Vermerk Fischschutz am Schöpfwerk
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Vermerk Fischschutz am Schöpfwerk
Dipl.-Biol. Wolfgang Schmalz Fischökologische & Limnologische UntersuchungsStelle Südthüringen Studie Methodenstudie bzgl. Fischschutzuntersuchungen HWS Hitzacker Zweite Version für Diskussion (16.09.2010) Auftraggeber: Jeetzeldeichverband über den NLWKN -Betriebsstelle LüneburgAdolph-Kolping-Str. 6 21337 Lüneburg Auftragnehmer: FLUSS – Dipl.-Biol. Wolfgang Schmalz Koppewiese 2 98553 Breitenbach Breitenbach, September 2010 Inhaltsverzeichnis 1. Aufgabenstellung ............................................................................................................ 2 2. Standortspezifische Bedingungen am Schöpfwerk in Hitzacker ...................................... 3 2.1 Hydrologie ...................................................................................................................... 3 2.2 Untersuchungsgebiet und Hydraulik ............................................................................... 4 2.3 Fischarteninventar von Elbe und Jeetzel im Bereich Hitzacker .................................. 6 2.4 Fischschutztechniken ...............................................................................................11 2.4.1 Mechanische Barrieren .............................................................................................11 2.4.2 Verhaltensbarrieren ..................................................................................................14 3. Mögliche Anordnungen der Infraschallscheuchanlagen im Bereich des Schöpfwerks ...21 4. Untersuchungsmethoden...............................................................................................25 4.1 Elektrobefischung .....................................................................................................25 4.2 Netze, Reusen ..........................................................................................................25 4.3 Elektroakustische Untersuchungsmethoden .............................................................25 5. Untersuchungsschwerpunkte.........................................................................................27 6. Andere Technikkombination, Fische abzuhalten ............................................................35 7. Allgemeine Einschätzung ..............................................................................................35 8. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen bzgl. Vorgehensweise ..............................36 9. Zeitplan .........................................................................................................................39 10. Arbeitsaufwand und Kosten ...........................................................................................40 11. Ausblick über offene Fragen ..........................................................................................40 Literatur ................................................................................................................................41 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Luftbild zur Verfügung gestellt von Herrn Warnecke (NLWKN); der eingefügte gelbe Kreis markiert ein Siel der Jeetzel; die blauen Pfeile zeigen die Fließrichtung der Elbe (oben im Bild) und der Jeetzel (unten im Bild) an. Die roten Pfeile zeigen die Fließrichtung im Hochwasserfall, wenn das Schöpfwerk arbeitet und das Siel geschlossen ist. ............................................................... 4 Abbildung 2: Luftbild von Hitzacker und Umgebung mit Elbe und Jeetzel. Die eingetragenen Punkte Elbe 1 bis 19 und Jeetzel 1 kennzeichnen die Befischungsstellen des WRRL-Monitorings............................................................................................ 6 Abbildung 3: Fischarteninventar in der Elbe oberhalb bzw. unterhalb der Jeetzeleinmündung ......................................................................................................................... 7 Abbildung 4: Fischarteninventar in der Jeetzel, erfasst in den Jahren 2001, 2002, 2006 und 2008.................................................................................................................. 8 Abbildung 5: Rechen im Einlaufbereich des Schöpfwerks ....................................................10 Abbildung 6 : Scheuchanlagenreihe vor den Rechenanlagen(Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ......................................................................................................21 Abbildung 7: Mögliche Anordnung zweier Scheuchanlagenreihen (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ............................................................................22 Abbildung 8: Netzwände zum Absperren des Befischungsbereichs, zur Erhöhung der Elektrobefischungseffizienz (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) .........28 Abbildung 9: Mögliche Anordnung einer Reuse zum Fang von Fischen, die die Pumpenkammer verlassen (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ..........30 Abbildung 10: Mögliche Anordnung einer Fangreusentechnik bzw. eines Hamens zur Erfassung passierender Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ............................................................................32 Abbildung 11: Mögliche Anordnung eines Hamens hinter dem Schöpfwerk zur Erfassung passierender Fische (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ....................33 Abbildung 12: Mögliche Anordnung eines Echolotschallkegels zur Erfassung passierender Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ........................................................................................................................34 Abbildung 13: Schematische Darstellung der prinzipiellen Vorgehensweise .........................37 1 1. Aufgabenstellung Am Schöpfwerk in Hitzacker existiert ein Schöpfwerk (Bauzeit 2006-2008), welches im Hochwasserfall Wasser aus der Jeetzel in die Elbe pumpt. Es ist somit Bestandteil des Hochwasserschutzsystems in Hitzacker. Die drei Propellerpumpen des Schöpfwerks haben eine Leistung von jeweils 20 m³/s (insgesamt 60 m³/s). Im Rahmen von Pumpentests wurde festgestellt, dass je nach Jahreszeit unterschiedlich hohe Fischverluste während des Pumpbetriebes entstanden. In Folge dieser Beobachtung wird nach Lösungen gesucht, diese Fischschäden zu reduzieren bzw. zu verhindern. Eine mögliche Fischschutztechnik kann eine akustische Fischscheuchanlage darstellen. Ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördertes Projekt zeigte prinzipielle Tendenzen, dass akustische Fischscheuchanlagen (AFSA) Wirkung zeigen können. Die wirksamsten Frequenzen lagen zwischen 100 und 600 Hz. Niedrigere Frequenzen unter 100 Hz konnten aufgrund der zur Verfügung stehenden Technik nicht generiert werden. Von SCHMALZ (2002b) wurde diskutiert, dass insbesondere von Fischräubern wiedergegebene Signale ein angeborenes Fluchtverhalten der Fische auslösen können. In SONNY et al. (2006) wird ausgeführt, dass bei Fischen allgemein eine sehr gute Wahrnehmung von Infraschall vorhanden ist, da diese Frequenzen bis zu 20 Hz auch von im Wasser bewegten Objekten erzeugt werden. Insofern ist das Orten derartiger Signale für Fische lebensnotwendig, um auf potenzielle, sich im Wasser bewegende Räuber mit Flucht reagieren zu können. In Belgien wird eine akustische Fischscheuchanlagentechnologie angeboten, deren Funktion auf Infraschall basiert. Diese wurde unter anderem im Bereich einer Wasserentnahme eines Kernkraftwerkes untersucht (SONNY et al. 2006). Diese Technologie kann auch in Hitzacker zur Anwendung kommen. Die Effizienz dieser Technologie an diesem speziellen Standort ist nachzuweisen. In der vorliegenden Methodenstudie werden verschiedene Methoden vorgestellt und diskutiert, wie Fischschutztechniken speziell an diesem Standort auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden können. Darüber hinaus werden erste Hinweise gegeben, wo in diesem Zusammenhang Fischbarrieren zu installieren sind. Die Untersuchungen sollen noch in diesem Jahr durchgeführt und abgeschlossen werden. 