Prof. Dr. Peter Heisig
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Antibiotika molekulare Wirkungs- und Resistenzmechanismen, sowie Epidemiologie und Ökologie der Resistenz The research focuses on elucidating the molecular genetic basis for the development and spread of bacterial resistance to antibiotics as well as its implications on bacterial virulence and fitness. Clinical isolates of the most important Gram-positive (e.g. staphylococci, enterococci, and streptococci) and Gram-negative (e.g. enterobacteriaceae, pseudomonas, fastidious bacteria like Haemophilus influenzae) pathogens with reduced susceptibility to antibiotics are used to identify genetic alterations associated with resistance. These include single nucleotide polymorphisms (SNPs) at conserved codons of target genes for fluoroquinolones, the type II topoisomerases which can be identified by either conventional cycle sequencing or pyrosequencing technique, or mutations that result in the increased expression state of multidrug resistance (mdr) efflux pumps, which are determined by real-time (RT) PCR technique and luciferase-based reportergene assays. The impact of resistance mutations on virulence and fitness is investigated by use of gene replacement techniques (site–directed mutagenesis) and 2D-gele electrophoresis (proteomics). Research topics: Mechanisms of bacterial antibiotic activity, target characterization by molecular modelling; mechanisms of antibiotic resistance, molecular methods for the rapid detection of bacterial resistance, epidemiology and ecology of antibiotic resistance; (Life Sciences) Einleitung Nach Statistiken der WHO stellen Infektionskrankheiten nach wie vor die häufigste Todesursache weltweit dar und sind vor allem für die hohe Säuglingsund Kindersterblichkeit in Ländern ohne hochentwickeltes Gesundheitssystem verantwortlich. Trotz der Verfügbarkeit von Impfungen zur Prophylaxe gegen einige – aber längst noch nicht alle – Infektionskrankheiten einerseits sowie der breiten Palette an antimikrobiell wirksamen Verbindungen andererseits, stellt die rasche Entwicklung und Ausbreitung von Resistenzmechanismen das Hauptproblem jeder antiinfektiven Therapie dar. Antiinfektiva sind somit besondere Wirkstoffe: Sie „verbrauchen“ sich regelmäßig aufgrund der Resistenzentwicklung, ihre Zielstruktur ist ein Teil eines Mikroorganismus, nicht des Patienten, sie können aber im Rahmen unerwünschter Wirkungen auch mit Strukturen des Makroorganismus „Patient“ interagieren. Forschungsziele der Arbeitsgruppe sind daher die Aufklärung der molekularen Grundlage y der Wirkung von Antibiotika, y der Entstehung und Ausbreitung von bakterieller Antibiotikaresistenz, y des Einflusses von Resistenzmutationen auf Virulenz und Fitness resistenter Erreger. Darüberhinaus werden rasche molekulargenetische Detektionsverfahren für Resistenzmechanismen entwickelt, um möglichst frühzeitig Information über Art des Erregers und seine Antibiotikaempfindlichkeit zur Verfügung zu haben für die Auswahl eines wirksamen Antibiotikums. Mutationen in Genen für Typ-IITopoisomerasen als Ursache der Fluorchinolonresistenz Die Untersuchungen werden am Beispiel der Antibiotikaklasse der Fluorchinolone durchgeführt: Dies sind rein synthetisch hergestellte, antibakteriell wirksame Substanzen, die sich von der Nalidixinsäure als lead structure (Abbildung 1) ableiten. Einführung eines Fluorrestes an C6 sowie eines basischen, gesättigten fünfgliedrigen Heterocyclus an C7 haben zu einer erheblichen Wir- Prof. Dr. Peter Heisig Institut für Pharmazie Pharmazeutische Biologie und Mikrobiologie Bundesstraße 45 D-20146 Hamburg E-Mail: [email protected] Telefon: +49-(0)40-42838-3899 Telefax: +49-(0)40-42838-3895 Beruflicher Werdegang: 1977-1981 Studium der Pharmazie, Freie Universität Berlin; 1982 