hmf food production

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hmf food production
Herstellung von 5-Hydroxymethylfurfural aus D-Fructose
und
In-situ-Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
zu 2,5-Furandicarbonsäure ausgehend von D-Fructose;
Entwicklung neuartiger Verfahren
auf Basis von Membranen und immobilisierten Katalysatoren
Von der Gemeinsamen Naturwissenschaftlichen Fakultät
der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina
zu Braunschweig
zur Erlangung des Grades eines
Doktors der Naturwissenschaften
(Dr. rer. nat.)
genehmigte
Dissertation
von
Martin Kröger
aus Braunschweig
1. Referent:
Prof. Dr. K.-D. Vorlop
2. Referent:
Prof. Dr. H. Menzel
eingereicht am:
4. Juli 2002
mündliche Prüfung am:
13. Dezember 2002
2002
Teilergebnisse aus dieser Arbeit wurden mit Genehmigung der Gemeinsamen
Naturwissenschaftlichen Fakultät, vertreten durch den Betreuer, in folgenden Beiträgen vorab
veröffentlicht:
Publikationen
- M. KRÖGER, U. PRÜßE, K.-D. VORLOP; A new approach for the production of 2,5furandicarboxylic acid by in situ oxidation of 5-hydroxymethylfurfural starting from
fructose, Topics in Catalysis, 13, (2000), S. 237-242
Tagungsbeiträge
- M. KRÖGER, U. PRÜßE, K.-D. VORLOP; A new approach for production of 2,5furandicarboxylic acid by in situ oxidation of 5-hydroxymethylfurfural starting from
fructose, 5th International Symposium on Heterogeneous Catalysis and Fine Chemicals,
Lyon, Frankreich, (1999)
- M. KRÖGER, U. PRÜßE, K.-D. VORLOP; Herstellung von 2,5-Furandicarbonsäure durch Insitu-Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural ausgehend von D-Fructose, XXXIII.
Jahrestreffen deutscher Katalytiker, Weimar, (2000)
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung und Problemstellung
1
1.1
1.2
1.3
1
4
6
1.4
1.5
Perspektiven nachwachsender Rohstoffe in der chemischen Industrie
Die Verwendung von Kohlenhydraten als chemischer Rohstoff
5-Hydroxymethylfurfural – Schnittstelle zwischen Kohlenhydraten
und der erdölbasierten industriellen organischen Chemie
Herstellung von 5-Hydroxymethylfurfural
Problemstellung
10
13
2
Theoretische Grundlagen
15
2.1
2.1.1
2.1.1.1
2.1.1.2
2.1.1.3
2.1.1.3.1
2.1.1.3.2
2.1.1.3.3
Heterogene Katalyse
Edelmetallträgerkatalysatoren
Wirkungsweise von Edelmetallträgerkatalysatoren
Präparation von Edelmetallträgerkatalysatoren
Katalytische Oxidation
Mechanistische Deutung der katalytischen Oxidation
Desaktivierungserscheinungen
Einfluß ausgewählter Reaktionsbedingungen auf die katalytische
Oxidation
2.1.1.3.4 Oxidation von Kohlenhydraten
2.1.1.3.5 Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
2.1.2
Feststoffsäuren
2.1.2.1
Saure Zeolithe
2.1.2.2
Organische Kationenaustauscherharze
2.1.2.3
Niobsäure und phosphatierte Niobsäure als feststoffsaure Katalysatoren
25
28
30
31
34
36
2.2
2.2.1
37
38
2.2.2
2.2.2.1
Chemisch-katalytische Prozesse in zweiphasigen Systemen
Anwendungsbeispiele von Zweiphasensystemen in der
Verfahrenstechnik
Stofftransport und Stoffdurchgangsprozesse an der Phasengrenze
Stofftransport durch Diffusion und Konvektion
15
17
17
19
20
20
21
24
39
39
I
Inhaltsverzeichnis
2.2.2.2
Stoffdurchgang an der Phasengrenze
40
2.3
2.3.1
2.3.1.1
2.3.1.2
2.3.1.3
2.3.1.4
2.3.2
Immobilisierte Katalysatoren
Membranunterstützte Verfahren
Rückhalt von Membranen
Dialyse und Dialysatoren
Pertraktion und Membrankontaktoren
Katalytische Umsetzungen in Membranreaktoren
Polymerimmobilisierte Katalysatoren
42
42
43
44
46
47