2 2. Standortspezifische Bedingungen am Schöpfwerk in Hitzacker Das Luftbild (Abb. 2) zeigt die Elbe im Bereich Hitzacker. Von Süden kommend mündet die Jeetzel bei Hitzacker in die Elbe ein. 2.1 Hydrologie In Tabelle 1 sind die Hydrologischen Eckdaten von Jeetzel und Elbe zusammengefasst. Tabelle 1: Hydrologische Eckdaten von Jeetzel und Elbe bei Hitzacker Daten bei Herrn Warnecke angefragt – werden noch ergänzt m³/s Jeetzel bei Hitzacker Elbe bei Hitzacker NQ MNQ MQ 6,32 MHQ 62,9 HQ HQ100: 4290 3 2.2 Untersuchungsgebiet und Hydraulik Hitzacker weist im Stadtkern eine Insel auf. Nördlich davon fließt die Elbe und im Süden die Jeetzel (Abb. 1). Im Hochwasserfall wird das Siel verschlossen (Gelber Kreis, Abb. 1). In diesem Fall muss das Wasser von der Jeetzel in die Elbe gepumpt werden (rote Pfeile, Abb. 1). Dies erfolgt mit 3 Propellerpumpen mit einer jeweiligen maximalen Förderkapazität von 20 m³/s. Die Gesamtleitung des Schöpfwerks beträgt somit 60 m³/s leisten. Wenn die maximale Förderkapazität in Betrieb ist, beträgt die mittlere Strömungsgeschwindigkeit im Bereich des Rechens etwa 0,66 m/s. (errechnet aus: Wassertiefe im Hochwasserfall 5 m; Einlaufbauwerksbreite im Bereich des Rechens 3 m x 6 m durchströmte Fläche 90 m²). Abbildung 1: Luftbild zur Verfügung gestellt von Herrn Warnecke (NLWKN); der eingefügte gelbe Kreis markiert ein Siel der Jeetzel; die blauen Pfeile zeigen die Fließrichtung der Elbe (oben im Bild) und der Jeetzel (unten im Bild) an. Die roten Pfeile zeigen die Fließrichtung im Hochwasserfall, wenn das Schöpfwerk arbeitet und das Siel geschlossen ist. 4 Zu unterscheiden sind in diesem Fall zwei getrennte Situationen, bei welchen Fische eingesaugt werden können: 1. Fische, die sich in der Pumpenkammer aufhalten und beim Start der Pumpen eingesaugt werden. 2. Tiere, die die Jeetzel absteigen und bei verschlossenem Siel nur über die Pumpen die Möglichkeit haben, in die Elbe einzuwandern. In letzterem Fall gibt es verschiedene Gründe für Fische, in das Einlaufbauwerk zu schwimmen wie z. B.: Beim Fischabstieg nehmen Tiere, die in den Bereich vor das Einlaufbauwerk gelangen, den Sog der Pumpen als flussabwärts gerichtete Lockströmung wahr. Diese Individuen wandern dort ein, da dies für sie einen Wanderweg flussabwärts darstellt. Aufstiegswillige Fische werden nicht in den Schöpfwerkeinlaufkanal einwandern, da das Siel im Betriebsfall geschlossen ist. Außerdem orientieren sich aufsteigende Fische in der Regel rheotaktisch gegen die Strömung. Das Einschwimmen in das Einlaufbauwerk würde dem Verhalten beim Aufstieg somit nicht entsprechen, denn dies wäre im Sinne des Fischaufstiegs ein kompletter Richtungswechsel. Fische, die in der Elbe stromauf und gegen die Strömung in den Auslaufkanal in Richtung Pumpen wandern, sind nicht gefährdet, da ihre Schwimmleistung nicht ausreicht, um gegen die starke Pumpenströmung in die Pumpe einzudringen. Ein weiterer Aspekt für einwandernde Fische stellt das Ausweichen vor Gefahren dar wenn sie vor Booten flüchten. Auch jagende Fische oder Vögel wie der Kormoran sorgen für Fischbewegungen im Gewässer. So ist die Flucht der Fische in den überbauten Gewässerbereich der Pumpen gegeben. 5 2.3 Fischarteninventar von Elbe und Jeetzel im Bereich Hitzacker Bezüglich des Fischbestandes in der Jeetzel und in der Elbe wurden Befischungsdaten, die im Rahmen des WRRL-Monitorings zur Erfassung der Fischfauna in Niedersachsen erfasst worden sind, vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz Lebensmittelsicherheit (Dezernat Binnenfischerei) zur Verfügung gestellt. Die befischten Stellen sind in Abbildung 2 zu entnehmen. Abbildung 2: Luftbild von Hitzacker und Umgebung mit Elbe und Jeetzel. Die eingetragenen Punkte Elbe 1 bis 19 und Jeetzel 1 kennzeichnen die Befischungsstellen des WRRL-Monitorings. 6 und Die Befischungen in der Elbe fanden am 29.06.2004 und 30.06.2004 statt. Zu Unterscheiden ist eine Gruppe von Befischungsstellen in der Elbe unterhalb der Jeetzeleinmündung (Nummern 13 bis 19) und oberhalb der Jeetzeleinmündung (Nummern 1 bis 12). An den Befischungsstellen dominierten von insgesamt 18 nachgewiesenen Arten die Arten Aland, Flussbarsch, Plötze und Ukelei (Abb. 3). Relativ häufig vertreten waren die Arten Aal, Blei, Döbel, Gründling und Güster. Abbildung 3: Fischarteninventar in der Elbe oberhalb bzw. unterhalb der Jeetzeleinmündung 7 Von der Jeetzelbefischungsstelle „Jeetzel 1“ (vgl. Abb. 2) liegen Daten von Befischungen in den Jahren 2001, 2002, 2006 und 2008 vor. Im Vergleich zur Elbe konnten dort 22 Arten nachgewiesen werden. In der Jeetzel wurden die Arten Bachneunauge, Bitterling, Dreistachliger Stichling, Moderlieschen und Zope erfasst, die in der Elbe nicht nachgewiesen wurden, während der Zander nur in der Elbe gefangen wurde. Die Fischanzahlen variierten innerhalb der Untersuchungsjahre (Abb. 4). Es dominierten die Arten Flussbarsch, Güster, Plötze und Ukelei. Relativ häufig trat der Hecht auf. Andere Arten wie Aal, Aland, Blei, Döbel und Gründling traten in den verschiedenen Jahren hinsichtlich ihrer Häufigkeit stark schwankend auf. Plötze 09.10.2010 759 Tiere Abbildung 4: Fischarteninventar in der Jeetzel, erfasst in den Jahren 2001, 2002, 2006 und 2008 Hinsichtlich der dominierenden bzw. häufigen Arten ist in der Elbe und der Jeetzel im Untersuchungsgebiet ein vergleichbares Fischarteninventar vorhanden. 8 In diesem speziellen Fall stehen standortspezifisch nicht nur wandernde Fische im Vordergrund, deren Einschwimmen in das Schöpfwerk verhindert werden soll, sondern insbesondere Fische, die sich im Einlaufbereich des Schopfwerks aufhalten bzw. den dort vorhandenen Tiefenbereich teilweise als Wintereinstand nutzen. Beobachtungen belegen, dass beim Pumpentest unmittelbar nach Inbetriebnahme der Pumpen geschädigte Fische in größerer Anzahl gesichtet wurden und diese Menge mit der Zeit bei längerem Pumpenbetrieb stark abnahm. Die Anzahl geschädigter Fische ist jahreszeitlich unterschiedlich zu bewerten. Erste Pumpentests fanden an verschiedenen Terminen zum Teil über mehrere Tage im März 2009 und im März 2010 statt. Zu dieser Jahreszeit waren größere geschädigte Fischmengen unmittelbar nach Inbetriebnahme der Pumpen sichtbar. Weitere Tests an den Pumpen erfolgten von Montag, den 16.08.2010 bis Dienstag, den 17.08.2010. In diesem Rahmen war nur die Pumpe 3 in Betrieb. Im Gegensatz zu den Frühjahrsbeobachtungen wurde im Rahmen der Tests im August nur ein geschädigter Fisch, eine Schleie, nachgewiesen und fotodokumentarisch erfasst. Diese Beobachtung bestätigt die Annahme, dass der Bereich der Pumpen als Winterunterstand genutzt wird. Ziel ist es, Fische, die sich im Pumpenbereich aufhalten, vor Inbetriebnahme der Pumpen zu verscheuchen und anschließend bei Betrieb der Pumpen nachhaltig fernzuhalten. Gleichzeitig sind Fische fernzuhalten, die die Jeetzel