Minimal-invasive Otoplastik - HNO Gemeinschaftspraxis Dr
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Minimal-invasive Otoplastik - HNO Gemeinschaftspraxis Dr
Originalien HNO 2005 · 53:230–237 DOI 10.1007/s00106-004-1213-y Online publiziert: 18. Februar 2005 © Springer Medizin Verlag 2005 Redaktion H.P. Zenner, Tübingen Z ur Korrektur abstehender Ohren sind so viele Techniken beschrieben worden, dass man kaum wagt, eine weitere vorzustellen. Nach unseren Erfahrungen aus 4 /2 Jahren meinen wir aber, dass die minimal-invasive Otoplastik eine gute Alternative zu den offenen Techniken darstellt. Die Methode vereint die ästhetischen Vorteile einer reinen Nahttechnik (gute Kontrollierbarkeit, natürlich geformte Anthelix) mit denen einer Ritztechnik (geringe Rezidivneigung). Sie vermeidet die allen offenen otoplastischen Techniken gemeinsamen, vor allem von den Patienten als solche empfundenen Nachteile wie die große Inzision mit oder ohne Hautexzision, die Nachblutungsgefahr, länger zu tragende Kopfverbände, eine mögliche überschießende Narbenbildung größeren Ausmaßes, Hypästhesie und Empfindlichkeit der Ohrmuscheln. Methode Alle Patienten wurden ambulant im praxiseigenen OP operiert, entweder in örtlicher Betäubung, auf Wunsch mit anästhesistischem Standby, oder in Narkose mit Larynxmaske. Nach Infiltration der Ohren mit je ca. 5 ml Lokalanästhetikum (Xylocain %-ig mit Adrenalin :200.000) – auf der Ohrmuschelvorderseite im Bereich der Anthelix im Sinne einer hydraulischen Dissektion – und sterilem Abdecken beginnen wir die Operation, indem wir die mediale Begrenzung der Anthelix mittels durchgestochener, Methylenblau tragender Injektionskanülen auf die Ohrmuschelrückseite übertragen. An diesen Stellen werden Stichinzisionen mit einem er-Skalpell vorgenommen, von diesen aus mit einem kleinen Scherchen oder Klemmchen in Richtung 230 | HNO 3 · 2005 M. Benedict · K.-U. Pirwitz Praxisklinik für HNO/Plastische Operationen, Ettlingen Minimal-invasive Otoplastik auf den Helixrand möglichst tief subkutan getunnelt, um die spätere Fadenführung auf der Ohrmuschelrückseite zu vereinfachen und subkutane Verziehungen zu vermeiden. Nun folgt eine ca. cm lange Inzision dorsal über dem unteren Helixrand. (. Abb. 1) Von dort aus wird der knorpelige Helixrand dargestellt und das Perichondrium der Vorderseite im Bereich der Anthelix abgehoben. Jetzt wird der Knorpel in ganzer Breite der Anthelix in mehreren, möglichst gleichmäßig geführten vertikalen Bahnen geritzt (. Abb. 2). Wir haben zur Perichondrium-Elevation und zum Ritzen des Knorpels das von Drommer entwickelte Instrumentarium verwendet (. Abb. 3). Das dreizinkige Ritzinstrument ist eine Variation des bereits von Stenström zum „anterior scoring“ verwendeten Instruments. Seit kurzem setzen wir eine eigene Weiterentwicklung (. Abb. 4) des Ritzinstruments ein: Die Auflagefläche ist breiter, die Zähnchen halbrund und zahlreicher, damit die ganze Anthelix gleichmäßiger und in einem Zug überstrichen werden kann; die Ränder sind allseits abgeflacht, um die Einführung in den subperichondralen Tunnel zu erleichtern. An dieser Stelle des Eingriffs kann bei Bedarf die Korrektur eines abstehenden Ohrläppchens angegangen werden. Hierzu stellen wir über die Helixrandinzision die Cauda helicis dar und schrägen sie lateral ab oder durchtrennen sie horizontal ganz. Wenn eine