Elternhaus als Filmset

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Elternhaus als Filmset
KULTUR
Rhein Main Presse
WAS GEHT AM
WOCHENENDE?
von
DANIEL DUBEN
Mittwoch, 8. September 2010
17
Elternhaus
als Filmset
BANDPORTRÄT Sowl haben zu einem Stück
ein kreatives Video gedreht
[email protected]
Mainz contra
Wiesbaden ?
Das Verhältnis von Wiesbadenern und Mainzern ist eigentlich gar nicht so schlecht. Natürlich wird dann und wann
über den Nachbarn gelästert.
Aber wo gibt es das nicht? Man
neckt sich eben ein bisschen.
Insgeheim freuen sich die Hessen jedoch darüber, dass sie
auch in die lebendige Mainzer
Studentenszene
eintauchen
können, während die Rheinland-Pfälzer sich gerne mal zur
Entspannung vor das Kurhaus
setzten oder im Schlachthof
Live-Musik genießen.
Als sich die Macher des neugegründeten Wiesbadener Tonstudios Watch your Head allerdings dazu entschlossen, ihren
Bandcontest in Mainz durchzuführen, fragten sich dann doch
schon einige, warum das Wiesbadener Unternehmen dafür
die
Rheinseite
wechselt.
Schnell setzten sich Intrigen in
den Köpfen zusammen. Möchte das spießige Wiesbaden ein
Stück Jugendkultur verdrängen? Oder wollen die bösen
Mainzer den kreativen Nachwuchs aus Hessen weglocken?
Wie so oft war die Antwort
weitaus simpler als gemeinhin
spekuliert. Kontakte zum Veranstaltungsort, günstigere Mieten und eine besserer Open-AirSituation geben die Macher des
Bandcontests als Gründe für
den Weg nach Mainz an. Also
wieder nix mit Intrigen, Hochverrat und blankem Hass zwischen Wiesbaden und Mainz.
Deswegen sollten sich auch
Wiesbadener nicht von der
rheinischen Grenze abschrecken lassen und am Samstag ab
19 Uhr in den Mainzer Schlossbiergarten kommen. Dort steigt
nämlich der erste Watch Your
Head-Bandcontest mit den Formationen Callahaan, The Incredible Mole Rats und Left
Hand Black. Der Eintritt ist
kostenlos und der Erlös aus
dem Getränkeverkauf geht an
Bärenherz. Da vergisst man
doch gerne mal kleinkarierte
Ländergrenzen.
Einem Teil unserer heutigen
Ausgabe liegt ein Prospekt der
Firma Karstadt Warenhaus
Gmbh bei.
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Hauzel (Ltg.). Brigitte Tietze, Peter Wilhelm.
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Hofmann, Harald Kaster, Manfred Knispel,
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(3,9 ct./Min. aus dem dt. Festnetz,
Mobilfunkhöchstpreis 42 ct./Min.)
©.
Von
Daniel Duben
WIESBADEN. Es liegt in der
Natur der Sache, dass Newcomer-Bands beim Dreh ihres
ersten Musikvideos nicht über
das allerhöchste Budget verfügen. Statt auf ein dickes Portemonnaie kommt es also meistens auf verstärkte Kreativität
an.
Manchmal stellt sich aber
auch nach einigen Überlegungen heraus, dass es überhaupt
keinen großen Etat braucht,
um ein stimmiges Video einzuspielen. „Wir kamen recht
MUSIKSZENE
schnell auf die Idee, dass wir
für unser Video weder teure
Schauspieler noch große Effekte brauchen“, sagt Simon
Strunck, Sänger und Gitarrist
der Formation Sowl. Für den
Streifen zu ihrem Stück „Es ist
gut wie es ist“, das nun seit einigen Wochen bei Youtube
und Myspace zu sehen ist, griffen die Musiker auf Eltern,
Freunde und Verwandte zu-
rück. „Bei dem Lied geht es
um Heimat und das Gefühl,
sich zu Hause wohl zu fühlen“, erklärt Strunck. Was läge
da näher, als das heimatliche
Umfeld in das Musikvideo einzubauen?
