(tz, 18.07.2008)

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(tz, 18.07.2008)
Das Tagesthema
Medizin
Endlich Schluss mit
Schulterschmerzen
Freitag, 18. Juli 2008
Seite 18
Unser beweglichstes Gelenk ist besonders anfällig für Störungen
H
ätten Sie das gedacht?
Wenn Sie eine volle Kaffeekanne oder eine Maß
Bier mit ausgestrecktem
Arm heben, wirkt in Ihrer
Schulter eine Kraft, die so groß ist wie
Ihr eigenes Körpergewicht! Über 30
Muskeln machen unsere Schulter zu
einem der stärksten Gelenke unseres
Körpers. Trotzdem ist es besonders
anfällig für Störungen.
Mindestens jeder zehnte Münchner leidet unter Schulterschmerzen
und eingeschränkter Beweglichkeit. Doch zum Glück können Ärzte heute mit modernen Therapien
jedem Schulterpatienten helfen
und ihm die Schmerzen nehmen.
Die Behandlungsmethoden reichen dabei von einfachen Bewegungsübungen bis hin zu komplizierten Operationen.
„Entscheidend ist, dass die Betroffenen möglichst früh zumArzt gehen“,
sagt der Münchner Orthopäde Dr.
Heribert Konvalin (51). „Dann sind
die Schäden im Gelenk noch nicht
allzu weit fortgeschritten.“
Doch was heißt früh? Dr.
Konvalin hat dafür eine ganz
nfos: Med. Verpräzise Erklärung: „Wenn sorgungszentrum
die Schmerzen besonders MVZ im Helios,
heftig auftreten oder länger
als sieben bis zehn Tage an- Helene-Weberhalten und sich nicht bessern, Allee 19, 80637
würde ich einen Orthopäden München, Telefon
aufsuchen.“
(089) 159 277-0,
Bis zum Arztbesuch rät Internet:
der Schulterspezialist zur
Selbsthilfe: „Schonen Sie das www.op-m.de
Gelenk und tun Sie nichts,
wobei Sie Ihren Arm über Kopfhöhe
heben müssen. Bücherregale ausräumen, Heckenschneiden oder Malerarbeiten sollten Sie in dieser Zeit
anderen überlassen. Gegen die
Schmerzen helfen kühle Umschläge
oder Eispackungen. Auch ein SportGel oder eine Arnika-Salbe aus der
Apotheke können die Beschwerden
lindern. Schmerztabletten wie ASS
oder Ibuprofen sollten Sie jedoch nur
an höchstens drei Tagen hintereinander einnehmen.“
Einen wichtigen Punkt lassen viele
oft außer Acht: Hinter Schulterschmerzen kann sich auch mal ein
Herzinfarkt verbergen. Doch das
lässtsicheinfachherausfinden:„Wenn
Armbewegungen die Schmerzen
auslösen, ist es tatsächlich die Schulter“,so Dr. Konvalin.
Meist liegen dann ein so genanntes
Schulter-Engpasssyndrom oder eine
Kalkschulter vor.
Das häufige Schulter-Engpasssyndrom erkennt man daran, dass beim
Abspreizen des Arms besonders heftige Schmerzen auftreten. Später tut
die Schulter auch in Ruhe weh.Nachts
finden die Patienten keinen Schlaf
mehr, weil sie in keiner Position mehr Dr. Konvalin untersucht die Schulter einer jungen Frau. Oft leiden Jüngere nach Sportunfällen unter Schulterschmerzen Fotos: M. Timm
ohne Schmerz liegen können.
Dadurch
„Hier wird die Sehne eingeklemmt son unter das Schulterdach injizie- tionen und Stoßwellen (siehe Kas- kengymnastik ab, um das Gelenk loch-Technik.
und es kommt zu Entzündungen.Wir ren. In 80 Prozent der Fälle reichen ten rechts). Nur bei etwa jedem zu schonen. Kühlung und Corti- treten viel weniger Geverschreiben entzündungshemmen- diese Therapien aus.Wenn die Be- zehnten Patienten muss er die stö- sonspritzen bringen oft Linde- websschäden auf und die
de und abschwellende Tabletten so- schwerden aber länger als neun renden Kalkdepots operativ ent- rung. Eine Operation hat hier aber Patienten sind viel schneldie höchste Erfolgsquote. Dr. ler wieder gesund.“
wie Krankengymnastik, um das Mus- Monate anhalten, raten wir zur fernen.
