Die Geschichte der deutschen Piping-Szene

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Die Geschichte der deutschen Piping-Szene
Bagpipe Association of Germany e. V.
Die Geschichte der deutschen Piping-Szene
von Peter Brinckmann
Von den Anfängen der deutschen Piping-Szene über die Bagpipe Association of Germany in die heutige Zeit.
Der 30jährige Krieg war vorüber und Deutschland lag in 300 Scherben am Boden. Dies bedeutete auch den Abgesang des
deutschen Dudelsacks. Viel später, 1945, zum Ende des 2. Weltkrieges, mit dem Auftauchen der britischen
Besatzungsmacht und weil der Rest der Welt glaubt, fast jeder Schotte spiele Dudelsack und mit dem Auftauchen der
amerikanischen Besatzungsmacht und weil der Rest der Welt glaubt, fast jeder Amerikaner habe schottische Verwandte,
kam der Dudelsack nach Deutschland zurück.
So hört 1948 ein 4jähriger Bub in Mönchengladbach im britisch-besetzten Rheinland eine Pipe Band. Dieser Bub, Karl-Heinz
Dahlmanns, wird später Konditor werden, für 3 Jahre nach Großbritannien gehen (dort werden sie ihn "Mike" nennen) nach
Deutschland zurückkehren und schließlich in München bleiben. Erst 1974, als es in Deutschland bereits etliche gibt, die
Great Highland Bagpipe spielen können, kauft sich Mike Dahlmanns ein Lehrbuch: "How to learn the Bagpipe", verfaßt von
einem Amerikaner.
Zu diesem Zeitpunkt gründet im amerikanisch besetzten Frankfurt am Main der 1939 geborene Peter Bergschmidt die
erste Pipe Band Deutschlands: die Clan Pipers - Frankfurt and District Pipe Band, die er 20 Jahre lang als Pipe Major
führen wird. In Frankfurt hört man nach dem Krieg eher Rock 'n' Roll. Doch der Armee-Rundfunk (AFN) spielt hin und
wieder schottische und irische Tunes. Ebenso Radio Luxemburg. Durch letzteres kommt Peter zur Musik. 1962 sieht er
in Ingelheim am Rhein eine irische Pipe Band und bekommt so die Adresse von Robertson in Edinburgh. Dieser Bagpipe
Maker baut ihm sein erstes Pipe Set. Den Practice Chanter und weitere Hilfe bekommt er von einem Holländer aus
Leiden, den sein Bruder im Urlaub trifft. Und weil das Leben voller Zufälle ist (oder nicht?) lernt Bergschmidt 2 Jahre später
einen amerikanischen Colonel Namens Salada kennen, der eine Pipe Band aufbauen will. Bergschmidt schließt sich an. In
den Jahren 1965 und 1966 besucht er die Sommerschulen des College of Piping, ausgerichtet in Muir of Ord bei
Inverness. Lehrer sind unter anderen Thomas Pearston und Dougald Murdoch. Mitschüler 1966 ist unter anderen der
Bretone Alan Stivel.
Zehn Jahre später feiern die Clan Pipers ihr zweijähriges Bestehen während ein 35 Jahre alter Mann in Düsseldorf stolz seine
zweite selbst bespielte Langspielplatte in Händen hält: Peter Rübsam, Bildhauer und Musiker. Der Inhalt seiner Schallplatte:
eine Symbiose aus Bagpipe und großer Kirchenorgel. Neben kleinen traditionellen schottischen Stückchen interpretiert er
klassische Orgelwerke - und - das musikalische Highlight: das "Seikilos-Lied" aus Griechenland, die älteste als Ganzes
überlieferte Melodie (ca. 150 v.Chr.) Bevor Peter Rübsam zum Dudelsack kam spielte er Blockflöte in einer Jazz-Band
zusammen mit Horst Geldmacher, der zeitgleich mit dem bekannten Autor Günter Grass Grafik studiert hatte und bereits
schottische Pipes gespielt haben soll. Geldmacher berichtet von einer Pipe Band in Larbruch. Rübsam begibt sich im Jahr
1969 dorthin, findet den Flight Engineer Hughie Lee, der dort auch als Pipe Major fungiert und geht von da an für
eineinhalb Jahre zweimal wöchentlich zu ihm zum Unterricht. Auf seiner ersten Platte experimentiert Rübsam mit der
Verbindung von akustischen und elektrischen/elektronischen Instrumenten; eine Idee, die Alan Stivel, der vorher
Erwähnte, schnell aufgreifen wird.