Also wandelten Sowl das Elternhaus ihres Sängers kurzerhand in ein Filmset um. Das
Sofa wurde zur zentralen Anlaufstelle für sämtliche Familiengenerationen, die sich dort
vor der Kamera einfanden. Dazu wechseln sich Strunck und
Rapper Ulf Eisenkrämer alias
Nowl mit Gesang und Sprechgesang zu den sanften Klängen
der Akkustikgitarre beständig
ab. „Natürlich war das Ganze
eine Low-Budget-Produktion.
Aber ich denke, es trifft trotzdem genau den Nerv des Stückes“, unterstreicht der Sänger.
Strunck und Eisenkrämer
kennen sich nach eigenen Angaben schon eine halbe Ewigkeit. „Wir haben beide lange
vor Sowl damit angefangen,
Musik zu machen“, berichtet
Strunck, der bereits in ein
paar Bands gespielt hat sowie
eigene Soloprojekte am Start
Sowl hat eine Low-Budget-Produktion gedreht – und gezeigt, dass Kreativität nicht von den Mitteln abhängt.
hatte. Eisenkrämers musikalische Vorlieben waren dagegen
lange anders gelagert. „Ich war
eher im Rap-Bereich unterwegs“, sagt der Mann mit dem
Künstlernamen Nowl. Zu
Hause bastelte er eigene Beats
am Rechner, legte seinen
Sprechgesang darüber und
verkaufte die eigenhändig produzierten CDs nach seinen
Auftritten aus dem Rucksack
heraus. „Außerdem war ich
früher recht häufig auf Free-
style-Battles“, erzählt Nowl,
der ebenso wie sein Kumpel
Simon in Friedberg groß geworden ist. Heute habe er die
Battles jedoch an den Nagel
gehängt. „Die Qualität ist dabei nicht mehr so hoch wie früher, ich hatte Lust, mal etwas
anderes zu machen“, sagt er.
Obwohl sie in anderen musikalischen Ecken tätig waren,
haben die beiden Freunde früher auch schon ein paar Stücke gemeinsam eingespielt.
„Plötzlich kam uns dann die
Idee, das Ganze ein bisschen
größer aufzuziehen“, erinnert
sich Simon Strunck. Nach einigen Vorarbeiten schlossen
sich dann Anfang 2010 die
Reihen um die beiden Freunde. Schlagzeuger Robert Krämer fand über gemeinsame Bekannte den Weg in die Band.
Bassist Eugen Prokott fragte
bei Simon an, ob er nicht noch
einen Musiker für sein neues
Projekt gebrauchen könnte.
Foto: Jens Naumann
„Mit dieser Band-Mischung
sind wir nun super zufrieden“,
betont der Sänger. Das Besondere von Sowl ist für ihn das
Zusammenspiel von Songwriting und Rap, gepaart mit
einer Band im Rücken. „Das
gibt es in dieser Form nicht so
oft“, unterstreicht er.
Das Video zu „Es ist gut wie es
ist“sowie weitere Informationen zu Sowl gibt unter
www.myspace.com/sowlmusik
Finnische Bescheidenheit
KONZERT Disco Ensemble mit einemLehrstück über Rock‘n‘Roll im Schlachthof
Von
Daniel Duben
Entfalteten druckvoll modernen Rock‘n‘Roll: Disco Ensemble im Schlachthof.
Foto: RMB/Heiko Kubenka
WIESBADEN (dcd). In der Liga der schönsten Gefühle
nimmt die Liebe mit Sicherheit
einen Spitzenplatz ein. Kein
Wunder, dass sich bereits Abertausende musikalischer Werke
mit ihr beschäftigt haben. Das
ist mal mehr, mal weniger gelungen, in jedem Fall aber eindeutiges Indiz für den Einfluss
dieses Gefühls auf die Musik.