absteigen und in die Elbe einwandern wollen. Derzeit existiert ein grober Rechen mit einem Stababstand von 80 m lichter Weite, der Treibgut abhält, damit die Pumpen nicht verblocken bzw. geschädigt werden (Abb. 5). Dieser Rechen ist auch für große Fische kein wirksamer Schutz. Die Rechenfläche beträgt etwa 90 m². 9 Abbildung 5: Rechen im Einlaufbereich des Schöpfwerks 10 2.4 Fischschutztechniken Um Fischschäden zu verhindern, wurden und werden verschiedene Methoden zum Schutz der Tiere untersucht und mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt (DVWK 1997; HOLZNER 1999). Prinzipiell sollen sie das Einschwimmen der Fische in gefährliche Bereiche wie Turbineneinläufe und Pumpen vermeiden. Es gibt Versuche mit mechanischen, optischen, elektrischen und akustischen Fischbarrieren und mit Kombinationen mehrerer Techniken (HOLZNER 1999). Möglichst viele Fischarten und Altersstufen sollen mit der jeweiligen Technik geschützt und in Richtung einer Fischabstiegsanlage geleitet werden. Einen Überblick über die verschiedenen Barrieretypen sowie entsprechende Details sind in ATV-DVKK (2004) enthalten. Die wichtigsten Aspekte sind in den folgenden Ausführungen kurz zusammengefasst. 2.4.1 Mechanische Barrieren Unter mechanischen Barrieren versteht man Rechensysteme und davon abgewandelte Konstruktionen, die im Einzelnen unten genannt werden. Je stärker die hydraulische Störung wie Turbulenzen an der mechanischen Barriere ist, desto besser wird das Hindernis von einwandernden Fischen wahrgenommen. Dabei ist die Reaktion der Fische weitgehend unabhängig vom Winkel der Barriere. Falls es die Schwimmleistung der Fische ermöglicht, schwimmen sie vor dem Hindernis gegen die Strömung an. Bei niedrigen Anströmgeschwindigkeiten führen sie Suchbewegungen aus, um einen alternativen Weg zu finden. Aale reagieren anders als andere Fischarten. Sie kollidieren mit der mechanischen Barriere, stoßen sich ab und fliehen gegen die Strömung vom Hindernis weg. Bei Überschreitung der zulässigen Anströmgeschwindigkeiten verliert die Barriere bei annähernd senkrechter und rechtwinkliger Anordnung zur Strömung ihre Wirkung. Diese maximalen Anströmgeschwindigkeiten variieren je nach Fischart und Altersstadium zwischen 0,15 und 0,6 m/s. Aale profitieren von flach geneigten Rechen, wenn die lichte Weite der Rechenstäbe gering genug ist. Bei zu großen Stababständen passieren sie den Rechen jedoch aktiv, indem sie sich zwischen den Stäben hindurchzwängen. An schräg zur Anströmung ausgerichteten Rechen driften die Fische an der Barriere entlang. Dadurch können Bypässe zuverlässig gefunden werden. 11 Typen mechanischer Barrieren und Kurzeinschätzung Louver Artspezifische Verhaltensreaktion (Salmoniden) Hohe hydraulische Verluste Probleme bei der Reinigung Keine Leitwirkung auf Aale Tauchwände Einsetzbar gegen Treibgut und zur Abweisung oberflächennah wandernde Fische wie Salmonidensmolts Artspezifisch Kettenvorhänge Langsame Anströmung notwendig Geringe Effizienz im Freiland Technische Probleme, insbesondere bei Treibgut Wedge-Wire-Screen Geringer lichter Stababstand, dadurch hohe Abweisraten auch bei Fischbrut Glatte Oberfläche reduziert das Verletzungsrisiko (auch bei Aalen) Geringe Eigenstabilität Höhere hydraulische Verluste als bei einem konventionellen Rechen Höhere Kosten für Reinigungstechnik Probleme bei Vereisung Weitere stationäre Abschirmungen (stationary screens): Lochbleche Drahtgewebe Gitter Diese Techniken sind nur für geschwemmselarme Gewässer geeignet. 12 Umlaufende Abschirmung (traveling screens) Leichte Selbstreinigung Bei hoher Anströmgeschwindigkeit werden die Fische angepresst Gefahr des Erstickens von Fischen Schuppenverluste und Abschürfungen können vorkommen Reinigung mit Hochdruckdüsen schädigt die Fischbrut Mortalitätsraten bei angepressten Fischen von bis zu 100% Verminderung der Schäden ist durch integrierte Transporttröge möglich Trommelsiebe (drum screens) Sind sehr wartungsintensiv Maschenweite ist von der Zielart abhängig, auf diese Weise Abweisraten von bis zu 100% möglich Anpressen von Jungfischen und ihre Mortalität ist von der Anströmgeschwindigkeit abhängig Kiesbettfilter Schützen alle Stadien von Fischen, sogar Planktonorganismen Erhöhter hydraulischer Widerstand Große Flächen werden benötigt Wasserentnahme erfolgt durch Drainagen Käfigfilter Aus Drahtgeflecht, Lochblechen oder Wedge-Wire-Screens Verstopfen durch Sedimente Überwachsen mit Algen und anderem Aufwuchs Wedge-Wire-Screen-Flächen weisen geringere Verstopfungsanfälligkeit auf Rückspülung ist die effizienteste Reinigungsmethode Absperrnetze Nicht für Dauerbetrieb geeignet Hohe Abweisraten bei geringer Maschenweite Um im vorliegenden Fall für Hitzacker geeignete mechanische Barrieren zum Schutz der Fische zu installieren, müssten Rechen mit deutlich unter 20 mm lichtem Stababstand zum 13 Einsatz kommen. Durch das Längen-Breitenverhältnis vieler Fischarten, können selbst 20 cm lange Fische einen 20 mm-Rechen passieren. Die hohen Wartungskosten und durch den hohen Geschwemmselanfall bei Hochwassersituationen, sind entsprechende Feinrechen weitgehend ungeeignet für den hier vorliegenden Standort. 2.4.2 Verhaltensbarrieren 2.4.2.1 Wasserstrahlvorhänge Bis 75% Ableitung der Fische möglich Düsen neigen zur Verstopfung. Daraus resultiert ein hoher Wartungsaufwand. Hoher Wasser- und Energiebedarf 2.4.2.2 Luftblasenvorhänge Geringe Funktionsfähigkeit und Gewöhnung Ist auf geringe Strömungsgeschwindigkeiten beschränkt 2.4.2.3 Elektrische Scheuchanlagen Die Wirkung der Anlagen beruht auf Galvanotaxis. Dabei weist der Wirkungsbereich der Kathode Scheuchwirkung auf, während der Wirkungsbereich der Anode die Fische anzieht. Im Nahbereich von Anode und Kathode wird der Fisch narkotisiert (Galvanonarkose). Die Fische dürfen im Fall von Scheuchanlagen nicht in den narkotisierenden Nahbereich gelangen, da sie sonst betäubt und reaktionsunfähig mit der Strömung zur Gefahrenquelle treiben. Die Wirkung elektrischer Fischscheuchanlagen ist abhängig von der Leitfähigkeit, der Fischart und –größe. Um eine mögliche Gewöhnung zu vermeiden, kommen zufallsgesteuerte Impulsraten zum Einsatz. Abwandernde Fische (diadrome Arten) reagieren generell schlecht auf Verhaltensbarrieren, wenn keine optimal angeordnete Abwanderalternative angeboten wird. Elektrische Felder lösen keine gerichteten Bewegungen, sondern radial von den Elektroden wegführende Fluchtreaktionen aus. Dadurch war eine Leitung in Abstiegsanlagen bisher nicht möglich. 14 Noch liegen keine konkreten Untersuchungen zur Funktionsfähigkeit im Bereich Wasserentnahmebauwerken vor. Intensive Wartung und Personenschutz sind notwendig. 2.4.2.4 Optische Scheuchanlagen Die Reaktion der Fischarten ist hinsichtlich verschiedener Wellenlängen artspezifisch. Fische reagieren sowohl negativ als auch positiv fototaktisch. Dies hat Lock- und Scheuchwirkung von Licht zur Folge. Smolts Atlantischer Lachse wurden durch Lampen angelockt, mieden aber den Nahbereich der Lampen. Mit Hilfe von künstlichem Licht kann die Wirksamkeit von Abwanderbypässen um das 3- bis 8-fache erhöht werden. Zum Schutz negativ fototaktischer Arten können Glüh-, Quecksilberdampf- und Fluoreszenzlampen verwendet werden. Die Effizienz wird durch Positionierung, Leuchtdauer und Lichtintensität der Lampen bestimmt. Beim Einsatz von Stroboskoplampen konnte nachgewiesen werden, dass Aale das weiße Stroboskoplicht einer Xenon-Lampe zuverlässig mieden. Lichtquellen sind auf die jeweiligen Arten abzustimmen und sind somit artspezifisch. 