Psycholinguistik und die moderne Kommunikation
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Psycholinguistik und die moderne Kommunikation
Psycholinguistik und die moderne Kommunikation Psycholinguistik; HS 2011/2012 Vilnius, den 3. November 2011 Inhaltsübersicht • • • • • • • • Einleitende Bemerkungen Medienspezifik Psycholinguistische Untersuchungsgegenstände E-Mail, SMS und Chat-Kommunikation Radio und Fernsehen Text und Bild Fazit Literatur Einleitende Bemerkungen • Wenige Untersuchungen zur Erforschung der Auswirkung von modernen Medien auf die Sprachrezeption und die Sprachproduktion • Bis jetzt fehlen die Untersuchungen, die das Zusammenwirken von den medienspezifischen Faktoren beschreiben Medienspezifische Faktoren • Übertragungsgeschwindigkeit • Geringer Arbeitsaufwand • Geringer zeitlicher Abstand zwischen dem Sender und dem Empfänger • Trennung von Rezeptions- und Produktionssituation • Fehlende Kopräsenz des Kommunikationspartners Untersuchungsgegenstände Linguistik Psychologie / Psycholinguistik • Sprachgebrauch • Mischformen von mündlicher und schriftlicher Rede • Phänomene der Interaktion in Gruppen • Auswirkung von medienspezifischen Faktoren auf die menschliche Kommunikation und die Prozesse der Sprachrezeption und Sprachproduktion E-Mail, SMS und Chat • Allgemeines: – Bindung an Bildschirm und Tastatur – Elektronische Übertragungswege – Wegfall von einigen Kommunikationsdaten wie Datum, Zeit, Name, Adresse u. Ä. E-Mail, SMS und Chat • Textspezifische Merkmale: – Fehlende Erkennungshilfen bei der Bestimmung von Textsorten (alles ist gleich) – Geringe Kontextualisierung – Größerer Raum für die Interpretation des Geschriebenen E-Mail, SMS und Chat • Lese- und Schreibprozesse: – Die Trennung vom Schreibort (Tastatur) und Lesefeld (Bildschirm) setzt die Fähigkeit voraus, „blind“ schreiben zu können – Beeinträchtigung von Leseund Schreibprozessen – Leseprozesse am Bildschirm fallen bis zu 10% ungenauer aus und ermüden schneller den Leser als Lesen von Papier E-Mail, SMS und Chat • Sprache: – Häufige Tippfehler und der mangelnde Wunsch, sie zu korrigieren – Kurze Mitteilungen, – Ersatz von Ausdrücken durch Initial- oder Kurzwortbildung, durch graphische Zeichen: (forget it 4get it, ! wichtig!) E-Mail, SMS und Chat • Sprache: – – – – – – – – Verschriftung von Umgangssprache (oda oder) Einsatz von dialektalen, regionalen Wörtern Normabweichungen in der Syntax Neigung zu Dialogizität Einsatz von Interjektionen (hahaha, würg) Verschmelzungen (son Quatsch) Abweichungen in der Groß- und Kleinschreibung Ersetzung der Gestik, Mimik usw. durch die Emoticons E-Mail, SMS, Chat vs. Rundfunk E-Mail, SMS, Chat • Sprachproduktion Rundfunk • Sprachrezeption Radio und Fernsehen • Konzentration auf die Sprachrezeption aus der Sicht der Psycholinguistik • Der Informationswirkung von Radio und Fernsehen werden Grenzen gesetzt Radio und Fernsehen • Interessante Tatsachen: – Etwa die Hälfte von Zuschauern versteht die zentralen Teile der Meldungen nicht Verstehen – Die Nachrichtenseher erinnern sich nur an ein Viertel der angebotenen Informationen ( Wissenslücken) NichtVerstehen Erinnern Vergessen Radio und Fernsehen • Das Behalten von Informationen: – Die dargebotenen Informationen werden von den Sehern bzw. Hörern nur oberflächig bearbeitet – Das Behalten hängt mit dem Interesse, dem Vorwissen und mit der Redundanz eng zusammen – Dem Behalten schaden die Eigenschaften der Nachrichtensprache (s. Folien 15, 16) – Die Behaltensleistung kann durch Untertitel, Zusammenfassungen, passende Informationsgestaltung, durch die Bildbegleitung des Textes gesteigert werden (s. Folie 17, 18, 19) Radio und Fernsehen • Nachrichtensprache: – Unterscheidung von der Umgangssprache – Tendenz zur Verkürzung der Sätze – Vorherrschen des Nominalstils (Nomen treten dreimal häufiger als Verben) – Sich aus dem Zwang zur Objektivität ergebende häufige Verwendung von Konjunktiv-Formen Radio und Fernsehen • Nachrichtensprache: – Häufige Passivformen und Impersonalien – Mehrgliedrige Substantiv-Gefüge (Datenschutzbeauftragte) – Unverbundene Sätze – Verwendung von Fachausdrücken Radio und Fernsehen • Text und Bild in Massenmedien: – wenn Text und Bild aufeinander abgestimmt sind, werden 80% der Inhalte behalten, wenn nicht – nur 30%: 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Informationsbehaltung von 80 % Informationsbehaltung von 30% Abstimmung von Fehlende Text und Bild Abstimmung von Text und Bild Text und Bild: LEE-Werbung Text und Bild: Marc O‘Polo Radio und Fernsehen • Eine neue Tendenz in den Fernsehnachrichten: „Infotainment-Stil“: – Unterhaltende Weise, Abweichung vom normalen Stil – Häufige Verwendung von Imperativen, Frageformen – Expressive Wortstellungen, Doppelpunkte, Gedankenstriche, Ellip sen, kurze Sätze, Metaphern, rhetorische Fragen, Anspielungen, Oppositionen, umgangssprachli che Wörter, Superlative, Neubildungen, Komposita Fazit • Die Sprache wird in den neuen Medien und durch die neuen Medien vereinfacht • Die Sprache wird durch andere multimediale Inhalte ergänzt (bewegte Bilder, Grafiken, Audio- Videoaufnahmen) Fazit • Einfluss der Mediensprache auf den Spracherwerb bei Kindern: Die vereinfachte Sprache könne bei intensivem Gebrauch zu einer Verflachung der Denk- und Sprachfähigkeit führen Fazit • Sprachwandel durch Computer: – Eine große Anzahl von Bildern erschwert das Lesen – Die Schrift verarmt, wird kürzer und einfacher – Die Schrift kommt dem Bild näher – Die Schrift verliert allmählich ihre Selbständigkeit und ihre Vorrangstellung – In Medien wird nicht mehr linear, sondern „flächig“ gelesen Ausweg: Selbstdisziplin, Langsamkeit beim Lesen, Pflege alter Medien Lineares vs. flächiges Lesen Literatur • Jakobs, E. M. (2003): Medien der Individualkommunikation: Email und Telekonferenz. Psycholinguistik. Internationales Handbuch. Berlin. S. 845–854. • Mangold, R. (2003): Massenmedien: Rundfunk und Fernsehen. Psycholinguistik. Internationales Handbuch. Berlin. S. 854–863. • Reimers, U. (2003): Kommunikation aus der Sicht der Nachrichtentechnik. Psycholinguistik. Internationales Handbuch. Berlin. S. 881–889. • Rickheit, G., Herrmann, T., Deutsch, W. (Hrsg.), (2003): Psycholinguistik. Internationales Handbuch. Berlin. • Sokolowski, A. (2002): Zusammenhang von Schrift und Bild in der Anzeigenwerbung von LEE-Jeans. LINSE. Essen. • Sowinski, B. (1998): Werbung. Tübingen.