Vermerk Fischschutz am Schöpfwerk

Transcription

Vermerk Fischschutz am Schöpfwerk
Dipl.-Biol. Wolfgang Schmalz
Fischökologische & Limnologische UntersuchungsStelle Südthüringen
Studie
Methodenstudie bzgl. Fischschutzuntersuchungen HWS Hitzacker
Zweite Version für Diskussion (16.09.2010)
Auftraggeber:
Jeetzeldeichverband
über den
NLWKN -Betriebsstelle LüneburgAdolph-Kolping-Str. 6
21337 Lüneburg
Auftragnehmer:
FLUSS – Dipl.-Biol. Wolfgang Schmalz
Koppewiese 2
98553 Breitenbach
Breitenbach, September 2010
Inhaltsverzeichnis
1.
Aufgabenstellung ............................................................................................................ 2
2.
Standortspezifische Bedingungen am Schöpfwerk in Hitzacker ...................................... 3
2.1 Hydrologie ...................................................................................................................... 3
2.2 Untersuchungsgebiet und Hydraulik ............................................................................... 4
2.3
Fischarteninventar von Elbe und Jeetzel im Bereich Hitzacker .................................. 6
2.4
Fischschutztechniken ...............................................................................................11
2.4.1
Mechanische Barrieren .............................................................................................11
2.4.2
Verhaltensbarrieren ..................................................................................................14
3.
Mögliche Anordnungen der Infraschallscheuchanlagen im Bereich des Schöpfwerks ...21
4.
Untersuchungsmethoden...............................................................................................25
4.1
Elektrobefischung .....................................................................................................25
4.2
Netze, Reusen ..........................................................................................................25
4.3
Elektroakustische Untersuchungsmethoden .............................................................25
5.
Untersuchungsschwerpunkte.........................................................................................27
6.
Andere Technikkombination, Fische abzuhalten ............................................................35
7.
Allgemeine Einschätzung ..............................................................................................35
8.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen bzgl. Vorgehensweise ..............................36
9.
Zeitplan .........................................................................................................................39
10. Arbeitsaufwand und Kosten ...........................................................................................40
11. Ausblick über offene Fragen ..........................................................................................40
Literatur ................................................................................................................................41
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Luftbild zur Verfügung gestellt von Herrn Warnecke (NLWKN); der eingefügte
gelbe Kreis markiert ein Siel der Jeetzel; die blauen Pfeile zeigen die
Fließrichtung der Elbe (oben im Bild) und der Jeetzel (unten im Bild) an. Die
roten Pfeile zeigen die Fließrichtung im Hochwasserfall, wenn das Schöpfwerk
arbeitet und das Siel geschlossen ist. ............................................................... 4
Abbildung 2: Luftbild von Hitzacker und Umgebung mit Elbe und Jeetzel. Die eingetragenen
Punkte Elbe 1 bis 19 und Jeetzel 1 kennzeichnen die Befischungsstellen des
WRRL-Monitorings............................................................................................ 6
Abbildung 3: Fischarteninventar in der Elbe oberhalb bzw. unterhalb der Jeetzeleinmündung
......................................................................................................................... 7
Abbildung 4: Fischarteninventar in der Jeetzel, erfasst in den Jahren 2001, 2002, 2006 und
2008.................................................................................................................. 8
Abbildung 5: Rechen im Einlaufbereich des Schöpfwerks ....................................................10
Abbildung 6 : Scheuchanlagenreihe vor den Rechenanlagen(Luftbildquelle: Detailausschnitt
aus Abb. 1) ......................................................................................................21
Abbildung 7: Mögliche Anordnung zweier Scheuchanlagenreihen (Luftbildquelle:
Detailausschnitt aus Abb. 1) ............................................................................22
Abbildung 8: Netzwände zum Absperren des Befischungsbereichs, zur Erhöhung der
Elektrobefischungseffizienz (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) .........28
Abbildung 9: Mögliche Anordnung einer Reuse zum Fang von Fischen, die die
Pumpenkammer verlassen (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ..........30
Abbildung 10: Mögliche Anordnung einer Fangreusentechnik bzw. eines Hamens zur
Erfassung passierender Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle:
Detailausschnitt aus Abb. 1) ............................................................................32
Abbildung 11: Mögliche Anordnung eines Hamens hinter dem Schöpfwerk zur Erfassung
passierender Fische (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1) ....................33
Abbildung 12: Mögliche Anordnung eines Echolotschallkegels zur Erfassung passierender
Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1)
........................................................................................................................34
Abbildung 13: Schematische Darstellung der prinzipiellen Vorgehensweise .........................37
1
1. Aufgabenstellung
Am Schöpfwerk in Hitzacker existiert ein Schöpfwerk (Bauzeit 2006-2008), welches im
Hochwasserfall Wasser aus der Jeetzel in die Elbe pumpt. Es ist somit Bestandteil des
Hochwasserschutzsystems in Hitzacker. Die drei Propellerpumpen des Schöpfwerks haben
eine Leistung von jeweils 20 m³/s (insgesamt 60 m³/s). Im Rahmen von Pumpentests wurde
festgestellt, dass je nach Jahreszeit unterschiedlich hohe Fischverluste während des
Pumpbetriebes entstanden.
In Folge dieser Beobachtung wird nach Lösungen gesucht, diese Fischschäden zu
reduzieren bzw. zu verhindern. Eine mögliche Fischschutztechnik kann eine akustische
Fischscheuchanlage darstellen.
Ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördertes Projekt zeigte prinzipielle
Tendenzen, dass akustische Fischscheuchanlagen (AFSA) Wirkung zeigen können. Die
wirksamsten Frequenzen lagen zwischen 100 und 600 Hz. Niedrigere Frequenzen unter 100
Hz konnten aufgrund der zur Verfügung stehenden Technik nicht generiert werden. Von
SCHMALZ (2002b) wurde diskutiert, dass insbesondere von Fischräubern wiedergegebene
Signale ein angeborenes Fluchtverhalten der Fische auslösen können.
In SONNY et al. (2006) wird ausgeführt, dass bei Fischen allgemein eine sehr gute
Wahrnehmung von Infraschall vorhanden ist, da diese Frequenzen bis zu 20 Hz auch von im
Wasser bewegten Objekten erzeugt werden. Insofern ist das Orten derartiger Signale für
Fische lebensnotwendig, um auf potenzielle, sich im Wasser bewegende Räuber mit Flucht
reagieren zu können.
In Belgien wird eine akustische Fischscheuchanlagentechnologie angeboten, deren Funktion
auf Infraschall basiert. Diese wurde unter anderem im Bereich einer Wasserentnahme eines
Kernkraftwerkes untersucht (SONNY et al. 2006).
Diese Technologie kann auch in Hitzacker zur Anwendung kommen. Die Effizienz dieser
Technologie an diesem speziellen Standort ist nachzuweisen.
In der vorliegenden Methodenstudie werden verschiedene Methoden vorgestellt und
diskutiert, wie Fischschutztechniken speziell an diesem Standort auf ihre Wirksamkeit hin
untersucht werden können. Darüber hinaus werden erste Hinweise gegeben, wo in diesem
Zusammenhang Fischbarrieren zu installieren sind.
Die Untersuchungen sollen noch in diesem Jahr durchgeführt und abgeschlossen werden.
2
2. Standortspezifische Bedingungen am Schöpfwerk in Hitzacker
Das Luftbild (Abb. 2) zeigt die Elbe im Bereich Hitzacker. Von Süden kommend mündet die
Jeetzel bei Hitzacker in die Elbe ein.
2.1 Hydrologie
In Tabelle 1 sind die Hydrologischen Eckdaten von Jeetzel und Elbe zusammengefasst.
Tabelle 1: Hydrologische Eckdaten von Jeetzel und Elbe bei Hitzacker
Daten bei Herrn Warnecke angefragt – werden noch ergänzt
m³/s
Jeetzel bei Hitzacker
Elbe bei Hitzacker
NQ
MNQ
MQ
6,32
MHQ
62,9
HQ
HQ100: 4290
3
2.2 Untersuchungsgebiet und Hydraulik
Hitzacker weist im Stadtkern eine Insel auf. Nördlich davon fließt die Elbe und im Süden die
Jeetzel (Abb. 1). Im Hochwasserfall wird das Siel verschlossen (Gelber Kreis, Abb. 1). In
diesem Fall muss das Wasser von der Jeetzel in die Elbe gepumpt werden (rote Pfeile,
Abb. 1). Dies erfolgt mit 3 Propellerpumpen mit einer jeweiligen maximalen Förderkapazität
von 20 m³/s. Die Gesamtleitung des Schöpfwerks beträgt somit 60 m³/s leisten. Wenn die
maximale Förderkapazität in Betrieb ist, beträgt die mittlere Strömungsgeschwindigkeit im
Bereich des Rechens etwa 0,66 m/s. (errechnet aus: Wassertiefe im Hochwasserfall 5 m;
Einlaufbauwerksbreite im Bereich des Rechens 3 m x 6 m  durchströmte Fläche 90 m²).
Abbildung 1: Luftbild zur Verfügung gestellt von Herrn Warnecke (NLWKN); der eingefügte
gelbe Kreis markiert ein Siel der Jeetzel; die blauen Pfeile zeigen die
Fließrichtung der Elbe (oben im Bild) und der Jeetzel (unten im Bild) an. Die roten
Pfeile zeigen die Fließrichtung im Hochwasserfall, wenn das Schöpfwerk arbeitet
und das Siel geschlossen ist.
4
Zu unterscheiden sind in diesem Fall zwei getrennte Situationen, bei welchen Fische
eingesaugt werden können:
1. Fische, die sich in der Pumpenkammer aufhalten und beim Start der Pumpen
eingesaugt werden.
2. Tiere, die die Jeetzel absteigen und bei verschlossenem Siel nur über die Pumpen
die Möglichkeit haben, in die Elbe einzuwandern.
In letzterem Fall gibt es verschiedene Gründe für Fische, in das Einlaufbauwerk zu
schwimmen wie z. B.:

Beim Fischabstieg nehmen Tiere, die in den Bereich vor das Einlaufbauwerk
gelangen, den Sog der Pumpen als flussabwärts gerichtete Lockströmung wahr.
Diese Individuen wandern dort ein, da dies für sie einen Wanderweg flussabwärts
darstellt. Aufstiegswillige Fische werden nicht in den Schöpfwerkeinlaufkanal
einwandern, da das Siel im Betriebsfall geschlossen ist. Außerdem orientieren sich
aufsteigende Fische in der Regel rheotaktisch gegen die Strömung. Das
Einschwimmen in das Einlaufbauwerk würde dem Verhalten beim Aufstieg somit nicht
entsprechen, denn dies wäre im Sinne des Fischaufstiegs ein kompletter
Richtungswechsel. Fische, die in der Elbe stromauf und gegen die Strömung in den
Auslaufkanal in Richtung Pumpen wandern, sind nicht gefährdet, da ihre
Schwimmleistung nicht ausreicht, um gegen die starke Pumpenströmung in die
Pumpe einzudringen.

Ein weiterer Aspekt für einwandernde Fische stellt das Ausweichen vor Gefahren dar
wenn sie vor Booten flüchten. Auch jagende Fische oder Vögel wie der Kormoran
sorgen für Fischbewegungen im Gewässer. So ist die Flucht der Fische in den
überbauten Gewässerbereich der Pumpen gegeben.
5
2.3 Fischarteninventar von Elbe und Jeetzel im Bereich Hitzacker
Bezüglich des Fischbestandes in der Jeetzel und in der Elbe wurden Befischungsdaten, die
im Rahmen des WRRL-Monitorings zur Erfassung der Fischfauna in Niedersachsen erfasst
worden
sind,
vom
Niedersächsischen
Landesamt
für
Verbraucherschutz
Lebensmittelsicherheit (Dezernat Binnenfischerei) zur Verfügung gestellt.
Die befischten Stellen sind in Abbildung 2 zu entnehmen.
Abbildung 2: Luftbild von Hitzacker und Umgebung mit Elbe und Jeetzel. Die eingetragenen
Punkte Elbe 1 bis 19 und Jeetzel 1 kennzeichnen die Befischungsstellen des
WRRL-Monitorings.
6
und
Die Befischungen in der Elbe fanden am 29.06.2004 und 30.06.2004 statt. Zu Unterscheiden
ist eine Gruppe von Befischungsstellen in der Elbe unterhalb der Jeetzeleinmündung
(Nummern 13 bis 19) und oberhalb der Jeetzeleinmündung (Nummern 1 bis 12). An den
Befischungsstellen dominierten von insgesamt 18 nachgewiesenen Arten die Arten Aland,
Flussbarsch, Plötze und Ukelei (Abb. 3). Relativ häufig vertreten waren die Arten Aal, Blei,
Döbel, Gründling und Güster.
Abbildung 3: Fischarteninventar in der Elbe oberhalb bzw. unterhalb der Jeetzeleinmündung
7
Von der Jeetzelbefischungsstelle „Jeetzel 1“ (vgl. Abb. 2) liegen Daten von Befischungen in
den Jahren 2001, 2002, 2006 und 2008 vor. Im Vergleich zur Elbe konnten dort 22 Arten
nachgewiesen werden. In der Jeetzel wurden die Arten Bachneunauge, Bitterling,
Dreistachliger Stichling, Moderlieschen und Zope erfasst, die in der Elbe nicht nachgewiesen
wurden, während der Zander nur in der Elbe gefangen wurde. Die Fischanzahlen variierten
innerhalb der Untersuchungsjahre (Abb. 4). Es dominierten die Arten Flussbarsch, Güster,
Plötze und Ukelei. Relativ häufig trat der Hecht auf. Andere Arten wie Aal, Aland, Blei, Döbel
und Gründling traten in den verschiedenen Jahren hinsichtlich ihrer Häufigkeit stark
schwankend auf.
Plötze 09.10.2010
759 Tiere
Abbildung 4: Fischarteninventar in der Jeetzel, erfasst in den Jahren 2001, 2002, 2006 und 2008
Hinsichtlich der dominierenden bzw. häufigen Arten ist in der Elbe und der Jeetzel im
Untersuchungsgebiet ein vergleichbares Fischarteninventar vorhanden.
8
In diesem speziellen Fall stehen standortspezifisch nicht nur wandernde Fische im
Vordergrund, deren Einschwimmen in das Schöpfwerk verhindert werden soll, sondern
insbesondere Fische, die sich im Einlaufbereich des Schopfwerks aufhalten bzw. den dort
vorhandenen Tiefenbereich teilweise als Wintereinstand nutzen. Beobachtungen belegen,
dass beim Pumpentest unmittelbar nach Inbetriebnahme der Pumpen geschädigte Fische in
größerer Anzahl gesichtet wurden und diese Menge mit der Zeit bei längerem
Pumpenbetrieb
stark
abnahm.
Die
Anzahl
geschädigter
Fische
ist
jahreszeitlich
unterschiedlich zu bewerten.
Erste Pumpentests fanden an verschiedenen Terminen zum Teil über mehrere Tage im März
2009 und im März 2010 statt. Zu dieser Jahreszeit waren größere geschädigte Fischmengen
unmittelbar nach Inbetriebnahme der Pumpen sichtbar. Weitere Tests an den Pumpen
erfolgten von Montag, den 16.08.2010 bis Dienstag, den 17.08.2010. In diesem Rahmen war
nur die Pumpe 3 in Betrieb. Im Gegensatz zu den Frühjahrsbeobachtungen wurde im
Rahmen der Tests im August nur ein geschädigter Fisch, eine Schleie, nachgewiesen und
fotodokumentarisch erfasst.
Diese Beobachtung bestätigt die Annahme, dass der Bereich der Pumpen als
Winterunterstand genutzt wird.
Ziel ist es, Fische, die sich im Pumpenbereich aufhalten, vor Inbetriebnahme der Pumpen zu
verscheuchen und anschließend bei Betrieb der Pumpen nachhaltig fernzuhalten.
Gleichzeitig sind Fische fernzuhalten, die die Jeetzel absteigen und in die Elbe einwandern
wollen.
Derzeit existiert ein grober Rechen mit einem Stababstand von 80 m lichter Weite, der
Treibgut abhält, damit die Pumpen nicht verblocken bzw. geschädigt werden (Abb. 5). Dieser
Rechen ist auch für große Fische kein wirksamer Schutz. Die Rechenfläche beträgt etwa
90 m².
9
Abbildung 5: Rechen im Einlaufbereich des Schöpfwerks
10
2.4 Fischschutztechniken
Um Fischschäden zu verhindern, wurden und werden verschiedene Methoden zum Schutz
der Tiere untersucht und mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt (DVWK 1997; HOLZNER
1999). Prinzipiell sollen sie das Einschwimmen der Fische in gefährliche Bereiche wie
Turbineneinläufe und Pumpen vermeiden. Es gibt Versuche mit mechanischen, optischen,
elektrischen und akustischen Fischbarrieren und mit Kombinationen mehrerer Techniken
(HOLZNER 1999). Möglichst viele Fischarten und Altersstufen sollen mit der jeweiligen
Technik geschützt und in Richtung einer Fischabstiegsanlage geleitet werden.
Einen Überblick über die verschiedenen Barrieretypen sowie entsprechende Details sind in
ATV-DVKK (2004) enthalten. Die wichtigsten Aspekte sind in den folgenden Ausführungen
kurz zusammengefasst.
2.4.1 Mechanische Barrieren
Unter mechanischen Barrieren versteht man Rechensysteme und davon abgewandelte
Konstruktionen, die im Einzelnen unten genannt werden.
Je stärker die hydraulische Störung wie Turbulenzen an der mechanischen Barriere ist,
desto besser wird das Hindernis von einwandernden Fischen wahrgenommen. Dabei ist die
Reaktion der Fische weitgehend unabhängig vom Winkel der Barriere. Falls es die
Schwimmleistung der Fische ermöglicht, schwimmen sie vor dem Hindernis gegen die
Strömung an. Bei niedrigen Anströmgeschwindigkeiten führen sie Suchbewegungen aus, um
einen alternativen Weg zu finden.
Aale reagieren anders als andere Fischarten. Sie kollidieren mit der mechanischen Barriere,
stoßen sich ab und fliehen gegen die Strömung vom Hindernis weg.
Bei Überschreitung der zulässigen Anströmgeschwindigkeiten verliert die Barriere bei
annähernd senkrechter und rechtwinkliger Anordnung zur Strömung ihre Wirkung. Diese
maximalen Anströmgeschwindigkeiten variieren je nach Fischart und Altersstadium zwischen
0,15 und 0,6 m/s.
Aale profitieren von flach geneigten Rechen, wenn die lichte Weite der Rechenstäbe gering
genug ist. Bei zu großen Stababständen passieren sie den Rechen jedoch aktiv, indem sie
sich zwischen den Stäben hindurchzwängen.
An schräg zur Anströmung ausgerichteten Rechen driften die Fische an der Barriere entlang.
Dadurch können Bypässe zuverlässig gefunden werden.
11
Typen mechanischer Barrieren und Kurzeinschätzung
Louver