15 2.4.2.5 Akustische Scheuchanlagen Das Hörvermögen verschiedener Fischarten bzw. -gruppen ist prinzipiell unterschiedlich. Hörspezialisten mit Verbindungen zwischen Schwimmblase und Innenohr können sehr gut hören (z.B. Cyprinidae, Siluridae), während Nichtspezialisten mit Schwimmblase aber ohne Verbindung zum Innenohr nur mäßig empfindlich sind (z.B. Lachse, Barsche). Arten ohne Schwimmblase weisen eine schlechte Wahrnehmungsfähigkeit für Schall auf. Weitere Details zur Schallwahrnehmung von Fischen folgen unten. Typen akustischer Verhaltensbarrieren und Kurzeinschätzung Sound Projector Array (SPA) Dabei handelt es sich um Unterwasserlautsprecher, die ein diffuses Schallfeld erzeugen. Eine Mischung verschiedener Frequenzen wird dabei eingesetzt (20-500 Hz). Wirkung ist artspezifisch: 56-98 % (höchste Wirksamkeit beim Hering). Vergleichbar mit dieser Technik waren Untersuchungen an einer elektroakustischen Anlage (100 – 600 Hz) unter Labor- und Freilandbedingungen (SCHMALZ 2002b). Bei ihr stellte sich weiterer Untersuchungsbedarf heraus, um die Effizienz zu steigern. Bio-Acoustic Fish Fence (BAFF) Zu der oben genannten SPA-Technik mit einem Frequenzspektrum von 20-500 Hz wird zusätzlich ein Luftblasenschirm eingebaut. Dieser sorgt durch akustische Reflexionen für räumliche Begrenzung. Dieser ist, wie der Luftblasenvorhang, nur bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten einsetzbar und weist einen hohen Wartungsaufwand auf. Wirkung: 74-88 %. Teilweise konnte durch Schall keine Scheuchwirkung erzielt werden. Es stellte sich heraus, dass niederfrequente Geräusche eine große Scheuchwirkung besitzen. Popper Darunter versteht man Knallgasexplosionen, kurze Stöße mit Pressluft bzw. andere Knalltöne. Deutlicher Scheucheffekt vorhanden Maximale Distanz der Fische: 15m Nicht alle Arten reagieren gleich gut Wegen Verschleiß ergeben sich Probleme im Dauerbetrieb; aufwändige Wartung Zweifel an der Funktionsfähigkeit konnten nicht ausgeräumt werden 16 2.4.2.6 Chemische Barrieren Enorme Mengen an Chemikalien wären nötig Abbaubarkeit und Umweltverträglichkeit stellen weitere Probleme dar Nur theoretisch möglich in der Praxis nicht einsetzbar 2.4.2.7 Hybrid-Verhaltensbarrieren Darunter versteht man die Kombination verschiedener Systeme wie bspw.: Luftblasen- oder Kettenvorhänge und Stroboskoplicht Stroboskop-Lichterketten und Quecksilberdampflampen Rechen oder Louver und Quecksilberdampflampen Fehlende Untersuchungen solcher Kombinationen, ob die Wirksamkeit steigt lässt sich nicht beurteilen In letzter Zeit werden oft Kombinationen von elektrischen und akustischen Scheuchanlagen im Bereich von Wasserentnahmebauwerken anvisiert. 2.4.2.8 Fischsammelsysteme Dabei werden die Fische mechanisch aus dem Gefahrenbereich entfernt. In der Regel sind hier wieder mechanische Barrieren Voraussetzung, um Fische in hoher Dichte zu konzentrieren. Verschiedene Typen werden unterschieden wie bspw. Fischpumpen, vertikal umlaufende Schirme mit Trögen oder auch Sammelnetze. 17 Aus der hier dargestellten Zusammenfassung von Technologien wird deutlich, dass eine serienmäßige Barriere mit höchster artunspezifischer Effizienz und geringem Wartungsaufwand mit dem Wissenstand von 2004 nicht existiert. Bzgl. der akustischen Scheuchanlagen ergaben sich mittlerweile neue Erkenntnisse. Wie oben erwähnt (Kap. 2.4.2.5), weisen insbesondere niedrige Frequenzen hohe Scheuchwirkung auf. Dies ist aufgrund der Biologie der Fische erklärbar. Von 2008 bis 2009 erfolgten Untersuchungen an einer Infraschallscheuchanlage im Bereich eines Kühlwasserentnahmebauwerks eines Kernkraftwerks (SCHMALZ 2010). Diese Technik erreichte dabei eine hohe Effizienz, wie auch im Rahmen von Untersuchungen in Belgien und Norwegen nachgewiesen werden konnte (SONNY et al. 2006). Aufgrund des Standes der Wissenschaft und Technik, stellt die Infraschallscheuchanlage für den hier vorliegenden Standort eine zielführende Verhaltensbarriere dar. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung akustischer Scheuchanlagen sind folgende Bedingungen: 1. Möglichst alle Fischarten müssen die entsprechenden Reize wahrnehmen können dies ist gegeben, da die Fische diese Art der Infraschallakustik überwiegend in Form Strömung wahrnehmen. 2. Wenn sie die Signale wahrgenommen haben, müssen diese abschreckend für die Tiere wirken und deren Flucht bzw. Ausweichbewegung veranlassen da diese Signale auch von potentiellen Räubern abgegeben werden, ist mit einer Fluchtreaktion zu rechnen. 3. Die Tiere dürfen sich nicht an die Scheuchreize gewöhnen Gewöhnungseffekte an Räubersignale enden in der Natur oft tödlich. Nach SONNY et al. (2006), waren keine Gewöhnungseffekte vorhanden. 4. Die Fische müssen ausreichend Zeit haben, auf die negativen Signale zu reagieren, damit sie sich aus dem Gefahrenbereich erfolgreich entfernen können die Anströmgeschwindigkeiten und die Schwimmleistung der Fische spielen hier eine wesentliche Rolle. 5. Den Fischen müssen alternative Fluchtrichtungen angeboten werden hier könnte es bei längerem Betrieb in Hitzacker Probleme geben, da das Jeetzelwasser komplett durch die Pumpen des Schöpfwerks geführt wird und eine Wanderalternative flussabwärts in die Elbe fehlt. 18 Fischbiologische Grundlagen bzgl. akustischer Fischscheuchanlagen Zum grundsätzlichen Verständnis werden hier die Prinzipien des Hörens bei Fischen aus SCHMALZ (2002b) wiedergegeben. „Grundlage für die Erforschung akustischer Scheuchreize ist die Kenntnis der Schallausbreitung in Wasser und des Schallwahrnehmungsvermögens der Fische, welches artspezifisch ist. Schallwellen werden im Wasser als Druckschwankungen weitergeleitet, da das umliegende Wasser von den Vibrationen der Schallquelle verdünnt bzw. verdichtet wird (BONE & MARSHALL 1985). Dabei ist die Größe der Druckänderung, hervorgerufen durch die Wasserverdrängung, umgekehrt proportional zur Frequenz und die Stärke der Druckschwankungen nimmt mit der zweiten Potenz des Abstandes zur Schallquelle ab. Der Flüssigkeitsschall wird bei Fischen mit dem Tast- und dem Gehörsinn wahrgenommen (FREY 1972; BONE & MARSHALL 1985): Da sich viele Fische zumindest zeitweise unter lichtschwachen Bedingungen orientieren müssen, ist der Tastsinn sehr gut entwickelt. Die meisten Fische besitzen ein Seitenliniensystem (Linea lateralis L.), um Nahfelderschütterungen wahrzunehmen. In einem Kanal unter der Haut, der mit Schleim gefüllt ist, befinden sich Taststäbchen (Neuromasten). Der Kontakt zur Umwelt wird durch Löcher in den Schuppen ermöglicht. Die Neuromasten reagieren auf niedrige Frequenzen (hohe Wellenlänge) bis etwa 200 Hz ( ≙ Wellenlänge von 7,5 m) und sind sehr empfindlich. Fische sind somit in der Lage, feinste Wasserströmungen wahrzunehmen, die z. B. bei der Annäherung des Tieres an feste Gegenstände entstehen. Auch Bewegungen von Beutetieren können erfasst werden. Nahfeldeffekte, welche mit der dritten Potenz des Abstandes von der Quelle abnehmen, werden von den meisten Fischen bis zu einem Meter Entfernung von der Vibrationsquelle wahrgenommen. Für den Ferntastsinn befinden sich überall am Körper wimpernartige Ausbildungen von Nervenfaserendungen, die aus der Oberhaut herausragen. Fische registrieren mit deren Hilfe Berührungs- und Erschütterungsreize. Diese Art der Wahrnehmung gewinnt mit größeren Abständen und höheren Frequenzen zunehmend an Bedeutung. Für die Erfassung höherer Frequenzen besitzen Fische zusätzlich ein Innenohr. Es enthält die Bogengänge des Labyrinth-Organs mit speziellen Sinneshaaren mit aufgelagerten