Struktur - Tolerantes Sachsen
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Struktur - Tolerantes Sachsen
Struktur und Wahlanalyse der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in Sachsen und anderer rechtsextremer Organisationen in ihrem Umfeld Erarbeitung: Maria Grjasnow / Friedemann Bringt September 2008 © Kulturbüro Sachen e.V. Erarbeitung: Maria Grjasnow www.kulturbuero-sachsen.de Stand 07/2006 Veröffentlichung und Vervielfältigung – auch auszugsweise – bedürfen der ausdrücklichen & schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. NPD – Bundespartei Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands ist eine rechtsextremistische, vom Gegründet 28. November 1964 Bundesamt und den Landesämtern für Sitz Berlin Verfassungsschutz beobachtete Partei, die sich in ihrem politischen und ideologischen Mitglieder 7200 (Stand 2007) Selbstverständnis positiv auf die NS-Diktatur Vorsitzender Udo Voigt in Deutschland bezieht. Die ideologische Stellvertretende Holger Apfel Grundlage der NPD ist ein auf rassistischen, Vorsitzende Jürgen Rieger antisemitischen und nationalistischen VorSascha Roßmüller stellungen beruhender völkischer GemeinGeneralsekretär Peter Marx schafts- bzw. Gesellschaftsbegriff. Ihre Schatzmeister Erwin Kemna Ideologie der Ungleichwertigkeit1 führt die Parteigliederung 16 Landesverbände, NPD zur Ablehnung parlamentarischKreisverbände pluralistischer Systeme, die auf VolkssouveUnterorganisationen Junge Nationaldemokraten ränität und Mehrheitsprinzip beruhen2. Die (JN), Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) rechtsextreme NPD fordert stattdessen einen autoritären Antipluralismus und unbedingte Medien Deutsche Stimme, Unterordnung unter ihre Gemeinschaftsidee. erscheint monatlich Trotz anders lautender Beteuerungen ist die Wahlergebnis 2005: 1,6 % NPD somit keine demokratische Partei. Laut Bundestagswahl 2002: 0,4% Artikel 21 des Grundgesetzes der BRD (www.bundesregierung.de/Anlage 760204/Grundgesetz.pdf) ist die Gründung einer Partei lediglich an drei Voraussetzungen geknüpft: die innere Parteistruktur muss demokratisch gegliedert sein, die Partei muss öffentlich Rechenschaft über ihre Finanzen ablegen, die Partei darf die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die BRD nicht gefährden oder abschaffen wollen. Eine Prüfung der tatsächlichen Inhalte einer Partei erfolgt hingegen nicht. Der rassistischen, antisemitischen und geschichtsrevisionistischen Agitation der NPD lässt sich entnehmen, dass sie die Beseitigung der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung und die Schaffung einer deutschen Volksgemeinschaft anstrebt. Aus diesem Grund stellten Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag zum Verbot der NPD wegen Verfassungswidrigkeit. Im Zuge des Verbotsverfahrens 2003 wurde argumentiert, „dass die NPD in so erheblichem Maße nationalsozialistisch, antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich und antidemokratisch geprägt und operativ ausgerichtet ist, dass für sie kein Raum sein darf, sich als Partei mit allen damit verbundenen Privilegien an der politischen Willensbildung beteiligen zu können und zu dürfen.“3 Der Antrag scheiterte schließlich nur auf Grund verfahrensrechtlicher Fehler („V-Männer“ des Verfassungsschutzes in Führungsgremien der NPD). Der NPD wurde jedoch keine Verfassungstreue bescheinigt. Basisdaten NPD – Bundespartei 1 2 3 aus der rassistischen Weltsicht folgt die Höherwertigkeit der weißen Rasse; aus dem Ethnopluralismus noch immer zumindest die Vorherrschaft der europäischen Kultur vgl. Stöss (2007): Rechtsextremismus im Wandel, S. 194 ff. vgl. NPD-Verbotsantrag des Bundestags © Kulturbüro Sachen e.V. Erarbeitung: Maria Grjasnow www.kulturbuero-sachsen.de Stand 07/2006 Veröffentlichung und Vervielfältigung – auch auszugsweise – bedürfen der ausdrücklichen & schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. NPD – Landesverband Sachsen Der NPD-Landesverband (LV) Sachsen besteht seit 1990 und ist mit aktuell ca. 850 Mitgliedern und derzeit 13 Kreisverbänden einer der stärksten gegründet 1990 LV der BRD (der LV Bayern hat derzeit 950 Mitgl.). Sitz Dresden Die seit 2005 erst stagnierende und dann in 2007 Mitglieder 850 (Stand 2007) deutlich gesunkene Mitgliederzahl macht deutlich, Vorsitzender Winfried Petzold dass die NPD an die stärker werdenden Stellvertretende Holger Apfel autonomen Strukturen rechtsextremer KameradVorsitzende Helmut Hermann schaften und das Wahlbündnis