Doch wie so Vieles kommt
auch die Liebe selten ohne
Nebenwirkungen daher. Eine
davon haben die Wiesbadener
Musiker von The Herd entdeckt und sogleich ein Album
nach ihr benannt. „Love Kills
Brain Cells“ heißt die erste EP
der Herde.
Dabei spielen die fünf Musiker eine ganz entspannte Art
von Rock, die dann und wann
durchaus ein wenig in den
Blues abdriftet. Dezent halten
sich die Gitarren beispielsweise
beim Stück „Sideways“ zurück,
bis sie sich nach gut zwei Minuten verspielt in einem Solo verlieren können. Der fünfminütige Titeltrack „Love Kills Brain
Cells“ legt ein etwas schnelleres
Tempo an den Tag, ohne dabei
aber an wild gewordene Rin-
MITTWOCH, 8. SEPTEMBER
Kulturpalast, Wiesbaden (Saalgasse
36), 20 Uhr, Eintritt frei: Kitchen Club mit
Jolly Blue (Folk-Blues)
„Love Kills Brain Cells“ heißt die
erste EP der Herde. Foto: privat
derherden zu erinnern. Doch
das ist nicht weiter schlimm.
The Herd gefallen mit ihrer
entspannten Interpretation des
Rock‘n‘Roll. Die kann sogar
mal zu einem romantischen
Candle-Light-Dinner aus den
Boxen dröhnen. Auf seine Gehirnzellen muss in diesem Fall
natürlich jeder selbst aufpassen.
DONNERSTAG, 9. SEPTEMBER
Schlachthof, Wiesbaden, 20 Uhr, 15
Euro: Circa Survive (Emo / Indie)
Irish Pub, Wiesbaden (Michelsberg
15), 21 Uhr, Eintritt frei: Timmy Rough
Solo (Coverhits)
Kultur- und Tagungshotel Rauenthal, Eltville-Rauenthal (Hauptstraße 6),
20 Uhr, 10 Euro (ermäßigt 8 Euro):
SoundsLike (Vocals)
FREITAG, 10. SEPTEMBER
Kreativfabrik, Wiesbaden (Murnau-
straße 2), 20 Uhr, 5 Euro: Purify, Trashtanica, Hatchery, Prayers of seth (Metal)
Dr. Drum, Kostheim (Waldhofstraße
30), 19 Uhr, 5 Euro: Drum Clinic mit Mike
Terrana (Drum-Workshop)
Irish Pub, Wiesbaden (Michelsberg
15), 21 Uhr, Eintritt frei: Macys Mob
Band (Rock-Cover)
SAMSTAG, 11. SEPTEMBER
Thalhaus, Wiesbaden (Nerotal 18), 20
Uhr, 15 Euro: Benefizkonzert für ,1000
Kinder hören‘ mit KuhnStoff (Jazz)
Kreativfabrik, Wiesbaden, (Murnaustraße2), 20 Uhr, 5 Euro: Cornadoor (Reggae)
Schlossbiergarten, Mainz (Große
Bleiche), 19 Uhr, Eintritt frei: Watch your
head Bandcontest (mixed)
SONNTAG, 12. SEPTEMBER
Biber´s Acoustic Salon, Eltville-Martinsthal (Hauptstraße 1-3), 18.30 Uhr, 20
Euro (Inklusive Salonsuppe und kleinen
Spezereien): Georg Schröder & Marc
Breitfelder (Blues)
KUZ, Mainz (Dagobertstraße 20b), 20
Uhr, 15 Euro: Dirk Darmstaedter & Bernd
Begemann (Rock)
Frankfurter Hof, Mainz, (Augustinerstraße 55, )20 Uhr, Johnny Clegg (Pop)
MITTWOCH, 15. SEPTEMBER
Foyer im SWR Funkhaus, Mainz (Am
Fort Gonsenheim 139), 19 Uhr, Eintritt
frei: Violons Barbares (Weltmusik)
ZUKUNFTSMUSIK
. 17. September,
Smoke
Blow, Wiesbaden, Schlachthof.
