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BRAUWELT | WISSEN | ANLAGENBAU Innovationen bei Rohrisolierungen? VORISOLIERTE ROHRSYSTEME | Der Begriff „Innovation“ wird vielfach nur in Zusammenhang mit High-Tech-Produkten verstanden. Selten denkt man dabei an Rohrleitungen. An ein Produkt, das vermeintlich kein Potenzial für Verbesserungen mehr bieten kann. Doch exakt hier setzen die Entwicklungen und Produkte der Jabitherm Rohrsysteme AG, Troisdorf, an und bieten ein energiesparendes System für optimierte Projektplanung. ALS DIE VERANTWORTLICHEN im Projekt der Brauerei Heineken in Südafrika sich auf die Suche nach einer geeigneten Rohrisolierung begaben, standen sie vor den üblichen Problemen: 20 000 Meter Rohrleitung mussten installiert werden mit Funktionen als Kälte-, Energie- und Produktleitung. Entscheidende Kostenträger in der Planung bildeten komplexe und kostenintensive Gerüste sowie die Erfordernis von speziellen Kälteschellen – bekannte Probleme auch für andere Betreiber großer Industrieanlagen wie u. a. der BASF AG, der Kraft Foods Deutschland GmbH oder der Dow Chemicals GmbH. Mit den voriso- Autoren: Dipl.-Ing. Thadeus Hoss (l.) und Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Hoppe, Jabitherm Rohrsysteme AG, Troisdorf 1158 BRAUWELT | NR. 37 (2013) lierten Rohrsystemen der Jabitherm Rohrsysteme AG konnten diese Probleme gelöst werden. Dadurch, dass die Schellen direkt am Außenmantel befestigt werden, konnten „Standardschellen“ verwendet werden und die bereits bei Auslieferung bestehende, fast vollständige Isolierung bewirkte eine deutliche Reduzierung des Aufwands für Gerüste. lGrundaufbau Entgegen der allgemeinen Meinung bieten Rohrleitungen vielerlei Ansätze für Verbesserungen, insbesondere unter der Betrachtung steigender Energiekosten und Aufwendungen für die Anlagenunterhaltung. Seitdem es Rohrleitungen gibt, wird die Technik dazu von zwei Konstruktionsmethoden dominiert: Der typischen Fernwärmeleitung mit Polyethylen-Mantel, Polyurethan-Schaumisolierung und Metall-Mediumrohr sowie der Isolierung mit losem Dämmmaterial und einzelnen Blechschalen. Aufgrund dieser Situation begann 1984 das Unternehmen Jabitherm Rohrsysteme AG aus Troisdorf mit der Suche nach Verbesserungen. Mechanisch robustere Rohrkonstruktionen und eine deutlich erkennbare Reduktion der Wärmeverluste standen auf der Wunschliste der Betreiber. Die größte Herausforderung bei der Entwicklung bestand in der Herstellung einer gleichmäßigen und extrem wärmedämmenden Isolierung. Das Ergebnis ist eine Kombination aus optimierter Dämmwir- kung und hoher mechanischer Stabilität. Die mit dieser Entwicklung verbundene Trittfestigkeit war dabei allerdings nur einer unter vielen Aspekten. Doch zeigt die Praxis, dass gerade dieser Aspekt eine sehr wichtige und nicht zu vernachlässigende Eigenschaft des Produktes darstellt. Abbildung 1 zeigt die Grundkonstruktion des Rohres. Sie ist gekennzeichnet durch das zentrale Mediumrohr, eine mechanisch robuste Schaumisolation und einen schützenden Metallmantel in Form eines Falzrohres mit innen liegender Falzung. Hieraus ergibt sich eine leichte Montage von Isolierergänzungen oder die Installation von Armaturen im Verlauf der Prozessleitung auf der glatten und ebenen Oberfläche. Verschiedene Varianten, wie u. a. eine aus zwei oder drei Wärmedämmschichten ausgeführte Rohrkonstruktion und Konstruktionen mit Diffusionssperre, ermöglichen eine individuelle Lösung entsprechend den Anforderungen der Anwendung. lProduktion Die Herstellung des Verbundrohrs erfolgt, verglichen mit konventionell aufgebauten Rohren, in umgekehrter Reihenfolge. Ein Paradoxon, bildet doch hier der Außenmantel den Ausgangspunkt. Die Entwicklung nutzt hier die Erfahrung aus der Lüftungstechnik: Ein Spiralfalzrohr aus Metall, das sich in vielen Bereichen der Industrie bewährt hat und anerkannt ist, bildet den äußeren Schutz der Rohrleitung. In diesen Mantel wird das Mediumrohr exakt mittig positioniert. Die absolut zentrische Lage ist wichtig für die gleichmäßige Verteilung der fließenden Schaummasse und damit auch für die spätere Wärmeverteilung im Medium. Eine neue Generation von Isolierschaum, dessen Komponenten eine homogene Verteilung