rechtsextremer Dr. Johannes Müller und rechtskonservativer Parteien aus REP, DSU Parteigliederung 14 Kreisverbände (KV- und Sächsischer Volkspartei „Bündnis für Strukturen gleichen sich sächsischer Verwaltungsreform Sachsen“ Mitglieder verliert. Die NPD ist seit den an) sächsischen Kommunalwahlen 2008 – zu der die Unterorganisation Junge NPD in 128 Wahlkreisen mit 224 Kandidatinnen Nationaldemokraten und Kandidaten antrat – mit 44 Abgeordneten in Sachsen allen zehn Kreistagen vertreten, in fünf Kreistagen Medien Sachsenstimme, erscheint sogar in Fraktionsstärke (Fraktionsstatus erhielt unregelmäßig die NPD allerdings lediglich in den drei Kreistagen: Wahlergebnis 2004: 9,2% Sächs.Schweiz-Osterzgebirge, Bautzen und ErzLandtagswahl 1999: 1,4% gebirgskreis). Damit hat die Partei ihr Ergebnis im Jahr 2008 gegenüber den Kreistagswahlen 2004 (13 Abgeordnete in 5 Landkreisen) mehr als verdreifacht. Viele NPD-Abgeordnete verfügen allerdings (noch) nicht über ausreichende Kenntnisse kommunaler Politik und Abläufe. Trotzdem schreitet die Verankerung von NPDStrukturen in Sachsen weiter voran. Dabei arbeiten eine Reihe von NPD-KVs offen und intensiv mit AktivistInnen rechtsextremer Kameradschaften zusammen und sind dabei auch über die Grenzen Sachsens hinweg (in anderen Bundesländern und in Tschechien) aktiv. Eine länderübergreifende Zusammenarbeit besteht bspw. zwischen dem Kreisverband Meißen und dem brandenburgischen Kreisverband Spreewald. Immer wieder waren in den letzten Jahren sächsische NPD-Funktionäre in der tschechischen Republik oder in Ungarn aktiv.4 Bei der Landtagswahl am 19. September 2004 erhielt die NPD 9,2% und 12 Sitze im Sächsischen Landtag. Dabei erzielte sie in einigen ihrer Hochburgen, insbesondere in der Sächsischen Schweiz, zweistellige Wahlergebnisse. Für diesen Erfolg waren Vorfeldarbeiten in den Jahren nach der bundesdeutschen Vereinigung notwendig. Dazu gehörte z.B. die Verlegung des „Deutsche Stimme Verlags“ aus dem bayrischen Sinningen nach Riesa. In Sachsen konnte somit ein wichtiges rechtsextremes Kommunikations-, Logistik- und Medienzentrum etabliert werden. Diese Vorfeldarbeiten schlugen sich bereits in den guten Ergebnissen der NPD bei den Landtagswahlen 1999 nieder und ebneten ihr 2004 den Zugang zur sächsischen Parlamentsarbeit.. Basisdaten NPD – Landesverband Sachsen 4 Bspw. nahmen der Mitarbeiter der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Per Lennart Aae und die Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Chemnitz, Katrin Köhler als offizielle NPD-Vertreter/in am 18. 08. 2008 an einer verbotenen Veranstaltung unter dem Titel „Tag der Freiheit“ der rechtsextremen Delnická Strana (Arbeiterpartei) im tschechischen Hradec Kralove teil © Kulturbüro Sachen e.V. Erarbeitung: Maria Grjasnow www.kulturbuero-sachsen.de Stand 07/2006 Veröffentlichung und Vervielfältigung – auch auszugsweise – bedürfen der ausdrücklichen & schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Entwicklung der NPD-Mitgliederzahlen in Deutschland und in Sachsen Die NPD-Bundespartei verzeichnet seit 2003 einen 8000 stetigen Zuwachs ihrer 7200 7000 7000 Mitgliederzahlen. Mit 7200 6500 6500 6100 6000 6000 6000 Mitgliedern und 16 Landes6000 5300 5000 verbänden in 2007 ist sie 5000 4300 die einflussreichste rechts4000 3500 extreme Partei in Deutsch3000 land. Einer der stärksten 2000 Landesverbände ist nach 1000 wie vor Sachsen. Hier 0 wurde das jahrelange 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Sinken der Mitgliederzahlen 2004 durch die Wahl Mitglieder der NPD in Sachsen sowie rechtsex. Kameradschaften der NPD in den Säch1500 50 1400 sischen Landtag aufgehalten. Nach dem Einzug 1200 40 1100 der NPD-Fraktion in den 1000 1000 1000 1000 950 900 Landtag war deren politi900 850 30 900 29 800 25 24 sche Arbeit innerhalb der 23 22 22 22 20 20 rechtsextremen Szene 20 20 600 17 16 nicht unumstritten. Kriti13 400 12 13 300 sche Verbalattacken aus 300 10 250 250 200 9 100 7 der Kameradschaftsszene 0 0 über die Themenwahl (zu wenig soziale Themen, zu viel Populismus) und über Mitglieder Kreisverbände die „Selbstbedienungsmentalität“ der NPD-Abgeord-neten (zu hohe Diäten, zu große Autos) brachten zumindest aus dem Bereich der Freien Kräfte den Mitgliederzuwachs zum Erliegen bzw. im vergangenen Jahr erstmals wieder eine deutlich gesunkene Mitgliederzahl. 