
Dafür gibt es am Boden jede Menge Eis. Würde es schmelzen,
stünde der Rote Planet elf Meter unter Wasser. Methan, das
auch bei organischem Stoffwechsel entsteht, ist ebenso vorhanden, nur weit weniger, als ursprünglich gedacht. Bodenanalysen von Marsrover „Curiosity“ wiesen zudem Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel und Phosphor nach – wichtige Elemente für Leben. Experten halten die Existenz von Mikroben
im Marsboden für möglich; entdeckt wurde aber noch nichts.
1996 fanden Forscher im Allen-Hills-Marsmeteoriten Indizien
für fossile Mikroorganismen. Einigen Astrobiologen gilt der
in der Antarktis gefundene Meteorit als Beweis für die Panspermie-Theorie, die besagt, dass Leben per Meteorit als
Taxi von einem zum anderen Himmelskörper gelangt.
Experimente haben belegt, dass Mikroben eine solche Reise
durchs All überleben können.
Sehr ungemütlich geht es auf der Venus zu. Ihre Luft ist 90
mal dicker als die der Erde, 500 °C heiß und besteht fast
komplett aus Kohlendioxid. Es regnet nur in den oberen
Schichten – und zwar kein Wasser, sondern Schwefelsäure.
Dennoch halten Astrobiologen die Existenz von Mikroben in
einigen Dutzend Kilometern Höhe über dem Boden für
möglich. Als Indikator werten sie Spuren von Carbonylsulfid,
das auf anorganischem Weg nur schwer zustande kommt.
Zudem sind Schwefeldioxid und Schwefelwasserstoff in der
Atmosphäre nachgewiesen worden; die jedoch miteinander
reagieren und daher nicht vorkommen dürften – es sei denn,
sie werden von Bakterien ständig neu produziert.
Saturnmond Titan gilt als erdähnlichster Himmelskörper im
Sonnensystem. -180 °C Kälte, dicke Stickstoffatmosphäre
und Methanregen stehen dem Gedeihen von Leben entgegen, jedoch könnten sie Mikroben zulassen, die Wasserstoff und Acetylen aufnehmen und Methan ausscheiden.
Risse in der kilometerdicken Eiskruste von Jupitermond
Europa werden als Beweis tektonischer Aktivität gewertet.
Die thermischen Prozesse könnten auch einen Ozean unter
dem Eis so warm halten, dass Bakterien lebensfähig wären.
Die Europäische Raumfahrtbehörde ESA arbeitet derzeit an
einer Bohrsonde, die diese Theorie prüfen soll.
Pflanzen durch charakteristische Reflexion des Sternenlichts an der Erdoberfläche
bemerkbar machen, fallen die Spuren von
etwas mehr als hundert Jahren Industrialisierung und technologischem Fortschritt
in der Luft aber eher winzig aus“, sagt Lisa
Kaltenegger.
Fotos: NASA/Ames/JPL-Caltech
Der Exoplanet Kepler-62f, wie Astronomen ihn sich aus der Nähe vorstellen. Auf der „Supererde“ könnte es Leben geben.
Für die Vergleiche stehen vor allem die acht Planeten unseres eigenen Sonnensystems und deren Monde
Modell, deren Spektren gut untersucht sind. Von der
Erde wurden gleich mehrere Profile angelegt – für die
Zusammensetzung ihrer Lufthülle in den verschiedenen Erdzeitaltern. „Jede Phase, angefangen von der Erdentstehung über die ersten Spuren des Lebens und der
Dinosaurier bis heute, hat ihr charakteristisches Profil,
zum Beispiel weil Organismen durch ihre Stoffwechsel in der Atmosphäre ganz spezifische Spuren hinterlassen“, erklärt Kaltenegger. Diese Spuren lassen sich
anhand von Gesteinsproben aus den verschiedenen
Erdzeitaltern grob rekonstruieren – ein Verfahren, das
Kaltenegger selbst entwickelt hat.