Approbation zum Apotheker; 1983-1987 Dissertation am MPI für Molekulare Genetik, Berlin; 1987 Promotion Universität Bonn; 1987-1990 Post-Doc Universität Bonn; 1991-1997 Habilitation Universität Bonn; 1997 Venia legendi Pharmaz. Biologie u. Mikrobiologie; 1997-2000 C2-Stelle Universität Bonn; seit 2000 C4-Professur Pharmaz. Biologie und Mikrobiologie, Universität Hamburg kungsverstärkung geführt (Ciprofloxacin, Abbildung 1). Abbildung 1: Nalidixinsäure und das daraus abgeleitete Fluorchinolon Ciprofloxacin Chemiedozententagung 2006 57 Angriffsziele der Fluorchinolone sind die bakteriellen Typ II Topoisomerasen, Topoisomerase IV und Gyrase. Hemmung dieser Enzyme, die für die bakterielle DNA-Replikation essentiell sind, führt zu einem raschen Stop der DNAReplikation. Als Folge davon wird die SOS Antwort permanent ausgelöst, was letztendlich zur bakteriziden Wirkung führt. Aufgrund der sehr guten antibakteriellen Aktivität der Fluorchinolone sind mehrere Mutationen notwendig, damit sich klinisch bedeutsame Resistenz entwickelt. Eigene Ergebnisse haben gezeigt, dass mehrere Mutationen in hochkonservierten Genabschnitten der beiden Enzyme vorliegen. Durch Charakterisierung der isolierten Enzyme sowie gezielte Mutagenese der dazugehörigen Gene konnte die Hauptursache für die Resistenz ermittelt werden. Für die rasche Identifizierung derartiger Resistenzmutationen wird ein Test auf Basis der PyrosequencingÒ Technologie entwickelt (Abbildung 2). Damit lassen sich in einem parallelen Ansatz bis zu 96 Proben innerhalb einer Stunde analysieren. Rasche Detektion von b-Lactamasen mit erweitertem Wirkungsspektrum durch Pyrosequencing Durch methodische Modifikation lässt sich diese Methode auch zur Identifizierung von b-Lactamasen vom klinisch bedeutsamen Typ der extended-spectrum b-lactamases (ESBL) sowie zur Ermittlung der bislang nur selten vorkommenden Resistenz gegen das Oxazolidinon Linezolid einsetzen. Für diesen Nachweis werden Mutationen in den verschiedenen Allelen für die 16S rDNA quantifiziert. Klinisch relevante Resistenz findet sich erst, wenn über 50% der Allele eine Mutation aufweisen. Offen ist bislang, wie es zur Anhäufung dieser Mutationen in den verschiedenen Allelen kommt. Charakterisierung der Fluorchinolonbindestelle durch Molecular Modelling Da für das Verständnis der molekularen Interaktion zwischen Wirkstoff (Fluorchinolon) und Zielstruktur (Topoisomerase II im Komplex mit DNA und ATP) bislang Daten aus z.B. Röntgenstrukturanalysen fehlen, weil das Holoenzym als Komplex aus insgesamt 4 Untereinheiten (Struktur A2B2) mit einer molekularen Masse von zusammen ca. 400.000 Da nicht kristallisiert werden Abbildung 2: Pyrosequencing –Technologie zum Nachweis von Punktmutationen. Nach Hybridisierung eines einzelsträngigen DNA-Abschnittes aus einem Resistenzgen mit einem Primer wird dieser schrittweise durch Taq-Polymerase verlängert. Bei jedem Einbau eines Nukleotids wird das dabei freigesetzte Pyrophosphat (PPi) enzymatisch in ATP umgewandelt. Das ATP dient als Cofaktor für die Bildung von Oxyluciferin aus Luciferin durch GlühwürmchenLuciferase. Das dabei gebildete Lichtsignal wird quantifiziert. 58 konnte, nutzt ein innovativer alternativer Ansatz die hierzu bislang vorhandenen Teilstrukturen, um mit Hilfe von Molecular Modelling und Docking Verfahren in silico eine verfeinerte Modellvorstellung des Bindungsortes für Fluorchinolone zu entwickeln (Abbildung 3). Zur Prüfung dieses Modells werden neue potentielle Resistenzmutationen gewählt und in Laborversuchen mit durch gezielte Mutagenese erzeugten Mutanten überprüft. Chemiedozententagung 2006 Abbildung 3: Mögliche Orientierungen des Hemmstoffes Ciprofloxacin in einer postulierten Bindungstasche der Gyrase A-Untereinheit. Rolle von Effluxpumpen für Resistenz, Virulenz und Fitness Weitere