07 06 20 05 20 04 20 03 20 02 20 01 20 00 20 99 20 98 19 97 19 96 19 19 94 95 19 93 19 92 19 19 19 91 Mitglieder der NPD in der BRD Nachdem die NPD ihre regionale Verankerung im Jahr 2007 mit dem Aufbau von Kreisverbänden in allen 29 Landkreisen und kreisfreien Städten abgeschlossen hatte, begann die NPD im zweiten Halbjahr 2007 ihre Strukturen denen nach der im Sommer 2008 vollzogenen Verwaltungsreform anzupassen. So erfolgten ab Oktober 2007 Zusammenschlüsse der KVs Plauen und Vogtland zum neuen KV Vogtland, in Ostsachsen fusionierten im November 2007 die KVs Löbau/Zittau, Niederschlesischer Oberlausitzkreis und Görlitz zum neuen KV Niederschlesien-Oberlausitz, etc. Mit derzeit 13 KVs ist dieser Anpassungsprozess der NPD (nahezu) abgeschlossen. Dabei rät die sächsische NPD insbesondere selbständigen Unternehmern von einem Eintritt in die NPD ab, um mögliche wirtschaftliche Konsequenzen für diese zu vermeiden. Stattdessen sollen Unternehmer/innen die Partei finanziell unterstützen. Die weitere Entwicklung der Mitgliederzahlen muss vor dem Hintergrund dieser Strategie betrachtet werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. die durch den Austritt dreier NPD-Landtagsabgeordneter aus Partei und Fraktion im Dezember 2005 ausgelöste parteiinterne Schwächung die Entwicklung der Mitgliederzahlen negativ beeinflusst hat. (sollten in dem Zusammenhang auch Teile der DSU, Nitzsches Liste und die Eid-Partei erwähnt werden?) Darüber hinaus bemüht sich die NPD zunehmend, Frauen in ihre Parteiarbeit und die Arbeit ihrer zahlreichen Umfeldorganisationen einzubinden, um auch für Wählerinnen attraktiver zu werden. Zu diesem Zweck baut die NPD ihre Frauenorganisation „Ring Nationaler Frauen“ aus und verfügt nun in Sachsen über vier diesbezügliche Stützpunkte.5 Umfeldstrukturen des Landesverbandes und der Landtagsfraktion der NPD Junge Nationaldemokraten Die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) ist die Jugendorganisation der NPD mit Sitz im thüringischen Bernburg. Die 1969 gegründete Organisation hat derzeit ca. 350 Mitglieder. Bundesvorsitzender ist Michael Schäfer, der in dieser Funktion zugleich Mitglied des NPDParteivorstands ist. In Anlehnung an Ideologie und Parteiprogramm der NPD beschreibt die JN ihr weltanschauliches Selbstverständnis in „25 Thesen zum Nationalismus“ (www.jnbuvo.de, Mai 2006). Danach muss nationalistische Politik auf das Wohlergehen des Volkes gerichtet sein, das auf der „gemeinsamen, erlebten Abstammung, Überlieferung und der Lebensauffassung“ beruht. Zudem wird der Gedanke der Gleichheit aller Menschen als „Voraussetzung für die Bevormundung, Beeinflussung und Entmündigung der Menschen“ betrachtet. Die JN organisiert zahlreiche Veranstaltungen, wie z.B. den jährlich stattfindenden „Europäischen Kongress der Jugend“, „Nationale Pfingstlager“ oder den „JNSachsentag“, die der Verbreitung ihrer Ideologie und der internationalen Vernetzung rechtsextremer Akteure dienen. Nachdem der JN-Sachsentag im August 2008 vom Bundesverfassungsgericht kurzfristig verboten worden war, kam es in Dresden zu mehreren rechtsextremen Spontandemonstrationen mit erheblicher Gewaltbereitschaft. Nationales Bündnis Dresden e.V. Das Wahlbündnis „Nationales Bündnis Dresden e.V.“ (NB) wurde am 24. April 2003 gegründet und wird von Vertretern aus NPD, DVU, REP, JLO und freien Kräften getragen. Bei der Kommunalwahl 2004 erreichte das NB 4% der Stimmen und entsandte drei Abgeordnete in den Dresdner Stadtrat: Holger Apfel (nach dessen Umzug nach Riesa, das NPD-Mitglied Brigitte Lauterbach), Wolfgang Schwarz (stellvertretender Vorsitzender des NB, ehemals REP) und Hartmut Krien (ehemaliges Mitglied der evang. Studentengemeinde Jena, Geschäftsführer des NB, NPD-Mitglied und Bundesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der NPD). Die rechtsextremistische Ideologie des NB wird in seinem Vereinsprogramm deutlich, das sich gegen „geschichtsverfälschende Nachkriegspropaganda“ und „spendables Gutmenschengehabe“ richtet und „Vorrang für deutsche Arbeitslose“ sowie die „schnellstmögliche Heimreise der (Asyl)-Kandidaten“ fordert.6 5 6 Diese Stützpunkte befinden sich in Görlitz, Dresden, Chemnitz und Plauen (Quelle LAfVS (2008(: VS Bericht 2007 Vgl.: www.nationales-buendnis-dresden.de/nbd_startseiten/vorstellung.html © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Deutsche Stimme Verlag Die „Deutsche Stimme Verlagsgesellschaft mbH“ ist der Parteiverlag der NPD. Zu Beginn des Jahres 2000 verlegte der bis dahin im oberbayrischen Sinningen angesiedelte Verlag seinen Sitz nach Riesa. Auf dem Verlagsgelände in Riesa befinden sich Übernachtungssowie Feiermöglichkeiten und es ist Treff- und Ausgangspunkt für Szeneaktivitäten. Die Parteizeitung „Deutsche Stimme“ erscheint seit 1976 monatlich, seit 1999 mit einer Gesamtauflage von 10.000 Exemplaren (Quelle nennen! Eigenangaben oder LfV?). Chefredakteur ist der sächsische NPD-Landes- und stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel. In den Artikeln und Kommentaren der „Deutschen Stimme“ schlägt sich die rechtsextreme Ideologie der NPD nieder, die in Überschriften wie „Heraus zum 1. Mai: Arbeit für alle Deutschen!