Marienkirche in Krakau – Architektonische Besonderheiten

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Marienkirche in Krakau – Architektonische Besonderheiten
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Seminar für Kunstgeschichte
Masterseminar: Krakau und Danzig. Metropolen im Osten am Übergang vom Mittelalter zur Frühen
Neuzeit SS 2008/2009
Leiter: Prof. Dr. Christofer Hermann
Thema der Studienarbeit: Marienkirche in Krakau. Architektonische Besonderheiten
Referent: Michael Godawski
Semesterzahl: 2
Kunstgeschichte im KF, Soziologie im EF
Matrikelnr.: 1757844
Inhaltsverzeichnis
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf........................................................................................1
Marienkirche in Krakau – Architektonische Besonderheiten......................................................3
Einleitung................................................................................................................................3
Wahrzeichen des Landes...............................................................................................3
Rezeption und Eigenständigkeit.....................................................................................4
Über die Baugeschichte..........................................................................................................6
Von Holz zu Stein – die Gründung.................................................................................6
Umbau zum heutigen Aussehen....................................................................................8
Über die Architektur...............................................................................................................11
Außenbau......................................................................................................................11
Die Türme.................................................................................................................11
Die Vorhalle..............................................................................................................12
Das Presbyterium.....................................................................................................13
Innenraum .....................................................................................................................14
Über die Besonderheiten...................................................................................................16
Krakauer System...........................................................................................................16
Einfluss der deutschen Gotik.........................................................................................17
Literaturverzeichnis...............................................................................................................20
Marienkirche in Krakau –
Architektonische Besonderheiten
Einleitung
Wahrzeichen des Landes
„Sobald der erste Sonnenstrahl auf den Gipfel useres
Thurmes fällt und seine Krone von Gold erglänzt,
verstummt die Nachtigal in useren Weichselhainen; denn
vom Thurme herab begrüsst das Morgenlied (Heynał)
den Tagesanbruch; [...]. Hört man den Wiederhall der
Trompeten, welche die Stadt mit dem Liede zur
allerheiligsten Jungfrau aus dem Schlafe wecken, und
sieht man das über Krakau sich erhebende Diadem
unseres Thurmes in der Sonne wie im Feuermeer
glänzen, so meint man, dass diese uralte Metropolis,
diese nunmehr verwaiste Residenz, ihre Krone dem
Himmel übergibt!“1, pries im XIX.Jahrhundert Joseph v.
Łepkowski die Marienkirche.
Jeder in Polen kennt die Silhouette der catedra minor.2
Sie ist ein, wenn nicht das, Wahrzeichen des Landes.
Am Anfang vielleicht sogar noch aus Holz3 wuchs die
Marienkirche in Krakau über Jahre und komplettierte die
diagonale
Achse
des
größten
mittelalterlichen
Marktplatzes Europas, auf dem sich das Rathaus und
die
1
2
3
Tuchhallen
befinden.
Diese
drei
Bauwerke
Łepkowski, Joseph v.: Die Marienkirche in Krakau und ihre artistischen Merkwürdigkeiten, in: Mitteilungen
der k.k. Centra-Commision zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale 9 ,Wien 1864, S.97-106, hier
S.97.
Roźek, Michał (a): Przewodnik pozabytkach I kulturze Krakowa, Kraków 1993, vgl. S 197. Den Titel “Basilica
Minor” veriieh der Kirche Papst Jan XXIII im Jahre 1962.
Friedberg, Marjan: Załoźenie i poczatkowe dzieje Kościoła N. Panny Marji w Krakowie, in: Rocznik
Krakowski (XXII), Kraków 1929, vgl. S. 11. Marjan Friedberg verwirft die Hypothese der Urkirche aus Holz, da
die Kathedrale geostet, seitlich versetzt zum Marktplatz steht, deshalb vor 1257 (vor der Ausmessung und
Planung des Markplatzes) erbaut wurde, und eine Holzkonstruktion wohl keinen Einfluss auf die Position des
Nachfolgebaus gehabt hätte.
symbolisieren eindeutig die treibenden Kräfte, die
Krakau in Bewegung hielten: Politik, Handel und
Religion.
Rezeption und Eigenständigkeit
"Der heutige Kunstgeschichtler, der Europa mehrmals
bereist hat, sieht bei seiner Rückkehr in die Heimat jedes
mal, dass zwar das einzelne Gebäude auf diese oder
andere Weise mit dem Ausland verknüpft ist, dass aber
die ganze Anlage des Panoramas unser altertümlicher
Städte durchaus nicht pure Nachahmung von etwas
Fremden, sondern voller Eigenständigkeit und vor allem
Dingen polnisch in ihrem Ausdruck ist."4
Die gotische Kathedrale zeigt eigene und typische
Merkmale und Erfindungen der polnischen Architektur.
Sie verweist jedoch auch auf die Rezeption und
Nachahmung, ohne die nichts eigenständiges in der
Kunst geschaffen werden kann. Jedes Bauwerk ist
partiell eine Rezeption und ein Zitat eines bereits
vollendeten Baus. Kunst entsteht aus Kunst. Wenn die
Gemeinsamkeiten, Bezüge und Einflüsse sich deutlich in
der Architektur widerspiegeln, dann wird der Zugang zu
einer
fremden
Architektur
vereinfacht.