Otolithen (Ohrsteinchen). Letztere dienen dem Gleichgewichtssinn. Einige Teleosteer (Knochenfische) besitzen eine Verbindung des Innenohrs zu gasgefüllten Räumen wie der Schwimmblase. Bei Ostariophysen, dazu gehören Welse (Siluridae) und Karpfenfische (Cyprinidae) wird der Kontakt zwischen Schwimmblase und Innenohr durch die sogenannten „Weberschen Knöchelchen“ hergestellt. Bei Heringen (Clupeidae) dienen hierfür kleine 19 Kanäle. Bei einigen anderen Fischarten existieren speziell ausgebildete Gehörblasen, sogenannte Bullae, im Gehörorgan. Das Prinzip ist dabei identisch. Druckschwankungen, wie sie vom Schall im Wasser erzeugt werden, setzen sich im Fisch fort. Die Folge ist eine Volumenänderung der Schwimmblase bzw. der Bullae, da Gase kompressibler als Wasser sind. Über die Verbindung zwischen den gasgefüllten Blasen und dem Labyrinth wird die Bewegung der Blasenaußenhaut bei Volumenänderungen weitergeleitet. Als Folge wird die Endolymphe des Labyrinths bewegt und somit die Rezeptoren über die Sinneshaare gereizt. Fische, die über diese Art von Druckwandlungsmechanismus verfügen, können höhere Frequenzen wahrnehmen. Die einheimischen Ostariophysen können Signale bis zu einer Obergrenze von ca. 7.000 Hz wahrnehmen und werden somit den Hörspezialisten zugeordnet. Nicht nur die Frequenz, sondern auch der Schalldruckpegel spielt bei der akustischen Wahrnehmung eine Rolle. Der Lebensraum „Fließgewässer“ ist relativ laut, so dass die Gehörempfindlichkeit der Fische oberhalb des Geräuschpegels ihrer Gewässer liegen kann, wie an Grundeln (Padogobius martensii, Gobius nigricans) gezeigt wurde (LUGLI 2001). Der Schalldruckpegel L bezieht sich auf einen Referenzpegel und wird in der Akustik als logarithmisches Größenverhältnis angegeben, welches wie folgt definiert ist: L 10 lg I p 20 lg I0 po I I0 p p0 Schallintensität Referenzschallintensität Schalldruck Referenzschalldruckpegel In der Hydroakustik wird der Schalldruckpegel in dB (Dezibel) auf den Referenzwert von 1 µPa (Mikropascal) bei einem Meter Abstand von der Schallquelle bezogen. Für die akustische Fischscheuchung werden hochfrequente und niederfrequente Scheuchsignale eingesetzt. Heringsfischarten registrieren unter anderem auch hochfrequente Signale (über 100.000 Hz), welche Resonanzerscheinungen in der Schwimmblase hervorrufen. Die Tiere reagieren darauf mit Flucht. Auf diesem Wissen basierend wurde in den USA eine wirksame hochfrequente Scheuchanlage, die auf diese Arten anwendbar ist, entwickelt.“ 20 3. Mögliche Anordnungen der Infraschallscheuchanlagen im Bereich des Schöpfwerks Ziel ist es, die Fische im Hochwasserfall von den Pumpen fernzuhalten. Die in der Pumpenkammer befindlichen Fische müssen vor dem Pumpenbetrieb die Kammer verlassen haben, um keine Schädigung zu erleiden. Möglichkeiten des Fischschutzes: 1. Eine Scheuchanlagenreihe vor den Pumpenkammern scheucht Fische heraus und hält nachhaltig die Fische ab (Abb. 6). In diesem Fall würde nur eine Scheuchanlagenreihe ausreichend sein. Scheuchanlagenreihe Abbildung 6 : Scheuchanlagenreihe vor den Rechenanlagen(Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) 21 2. Die erste Scheuchanlagenreihe direkt vor den Rechenanlagen scheucht Fische nur heraus und hält diese aufgrund hoher Strömungsgeschwindigkeiten beim Pumpenbetrieb von bis zu 0,66 m/s nicht nachhaltig ab. In diesem Fall ist eine 2. Scheuchanlagenreihe zu installieren (Abb. 7). Scheuchanlagenreihe 1 Scheuchanlagenreihe 2 Abbildung 7: Mögliche Anordnung zweier Scheuchanlagenreihen (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) 3. Scheuchanlagenreihe 1 scheucht die Fische nicht heraus. In diesem Fall muss die Lage der Scheuchanlage in das Gebäude hinein verlegt werden oder das Einschwimmen der Fische in die Pumpenkammern mechanisch verhindert werden. 4. Möglicherweise reicht der Schall der Pumpen für die Fischscheuchung aus und ersetzt bei langsamem Anfahren die Scheuchanlagenreihe 1. 5. Möglicherweise reicht der Schall der Pumpen für die Fischscheuchung aus und ersetzt bei langsamem Anfahren die Scheuchanlagenreihe 1. Sollte der Schall und die Vibrationen weit genug reichen entfallen möglicherweise alle Scheuchanlagen. 22 Benötigte Anzahl von Infraschallscheuchanlagen-Einheiten für die Effizienzuntersuchungen Versuch 1: Die Fischscheuchanlage muss vor dem Einschalten der Pumpen die Fische aus dem Gefahrenbereich verscheuchen. Gehen die Pumpen dann in Betrieb, werden aus dem unmittelbaren Ansaugbereich keine Fische angesaugt und geschädigt. Bei weiter anhaltendem Betrieb müssen die Fische, die sich dem Einlaufbauwerk aus der Jeetzel nähern, davon abgehalten werden, in den Gefahrenbereich zu schwimmen. Die Untersuchung, ob sich Fische mit Infraschall aus der Pumpenkammer scheuchen lassen kann mit einer Scheuchanlageneinheit untersucht werden, die direkt vor dem Rechen vor einer Pumpe platziert wird. Bedarf Versuch 1: eine Scheuchanlageneinheit. Untersuchungsbedingung: Pumpen sind nicht in Betrieb. Versuch 2: Anschließend ist zu überprüfen, ob diese direkt vor dem Einlauf des Schöpfwerks installierte Scheuchanlagentechnik ausreicht, um ein Einwandern weiterer Fische beim Betrieb aus der Jeetzel zu verhindern, da dann dort rechnerisch relativ hohe mittlere Strömungsgeschwindigkeiten von 0,66 m/s anliegen. Bedarf Versuch 2: drei Scheuchanlageneinheiten – je eine vor einem Rechen der jeweiligen Pumpen (vgl. Abb. 6). Untersuchungsbedingung: Alle drei Pumpen sind in Betrieb. Liefert Versuch 2 keine ausreichend guten Ergebnisse, wird Versuch 3 gestartet. Optional Versuch 3: In diesen Fall wird eine Scheuchanlagenreihe im vorderen Bereich des Einlaufbauwerks installiert, wo die seitlichen Flügelwände beginnen. Dort ist die Strömungsgeschwindigkeit aufgrund des größeren Querschnittprofiles etwa um die Hälfte reduziert (Scheuchanlagenreihe 2, vgl. Abb.7). Da nach neueren Erkenntnissen alle 12 m ein Infraschallwandler benötigt wird, um einen ausreichend hohen Schalldruck aufzubauen, sind 4 Schallwandler in jenem Bereich notwendig. Bedarf Versuch 3: vier Scheuchanlageneinheiten. Untersuchungsbedingung: Alle drei Pumpen sind in Betrieb. 23 Für Aussagen, ob Fische aus der Jeetzel bei Schöpfwerkbetrieb von den Scheuchanlagen abgehalten werden können, ist nur bei einem Pumpenbetrieb möglich (dies betrifft die Versuche 2 und 3). Da bei Hochwasser das Siel der Jeetzel verschlossen wird, wird das komplette Wasser der Jeetzel mit den Pumpen in die Elbe gepumpt. Alle in der Jeetzel absteigenden Fische müssen dann vor der Passage des Pumpenhauses ferngehalten werden. Hier sei angemerkt, dass in der Regel die Effizienz von Scheuchanlagen abnimmt, wenn keine Wanderalternative für den weiteren Abstieg existiert (siehe Kap. 2). 24 4. Untersuchungsmethoden Für verschiedene Fragestellungen kommen unterschiedliche Techniken zum Einsatz. 4.1 Elektrobefischung Diese Technik wird in flachem Wasser watend und im tieferen Wasser per Boot eingesetzt, um die Fischfauna in bestimmten Untersuchungsstrecken qualitativ und quantitativ zu erfassen. Dabei bewegen sich die Fische auf die Fanganode zu. In der Nähe der Fanganode werden die Fische kurz betäubt. Sie können dann entnommen werden. Anschließend erfolgt Artbestimmung und Größenerfassung. Danach werden die Fische wieder ins Ursprungsgewässer entlassen. 