“ (Ausgabe 04/2006) oder „Grenzen dicht!“ mit der Forderung eines „Ausländerheimführungsgesetz und der Streichung des Grundrechtes auf Asyl“ (01/2006) (etwas Aktuelles raussuchen) deutlich wird. Seit 2001 veranstaltet das Blatt regelmäßig das „Deutsche Stimme Pressefest“, welches mit Ausnahme des Jahres 2002 in Sachsen stattfand. Am „Pressefest“ im August 2004 in Mücka nahmen bspw. ca. 7000 Besucher/innen teil. Zum vorerst letzten Pressefest 2006 im Dresdner Ortsteil Pappritz waren es noch immerhin 4500 Besucher/innen. Hier traten neben prominenten Rednern aus dem rechtsextremen Spektrum auch bekannte Rechtsrock-Bands und rechtsextreme Liedermacher auf. Neben der Parteizeitung vertreibt der Verlag auch rechtsextreme Tonträger, Videos und Szeneartikel. Bildungswerk für Heimat und nationale Identität e. V. Im seit April 2005 bestehenden, NPD-nahen „Bildungswerk für Heimat und nationale Identität e.V.“ mit Sitz in Dresden soll „politische Bildungsarbeit“ im Sinne der NPD-Ideologie geleistet werden. Insbesondere sollen Seminare und Vorträge der Öffentlichkeit die Inhalte der in Anlehnung an die „Frankfurter Schule“ um Adorno und Horkheimer entwickelte „Dresdner Schule“ vermitteln. Diese Intellektualisierungsbemühungen, die geistigen Grundlagen des Weltbildes der NPD wissenschaftlich begründen zu wollen, blieben jedoch bisher erfolg- und wirkungslos. Vorsitzender des „Bildungswerks“ ist Peter Dehoust, Chefredakteur und Herausgeber der rechtsextremistischen Zeitschrift „Nation & Europa“, Beisitzer im Vorstand der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ und Vorsitzender des „Fördervereins Vereinigte Rechte“. Stellvertretender Vorsitzender ist Karl Richter, parlamentarischer Berater der NPDFraktion im sächsischen Landtag und Redakteur von „Nation & Europa“. Weiterhin aktiv in diesem Zusammenhängen ist der NPD-Abgeordnete im Sächsischen Landtag Jürgen Gansel. Ring Nationaler Frauen (RNF) Der RNF ist eine Unterorganisation für Frauen der rechtsextremen NPD und wurde im September 2006 in Sotterhausen (Sachsen-Anhalt) gegründet. Laut Selbstdarstellung ist der RNF Sprachrohr und Ansprechpartner für, wie sie sich selbst verharmlosend nennen, “nationale Frauen”, unabhängig von einer NPD -Mitgliedschaft. Rechtsextreme Frauen sollen durch den RNF stärker in die politische Arbeit einbezogen werden. Wie viele Mitglieder der RNF hat, ist nicht bekannt. Initiatorinnen des Rings sind die sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Gitta Schüßler, das niedersächsische NPD-Mitglied Katharina Becker sowie Judith Rothe von der NPD Sachsen-Anhalt. Rothe ist die © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Lebenspartnerin des Neonazis und NPD-Mitglieds Enrico Marx. Die Vertreterin des RNF im NPD-Bundesvorstand ist die Berliner NPD-Funktionärin Stella Hähnel, die Frau des NPDLiedermachers Jörg Hähnel. Als Geschäftsführerin arbeitet Jasmin Apfel, die Frau des NPDFunktionärs Holger Apfel. NPD-Ergebnisse der sächsischen Kommunal- und Kreistagswahlen 1999, 2004 und 2008 im Vergleich Wahlergebnisse der NPD in den sächsischen Kreistagen, Gemeinderäten und Ortschaftsräten 2 1 Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 1) In Reinhardtsdorf-Schöna hätten 2004 entsprechend des Zweitstimmenergebnisses drei Abgeordnete der NPD in den Gemeinderat einziehen können. Es standen jedoch nur zwei NPD-Mandatsträger zur Verfügung. Heute gibt es in der 1.600-Einwohner-Gemeinde eine NPD-Ortsgruppe. 