Macht das Leben mit Behinderung überhaupt Sinn? (Laura
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Macht das Leben mit Behinderung überhaupt Sinn? (Laura
Macht das Leben mit Behinderung überhaupt Sinn? Jahresarbeit von Laura Weingart Schule: Freiherr-vom-Stein-Schule Fach: Religion Fachlehrer: Frau Seiler Ort : Helsa- St.Ottilien Abgabedatum: 16.04.2012 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort 2. Was ist der Sinn des Lebens? 3. Was ist eine Behinderung? 4. Wie geht es Menschen mit einer Behinde rung? 4.1 Probleme im Leben eines Behinderten 4.2 Die etwas andere Lebenseinstellung 5. Berichte über das Leben mit eine m behindertem Kind 5.1 Einstellung aus dem Buch: „Wo fahren wir hin Papa?“ 5.2 Bericht einer Mutter 5.3 Auseinandersetzung mit beiden Berichten 6. Behinderung und Religion 6.1 Beispiele aus der Bibel 6.2 Die Sicht der Kirche 7. Nachwort 8. Angang 8.1 Interview mit Andrea Weingart 8.2 Literaturverzeichnis 8.3 Internetquellenverzeichnis 8.4 Abbildungsverzeichnis 2 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 1. Vorwort Als es um die Vergabe der Jahresarbeiten ging, stand für mich fest, dass ich meine Arbeit im Fach Religion schreiben wollte. Da mich dieses Fach schon immer interessiert hat und sehr viele ansprechende Themen zur Auswahl standen. Die Entscheidung für ein Thema war nicht leicht, doch als das Wort Behinderung fiel, wurde ich besonders aufmerksam. „Macht das Leben mit Behinde rung überhaupt Sinn?“ Ich selbst habe in meinem Leben viele Erfahrungen mit behinderten Menschen gemacht und kenne mich dementsprechend gut damit aus. Mein Bruder ist Autist und somit gehört der Umgang mit behinderten Menschen zu meinem Alltag. So ergab sich für mich auch schon oft die Gelegenheit, Behindertenschulen oder Behindertenwerkstätten zu besuchen. Die oftmals unglaublich herzliche Art und positive Einstellung der Menschen dort faszinierte und rührte mich schon immer. Dennoch weiß ich sehr gut, wie schwierig ein Leben mit einem behinderten Menschen sein kann. Trotz dessen möchte ich noch etwas tiefer in das Thema Behinderung eindringen und das Thema aus verschiedenen Perspektiven, wie der Religion oder Kirche in den Blick nehmen. Aus diesem Grund beschäftige ich mich auf den folgenden Seiten mit Fragen wie: Was versteht man unter einer Behinderung? Wie ist die Einstellung der Kirche zu diesem Thema? In Interviews und Büchern hoffe ich zudem zu erfahren, wie Eltern ihr Leben mit ihrem kranken Kind schildern und wie sie die schwierige Situation bewältigen? Zudem möchte ich mich mit dem Sinn des Lebens beschäftigen, was darin gesehen wird und wieso das Leben eines Behinderten eventuell weniger Sinn haben könnte. Ich hoffe, ich kann in meiner Jahresarbeit Antworten auf meine vielen Fragen finden und meine bisher eher positive Einstellung zum Leben eines Behinderten beibehalten. Außerdem erwarte ich, auf viele neue und unterschiedliche Meinungen zu stoßen, um diese mit meiner vergleichen zu können. Im Folgenden Kapitel werde ich mich zunächst mit dem Sinn des Lebens auseinander setzen. 3 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 2. Was ist der Sinn des Lebens? „Jemand, der ohne zwingenden Grund im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, ohne Not und Krankheit das Leben verlässt, hat nicht verstanden, dass der Sinn des Lebens das Leben selbst ist.“1 (Kanitschneider) Die Frage nach dem „Sinn des Lebens“ ist wohl eine der herausforderndsten, die ein Mensch sich in seinem Leben stellen kann. (Abb.1) Aus diesem Grund wird der Gedanke daran im Alltagsstress oft beiseitegeschoben. Erst im Alter oder in kritischen Zeiten holt uns diese Frage oft ein. Verschiedene Philosophen haben versucht Antworten auf diese Frage zu finden: 2 Abb. 1 Karikatur über den Sinn des Lebens Kanitschneider, ein berühmter Philosoph, welcher sich viel mit Lebensphilosophie beschäftigte, formulierte Kritik oder Zuspruch zu den folgenden Thesen. 1. Der Sinn des Lebens aus christlicher Sicht ist es, Gott Dank und Ehre zu schenken. Der Mensch hat viele Fähigkeiten durch Gott erlangt und somit ist Gott ein Ebenbild in jedem Geschaffenem. Deshalb soll der Sinn im Leben eines Menschen, Gott zu danken und zu ehren sein. Jedoch verfügt jeder über einen freien Willen, daher hat jeder das Recht, sich gegen den Schöpfer zu entscheiden. Tut ein Mensch dies, so hat er mit den entsprechenden Konsequenzen zu rechnen. Die Zuwendung zu Gott gewährleistet nach dem ewigen Evangelium die Vergebung der Sünden vor Gott. 1 Vgl. http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/der-sinn-des -lebens-ist-das-leben-selbst/1000808 (16.01.12) 2 Vgl. http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/der-sinn-des -lebens-ist-das-leben-selbs t/1000808 (16.01.12) → Ideenquelle 4 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 2. Ein anderer Gedanke war, dass die Menschheit auf ein größeres Ziel zu steuere und darin der Sinn des Lebens läge (Georg Wilhelm Friedrich Hegel). Diese Theorie wurde jedoch durch Kanitschneider widerlegt. Die Menschheit konnte sich zu besseren Lebensformen entwickeln, jedoch sei der Gedanke auf ein höheres Ziel abwegig. 