49
2.4
2.4.1
2.4.1.1
2.4.2
Kinetik heterogen-katalysierter Reaktionen
Mikrokinetik
Ermittlung kinetischer Daten
Makrokinetik
51
52
53
54
3
Experimentelles
57
3.1
57
3.1.1
3.1.2
3.1.2.1
3.1.2.2
3.1.3
Versuche zur sauerkatalysierten Dehydratisierung von Fructose zu
5-Hydroxymethylfurfural und zur Hydrolyse von HMF
Feststoffsaure Katalysatoren
Test der Katalysatoren
Katalysatorteststände
Reaktionsbedingungen und Durchführung der Versuche
Offener Membranreaktor für das Zweiphasensystem Wasser/PEG
3.2
3.2.1
3.2.2
3.2.2.1
3.2.2.2
3.2.2.3
Untersuchungen zur Oxidation von HMF
Edelmetallträgerkatalysatoren
Test der Katalysatoren
Reaktionen in wäßriger Phase bei Normaldruck
Reaktionen in wäßriger Phase bei erhöhtem Druck
Reaktionen in organischer Phase
62
62
64
64
66
68
3.3
Untersuchungen zur In-situ-Oxidation im Zweiphasengemisch
Wasser/MIBK
Geschlossener Membranreaktor für das Zweiphasensystem
Wasser/MIBK
Konditioniertes Gemisch
Siliconimmobilisierte Katalysatoren
70
Ermittlung der Aktivitäten und Selektivitäten der untersuchten
Katalysatoren
Bestimmung von HMF-Verteilungskoeffizienten
Analytische Methoden
75
3.3.1
3.3.2
3.3.3
3.4
3.5
3.6
II
57
58
58
59
61
70
72
73
78
78
Inhaltsverzeichnis
4
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5Hydroxymethylfurfural
82
4.1
4.2
82
83
4.2.2.1
Einführung
Untersuchung der sauerkatalysierten Dehydratisierung von Fructose
in wäßriger Phase
Untersuchung der Fructosedehydratisierung in wäßriger Phase mit
unterschiedlichen Katalysatorsäuren
Variation des pH-Werts
Screening nach Feststoffsäuren
Vergleich homogene Säure/heterogene Säure
Untersuchungen zur Kinetik der sauerkatalysierten Umsetzung von
Fructose mit dem Ionentauscher Lewatit SPC 108
Ermittlung der kinetischen Parameter
4.2.2.2
4.2.2.3
Erweiterung des Modells um einen HMF-Abfangschritt
Einfluß der Reaktionstemperatur
93
98
4.3
4.3.1
Dehydratisierung von Fructose zu HMF in Polyethylenglycol
Screening nach feststoffsauren Katalysatoren für die
Fructosedehydratisierung in PEG 600 als Lösungsmittel
Dehydratisierung von Fructose in Polyethylenglycolen unterschiedlicher
Molekülmasse mit Lewatit SPC 108 als Katalysatorsäure
Dehydratisierung von Fructose in PEG 35.000 mit unterschiedlichen
Wasseranteilen
Entwicklung eines offenen Polyethylenglycol/Wasser-Membransystems
für die Dehydratisierung von Fructose zu HMF
100
101
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5Hydroxymethylfurfural
108
4.2.1
4.2.1.1
4.2.1.2
4.2.1.3
4.2.2
4.3.2
4.3.3
4.3.4
5
5.1
5.2
5.2.1
Einführung
HMF-Oxidation in wäßriger Phase
Screening nach Katalysatoren für die gleichzeitige Oxidation von HMF
und Fructose
5.2.2
Untersuchungen der Oxidation von HMF mit PtBi/C
5.2.2.1
Abhängigkeit vom pH-Wert
5.2.2.2
Untersuchung der Temperaturabhängigkeit im sauren Milieu
5.2.2.3
Oxidation von HMF in Gegenwart von Fructose
5.2.2.3.1 Untersuchung der Abhängigkeit der gleichzeitigen Oxidation von
Fructose und HMF in wäßriger Phase von der Temperatur
83
83
84
87
88
88
102
103
104
108
109
109
111
112
113
115
116
III
Inhaltsverzeichnis
5.2.2.3.2 Untersuchung der Abhängigkeit der gleichzeitigen Oxidation von
Fructose und HMF in wäßriger Phase vom pH-Wert
5.2.3
Screening nach Oxidationskatalysatoren für die gleichzeitige Oxidation
von HMF und Fructose unter sauerstofflimitierten Bedingungen ohne
Regelung des pH-Werts
5.2.4
In-situ-Oxidation von HMF in rein wäßriger Phase
5.2.5
Zusammenfassung der Untersuchungen zur Oxidation von HMF in
wäßriger Phase