2) AFV ist die Abkürzung für das rechtskonservative Wahlbündnis Arbeit-Familie-Vaterland des CDU-Rechtsabweichlers Henry Nitzsche, welches im Landkreis Bautzen auf Anhieb beinahe mit Fraktionsstatus in den Kreistag kam. Bei den Kommunalwahlen in Sachsen am 08. Juni 2008 gelang es der sächsischen NPD, 44 Sitze in den nach der Verwaltungsreform verbliebenen 10 Kreistagen zu erringen. Dabei erhielt die NPD in fünf der zehn Landkreise Fraktionsstärke , erhielt allerdings nur in dreien von ihnen Fraktionsstatus. Strategische Schwerpunkte musste die NPD für ihren Wahlkampf nicht mehr auswählen. Es gelang ihr stattdessen flächendeckend mit Plakaten und Infomobilen/Infotischen Präsenz zu zeigen. Diese Materialschlacht unterschied die NPD sehr deutlich von den demokratischen Parteien, die nicht mit solcher Präsenz für ihre Programme und Kandidat/innen warben. Bereits im Ergebnis der Kommunalwahlen 1999 waren einige der heutigen NPD-Hochburgen, wenn auch auf niedrigerem Ergebnisniveau, zu erkennen. © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Gegenüber den Kommunalwahlen 2004 konnte die NPD ihre Stimmenergebnisse in den Kreistagen von 13 auf 44 Sitze mehr als verdreifachen. Mit ihren überdurchschnittlichen Wahlergebnissen stachen erneut die NPD-Hochburgen Reinhardtsdorf-Schöna, Trebsen, Sebnitz und Königstein hervor, die bereits in den vergangenen beiden Kommunalwahlen überregional bekannt wurden. Dabei ist der Rückgang der Stimmenanteile in Königstein von 21 auf knapp 10% auf den Unfalltod des NPD-Vorzeigekandidaten und Inhaber eines Fahrschulunternehmens Uwe Leichsenring, sowie auf einen Neuzuschnitt der Wahlkreise zurückzuführen. Einzig in Wurzen Stadt musst die NPD trotz guter Ausgangslage deutliche Stimmenverluste hinnehmen. Bereits zur Kommunalwahl 2004 setzte die NPD ein Signal für ihren Kooperationswillen im Rahmen ihrer rechtsextremen „Volksfrontstrategie“, indem sie auf einen Wahlantritt in Dresden (zugunsten des von der NPD maßgeblich protegierten „Nationalen Bündnis Dresden“), Chemnitz und Freital (zugunsten der REP, ) sowie in Plauen (zugunsten der „Deutschen Partei – Die Freiheitlichen“) verzichtete. Bei den Kreistagswahlen 2008 trat die NPD im Landkreis Nordsachsen mit einer offenen Liste an, auf welcher eine Reihe von Vertretern der Kameradschaften dieser Region antraten. Die maßgeblich von der NPD vorangetriebene Idee einer „Volksfront von Rechts“ versteht sich als „Gesamtbewegung des Nationalen Widerstands“ und zielt auf die Kooperation von NPD, DVU und Angehörigen der Kameradschaftsszene zur Vermeidung des Gegeneinanders rechtsextremer Parteien. NPD-Ergebnisse der Landtagswahlen 2004 in Sachsen Zweitstimmenergebnisse der NPD in den sächsischen Landtagswahlkreisen Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen Zweitstimmenergebnisse der NPD im Vergleich 1999 2004 Wahlkreis Wahlkreis (%)* (%)* Sächsische Schweiz © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de 3,5-3,1 15,1-11,8 Leipziger Land 1999 (%)* 2004 (%)* 1,1-0,7 10,1-6,1 Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Annaberg Riesa-Großenhain Bautzen Mittleres Erzgebirge Stollberg Aue-Schwarzenberg Torgau-Oschatz Niederschles. Oberlausitz Kamenz Döbeln Löbau-Zittau Vogtland Weißeritzkreis 2,2 2,9-2,4 1,1-1,0 1,0 1,7 1,0-0,6 1,4 3,0-2,1 1,3-1,0 1,4 2,0-1,7 0,5-0,3 1,2 14,0 13,9-11,3 12,5-11,7 12,4 12,2 11,4-10,1 11,4 11,4-10,1 11,2-10,7 11,1 11,1-8,9 10,8-8,3 10,2-9,3 Muldental Meißen Chemnitzer Land Görlitz Freiberg Zwickauer Land Mittweida Plauen Hoyerswerda Chemnitz Delitzsch Dresden Zwickau Leipzig 2,5-2,0 2,0-1,3 1,3-1,0 2,1 1,8-0,9 0,9-0,7 1,9-1,5 0,6 0,8 1,1-0,6 2,2 1,7-0,8 0,8 1,5-0,7 10,0-9,9 10,0-6,9 9,9-9,0 9,9 9,8-9,5 9,6-9,1 9,5-8,7 9,0 9,0 9,0-6,7 8,7 8,5-4,7 8,4 6,8-4,3 Land Sachsen 1,4 9,2 Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen * Die Prozentspanne gibt die höchsten und niedrigsten Ergebnisse an, die in dem jeweiligen Wahlkreis erzielt wurden. 190.909 Wähler gaben der NPD bei der Landtagswahl in Sachsen am 19. September 2004 ihre Stimme. Damit zog die NPD mit 9,2% der Stimmen und 12 Sitzen erstmals seit 1968 wieder in ein Landesparlament ein. Im Vergleich zu den Landtagswahlen 1999 (1,4%) entspricht dieses Wahlergebnis mehr als dem Sechsfachen. Die NPD stellt damit die viertstärkste Partei im sächsischen Landesparlament und ist nur knapp hinter der SPD (9,8%) positioniert. Besonders große Wahlerfolge erzielte die NPD in den Wahlkreisen Sächsische Schweiz, Annaberg, Riesa-Großenhain, Bautzen, Mittleres Erzgebirge und Stollberg. Lediglich in den Großstädten Dresden und Leipzig wurde die Fünfprozentmarke unterschritten. In etwa 60% aller sächsischen Gemeinden erzielte die NPD zweistellige Wahlergebnisse. Jeder fünfte Wähler gab der NPD in Reinhardtsdorf-Schöna (Landkreis Sächsische Schweiz), Jöhstadt (Landkreis Annaberg) und Weißig a. Raschütz (Landkreis Riesa-Großenhain) seine Stimme. Der Vergleich der Landtagswahlergebnisse zwischen 1999 und 2004 zeigt, dass schon 1999 