Fahrplan zur Unabhängigkeit der Provinz nimmt Gestalt an
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Fahrplan zur Unabhängigkeit der Provinz nimmt Gestalt an
Fahrplan zur Unabhängigkeit der Provinz nimmt Gestalt an Der Fahrplan zur Unabhängigkeitserklärung der Kosovo-Albaner nimmt nun konkretere Gestalt an. Auch die ersten Reaktionen Belgrads sind zum Teil bereits absehbar. Der kosovarische TV-Sender RTK berichtete,d dass das Kosovo-Parlament am 17. Februar die "Absicht" bekunden werde, die Unabhängigkeit auszurufen. Die Eigenstaatlichkeit der UNOverwalteten serbischen Provinz selbst solle erst Anfang März verkündet werden. Dieser Unabhängigkeitstag soll in Pristina überaus feierlich begangen werden. Zwischen der geplanten Absichtserklärung und der eigentlichen Unabhängigkeitsdeklaration soll das Parlament demnach noch schleunigst ein Paket von rund dreißig Gesetzen verabschieden, die sich aus dem Vorschlag des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari für eine "überwachte" Unabhängigkeit ergeben. Auch die bereits vorbereitete Verfassung und die Staatssymbole sollen angenommen werden. Das kosovarische Parlament muss sich für einen von drei vorliegenden Vorschlägen für die Staatsflagge sowie für einen von zwei Wappenentwürfen entscheiden. Laut dem Leitmedium RTK soll diese Vorgangsweise ein etwaiges Veto Zyperns und Rumäniens gegen die Entsendung der EU-Mission in den Kosovo verhindern. Unklar bleibt, ob das Parlament schon bei der Absichtserklärung eine Einladung an die Europäische Union richten will, ihre Mission in den Kosovo zu entsenden - oder ob dies erst nach der Unabhängigkeitsproklamation geschehen soll. Zu beiden Anlässen wird in Pristina mit großem Jubel und der Anreise Zigtausender KosovoAlbaner gerechnet. Besondere Maßnahmen haben dafür nicht nur Polizei und internationale Schutztruppe KFOR getroffen, sondern auch das Klinikzentrum von Pristina. KFOR und UNPolizei haben ihre Präsenz auch in dem serbisch dominierten Nordkosovo durch 40 zusätzliche Polizisten und 550 zusätzliche italienische Soldaten aufgestockt. Als neuralgischer Punkt gilt die geteilte Stadt Mitrovica, in der es vor knapp vier Jahren zum heftigsten Ausbruch ethnisch motivierter Gewalt gekommen war. Die Befürchtungen, dass die serbische Gemeinschaft im Nordkosovo ihre Trennung und den Anschluss an Serbien verkünden könnte, dürften sich eher nicht bewahrheiten. Viel wahrscheinlicher scheint derzeit die Bildung von Parallelinstitutionen - was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, denkt man an den gewaltfreien Widerstand der Kosovo-Albaner unter Ibrahim Rugova gegen Belgrad. Vertreter der serbischen Minderheit wollen schon am Freitag ein "serbisches Parlament im Kosovo" gründen. Angekündigt haben sie auch den Boykott der künftigen EU-Mission. Die serbische Regierung hat bereits im Jänner einen Aktionsplan angenommen, der bei der Kosovo-Unabhängigkeitserklärung umgesetzt werden soll. Mit Gewissheit kann man davon ausgehen, dass Belgrad in einer ersten Reaktion eine Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats verlangen und den UNMIK-Chef Joachim Rücker auffordern wird, die Entscheidungen des Kosovo-Parlaments entsprechend der Resolution 1244 außer Kraft zu setzen. Diese Sicherheitsrats-Resolution aus dem Jahr 1999 bescheinigt Belgrad die Souveränität über den Kosovo bei einer "substanziellen Autonomie" der Provinz. Nach früheren Ankündigungen offizieller Stellen will Belgrad mit "allen diplomatischen, juridischen und wirtschaftlichen Maßnahmen" gegen die einseitige Unabhängigkeit des Kosovo vorgehen und eine Anerkennung prinzipiell verweigern. Dass Serbien den neuen Staat blockieren wird, steht insofern fest. Welche Schritte Serbien jenen Staaten gegenüber setzen wird, die den Kosovo anerkennen, ist weniger absehbar. Sie dürften aber von Land zu Land unterschiedlich ausfallen und könnten faktisch zu einer Stilllegung der diplomatischen Beziehungen führen. Aus der Serbischen Radikalen Partei (SRS), der stärksten politischen Kraft im Lande, verlauten indes Stimmen, die auch das Einfrieren der wirtschaftlichen Beziehungen mit jenen Staaten fordern. Auch Slowenien könnte - namentlich wegen seiner aktuellen Rolle als EUVorsitzland - neuerlich zum Opfer eines "Warenboykotts" werden, wie dies schon einmal in den späten 1980er Jahren der Fall gewesen war.