Bereits
bestehendes Wissen um die Architektur der Westens
kann auf die polnische angewendet werden und durch
diese neu gewonnen Einsichten vielleicht ein wenig mehr
Erkenntnis gewonnen werden.
In der 1956 veröffentlichten Monographie „Die sakrale
Kunst in Polen“ klagen polnische Kunsthistoriker:„[D]ass
Polen durch die Kunst eine eigene nationale Art der
allgemein europäischen Kultur geschaffen hat, [sei] bei
4
Krauze, Andrzej: Die sakrale Kunst in Polen. Architektur, Ars Chrstiana, Warszawa 1956, S.9 ff.
uns
[in
Polen]
wenig
bekannt.
Die
langjährige
Fremdherrschaft war Grund für die Pauperisierung des
künstlerischen
Bewusstseins
Polens.”5
Ein
halbes
Jahrhundert später weiß die polnische Gesellschaft um
ihre
Kunstschätze.
Doch
die
„Pauperisierung
des
künstlerischen Bewusstseins“6 im Hinblick auf die
polnische Kunst hat sich auf die Länder westlich der
Oder verlagert.
Die
Sprache
trennt
Deutschland
und
Polen,
Geschichte verbindet diese beiden Länder, wie
die
kaum
zwei Andere auf der Welt. Doch wer kennt in
Deutschland die gemeinsamen historischen Ereignisse?
Wer weiß in Deutschland, dass ein preußischer Prinz vor
dem polnischen König auf dem Marktplatz in Krakau
niederkniete und so das Herzogtum Preußen ins Leben
gerufen wurde?7 Nur der Krieg ist in Erinnerung, der mit
ihm verbundene Raub der Kunst, die Zerstörung vor Ort
und die Diffamierung in den Schriften.8 9
Erfindung und Nachahmung wollen diese Ausarbeitung
der Geschichte der Marienkirche leiten. Eine Geschichte,
die auf Austausch und Inspiration, Originalität und
Rezeption fußt.
5
6
7
8
9
Krauze, Andrzej: Die sakrale Kunst in Polen. Architektur, S. 10.
Krauze, Andrzej: Die sakrale Kunst in Polen. Architektur, S. 10.
Die sog. “Prußische Huldigung” fand am 10.4.1525 in Krakau statt. Albrecht von Hohenzollern wurde vom
Sigismund I zum Erben der preußischen Herrschaftslinie ernannt.
Entweder endet die Suche nach deutschler Literatur in den Datenbanken ergebnislos, oder es finden sich
solch unmöglich ideologisch vefärbten Schriften, wie der "Führer zu großen Baudenkmälern, Heft 72" von
Dorotte Richter, gedruckt im Jahre 1944 in Berlin. Ein Blick auf das Impressum dieses dünnen Blattes
erschließt den Grundtenor dieser Ausarbeitung mit der Marienkirche: [...]Heft 14, Krakau, Adolf-Hitler-Platz.
Muthesius, Stefan: Art, Architecture, and Design in Poland 966-1990. An Introduction, Königstein im Taunus
1994, S.8ff.
Über die Baugeschichte
Von Holz zu Stein – die Gründung
Im Jahre 1363 – 30 Jahre nach der Thronbesteigung
Kasimirs des Großen – veränderte sich Krakau von einer
hölzernen Burganlage in eine Stadt aus Stein. Auf dem
Marktplatz, einem groß angelegten Quadrat mit fast 200
Meter Seitenlänge, welcher nach dem Tatarenangriff
entworfen wurde, fing man an die gotischen Tuchhallen
zu bauen. Dies war auch das achte Jahr der 53 Jahre
lang dauernden Umbaus der Marienkirche. Der Platz für
das neue Rathaus wurde bereitet. Auf dem WawelHügel, wo die dritte Kathedrale nahe ihre Fertigstellung
war, blitzte der weiße Stein des neuen Königsschlosses.
Nicht weit vom Wawel aus, in östlicher Richtung,
entstand die neue Stadt zu Ehren des Königs Kazimierz
benannt. Auf dem Hauptplatz von Kazimierz begann man
das Rathaus und die Katharinenkirche zu bauen. Im
Lichte
dieser
neuartiger
Bauwerke
mussten
die
bestehende Holzbauten der alten Stadt und die kleinen
romanischen Kirchen wie die Adalbertkirche mickrig und
klein vorgekommen sein. 10
Die Quellen geben unterschiedliche Errichtungsjahre der
Marienkirche an.11 Jedoch entstand sie wahrscheinlich
vor der Lokalisation der Stadt, sprich vor der Verleihung
des Stadtrechts.12
Die Erzpresbyterialkirche Mariä
Himmelfahrt soll um 1226 unter dem Bischof Iwo für die
Gemeinde
aus
der
Dreifaltigkeitskirche
entstanden
sein.13 Dieses Datum soll jedoch anhand einer Fälschung
10
11
12
13
Davies, Norman: Boźe Igrzysko (God's Playground. A History of Poland), Kraków 1998, vgl. S.108.