stärkere Korrektur erforderlich ist, kann der Helixrandschnitt nach kaudal erweitert werden und als laterale Begrenzung einer ovalären Resektion von Fett und Haut aus dem Ohrläppchen selbst dienen. Nun werden in der Scapha die lateralen Begrenzungspunkte der Anthelix mar- kiert. Diese liegen dem höchsten Punkt der Anthelix –2 mm näher als dem Helixrand; der kranialste Punkt darf noch etwas mehr den lateralen Abhang des Crus superius hinauf gesetzt werden. Dies bewirkt eine minimale vertikale Zugkomponente beim Anziehen des kranialsten Fadens und dadurch eine schönere Korrektur und geringere Rezidivneigung an dieser Stelle. Von den dorsalen Stichinzisionen aus wird nun, kaudal beginnend, ein Ethibond-3.0-Faden mit scharfer 3/8-Nadel auf die Ohrmuschelvorderseite durchgestochen (. Abb. 5). Austrittstelle ist der korrespondierende Punkt, der die Anthelix medial begrenzt. Die Nadel wird herausgezogen, wieder exakt an der Durchtrittsstelle eingeführt und in vertikaler Richtung nach 0,5– cm subkutanem Verlauf nach oben – je nach Ohrgröße – wieder ausgestochen. Wieder wird sie ganz herausgezogen und, jetzt in horizontaler Richtung, auf die gegenüberliegende laterale Anthelixbegrenzung zu durch Haut, Knorpel und wieder Haut geführt. Nadel und Faden laufen im Bereich der Anthelixwölbung dorsal des Knorpels, diesem möglichst anliegend und in den eingangs angelegten subkutanen Tunnels. Eine Perforation der Haut der Ohrmuschelrückseite muss dabei vermieden werden. Ähnlich wie entlang der medialen Begrenzung der Anthelix folgt nun eine, wegen des Speicheneffektes etwas längere, subkutane Strecke nach kaudal (. Abb. 6); dort wird in der punktförmigen Markierung durch die Haut wieder Auszugsweise vorgetragen auf der 16. Jahresversammlung der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland (GÄCD) vom 04. bis 07.09.2003 in Düsseldorf. Abb. 2 9 Subperichondral eingeführtes Ritzinstrument Abb. 1 8 Rückseite nach Stichinzisionen und Helixrandinzision Abb. 3 9 Elevatorium und Ritzinstrument nach Drommer Abb. 4 9 Ritzinstrument nach Benedict Abb. 5 8 Von dorsal durchgestochene Nadel Abb. 6 8 Laterale vertikale Bahn nach unten Abb. 7 8 Horizontale Bahn nach medial Abb. 8 8 Im Bereich der Stichinzision auf die Ohrmuschelrückseite zurückgeführter Faden ausgestochen. Es folgt der Rückstich in horizontaler Richtung durch den Anthelixknorpel bis in die mediale Markierung (. Abb. 7). Dort wird die Nadel im Bereich der Stichinzision wieder auf die Ohrmuschelrückseite geführt (. Abb. 8). Fadenanfang und -ende liegen nun nebeneinander und werden mit einem Klemmchen gesichert. Diese Fadenführung wiederholt sich 2- bis 4-mal in kranialer Richtung, je nach Größe des Ohres. Zwischen medialem Umfang des Crus anterius und Scapha kann die horizontale Strecke bei größeren Ohren manchmal nur mit einem Zwischenstich auf halber Strecke überwunden werden. Wenn eine Verkleinerung des Cavum conchae angebracht ist, werden die medialen Markierungen im Bereich des Kavums weiter nach medial gesetzt. Eine hohe laterale Kavumwand lässt sich so bis zu einer gewissen Ausprägung in die Anthelix einbeziehen. Ob dies ästhetisch sinnvoll ist oder ob das Kavum besser durch Resektion von Knorpel verkleinert oder mittels einer Furnas-Naht rotiert wird, sollte in jedem Einzelfall bereits bei der Planung der Operation unter Mitbeurteilung seitens des