4.2 Netze, Reusen Mit Netzen können gegebenenfalls Strecken abgesperrt werden, die elektrisch befischt werden sollen. Dies erhöht die Effizienz der oben genannten Methode. Es ist auch möglich, Reusen zu stellen, um im Gewässer Fischarten zu erfassen. Dies erfolgt in der Regel in Standgewässern ergänzend zur Elektrobefischung. Mit Hamenkuttern werden die Fischbestände in großen Flüssen wie der Elbe ergänzend zur Elektrobefischung untersucht. Oft werden Reusen oder Hamen eingesetzt, um Fischbewegungen im Gewässer zu kontrollieren. 4.3 Elektroakustische Untersuchungsmethoden Hier sind zwei Methoden zu unterscheiden. a) Echolotuntersuchung mit horizontaler Split-Beam-Technologie: Mit dieser Technik kann nachgewiesen werden, in welcher Wassertiefe bzw. Entfernung sich Fische aufhalten. Auch deren Bewegungsrichtung und Größe, letzteres anhand der Echostärke, können dargestellt werden. Es kann jedoch nicht nachgewiesen werden, um welche Fischart es sich handelt. Um hier Aussagen treffen zu können, müssen parallele Fischbestandserhebungen bspw. per Elektrobefischung oder Reusenfang erfolgen, wenn Aussagen über die Artzusammensetzung der Fische getroffen werden sollen, die mit dem Echolot erfasst wurden. Ein derartiges Gerät steht Herrn Dr. Sonny (ProFish-Technology) für Untersuchungen zur Verfügung. Im Anschluss an die Freilandarbeiten ist ein relativ großer Aufwand der Datenbearbeitung notwendig. Bei dieser Technik gibt es Einschränkungen beim Nachweis von Fischen in der Pumpenkammer, da es Echoprobleme an den 25 Betonwänden des Pumpeneinlaufs gibt. In diesem speziellen Fall ist das DIDSON besser geeignet. b) Mit einem speziellen Hochleistungs-Sonar, dem so genannten DIDSON (DUAL FREQUENCY IDENTIFICATION SONAR) wird neben der Bewegung auch die Form der Fische dargestellt. Diese Technologie wird daher auch als „akustische Kamera“ bezeichnet, die relativ klare Bilder selbst bei trübem Wasser liefert. Auch hier können bei Bedarf parallel Elektrobefischungen durchgeführt werden, um die erfassten Fischumrisse mit den Fischfangdaten abzugleichen. Einschränkungen: Beide elektroakustischen Geräte können keine Fische erfassen, die hinter den Bauteilen der Pumpen oder in anderen schlecht einsehbaren Bereichen in der Pumpenkammer stehen. Während das Echolotgerät auch sehr kleine Fische erfassen kann, wenn nicht allzuviel Geschwemmsel die Daten verfälscht, ist das DIDSON nur für Fische über 5 cm einsetzbar. 26 5. Untersuchungsschwerpunkte 1. Erfassung des Fischbestandes vor dem Einlaufbauwerk, zur Klärung welche Fischarten im unmittelbaren Bereich des Schöpfwerks gefährdet sind. Dies wiederum gibt Aufschluss, welche Arten und Größenklassen die Scheuchanlage effizient verscheuchen muss. Örtlich zu unterscheiden sind: a. Fische, die sich im Pumpenhaus aufhalten b. Im unmittelbaren Einlaufbereich befindliche Tiere direkt vor dem Schöpfwerk c. Fischarteninventar der Jeetzel 2. Untersuchungen, ob die Fische sich mit geeigneten Techniken vom Schöpfwerk fernhalten lassen. Hier sind verschiedene Betriebszustände zu unterscheiden: a. Direkt beim Anfahren des Schöpfwerks b. Bei länger anhaltendem Betrieb c. Falls notwendig bei ruhendem Schöpfwerk In den folgenden Ausführungen wird dargestellt, welche Untersuchungsschwerpunkte mit welchen Methoden aus Kapitel 4 bearbeitbar sind. Zu 1 a) Erfassung der Fische (Arten und Größe), die sich im Pumpenhaus aufhalten Da es keine Revisionsschächte gibt, die es ermöglichen in die Pumpenkammer und somit zwischen Rechen und Pumpe zu gelangen, ist die Erfassung des Fischbestandes im Pumpenhaus ausschließlich mit elektroakustischen Methoden und hier wiederum nur mit dem DIDSON möglich. Kleine Tiere unter 5 cm sind jedoch nicht erfassbar. Zu 1 b) Erfassung der Fische (Arten und Größe) im unmittelbaren Einlaufbereich direkt vor dem Schöpfwerk Dies kann durch eine Elektrobefischung per Boot durchgeführt werden. Die Effizienz der Befischung lässt sich in diesem Bereich deutlich erhöhen, wenn vor dem Rechen und am oberwasserseitigen Einlaufbauwerksquerschnitt Netze mit 6 bis 8 mm Maschenweite gespannt werden (Abb. 8). Gewichte an der unteren Netzleine sorgen dafür, dass das Netz am Gewässerboden aufliegt, während Schwimmer die obere Leine auf Wasseroberflächenniveau halten. Da diese Untersuchung bei ausgeschalteten Pumpen erfolgt, ist dort keine Wasserströmung vorhanden, welche die Netze wegdriften lassen würde. 27 Abbildung 8: Netzwände zum Absperren des Befischungsbereichs, zur Erhöhung der Elektrobefischungseffizienz (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) Zu 1 c) Erfassung das Fischarteninventars (Arten und Größe) der Jeetzel Da insbesondere flussabwärts wandernde Fische beim Schöpfwerkbetrieb zu erwarten sind, sind Kenntnisse über die Fischfauna in der Jeetzel flussaufwärts erforderlich. Zur Erfassung der Fischfauna in der Jeetzel, ist methodisch vergleichend zu befischen wie im Rahmen des WRRL-Monitorings. Da entsprechend Kapitel 1 Kenntnisse aus Untersuchungen der Jeetzel in den Jahren 2001, 2002, 2006 und 2008, sowie Erhebungen der Fischbestände in der Elbe aus dem Jahr 2004 vorliegen, sind hier keine grundlegenden zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten, vorausgesetzt, dass zwischenzeitlich keine Havarien, enorm gestiegener Prädatordruck oder ähnliches die Fischfauna erheblich verändert haben. 28 Zu 2 a) Untersuchungen, ob die Fische sich vom Schöpfwerk direkt beim Anfahren des Schöpfwerks aus der Pumpenkammer scheuchen lassen. Hierbei sind zwei Scheuchmethoden zu nennen, deren Wirkung zu untersuchen ist. Scheuchwirkung durch die Pumpen selbst, die bei einem programmierten sehr langsamen Start anhand ihrer Geräusche und Vibrationen die Fische verscheuchen können. Infraschall-Scheuchanlage, welche die Fische aus der Pumpenkammer treibt. Hier ist zu klären ob die Scheuchanlage in der Lage ist, die Fische aus der Pumpenkammer zu scheuchen, wenn diese vor dem Rechen außerhalb des Gebäudes angebracht wird (Scheuchanlagenreihe 1; Abb. 7). Dort ist sie relativ weit von der Pumpenkammer entfernt. Überschläglich ermittelt beträgt die Distanz rund 14 m. Die Stärke der Signale können bis dorthin deutlich abgenommen haben, falls sie nicht durch Reflexionen an den Betonwänden im Zulauf zu den Kammern mit nur reduzierter Abschwächung weitergeleitet werden. Es ist zweckmäßig, die Scheuchanlage intervallartig aus- und anzuschalten, um den Fischen die Flucht an der kurzzeitig ausgeschalteten Scheuchanlage vorbei zu ermöglichen. Anderenfalls wäre ein Sackgasseneffekt die Folge. Verschiedene Untersuchungsmethoden können zum Einsatz kommen Netzfangtechniken: Indem vor einem Einlaufbauberk eine Reuse mit einer passenden Öffnungsweite von 6 m x 4 m (Breite x Höhe) oder eine Flügelreuse (Flügelhöhe 4m, Spannweite 6 m) mit einer Maschenweite von 8 mm gespannt wird, können alle Fische gefangen werden, die das Einlaufbauwerk fluchtartig verlassen (Abb. 9). Voraussetzung ist, dass die Fangtechnik den kompletten Querschnitt des Einlaufbauwerks überspannt, um alle flüchtenden Fische zu erfassen. 29 Abbildung 9: Mögliche Anordnung einer Reuse zum Fang von Fischen, die die Pumpenkammer verlassen (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) Bei dieser Technik ist der Vorteil, dass die Arten und Fischgrößen nach der Reusenleerung exakt erfasst werden können. Da ohne Pumpenbetrieb bzw. bei sehr langsamem Pumpenlauf kaum Strömung vorhanden ist, lassen sich derartige Netze unkompliziert einsetzen und leeren. Bei den eingesetzten Netzen ist knotenloses Netzmaterial einzusetzen, um Schürfverletzungen an den Fischen durch das Material zu vermeiden. Die entnommenen Fische werden auf Art bestimmt und ihre jeweilige Gesamtlänge erfasst. In einem repräsentativen Umfang werden zusätzlich Gewicht und Breite einzelner Individuen ermittelt. Parallel mit den Fischfängen werden relevante Umweltparameter wie verschiedene Wasserwerte (Temperatur, Leitfähigkeit, Sauerstoffgehalt, pH-Wert) sowie Abflussmengen der Jeetzel, etc. erfasst. Dies ist notwendig, da diese schwankenden Umweltbedingungen ihrerseits einen Einfluss auf die gefangenen Fischmengen haben. Einschränkung: Es kann zwar beantwortet werden, dass die gefangenen Fischmengen auf Fluchtbewegungen zurückzuführen sind. Ob noch Fische unter dem Gebäude verblieben sind, kann nicht beantwortet werden. 