Es wird aber nahezu 10 weitere Jahre dauern, bis der deutsche Michael Korb in Berlin (ein Schüler von P/M Robert
Kilgour, so vermutet der Autor) nach etlichen wenig erfolgreichen Singles das Slow Air "Highland Cathedral" komponiert
und produziert. Und erneut müssen zehn Jahre vergehen, bevor daraus der uns allen bekannte Welthit wird - eingespielt
auf unzähligen Aufnahmen, veröffentlicht in P/M Angus MacDonald's Notenkollektion, endgültig verbreitet mit dem Film "Vier
Hochzeiten und ein Todesfall". Das Lieblingsstück von Arthur Gillies, einem der berühmten Lehrer der Sommerschulen der
Bagpipe Association of Germany. Doch dazu später.
Als Peter Rübsam 1976 seine zweite Schallplatte auf den Markt bringt, formiert sich in München mit Mike Dahlmanns die
Munich Civilian Pipe Band, aus der 1986 die Munich City Pipe Band und 1991 Claymore Pipes & Drums werden soll. Sie
spielen als Vorgruppe sowohl für Rod Stewart als auch für Mike Oldfield.
Noch 1977 meldet Düsseldorf die Geburt der Rhine Area Pipes & Drums; gegründet von Klaus Glocksin. Gefördert von der
Royal Air Force macht diese Formation schnell ihren Weg. Ihr Ruhm gipfelt in einer Reihe von Wettbewerbsteilnahmen
und einem ersten Preislistenplatz. Sie gehört heute zu den bekanntesten deutschen Pipe Bands.
Unterricht von schottischen Lehrern nehmen auch die Clan Pipers aus Frankfurt. 1978 besuchen sie erste Kurse in
Glasgow bei der R.S.P.B.A., der Royal Scottish Pipe Band Association. Da das ein teures Unterfangen ist, wird
beschlossen, die Lehrer nach Deutschland einzuladen: Jack Chrichton, Bob McCroskie, David Bruce, Tony Burns, Bob
Shepherd, Wilson Young, um nur einige zu nennen. John Nevens und Robert Will werden Ehrenmitglieder der Clan
Pipers. 1980 spielen sie als erste deutsche Pipe Band überhaupt ihren ersten Wettbewerb in Holland, "competen" von da
an regelmäßig - Sie erreichen 2. und 3. Plätze auf dem Kontinent und einen 2. Platz in Rothay in Schottland. Auch in
Deutschland selbst finden kurzzeitig Band Competitions in Verbindung mit Highland Games statt. Tatsächlich entstehen
Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre eine ganze Reihe deutscher Pipe Bands. Etliche nur schaffen die lange Strecke
des Aufbaus, nur wenige mit dem zusätzlichen Anspruch auf Wettbewerbsreife. Dieser Zustand erfährt eine dramatische
Veränderung mit dem Auftauchen der Bagpipe Association of Germany (BAG) mit ihren Sommerschulen für Pfeifer,
Trommler und Tänzer. Das einsame Dasein übers Land verstreuter Piper wollte beendet werden, die gleichen Seelen
zusammengeführt. Eine "Szene" wollte wachsen. Es war schlicht an der Zeit, Koordination ins Geschehen zu bringen und
Information fließen zu lassen. Und die Idee zur Durchführung entstand 1981 an einem Schreibtisch in Darmstadt, vor dem
der dritte Peter dieses Artikels saß: Peter Brinckmann. Wie etliche Pfeifer in Deutschland hat auch er in den Jahren davor
Unterricht erteilt. Aber der Brief, welcher ihn soeben erreicht, scheint sein Tun zu krönen: die Musikschule Rüsselsheim und
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Generiert: 16 January, 2017, 02:37
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die Jugendherberge Rüsselsheim stimmen der Idee eines einwöchigen Sommerkurses für Dudelsackpfeifer zu. Im Jahr
1982 werden 7 Menschen an der ersten Sommerschule in der Festung in Rüsselsheim teilnehmen.
Brinckmann war 1951 geboren worden, hatte mit 9 Jahren Klavier gelernt und war so zur Musik gelangt. Erst 1974
gewinnt ihn die Great Highland Bagpipe für sich. Später hört er die Schallplatte des Düsseldorfers Peter Rübsam, ruft ihn an,
bekommt die Telefonnummer von Peter Bergschmidt in Frankfurt am Main und von ihm die Adresse des College of
Piping in Glasgow. Das ist auch dringend nötig, hat er doch "Logan's Tutor" mit einer umgebauten Blockflöte durchgespielt.