Patienten und letztlich nach seinen Vorstellungen anhand einer versuchsweisen Fal- tung der Anthelix in diesem Bereich überprüft werden. Alle Fäden werden mit der ersten Schlinge eines chirurgischen Knotens provisorisch geknüpft. An diesem Punkt der Operation kann der örtlich betäubte Patient in einem Handspiegel das Ausmaß der Korrektur mitbestimmen. Erst dann werden die Fäden durch Vollendung des chirurgischen Knotens gesichert. Die Fadenenden werden möglichst kurz abgeschnitten, der Knoten tief subkutan versenkt. Abschließend werden die Stichinzisionen und die dorsale Helixrandinzision mit Prolene 5.0 verschlossen. Für einen Tag tragen die PaHNO 3 · 2005 | 231 Zusammenfassung · Abstract tienten einen Salbenstreifenkompressionsverband, danach wird für einige Tage eine lokalantibiotische Salbe aufgetragen. Nur nachts soll für weitere 2–3 Wochen ein Stirnband getragen werden. Eine schematische Darstellung der Fadenführung zeigt . Abb. 9. HNO 2005 · 53:230–237 DOI 10.1007/s00106-004-1213-y © Springer Medizin Verlag 2005 M. Benedict · K.-U. Pirwitz Minimal invasive Otoplastik Zusammenfassung Hintergrund. Zur Korrektur abstehender Ohrmuscheln verwendeten wir eine modifizierte Form der 1967 von Kaye veröffentlichten Technik. Unseres Wissens gab es bisher keine Publikation zu Erfahrungen mit einer geschlossenen otoplastischen Technik bei einer größeren Patientenzahl. Patienten/Methode. Von 442 Ohren wurden in 4 1/2 Jahren 385 (200 Patienten, 15 einseitige Korrekturen) mit minimal-invasiver Technik korrigiert. Bei der minimal-invasiven Otoplastik (MIO) wird eine natürlich aussehende Anthelix mittels nicht resorbierbarer Nähte nach schonender Schwächung der Rückstellkräfte des Knorpels geformt Ergebnisse. 154 der operierten Patienten (entsprechend 302 Ohren bei 6 einseitigen Korrekturen) konnten wir wenigstens 1/4 Jahr nach Op. nachuntersuchen. An Komplikationen hatten wir Nachkorrekturen wegen partieller Rezidive oder vom Pa- tienten als noch ungenügend empfundener Korrektur (30/302=9,9%), Fadenreaktionen (26/302=9,3%), frühe Infektionen (2/385=0,7%), länger anhaltende Empfindlichkeit (2/302=0,7%) und eine hypertrophe Lobulusnarbe (1/302=0,3%). Nachblutungen, Hämatome, Hypästhesie, Temperaturempfindlichkeit oder Hautreizungen im Bereich der Ohrmuscheln sahen wir nicht. Fazit. Mit der MIO kann die Mehrzahl abstehender Ohren korrigiert werden. Sehr fester Knorpel oder eine sehr hohe laterale Kavumwand setzen dem Grenzen. Die kosmetischen Resultate und die Komplikationsrate sind denen offener Techniken vergleichbar; die Akzeptanz dieser Methode scheint höher. Schlüsselwörter Geschlossene Otoplastik · Minimal-invasiver Zugang · Kombination Naht- und Ritztechnik · Kaye · Abstehende Ohren Minimally invasive otoplasty Abstract Objective. We have further developed a method, first published in 1967 by Kaye but not widely used later, to correct protruding ears. To our knowledge, clinical experience with a closed otoplasty technique based on a large number of patients has not yet been published. Subjects and methods. Of 442 ears in 4.5 years, 385 (200 patients, 15 one sided) were corrected using the minimally invasive technique. The key part of this technique to such otoplasty is the creation of a naturally appearing antihelix by combining permanent buried sutures and a conservative cartilagebreaking technique, both