3. Aus physikalischer Sicht endet die Welt ohnehin im Wärmetod und niemand wird in ein paar Millionen Jahren nur die geringste Spur hinterlassen haben. „Die Welt da draußen ist schlicht sinnlos.“ 3 Physiker suchen nach einer „Theory of Everything“, jedoch würde sie den Sinn der Welt selbst nicht erfassen, wenn sie die Weltformel erklären könnten, sagt Kantischneider. 4. Aristippos vertrat die Ansicht, der Lustgewinn sei das oberste Lebensziel. Der Mensch muss sich jedoch in Acht nehmen, um dem Vergnügen nicht zu unterliegen und besessen danach zu streben. Kanitschneider erläuterte hierzu: „Gönne die deinen Spaß, ohne dir daraus das christlich geprägte schlechte Gewissen zu machen, setze deine Vernunft ein, damit nicht ausversehen Maßlosigkeit und Unverstand dir den Spaß verderben.“4 So strebe nach dem Vergnügen ohne tragische Dinge zu verursachen. Doch auch diese Theorie wirft Fragen auf. Bin ich zufrieden, wenn ich am Ende meines Lebens reichlich Spaß hatte? Oder sollte der Sinn sein, Spuren in der Weltgeschichte zu hinterlassen? Abb.2 Liebe , als Sinn des Lebens Bei allen philosophischen Theorien sollte stets beachtet werden, dass sie nicht allgemeingültig sind und jeder Mensch sich individuell in diesem Rahmen entfalten sollte. Eine klare Antwort jedoch kann niemand auf diese Frage Abb. 3 Ideal Familie geben. Für jeden Menschen gibt es einen eigenen Sinn im Leben. Viele denken, der hauptsächliche Sinn wäre Erfolg und etwas bewirken zu können. 3 Vgl. http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/der-sinn-des -lebens-ist-das-leben-selbst/1000808 (16.01.12) 4 Vgl. http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/der-sinn-des -lebens-ist-das-leben-selbst/1000808 (16.01.12) 5 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Doch eine Familie zu haben, (Abb.3.) Freunde und das Gefühl der Liebe zu erfahren (Abb.2) kann unserem Leben oft einen viel größeren und erfüllteren Sinn geben. Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens darf jedoch nie „Garnichts“ sein (nach Albert Camus). Die große Gefahr des Selbstmordes könnte eine Folge sein. Und Gott hat sicherlich niemanden das Leben geschenkt, damit er es frühzeitig beendet. Diese Deutung käme auch meiner persönlichen Einstellung am nächstem. Für mich ist der Sinn in meinem Leben, meine Familie zu haben und meine Freunde und immer das Positive zu sehen. Doch auch, die unter Punkt eins dargestellte Position, beinhaltet einen guten Aspekt für mich, denn ich bin sehr dankbar, dass Gott mir ein Leben geschenkt hat. Doch nur für den Dank ist es sicherlich auch nicht bestimmt. Im Bezug auf Behinderte: -„Beurteilt man den Wert eines Lebens nach Kriterien, wie Tüchtigkeit, Produktivität oder Wirtschaftlichkeit, dann wird ein Behinderter nicht viel bringen.“ 5 Viele sehen im Leben eines Behinderten keinen großen Sinn und drängen sie somit an den Rand der Gesellschaft. Doch betrachte man den letzen Punkt der Argumentation, zum Sinn des Lebens stellt man fest, dass Behinderte oft genau diese Werte schätzen: Liebe, Einfachheit, Wahrhaftigkeit, Echtheit und auch meist ein starker Glaube. Jede Person ist einzigartig und hat das Bedürfnis nach Liebe. Die Gesellschaft hat somit die Wahl: entweder wir unterdrücken Behinderte und die Schwächeren oder wir sehen die Welt als eine Gemeinschaft, wo jeder seinen Platz hat und wo jeder Leben als gleichwertig gilt. „Wir sind so viel wert, wie unser Herz“ - 6 5 Vgl. http://www.1000questions.net/de/50q/50q41-de.html (16.11.11) 6 Vgl. http://www.1000questions.net/de/50q/50q41-de.html (16.11.11) 6 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 3. Was ist eine Behinderung? „Nicht behindert zu sein ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jederzeit genommen werden kann. Lassen Sie uns die Behinderten und ihre Angehörigen auf ganz natürliche Weise in unser Leben einbeziehen. Wir wollen ihnen die Gewissheit geben, dass wir zusammengehören.“ 7 (Richard von Weizsäcker,*1912- , deutscher Politiker, ehem. Bundespräsident) Der Begriff Behinderung ist sehr komplex und schwer zu definieren. Ist jemand behindert oder nicht? Diese Frage hängt oft von dem eigenem Menschenbild und der persönlichen Einstellung ab. Generell ist Behinderung so zu definieren: Jemand gilt als behindert, wenn seine unmittelbare Lebensverrichtung deutlich erschwert ist oder das Teilhaben an der Gesellschaft nicht zu bewältigen ist. Behinderung wird an unseren gesellschaftlichen Normvorstellungen und Relativierungsfaktoren gemessen. 