Artspezifische Verhaltensreaktion (Salmoniden)

Hohe hydraulische Verluste

Probleme bei der Reinigung

Keine Leitwirkung auf Aale
Tauchwände

Einsetzbar gegen Treibgut und zur Abweisung oberflächennah wandernde Fische wie
Salmonidensmolts

Artspezifisch
Kettenvorhänge

Langsame Anströmung notwendig

Geringe Effizienz im Freiland

Technische Probleme, insbesondere bei Treibgut
Wedge-Wire-Screen

Geringer lichter Stababstand, dadurch hohe Abweisraten auch bei Fischbrut

Glatte Oberfläche  reduziert das Verletzungsrisiko (auch bei Aalen)

Geringe Eigenstabilität

Höhere hydraulische Verluste als bei einem konventionellen Rechen

Höhere Kosten für Reinigungstechnik

Probleme bei Vereisung
Weitere stationäre Abschirmungen (stationary screens):
Lochbleche
Drahtgewebe
Gitter

Diese Techniken sind nur für geschwemmselarme Gewässer geeignet.
12
Umlaufende Abschirmung (traveling screens)

Leichte Selbstreinigung

Bei hoher Anströmgeschwindigkeit werden die Fische angepresst

Gefahr des Erstickens von Fischen

Schuppenverluste und Abschürfungen können vorkommen

Reinigung mit Hochdruckdüsen schädigt die Fischbrut

Mortalitätsraten bei angepressten Fischen von bis zu 100%

Verminderung der Schäden ist durch integrierte Transporttröge möglich
Trommelsiebe (drum screens)

Sind sehr wartungsintensiv

Maschenweite ist von der Zielart abhängig, auf diese Weise Abweisraten von bis zu
100% möglich

Anpressen von Jungfischen und ihre Mortalität ist von der Anströmgeschwindigkeit
abhängig
Kiesbettfilter

Schützen alle Stadien von Fischen, sogar Planktonorganismen

Erhöhter hydraulischer Widerstand

Große Flächen werden benötigt

Wasserentnahme erfolgt durch Drainagen
Käfigfilter

Aus Drahtgeflecht, Lochblechen oder Wedge-Wire-Screens

Verstopfen durch Sedimente

Überwachsen mit Algen und anderem Aufwuchs

Wedge-Wire-Screen-Flächen weisen geringere Verstopfungsanfälligkeit auf

Rückspülung ist die effizienteste Reinigungsmethode
Absperrnetze

Nicht für Dauerbetrieb geeignet

Hohe Abweisraten bei geringer Maschenweite
Um im vorliegenden Fall für Hitzacker geeignete mechanische Barrieren zum Schutz der
Fische zu installieren, müssten Rechen mit deutlich unter 20 mm lichtem Stababstand zum
13
Einsatz kommen. Durch das Längen-Breitenverhältnis vieler Fischarten, können selbst 20
cm lange Fische einen 20 mm-Rechen passieren. Die hohen Wartungskosten und durch den
hohen Geschwemmselanfall bei Hochwassersituationen, sind entsprechende Feinrechen
weitgehend ungeeignet für den hier vorliegenden Standort.
2.4.2 Verhaltensbarrieren
2.4.2.1 Wasserstrahlvorhänge

Bis 75% Ableitung der Fische möglich

Düsen neigen zur Verstopfung. Daraus resultiert ein hoher Wartungsaufwand.

Hoher Wasser- und Energiebedarf
2.4.2.2 Luftblasenvorhänge

Geringe Funktionsfähigkeit und Gewöhnung

Ist auf geringe Strömungsgeschwindigkeiten beschränkt
2.4.2.3 Elektrische Scheuchanlagen
Die Wirkung der Anlagen beruht auf Galvanotaxis. Dabei weist der Wirkungsbereich der
Kathode Scheuchwirkung auf, während der Wirkungsbereich der Anode die Fische anzieht.
Im Nahbereich von Anode und Kathode wird der Fisch narkotisiert (Galvanonarkose).
Die Fische dürfen im Fall von Scheuchanlagen nicht in den narkotisierenden Nahbereich
gelangen, da sie sonst betäubt und reaktionsunfähig mit der Strömung zur Gefahrenquelle
treiben.
Die Wirkung elektrischer Fischscheuchanlagen ist abhängig von der Leitfähigkeit, der
Fischart
und
–größe.
Um
eine
mögliche
Gewöhnung
zu
vermeiden,
kommen
zufallsgesteuerte Impulsraten zum Einsatz.
Abwandernde Fische (diadrome Arten) reagieren generell schlecht auf Verhaltensbarrieren,
wenn keine optimal angeordnete Abwanderalternative angeboten wird.
Elektrische Felder lösen keine gerichteten Bewegungen, sondern radial von den Elektroden
wegführende Fluchtreaktionen aus. Dadurch war eine Leitung in Abstiegsanlagen bisher
nicht möglich.
14
Noch
liegen
keine
konkreten
Untersuchungen
zur
Funktionsfähigkeit
im
Bereich
Wasserentnahmebauwerken vor.
Intensive Wartung und Personenschutz sind notwendig.
2.4.2.4 Optische Scheuchanlagen
Die Reaktion der Fischarten ist hinsichtlich verschiedener Wellenlängen artspezifisch.
Fische reagieren sowohl negativ als auch positiv fototaktisch. Dies hat Lock- und
Scheuchwirkung von Licht zur Folge.
Smolts Atlantischer Lachse wurden durch Lampen angelockt, mieden aber den Nahbereich
der Lampen. Mit Hilfe von künstlichem Licht kann die Wirksamkeit von Abwanderbypässen
um das 3- bis 8-fache erhöht werden.
Zum
Schutz
negativ
fototaktischer
Arten
können
Glüh-,
Quecksilberdampf-
und
Fluoreszenzlampen verwendet werden.
Die Effizienz wird durch Positionierung, Leuchtdauer und Lichtintensität der Lampen
bestimmt.
Beim Einsatz von Stroboskoplampen konnte nachgewiesen werden, dass Aale das weiße
Stroboskoplicht einer Xenon-Lampe zuverlässig mieden.

Lichtquellen sind auf die jeweiligen Arten abzustimmen und sind somit artspezifisch.
15
2.4.2.5 Akustische Scheuchanlagen
Das Hörvermögen verschiedener Fischarten bzw. -gruppen ist prinzipiell unterschiedlich.
Hörspezialisten mit Verbindungen zwischen Schwimmblase und Innenohr können sehr gut
hören (z.B. Cyprinidae, Siluridae), während Nichtspezialisten mit Schwimmblase aber ohne
Verbindung zum Innenohr nur mäßig empfindlich sind (z.B. Lachse, Barsche).
Arten ohne Schwimmblase weisen eine schlechte Wahrnehmungsfähigkeit für Schall auf.
Weitere Details zur Schallwahrnehmung von Fischen folgen unten.
Typen akustischer Verhaltensbarrieren und Kurzeinschätzung
Sound Projector Array (SPA)
Dabei handelt es sich um Unterwasserlautsprecher, die ein diffuses Schallfeld erzeugen.
Eine Mischung verschiedener Frequenzen wird dabei eingesetzt (20-500 Hz).

Wirkung ist artspezifisch: 56-98 % (höchste Wirksamkeit beim Hering).
Vergleichbar mit dieser Technik waren Untersuchungen an einer elektroakustischen Anlage
(100 – 600 Hz) unter Labor- und Freilandbedingungen (SCHMALZ 2002b). Bei ihr stellte sich
weiterer Untersuchungsbedarf heraus, um die Effizienz zu steigern.
Bio-Acoustic Fish Fence (BAFF)
Zu der oben genannten SPA-Technik mit einem Frequenzspektrum von 20-500 Hz wird
zusätzlich ein Luftblasenschirm eingebaut. Dieser sorgt durch akustische Reflexionen für
räumliche Begrenzung. Dieser ist, wie der Luftblasenvorhang, nur bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten einsetzbar und weist einen hohen Wartungsaufwand auf.

Wirkung: 74-88 %.
Teilweise konnte durch Schall keine Scheuchwirkung erzielt werden. Es stellte sich heraus,
dass niederfrequente Geräusche eine große Scheuchwirkung besitzen.
Popper
Darunter versteht man Knallgasexplosionen, kurze Stöße mit Pressluft bzw. andere
Knalltöne.