30 Elektroakustische Methoden: Insbesondere das DIDSON ist hier geeignet, die Fische und deren Bewegungen innerhalb der Pumpenkammer aufzuzeichnen. Einschränkungen: Elektroakustische Geräte können keine Fische erfassen, die hinter den Bauteilen der Pumpen oder in anderen schlecht einsehbaren Bereichen in der Pumpenkammer stehen. Das DIDSON ist nur für Fische über 5 cm einsetzbar. Da es keinen Revisionsschacht gibt, kann das DIDSON entweder nur vor dem Rechen positioniert werden oder durch einen etwa 10 cm breiten Spalt hinter dem Rechen hindurch. Da bei etwa 14 m Sichttiefe des Gerätes die Aufzeichnungsgrenze am Ende der Pumpenkammer erreicht ist, wird in dem hintersten Bereich die Datenerfassung schwierig sein. Kombination beider Methoden Während das DIDSON die Fische in der Pumpenkammer und deren Schwimmrichtungen erfasst, können mittels Reusenfang die gefangenen Fische exakt auf Art bestimmt und deren Fischgrößen erfasst werden. zu 2 b) Untersuchungen, ob die Fische sich vom Schöpfwerk fernhalten lassen, wenn das Schöpfwerk länger in Betrieb ist. Das nachhaltige Fernhalten von Fischen, die aus der Jeetzel bei Pumpenbetrieb nicht in den Gefahrenbereich einschwimmen sollen, ist nur während der aktiven Pumpenphase nachweisbar. Hierbei sind zwei Scheuchmethoden zu nennen, deren Wirkung zu untersuchen ist. Scheuchwirkung durch die Pumpen selbst, die während ihres Betriebs anhand ihrer Geräusche und Vibrationen die Fische vor dem Eintreffen im Pumpenhaus verscheuchen können. Infraschall-Scheuchanlage, welche die Fische vor dem Einschwimmen in die Pumpenkammer hindert. 31 Geeignete Untersuchungsmethoden Netzfangtechniken: Für die Untersuchung der Effizienz der 2. Scheuchanlagenreihe wäre ein etwa 40 breiter Hamen einzusetzen (Abb. 10). Scheuchanlagenreihe 1 Scheuchanlagenreihe 2 Abbildung 10: Mögliche Anordnung einer Fangreusentechnik bzw. eines Hamens zur Erfassung passierender Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) Solche Netzfangtechniken sind technisch aufwändig und bereiten Probleme bei großer Geschwemmselfracht, da das komplette angesaugte Wasser der Jeetzel durch das Netz fließen muss. Die bisherigen Pumpentests haben einen hohen Geschwemmselanfall gezeigt. Diese Untersuchungen werden voraussichtlich nachts die größten Fischanzahlen liefern. Alternativ kann auch ein Hamen hinter dem Pumpwerk angebracht werden (Abb. 11). Auch dort lässt sich untersuchen, ob bei längerem Betrieb der Pumpen bzw. der Scheuchanlage noch Fische das Schöpfwerk passieren. Der Vorteil beim Einsatz der Fangtechnik hinter dem Schöpfwerk ist, dass großes Treibgut nicht den Rechen passiert und somit nicht in das Netz geraten kann. Aber auch kleineres Treibgut wird problematisch werden. Der Vorteil dieser Fangtechnik hinter den Pumpen ist, dass gleichzeitig Verletzungsarten und –häufigkeiten an den Fischen ermittelt können werden. 32 Scheuchanlagenreihe 1 Scheuchanlagenreihe 2 Abbildung 11: Mögliche Anordnung eines Hamens hinter dem Schöpfwerk zur Erfassung passierender Fische (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) 33 Elektroakustische Untersuchungsmethode: In diesem Fall bietet sich die Echolottechnik als verlässliche Nachweismethode an (Abb. 12), auch wenn hierbei keine Arterkennung möglich ist, da wie oben beschrieben, die Netzfangtechnik bei hoher Geschwemmselfracht Probleme bereitet. Scheuchanlagenreihe 1 Scheuchanlagenreihe 2 Abbildung 12: Mögliche Anordnung eines Echolotschallkegels zur Erfassung passierender Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) 34 6. Andere Technikkombination, Fische abzuhalten Sollte es unmöglich oder zu aufwändig sein, Fische aus den Pumpenkammern zu scheuchen, ist es denkbar, ein Eindringen von Fischen während der Ruhezeiten durch Verschluss der Rechenanlage zu verhindern. Hierfür kann ein feinmaschiges Netz aus robustem Netzgarn oder eine starke Folie rolloartig direkt auf dem Rechen aufliegend abgerollt werden. Im Hochwasserfall geht die Scheuchanlagenbarriere 2 in Betrieb und der Einschwimmschutz wird hochgerollt, um den Abfluss nicht zu behindern. Dadurch wäre gewährleitet, dass beim Anfahren der Pumpen keine Fische in der Pumpenkammer sind. Scheuchbarriere 2 verhindert bei Pumpenbetrieb ein Einwandern (deren Effizienz an diesem Standort vorausgesetzt). Nach Beendigung der Hochwassersituation wird der Einschwimmschutz wieder ausgerollt und abschließend die Scheuchtechnik abgeschaltet. Eine andere Lösung ein Einschwimmen in die Pumpenkammern zu verhindern, kann ein technisch veränderter Rechen sein, dessen flachstahlartig ausgeprägte Rechenstäbe um 90° drehbar sind. Zum Verschluss werden die Flachstahlstäbe so gedreht, dass sie die Lücken zueinander verschließen. 7. Allgemeine Einschätzung Da zu unterschiedlichen Jahreszeiten andere Fischarten und –anzahlen vom Pumpenlauf betroffen sein können, sind Untersuchungsergebnisse eines begrenzten Zeitraumes im Jahr 2010 nicht vollständig übertragbar. Die Pumpentests haben gezeigt, dass bei den Versuchen im März viele Fische geschädigt wurden, während im September kaum Fischschäden sichtbar waren. Dies kann daran liegen, dass die Fische zu unterschiedlichen Jahreszeiten sich in unterschiedlichen Mengen in den Pumpenkammern aufhalten, oder dass sie im März bei kälteren Wassertemperaturen physiologisch nicht in der Lage sind, rechtzeitig zu flüchten. Dennoch geben die hier vorgestellten Untersuchungen fundierte Hinweise, ob die Anordnung der Scheuchtechnik prinzipiell für diesen speziellen Einsatzbereich zielführend ist. Sollten im Rahmen der Untersuchungen zur Effizienz einer Scheuchanlage alle Fischarten und Größenklassen sowie Altersstadien nachzuweisen sein, müssten die Untersuchung über einen kompletten Jahresgang durchgeführt werden repräsentativen Jahreszeiten, in welchen verstärkt mit Hochwässern zu rechnen ist. 35 oder in 8. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen bzgl. Vorgehensweise Für die Versuche, die Fische aus der Pumpenkammer zu scheuchen und dort bei Pumpenbetrieb fernzuhalten sind insbesondere die Pumpen selbst mit einer programmierten sehr langsamen Startphase oder eine akustische Infraschallscheuchanlagentechnik geeignet. Sollten beide Systeme mit ihren Schwingungen und Geräuschen nicht die Fische ausreichend schützen können, kann zumindest ein Verschluss der Pumpenkammern außerhalb der Betriebsphase die Fische aus den Pumpenkammern fernhalten. Je nach Fragestellungen der Effizienzkontrolle kommen Elektrobefischung, Netzfangtechnik und elektroakustische Untersuchungsmethoden zum Einsatz. Im überbauten Bereich der Pumpenkammer sind nur Echolot- bzw. Sonartechniken einsetzbar. Bei Pumpenbetrieb sind diese Methoden der Netzfangtechniken vorzuziehen, da sie unabhängig der Geschwemmselfracht für die Datenerfassung geeignet sind. Die Untersuchungen bzgl. der Effizienz der Scheuchsignale der Pumpen bzw. der Scheuchanlage sollten aufeinander aufbauend durchgeführt werden, um keinen unnötig hohen Aufwand zu betreiben. 