applied without extensive skin incisions and excisions. Results. A total of 154 of the patients (i.e., with six one sided corrections, 302 ears) could be examined at least 3 months after surgery. Complications were revisions for either a partial recurrence or a still insufficient correction in the opinion of the patient 232 | HNO 3 · 2005 (30/302, 9.9%), reactions to the suture material (26/302, 9.3%), early infections (2/385, 0.7%), prolonged sensitivity (2/302, 0.7%) and one hypertrophic scar in the lobule (1/302, 0.3%). There was no bleeding, hematoma, hypesthesia, sensitivity to temperature or skin reactions in the auricle. Conclusions. Minimally invasive otoplasty is a surgical technique that allows the correction of most protruding ears. Very strong cartilage or a very high lateral conchal wall set the limits to such an approach. We found the cosmetic results and complication rates to match those of open methods. Since patient comfort seems to be higher, the method is better accepted. Keywords Closed otoplasty · Minimally invasive approach · Combination of suturing and scoring · Kaye · Protruding ears Resultate Von /2000 bis 6/2004 wurden 200 Patienten minimal-invasiv operiert, in 5 Fällen nur einseitig. Das entspricht 385 Ohren. 6 dieser Ohren waren anderenorts, meist mit einer Schnitt-Technik, voroperiert. Ursachen des Abstehens der minimal-invasiv operierten Ohrmuscheln waren bei 22 (55,2%) Dysplasien der ganzen Anthelix mit einer mehr oder weniger hohen lateralen Kavumwand (. Abb. 10a, b), bei 29 (33,3%) relativ geringe, auf das Crus superius der Anthelix beschränkte Dysplasien (. Abb. 11a–d), und bei 44 (,5%) Anthelixdysplasien mit hoher lateraler Kavumwand und abstehendem Lobulus (. Abb. 12a, b; . Tabelle 1). 54 der Patienten (302 Ohren) haben wir nach unterschiedlich langen Zeiten wieder gesehen; die kürzeste Nachbeobachtungszeit betrug 3 Monate, die längste 45 Monate. Die Altersspanne der Patienten reichte von 5–58 Jahren. Der jüngste in örtlicher Betäubung operierte Patient war 8 Jahre alt. An Komplikationen (. Tabelle 2) in den ersten postoperativen Tagen sahen wir 2 Infektionen, die unter systemisch antibiotischer Behandlung rasch und folgenlos abheilten. Nachblutungen und revisionsbedürftige Hämatome traten nicht auf. 30 Ohren wurden teils wegen partieller Rezidive, die alle im ersten Vierteljahr nach der Operation auftraten, nachkorrigiert, teils wegen einer vom Patienten immer noch als ungenügend empfundenen Korrektur. Die Nachkorrektur erfolgte erneut in Nahttechnik, in einigen Fällen aus der Anfangszeit aber, anders als beim Ersteingriff mit zusätzlichem vorderem Ritzen, das wir anfangs noch nicht bei jedem Eingriff anwendeten. Die Ohren behielten danach die Form bei. Bei 28 Ohren traten, ganz überwiegend im Bereich der Knoten, lokale Reaktionen auf die Fäden in Form von Fisteln oder granulierenden Entzündungen auf. Alle heil- e g i e z n A e n i e t h t n e Hier ste m e is t r e v d a n a s i s i h T Originalien ten nach Entfernung des Fadens oder eines Teils davon aus. Die Stabilität der Ohrmuschelform litt nicht darunter, da einerseits nie mehr als einer der 3–5 Fäden pro Ohr betroffen war und andererseits die Fäden – neben der Knorpelschwächung – nicht das alleinige formgebende und fixierende Prinzip sind. Zwei Patienten berichteten von einer über Monate abklingenden