Deutlicher Scheucheffekt vorhanden

Maximale Distanz der Fische: 15m

Nicht alle Arten reagieren gleich gut

Wegen Verschleiß ergeben sich Probleme im Dauerbetrieb; aufwändige Wartung

Zweifel an der Funktionsfähigkeit konnten nicht ausgeräumt werden
16
2.4.2.6 Chemische Barrieren

Enorme Mengen an Chemikalien wären nötig

Abbaubarkeit und Umweltverträglichkeit stellen weitere Probleme dar

Nur theoretisch möglich  in der Praxis nicht einsetzbar
2.4.2.7 Hybrid-Verhaltensbarrieren
Darunter versteht man die Kombination verschiedener Systeme wie bspw.:

Luftblasen- oder Kettenvorhänge und Stroboskoplicht

Stroboskop-Lichterketten und Quecksilberdampflampen

Rechen oder Louver und Quecksilberdampflampen

Fehlende Untersuchungen solcher Kombinationen, ob die Wirksamkeit steigt lässt
sich nicht beurteilen
In letzter Zeit werden oft Kombinationen von elektrischen und akustischen Scheuchanlagen
im Bereich von Wasserentnahmebauwerken anvisiert.
2.4.2.8 Fischsammelsysteme
Dabei werden die Fische mechanisch aus dem Gefahrenbereich entfernt. In der Regel sind
hier wieder mechanische Barrieren Voraussetzung, um Fische in hoher Dichte zu
konzentrieren.
Verschiedene Typen werden unterschieden wie bspw. Fischpumpen, vertikal umlaufende
Schirme mit Trögen oder auch Sammelnetze.
17
Aus der hier dargestellten Zusammenfassung von Technologien wird deutlich, dass eine
serienmäßige
Barriere
mit
höchster
artunspezifischer
Effizienz
und
geringem
Wartungsaufwand mit dem Wissenstand von 2004 nicht existiert. Bzgl. der akustischen
Scheuchanlagen ergaben sich mittlerweile neue Erkenntnisse.
Wie oben erwähnt (Kap. 2.4.2.5), weisen insbesondere niedrige Frequenzen hohe
Scheuchwirkung auf. Dies ist aufgrund der Biologie der Fische erklärbar.
Von 2008 bis 2009 erfolgten Untersuchungen an einer Infraschallscheuchanlage im Bereich
eines Kühlwasserentnahmebauwerks eines Kernkraftwerks (SCHMALZ 2010). Diese Technik
erreichte dabei eine hohe Effizienz, wie auch im Rahmen von Untersuchungen in Belgien
und Norwegen nachgewiesen werden konnte (SONNY et al. 2006). Aufgrund des Standes der
Wissenschaft und Technik, stellt die Infraschallscheuchanlage für den hier vorliegenden
Standort eine zielführende Verhaltensbarriere dar.
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung akustischer Scheuchanlagen sind
folgende Bedingungen:
1. Möglichst alle Fischarten müssen die entsprechenden Reize wahrnehmen können 
dies ist gegeben, da die Fische diese Art der Infraschallakustik überwiegend in Form
Strömung wahrnehmen.
2. Wenn sie die Signale wahrgenommen haben, müssen diese abschreckend für die
Tiere wirken und deren Flucht bzw. Ausweichbewegung veranlassen  da diese
Signale auch von potentiellen Räubern abgegeben werden, ist mit einer
Fluchtreaktion zu rechnen.
3. Die Tiere dürfen sich nicht an die Scheuchreize gewöhnen  Gewöhnungseffekte an
Räubersignale enden in der Natur oft tödlich. Nach SONNY et al. (2006), waren keine
Gewöhnungseffekte vorhanden.
4. Die Fische müssen ausreichend Zeit haben, auf die negativen Signale zu reagieren,
damit sie sich aus dem Gefahrenbereich erfolgreich entfernen können  die
Anströmgeschwindigkeiten und die Schwimmleistung der Fische spielen hier eine
wesentliche Rolle.
5. Den Fischen müssen alternative Fluchtrichtungen angeboten werden  hier könnte
es bei längerem Betrieb in Hitzacker Probleme geben, da das Jeetzelwasser komplett
durch die Pumpen des Schöpfwerks geführt wird und eine Wanderalternative
flussabwärts in die Elbe fehlt.
18
Fischbiologische Grundlagen bzgl. akustischer Fischscheuchanlagen
Zum grundsätzlichen Verständnis werden hier die Prinzipien des Hörens bei Fischen aus
SCHMALZ (2002b) wiedergegeben.
„Grundlage
für
die
Erforschung
akustischer
Scheuchreize
ist
die
Kenntnis
der
Schallausbreitung in Wasser und des Schallwahrnehmungsvermögens der Fische, welches
artspezifisch ist. Schallwellen werden im Wasser als Druckschwankungen weitergeleitet, da
das umliegende Wasser von den Vibrationen der Schallquelle verdünnt bzw. verdichtet wird
(BONE & MARSHALL 1985). Dabei ist die Größe der Druckänderung, hervorgerufen durch die
Wasserverdrängung,
umgekehrt
proportional
zur
Frequenz
und
die
Stärke
der
Druckschwankungen nimmt mit der zweiten Potenz des Abstandes zur Schallquelle ab. Der
Flüssigkeitsschall wird bei Fischen mit dem Tast- und dem Gehörsinn wahrgenommen (FREY
1972; BONE & MARSHALL 1985):
Da sich viele Fische zumindest zeitweise unter lichtschwachen Bedingungen orientieren
müssen, ist der Tastsinn sehr gut entwickelt. Die meisten Fische besitzen ein
Seitenliniensystem (Linea lateralis L.), um Nahfelderschütterungen wahrzunehmen. In einem
Kanal unter der Haut, der mit Schleim gefüllt ist, befinden sich Taststäbchen (Neuromasten).
Der Kontakt zur Umwelt wird durch Löcher in den Schuppen ermöglicht. Die Neuromasten
reagieren auf niedrige Frequenzen (hohe Wellenlänge) bis etwa 200 Hz ( ≙ Wellenlänge von
7,5 m) und sind sehr empfindlich. Fische sind somit in der Lage, feinste Wasserströmungen
wahrzunehmen, die z. B. bei der Annäherung des Tieres an feste Gegenstände entstehen.
Auch Bewegungen von Beutetieren können erfasst werden. Nahfeldeffekte, welche mit der
dritten Potenz des Abstandes von der Quelle abnehmen, werden von den meisten Fischen
bis zu einem Meter Entfernung von der Vibrationsquelle wahrgenommen.
Für den Ferntastsinn befinden sich überall am Körper wimpernartige Ausbildungen von
Nervenfaserendungen, die aus der Oberhaut herausragen. Fische registrieren mit deren
Hilfe Berührungs- und Erschütterungsreize. Diese Art der Wahrnehmung gewinnt mit
größeren Abständen und höheren Frequenzen zunehmend an Bedeutung.
Für die Erfassung höherer Frequenzen besitzen Fische zusätzlich ein Innenohr. Es enthält
die Bogengänge des Labyrinth-Organs mit speziellen Sinneshaaren mit aufgelagerten
Otolithen (Ohrsteinchen). Letztere dienen dem Gleichgewichtssinn. Einige Teleosteer
(Knochenfische) besitzen eine Verbindung des Innenohrs zu gasgefüllten Räumen wie der
Schwimmblase. Bei Ostariophysen, dazu gehören Welse (Siluridae) und Karpfenfische
(Cyprinidae) wird der Kontakt zwischen Schwimmblase und Innenohr durch die sogenannten
„Weberschen Knöchelchen“ hergestellt. Bei Heringen (Clupeidae) dienen hierfür kleine
19
Kanäle. Bei einigen anderen Fischarten existieren speziell ausgebildete Gehörblasen,
sogenannte Bullae, im Gehörorgan. Das Prinzip ist dabei identisch. Druckschwankungen,
wie sie vom Schall im Wasser erzeugt werden, setzen sich im Fisch fort. Die Folge ist eine
Volumenänderung der Schwimmblase bzw. der Bullae, da Gase kompressibler als Wasser
sind. Über die Verbindung zwischen den gasgefüllten Blasen und dem Labyrinth wird die
Bewegung der Blasenaußenhaut bei Volumenänderungen weitergeleitet. Als Folge wird die
Endolymphe des Labyrinths bewegt und somit die Rezeptoren über die Sinneshaare gereizt.
Fische, die über diese Art von Druckwandlungsmechanismus verfügen, können höhere
Frequenzen wahrnehmen. Die einheimischen Ostariophysen können Signale bis zu einer
Obergrenze von ca. 7.000 Hz wahrnehmen und werden somit den Hörspezialisten
zugeordnet. Nicht nur die Frequenz, sondern auch der Schalldruckpegel spielt bei der
akustischen Wahrnehmung eine Rolle. Der Lebensraum „Fließgewässer“ ist relativ laut, so
dass die Gehörempfindlichkeit der Fische oberhalb des Geräuschpegels ihrer Gewässer
liegen kann, wie an Grundeln (Padogobius martensii, Gobius nigricans) gezeigt wurde (LUGLI
2001).
Der Schalldruckpegel L bezieht sich auf einen Referenzpegel und wird in der Akustik als
logarithmisches Größenverhältnis angegeben, welches wie folgt definiert ist:
L  10  lg
I
p
 20  lg
I0
po
I
I0
p
p0
Schallintensität
Referenzschallintensität
Schalldruck
Referenzschalldruckpegel
In der Hydroakustik wird der Schalldruckpegel in dB (Dezibel) auf den Referenzwert von 1
µPa (Mikropascal) bei einem Meter Abstand von der Schallquelle bezogen.
Für die akustische Fischscheuchung werden hochfrequente und niederfrequente Scheuchsignale eingesetzt. Heringsfischarten registrieren unter anderem auch hochfrequente Signale
(über 100.000 Hz), welche Resonanzerscheinungen in der Schwimmblase hervorrufen. Die
Tiere reagieren darauf mit Flucht. Auf diesem Wissen basierend wurde in den USA eine
wirksame hochfrequente Scheuchanlage, die auf diese Arten anwendbar ist, entwickelt.“
20
3. Mögliche Anordnungen der Infraschallscheuchanlagen im Bereich des
Schöpfwerks
Ziel ist es, die Fische im Hochwasserfall von den Pumpen fernzuhalten. Die in der
Pumpenkammer befindlichen Fische müssen vor dem Pumpenbetrieb die Kammer verlassen
haben, um keine Schädigung zu erleiden.
Möglichkeiten des Fischschutzes:
1. Eine Scheuchanlagenreihe vor den Pumpenkammern scheucht Fische heraus und
hält nachhaltig die Fische ab (Abb. 6). In diesem Fall würde nur eine
Scheuchanlagenreihe ausreichend sein.
Scheuchanlagenreihe
Abbildung 6 : Scheuchanlagenreihe vor den Rechenanlagen(Luftbildquelle:
Detailausschnitt aus Abb. 1)
21
2. Die erste Scheuchanlagenreihe direkt vor den Rechenanlagen scheucht Fische nur
heraus
und
hält
diese
aufgrund
hoher
Strömungsgeschwindigkeiten
beim
Pumpenbetrieb von bis zu 0,66 m/s nicht nachhaltig ab. In diesem Fall ist eine 2.
Scheuchanlagenreihe zu installieren (Abb. 7).
Scheuchanlagenreihe 1
Scheuchanlagenreihe 2
Abbildung 7: Mögliche Anordnung zweier Scheuchanlagenreihen (Luftbildquelle:
Detailausschnitt aus Abb. 1)
3. Scheuchanlagenreihe 1 scheucht die Fische nicht heraus. In diesem Fall muss die
Lage der Scheuchanlage in das Gebäude hinein verlegt werden oder das
Einschwimmen der Fische in die Pumpenkammern mechanisch verhindert werden.
4. Möglicherweise reicht der Schall der Pumpen für die Fischscheuchung aus und
ersetzt bei langsamem Anfahren die Scheuchanlagenreihe 1.
5. Möglicherweise reicht der Schall der Pumpen für die Fischscheuchung aus und
ersetzt bei langsamem Anfahren die Scheuchanlagenreihe 1. Sollte der Schall und
die Vibrationen weit genug reichen entfallen möglicherweise alle Scheuchanlagen.
22
Benötigte Anzahl von Infraschallscheuchanlagen-Einheiten für die Effizienzuntersuchungen
Versuch 1: Die Fischscheuchanlage muss vor dem Einschalten der Pumpen die Fische aus
dem Gefahrenbereich verscheuchen. Gehen die Pumpen dann in Betrieb, werden aus dem
unmittelbaren Ansaugbereich keine Fische angesaugt und geschädigt. Bei weiter
anhaltendem Betrieb müssen die Fische, die sich dem Einlaufbauwerk aus der Jeetzel
nähern, davon abgehalten werden, in den Gefahrenbereich zu schwimmen.
Die Untersuchung, ob sich Fische mit Infraschall aus der Pumpenkammer scheuchen lassen
kann mit einer Scheuchanlageneinheit untersucht werden, die direkt vor dem Rechen vor
einer Pumpe platziert wird.
Bedarf Versuch 1: eine Scheuchanlageneinheit.
Untersuchungsbedingung: Pumpen sind nicht in Betrieb.
Versuch 2: Anschließend ist zu überprüfen, ob diese direkt vor dem Einlauf des
Schöpfwerks installierte Scheuchanlagentechnik ausreicht, um ein Einwandern weiterer
Fische beim Betrieb aus der Jeetzel zu verhindern, da dann dort rechnerisch relativ hohe
mittlere Strömungsgeschwindigkeiten von 0,66 m/s anliegen.
Bedarf Versuch 2: drei Scheuchanlageneinheiten – je eine vor einem Rechen der
jeweiligen Pumpen (vgl. Abb. 6).
Untersuchungsbedingung: Alle drei Pumpen sind in Betrieb.
Liefert Versuch 2 keine ausreichend guten Ergebnisse, wird Versuch 3 gestartet.
Optional Versuch 3: In diesen Fall wird eine Scheuchanlagenreihe im vorderen Bereich des
Einlaufbauwerks installiert, wo die seitlichen Flügelwände beginnen. Dort ist die
Strömungsgeschwindigkeit aufgrund des größeren Querschnittprofiles etwa um die Hälfte
reduziert (Scheuchanlagenreihe 2, vgl. Abb.7). Da nach neueren Erkenntnissen alle 12 m ein
Infraschallwandler benötigt wird, um einen ausreichend hohen Schalldruck aufzubauen, sind
4 Schallwandler in jenem Bereich notwendig.
Bedarf Versuch 3: vier Scheuchanlageneinheiten.
Untersuchungsbedingung: Alle drei Pumpen sind in Betrieb.
23
Für Aussagen, ob Fische aus der Jeetzel bei Schöpfwerkbetrieb von den Scheuchanlagen
abgehalten werden können, ist nur bei einem Pumpenbetrieb möglich (dies betrifft die
Versuche 2 und 3). Da bei Hochwasser das Siel der Jeetzel verschlossen wird, wird das
komplette Wasser der Jeetzel mit den Pumpen in die Elbe gepumpt. Alle in der Jeetzel
absteigenden Fische müssen dann vor der Passage des Pumpenhauses ferngehalten
werden. Hier sei angemerkt, dass in der Regel die Effizienz von Scheuchanlagen abnimmt,
wenn keine Wanderalternative für den weiteren Abstieg existiert (siehe Kap. 2).
24
4. Untersuchungsmethoden
Für verschiedene Fragestellungen kommen unterschiedliche Techniken zum Einsatz.
4.1 Elektrobefischung
Diese Technik wird in flachem Wasser watend und im tieferen Wasser per Boot eingesetzt,
um die Fischfauna in bestimmten Untersuchungsstrecken qualitativ und quantitativ zu
erfassen. Dabei bewegen sich die Fische auf die Fanganode zu. In der Nähe der Fanganode
werden die Fische kurz betäubt. Sie können dann entnommen werden. Anschließend erfolgt
Artbestimmung
und
Größenerfassung.
Danach
werden
die
Fische
wieder
ins
Ursprungsgewässer entlassen.
4.2 Netze, Reusen
Mit Netzen können gegebenenfalls Strecken abgesperrt werden, die elektrisch befischt
werden sollen. Dies erhöht die Effizienz der oben genannten Methode.
Es ist auch möglich, Reusen zu stellen, um im Gewässer Fischarten zu erfassen. Dies erfolgt
in der Regel in Standgewässern ergänzend zur Elektrobefischung.
Mit Hamenkuttern werden die Fischbestände in großen Flüssen wie der Elbe ergänzend zur
Elektrobefischung untersucht.
Oft werden Reusen oder Hamen eingesetzt, um Fischbewegungen im Gewässer zu
kontrollieren.
4.3 Elektroakustische Untersuchungsmethoden
Hier sind zwei Methoden zu unterscheiden.
a) Echolotuntersuchung mit horizontaler Split-Beam-Technologie:
Mit dieser Technik kann nachgewiesen werden, in welcher Wassertiefe bzw. Entfernung
sich Fische aufhalten. Auch deren Bewegungsrichtung und Größe, letzteres anhand der
Echostärke, können dargestellt werden. Es kann jedoch nicht nachgewiesen werden, um
welche Fischart es sich handelt. Um hier Aussagen treffen zu können, müssen parallele
Fischbestandserhebungen bspw. per Elektrobefischung oder Reusenfang erfolgen, wenn
Aussagen über die Artzusammensetzung der Fische getroffen werden sollen, die mit
dem Echolot erfasst wurden.
Ein derartiges Gerät steht Herrn Dr. Sonny (ProFish-Technology) für Untersuchungen zur
Verfügung. Im Anschluss an die Freilandarbeiten ist ein relativ großer Aufwand der
Datenbearbeitung notwendig. Bei dieser Technik gibt es Einschränkungen beim
Nachweis von Fischen in der Pumpenkammer, da es Echoprobleme an den
25
Betonwänden des Pumpeneinlaufs gibt. In diesem speziellen Fall ist das DIDSON besser
geeignet.
b) Mit einem speziellen Hochleistungs-Sonar, dem so genannten DIDSON (DUAL
FREQUENCY IDENTIFICATION SONAR) wird neben der Bewegung auch die Form der
Fische dargestellt. Diese Technologie wird daher auch als „akustische Kamera“
bezeichnet, die relativ klare Bilder selbst bei trübem Wasser liefert.
Auch hier können bei Bedarf parallel Elektrobefischungen durchgeführt werden, um die
erfassten Fischumrisse mit den Fischfangdaten abzugleichen.
Einschränkungen: Beide elektroakustischen Geräte können keine Fische erfassen, die
hinter den Bauteilen der Pumpen oder in anderen schlecht einsehbaren Bereichen in der
Pumpenkammer stehen. Während das Echolotgerät auch sehr kleine Fische erfassen kann,
wenn nicht allzuviel Geschwemmsel die Daten verfälscht, ist das DIDSON nur für Fische
über 5 cm einsetzbar.
26
5. Untersuchungsschwerpunkte
1. Erfassung des Fischbestandes vor dem Einlaufbauwerk, zur Klärung welche
Fischarten im unmittelbaren Bereich des Schöpfwerks gefährdet sind. Dies wiederum
gibt Aufschluss, welche Arten und Größenklassen die Scheuchanlage effizient
verscheuchen muss. Örtlich zu unterscheiden sind:
a. Fische, die sich im Pumpenhaus aufhalten
b. Im unmittelbaren Einlaufbereich befindliche Tiere direkt vor dem Schöpfwerk
c. Fischarteninventar der Jeetzel
2. Untersuchungen, ob die Fische sich mit geeigneten Techniken vom Schöpfwerk
fernhalten lassen. Hier sind verschiedene Betriebszustände zu unterscheiden:
a. Direkt beim Anfahren des Schöpfwerks
b. Bei länger anhaltendem Betrieb
c. Falls notwendig bei ruhendem Schöpfwerk
In den folgenden Ausführungen wird dargestellt, welche Untersuchungsschwerpunkte mit
welchen Methoden aus Kapitel 4 bearbeitbar sind.
Zu 1 a) Erfassung der Fische (Arten und Größe), die sich im Pumpenhaus aufhalten
Da es keine Revisionsschächte gibt, die es ermöglichen in die Pumpenkammer und somit
zwischen Rechen und Pumpe zu gelangen, ist die Erfassung des Fischbestandes im
Pumpenhaus ausschließlich mit elektroakustischen Methoden und hier wiederum nur mit
dem DIDSON möglich. Kleine Tiere unter 5 cm sind jedoch nicht erfassbar.
Zu 1 b) Erfassung der Fische (Arten und Größe) im unmittelbaren Einlaufbereich direkt
vor dem Schöpfwerk
Dies kann durch eine Elektrobefischung per Boot durchgeführt werden. Die Effizienz der
Befischung lässt sich in diesem Bereich deutlich erhöhen, wenn vor dem Rechen und am
oberwasserseitigen Einlaufbauwerksquerschnitt Netze mit 6 bis 8 mm Maschenweite
gespannt werden (Abb. 8). Gewichte an der unteren Netzleine sorgen dafür, dass das Netz
am
Gewässerboden
aufliegt,
während
Schwimmer
die
obere
Leine
auf
Wasseroberflächenniveau halten. Da diese Untersuchung bei ausgeschalteten Pumpen
erfolgt, ist dort keine Wasserströmung vorhanden, welche die Netze wegdriften lassen
würde.
27
Abbildung 8: Netzwände zum Absperren des Befischungsbereichs, zur Erhöhung der
Elektrobefischungseffizienz (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1)
Zu 1 c) Erfassung das Fischarteninventars (Arten und Größe) der Jeetzel
Da insbesondere flussabwärts wandernde Fische beim Schöpfwerkbetrieb zu erwarten sind,
sind Kenntnisse über die Fischfauna in der Jeetzel flussaufwärts erforderlich.
Zur Erfassung der Fischfauna in der Jeetzel, ist methodisch vergleichend zu befischen wie
im Rahmen des WRRL-Monitorings. Da entsprechend Kapitel 1 Kenntnisse aus
Untersuchungen der Jeetzel in den Jahren 2001, 2002, 2006 und 2008, sowie Erhebungen
der Fischbestände in der Elbe aus dem Jahr 2004 vorliegen, sind hier keine grundlegenden
zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten, vorausgesetzt, dass zwischenzeitlich keine Havarien,
enorm gestiegener Prädatordruck oder ähnliches die Fischfauna erheblich verändert haben.
28
Zu 2 a) Untersuchungen, ob die Fische sich vom Schöpfwerk direkt beim Anfahren des
Schöpfwerks aus der Pumpenkammer scheuchen lassen.
Hierbei sind zwei Scheuchmethoden zu nennen, deren Wirkung zu untersuchen ist.