8 Bekommt eine Person eine Behinderung anerkannt und somit einen Behindertenausweis, so bringt dies zwei Seiten mit sich. Zum einem die positive, mit Schutz, Förderung und Hilfe. Es gibt z.B. staatliche Unterstützungen für Behinderte und extra Behindertenförderstätten. Auf der anderen Seite bringt Behinderung jedoch auch Stigmatisierung, Diskriminierung und Etikettierung mit sich und erschwert das Eingliedern in die Gesellschaft häufig unnötig. Nach der WHO (Weltgesundheitsorganisation) wird das Zustandekommen einer Behinderung nach folgendem Schema definiert: (Abb.4) Schaden: Erkrankung, angeborene Schädigung, Unfall etc. Funktionelle Beeinträchtigung: Verlust des Arbeitsplatzes, Aktivität etc. Abb.4 7 Vgl. http://glaube-und-kirche.de/zitate_krankheit_behinderung.htm (16.11.11) 8 http://www .myhandicap.de/behinderung.html (25.01.2012) 7 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Soziale Beeinträchtigung: persönliche, familiäre, gesellschaftliche Konsequenzen (Abb.5) persönliche Folgen: Einschränkung der: Unabhängigkeit Beweglichkeit Freizeitaktivitäten familiäre Folgen Pflegebedarf gesellschaftliche Folgen Fürsorgeanspruch gestörte soziale Beziehungen wirtschaftliche Belastung Produktivitätsverlust gestörte soziale Integration usw. sozialen Integration usw. wirtschaftlichen und beruflichen Möglichkeiten usw. Abb. 5 Folgenkette, wie sich Behinderung in verschiedenen Bereichen auswirken kann. Behinderung aus pädagogischer Sicht (Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates): „Als behindert gelten, die in ihrem Lernen, im sozialen Verhalten, in der sprachlichen Kommunikation oder in den psychomotorischen Fähigkeiten soweit beeinträchtigt sind, dass ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft wesentlich erschwert ist. Deshalb bedürfen sie besonderer pädagogischer Förderung. Behinderungen können ihren Ausgang nehmen von Beeinträchtigungen des Sehens, des Hörens, der Sprache, der Stütz- und Bewegungsfunktionen, der Intelligenz, der Emotionalität, des äußeren Erscheinungsbildes sowie von bestimmten chronischen Krankheiten“9 9 Vgl. http://www.myhandicap.de/behinderung.html (25.01.2012) 8 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Nach dieser Definition werden Behinderte noch in verschiedene Kategorien eingeordnet: 1. Geistige Behinderung (größte Teil nach Abb. 6) 2. Seelische Behinderung 3. Hörschädigung (Gehörlosigkeit + Schwerhörigkeit) 4. Körperbehinderung (Abb.7) 5. Lernbehinderung Abb.6 Anzahl verschiedener Behinderungen in Werkstätten 6. Sehschädigung 7. Sprachbehinderung 8. Verhaltensstörung In der Theorie ist die Einordnung gut nachvollziehbar, jedoch ist es in der Realität oftmals schwer Behinderungen auseinander zu halten. So weisen körperlich-, geistige- und seelische Behinderungen einige Gemeinsamkeiten auf. Alle Definitionen haben eindeutige Ähnlichkeiten, sie schildern einen Behinderten als eingeschränkt. Jedoch ist generell zu sagen, dass jeder eine eigene Definition finden sollte und sich auch sein eigenes Menschenbild bilden darf. „Behindert ist, wer sich behindert fühlt.“10 Die Ansicht ist immer subjektiv, eine Person kann sich selbst behindert fühlen oder durch die Gesellschaft behindert werden. Behinderung sollte jedoch kein Stempel auf der Stirn sein und dem Menschen genauso die Möglichkeit gegeben sein, sein Leben so normal wie möglich zu gestalten. 10 http://www.myhandicap.de/behinderun g.html (25.01.2012 ) 9 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Abb. 7 Kennzeichnet körperliche Behinderung 4. Wie geht es Menschen mit einer Behinderung? „Menschen mit sehr schweren Behinderungen haben ja nicht die Chance, uns ihre Gedanken und Wünsche selbst vorzutragen. Mit ihren Gesten, ihrer Mimik, ihren Geräuschen führen sie uns in ihre Welt, und es ist unsere Aufgabe, diese Signale zu deuten, die richtigen Antworten zu finden und auf ihre Wünsche einzugehen.“ 11 Zuerst sollte man bei dieser Frage bedenken, dass es viele hundert verschiedene Behinderung gibt, welche die unterschiedlichsten Symptome aufweisen. Viele, die mit ihrem Handicap geboren wurden, können sich gut mit ihrer Krankheit arrangieren. Wird jemand jedoch durch z.B. einen Unfall querschnittsgelähmt, so sind die psychischen Folgen oft fatal. Sie sehen keinen Sinn mehr in ihrem Leben und werden häufig depressiv. Abgesehen von der Schwere der Behinderung, sollte man das Leben eines Behinderten in zwei Kategorien einteilen - Probleme und die etwas andere Lebenseinstellung Abb. 8 Stark eingeschränkter Mann denn es gibt nicht nur negative Seiten im Leben eines Behinderten. 11 Schwere Behinderung- eine Aufgabe für die Gesellschaft! 10 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 4.1 Probleme im Leben eines Behinderten: Jedem sollte klar sein, dass ein kranker Mensch (Abb. 8) nicht dieselben Möglichkeiten hat, wie ein gesunder. Am schlimmsten, so scheint es für Außenstehende, ist, dass viele von ihnen Dinge, nach denen jeder strebt, oft nicht erfahren können: ein guter Job, viele Freunde, Sexualität, eine eigene Wohnung oder eine Partnerschaft. Zudem müssen sie nicht nur auf vieles verzichten, sondern werden auch oft verachtet und diskriminiert. Ihnen wird das Eingliedern in die Gesellschaft hierdurch unnötig erschwert. Ein weiteres Problem ist, vor allem für geistig Behinderte, sich nicht ausdrücken zu können. Viele Mütter spüren, dass es ihrem Kind nicht gut geht, doch es selbst kann sich nicht äußern und leidet deshalb z.B. an starken Schmerzen. Ihnen kann nicht optimal geholfen werden und die Suchen nach der Ursache zieht sich oft über einen langen Zeitraum hinweg. Außerdem erlebt man oft in Behindertenwerkstätten oder ich selbst auch Zuhause Aussetzer, in denen die behinderte Person außer Kontrolle gerät. Dies zerrt an den Nerven der Eltern oder Betreuer und ist für die Behinderten selbst im Nachhinein erniedrigend. Es gibt noch weitere Gründe, warum das Leben eines Abb.9 Behinderten bzw. mit einem Behinderten, für alle Beteiligten kompliziert und schwer zu bewältigen ist. Die Ausführung würde jedoch an dieser Stelle zu weit führen. Trotzdem sollte man auch die positive Seite im Leben eines Behinderten betrachten. 