Roźek, Michał (b):Kościół Mariacki w Krakowie, Warszawa 1994, S.2. Sicherlich ist die Gründung der Kirche
vor das Jahr 1257 zu datieren, die rechtliche Lokalisation der Stadt.
Roźek, Michał: op.cit.(a), vgl. S 195.
Bakowski, Klemens: Kościół N.P.Maryi w Krakowie,Biblioteka Krakowska Nr.46, Kraków 1913, S.3.
aus dem XVI. Jahrhundert ermittelt worden sein.
14
Das
älteste Dokument und zugleich einzige Quelle ist die
Nachricht von Jan Długosz aus den Historien. Dort
berichtet Długosz beim Jahr 1222, dass der Bishof Iwo
Odrowaźy, die Dominikaner nach Krakau holen wollte.
Den
angekommenen
Dreifaltigkeitskirche
Brüdern
als
wurde
Gemeindekirche
die
zugeteilt.
Daraufhin ließ Iwo eine neue Kirche auf dem Marktplatz
zu Ehren der Heiligen Jungfrau und Gottesgebärerin
errichten,
damit
die
alte
Gemeinde
aus
der
Dreifaltigkeitskirche ein eigenes Gotteshaus besitzt. 15 16
Jedoch auch die Ankunft des neuen Dominikanerordens
aus
Rom
nach
Verschiedene
Krakau
Autoren
ist
nicht
geben
genau
datiert.
unterschiedliche
Errichtungsjahre an, doch alle Jahresdaten kreisen um
den Zeitraum von 1222-1227.17
Die Gründung der Marienkirche vor der rechtlichen
Stadtgründung untermauern archäologische Befunde.
Die Überreste des romanischen Baus befinden sich etwa
2.60 m unterhalb des heutigen Bodenniveaus. Sowohl
die Fundamente, wie auch die Mauern des romanischen
Erstbaus waren aus Stein. Zu dieser Zeit war dies ein
romanischer dreischiffiger Bau mit den Maßen 42 m x 24
m mit zwei Türmen an der Westfront.18 Die Fundamente
wurden später für die Errichtung des gotischen Neubaus
14
15
16
17
18
Friedberg, Marjan: Załoźenie i poczatkowe dzieje Kościoła N. Panny Marji w Krakowie, in: Rocznik
Krakowski (XXII), Kraków 1929, S.4.
Długosz, Jan: Historia, II, 212: “Ivo communicato autem super hac re cum Lestkone Albo Cracoviensi et
Sandomiriensi Duce, nec non capitulo et consulatu Cracoviensi consilio, ecclesiam Benedictae Trinitatis,
quae matrix et origo parochiarum erat, […] fratribus b. Dominici assignavit. Erigit et tunc Ivo episcopus in
circo urbis Cracoviensis novam ecclesiam et eam in honorem Beatae Mariae Dei Genitrici ddicat et in eam
ius parochiae, quae alias apud S. Trinitatis ecclesiam constiterat, transfundit et transfert”.
Roźek, Michał: op.cit.(a), S. 195.
Ks.Bartkiewicz (Przyczynek do historii kościoła P.Marji w Krakowie, Przeglad powszechny 1891, S. 18) nimmt
eine kurze Zeit vor 1223 an, Bakowski (op.cit. S.3) um 1226, Długopolski (Wstep do katalogu Archiwum
kościoła N. P. Marji, Teka Gr. Kons. Gal. Zach. VI, S.1) das Jahr 1224, Zachorowski (Kraków biskupi, Kwart.
histor., 1907, 452, VIII, S.111) das Jahr 1227.
Roźek, Michał: op.cit.(b), S. 2.
mitbenutzt.
Diesen
dreischiffigen
Bau
zerstörten
womöglich Kriegsauseinandersetzungen, vor allem die
Taterenangriffe aus den Jahren 1241 und 1259/60. Erst
in der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts begann man
mit der Beseitigung der Schäden und entschloss sich für
einen grundsätzlichen Umbau der Kirche, diesmal in
Sinne des neuen gotischen Stils. Den Bau begann man
nach dem dritten Tatarenangriff aus dem Jahre 1287.
Nun benutzte man Backstein als das neue Baumaterial.19
Die Fertigstellung erfolgte vor 1320. Es entstand damals
eine dreischiffige Hallenkirche aus Backstein, deren
Fundament noch auf romanischen Steinen fußen. 20
Diese Kirche diente den Bürgern Krakaus bis zur Hälfte
des XIV. Jahrhundert als Gotteshaus.
Umbau zum heutigen Aussehen
Der Umbau zum heutigen Aussehen der Kathedrale
begann bereits im XIV. Jahrhundert.21
22
Aus der Zeit
finden sich die ersten Einträge in den Stadtbüchern, die
Gaben für den Ausbau der Kirche dokumentieren.23
Geweiht wurde die renovierte Kirche zwischen 1319 und
1321, als der alexandrinische Patriarch Idzi Krakau
besuchte.24 Der reiche Kaufmann Mikołaj Wierzynek
finanzierte Mitte des XIV. Jahrhunderts das neue
gotische Presbyterium.