1. Zu Beginn ist der Fischbestand im Einlaufbereich des Schöpfwerks mittels Elektrobefischung durchzuführen. Falls Bedarf besteht, ergänzende Fischerfassungen in der Jeetzel durchzuführen, können ergänzende Erhebungen dort durchgeführt werden. 2. Mit dem DIDSON wird untersucht wie viele Fische sich in den Pumpenkammern aufhalten. Die Einsatzmöglichkeiten des DIDSONS werden geprüft und optimiert. 3. Der langsame Start der Pumpe wird durchgeführt und die Reaktion der Fische auf deren Vibration mittels DIDSON untersucht. Ergänzende Reusenfänge liefern bei Bedarf die exakten Daten der vergrämten Fische. 4. Sollten die langsam startenden Pumpen die Fische nicht vergrämen, wird von ProFishTechnology erst eine Testscheuchanlage geliefert, deren Position beliebig verändert werden kann, da sie an einem Schwimmponton befestigt ist. Diese wird vor einer Pumpenkammer stationiert und wie unter Punkt 3 untersucht. 5. Mit der Ausweitung der Untersuchungen auf 3 Scheuchanlageneinheiten wird untersucht, ob die Technik direkt vor dem Rechen der Pumpenkammern die Fische bei Pumpenbetrieb abhält. Dies erfolgt bei Pumpenbetrieb mit DIDSON oder Echolot mit Splitbeam-Technologie. 6. Stellt sich heraus, dass die Scheuchanlagenreihe 1 die gewünschten Ziele erreicht, können Details der Endinstallation geklärt werden. Werden die Ziele nicht erreicht, ist 36 eine Technik zu suchen, die das Einwandern der Fische außerhalb der Betriebsphasen verhindert, indem die Rechenbereiche mechanisch verschlossen werden. 7. Anschließend kann die Scheuchanlagenreihe 2 mit 4 Infraschallwandlern für den Testbetrieb vorbereitet werden. Dann werden die Pumpen langsam angefahren. Anschließend gehen die Pumpen in den Normalbetrieb über. Mittels Echolotgerät wird überwacht, ob Fische in Richtung Pumpenhaus uneingeschränkt einwandern oder ob sie von den Pumpengeräuschen und Vibrationen am Einwandern gehindert werden. Parallel erfolgen vergleichende Untersuchungen mit der Scheuchanlagenreihe 2. Anhand dieser Ergebnisse kann diskutiert werden, ob die Infraschallanlagen für diese speziellen Standortbedingungen die gewünschten Ergebnisse liefern und ob die Fischmengen, die aus der Jeetzel bei Pumpenbetrieb Richtung Pumpenhaus wandern eine Fischscheuchung erforderlich machen. Die Ergebnisse werden auch belegen, ob diese Untersuchungen zu einem anderen Zeitraum wiederholt werden müssen. Diese Vorgehensweise, welche jeweils ergebnisabhängig chronologisch aufeinander aufbaut, ist im folgenden Schema dargestellt (Abb. 13). Pumpenlärm scheucht? nein Versuch mit einer Scheucheinheit vor dem Rechen Ja Ja Ziel erreicht scheucht dauerhaft? Versuch mit 3 Scheucheinheiten nahe der Rechenanlage Nein Ja Ziel erreicht Bei längerem Pumpenbetrieb Fische aus der Jeetzel abhalten Nein scheucht Anderes System z.B. kompletter Verschluss Fische aus der Pumpenkammer scheuchen scheucht Halten Pumpenvibrationen die Fische dauerhaft ab? scheucht nicht Versuch mit Scheuchreihe 2 Versuch mit 4 Scheucheinheiten vorgelagert im Einlaufbereich scheucht nicht Scheuchanlage ist für diesen Standort ungeeignet Abbildung 13: Schematische Darstellung der prinzipiellen Vorgehensweise 37 Nach eigenen Untersuchungen (SCHMALZ 2002a und 2002b) ist mit einer besonders starken Fischbewegung in den Nachtstunden in Abhängigkeit von der Mondphase und bei Abflusserhöhung nach Starkregenereignissen zu rechnen. Insbesondere dunkle Nächte aufgrund geringer Lichtabstrahlung bei Neumond lassen starke Abwärtswanderungen erwarten. Dies ist bei den Effizienzkontrollen der Scheuchanlagen bei längerem Pumpenbetrieb zu berücksichtigen. Somit ist die Aussagekraft aufgrund erhöhter Fischbewegungen am höchsten, wenn die Untersuchungen in einem Zeitfenster um Neumond erfolgen. Gegebenenfalls werden aufgrund spezieller Abflussverhältnisse nach Starkniederschlagsereignissen und erfolgter Rücksprache zusätzliche Untersuchungen durchgeführt. Durch den Vergleich von Zeiträumen mit bzw. ohne Betrieb der akustischen FSA kann deren Effizienz ermittelt werden. Nach jedem Untersuchungsblock werden die Ergebnisse einer ersten Auswertung unterzogen. Zeigt sich, dass die akustischen Fischscheuchanlagen nicht ausreichend gut funktionieren, erfolgt eine entsprechende Rückmeldung an die relevanten Ansprechpartner und an die Frima (ProFish-Technology). Letztere hat dann die Aufgabe, die Technik wenn möglich so zu verändern, dass die Effizienz ausreichend hoch ist. Gelingt dies abschließend nicht, werden die Untersuchungen abgebrochen. Gegebenenfalls wird ein Vor-Orttermin mit allen Beteiligten einberaumt, um das weitere Vorgehen zu besprechen. 38 9. Zeitplan Notwendige Elektrobefischungen sollten zeitnah etwa eine Woche vor den eigentlichen Effizienzuntersuchungen der Scheuchtechnik erfolgen. Herr Dr. Sonny kann im September/Oktober erste Tests mit einer Schauchanlage vor einer Pumpenkammer und mit dem Echolotgerät vornehmen. Bis Mitte Oktober können weitere benötigte Scheuchanlageneinheiten für Untersuchungen mit 3 und 4 Anlagen vorbereitet werden. Sollten ergänzende Reusenfänge anvisiert werden, können diese Netze parallel vorbereitet werden, um dann für die Untersuchungen zur Verfügung zu stehen. Einziges derzeit in Deutschland existierendes DIDSON des Landesfischereiverbandes Westfalen u. Lippe e. V. wird von Dr. Marc Schmidt und seinem Kollegen (Doktorand) bedient. Insbesondere zwischen Mitte Oktober und Mitte November ist deren Zeitbudget für derartige Arbeiten jedoch stark eingeschränkt. 39 10. Arbeitsaufwand und Kosten Eine exakte Kostenermittlung ist nicht möglich, da der Aufwand ergebnisabhängig und somit schwer kalkulierbar ist. Es können lediglich einzelne Kostensätze genannt werden, die sich je nach Untersuchungsdauer entsprechend summieren. Eine Boots-Elektrobefischung mit zusätzlichen 2 Helfern kann mit 120 Euro netto inkl. Materialeinsatz (zzgl. Fahrtkosten) angeboten werden. Zusätzliche Kosten kommen für die Netzwände hinzu. Der Tagesmietsatz für das DIDSON beträgt 700 Euro netto. Der Tagessatz inkl. wissenschaftlicher Betreuung beläuft sich auf 1200 Euro netto pro Untersuchungstag (8 h-Tag) zzgl. Fahrtkosten. Pro Untersuchungswoche sind 2 Tage Nachbearbeitung nötig, um die Aufnahmen zu dokumentieren. Der 8-Stundentag für diese Tätigkeit wird mit 480 Euro veranschlagt. Der Mietpreis einer Scheuchanlageneinheit beträgt 1750 Euro pro Monat. Vorbereitende Tätigkeiten und Installationskosten sowie Transportkosten kommen je Aufwand hinzu. Die Kosten für den Einsatz der Echolotanlage mit Splitbeam-Technologie kann bei Bedarf noch ermittelt werden. Nach endgültiger Abstimmung der Untersuchungsinhalte und Prognose einer zielführenden Untersuchungsdauer können genauere Kostenkalkulationen inklusive Gutachtenerstellung bzw. Angebotsausfertigungen erfolgen. 11. Ausblick über offene Fragen Ein Teil der Untersuchungen zur Effizienzermittlung der Scheuchwirkung ist nur bei vollem Pumpenbetrieb möglich. Können diese Pumpentests jederzeit durchgeführt werden? Bei welchen Grundbedingungen wäre es möglich, einen Pumpenbetrieb vorzunehmen, um die Strömungsabhängige Scheucheffizienz zu quantifizieren? 40 Literatur BONE, Q; MARSHALL, N. B. (1985): Biologie der Fische. Stuttgart, New York. DVWK [Hrsg.] (1997): Fischabstieg – Literaturdokumentation. Bonn. ATV-DVWK [Hrsg.] (2004): Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen – Bemessung, Gestaltung, Funktionskontrolle; ATV-DVWK Themen, ATV-DVWK-Arbeitsgruppe WW-8.1. Hennef. FREY, H. 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