Scheuchwirkung durch die Pumpen selbst, die bei einem programmierten sehr
langsamen Start anhand ihrer Geräusche und Vibrationen die Fische verscheuchen
können.

Infraschall-Scheuchanlage, welche die Fische aus der Pumpenkammer treibt. Hier
ist zu klären ob die Scheuchanlage in der Lage ist, die Fische aus der
Pumpenkammer zu scheuchen, wenn diese vor dem Rechen außerhalb des
Gebäudes angebracht wird (Scheuchanlagenreihe 1; Abb. 7). Dort ist sie relativ weit
von der Pumpenkammer entfernt. Überschläglich ermittelt beträgt die Distanz rund
14 m. Die Stärke der Signale können bis dorthin deutlich abgenommen haben, falls
sie nicht durch Reflexionen an den Betonwänden im Zulauf zu den Kammern mit nur
reduzierter
Abschwächung
weitergeleitet
werden.
Es
ist
zweckmäßig,
die
Scheuchanlage intervallartig aus- und anzuschalten, um den Fischen die Flucht an
der kurzzeitig ausgeschalteten Scheuchanlage vorbei zu ermöglichen. Anderenfalls
wäre ein Sackgasseneffekt die Folge.
Verschiedene Untersuchungsmethoden können zum Einsatz kommen
Netzfangtechniken: Indem vor einem Einlaufbauberk eine Reuse mit einer passenden
Öffnungsweite von 6 m x 4 m (Breite x Höhe) oder eine Flügelreuse (Flügelhöhe 4m,
Spannweite 6 m) mit einer Maschenweite von 8 mm gespannt wird, können alle Fische
gefangen werden, die das Einlaufbauwerk fluchtartig verlassen (Abb. 9). Voraussetzung ist,
dass die Fangtechnik den kompletten Querschnitt des Einlaufbauwerks überspannt, um alle
flüchtenden Fische zu erfassen.
29
Abbildung 9: Mögliche Anordnung einer Reuse zum Fang von Fischen, die die Pumpenkammer
verlassen (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1)
Bei dieser Technik ist der Vorteil, dass die Arten und Fischgrößen nach der Reusenleerung
exakt erfasst werden können. Da ohne Pumpenbetrieb bzw. bei sehr langsamem
Pumpenlauf kaum Strömung vorhanden ist, lassen sich derartige Netze unkompliziert
einsetzen und leeren. Bei den eingesetzten Netzen ist knotenloses Netzmaterial
einzusetzen, um Schürfverletzungen an den Fischen durch das Material zu vermeiden.
Die entnommenen Fische werden auf Art bestimmt und ihre jeweilige Gesamtlänge erfasst.
In einem repräsentativen Umfang werden zusätzlich Gewicht und Breite einzelner Individuen
ermittelt. Parallel mit den Fischfängen werden relevante Umweltparameter wie verschiedene
Wasserwerte (Temperatur, Leitfähigkeit, Sauerstoffgehalt, pH-Wert) sowie Abflussmengen
der Jeetzel, etc. erfasst. Dies ist notwendig, da diese schwankenden Umweltbedingungen
ihrerseits einen Einfluss auf die gefangenen Fischmengen haben.
Einschränkung: Es kann zwar beantwortet werden, dass die gefangenen Fischmengen auf
Fluchtbewegungen zurückzuführen sind. Ob noch Fische unter dem Gebäude verblieben
sind, kann nicht beantwortet werden.
30
Elektroakustische Methoden:
Insbesondere das DIDSON ist hier geeignet, die Fische und deren Bewegungen innerhalb
der Pumpenkammer aufzuzeichnen.
Einschränkungen: Elektroakustische Geräte können keine Fische erfassen, die hinter den
Bauteilen der Pumpen oder in anderen schlecht einsehbaren Bereichen in der
Pumpenkammer stehen. Das DIDSON ist nur für Fische über 5 cm einsetzbar.
Da es keinen Revisionsschacht gibt, kann das DIDSON entweder nur vor dem Rechen
positioniert werden oder durch einen etwa 10 cm breiten Spalt hinter dem Rechen hindurch.
Da bei etwa 14 m Sichttiefe des Gerätes die Aufzeichnungsgrenze am Ende der
Pumpenkammer erreicht ist, wird in dem hintersten Bereich die Datenerfassung schwierig
sein.
Kombination beider Methoden
Während das DIDSON die Fische in der Pumpenkammer und deren Schwimmrichtungen
erfasst, können mittels Reusenfang die gefangenen Fische exakt auf Art bestimmt und deren
Fischgrößen erfasst werden.
zu 2 b) Untersuchungen, ob die Fische sich vom Schöpfwerk fernhalten lassen, wenn
das Schöpfwerk länger in Betrieb ist.
Das nachhaltige Fernhalten von Fischen, die aus der Jeetzel bei Pumpenbetrieb nicht in den
Gefahrenbereich einschwimmen sollen, ist nur während der aktiven Pumpenphase
nachweisbar.
Hierbei sind zwei Scheuchmethoden zu nennen, deren Wirkung zu untersuchen ist.