19
20
21
22
23
24
25
26
25 26
Die Arbeiten an dem neuen
Roźek, Michał: op.cit.(b), S. 2.
Roźek, Michał: op.cit.(a), vgl.S. 195.
Kopera, Feliks: Historya Architektury, in: Rocznik Krakowski (VI), Kraków. Jego Kultura I Sztuka, Kraków
1904, S. 88.
Friedberg, Marjan: op.cit. S.11.
Friedberg, Marjan: op.cit. S.11. Die ersten Einträge gehen auf das Jahr 1303 und auf den Namen Sulisława
zurück.
Bakowski, Klemens:op.cit. S.4.
Roźek, Michał: op.cit.(a), vgl.S. 195f.
Friedberg, Marjan: op.cit. S.13. Es existieren gemäß Friedberg keine eindeutigen Quellen, die die Stiftung
von Mikołaj Wierzynek belegen. Vielleicht verwechselte der krakauer Chronist Jan Długosz die Stiftung des
Hochaltars von Wierzynek mit der Errichtung des Chores. Auch ist fraglich ob Wierzynek dieser großen
finanziellen Aufgabe gewachsen war, den die Arbeiten würden mit seiner unmittelbare Ankunft in der
damaligen Hauptstadt beginnen müssen. Um die Sache gänzlich zu verkomplizieren muss bedacht werden
Chorabschluss dauerten vom 1355 bis 1365. Auch von
Mikołaj Wierzynek gestiftet bekommt im Jahre 1365 die
Kirche einen großen Altar zu Ehren der Himmelfahrt
Mariens, der im XV. Jahrhundert weichen musste, da
Veit Stwosz sein Meisterwerk vollendete.27 1383 befinden
sich in den Türmen bereits die Kapellen und 1392 stellte
man die Fußböden fertig.28 Im XIV. Jahrhundert verband
man die Kirchenschiffe mit den im XIII. Jahrhundert
begonnen Türmen.29 1395 kommt Meister Mikołaj Werner
aus Prag um die Gewölbe zu fertigen und um das
Langhaus mit dem Chor zu verbinden, was auch 1397
geschah. Er wurde auch beauftragt die Kirche mit mehr
Licht zu füllen und so wurden die Wände der
Seitenschiffe erniedrigt und große Fensteröffnungen in
das Hauptschiff eingebracht. Der Hallenbau verwandelte
sich in eine Basilika. Sein Werk war jedoch von niederer
Qualität, da das Gewölbe im Jahre 1442/43 komplett
einstürzte.30
31
Die Stadt vereinbarte mit Meister Czipser
den Wiederaufbau des Gewölbes, welches noch bis zum
heutigen
Tag
überdauerte.32
Den
höheren
Turm
beendete man 1406. 33 34
Das XV. Jahrhundert arbeitete man an der Fertigstellung
des
Innenraums,
Gegenstände
27
28
29
30
31
32
33
34
des
neue
Altäre
täglichen
wurden
kirchlichen
gestiftet,
Gebrauchs
das Mikołaj Wierzynek der Ältere im Jahre 1360 starb, und der Hochaltar (1365) eher vom Mikołaj Wierzynek
dem Jüngeren gestiftet wurde.
Friedberg, Marjan: op.cit. S.12.
Friedberg, Marjan: op.cit. S.12.
Friedberg, Marjan: op.cit. S.14.
Bakowski, Klemens:op.cit. S.7.
Friedberg, Marjan: op.cit. S.13.
Bakowski, Klemens:op.cit. S.7f.
Bakowski, Klemens:op.cit. S.10.
Szyszko-Bohusz, Adolf: Architektura kościoła Najśw.P.Maryi w Krakowie w historyi budownictwa polskiego,
Biblioteka Krakowska Nr.46, Kraków 1913, S.84. Szyszko-Bohusz gibt als Fertigstellungsdatum 1478 an.
angeschafft.35 In die Jahre 1435 bis 1446 fällt der Bau
der Seitenkapellen unter die Leitung von Franciszek
Wiechoń. 36
Seit dieser Zeit veränderte sich die Marienkirche
architektonisch
nicht
mehr
gravierend.37
Im
XVI.
Jahrhundert kam die Schatzkammer im Norden hinzu, im
XVII.
Jahrhundert
die
Anbauten
zwischen
den
Strebepfeilern des Chores, die zur Aufbewahrung der
Kirchenutensilien dienten und schlussendlich im XVIII.
Jahrhundert der Vorraum an der Front. 38 In der ersten
Hälfte des XVIII. Jahrhunderts barockisierte der Architekt
Franziskus
Placidi
den
Innenraum.