Sein erstes Pipe Set, Second Hand der Firma MacPherson in Edinburgh überlebt ihn nicht. Über das College of Piping erhält
er 1980 die Bagpipe von "Hardie" in Glasgow, die er bis heute spielt. Als "Self-Made-Piper" fährt Brinckmann 1985 zum
Winter Competition nach Kopenhagen in Dänemark und liefert unter den Augen von Tom Speirs eine schreckliche
Vorstellung. 1986 spielt er im Regen von Arisaig/Schottland "The Lament for the Only Son", was Seumas MacNeill in der
Jury wenigstens als "vielversprechend" ansieht. Am College of Piping wird er noch im selben Jahr Schüler von Alfred "Old
Fred" Morrison, der sein maßgeblicher Tutor bis 1990 bleibt. Kein halbes Jahr nach Unterrichtsbeginn gewinnt
Brinckmann den Piobaireachd-Event in Copenhagen, holt ein Jahr später seinen Preis in London, gewinnt Kopenhagen
zum zweitenmal und so fort. Auf den Wettbewerben und während seiner Aufenthalte in Schottland lernt er nach und nach
alle seine Idole kennen. Viele von ihnen macht er zu Lehrern auf den Sommerschulen in Deutschland. Eine Eigenart ist
diesen jährlichen Kursen bis heute gegeben: sie sind extrem preiswert. Und sie sind extrem schön. Die Lehrer kommen
sicher auch aus diesem Grunde immer wieder gerne zurück, obwohl ihr Gehalt nicht übermäßig groß ist (Graham D. Waller,
Pipe Major der Pride of Murray Pipe Band in London bisher fünfzehnmal in Folge).
Eine Sommerschule besteht heute aus einer Klasse für Beginner am Practice Chanter, vier Klassen für Beginner an den
Pipes, drei Klassen für fortgeschrittene Piper und aus zwei Meisterklassen - einer Klasse für Beginner an der Snare Drum
(dieser Kurs ist halbtags auch für die Beginner an Bass und Tenor Drums zwingend), zwei Klassen für fortgeschrittene
Trommler und einer Meisterklasse - einer Klasse für Baß- und Tenor-Trommler und einer Klasse für Tänzer. Neben allem
Unterrichtsstoff (auch Maintenance und History) ist wenig Zeit für rauschende Partys, Recitals der Instruktoren, diversen
kleinen Competitions und das große Abschluß-Ceilidh - sie (die Zeit) wird sich dennoch genommen. Von 1982 bis 1998
werden ca. 1.500 Teilnehmer unterrichtet - und das von insgesamt 38 Lehrern. Seit 1996 ist die Teilnehmerzahl auf 160
begrenzt. 1998 beschäftigt die BAG 16 Lehrer: 10 für Bagpipe, 4 für Snare Drum, 1 für Bass und Tenor Drum und 1 für
Dancing. Davon kommen 5 Lehrer aus Schottland, 2 aus Irland, 1 aus England, 2 aus Dänemark und 5 aus Deutschland.
Die schottischen Instruktoren 1998 sind P/M Angus MacDonald, Arthur Gillies, P/M Linden "Dixie" Ingram, P/M Steven
Young und Davy Garrett of Achiltibuie. Die Sommerschulen haben ihre eigenen Experten herangezogen, die zum Teil
heute dort unterrichten. Aus ehemaligen Schülern sind erfolgreiche Wettbewerbsteilnehmer geworden. Viele Bands sind
entstanden, deren Mitglieder mit Hilfe der BAG zueinander fanden. Bestehende Bands wie Claymore Pipes & Drums (die
zweite Generation unter Andy Hildenbrand als P/M), wie die Rhine Area Pipes & Drums (bereits die dritte Generation
unter Tim Lethen als P/M) und die Clan Pipers (die zweite Generation unter Mark Schwerzel als P/M) schickten und
schicken ihre Pfeifer und Trommler zu den Kursen "auf die Burg". Seit 10 Jahren findet die "German Summer School of
Piping, Drumming and Dancing" auf der Burg Breuberg im Odenwald statt. Und über allem thront die BAG mit ihrem
Vorsitzenden Peter Brinckmann, der die Sommerschulen bis 1995 selbst leitete. Wer ist diese BAG?