. 19. September, Awake–Summer Break Festival mit Paul
Kalkbrenner u.A. Wiesbaden,
Maaraue.
. 25. September, Funny Van
Dannen, Wiesbaden, Schlachthof.
. 7. Oktober Alf Ator, Wiesbaden, Kulturpalast.
. 8. Oktober,
Blumentopf,
Wiesbaden, Schlachthof.
. 19. Oktober, Klaus Lage,
Wörsdorfer, Scheuer.
. 21. Oktober Donots, Wiesbaden, Schlachthof.
. 22. Oktober, Egotronic /
Bratze, Wiesbaden, Schlachthof.
. 6. Dezember, Scooter, Wiesbaden, Rhein-Main-Hallen.
CD UND KONZERT
. 8. Dezember, Motörhead,
Wiesbaden, Rhein-Main-Hallen.
. Das Album kann für 9 Euro
im Internet unter www.theherd.de/shop.php5
bestellt
werden.
. The Herd spielen am Freitag, 17. September, im GMZ,
Wellritzstraße (20 Uhr, 8 Euro).
können: „Das nächste Stück ist
eines der besten Lieder, die in
diesem Jahr veröffentlicht wurden.“ Denn genau das ist „White Flag for Peace“. Ein eingängiger Ohrwurm, der von Mikko
Hakila so konsequent nach
vorne getrommelt wird, dass
Koivistos Stimme mit den Gitarrenwänden zu einer Einheit
zerschmilzt,
die
den
Rock‘n‘Roll dieses Jahrtausends charakterisiert. Facettenreich, druckvoll und immer
noch sehr laut. Wer will kann
sich bemühen, das Ganze als
Post-Hardcore oder Ähnliches
zu charakterisieren. Alle Anderen können das aber auch getrost sein lassen und sich ganz
einfach auf den nächsten Besuch von Disco Ensemble in
Wiesbaden freuen.
WER SPIELT WANN UND WO IN DIESER WOCHE
CD-TIPP
Entspannter
Rock: The Herd
WIESBADEN. Das kühle
blaue Scheinwerferlicht erinnerte nur kurz an den Stereotyp des zurückhaltenden Nordeuropäers. Denn schon nach
den ersten Klängen des grandiosen Eröffnungsstücks „Pitch
Black Cloud“ ließ Sänger Miikka Koivisto alle Zurückhaltung
fallen und verwandelte sich in
einen Wirbelwind, der über die
Bühne hinwegfegte.
Mit „Drop Dead Casanova“
legten die vier Musiker von
Disco Ensemble gleich noch
einen Knaller nach, und schon
hatten sie die knapp 200 Zuschauer am Montagabend in
der stimmungsvollen Räucherkammer des Schlachthofs auf
ihrer Seite. Was folgte war ein
70-minütiges Lehrstück über
druckvollen Rock‘n‘Roll moderner Machart in beachtlicher
Lautstärke. Zwar nahmen sich
die Finnen manchmal ein wenig zurück, aber selbst ihre ruhigeren Lieder wie etwa „Protector“ entfalteten eine druckvolle Schönheit, ohne dabei ins
Belanglose zu verfallen.
Trotz aller Energie schien die
sympathische Bescheidenheit
der Musiker an manchen Stellen durch. Da war zum Beispiel
das fast schüchterne Lächeln
Koivistos, wenn ihn ekstatische
Zwischenrufe mal wieder bei
seiner Ansage unterbrochen
hatten. Oder aber der Hinweis:
„Das nächste Stück ist von
unserer neuen Platte.“ Stattdessen hätte Koivisto auch sagen
. 11. Dezember, Van Cleef mit
Kettcar, Gisbert zu Knyphausen, Mainz, Phoenix-Halle.
SoundsLike spielen am Donnerstag in Rauenthal.
Verlagsgruppe Rhein Main GmbH & Co. KG 2003-2006 / Erstellt von VRM am 10.09.2010
Foto: privat
. 12. Dezember, Gentleman,
Mainz, KUZ.