vorhandene überdurchschnittliche Wählerpotenzial für die NPD in einzelnen sächsischen Regionen. Auf Grundlage der Bewertung der Wahlergebnisse bei den letzten Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen in Sachsen zieht das Kulturbüro Sachsen e.V. den Schluss, dass bei den sächsischen NPD-WählerInnen das StammwählerInnenpotenzial Bei 5 bis 7% anzusetzen ist. Darüber hinaus sollte man bei der Interpretation der Ergebnisse der Landtagswahl 2004 auch im Blick behalten, dass es bei den Landtagswahlen 1999 noch keine Absprache zwischen rechten Gruppierungen (Volksfrontstrategie) gab und sich die Stimmen auf NPD (1,4%) und Republikaner (1,5%) verteilten. Zählt man die Partei „pro DM“ von Bolko Hoffmann (2,1%) zu diesen von rechtsextremen Wertvorstellungen geprägten Gruppen hinzu, kommt man auch 1999 schon auf 5% im extrem rechten Spektrum. Abgeordnete der NPD im Sächsischen Landtag Die NPD-Fraktion stellte ursprünglich 12 von insgesamt 124 im Landtag vertretenen Abgeordneten. Durch die Austritte von Mirko Schmidt, Klaus Baier und Jürgen Schön im © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Dezember 2005 und den Ausschluss von Menzel im November 2006 hat sich diese Zahl inzwischen auf 8 reduziert. Die drei ausgetretenen Abgeordneten kritisierten den autoritären Führungsstil der NPD-Spitze sowie die zunehmende Ausrichtung der Partei am Nationalsozialismus. Ihre Austritte begründeten sie u.a. damit, dass die NPD „Hitlerismus“ betreibe und ein „viertes Reich“ anstrebe. Das ist dahingehend erstaunlich, dass ihnen diese Erkenntnis bei der Analyse des NPD-Wahlprogramms auch vor den Wahlen hätte deutlich werden können.7 Holger Apfel geb. 1970 in Hildesheim Beruf Verlagskaufmann, Chefredakteur im Deutsche Stimme Verlag Dr. Johannes Müller geb. 1969 in Dresden Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin Alexander Delle geb. 1973 in Mutlangen Bankkaufmann, Angestellter im Deutsche Stimme Verlag Jürgen W. Gansel geb. 1974 in Opladen Geschichts- und Politikwissenschaftler, Redakteur im Deutsche Stimme Verlag René Depang geb. 1967 in Sebnitz Landwirt, Maler nachgerückt für: Peter Klose geb. 1940 in Bernsdorf Krobkeramwerker (Was ist das? Ev. Schreibfehler?), Kran- und Lokführer Winfried Petzold geb. 1943 in Breslau Aufzugschlosser, Kaufmann Gitta Schüßler geb. 1961 in Burgstädt Buchhändlerin, Bürokauffrau Funktionen stellv. Bundes- und Landesvorsitzender Sachsen, Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag, Vorsitzender des „Nationalen Bündnis Dresden“, Stadtrat Dresden (ist er das überhaupt noch?) Stadtrat Sebnitz, Kreisrat Sächsische Schweiz, stellv. Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag, parlamentarischer Geschäftsführer der NPDLandtagsfraktion, stellv. Landesvorsitzender Sachsen Stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Fraktionsschatzmeister, Mitglied im Landesvorstand Sachsen Mitglied im Bundes- und Landesvorstand Sachsen, Mitglied im Fraktionsvostand der NPDLandtagsfraktion NPD-Kreisvorsitzender von Dresden von 2002 bis 2007, Beisitzer im Vorstand des Nationalen Bündnisses Dresden 2005 für U. Leichsenring nachgerückt Mitgründer der REPs in der DDR, Vorsitzender des REP-Kreisverbandes Zwickau, seit 1995 Mitglied der NPD, MdL 2006 für Matthias Paul nachgerückt 1991-1993 REP-Landesvorsitzender Sachsen, Landesvorsitzender NPD-Sachsen Kreisgeschäftsführerin und Schatzmeisterin im Kreisverband Chemnitz/Chemnitzer Land; Rolle im RNF ergänzen: Bundessprecherin Ehemalige NPD-Abgeordnete: Mirko Schmidt Anlagentechniker, Verwalter (NPD Fraktion bis 2005) geb. 1966 in Meißen Klaus Baier am 17.12.2005 Austritt aus Partei und Fraktion, seitdem fraktionsloser Abgeordneter Fahrzeugschlosser, Krankenpfleger (NPD Fraktion bis 2005) geb. 1960 in Annaberg Jürgen Schön Schriftsetzer (NPD Fraktion bis 2005) geb. 1948 in Leipzig Matthias Paul (NPD Fraktion bis 2006) geb. 1977 in Meißen 7 Stadtrat und Kreisrat Meißen, Kreisvorsitzender Meißen-Radebeul, Mitglied im Landesvorstand Sachsen Stahlbetonbauer, Unternehmer Stadtrat Annaberg-Buchholz, bis 2005 Mitglied im Landesvorstand Sachsen am 20.12.2005 Austritt aus Partei und Fraktion, seitdem fraktionsloser Abgeordneter stellv. Landesvorsitzender Sachsen, bis 2004 stellv. Bundesvorsitzender am 23.12.2005 Austritt aus Partei und Fraktion, seitdem fraktionsloser Abgeordneter Mitglied im Landesvorstand Sachsen, Pressesprecher des Landesverbandes Sachsen im November 2006 wegen Besitzes Kinderpornografischer Bilder von allen Ämtern