Scheuchwirkung durch die Pumpen selbst, die während ihres Betriebs anhand
ihrer Geräusche und Vibrationen die Fische vor dem Eintreffen im Pumpenhaus
verscheuchen können.

Infraschall-Scheuchanlage, welche die Fische vor dem Einschwimmen in die
Pumpenkammer hindert.
31
Geeignete Untersuchungsmethoden
Netzfangtechniken: Für die Untersuchung der Effizienz der 2. Scheuchanlagenreihe wäre ein
etwa 40 breiter Hamen einzusetzen (Abb. 10).
Scheuchanlagenreihe 1
Scheuchanlagenreihe 2
Abbildung 10: Mögliche Anordnung einer Fangreusentechnik bzw. eines Hamens zur
Erfassung passierender Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle:
Detailausschnitt aus Abb. 1)
Solche Netzfangtechniken sind technisch aufwändig und bereiten Probleme bei großer
Geschwemmselfracht, da das komplette angesaugte Wasser der Jeetzel durch das Netz
fließen muss. Die bisherigen Pumpentests haben einen hohen Geschwemmselanfall gezeigt.
Diese Untersuchungen werden voraussichtlich nachts die größten Fischanzahlen liefern.
Alternativ kann auch ein Hamen hinter dem Pumpwerk angebracht werden (Abb. 11). Auch
dort lässt sich untersuchen, ob bei längerem Betrieb der Pumpen bzw. der Scheuchanlage
noch Fische das Schöpfwerk passieren. Der Vorteil beim Einsatz der Fangtechnik hinter dem
Schöpfwerk ist, dass großes Treibgut nicht den Rechen passiert und somit nicht in das Netz
geraten kann. Aber auch kleineres Treibgut wird problematisch werden. Der Vorteil dieser
Fangtechnik hinter den Pumpen ist, dass gleichzeitig Verletzungsarten und –häufigkeiten an
den Fischen ermittelt können werden.
32
Scheuchanlagenreihe 1
Scheuchanlagenreihe 2
Abbildung 11: Mögliche Anordnung eines Hamens hinter dem Schöpfwerk zur Erfassung
passierender Fische (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1)
33
Elektroakustische Untersuchungsmethode: In diesem Fall bietet sich die Echolottechnik als
verlässliche Nachweismethode an (Abb. 12), auch wenn hierbei keine Arterkennung möglich
ist, da wie oben beschrieben, die Netzfangtechnik bei hoher Geschwemmselfracht Probleme
bereitet.
Scheuchanlagenreihe 1
Scheuchanlagenreihe 2
Abbildung 12: Mögliche Anordnung eines Echolotschallkegels zur Erfassung passierender
Fische der Scheuchanlagenreihe 2 (Luftbildquelle: Detailausschnitt aus Abb. 1)
34
6. Andere Technikkombination, Fische abzuhalten
Sollte es unmöglich oder zu aufwändig sein, Fische aus den Pumpenkammern zu
scheuchen, ist es denkbar, ein Eindringen von Fischen während der Ruhezeiten durch
Verschluss der Rechenanlage zu verhindern. Hierfür kann ein feinmaschiges Netz aus
robustem Netzgarn oder eine starke Folie rolloartig direkt auf dem Rechen aufliegend
abgerollt werden. Im Hochwasserfall geht die Scheuchanlagenbarriere 2 in Betrieb und der
Einschwimmschutz wird hochgerollt, um den Abfluss nicht zu behindern. Dadurch wäre
gewährleitet, dass beim Anfahren der Pumpen keine Fische in der Pumpenkammer sind.
Scheuchbarriere 2 verhindert bei Pumpenbetrieb ein Einwandern (deren Effizienz an diesem
Standort
vorausgesetzt).
Nach
Beendigung
der
Hochwassersituation
wird
der
Einschwimmschutz wieder ausgerollt und abschließend die Scheuchtechnik abgeschaltet.
Eine andere Lösung ein Einschwimmen in die Pumpenkammern zu verhindern, kann ein
technisch veränderter Rechen sein, dessen flachstahlartig ausgeprägte Rechenstäbe um 90°
drehbar sind. Zum Verschluss werden die Flachstahlstäbe so gedreht, dass sie die Lücken
zueinander verschließen.
7. Allgemeine Einschätzung
Da zu unterschiedlichen Jahreszeiten andere Fischarten und –anzahlen vom Pumpenlauf
betroffen sein können, sind Untersuchungsergebnisse eines begrenzten Zeitraumes im Jahr
2010 nicht vollständig übertragbar. Die Pumpentests haben gezeigt, dass bei den Versuchen
im März viele Fische geschädigt wurden, während im September kaum Fischschäden
sichtbar waren. Dies kann daran liegen, dass die Fische zu unterschiedlichen Jahreszeiten
sich in unterschiedlichen Mengen in den Pumpenkammern aufhalten, oder dass sie im März
bei kälteren Wassertemperaturen physiologisch nicht in der Lage sind, rechtzeitig zu
flüchten. Dennoch geben die hier vorgestellten Untersuchungen fundierte Hinweise, ob die
Anordnung der Scheuchtechnik prinzipiell für diesen speziellen Einsatzbereich zielführend
ist. Sollten im Rahmen der Untersuchungen zur Effizienz einer Scheuchanlage alle
Fischarten und Größenklassen sowie Altersstadien nachzuweisen sein, müssten die
Untersuchung
über
einen
kompletten
Jahresgang
durchgeführt
werden
repräsentativen Jahreszeiten, in welchen verstärkt mit Hochwässern zu rechnen ist.
35
oder
in
8. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen bzgl. Vorgehensweise
Für die Versuche, die Fische aus der Pumpenkammer zu scheuchen und dort bei
Pumpenbetrieb fernzuhalten sind insbesondere die Pumpen selbst mit einer programmierten
sehr langsamen Startphase oder eine akustische Infraschallscheuchanlagentechnik
geeignet. Sollten beide Systeme mit ihren Schwingungen und Geräuschen nicht die Fische
ausreichend schützen können, kann zumindest ein Verschluss der Pumpenkammern
außerhalb der Betriebsphase die Fische aus den Pumpenkammern fernhalten.
Je nach Fragestellungen der Effizienzkontrolle kommen Elektrobefischung, Netzfangtechnik
und elektroakustische Untersuchungsmethoden zum Einsatz. Im überbauten Bereich der
Pumpenkammer sind nur Echolot- bzw. Sonartechniken einsetzbar. Bei Pumpenbetrieb sind
diese
Methoden
der
Netzfangtechniken
vorzuziehen,
da
sie
unabhängig
der
Geschwemmselfracht für die Datenerfassung geeignet sind.
Die Untersuchungen bzgl. der Effizienz der Scheuchsignale der Pumpen bzw. der
Scheuchanlage sollten aufeinander aufbauend durchgeführt werden, um keinen unnötig
hohen Aufwand zu betreiben.
1. Zu
Beginn
ist
der
Fischbestand
im
Einlaufbereich
des
Schöpfwerks
mittels
Elektrobefischung durchzuführen. Falls Bedarf besteht, ergänzende Fischerfassungen in
der Jeetzel durchzuführen, können ergänzende Erhebungen dort durchgeführt werden.
2. Mit dem DIDSON wird untersucht wie viele Fische sich in den Pumpenkammern
aufhalten. Die Einsatzmöglichkeiten des DIDSONS werden geprüft und optimiert.
3. Der langsame Start der Pumpe wird durchgeführt und die Reaktion der Fische auf deren
Vibration mittels DIDSON untersucht. Ergänzende Reusenfänge liefern bei Bedarf die
exakten Daten der vergrämten Fische.
4. Sollten die langsam startenden Pumpen die Fische nicht vergrämen, wird von ProFishTechnology erst eine Testscheuchanlage geliefert, deren Position beliebig verändert
werden kann, da sie an einem Schwimmponton befestigt ist. Diese wird vor einer
Pumpenkammer stationiert und wie unter Punkt 3 untersucht.
5. Mit der Ausweitung der Untersuchungen auf 3 Scheuchanlageneinheiten wird untersucht,
ob die Technik direkt vor dem Rechen der Pumpenkammern die Fische bei
Pumpenbetrieb abhält. Dies erfolgt bei Pumpenbetrieb mit DIDSON oder Echolot mit
Splitbeam-Technologie.
6. Stellt sich heraus, dass die Scheuchanlagenreihe 1 die gewünschten Ziele erreicht,
können Details der Endinstallation geklärt werden. Werden die Ziele nicht erreicht, ist
36
eine Technik zu suchen, die das Einwandern der Fische außerhalb der Betriebsphasen
verhindert, indem die Rechenbereiche mechanisch verschlossen werden.
7. Anschließend kann die Scheuchanlagenreihe 2 mit 4 Infraschallwandlern für den
Testbetrieb vorbereitet werden. Dann werden die Pumpen langsam angefahren.
Anschließend gehen die Pumpen in den Normalbetrieb über. Mittels Echolotgerät wird
