GESCHICHTE DER JUDEN IN MÄHRISCH-BUDWITZ.
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GESCHICHTE DER JUDEN IN MÄHRISCH-BUDWITZ.
G E S C H I C H T E D E R J U D E N IN MÄHRISCH-BUDWITZ. Bearbeitet von Dir. Dr. Josef Fišer, Mähr. i. Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1564. WANN die Judea in Mähr. Budwitz ansässig wurden, ist nicht bekannt. Wir wissen nur mit Bestimmtlieit, daß sie in der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhundertes da lebten; laut Einlage in der ältesten mähr. Landtafel kaufte im Jahre 1386 ) der Jude Jakob aus Mähr. Budwitz mit den Znaimer Juden Rachym und Lazar und den Brünner Juden Raichlin und Ghawlin das Dorf Dunajovice (Dannowitz — Bezirk Znaim) mit einer Feste und allem Zugehör von Philipp und seinem Bruder Jimramko von Jakobau (Bezirk Mähr. Budwitz). Das erworbene Gut verkauften ) sie noch im selben Jahre an Henslin von Vöttau, Johann von Meziříčí, Arkleb von Myslibořic und Johann von Křižanov. ן 2 Über das Leben der Mähr. Budwitzer Juden im XIV. und XV. Jahrhundert haben wir gar keine Nachrichten. Wir wissen nicht das Geringste von ihrer Anzahl, wir wissen nicht, ob sie eine selbständige Gemeinde bildeten, oder, wie die Sage berichtet, in der Vorstadt Podolí für sich ein geschlossenes Ghetto hatten oder ob ihre Häuser unter den christlichen Häusern zerstreut waren. Wir wissen nichts' von den jüdischen Pflichten gegen die Obrigkeit und gegen die Gemeinde, nichts von ihren Giebigkeiten, Zinsen und Gewerben, welche sie etwa betrieben. Erst aus dem X V I . Jahrhunderte, aus welchem die ältesten der erhaltenen Stadtbücher ) , nämlich ein Grundbuch (1528—1562), ein Buch über Rechtsansprüche, ein Richter- (1558—1562) und ein Testamentenbuch (1522—1615) stammen, haben wir sparliehe Belege, welche uns zwar die Anwesenheit der Juden in Mähr. Budwitz genügend beweisen, aber doch viel zu mangelhaft sind, als daß wir daraus ein genaues Bild über ihr Leben in unserer Stadt gewännen. Vor allem können wir ein Verzeichnis derjenigen Juden und Jüdinnen, deren Namen in unseren Stadtbüchern bis zum Jahre 1562 vorkommen, zusammenstellen. 3 Die Namen der Juden sind: 1. Abraham, M e č í ř (d. i . Schwertfeger). — 2. Abraham, Izáka H u b a t é h o syn (d. i . Sohn des Isaak H u b a t ý = G r o ß m a u l ; Spitzname). — 3. Abraham K a t l i u (d. i . Gatte oder Sohn der Katti = K a i l ) . — 4. A b r a h a m K y t l i c ü (d. i . vielleicht aus K i t t litz = K i t l i c e i n B ö h m e n , B e z i r k H a i d a ) , des Simse Schwiegers ö h n (Simse — Simson). — 5. Abraham M i l č i n (d. i . wahrscheinlieh aus Miltschin = M i l č i n i n B ö h m e n , B e z i r k T á b o r ) . — 6. Alexander. — 7. Bunan. — 8. D a n i e l . — 9. E l i a s . — 10. F a l k . — 11. F a y l l , M a y n h a r t ü v ( F a y t l ist der Rufname für Nathan, aus dem ahd. vidu, s p ä t e r F e i t , Derainutivum F e i t l ; Sohn des Maynhart). — 12. F a y t l , Sohn der verstorbenen M e č i ř . —־ 13. F a y t l von Posen, Sohn des verstorbenen Smole. — 14. H a n s i , Schwiegersohn des Jacob Č e r n ý (d. i . Schwarz). — 15. C h a y m = Joachim. Sohn des Simse. — 16. Isaak H u b a t ý . -— 17. Isaak Malachit (d. i. Sohn des Malach oder Melech = K ö n i g . — 18. Budwitz. Isaak