Vgl. Memo des Kulturbüro Sachsen zum Ideologievergleich der NPD und der NSDAP, www.kulturbuero-sachsen.de/downloads.php4 © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Klaus Jürgen Menzel zurückgetreten MdL Landwirt (NPD Fraktion bis 2006) geb. 1940 in Bernsdorf Uwe Leichsenring Maschinenbauer, Fahrlehrer Stadtrat und Kreisrat Königstein, Kreistag Sächsische Schweiz, Geschäftsführer Kreisverband Sächsische Schweiz, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion im Sächsischen Landtag (NPD Fraktion bis 2006) geb. 1967 in Sebnitz gest. 2006 in Pirna verstarb Ende August 2006 bei einem Verkehrsunfall NPD-Ergebnisse der Bundestagswahlen 2005 Zweitstimmenergebnisse der NPD in den sächsischen Bundestagswahlkreisen Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen Zweitstimmenergebnisse der NPD im Vergleich Wahlkreis Sächsische Schweiz - Weißeritzkreis Kamenz - Hoyerswerda - Großenhain Bautzen - Weißwasser Annaberg - Aue-Schwarzenberg Freiberg - Mittlerer Erzgebirgskreis Löbau-Zittau - Görlitz - Niesky Döbeln - Mittweida - Meißen II Delitzsch - Torgau-Oschatz - Riesa Chemnitzer Land - Stollberg Summe Sachsen 2002 (%) 2,2 1,5 2,0 2,3 2,2 2,0 1,7 1,4 2,1 2005 (%) 7,1 6,5 6,3 6,3 6,1 6,0 5,8 5,2 4,7 1,4 4,8 Wahlkreis Vogtland - Plauen Leipziger Land - Muldentalkreis Dresden II - Meißen I Zwickauer Land - Zwickau Chemnitz Leipzig I Dresden I Leipzig II Summe BRD 2002 (%) 0,7 1,3 1,0 1,2 0,7 0,9 0,8 0,7 2005 (%) 4,6 4,4 4,1 3,6 3,2 3,0 2,6 2,2 0,5 1,6 Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen Im Vergleich zu den vorhergegangenen Bundestagswahlen konnte die NPD bei der Bundestagswahl am 18. September 2005 ihr Stimmenergebnis bundesweit (1,6%) sowie in Sachsen (4,8%) verdreifachen und erzielte damit ihr bestes Ergebnis seit 1969. In 8 von 17 Wahlkreisen erzielte die NPD Ergebnisse von mehr als 5%. Spitzenreiter bildet dabei der Wahlkreis Sächsische Schweiz-Weißeritzkreis mit 7,1% der Stimmen. In Leipzig und Dresden blieb der Stimmenanteil für die NPD unter 3%. Bei der Betrachtung der einzelnen © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Kommunen stechen einige Ortschaften hervor, in denen die NPD bereits bei den vergangenen Kommunal- und Landtagswahlen hohe Zustimmungsraten erhielt. Diese Kommunen befinden sich vor allem in den Landkreisen Sächsische Schweiz, RiesaGroßenhain und Niederschlesischer Oberlausitzkreis. Zweistellige Erstund Zweitstimmenergebnisse erzielte die NPD allen voran in Reinhardtsdorf-Schöna (Zweitstimme 14,4%, Erststimme 16,1%), Weißig a. Raschütz (Zweitstimme 14,1%, Erststimme 12,4%) und Nauwalde (Zweitstimme 12,8%, Erststimme 14,2%). Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass die NPD ihren Erfolg im Vergleich zur Bundestagswahl 2002 weiter steigern konnte. Von einer Entwarnung, die NPD hätte die Fünfprozenthürde und damit den Einzug in den Bundestag verfehlt, kann daher nicht die Rede sein. Mit Hilfe der erheblichen staatlichen Wahlkampfkostenerstattung kann die NPD nun den Ausbau ihrer Strukturen weiter vorantreiben. Die NPD hat somit ihre Zielstellungen erreicht, ihr Ergebnis auszubauen, durch die Wahlkampfkostenerstattung ihre Parteikasse aufzufüllen, Themen und Argumente der demokratischen Parteien aufzugreifen und für sich zu besetzen (vgl. Heimat- bzw. Patriotismusdiskurs der sächsischen CDU, Fremdarbeiterdebatte von Lafontaine) und eigene KandidatInnen bekannt zu machen und für kommende Wahlen besser aufzustellen. Hier war insbesondere die im Herbst stattfindende Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern im Fokus der NPD-ParteistrategInnen. Qualitative Auswirkungen der soziokulturellen Verankerung der NPD in Sachsen Die NPD Wahlerfolge sind in erster Linie eine Folge der soziokulturellen Verankerung rechtsextremer Szenen in sächsischen Regionen; kein Denkzettel frustrierter Wähler an die etablierten demokratischen Parteien. Die NPD hat, gefördert durch die einmalige Aufbauarbeit westdeutscher Kader, tragfähige Strukturen und funktionierende Vorfeldarbeit in Sachsen etabliert. Ihre soziokulturelle Basisarbeit unterscheidet sie diametral von der DVU oder den REP. Heute geht die Saat auf, die seit 15 Jahren gepflegt wird. Der NPD-Wahlerfolg fußt auf einer strukturellen Verankerung rechtsextremer Milieus. Zu den rechtsextremen Hochburgen zählen die Sächsische Schweiz, Ostsachsen, der Muldentalkreis, Riesa-Großenhain, Annaberg und das Mittlere Erzgebirge. Schon das Kommunalwahlergebnis der NPD vom 13. Juni 2004 war als Ausbau