4.2 Die etwas andere Lebenseinstellung Betritt man, als gesunder Mensch, eine Behindertenschule/-werkstatt, so wird einem sofort etwas auffallen, eine unglaublich warme Atmosphäre. Abb.10 Behindertenarbeit 11 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Ein Gespräch mit einem Behinderten, der keine geistige Einschränkung hat, kann einem eine Erklärung dafür geben: Sie haben eine ganz andere Lebenseinstellung. (Abb.9) Stimmt es etwa, dass jeder „normale“ Mensch das Gefühl hat, einem Behinderten fehlt etwas im Leben? Ein Gespräch, während meiner Konfirmationszeit, brachte mich in dieser Hinsicht zum Staunen. „Ich liebe mein Leben, ich habe meine Freunde und kann sogar auf meine eigene Art und Weise Party machen.“ 12 Dies waren die Worte eines jungen Mädchens im Rollstuhl, welches sich kaum bewegen konnte. Abb.11 Behinderte in einer Partnerschaft Auch andere Eindrücke zeigen mir immer wieder, dass auch behinderte Menschen oft sehr glücklich sein können. Sie haben Freunde untereinander und manche führen sogar eine Partnerschaft. (Abb.11) Zudem kann man keinesfalls behaupten, sie hätten keine Aufgabe in unserer Gesellschaft. In einer Behindertenwerkstatt wird ihnen die Möglichkeit geboten, einfache Arbeit zu verrichten. (Abb.10) Ich habe sogar schon gesehen, wie extra ein Arbeitsplatz geschaffen wurde, damit eine Frau, die nur eine Hand bewegen konnte, Schrauben in Tütchen verpacken konnte. Und das erstaunliche daran wiederum ist: es macht sie unheimlich glücklich, eine Aufgabe erfüllen zu dürfen. Ein gesunder Mensch fordert häufig nur und strebt nach immer mehr. Geht man hingegen zu einem kranken Kind unterhält sich mit ihm, schenkt ihm nur einen Moment der Aufmerksamkeit, dann wird es zufrieden sein. Betritt man einen Klassenraum mit einem Päckchen Eis, werden alle Augen groß und jedes Gesicht strahlt Freude aus. Ein Jugendlicher heute wünscht sich einen großen Fernseher, doch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, nix macht meinen autistischen Bruder glücklicher, als ein Eimer mit Kaugummis. Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich nicht den Eindruck habe, dass ein Behinderter Mensch kein glückliches Leben führen kann. Außenstehende sehen oft nur die negativen Aspekte. Doch beschäftigt man sich mehr mit Behinderten, so fällt einem die Lebensfreude auf und man stellt selbst fest, dass es auch wichtigere Dinge wie Erfolg gibt. Menschen mit Behinderung können einem unheimlich viel Liebe schenken, trotz ihrer schwierigen Situation. Ein Außenstehender wird jedoch nie richtig beurteilen können, ob mehr Behinderte 12 Besuch in der Orth opädischen Klinik Hess. Lichtenau 12 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? unglücklich oder glücklich sind, da es nur der eigene Eindruck ist und einem Behinderten oft die Möglichkeit fehlt, uns seine Gefühle zu erklären. 5.Berichte über das Leben mit einem Behindertem Kind „Elternschaft ist also nicht nur Abstammungslehre. Sondern darüber hinaus einer besondere Beziehung der Sorge um und für einen anderen Menschen, der über einen relativ lange Zeitspanne in seiner Existenz und in seinem Wohlergehen abhängig von denjenigen ist, die seine Eltern sind- entweder weil sie die soziale Elternschaft übernehmen oder weil ihnen das Recht zur Sorge überantwortet wird.“ 13 (Hille Hacker) Während einer Schwangerschaft ist die Freude auf das Kind meist unendlich groß und die Eltern malen sich die schönsten Träume für ihre Kinder aus. Doch dann der Schock, dass Kind ist krank, die Vorfreude und Familiensicherheit gerät aus dem Gleichgewicht. Deshalb ist Elternschaft oft keine einfache Aufgabe. Ein behindertes Kind kann auf der einen Seite viel Gutes schenken: Dankbarkeit und Zuneigung. Jedoch gerät die Lebensplanung auf der anderen Seite aus dem Ruder und das neue Leben kostet viel Kraft. In den folgenden zwei Berichten wird das Leben zweier Familien mit behinderten Söhnen geschildert und die in den vergangenen Artikeln erläuterten Aspekte vertieft. 5.1 Einstellung aus dem Buch: Wo fahren wir hin Papa? In „Wo fahren wir hin Papa?“ von Jean- Abb.12 JeanLouis Fournier Louis Fournier (Abb.12) schildert der Autor sein Leben mit seinen beiden behinderten Kindern. Seine Einstellung ist äußerst negativ und das Buch eine Entschuldigung an seine „missratenen Kinder“. Für ihn hat ein Leben mit Behinderung keinen großen Sinn, ja er wünscht seinen Söhnen, ihnen wäre das Leben erspart geblieben. Sein Buch ist stark durch Neid gegenüber glücklichen Eltern geprägt, große Freude 13 Hauptsache gesund 13 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? bereiten seine Kinder ihm nicht. Viele Male erwähnt er, seine Kinder hätten nur Stroh im Kopf und sie könnten eigentlich Nichts! Die Situation seiner Kinder beschreibt er als furchtbar, sie konnten kaum lachen, waren oft abwesend. Einer seiner Söhne musste zudem früh sterben. „Man darf nicht glauben, der Tod eines behinderten Kind sei weniger traurig. Der Tod eines Kindes, das nie glücklich war und bei seinem kurzen Abstecher auf die Erde nur Leid erleben durfte, ist entsetzlich.