der Luftzellen sowie eine extrem hohe Fließfähigkeit gewährleisten, füllt den Zwischenraum aus. Er bildet nach Abschluss der chemischen Reaktion eine feste und tragfähige Schicht, die ANLAGENBAU | WISSEN | BRAUWELT kraftschlüssig das Mediumrohr mit dem Außenmantel verbindet. Eine für konventionelle Isolierungen nicht zu erreichende Eigenschaft, die völlig neue Möglichkeiten der Anwendung, der Installation und des Betriebs eröffnet. Der hohe Druck, der sich innerhalb des Rohres während des Schäumens aufbaut, sorgt für die völlige Ausfüllung des Hohlraums zwischen Mediumrohr und Ummantelung. Bei gleicher Wärmebilanz weist der oben beschriebene kompakte Aufbau eines Verbundrohres im Vergleich zu konventionellen Rohrleitungen einen kleineren Gesamtdurchmesser auf (vgl. Tab. 1). Dadurch lässt sich auf Rohrbrücken eine größere Anzahl von Rohrleitungen installieren. Zudem wird die Zugänglichkeit zu den Rohrleitungen durch größere Abstände zueinander erleichtert. Der modulare Aufbau des Verbundrohres und damit verbunden die Wahlmöglichkeit aus verschiedenen Werkstoffen für Mediumrohr und Ummantelung vor Produktionsbeginn ist für den Betreiber der Garant für die optimale Anpassung des Systems an die Bedingungen des Prozesses und der Umgebung. So ist es möglich – unabhängig von Standards – ein auf den Kunden zugeschnittenes Produkt zu kreieren. lKonventionell isolierte Rohre Als Alternative existieren in der Industrie nach wie vor konventionelle Dämmungen. Die Grundstruktur dieses Rohrkonzeptes ist Abb. 2 Aufgebrochene und undichte Isolierung Abb. 1 RAPID-ESP mit integrierter Begleitheizung jedoch seit Beginn weitgehend unverändert. Maßgebend sind die drei Konstruktionsanteile Mediumrohr, thermische Isolierung und ein äußerer mechanischer Schutz. Fand bis vor wenigen Jahren noch Glaswolle als thermische Isolierung Anwendung, so ist diese heute vor allem aus Gründen des Gesundheitsschutzes für die Monteure vor Ort durch Steinwolle ersetzt. Die Aufbringung erfolgt dabei sukzessive Meter für Meter. Die Dichte der Steinwolle und damit die Dicke der Dämmschicht hängen dabei sehr stark von der Erfahrung des Handwerkers und der Qualität des Dämmwerkstoffes ab. Im Ergebnis, so zeigt es die langjährige Erfahrung aus der Praxis, bildet sich oftmals eine schwankende Dämmdichte. Diese wirkt sich durch unterschiedliche Wärmeverluste und eine ungleichmäßige Wärmeverteilung entlang des Rohres aus. Hinzukommt die mangelnde Druckfestigkeit der Wärmedämmung aus z. B. Steinwolle. Das Besteigen und Begehen dieser konventionell gedämmten Rohrleitungen hinterlässt dauerhafte und nachhaltige Spuren. Blech und Isolierung werden deformiert, Blechansätze brechen auf und geben dem Wasser und der Feuchtigkeit freien Zugang zu Rohr und Wärmedämmung (Abb. 2). Dringt Feuchtigkeit in die Isolierung ein, so können durch Ausfällung korrosiver Bestandteile in der Mineralwolle zusätzlich Korrosionsprozesse auf der Oberfläche des Produktrohres sowie im Bereich von Lagern und Aufhängungen gefördert werden. Erfahrungswerte zeigen, dass konventionelle Rohrisolierungen im Verlauf mehrerer Jahre bis zu 30 Prozent ihrer Isolierwirkung einbüßen. Dies kann zu erheblichen Prozessgefährdungen führen, hervorgerufen durch z. B. Beeinträchtigung der Viskosität und/oder veränderte Verarbeitungseigenschaften des fließenden Mediums. lVorisolierte Rohre Diesem Gefährdungspotenzial bei industriellen Rohrleitungen setzt das Verbundrohrsystem entscheidende technische Eigenschaften entgegen. Sie führen im Ergebnis zu einer gesteigerten Lebensdauer bei reduziertem Unterhaltungsaufwand. Leichteres Handling bei der Installation und geringerer Platzbedarf gegenüber konventionell gedämmten Systemen kommen ergänzend hinzu. Das Konzept eines Verbundrohres setzt gezielt bei Mechanik und der Wärmedämmung an: Der Aufbau des Verbundrohres bringt als eine Folge der Kraftschlüssigkeit der Konstruktion mechanisch eine Versteifung mit sich. Dies lässt physikalisch fundiert eine Begehung sowie die Erhöhung der Stützweite zu und damit letztlich die erhebliche Reduktion der Kosten für Arbeit und Material. Ein weiterer Vorteil ist die konstruktionsbedingte Möglichkeit, Fixpunkte/Auflager außen auf dem Verbundrohr zu