118
5.3
5.3.1
5.3.2
5.3.3
HMF-Oxidation in organischen Lösungsmitteln
Screening nach geeigneten Lösungsmitteln
Screening nach Katalysatoren für die HMF-Oxidation in MIBK
HMF-Oxidation mit PtBi/C in MIBK mit unterschiedlichen
Wassergehalten
127
127
128
130
6
In-situ-Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural im
Zweiphasensystem Wasser/MIBK
132
6.1
Theoretische Überlegungen zur Durchführung der In-situ-Oxidation
im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
Grundlegende Untersuchungen
Untersuchung der Stabilität der Oxidationsprodukte FDA, FFCA und
FDCA im Vergleich zu HMF unter den sauren HMFBildungsbedingungen
Bestimmung des Fructose-Wasser/MIBK-Verteilungskoeffizienten
132
6.2
6.2.1
6.2.2
6.3
6.4
6.5
6.5.1
6.5.2
6.5.3
6.5.4
6.5.5
6.5.6
IV
Durchführung der In-situ-Oxidation im Zwei-KammerMembranreaktor
Suspensionsverfahren ohne Immobilisierung des Katalysators
Suspensionsverfahren mit siliconimmobilisiertem
Oxidationskatalysator
Prinzip der Wirkungsweise
Bestimmung der Quellfaktoren der nach dem Suspensionsverfahren
hergestellten Siliconperlen in Wasser und MIBK
Variation des Si-Perlendurchmessers
Variation des Katalysatorverhältnisses saurer Katalysator Oxidationskatalysator
Variation der Menge an saurem Katalysator und Oxidationskatalysator
Schlußfolgerungen
122
125
126
133
133
135
135
140
142
142
144
144
148
150
151
Inhaltsverzeichnis
7
Zusammenfassung
153
8
Ausblick
157
9
Literaturverzeichnis
160
10
Anhang
178
10.1
10.2
10.3
Abkürzungen
Formelzeichen und Symbole
Verwendete Geräte und Chemikalien
178
180
182
V
Einleitung
1
Einleitung und Problemstellung
1.1
Perspektiven nachwachsender Rohstoffe in der chemischen
Industrie
Die Rohstoffversorgung der chemischen Industrie hat seit dem 19. Jahrhundert einen grundlegenden Strukturwandel erfahren. Während der Bedarf an chemischen Grundstoffen zunächst
ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen gedeckt wurde, setzte die chemische Industrie
etwa ab 1850 vermehrt fossile Rohstoffe, insbesondere Kohle ein. Ab den vierziger Jahren
unseres Jahrhunderts gewann Erdöl zunehmend an Bedeutung und bildet nun seit etwa 40
Jahren die mit Abstand wichtigste Rohstoffquelle. So lassen sich die Produktstammbäume der
chemischen Industrie heutzutage auf ca. 300 Grundchemikalien zurückführen, die sich zu
über 80 % aus Erdöl ökonomisch vorteilhaft gewinnen lassen [1]. Beim derzeitigen Erdölverbrauch von ca. 3,3 Mrd. t/a weltweit (davon 6-7 % stoffliche Verwertung, der Rest dient
zur Energiegewinnung) liegt die statistisch hochgerechnete Reichweite der wirtschaftlich
gewinnbaren Reserven (1996 138,4 Mrd. t) bei lediglich gut 40 Jahren [2]. Da somit an der
Jahrtausendwende die langfristige wirtschaftliche Verwertung dieses fossilen Rohstoffes nicht
mehr gewährleistet erscheint, besteht die Notwendigkeit, eine alternative Rohstoffquelle im
Sinne eines „Sustainable Development“ zu etablieren. Auch vor dem Hintergrund der anhaltenden Überschußsituation auf den Agrarmärkten [3] und bedingt durch problematische
Umwelteinflüsse fossiler Rohstoffe auf den globalen CO2-Haushalt [4] sind die nachwachsenden Rohstoffe wieder in den Blickpunkt der chemischen Industrie gerückt. Nicht
unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Erschließung von Absatzmärkten für
Abfallprodukte aus der Nahrungsmittelindustrie wie z. B. Chitin und dem daraus gewinnbaren
Chitosan aus den Schalenabfällen der Krabbenfischerei als wertvolle Rohstoffquelle [5].