überwacht, ob Fische in Richtung Pumpenhaus uneingeschränkt einwandern oder ob sie
von den Pumpengeräuschen und Vibrationen am Einwandern gehindert werden. Parallel
erfolgen vergleichende Untersuchungen mit der Scheuchanlagenreihe 2. Anhand dieser
Ergebnisse kann diskutiert werden, ob die Infraschallanlagen für diese speziellen
Standortbedingungen die gewünschten Ergebnisse liefern und ob die Fischmengen, die
aus
der
Jeetzel
bei
Pumpenbetrieb
Richtung
Pumpenhaus
wandern
eine
Fischscheuchung erforderlich machen. Die Ergebnisse werden auch belegen, ob diese
Untersuchungen zu einem anderen Zeitraum wiederholt werden müssen.
Diese Vorgehensweise, welche jeweils ergebnisabhängig chronologisch aufeinander
aufbaut, ist im folgenden Schema dargestellt (Abb. 13).
Pumpenlärm
scheucht?
nein
Versuch mit einer
Scheucheinheit
vor dem Rechen
Ja
Ja
Ziel
erreicht
scheucht dauerhaft?
Versuch mit 3 Scheucheinheiten
nahe der Rechenanlage
Nein
Ja
Ziel
erreicht
Bei längerem
Pumpenbetrieb
Fische aus der
Jeetzel abhalten
Nein
scheucht
Anderes System
z.B. kompletter
Verschluss
Fische aus der Pumpenkammer
scheuchen
scheucht
Halten
Pumpenvibrationen
die Fische
dauerhaft
ab?
scheucht
nicht
Versuch mit
Scheuchreihe 2
Versuch mit
4 Scheucheinheiten
vorgelagert im
Einlaufbereich
scheucht
nicht
Scheuchanlage
ist für diesen
Standort
ungeeignet
Abbildung 13: Schematische Darstellung der prinzipiellen Vorgehensweise
37
Nach eigenen Untersuchungen (SCHMALZ 2002a und 2002b) ist mit einer besonders starken
Fischbewegung in den Nachtstunden in Abhängigkeit von der Mondphase und bei
Abflusserhöhung nach Starkregenereignissen zu rechnen. Insbesondere dunkle Nächte
aufgrund geringer Lichtabstrahlung bei Neumond lassen starke Abwärtswanderungen
erwarten. Dies ist bei den Effizienzkontrollen der Scheuchanlagen bei längerem
Pumpenbetrieb zu berücksichtigen. Somit ist die Aussagekraft aufgrund erhöhter
Fischbewegungen am höchsten, wenn die Untersuchungen in einem Zeitfenster um
Neumond erfolgen. Gegebenenfalls werden aufgrund spezieller Abflussverhältnisse nach
Starkniederschlagsereignissen und erfolgter Rücksprache zusätzliche Untersuchungen
durchgeführt. Durch den Vergleich von Zeiträumen mit bzw. ohne Betrieb der akustischen
FSA kann deren Effizienz ermittelt werden.
Nach jedem Untersuchungsblock werden die Ergebnisse einer ersten Auswertung
unterzogen. Zeigt sich, dass die akustischen Fischscheuchanlagen nicht ausreichend gut
funktionieren, erfolgt eine entsprechende Rückmeldung an die relevanten Ansprechpartner
und an die Frima (ProFish-Technology). Letztere hat dann die Aufgabe, die Technik wenn
möglich so zu verändern, dass die Effizienz ausreichend hoch ist. Gelingt dies abschließend
nicht, werden die Untersuchungen abgebrochen.
Gegebenenfalls wird ein Vor-Orttermin mit allen Beteiligten einberaumt, um das weitere
Vorgehen zu besprechen.
38
9. Zeitplan
Notwendige Elektrobefischungen sollten zeitnah etwa eine Woche vor den eigentlichen
Effizienzuntersuchungen der Scheuchtechnik erfolgen.
Herr Dr. Sonny kann im September/Oktober erste Tests mit einer Schauchanlage vor einer
Pumpenkammer und mit dem Echolotgerät vornehmen. Bis Mitte Oktober können weitere
benötigte Scheuchanlageneinheiten für Untersuchungen mit 3 und 4 Anlagen vorbereitet
werden.
Sollten ergänzende Reusenfänge anvisiert werden, können diese Netze parallel vorbereitet
werden, um dann für die Untersuchungen zur Verfügung zu stehen.
Einziges derzeit in Deutschland existierendes DIDSON des Landesfischereiverbandes
Westfalen u. Lippe e. V. wird von Dr. Marc Schmidt und seinem Kollegen (Doktorand)
bedient. Insbesondere zwischen Mitte Oktober und Mitte November ist deren Zeitbudget für
derartige Arbeiten jedoch stark eingeschränkt.
39
10. Arbeitsaufwand und Kosten
Eine exakte Kostenermittlung ist nicht möglich, da der Aufwand ergebnisabhängig und somit
schwer kalkulierbar ist. Es können lediglich einzelne Kostensätze genannt werden, die sich
je nach Untersuchungsdauer entsprechend summieren.
Eine Boots-Elektrobefischung mit zusätzlichen 2 Helfern kann mit 120 Euro netto inkl.
Materialeinsatz (zzgl. Fahrtkosten) angeboten werden. Zusätzliche Kosten kommen für die
Netzwände hinzu.
Der Tagesmietsatz für das DIDSON beträgt 700 Euro netto. Der Tagessatz inkl.
wissenschaftlicher Betreuung beläuft sich auf 1200 Euro netto pro Untersuchungstag
(8 h-Tag) zzgl. Fahrtkosten. Pro Untersuchungswoche sind 2 Tage Nachbearbeitung nötig,
um die Aufnahmen zu dokumentieren. Der 8-Stundentag für diese Tätigkeit wird mit 480
Euro veranschlagt.
Der Mietpreis einer Scheuchanlageneinheit beträgt 1750 Euro pro Monat. Vorbereitende
Tätigkeiten und Installationskosten sowie Transportkosten kommen je Aufwand hinzu. Die
Kosten für den Einsatz der Echolotanlage mit Splitbeam-Technologie kann bei Bedarf noch
ermittelt werden.
Nach endgültiger Abstimmung der Untersuchungsinhalte und Prognose einer zielführenden
Untersuchungsdauer können genauere Kostenkalkulationen inklusive Gutachtenerstellung
bzw. Angebotsausfertigungen erfolgen.
11. Ausblick über offene Fragen
Ein Teil der Untersuchungen zur Effizienzermittlung der Scheuchwirkung ist nur bei vollem
Pumpenbetrieb möglich. Können diese Pumpentests jederzeit durchgeführt werden? Bei
welchen Grundbedingungen wäre es möglich, einen Pumpenbetrieb vorzunehmen, um die
Strömungsabhängige Scheucheffizienz zu quantifizieren?
40
Literatur
BONE, Q; MARSHALL, N. B. (1985): Biologie der Fische. Stuttgart, New York.
DVWK [Hrsg.] (1997): Fischabstieg – Literaturdokumentation. Bonn.
ATV-DVWK [Hrsg.] (2004): Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen – Bemessung,
Gestaltung, Funktionskontrolle; ATV-DVWK Themen, ATV-DVWK-Arbeitsgruppe WW-8.1.
Hennef.
FREY, H. (1972): Das Aquarium von A bis Z. - Melsungen, Basel, Wien.
HOLZNER, M. (1999): Untersuchung zur Vermeidung von Fischschäden im Kraftwerksbereich,
dargestellt am Kraftwerk Dettelbach a. Main / Unterfranken. - Schriftenreihe des
Landesfischereiverbandes Bayern e. V. München.
LUGLI, M. (2001): Gobies as a model for the study of fish acoustic communication. Tagungsbeitrag. Fish Bioacoustics, Chicago, 30. Mai – 02. Juni.
MEYER-W AARDEN, P. F.; HALSBAND, E. (1975): Einführung in die Elektrofischerei - H.
Heenemann GmbH. Berlin.
SCHMALZ, W. (2002a): Modifizierung, Erprobung und Untersuchung einer neuartigen
Fangtechnik zur Erforschung des Fischabstiegs im Bereich von Wasserkraftanlagen. –
Abschlußbericht zum DBU-geförderten Projekt, Az: 18620.
SCHMALZ, W. (2002b): Untersuchung der Möglichkeiten der Anwendung und Effektivität
verschiedener akustischer Scheucheinrichtungen zum Schutz der Fischfauna vor
Turbinenschäden. – Abschlußbericht zum DBU-geförderten Projekt, Az: 15864
SCHMALZ, W.; SCHMALZ, M. (2007): Durchführung systematischer Untersuchungen zur
Konzeption funktionsgerechter Wanderhilfen im Bereich von Wasserkraftanlagen am
Beispiel der Wasserkraftanlage Camburg/Döbritschen (Thüringen). - Abschlußbericht zum
DBU-geförderten Projekt, Az: 18364/01.
SCHMALZ, W. (2010): Ergebnisse der Effizienzkontrolle einer akustischen
Fischscheuchanlage. – Gutachten im Auftrag der Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH.
SONNY, D.; KNUDSEN, F.R.; ENGER, P.S.; KVERNSTUEN, T.; SAND, O. (2006). Reactions of
cyprinids to infrasound in a lake and at the cooling water inlet of a nuclear power plant.
Journal of Fish Biology 69: 735-748.
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