montie- BRAUWELT | WISSEN | ANLAGENBAU Abb. 3 Außenbefestigung am Verbundrohr ren. Dadurch werden Wärmebrücken und unnötiger Energieverbrauch vermieden (Abb. 3). Auch ästhetischen Ansprüchen kann das Verbundrohr-System gerecht werden. Ummantelungen aus Edelstahl haben sich als weitere Variante ebenfalls vielfach in der Lebensmittel- und Getränkeproduktion bewährt. Verbundrohre lassen sich durch die modulare Struktur leicht in bestehende, konventionell ausgeführte Rohranlagen integrieren. Der Übergang von Mineralwolle auf den geschlossenzelligen, wasserabweisenden Isolierschaum ist unproblematisch. lAnwendungsbereiche In mehr als 25 Jahren konnten sich vorisolierte Rohrleitungen bzw. Verbundrohre in praktischen Anwendungen der Industrie erfolgreich bewähren. Petrochemie, Chemie, Nahrungs- und Genussmittelindustrie und auch Getränkehersteller sowie Brauereien sind einige Beispiele für die erfolgreiche Implementierung des Rapid-Systems. Chemie und Petrochemie stellen dabei die höchste Stufe an Anforderungen an die Widerstandsfähigkeit der beteiligten Werkstoffe. Der häufige Kontakt mit aggressiven Stoffen führt hier vermehrt zu Leckagen und Undichtigkeiten am Mediumrohr. Ein weiteres Beispiel für den erfolgreichen Einsatz, ist der Umbau eines Tiefkühllagers der Migros Neuendorf AG. Das Projekt umfasste die Erneuerung des gesamten und sehr komplexen Ammoniak-NH3 führenden Prozessrohrsystems. Der Betreiber entschied sich aufgrund des modularen Konzepts für die Technik mit vorisolierten 1160 BRAUWELT | NR. 37 (2013) Rohren. Verbundrohre vom Typ Rapid wurden ebenso favorisiert beim Einsatz von 6000 Meter Verrohrung im Projekt „Estrella Damm“. Zentrale Argumente für die Auswahl und Anwendung waren hier die Integration mehrerer Arbeitsabläufe, nämlich Rohrinstallation, Wärmedämmung und Verblechung und der dadurch reduzierte Arbeitsaufwand. Es bestätigte sich die Vermutung, dass eine Montage des kompletten Rohres zu einem kürzerem und kalkulierbarerem Projektablauf führen könnte. Wartezeiten zwischen den einzelnen Gewerken entfielen. Die mechanische Festigkeit und Trittfestigkeit der Rohre erleichterten zudem das Handling. Die Produkte der Jabitherm Rohrsysteme AG teilen sich zunächst in zwei Familien auf: Rapid und Firesafe®. Leitungen vom Typ Rapid sind Produkte für die Kälte- und Getränkeindustrie, bei denen eine einfache und schnelle Verarbeitung im Vordergrund steht. Diese Leitungen werden im Weiteren noch in Rapid-ESP und Rapid-Cool unterteilt. ESP steht für EnergieSParrohr und eignet sich besonders für Systeme in denen Energieeffizienz ebenso im Fokus steht wie zuvor genannte Attribute. Die effiziente PUR-Isolierung ermöglicht eine Reduktion der Isolierstärke um bis zu 30 Prozent. CoolSysteme sind für kalte Anwendungen ausgelegt. Der diffusionsdichte Mantel schützt vor dem Eindringen von Feuchtigkeit und verhindert so die Kondensation und das Einfrieren von Wasser auf dem Außenmantel. Eine Steigerung der Temperaturfestigkeit für besonders kalte Anwendungen (Medientemperaturen < –100 °C) bieten die Produkte aus der Cryo-Serie. Firesafe-Leitungen hingegen zielen auf die Sicherheit in den Anlagen. Das brandgeschützte System hält einem Brand bis zu 90 Minuten Stand (Kriterium ist eine Erwärmung im Mediumrohr < 450 °C). Die Differenzierung des Firesafe-Systems erfolgt anhand der Standzeit im Brandfall. T30 Systeme bestehen aus einem Einfachmantelsystem mit einer PUR-Isolierung mit speziellen Brandschutzzusätzen, die eine Standzeit von mindestens 30 Minuten ermöglichen. T60 Systeme besitzen ein Isoliersystem aus einer Kombination von verschiedenen PUR-Materialien und einem Doppelmantelsystem. Die Standzeit beträgt mindestens 60 Minuten. T90 Systeme sind mit einer Kombination aus einer dreifachen PUR-Isolierung mit ebenso einem dreifachen Mantelsystem ausgestattet. So kann dem Brand mindestens 90 Minuten standgehalten werden. Alle Systeme der Produktfamilien sind ebenso mit einem integrierten Begleitheizungssystem ■ erhältlich. ISOLIERUNG BEIM RAPID-SYSTEM IM VERGLEICH ZU MINERALWOLLE Isolierung (Größe) Isolierstärke Mineralwolle Rapid-System DN 50 50 mm 35 mm DN 100 60 mm 40 mm DN 150 75 mm 50 mm DN 200 80 mm 55 mm DN 300 100 mm 65 mm Tab. 1