Am dritthäufigsten tritt die Ar- Konvalin: „Wir operieren in dieUm sich vor Schulterkelungleichgewicht auszugleichen Operation.“
Eine Kalkschulter behandelt throse des Schultereck-Gelenkes sen Fällen fast immer mit der be- schmerzen zu schützen,
und das Schulterdach zu entlasten.
Bis zu drei Mal kann der Arzt Corti- Dr. Konvalin mit Cortison-Injek- auf. Hier rät der Arzt von Kran- sonders schonenden Schlüssel- kennt Dr. Konvalin einen
einfachen Rat: „Sitzen Sie
immer gerade und ziehen
Sie die Schultern nach hinten. Denn der schlimmste
Feind der Schulter ist heute das stundenlange Sitzen
am Schreibtisch mit nach
vorne hängenden Schultern. Dadurch verkürzen
sich Gelenkkapsel und
Muskulatur. Wer auf diese
Haltung achtet, bleibt oft
von Schulterschmerzen
Schulter-OP: Dr. Konvalin operiert meist endos- Schulter im 3-D-Computertomografie-Bild: Schulter-Diagnostik: Dr. Konvalin erklärt ei- verschont.“
Michael Timm
kopisch mit schonender Schlüsselloch-Technik
Das Gelenk ist kaum geschützt
ner Patientin das Kernspinbild der Schulter
I
Montag
Lifestyle
Dienstag
Zukunft Alter
mittwoch
Akte Tier
Donnerstag
Multimedia
Stoßwellen-Therapie gegen Verkalkungen: Das
Behandlungsgerät sieht aus wie eine Pistole
Stoßwellen gegen
die Kalkschulter
I
mmer wiederkehrende
Schulterschmerzen können
auch durch Verkalkungen der SchulterSehnenplatte hervorgerufen werden. Davon sind etwa fünf
Prozent der Schulterpatienten betroffen.
Im Ultraschall sind
die Kalkdepots gut zu
erkennen.
Doch warum bildet
sich überhaupt Kalk
in der Schulter? „Jedes Mal, wenn wir den
Arm heben, drückt
der Oberarmknochen
die Sehnen gegen das
knöcherne Schulterdach“,erklärt Dr. Konvalin. „Die Sehne gleitet also bei jeder Armbewegung über den
knöchernen
Oberarmkopf. Da kann es
mit der Zeit zu Abnutzungserscheinungen
kommen. Die ständige Belastung vermindert außerdem die
Durchblutung
der
Sehne. Sie wird dünner und es entstehen
kleine Mikro-Einrisse.
Beides kann dazu führen, dass der Körper
als Reaktion darauf
kleine
Kalkablagerungen bildet.“
Weil die Sehne auch
mit den Verkalkungen
aber auch weiterhin
bei jeder Bewegung
über den Oberarmknochen
gleitet,
kommt es nicht selten
zu einer Entzündung.
Und die verursacht
die Schmerzen.
Diese bekämpft Dr.
Konvalin mit einem
modernen Stoßwellengerät, das so ähnlich wie ein sanfter
Nierenstein-Zertrümmerer arbeitet:„Durch
die Stoßwellen-Impulse von außen zerbröselt der Kalk und
wandert
in
den
Schleimbeutel, wo er
vom Körper abgebaut
und aufgelöst wird.
Das umgebende Gewebe lockert sich auf,
schmerzleitende Nervenfasern werden zusätzlich
unterbrochen.“
In der Regel dauert
jede Therapie-Sitzung
zehn bis zwanzig Minuten und muss im
Abstand von je einer
Woche noch zwei Mal
wiederholt werden.
Bis sich der Kalk endgültig aufgelöst hat,
kann es noch ein paar
weitere Wochen dauern. Deshalb sind die
Patienten nicht sofort,
sondern erst nach einigen Wochen endgültig schmerzfrei. Die
Erfolgsrate beträgt etwa 70 Prozent.
Hier entstehen die Schmerzen: Dr. Heribert
Konvalin am Skelettmodell einer Schulter
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