erheblichen Empfindlichkeit der Ohren. In einem anderen Fall entstand an einem Lobulus eine hypertrophe Narbe. Hypästhesie, Temperaturempfindlichkeit oder Hautreizungen im Bereich der Ohrmuscheln traten nie auf. Diskussion Abb. 9 8 Schematische Fadenführung. (Aus [2]) Abb. 10a, b 8 Patient H.W. präoperativ (Anthelixdysplasie und hohe laterale Kavumwand) und 2 Jahre postoperativ 234 | HNO 3 · 2005 Bei genauer Betrachtung täuscht der verbreitete Eindruck, dass die Otoplastik eine verhältnismäßig leichte Operation mit durchweg guten Resultaten sei. So finden z. B. Calder u. Nassan [] in einer großen Übersicht (562 Patienten in 5 Jahren) bei in vorderer Ritztechnik operierten Ohren selbst bei erfahrenen Operateuren in % nachkorrekturbedürftige Resultate und in 9% Komplikationen wie Blutung, Infektion, Hautnekrosen und hypertrophe Narben oder Keloide. Lavy u. Stearns [6] sowie Heppt u. Trautmann [3] geben eine gute Übersicht über die Vor- und Nachteile etablierter Methoden. Auch die aggressivste Schwächung der knorpligen Rückstellkräfte mit ihren häufig sichtbaren Begleiterscheinungen (. Abb. 13a–d) verhindert Rezidive nicht zuverlässig. Wenn eine lange vergessene, mit Modifikationen wieder aufgenommene Op.-Methode einen Stellenwert neben den etablierten haben soll, so muss sie diesen hinsichtlich kosmetischem Resultat und Komplikationen zumindest gleichwertig sein. Sie sollte deren Vorteile vereinen und für den Patienten angenehmer sein. Als erster hat unseres Wissens Kaye [4] 967 eine geschlossene Methode zur Korrektur abstehender Ohren vorgestellt. Sie vereinte Mustardés [8] Fadenführung und Stenströms [0] Prinzip, die Rückstellkräfte des Knorpels durch vorderes Ritzen im Bereich der Anthelix zu schwächen. Kaye platzierte die Knoten anfangs auf der Vorderseite der Anthelix (. Abb. 14), verleg- te sie aber später (973) auf die Ohrmuschelrückseite [5], an die Stelle dorsaler Stichinzisionen, um sie unter einer dickeren Gewebeschicht verbergen zu können. Um die Rezidivneigung weiter zu verringern, unterminierte er die dorsale Haut im Verlauf der Anthelix – in der Absicht, einen nach dorsal gerichteten Narbenzug zu erzeugen. Kaye berichtete nicht im Detail über seine klinischen Ergebnisse. Erst 995 tauchte die Otoplastik „ohne Messer“ (Peled; [9]) bzw. „ohne Schnitt“ (Fritsch; [2]) in zwei Veröffentlichungen wieder auf. Fritsch untersuchte histologisch bei verschiedenen Nahtmaterialien die Stichkanäle und fand in ihnen keine epithelialen Einschlüsse, Anhalt dafür, dass – bei exakter Ausführung der Rückstiche – nicht mit der Ausbildung subkutaner epithelialer Zysten und ihren Komplikationen gerechnet werden muss. Merck (pers. Mitteilung 200) greift Peleds Methode – mit einer Modifizierung der Fadenführung, dorsaler Platzierung der Knoten und Verzicht auf eine Bearbeitung des Knorpels – auf. In Kenntnis der Veröffentlichungen von Kaye, Peled und Fritsch und nach einzelnen eigenen Erfahrungen mit ihren Methoden seit 999 haben wir diese Methode der Otoplastik „minimal-invasiv“ genannt, da das besondere an ihr – im Gegensatz zu den offenen – der Verzicht auf größere Schnitte, Hautresektion und ausgedehnte Präparation der Ohrmuschel ist. Wir haben bei allen verwendeten Nahtmaterialien lokale Fremdkörperreaktionen gesehen, die in einzelnen Fällen die Entfernung von Teilen des Fadens, meist eines Knotens, erforderlich