U h e r (d. i . U n g a r ) . — 19. Isaak, Schwiegersohn des U h e r . — 20. Isaak, M e č í ř . — 21. Isdrahel, V a c k a r (d. i. B e u t l e r ) . — 22. Jakob, Rabbi. — 23. Jakob, Černý. — 24. Jakob, Mečíř. — 25. Jakob, Sohn des H a n s l . — 26. Jersy, Školní mistr (d. i . Schulmeister). — 27. J o k l ( = J a k o b ) , Schwiegersohn des Simse. — 28. K a u f m a n . — 29. L e v i , auch L e v (Low = L ö b = L e o = J e h u d a ) . — 30. Marek, auch Markus, Sohn des Moses von Polna. — 31. Moses, Mečíř. — 32. Mokl (Rufname für Mordechai). — 33. P e r m a n (für Isaschar gibt es einen Ruf11 ume 11: B ä r - B e r - B e r l , mhd. P e r ; daraus P e r m a n ) . — 34. Samuel, Sohn des H a n s l . — 35. Š i m š e . — 36. Smole. — 37. Zolman (d. i . Salman, a b g e k ü r z t Salme = Salomon). Von den Jüdinnen werden genannt: 1. A n n a . — 2. B e l a . — 3. H e f l i n k a (aus Abel, d. i . Gattin des H e f l i n = Hebel, A b e l ) . — 4. H u b a t á (d. i . die Großm ä u l i g e ) . — 5. K a u f manka (d. i . die G a t t i n des K a u f m a n n ) . — 6. L i p m a n k a (d. i . die Gattin des L i p m a n , L i p m a n = lieber Mann und auch R u f n a m e ) . — 7. M i l k a (hebr.). •— 8. Mojžiška (d. i . die Gattin des Moses).. — 9. R a c h e l . — 10. Simsová (d. i. die G a t t i n des Simse). Das Verzeichnis beweist, daß diese Namen, wie es bis in die josefinische Zeit überall üblich war, keine Familiennamen ) , sondern nur Vornamen und Personennamen waren, welche teils biblischer oder hebräischer (Abraham, Isaak, Chaym), teils deutscher (Falk, Kaufman), teils tschechischer Herkunft sind (Hubatý). Bei einigen Namen ist das VerwandtSchaftsverhältnis (Sohn, Schwiegersohn), die Herkunft (Uher = Ungar, von Polna, von Posen), die persönliche Eigenschaft (Černý = Schwarz) oder die Beschäftigung (Rabbi, Schwertf eger, Beutler) beigefügt. Jedem Namen wurde immer das Hauptwort žid (Jude) beigesetzt. Wir müssen aus der Zahl der angeführten Namen schließen, daß die Juden zu dieser Zeit in Mähr. Budwitz eine nicht unbedeutende Gemeinde bildeten. Größtenteils wohnten sie hinter dem Unteren Tore, obwohl sie hie und da auch in der Stadt oder in den einverleibten Dörfern -—• Heřmanice ausgenommen - ihre Häuser hatten, wie aus dem Verzeichnisse auf Seite 2 ersichtlich ist. Auch in diesem Verzeichnisse sind nicht alle jüdisehen Häuser enthalten. Es gab sicher noch mehrere Häuser, die in das Grundbuch nicht eingetragen wurden, da sich ihre Eigentümer nicht änderten. Im Grundbuche wurde zwischen Juden und Christen gar kein Unterschied gemacht. Die jüdischen Häuser wurden geradeso wie die christlichen einverleibt und es ist gewiss bemerkenswert, daß als erste Einlage in dem Grundbuche ein jüdischer Vertrag vorkommt, der im Jahre 1528 zwischen dem Juden Hansl, einem Schwiegersohn des Jakob Černý, auf der einen und des Jakob Černý leiblichem Sohne, dessen Name un־ bekannt ist, auf der anderen Seite, geschlossen wurde. Der Sohn des Jakob Černý verpflichtete sich, durch zwölf aufeinanderfolgende Jahre zu niemandem, nicht einmal zu seinem eigenen Vater nach Mähr. Budwitz zu kommen. Als Bürgschaft dafür nahm er von seinem Schwager Hansl zehn Gulden. Sollte er während dieser zwölf Jahre zu wem immer nach 4 Mähr, ßuclwits 1