Die Bagpipe Association of Germany e. V. wurde 1984 ins Leben gerufen, 1989 amtlich gegründet und eingetragen. Sie
ist eine Non-Profit-Organisation. Chairman ist wie erwähnt Peter Brinckmann (Piper), Vice Chairman Jürgen Uhrig
(Drummer), Treasurer Achim Wolsiffer-Maeding (Piper und neuer Principal der Sommerschulen) und Secretary ist Klaus
Linhart. Die BAG versteht sich als Dachverband der deutschen Pfeifer und Trommler. Ihre Hauptanliegen sind das
Vermitteln erstklassiger Lehrer und der Austausch von Adressen, um so die Verbreitung der schottischen Musik für
Solopfeifer, Solotrommler und Pipe-Band-Mitglieder voranzutreiben. Was auf den Sommerkursen gelernt wird, kann beim
BAG Competition in Ludwigshafen getestet werden. 1990 wurde dieser Indoor-Wettbewerb für Solisten und Quintetts
geschaffen. Einige bisherige Judges: Murray Henderson, Roderick MacLeod, William MacCallum fürs Piping - Dean Hall,
Robert Haynes, Tony Burns fürs Drumming. Das stete Ansteigen des Standards innerhalb der deutschen Szene muß auch
als Resultat der Initiativen der BAG gesehen werden. Die deutschen Preisgewinner heißen heute Martin Keßler, Tim
Lethen, Kristoph Kresse, Dr. Andy Fluck für das Piping oder Bert Anhalt, Henry Kresse, Ingold Schneider, Helge
Johannssen fürs Trommeln - um nur einige zu nennen. Die Szene wächst. 1994/95 führte Uwe Hager, ein Schüler des
Bretonen Jackez Pincet, am südlichsten Ende Deutschlands einige Wochenendseminare durch. Im Namen der BAG
erteilten Bert Anhalt (Drums) und Peter Brinckmann (Pipes) mehrmals unentgeltlichen Pipe- Band-Unterricht in Österreich.
Tim Lethen und Martin Keßler (der jetzt Mitglied der Piobaireachd Society geworden ist) veranstalten seit Jahren
Piobaireachd-Weekends mit Arthur Gillies. Im Winter gibt es auch in Deutschland ein Knockout Competition. Im Moment
denkt die Bagpipe Association of Germany e. V. darüber nach, eine Pipe Band Association of Germany (PBAG)
aufzubauen, die ihrerseits dann eine eigene Schule aufbauen soll und das Gelernte auf einem eigenen Pipe-BandWettbewerb festigen. Die BAG hofft, so den speziellen Wünschen von Pipe Majors, Drum Majors, Leading Drummers und
allen Bandmitgliedern in Sachen Ensemblespiel nachzukommen. Es gibt in Deutschland derzeit rund 30 Pipe Bands,
Tendenz steigend. Dennoch entwickelt sich die Szene im Moment eher gleitend weiter. Die Interessenslage verzweigt
sich verständlicherweise nur zum Teil in Richtung der Musik und den Instrumenten des Mittelalters, und weiter in den
keltischen Bereich und wendet sich dort der Musik für die Great Highland Bagpipe zu, der alten wie der modernen. Wichtig
für den Autor (Piobaireachd-Society-Mitglied seit 1987) ist es, daß die Authentizität erhalten bleibt, das Niveau ständig steigt
und jeder Pfeifer weiß, wo seine Musik ursprünglich herkommt und von welcher Art sie war.
Unerwähnt blieb die ganze Folklore-Szene (Dudelpfeifer und so), unerwähnt blieb, daß Falk Paulat einen BagLuftentfeuchter gebaut, Michael Hoffmann wohl das Plastic Ross Chanter Reed mitentwickelt, Manfred Deger die
Electronic Bagpipe vervollkommnet hat. Unerwähnt blieben die gewonnenen Preise der BAG Pipe Band und der Spirit of
Germany Pipe Band. Unerwähnt die Herausgabe der "Continental Pipe Band Informations" von Peter Bergschmidt und
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diverser Scottish/Piping Zeitschriften zum einen durch Herrn Wolfrhein und zum anderen durch Matt MacDonald in
Hamburg. Auch die Pipers-Club-Initiative von David Johnston. Auch der Einfluß von Reinhold Ege auf die Szene seiner
Region wurde nicht genannt. Auch, daß die BAG das College of Piping in Glasgow zweimal in seiner Geschichte finanziell
unterstützte, als das College vor dem Aus stand. Unerwähnt blieb die Berliner Szene, Peter Brinckmanns Bücher in der
National Library of Scotland und der British National Library. Unerwähnt die Szene in der ehemaligen DDR, die in den
neuen Bundesländern aber kommt. Unerwähnt der Auf- und Niedergang diverser Pipe Bands und Solopiper. Unerwähnt
blieb der gigantische Einfluß Bert Anhalts auf die Trommelszene. Unerwähnt blieben die Zertifikat-Holder des "Institute of
Piping" (es gibt mehr als man denkt) - so zum Beispiel Stefan Bender, der das Teachers Certificate, das Senior
Certificate und daraus resultierend das Graduate Certificate hält.
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