“14 , schreib er über den Tod seines Sohnes. In seinem Buch wünscht er seinen Kinder oft sie hätten Flügel, damit sie von der Welt verschwinden könnten, die nicht für sie gemacht war. Einmal spricht er sogar davon, man solle anormale Kinder verbieten. Für ihn selbst schien seine Situation unerträglich, oft spielt Selbstmitleid ihn seinen Schilderungen mit. Er gibt sich sogar die Schuld am schlechten Leben seiner Kinder. Die Welt sei ungerecht, so etwas zu zulassen. Nicht nur die Kinder haben gelitten, sondern auch der Vater. Vor allem, weil es ihm nicht leicht fiel, seine Kinder zu lieben. Er verfasst deshalb sogar selbst einen Brief, indem ihm seine Söhne Vorwürfe machen. Außerdem stellt er Probleme zwischen seiner gesunden Tochter und ihren kranken Brüdern dar, Schulkameraden machten sich über sie lustig. Auch die Scheidung mit seiner Frau war eine Folge, der schwierigen Situation. „Denn ich kann mir nicht vorstellen, mit ihm unter einem Dach zu lebe…“ 15 Ja, er sieht nicht nur keinen Sinn im Leben seiner Kinder, sondern auch keinen in einem gemeinsamen Leben. „Meine sind die hässlichsten und dümmsten. Ich bin selbst schuld, dass sie mir missraten sind.“ 16 Spiegelt nochmals die unglaublich pessimistische Einstellung wieder. Daher würde Jean- Louis Fournier die Leitfrage meiner Arbeit mit einem klarem „Nein!“ beantworten. In gewisser Art und Weise mochte er seine Kinder, ihr Leben hätte er ihnen jedoch lieber erspart. Doch sollte man auch bedenken, dass seine Schilderungen oft auch gegen sich selbst gehen und er sich selbst Vorwürfe macht. Er empfindet sein Leben als durch und durch schrecklich. Es gibt keinen Strohhalm, an dem er sich festhalten konnte. Selbstmitleid prägt ihn sehr. Vielleich wäre das Leben mit seinen Kindern einfacher und 14 Vgl. Wo fahren wir hin Papa? S. 91 15 Vgl. Wo fahren wir hin Papa? S. 147 16 Vgl. Wo fahren wir hin Papa? S. 147 14 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? schöner gewesen, hätte er einen Fluchtpunkt, wie Religion, eine gute Ehe oder Urlaub gehabt. Doch nach seinen Schilderungen wirken sein Leben und das seiner Kinder als völlig wertlos und als Ungerechtigkeit der ganzen Welt. 5.2 Bericht einer Mutter Ich habe ein Interview mit meiner eigenen Mutter geführt, da mein Bruder Autist (21) ist, um noch eine andere Sichtweise aufzuzeigen. Ich habe ihr fünf Fragen gestellt. Auf die erste, wie ihr Leben mit einem behinderten Kind sei, sagte sie mir, sie habe ein sehr inniges Verhältnis zu ihrem Kind. Ihre Bedürfnisse stelle sie gerne für ihn hinten an. „Es gibt für mich nichts schöneres, wenn mein Kind meine Nähe sucht und glücklich ist.“ Diese Worte zeigen, wie sehr eine Mutter auch ein behindertes Kind lieben kann. Zudem erzählte sie mir, wie viel sie durch ihr krankes Kind lernen konnte, z.B. welche Werte im Leben wirklich zählen. Zu meiner Frage, wie sich die Behinderung auf das Familienleben auswirkte, sagte sie mir, dass es in jeder Familie individuell sein, bei uns jedoch die Folgen gravierend sind. Ein Leben mit einem stark autistischen Kind ist sehr anstrengend und einschränkend. Dinge, wie Urlaub, Ruhe oder Ausgehen sind Seltenheiten. Die Einschränkungen sind groß und fallen oft sehr schwer. Außerdem trennen sich auch die Kreise der Familie. Es zeigt sich, wer immer hinter einem steht und Rückgrat zeigt und wer vielleicht auch nicht. „Hätten sie ihrem Kind gern das Leben erspart?“, war meine nächste Frage, worauf meine Mutter nur antwortete: „Der Mensch hat nicht das Recht darüber zu urteilen, was lebenswert ist. oft habe ich erlebt, wie Behinderte trotz großer Einschränkungen und Schmerzen viel Freude erleben und oft viel dankbarer sind, als viele andere Menschen.“ Auf die Frage, ob sie ihr Kind als weniger wert ansieht, als ein gesundes, gab sie klar zu verstehen: „Nein, auf keinen Fall! Ich liebe mein krankes Kind genauso wie mein gesundes.“ Daraufhin erzählte sie mir noch, wie schwer es für sie ist, die Behinderung für ihren Sohn anzunehmen, jedoch sei es für sie weniger schwer anzunehmen, dass sie ein behindertes Kind hat. Man müsse alle Träume, die man für sein Kind hatte begraben, da sie nicht mehr realistisch sind. „Daran haben ich mein ganzes Leben zu knabbern.“ Sie habe schon einmal gehört, ein behindertes Kind anzunehmen, sei fast genauso schlimm, wie eines zu verlieren. Und dieses Gefühl habe sie auch. „Du musst das gesunde Kind in deinem Herzen sterben lassen, um zu realisieren, dass es krank ist.“ Dieses Zitat war sehr 15 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? ergreifend. Der Weg dahin sei eine lange Trauerarbeit. Daher sagte sie mir auch, dass es einige Stützen in ihrem Leben gibt. Zum einem der Glaube und vor allem ihre Familie. Auch mich selbst nannte sie, da es ihr unglaublich wichtig ist, dass ich in einer einigermaßenen Normalität leben kann. Ihr krankes Kind selbst sieht sie auch als Stütze. „Er ist die Aufgabe, die ich im Leben habe.“ Den Glauben bezeichnet sie als innere Kraft in ihr, die ihr selbst, wenn sie verzweifelt ist, die Gewissheit gibt, dass es immer weiter geht. „Meinen Glaube habe ich in den letzen Jahren sehr zu schätzen gelernt.