vorhandener Hochburgen zu bewerten. Weitaus gefestigter geht die NPD aus den Kommunalwahlen im Juni 2008 – ohne Hartz IV-Debatte - hervor. In fünf von zehn Kreistagen erhält die NPD Fraktionsstärke und kann so auf extra Zuwendungen staatlicher Förderung hoffen. Rechtsextreme Wertvorstellungen sind zunehmend Bestandteil des täglichen Lebens in sächsischen Regionen. Kameradschaften werden als etablierte Institutionen wahrgenommen, dürfen beispielsweise Ordner für Volks- und Schützenfeste stellen. Ein NPD-Mitglied ist als Übungsleiter im Fußball akzeptiert. Ortsansässige Mittelständler mit offen rechtextremer Wertevorstellung sind integriert und wählbar. Die soziokulturelle Verankerung ist eine Folge des langjährigen Einsickerns rechtsextremen Gedankengutes über subkulturelle Mechanismen wie Musik, Lifestyle und über Bildungs- und Schulungsveranstaltungen. Rechtsextreme Szenen schaffen Gemeinschaftserlebnisse für Jung und Alt: über Brauchtumspflege, nordische Mythen und nationale Jugendarbeit werden potenzielle Sympathisanten angesprochen. © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V. Kameradschaftsszenen gedeihen dort besonders gut, wo öffentliche jugendhilfliche Angebote unterrepräsentiert sind und kommunale Verantwortungsträger kein Problembewusstsein entwickeln. Die NPD wird von BürgerInnen als Teil des demokratischen Parteienspektrums wahrgenommen. Es liegt lokal wenig Verständnis für demokratische Strukturen und die Notwendigkeit politisch-zivilgesellschaftlicher Auseinandersetzung vor. Das gescheiterte NPD-Verbotverfahren wird von vielen BürgerInnen als „DemokratieGütesiegel“ missinterprätiert. Oft wird argumentiert, dass die NPD eine demokratische Partei sein muss, da sie nicht verboten ist. Dabei werden die Gründe des Scheiterns des Verbotsverfahrens in der Öffentlichkeit und den Medien nicht reflektiert. Regionen mit gefestigten rechtsextremen (Kameradschafts-)Strukturen verzeichnen hohen Beratungsbedarf für Mobile Beratungsteams, überdurchschnittliche Wahlerfolge der NPD sowie überdurchschnittliche Zahlen von Betroffenen rechtsextremer Gewalt. Aufgrund der hohen Gefährdungslage und vielfältiger Beratungsanfragen aus den rechtsextremen Hochburgen arbeiten in diesen Regionen seit Mitte der 1990er Jahre demokratische zivilgesellschaftliche Initiativen. Seit 2001 haben die Mobilen Beratungsteams des Kulturbüro Sachsen e.V. hier ihre Regionalbüros (Pirna, Neukirchen, Großpösna) und arbeiten seit Anbeginn ihrer Arbeit in diesen Regionen schwerpunktmäßig. Gegenstrategien zur soziokulturellen Verankerung der NPD in Sachsen Erfahrungen aus staatlicher und nichtstaatlicher Arbeit gegen Rechtsextremismus zeigen, dass rechtsextreme Aktivitäten in Sachsen zurückgedrängt werden können, wenn den Gruppierungen die logistische Basis entzogen und die demokratische Zivilgesellschaft gefördert wird. Die zivilgesellschaftliche Arbeit konnte „Wachstumskerne“ für demokratische Kultur etablieren, die lokal verankert sind und Gelegenheiten für Demokratiebildung und öffentlichen Diskurs bieten. Diese werden aber nur teilweise lokal gefördert. Positive Ergebnisse, wie die Schließung des Jugendhauses des „Nationalen Jugendblocks“ in Zittau, der Neuaufbau der Jugendarbeit in Bernsdorf, der Dorfentwicklungsprozess in Reinhardtsdorf-Schöna, die Schließung des von rechtsextremen Jugendlichen dominierten Jugendclubs in Berggießhübel, die Mobile Jugendarbeit im Weißeritzkreis und im Landkreis Sächsische Schweiz, etc. zeigen, dass demokratische Jugendarbeit stattfinden und rechtsextreme Dominanzverhältnisse aufgebrochen werden können, wenn qualifizierte jugendhilfliche Angebote und eine kommunale Problemwahrnehmung vorhanden sind. Dazu ist das Zusammenwirken verschiedener Fachbereiche und Verwaltungsstrukturen notwendig. Dazu gehören Mobile Beratung, lokale Initiativen, Polizei und Staatsschutz, Jugendamt, Kommunal- bzw. Kreisparlament. Die meisten Sympathisanten rechtsextremer Parteien sind politisch wenig informiert und für Sachargumente unempfänglich. Sie fühlen sich von einfachen Lösungen und griffigen Parolen angesprochen. Sachsen braucht daher eine Politik, die eine echte Chance auf Veränderung von Meinungen, Mentalitäten und Wertvorstellungen ermöglicht. © Kulturbüro Sachsen e.V. www.kulturbuero-sachsen.de Erarbeitung: Maria Grjasnow/Friedemann Bringt September 2008 Veröffentlichung und Vervielfältigung - auch auszugsweise - bedürfen der ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Kulturbüro Sachsen e.V.