machten. Mersilene als geflochtenes unbeschichtetes Material war hier am problematischsten; wir haben es ebenso rasch aufgegeben wie die monofilen Materialien PDS und Prolene wegen ihrer relativ schwierigen Handhabung und der harten Knoten mit starren Enden, die zur Hautperforation disponierten. Die besten Erfahrungen machen wir inzwischen mit geflochtenem und beschichtetem Material (Ethibond) der Stärke 3.0, bei weichem kindlichem Knorpel auch 4.0. Die Knoten platzierten wir von Anfang an auf der Ohrmuschelrückseite, möglichst weit medial, um die in Richtung der retroaurikulären Umschlagsfalte dickere Gewebeschicht zu nutzen. Abb. 11a, b 8 Patientin N.F. präoperativ (Dysplasie der kranialen Anthelix) und 3 Jahre postoperativ. c, d Patientin J.F. präoperativ (Dysplasie der kranialen Anthelix) und 3 Jahre postoperativ Abb. 12a, b 8 Patientin M.H. präoperativ (Anthelixdysplasie, hohe laterale Kavumwand und abstehender Lobulus) und 2 Jahre postoperativ Eine hohe laterale Kavumwand kann in den meisten Fällen, wie schon von Mustardé [8] (964) beschrieben und „rolling the Anthelix upon itself “ genannt, durch entsprechende Positionierung der media- len Fadenaustrittspunkte in die Anthelix mit einbezogen werden. Bei sehr festem Knorpel empfiehlt Stenstöm [0], die laterale Kavumwand, von der Incisura helicis ausgehend, in Richtung auf die HelixwurHNO 3 · 2005 | 235 Originalien Abb. 13a–d 8 Sichtbare Schnittkanten und hypertrophe Narbe bei Rezidiven nach offenen Otoplastiken mit Knorpelinzision bzw. -resektion Abb. 14 9 Kayes ursprüngliche Fadenführung. (Aus [4]) Abb. 15a, b 9 Patientin F.N. präoperativ (Rezidiv nach Otoplastik nach Mustardé) und 1,5 Jahre postoperativ 236 | HNO 3 · 2005 Tabelle 1 Anatomische Ursachen der Apostasis minimal-invasiv korrigierter Ohrmuscheln Ursache Häufigkeit Dysplasie des Crus superius 129/385 (33,3%) Dysplasie der ganzen Anthelix mit hoher lateraler Kavumwand 212/385 (55,2%) Anthelixdysplasie mit hoher lateraler Kavumwand und abstehendem Lobulus Tabelle 2 Komplikationen nach minimalinvasiver Otoplastik Frühe Komplikationena (≤2 Wochen) • Infektion • Hämatom • Nachblutung Anzahl 2 (0,5%) 0 0 Späte Komplikationenb Anzahl (>2 Wochen) • Nachkorrektur 30 (9,9%) • Fadenreaktion 28 (9,3%) • Hypertrophe Lobulusnarbe 1 (0,3%) • Prolongierte Empfindlichkeit 2 (0,6%) • Hypästhesie des Ohres 0 • Temperaturempfindlichkeit 0 • Hautreizung 0 a 385 Ohren nachuntersucht (=100%) von insgesamt 385 operierten Ohren. b 302 Ohren nachuntersucht (=100%) von insgesamt 385 operierten Ohren. zel einzuschneiden. Wir haben hiervon nie Gebrauch gemacht, obwohl es von dem beschriebenen Helixrandschnitt aus sicher möglich wäre. Eine noch genauere und effektivere Schwächung der Rückstellkräfte des Knorpels scheint mit unserem neuen Ritzinstrument möglich zu sein. Erste Erfahrungen damit lassen uns hoffen, auch unter Verwendung von langsam resorbierbarem Nahtmaterial (z. B. PDS) dauerhafte Resultate ohne Fremdkörperreaktionen zu erzielen. Der ideale Faden existiert leider noch nicht. Er wäre ein – verglichen mit den bereits erhältlichen – noch um einiges dünnerer, geschmeidiger, dennoch ebenso fester Faden, der mit einer noch längeren Halbwertszeit resorbiert wird. Fast alle Rezidive stammen aus der Anfangszeit, als wir einerseits noch nicht routinemäßig den Knorpel schwächten und andererseits ein Gefühl