Der
barocke
Innenraum ist heute nicht mehr erhalten. 39
Am Ende des des XIX. Jahrhunderts, in den Jahren
1889-1891,
restaurierte
man
die
Marienkirche
grundlegend. Diese Restauration bestimmte auch das
heutige Aussehen und gab dem Innenraum den
gotischen Charakter zurück. Die Leitung hatte der
Architekt Tadeusz Stryjeński und Jan Matejko bemalte
die Wände der Kirche mit der berühmte Polychromie.
Neben der Polychromie komplettierten in dieser Zeit
auch die Glasfenster aus der Hand von Stanisław
Wyspiański, Józef Mehoffer und Tadeusz Dmochowski
das Bild der Kirche. 40
35
Szyszko-Bohusz, Adolf: op.cit., S. 8.
36
Roźek, Michał: op.cit(a)., S. 197.
Szyszko-Bohusz, Adolf: op.cit., vgl.S. 8.
37
38
Szyszko-Bohusz, Adolf: op.cit., vgl.S. 8.
39
Roźek, Michał: op.cit.(a), S. 197.
Roźek, Michał: op.cit.(a), S. 197.
40
Über die Architektur
Außenbau
Der
Sakralbau
aus
Backstein
steht
auf
einem
weiträumigen Platz, auf dem sich bis zum XVIII.
Jahrhundert der Kirchenfriedhof befand, der von einer
hohen Mauer umgeben war. Nach der Liquidierung des
Friedhofs entstand hier der Marienplatz.
Die Türme
Die Kirche ist versetzt zur Achse des Hauptplatzes
positioniert. Die Fassade wird von zwei unterschiedlich
hohen Türmen dominiert. Der höhere misst 81 m und ist
mit einem spätgotischen Helm bekrönt – ein Werk von
Maciej Heringk aus dem Jahre 1478. Der Helm besteht
aus einer achteckigen Spitze, die von einem Kranz aus
16 Türmchen umgeben ist. Der Spitze des Turmes setzte
man 1666 eine vergoldete Krone (4m im Durchmesser)
auf, gefertigt von Peter Antoni Pestalocci. Seit dem
Mittelalter war dieser Turm im Besitz der Stadt und
diente
als
Wachturm.
Die
ersten
Informationen
betreffend des berühmten Trompetensignals (Hejnał)
gehen auf das Jahr 1392 zurück.41
Stunde
ertönt
das
Signal,
in
42
Zur jeden vollen
jede
der
vier
Himmelsrichtungen. Die Melodie bricht jedes mal abrupt
ab, da gemäß der Legende der Wachmann vom Pfeil
eines Tataren getroffen wurde, als er die Stadt warnte.
Der Hejnał ist das musikalische Wahrzeichen Krakaus.
Der Wachturm besitzt bis zum neunten Stockwerk einen
quadratischen Grundriss, der dann in einen Oktogon
übergeht. Der Oktogon wird durch Spitzbogenöffnungen
41
42
Roźek, Michał: op.cit.(a), S. 197f.
Bakowski, Klemens:op.cit. S.15.
aufgebrochen,
die
wiederum
zwei
übereinander
angeordnete Spitzbogenfester einfassen
Der niedrigere Turm misst 69 m und war schon immer
ein
Glockenturm.
Bekrönt
ist
er
mit
einem
manieristischen Helm vom Ende des XVI. Jahrhunderts.
Die Türme zählen im unteren Bereich zu den ältesten
Baukörpern
aus
der
zweiten
Hälfte
des
XIII.
Jahrhunderts. Bis zur fünften Zone sind sie gemäß eines
gemeinsamen Planes gebaut, die Zonen sind in gleich
bleibenden
Abstand
voneinander
mit
umlaufenden
Gesimsen gegliedert, die Spitzbogenfenster mit Resten
von
Maßwerk
werden
von
spitz
zulaufenden
Blendnischen flankiert. 43
Im
Glockenturm
unzugängliche
Bekehrung
befindet
sich
Kaufmanns-Kapelle
Paulus
mit
für
zu
ornamentierten
Besucher
Ehren
der
steinernen
Renaissance- Balkon auf Konsolen - einem Außenbalkon
an der Süd-Wand des Turms und einem Innenbalkon an
der West-Wand im Seitenschiff - ausgeführt 1520 durch
die Werkstatt von Bartolomeo Berecci.44 Oberhalb der
Fenster dieser Kapelle ist eine Glocke „für die Toten“
angebracht. Der Renaissance-Helm des Turmes aus
dem Jahre 1592 besteht aus einer arkaden-umfassten
Laterne auf einer elliptischen Kuppel, die auf einem achteckigen Tambour fußt. In den Ecken sind vier kleinere
Kuppeln angebracht, die auf sechseckigen Postamenten
fußen.