“ 5.3 Auseinandersetzung mit beiden Texten Ich habe mich für diese beiden Berichte entschieden, da Meinungen wohl nicht weiter auseinander gehen könnten, wie diese. Auf der einen Seite Fournier: er sieht im Leben eines Behinderten keinen großen Sinn und seine Kinder konnten ihm kaum Glück schenken. Meine Mutter hingegen vertraut auf Gott und sieht sich gar nicht im Recht, über die Lebensqualität ihres Kindes zu urteilen. Zudem beschreibt sie ein sehr schönes und inniges Verhältnis zu ihrem Kind und möchte es keinesfalls missen. Fournier hingegen stellt sich ein Leben ohne die beiden Söhne einfacher und besser vor. Was in beiden Berichten jedoch mitschwingt, sind die großen Einschränkungen und der Schmerz, alle Wünsche für das Kind fallen zu lassen. Doch auch hier ist Fournier pessimistischer, er fühlt sich von der Welt verlassen und findet in Nichts Halt. Die Sicht meiner Mutter ist jedoch, dass das Glück ihres Kindes auch ihres ist und sie gern auf vieles verzichtet. Außerdem zeigt sie, dass Familie und auch der Glaube eine tragende Kraft in Krisenzeiten darstellen können und man immer nach vorne sehen muss, um die Situation durchzustehen. Fournier hingegen fehlt jeglicher Halt, deshalb wird es für ihn auch besonders schwierig sein, ein glückliches Leben mit seinen Kindern zu führen. So sollte man daraus schließen, dass wenn einem solch ein Schicksalsschlag trifft, man sich etwas suchen sollte, was einem Kraft spendet. Dies könnte eine gute Ehe, ein zweites Kind, Urlaub oder auch Gott sein. Ich selbst würde behaupten, dass meine Mutter ein unglaublich starker Mensch ist und niemals aufgibt. Es ist für mich auch immer wieder erstaunlich, wie positiv sie der Behinderung entgegensteht. Sie versucht alles, um ihrem Sohn ein einigermaßen glückliches 16 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Leben zu ermöglichen. Das unglaublich gute Verhältnis zwischen ihnen ist immer wieder faszinierend. 6. Behinderung und Religion 6.1 Beispiele aus der Bibel Behinderung und Krankheit sind eines der bedeutendsten Themen in der Bibel. Wer kennt nicht die zahlreichen Heilungswunder von Jesus? Die Menschen hielten ihn zum Teil für den Sohn Gottes, da er sich hinter die Menschen auf der Schattenseite stellte und vor allem oft von ihren Leiden erlösen konnte. So heilte er z.B. zwei Blinde in Mt 9,27-31, durch bloße Berührung ihrer Augen(Abb.13) oder eine verkrüppelte Hand in Mk 3,1-6. Es gibt viele Geschichten der Bibel, die solche Wunder schildern. Die Heilmethoden von Jesus waren oft nur Worte oder eine Berührung, selten heilte er durch Medizin. Die Heilungen gingen jedoch nicht nur von Jesus alleine aus, von den Kranken musste eine Bereitschaft ausgehen. „ Wer ein Gott treues und liebendes Herz hab und seinen Nächsten liebt, erhält Heilung von Jesus.“ 17 Abb. 13 Blindenheilung Außerdem soll die eigene menschliche Lebenskraft mit der Kraft des Geistes und dem Glaube an der höchsten Liebe zu Gott Wunder vollbringen. Dafür muss die Seele jedoch erst frei werden, von Materiellem loslassen und den Geist erwecken. Nur Menschen mit einer reinen Seele und vor allem dem Wunsch nach Heilung konnten diese auch erfahren. Doch der Wunsch musste einen starken Glaube an Jesus beinhalten und das Vertrauen auf ihn. Nur Jesus war in der Lage, Kranke zu heilen, er ist alleine der wahre Heiland für die Menschheit. Der Geist Gottes war mit ihm eins und so konnte er durch Gott heilen. 17 Vgl. http://j-lorber.de/faq/1/heilwund.htm (25.01.12) 17 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Die Geheilten selbst beschrieben die Heilung als eine plötzliche Stärkung und Linderung der Schmerzen, zudem sahen sie oft ein helles Licht. Jesus hatte jedoch kein Interesse, sich mit seinen Gabe zu schmücken und befahl den Geheilten zu schweigen. Auf Grund dieser Tatsachen ist zu entnehmen, dass Behinderung in der Bibel kein Nebenthema darstellt. Und gerade dadurch, dass Jesus sich genau hinter die Kranken stellte, erlangen sie auch einen hohen Stellenwert. In der Bergpredigt Mt. 5,1-7,29, werden diese sogar selig gesprochen. Er spricht die Menschen auf der Schattenseite an und spricht ihnen Glück zu. Durch Jesus zeigt sich, dass Gott gerade hinter den Menschen steht, die es oft nicht leicht haben und leiden müssen. Sie werden keinesfalls außer Acht gelassen, sondern gestärkt. Daher sollte man im Bezug auf das Thema Behinderung sagen, sie sind in Gottes Augen viel wert und vor allem können sie den Glauben oft stärker erleben als andere. Jesus setzte diesen für eine Heilung voraus und ohne diesen wäre es auch zu keiner Heilung gekommen, denn der Glaube war die Heilung. Das Gefühl, Gott ist bei ihnen und die Hoffnung auf eine bessere Welt ließ sie im Herzen gesund werden. Gott lässt niemanden allein. 6.1 Die Sicht der Kirche „Manch einem wird Krankheit zum Segen und Gesundheit zum Schaden. Gott weiß, was uns vorwärts bringt.“ Aurelius Augustinus, 354-430, Kirchenvater 18 Abb.14 Leitbild Ein Beispiel, dass zeigt, dass die Kirche versucht Behinderte zu unterstützen, ist das diakonische Unternehmen „Hephata“(Abb.14). Der Name zeigt schon den Hintergrund der Organisation - „Öffne Dich!