Sogar Einflüsse extremer Lebensformen wie Mikroben, die unter Eis, in Wüsten oder der Tiefsee leben, werden einkalkuliert. „Angesichts der Vielfalt von Exoplaneten, die wir schon jetzt kennen, halte ich es für gut
möglich, dass solche Extremophile, die bei uns vor allem in lebensfeindlichen Gegenden existieren, in anderen Welten die Vorherrschaft erlangt haben und typische Spuren in der Luft ihres Planeten hinterlassen.“
Natürlich fehlt auch ein Volltreffer-Modell nicht:
ein Spektralprofil für einen Planeten, auf dem eine industrialisierte Zivilisation wie die Menschheit lebt,
abzulesen an der Atmosphäre. „Im Vergleich zu den
vergangenen 500 Millionen Jahren, in denen sich die
Ob sich in den Atmosphären von Kepler
62e und 62f Hinweise auf eine hochentwickelte Zivilisation oder wenigstens prähistorischen Urwald finden, wird allerdings
noch eine Weile im Dunkeln bleiben. Die
beiden zählen unter den über 1000 Exoplaneten zwar zum erlesenen Kreis von aktuell
zehn Supererden, die Leben beherbergen
könnten, sind aber mit 1200 Lichtjahren
für einen Lufthüllen-Check viel zu weit weg
von uns.
Doch schon die nächste Generation von
Teleskopen dürfte diesen Kreis explosionsartig erweitern und in Kürze für neue, womöglich noch größere Euphorie bei der
Exoplanetenjagd sorgen. Sie werden in Regionen von bis zu 100 Lichtjahren Entfernung vordringen. Die großen Erd- und Weltraumteleskope der letzten Generation wie
Hubble haben bereits bei einigen großen
Gas-Exoplaneten Wasserdampf, Kohlenmonoxid, Natrium sowie Hinweise auf
Kohlendioxid und Methan gefunden. „Mit
dem 6,5-Meter-Spiegel des James-WebbWeltraumteleskops aber, das 2018 das altgediente Hubble-Teleskop ersetzen soll, können wir erstmals auch die ganz dünnen
Atmosphären von kleinen Felsplaneten auf
spektrale Fingerabdrücke von Lebensformen
absuchen“, sagt Kaltenegger. Ein Nachfolger für die Kepler-Sonde ist ebenfalls bereits
im Bau: TESS (Transiting Exoplanet Survey
Satellite) soll ab 2017 unter den zwei Millionen hellsten und nächsten Sternen die
besten Supererden-Kandidaten finden, deren Atmosphären anschließend vom JamesWebb-Weltraumteleskop spektral durchleuchtet werden.
Lisa Kaltenegger zählt zur Missionsleitung von TESS: „Diese revolutionäre Entwicklung bei der Suche nach Exopla-
Die Entdeckung einer zweiten
Erde würde sicher jeden Erdenbewohner faszinieren. Doch
wenn bis dahin nicht ein enormer Durchbruch in der Raumfahrt gelingt – etwa die Entwicklung eines Warp-Antriebs
wie bei Raumschiff Enterprise –,
würde sich auch Ernüchterung
breitmachen: Wir könnten unseren Zwilling nicht besuchen.
Mit der aktuell besten Antriebstechnik bräuchte ein bemanntes Raumschiff gute 100 000
Jahre – selbst, wenn der Planet
beim allernächsten Stern gefunden würde. Dafür würde
das Schiff allerdings mehr
Treibstoff verbrennen als
es im gesamten Universum
überhaupt Materie gibt (siehe
natur+kosmos, Heft 07/11).
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Natur > Exoplaneten
lich sind, bedeutet das rund zehn Milliarden Supererden
in der grünen Zone.
In zwei Jahren könnte der ESPRESSO-Spektrograf in
Chile theoretisch auch eine zweite Erde bei Alpha
Centauri B nachweisen. Ob es dafür Anzeichen gibt,
will Xavier Dumusque nicht verraten. Nur so viel lässt
er sich entlocken: „Weitere schlaflose Nächte sind nicht
ausgeschlossen.“
Infos zur Kepler-Mission:
http://kepler.nasa.gov.
Video von Lisa Kaltenegger über
Kepler 62e/f: www.youtube.
com/watch?v=_goyfNeC3JQ
Ulf Lüdeke
Jeder Mensch besteht letztlich aus
Sternenstaub und wird auch wieder
dazu werden – diese Vorstellung hat
unseren Autor immer fasziniert.
Umso mehr reizt ihn der Gedanke
von Leben auf fremden Planeten.
Ein Exoplanet, der seinen Stern eng umkreist (Illustration). Er ist zu heiß, um Leben hervorzubringen.
Natur in Zahlen
Astronomisch!