Die Vorhalle
Zur Kirche führt eine spätbarocke Vorhalle aus Haustein,
die die unteren Zonen der beiden Türme verbindet. Sie
43
44
Reinhardt Hootz (Hrsg): Kunstdenkmäler in Polen. Krakau und Südpolen, Darmstadt 1984
Reinhardt Hootz (Hrsg): op.cit.
wurde in den Jahre 1750-1752 errichtet, gemäß des
Plans von Placidi. In der Laterne der Vorhalle steht die
Figur des Christus Salvator. Die Holztüren der Vorhalle
schmücken geschnitzte Apostelköpfe (Seiten) und Köpfe
von polnischen Heiligen (Mitte). Über dem Abschluss der
Vorhalle befindet sich ein großes Spitzbogenfenster,
dessen Glasarbeiten durch Josef Mehoffer und Stanisław
Wyspiański ausgeführt wurden. Der Grundriss der
Vorhalle ist ein angenschnittenes Achteck, sprich ein
Fünfeck.
Vorgestellte
ionische
Ecksäulen
auf
Postamenten rahmen die Eingangsarkaden ein und
tragen das stark verkröpfte Gebälk, bestehend aus
einem schlichten Architrav, Fries und Gesims. An den
sechs
Ecken
des
Oktogons
tragen
kelchförmige
Gebälkverkröpfungen sechs schlanke Postamente, von
denen vier mit weißen Steinamphoren abgeschlossen
sind. Der so gebildete steinerne Teil der Vorhalle
umschließt den sich farblich absetzenden metallischen
Abschluss. Der Abschluss verjüngt sich immer mehr
nach oben hin, stilisierte Strebebögen mit Obelisken
weisen die Richtung bis zur arkadenumfassten Laterne
mit Kuppel und Kreuz.
Das Presbyterium
Die Außenseite des Presbyteriums dominiert die weit
einschneidenden und hervortretenden Strebepfeiler mit
reich
geschmückten
Rundstäben,
steinernen
Türmchen,
Kreuzblumen.45
Lanzettenfenster
Aufsätzen
Giebelchen,
Schlanke
mit
Maßwerk
Fialen
von
und
mittelalterliche
im
Couronnement
durchziehen die ganze Wandhöhe. Das älteste Fenster
45
Reinhardt Hootz (Hrsg): op.cit.,S.418.
im Norden ist aus dem Jahr 1370, die restlichen aus dem
XIV. Jahrhundert. Das Nordfenster stellt Szenen aus der
Genesis und dem Neuen Testament dar. Das Süd- und
Ostfenster bedient sich der Geschichten aus der Biblia
Pauperum.
46
Unter dem Dach läuft als Abschluss ein
steinernes Kranzgesims mit gotischer Figuralskulptur auf
Konsolen, die Tugenden und Laster darstellt.
Die
Schlußteine der Spitzbogenfenster sind auch figurativ
gestaltet.47 Auf den Schlußsteinen der Fenster finden wir
die Köpfe Christi und Mariä zwischen Engeln sowie
Heilige und Darstellungen Satans.48
Innenraum
Ins
Innere
der
Kirche
führe
vier
Eingänge:
der
Haupteingang an der Front, zwei zu den Seitenschiffen
und ein Südeingang ins Presbyterium. Der Weg durch
den frontalen Haupteingang führt durch ein Barockportal
aus schwarzen Marmor aus dem XVII. Jahrhundert.49
Von hier aus eröffnet sich die Sicht auf das farbenreiche,
28 m hohe und 80 m lange Innere der Kirche, welches
im Osten mit dem goldenen Veit Stwosz Altar und den
gotischen Glasfenstern abschließt.50 Das Innere ist recht
dunkel. Farben blitzen nur auf wenn durch die Fenster
das bunte Licht auf die Polychromie von Jan Metejko
fällt.
Das Langhaus besteht aus einem Mittelschiff, mit
Seitenschiffen an die sich Kapellen anschließen. Es ist in
vier Jochen gegliedert. Das Mittelschiff weist die gleiche
Breite und Höhe wie der Chor auf. Die Seitenkapellen
46
47
48
49
50
Roźek, Michał: op.cit.(b), S. 3.
Bakowski, Klemens:op.cit. S.29.
Reinhardt Hootz (Hrsg): op.cit.,S.418.
Bakowski, Klemens:op.cit. S.35.
Bakowski, Klemens:op.cit. vgl. S.36.
weisen verschiedenartige Gewölbeformen auf. An den
Pfeilern zwischen den Schiffen stehen spätbarocke
Marmoraltäre mit Gemälden von u.a. Giambattista
Pittoni.51
Im
Triumphbogen
erblicken
wir
ein
spätgotischen Kruzifiksus (um 1520), welcher unter
starkem Einfluss von Stwosz geschaffen wurde.52
Der drei-jochige Chor mit 5/8 Chorabschluss besitzt ein
Sternengewölbe, errichtet von Meister Czipser im Jahre
1442.53 Im von einem Kreuzrippengewölbe überwölbten
Langhaus finden wir profilierte Langhaus-Arkaden auf
vieleckigen Pfeilern vor, die mit Strebepfeilern von seiten
der Seitenschiffe verbunden sind (nach dem Vorbild der
Wawelkathedrale).