für die zulässige Festigkeit des zu formenden Knorpels 44/385 (11,5%) erst noch entwickeln mussten. Die Rezidivhäufigkeit war bis dahin der aus Verlaufsbeobachtungen in reiner MustardéTechnik operierter Ohren [7] vergleichbar. Seitdem wir den Knorpel regelmäßig schwächen, sind korrekturwürdige Rezidive deutlich seltener. Auch Rezidive nach offener Otoplastik (. Abb. 15a, b) lassen sich minimal-invasiv korrigieren, soweit nur die Fehlstellung behoben werden soll. Sichtbare Knorpelschnittkanten müssen selbstverständlich offen angegangen und z. B. mit Fascia lata abgedeckt werden. Fazit für die Praxis Die minimal-invasive Otoplastik vereint Vorteile bekannter offener Techniken zur Korrektur abstehender Ohren. Im Unterschied zu diesen Techniken verzichtet sie auf große Hautinzisionen, Hautexzision und ausgedehnte Präparation der Ohrmuschel. In 87% unserer Fälle war eine Korrektur der abstehenden Ohren mit der minimal-invasiven Methode möglich. Sie ist nicht anwendbar bei sehr festem Knorpel oder bei einer sehr hohen lateralen Kavumwand. Die kosmetischen Ergebnisse und die Rate an Komplikationen sind denen offener Otoplastiken vergleichbar. Die postoperative Beeinträchtigung der Patienten scheint jedoch geringer als bei den offenen Techniken, die Neigung, besonders der Patienten mit geringfügigen Deformitäten, sich einer Otoplastik zu unterziehen, daher größer. Die MIO stellt nach unseren Erfahrungen bei den beschriebenen Formen abstehender Ohren eine wenigstens gleichwertige Alternative zu einer offenen Otoplastik dar. Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor weist auf eine Verbindung mit folgender Firma/Firmen hin: Das im Artikel abgebildete „Ritzinstrument n. Benedict“ haben wir zusammen mit einem Feinmechaniker entwickelt (Fa. Bippes, Ettlingen). Einen Geschmacksmusterschutz für das Instrument haben wir beantragt. Literatur 1. Calder JC, Naasan A (1994) Morbidity of otoplasty: a review of 562 consecutive cases. Br J Plast Surg 47: 170–174 2. Fritsch MH (1995) Incisionless otoplasty. Laryngoscope 105: 1–11 3. Heppt W, Trautmann Y (1999) Otoplastik zur Korrektur abstehender Ohrmuscheln. HNO 47: 688–694 4. Kaye BL (1967) A simplified method for correcting the prominent ear. Plast Reconstruct Surg 40: 44– 48 5. Kaye BL (1973) Current comment on: a simplified method for correcting the prominent ear, by Bernard L. Kaye, M.D. Plast. and Reconstr. Surg., 40:44, 1967. Plast Reconstruct Surg 52 (2): 184 6. Lavy J, Stearns M (1997) Otoplasty: techniques, results and complications – a review. Clin Otolaryngol 22: 390–393 7. Minderjahn A, Huttl WR, Hildmann H (1980) Mustardé’s otoplasty – evaluation of correlation between clinical and statistical findings. J Maxillofac Surg 8 (3): 241–250 8. Mustardé JC (1963) The correction of prominent ears using simple mattress sutures. Br J Plast Surg 16: 170–176 9. Peled IJ (1995) Knifeless otoplasty: how simple can it be? Aestet Plast Surg 19: 253–255 10. Stenström SJ (1963) A „natural“ technique for correction of congenitally prominent ears. Plast Reconstruct Surg 32: 509–518 11. Weerda H, Siegert R (1994) Complications of otoplasty and their treatment. Laryngorhinootologie 73 (7): 394–399 Korrespondierender Autor Dr. M. Benedict Praxisklinik für HNO/Plastische Operationen, Schleinkoferstraße 2a, 76275 Ettlingen E-Mail: [email protected] HNO 3 · 2005 | 237