“. Die Erklärung dieses Namens ist ein biblisches Hoffnungsbild: „Während Jesus einen Mann heilt, der taub und stumm ist, spricht er das Wort – Hephata“ (Markus 7.32-37) Hephata ist für alle Menschen, egal welchem Alters, welcher Nationalität oder welchem Glaubens offen und engagiert sich in der Jugend- und Behindertenhilfe. Ihr Impuls ist, dass Gott alle Menschen liebt und sie somit jedem Nächstenliebe schenken wollen. Die Menschen sollen sich öffnen und integriert werden. Nächstenliebe soll einen höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft erlangen und Ausgrenzung verhindert werden. Die Würde des Menschen steht an erster Stelle, jeder Mensch soll nach Hephata gleich angesehen werden. 18 Vgl. http://glaube-und-kirch e.de/zitate_krankheit_behinderung.htm (16.11.11) 18 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Somit spiegelt Hephata ein kirchliches Unternehmen wieder, das sich hinter Behinderte stellt und ihnen ein höheren Ansehen vermitteln möchte. Die deutschen Bischöfe äußerten sich zudem am 12 März 2003 über Behinderungen und hofften damit, Behinderten und deren Angehörige Ermutigung zu spenden. Sie fühlen sich für sie verantwortlich, da alle vor Gott den absolut gleichen Wert haben und ihre Geburt vom Schöpfer gewollt war. Die Bischöfe setzen zum Ziel, Behinderte mehr in die Gesellschaft einzubeziehen und ihnen auch einen kirchlichen Zugang zu vermitteln. „Dabei soll die Selbstbestimmung gestärkt und eine aktive Teilhabe in Kirche und Gesellschaft gefördert werden.“ 19 Zudem setzen sich die Bischöfe gegen Humangenetik 20 und Biomedizin 21 ein, um die Sensibilität über die Würde des Menschen herauszustellen. Woran sich zeigt, dass die Kirche alle Menschen als gleich ansieht und es keine Einschränkungen dahingehend geben darf. Sowohl Hephata, als auch die Worte der Bischöfe zeigen nochmals, dass die Kirche keine Unterschiede macht und vor allem auch Behinderte mit in die Kirche einbeziehen will. „Christliche Menschenbild: Dass der Mensch nicht sein eigener Schöpfer ist, sondern dass sich alles Leben Gott verdankt“22 19 Vgl. http://www.behindertenpastoral- dbk.de/c_publikation/02_seiten_publikation/01_unbehindert_leben.html 20 Die Humangenetik ist ein Teilgebiet der Genetik. Diese beschäftigt sich speziell mit dem Erbgut des Menschen. 21 Die Biomedizin ist eine Teildisziplin der Humanbiologie im Grenzbereich von Medizin und Biologie (molekularen und zellbiologischen Grundlagen des Lebens) 22 http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2011/leben-laesst-sich-vor-leid-nicht-schuetzen-7367 19 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 7. Nachwort „Es ist wie bei uns Menschen, was wäre unser Körper ohne unsere Gliedmaßen, nichts an uns ist überflüssig. Gesellschaften, die Minderheiten ausgrenzen und ausschließen sind verstümmelte Gesellschaften. Es fehlt die Solidarität, jeder lebt, wie auf einer einsamen Insel. Aber wer will das, jeder möchte doch eins werden - Schwule, Schwarze, Behinderte wir sind doch alle Menschen. Deshalb ist es für uns auch so wichtig zu arbeiten, denn wir sind ein Teil der Gesellschaft und das waren wir schon immer.“ 23 Dies sind Worte aus dem Film „me too, wer will schon normal sein“ von einem Mann der an Down- Syndrom leidet. Ich habe diese Passage gewählt, da sie gut meine eigene Meinung am Ende meiner Jahresarbeit widerspiegelt. In unsere Gesellschaft ist jeder Mensch gleichwertig und niemand hat das Recht, darüber zu urteilen, ob ein behindertes Leben weniger Sinn hat. Aus religiöser Sicht ist jedes Leben gewollt und hat somit auch einen Sinn, da das Leben durch Gott gegeben ist. Nach meinen Recherchen kann ich mich nur noch mehr hinter meine positive Einstellung zu Behinderten stellen. Sie bringt oftmals Schwierigkeiten mit sich und die Situation ist für niemanden einfach, doch trotzdem gehören Behinderte in unsere Gesellschaft, wie jeder andere auch. Außerdem können viele Menschen noch von ihnen lernen und begreifen, dass es wichtigere Werte im Leben gibt, wie z.B. Ruhm und Reichtum. Und gerade weil sie es oft nicht leicht haben, sollten wir ihnen helfen auch ein Teil unserer Gesellschaft zu werden und bei niemandem einen Unterschied machen. Sie haben genauso das Recht auf dieses Leben wie jeder andere. Die Ausarbeitung meiner Jahresarbeit hat mir viel Spaß gemacht und ich konnte viele neue Erkenntnisse gewinnen. Besonders eindrucksvoll war für mich das Buch von Fournier, denn hierdurch konnte ich meine Meinung deutlich festigen. In meinem weiteren Leben werde ich noch mehr Respekt gegenüber behinderten Menschen zeigen und ich bin mir bewusst, wie schwierig ein Leben mit Krankheit für die Person selbst und auch für die Beteiligten ist. 23 Film: Me too, wer will schon normal sein? 20 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 8. Anhang 8.1 Interview Laura Weingart: „Wie ist das Verhältnis zwischen ihnen und ihrem Kind?“ Andrea Weingart: „Ich habe ein sehr inniges Verhältnis zu meinem Kind und stelle meine Bedürfnisse gern für ihn hinten an. Mein Kind steht für mich an erster Stelle. Es gibt für mich nichts schöneres, wenn mein Sohn meine Nähe sucht und glücklich ist. Das macht mich auch glücklich. Ich habe auch viel durch mein Kind gelernt, z.B. dass manche Werte wichtiger sind, als materielle Dinge.