Vieleckige,
bis
zum
Boden
herabführende Dienste im Mittelschiff (wo die Wände
über den Arkaden durch ein Gesims gegliedert sind) sind
durch Nischen für Statuen unterbrochen (auch nach dem
Vorbild der Wawelkathedrale, jetzt Statuen 19./20.Jh.)54
Der obere Teil der Wände tritt profiliert zurück. Die
Kapitelle der Dienste im Chor und die Friese in den
Fensterleibungen
Pflanzenornamentik
sind
versehen;
mit
die
plastischer
Baldachime
der
Nischen sind architektonisch (zum größten Teil 1889/90
rekonstruiert) gehalten.
51
Roźek, Michał: op.cit.(a), S. 203.
Roźek, Michał: op.cit.(a), S. 204.
53
Reinhardt Hootz (Hrsg): op.cit.
54
Bakowski, Klemens:op.cit. vgl. S.40. Dies sind der
52
Hl.Stefan, die Hl.Kinga, der Hl.Stanisław Kostka, der Hl.
Kazimierz, die Hl. Jadwiga, die Hl. Urzsula, der Hl.Jacek, der
Hl. Wojciech, die selige Bronisława und Salome.
Über die Besonderheiten
Krakauer System
Auf sehr verschiedenen Wegen drangen die gotischen
Formen nach Polen vor. Einer der wichtigsten führte aus
dem fernen französischen Westen über Süddeutschland
und Böhmen in Richtung nach Kleinpolen, der zweite
dagegen - gleichfalls aus Frankreich - in das von der
Tätigkeit der pommerschen Zisterzienser und des
Kreuzritterordens erfasste Gebiet.55
An den größten gotischen Kirchen in Polen nimmt man
meist ein Reduktion des vorbildhaften Schemas der
großen westeuropäischen Kathedralen wahr: besonders
häufig fehlt das Querhaus.56
Schlesien und Kleinpolen schwangen sich bei der
Übernahme
fremder
Vorbilder
zu
einer
eigenen
Interpretation auf und schufen eigenständige Varianten
konstruktiver und bildnerischer Lösungen. Dies ist
besonders am Beispiel Krakaus ersichtlich, das eine
eigene, ortsständige Spielart einer dreischiffigen Basilika
entwickelte. Die Krakauer Lösung wird durch ein
spezifisches
Verstärkungssystem
von
Pfeilern
und
Streben gekennzeichnet, die in das Innere der Kirche
einbezogen und organisch mit den Pfeilern zwischen den
Schiffen, ohne äußere Strebebögen über den Dächern
der Seitenschiffe, verbunden sind. Die Abschwächung
der Bedeutung des äußeren Strebewerks und die
Liquidierung dieser Schwibbögen, die sich woanders
über die Dächer der Seitenschiffe erhoben, verlieh der
Basilika ein schlankeres Aussehen.57 58
55
56
57
58
Szymański, Stanisław: Die sakrale Kunst in Polen. Architektur, Ars Chrstiana, Warszawa 1956, vgl. S. 20.
Zachwatowicz, Jan: Polnische Architektur, Warszawa 1966, vgl. S. 61.
Szymański, Stanisław: op.cit. vgl. S. 20.
Zachwatowicz, Jan: op.cit., vgl. S. 62.
August Essenwein beschrieb das Krakauer System
folgendermaßen: „[Es] findet sich an den Pfeilern der
Marienkirche, der Dominicanerkirche, wie an der Corpus
Christi- und Katharinenkirche wieder, die alle sich im
Systeme dem Dome anschließen. Diese Kirchen haben
nämlich keinen Strebebogen; es handelt sich also
darum, den Seitenschub des Mittelschiffs unmittelbar
dort unschädlich zu machen. Dies geschieht durch
angesetzte Strebepfeiler. Um nun letztere nicht ganz auf
den Gewölbanfang der Seitenschiffe übersetzen zu
müssen, sind die Ansätze unten am Pfeiler angebracht.
Sie sind durch breite Gussbogen miteinander verbunden,
die neben den gegliederten Scheidbogen des Schiffs
herlaufen“59 60
Einfluss der deutschen Gotik
Die Marienkirche weist internationale und nationale
Elemente auf, wobei die große Raumkomposition
international,
sprich
von
der
deutschen
und
französischen Gotik bestimmt ist, und die Einzelheiten
nationalen Charakter aufweisen. Lokale Kunst tritt vor
allem durch das Krakauer System zum Vorschein, aber
auch durch die einheimischen Ausarbeitungen der
Fenster,
Holzskulpturen,
kleiner
architektonischer
Elemente, des Kolorits oder der Ornamentik. Nicht zu
vergessen ist die ins Auge fallende Polychromie der
Kirche, die jeder Krakauer sofort mit der lokalen
Farbenpracht der Tracht assoziiert. Die Marienkirche
kombiniert
internationale
und
lokale
Elemente
miteinander. Die Raumdisposition und die typologische
59
60
Essenwein. August: Die Domkirche zu Krakau, in: Mitteilungen der k.k. Centra-Commision zur Erforschung
und Erhaltung der Baudenkmale 10,Wien 1865, S. 67.
Bałus, Wojciech: Krakau zwischen Traditionen und Wegen in die Moderne: zur Geschichte der Architektur
und der öffentlichen Grünanlagen im 19. Jahrhundert, Stuttgart 2003, S.35.