13,82 Milliarden Jahre ist das Universum nach neuesten Berechnungen alt
Fotos: privat, ESA/C. Carreau, NASA/ESA/M.J.Jee/H. Ford
neten macht uns zur ersten Generation Mensch, die
die spannende Frage nach Leben auf anderen Planeten
beantworten kann. Obwohl wir in der Analyse der Daten exoplanetarer Atmosphären erst am Anfang stehen, hat sich die fundamentale Frage, der wir nachgehen, bereits verändert: Es geht nicht mehr in erster
Linie darum, ob wir Felsplaneten in der habitablen
Zone um ihren Stern aufspüren können, sondern darum, wie wir Spuren von Leben in deren Atmosphäre
ausfindig machen.“ Die Fortschritte hätten übrigens
nicht nur Astronomen elektrisiert, fügt die Astrophysikerin hinzu. „Selbst bei jenen Biologen, die bislang
glaubten, dass das Leben auf Erden etwas Einmaliges
ist, bröckelt allmählich die Skepsis.“
Auch die Jagd nach einem Erdzwilling bei unserer
Nachbarsonne steht noch am Anfang. Einen Felsplaneten um Alpha Centauri B hat Xavier Dumusque bereits
entdeckt. Und wo einer ist, da sind in der Regel weitere.
Das belegen immer mehr Exoplanetenfunde.
Die neueste Hochrechnung auf Basis der KeplerDaten toppt alle bisherigen Erwartungen: Mindestens
jeder fünfte sonnenähnliche Stern in der Milchstraße
wird von einem erdähnlichen Planeten in der lebensfreundlichen Zone umkreist. Bei 200 Milliarden Sternen
in unserer Galaxis, von denen ein Fünftel sonnenähn-
4,54
Milliarden Jahre zählt die Erde
8
Stunden entspricht das, wäre das Universum heute einen Tag alt
26
Minuten wäre es in dieser Analogie her, dass die Dinosaurier auftauchten
1
Sekunde wäre vergangen, seit der moderne Mensch, Homo sapiens, auf den Plan trat
4
Zentimeter entfernt läge die Erde ungefähr, wäre die Sonne der Punkt auf diesem „i“
6,5
Zentimeter entfernt läge der Mars
200
Zentimeter entfernt läge der Zwergplanet Pluto
14
Kilometer läge Alpha Centauri Bb entfernt, der nächste Exoplanet
63 000 Stundenkilometer schnell fliegt die Raumsonde Voyager 1
200
mal so schnell wie ein Rennauto auf der Zielgeraden
36
Jahre hat Voyager gebraucht, um an den Rand unseres Sonnensystems zu gelangen
74 000 Jahre würde Voyager benötigen, um zu Alpha Centauri Bb zu gelangen – wenn sie in seine Richtung flöge
50 000 Euro kostet jedes Kilogramm Nutzlast, das per Shuttle zur Raumstation ISS gebracht wird
8
Millionen Euro kostet ein moderner Raumanzug der NASA
40
Milliarden Euro wird Schätzungen zufolge die erste bemannte Mission zum Mars kosten
Area51
klingt geheimnisvoll, ist aber
schlicht die Verwaltungsbezeichnung des Staats Nevada
für den Lieblingsort der Ufologen.
Die Area 51, auch als „Dreamland“ oder „Paradise
Ranch“ bezeichnet, ist ein militärisches Sperrgebiet
im südlichen Nevada. Ihr Zweck wurde von der USRegierung lange geheim gehalten. Begonnen hatte
alles damit, dass der Science-Fiction-Autor H. G.
Wells eine Alien-Invasion beschrieb. 1938 löste sein
Radiohörspiel „Krieg der Welten“ in den USA eine
Massenpanik aus: Die Zuhörer hielten es für eine
Nachrichtenmeldung. 1947 wurden im Bundesstaat
Washington neun leuchtende Objekte gesichtet –
„als ob man Untertassen übers Wasser hüpfen
lässt“, berichtete ein Augenzeuge. Im selben Jahr
entdeckte ein Farmer in New Mexico Stücke aus
ultraleichtem Material. Die Air Force erklärte, es
handele sich um Reste eines Wetterballons. Ufologen
waren überzeugt, dass hier ein Raumschiff abgestürzt
sei und die Army die Aliens in der Area 51 eingefroren habe. Im August 2013 hat die CIA nun
endlich erklärt, was es mit der Militärbasis auf sich
hat. Das Areal sei während des Kalten Krieges als
Testgelände für Spionageflugzeuge genutzt worden.
Die Ära der Ufologie scheint sowieso vorbei: Die
Zahl der Ufo-Meldungen ist in den vergangenen 20
Jahren um 96 Prozent eingebrochen.
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