wichtige Strukturen, mit denen Fluorchinolone interagieren, stellen diverse Multidrug resistance (mdr) Efflux Pumpen dar, die als ubiquitär verbreitete Systeme primär für die Entsorgung toxischer Verbindungen in allen Lebewesen vorhanden sind. Bei Bakterien unterscheidet man insgesamt fünf verschiedene Proteinfamilien, von denen der Typ RND (resistancenodulation-division) am besten im Zusammenhang mit Antibiotikaresistenz untersucht ist. Diese Systeme bestehen aus drei Komponenten: einer Pumpe in der Cytoplasmamembran sowie einem Membranfusionsprotein, das die Pumpe mit der dritten Komponente, einem spezifischen Porin in der äußeren Membran verbindet. Dadurch entsteht bei Gram-negativen Bakterien ein direkter Ausgang aus dem Cytoplasma der Zelle nach außen. Über diesen Ausgang werden u.a. Antibiotika unter Energieverbrauch aus dem an der Membran anliegenden Protonengradienten herausgepumpt. Die Ergebnisse von Genomsequenzierungen verschiedener Erreger zeigen, dass Bakterien über eine Vielzahl derartiger Pumpen verfügen. Eine Rolle bei der Antibiotikaresistenz spielen diese Pumpen vor allem dadurch, dass ihre zumeist negative Regulation durch eine breite Palette von Mutationen ausgeschaltet und dadurch ihre Synthese erhöht werden kann. Um diese Veränderungen messen zu können, wurde ein Reportergensystem entwickelt, bei dem die Regulationssequenz des Gens acrA für die wichtigste RND-Pumpe in E. coli mit dem Gen luc für die Glühwürmchen-Luciferase fusioniert wurde (Abbildung 4). Expression von Effluxpumpen wieder rückgängig gemacht wurde. Die Identifizierung des dafür verantwortlichen Gens liefert möglicherweise einen neuen Kandidaten als Zielstruktur für neuartige Wirkstoffe. Anhand weiterer Befunde konnte auch für andere Organismen eine wichtige Rolle von Effluxpumpen gezeigt werden. So zeigt die Untersuchung des attenuierten Lebend-ImpfAbbildung 4: pPHB331: Fusion des pacrAB-Promotors mit dem luc-Gen inseriert in das Vektorplasmid pBR322 stammes von Salmonella typhimurium VacT, der in der Tierzucht zur Immunisierung von NutztierJede Mutation, die zu einer erhöhten herden eingesetzt wird, dass eine KomPumpenexpression führt, kann so mitbination von neuartigen Mutationen in tels Luminometermessung als erhöhtes der Gyrase – darunter eine bekannte Lichtsignal detektiert werden. Mit dieser Resistenzmutation – mit bislang noch Methode konnten nicht nur eine Reihe unbekannten Mutationen, die zu einer neuer Resistenzmutationen im Regulareduzierten Aktivität von Effluxpumpen tor der Pumpe identifiziert werden. Es führen, eine ungewöhnliche Empfindwar darüber hinaus auch erstmals möglichkeit gegen diese Substanzen lich nachzuweisen, dass Bakterienzelbewirkt. Gleichzeitig findet sich verrinlen, die aufgrund mehrerer Mutationen gerte Fitness. Trotz der hohen Vereinschließlich solcher für die erhöhte wandtschaft zwischen dem gut charakExpression von Effluxpumpen – eine terisierten Escherichia coli und Salmoverringerte Fitness in Form eines vernellen deuten eine Reihe von Untersulangsamten Wachstums zeigen. Kultichungen zur Regulation von konservierung ohne Antibiotikaselektionsvierten Effluxpumpen auf deutliche druck führte innerhalb von 300 GeneraUnterschiede in der Regulation dieser tionen zu Mutanten, deren Fitness nicht Effluxsysteme bei VacT hin. Ein bessenur teilweise wiederhergestellt werden res Verständnis dieser zugrundeliegenkonnte, sondern auch deren erhöhte den Mechanismen bietet eine Möglichkeit, diese als neuartige Zielstruktur für bislang noch unidentifizierte Hemmstoffe einzusetzen. Literatur [1] Preisler, A, Abu Mraheil, M, Heisig, P.: Role of novel gyrA mutations in the suppression of the fluoroquinolone resistance genotype of vaccine strain Salmonella typhimurium VacT (gyrA D87G). 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