“ Laura Weingart: „Welche Komplikationen ergeben sich im Familienleben?“ Andrea Weingart: „Ich denke, Komplikationen im Familienleben sind bei vielen Behinderungen sehr unterschiedlich. Bei uns sind sie schon sehr gravierend, da wir ein stark autistisches Kind haben. In vielen Hinsichten wie Urlaub, Ruhe, Ausgehen gibt es große Einschränkungen, die oft schwer fallen. Ein Leben mit Autist ist sehr einschränkend und anstrengend. Zudem trennen sich auch die Kreise in denen man lebt. Es zeigt sich wer in der Familie wirklich hinter einem steht und Rückgrat hat.“ Laura Weingart: „Hätten Sie ihrem Kind gern das Leben erspart?“ Andrea Weingart: „Ich bin der Meinung, dass der Mensch nicht das Recht hat zu urteilen, was lebenswert ist. Ich habe oft erlebt, dass Behinderte trotz großer Einschränkungen und Schmerzen viel Freude erleben und oft dankbarer sind, als viele andere in ihrem Leben.“ Laura Weingart: „Ist ihr Kind für sie weniger wert, nur weil es nicht so ist, wie Andere?“ Andrea Weingart: „Nein auf keinen Fall, ich liebe mein krankes Kind genauso, wie mein gesundes. Für mich ist es nicht so schlimm ein behindertes Kind zu haben, jedoch die Krankheit für ihn anzunehmen fällt mir sehr schwer. Man muss all seine Träume, die man für das Kind hatte begraben, da sie nicht mehr realistisch sind. Daran habe ich schon mein ganzes Leben zu knabbern. Ich habe schon einmal gehört, ein behindertes Kind anzunehmen, sei genauso schlimm, wie eines zu verlieren. Und dieses Gefühl habe ich auch. Du musst das gesunde Kind in deinem Herzen sterben 21 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? lassen, um zu realisieren, dass es krank ist. Doch der Weg dorthin ist eine lange Trauerarbeit.“ Laura Weingart: „Gibt es etwas in ihrem Leben, was ihnen Kraft und Stärke spendet?“ Andrea Weingart: „Ja gibt es, zum einem der Glaube und vor allem meine Familie. Mein gesundes Kind zum Beispiel gibt mir sehr viel Kraft, da es mir unglaublich wichtig ist, dass es in einer einigermaßen Normalität aufwachsen kann. Doch auch mein krankes Kind schenkt mir Kraft, denn er ist nun mal die Aufgaben, die Gott mir im Leben gegeben hat. Der Glaube ist für mich, wie eine innere Kraft, die mir selbst, wenn ich verzweifelt bin, die Gewissheit gibt, dass es immer weiter geht. Meinen Glaube habe ich in den letzten Jahres sehr zu schätzen gelernt.“ 8.2 Literaturquellen 1. Der Sinn des Lebens ist gelebt zu werden Peter Radtke, Verlag Sankt Michaelsbund, ISBN: 978-3-920821-98-6 2. Hoffnung für alle Bibel, Brunnen Verlag ISBN-10: 3-7655-6051-0 3. Wo fahren wir hin Papa? Jean- Louis Fournier, ISBN: 978-3-423-24745-0 Deutscher Taschenbuch Verlag 4. Hauptsache gesund, Hille Hacker, Kösel-Verlag 5. Schwere Behinderung eine Aufgabe für die Gesellschaft! Lebenshilfe-Verlag Marburg, Roland Böhm und Klaus Kräling 8.3 Internetquellen 1. http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2011/leben- laesst-sich- vor-leid- nichtschuetzen-7367 (03.02.12) 2. http://glaube-und-kirche.de/zitate_krankheit_behinderung.htm (15.11.11) 3. http://j-lorber.de/faq/1/heilwund.htm (25.01.12) 4. http://lebenssinn.com/der-lebenssinn (25.01.12) 5. http://www.1000questions.net/de/50q/50q41-de.html (16.11.11) 22 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? 6. http://www.behindertenpastoraldbk.de/c_publikation/02_seiten_publikation/01_unbehindert_leben.html (25.01.12) 7. http://www.myhandicap.de/behinderung.html (25.01.2012 ) 8. http://www.sinn-des-lebens.eu/#es-gibt-einen-sinn-des-lebens (16.11.11) 9. http://www.sinnforum.de/ (25.01.12) 10. http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/der-sinn-des-lebens-ist-das-lebenselbst/1000808 (16.11.11) 11. http://www.talentmarketing.de/wahlpflichtfach/reha_web/1_behinderung.htm (25.01.2012) 8.4 Abbildungen Coverfoto: http://blickpunktiiiiiicaritas.de/tl_files/april%202011/iStock_000009439332XSmall.jpg 1. http://herschelschule.schulcms.de/live/media/8/8/c35fb98b1a9114d190f9e845c2599f.p ng 2. http://ehe-familie.de/images/fotolia8653783m.jpg 3. http://www.spiegel.de/img/0,1020,199428,00.jpg 4. http://www.talentmarketing.de/wahlpflichtfach/reha_web/1_behinderung.htm 25.01.2012 5. http://www.talentmarketing.de/wahlpflichtfach/reha_web/1_behinderung.htm (25.01.2012) 6. http://www.talentmarketing.de/wahlpflichtfach/reha_web/1_behinderung.htm 25.01.2012 7. http://www.forsea.de/projekte/2004_marsch/marsch_images/05012129_mannheim.jpg 8. http://www.welt.de/multimedia/archive/01310/laureus_bentele_fr_1310755p.jpg 9. http://images.yume.vn/blog/201108/10/1312957497_0.0.0.1.jpg 10. http://www.caritas-nrw.de/photos/bilder-heft-3-06/3-06-22.jpg 11. http://images.yume.vn/blog/201108/10/1312957497_0.0.0.1.jpg 12. http://www.herault.fr/files/atarroux/Jean-Louis-Fournier.jpg 13. http://vitajesu.files.wordpress.com/2009/12/jesus_and_a_blind_man1.jpg 14. http://www.hephata.de/img/img_home.gif 23 16. April 2012 MACHT DAS LEBEN MIT BEHINDERUNG ÜBERHAUPT SINN? Sonstige Quellen: Film: Me too, wer will schon normal sein? Hephata Diakonie: Leitlinie Hephata (Flyer) CD Evangelischer Erwachsenen Katechismus, Gütersloher Verlagshaus, Andreas Brummer, Manfred Kießig und Martin Rothgangel 24