Anordnung
weisen
internationalen
Charakter
auf.
Krakauer Muster folgen dagegen die Einzelformen, wie
Fensterschlusssteine, Giebel oder Wölbungen. Die
internationalen Elemente ermöglichten die Konstruktion
des Gebäudes im großen und ganzen, die lokalen
Elemente bestimmten das Grundverständnis, den Tenor
und die typische Atmosphäre.61
Krakau als Metropole des kulturellen Guts war nicht
ausgeschlossen von dem Kulturtransfer, welcher Ideen
von West nach Ost und vice versa transportierte.62 So
finden sich zahlreiche deutsche Motive in der Architektur
der Marienkirche, in der ja zeitweise Messen für die
deutschsprachigen Bürger Krakaus abgehalten wurden.
Wie eng das „Deutsche“ und das „Polnische“ mit dieser
Kirche
verbunden
sind,
zeigt
der
Streit
um
die
Predigtsprache. Fast 150 Jahre lang war das die
deutsche Sprache, da Deutsche die Mehrheit des
Krakauer Patriziates bildeten. Polnisch wurde in der
Kirche
der
heilige
Barbara, die
sich neben
der
Marienkirche befindet, gepredigt. Als die polnische
Bevölkerung
zahlenmäßig
am
Anfang
anstieg,
des
XVI.
begann
Jahrhunderts
eine
langjährige
Auseinandersetzung, die 1536 mit der Einführung der
Predigten in polnischer Sprache endete.63
Folgende
skizzenhafte
Beispiele
der
sakralen
Backsteinbauten wollen die potentiellen Einflüsse aus
61
62
63
Bałus, Wojciech: op.cit. vgl, S. 42.
Langer, Andrea; Michels, Georg (Hrsg.): Metropolen und Kulturtransfer im 15./16. Jahrhundert, Stuttgart
2001, vgl. S.7ff.
Walczak, Marek; Czyźewski, Krzysztof: Die Krakauer Kathedrale und die Marienkirche in ihrer Funktion für
Hof und Staat, in: Krakau, Prag und Wien. Funktionen von Metropolen im frühmodernen Staat, Marina
Dmitrieva, Karen Lambrecht (Hrsg.), Stuttgart 2000,S.103-117, hier S. 111.
Deutschland auf die Marienkirche aufzeigen. Städte die
der
Hanse
angehörten
und
in
derer
Umgebung
Zisterzienserorden siedelten wurden besonders stark
von der deutschen Backsteingotik beeinflusst.
Die St. Nicolai Kirche in Stralsund (um 1270) weist eine
ähnliche Gliederung und Grundform des Südturmes auf,
genauso wie die Türme der Lübecker Marienkirche
(1250),
die
der
Bürgerkathedrale
Prototyp
ist.
Die
der
hanseatischen
Lübecker
Marienkirche
übernahm die französische Basilikaform unter Verzicht
auf das Querhaus und Reduktion der dekorativen
Details. Die Marienkirche in Lübeck gilt als die
Mutterkirche der norddeutschen Backsteingotik und war
Vorbild für zahlreiche weitere Bauten dieses Stils im
Ostseeraum.64
65
Das
Zisterzienser
Chloster
Chorin
(1258) in Eberswald in Brandenburg lässt bereits den
mächtigen
Chor
der
Marienkirche
erahnen.66
Die
mächtigen Strebepfeiler an den Außenwänden finden wir
in der Marktkirche in Hannover wieder (um 1238). Die
steinernen
Verzierung
der
Strebepfeiler
des
Chorabschlusses ähneln der Ornamentik des Ostgiebels
der Marienkirche in Neubrandenburg (1248). Fehlende
Strebebögen und ein eingezogenes Strebemauersystem
finden wir auch in der Choranlage der Rostocker
Marienkirche (um 1279).67
Adam Miłobedzki geht sogar noch weiter und sieht im
Presbyterium der Marienkirche „die Sublimation des
österreichischen,
verlängerten
und
hohen
Mendikantenchors bereichert mit Detailreichtum in der
Skulptur,
64
65
66
67
mit
ausgeprägten
und
erweiterten
Barth, Matthias: Gotische Backsteinkirchen in Mecklenburg-Vorpommern, Leipzig 1993, S.17.
Böker, Hans Josef: Die mittelalterliche Backsteinarchitektur Norddeutschlands, Darmstadt 1988, S.137.
Böker, Hans Josef: op.cit., vgl.S.100ff.
Barth, Matthias: op.cit., S.52.
französischen Funken des Rayonannt Stills, welcher aus
dem Donaulanden importiert wurde im Zuge der
Verbreitung der repräsentativen Stifterkapellen.“68
Die Marienkirche Krakaus ist nicht umsonst das stille
Wahrzeichen des Landes, denn sie ist versteinerte
Geschichte und lebendige Erinnerung, Zeichen für
Austausch und Beweis der Eigenständigkeit, Ort der
nationalen Ästhetik und Glaubens.
Literaturverzeichnis
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