Bei der Einführung nachwachsender Rohstoffe in die industrielle Produktion werden zwei
Strategien unterschieden [6]. Die erste Strategie baut auf die etablierten Produktstammbäume
der chemischen Industrie auf, indem neue Verfahren für bekannte Zwischenprodukte aus
nachwachsenden Rohstoffen entwickelt werden. Voraussetzung für den Erfolg dieser
Strategie ist die Entwicklung kostengünstiger und selektiver Herstellungsverfahren. Die
1
Kapitel 1
zweite Strategie verläßt die etablierte Produktionsstruktur und nutzt die von der Natur erbrachte Synthesevorleistung zur Herstellung von neuen Produkten mit neuen Eigenschaften,
die auf herkömmlichen Synthesewegen auf Basis von Petrochemikalien nicht oder nur schwer
zugänglich sind. Beispiel hierfür ist die Herstellung von Produkten mit hoher biologischer
Abbaubarkeit.
Der Anteil nachwachsender Rohstoffe am Rohstoffbedarf der chemischen Industrie stagniert
in Deutschland seit Jahren auf einem Niveau von 10 % (1,8 Mio t, Stand 1994) und verteilt
sich auf 51 % Öle/Fette (910.000 t), 43 % Kohlenhydrate (465.000 t Stärke, 250.000 t Cellulose, 32.000 t Saccharose) und 6 % sonstige (z. B. Proteine, Proteinhydrolysate, Lignin) [7].
Eingesetzt werden nachwachsende Rohstoffe im Wesentlichen nach der zweitgenannten
Stragetie zur Herstellung von höherveredelten Spezialprodukten mit vergleichsweise
geringem Produktionsvolumen. Einige exemplarische Produkte sind Biotenside auf Zuckerund Fettsäure- bzw. Fettalkoholbasis [8, 9], naturfaserverstärkte Verbundwerkstoffe [10], die
enzymatische Herstellung von Cyclodextrinen [11, 12] oder die Produktion umweltfreundlicher Hydraulik- und Schmierstoffe auf Basis pflanzlicher und tierischer Öle [13]. Auf dem
Gebiet der Spezialchemikalien und bei den fermentativen Prozessen, die ohnehin den nachwachsenden Rohstoffen vorbehalten sind, liegt ein erhebliches Entwicklungspotential ihres
Einsatzvolumens, da die Produktvielfalt noch erhebliche Wachstumsmöglichkeiten besitzt.
Um den Anteil nachwachsender Rohstoffe am Gesamtrohstoffbedarf deutlich zu steigern,
müssen vor allem analog zur erstgenannten Strategie Anteile auf dem Markt der Grundchemikalien gewonnen werden. Dieser Markt bleibt den nachwachsenden Rohstoffen noch
weitgehend verschlossen, da sie aufgrund des von der Petrochemie vorgegebenen niedrigen
Preisniveaus hier nicht konkurrenzfähig sind (s. Tab. 1.1 [14]).
2
Einleitung
Tab. 1.1
Marktpreise ausgewählter Rohstoffe und Chemieprodukte auf Basis fossiler und
nachwachsender Rohstoffe in Deutschland, Preise in DM/t (Stand Mai 1994; aktuelle
Börsennotierungen – Stand Mai 2001 – in Klammern):
Rohstoffe Erdöl
Erdgas
Naphtha
Grundprodukte
Benzol
Ethylen
Propylen
Methanol
Ammoniak
Zwischen- Ethylenoxid
produkte Propylenoxid
1,2-Propandiol
1,4-Butandiol
Acrylsäure
225.- (440,-)1
217.246.-
Mais
Weizen
Sojabohnen
158.- (200,-)3
157.- (289,-)3
404.- (421,-) 3
(500,-) 2
(670,-) 2
(660,-)2
(250,-)2
300.-
Rapsöl
Palmöl
Melasse
Saccharose
Stärke
1120.- (900,-)4
806.250.840.- (340,-)5
700.-
1000.2000.1600.3200.2200.-
Sorbit
Furfural
Citronensäure
Fettalkohole (C12-C14)
Glycerin
1400.1300.2250.1800.3150.-
550.650.470.294.-
1) http://home.t-online.de/home/tecson/prohoel.htm
2) http://chemweek.com/features/2002/PriceReport04032002_01.pdf
3) http://www.nzz.ch/2002/01/03/ig/table-article7VOJ5.html
4) http://www.wtb-hannover.de
5) http://sugartech.co.za/sugarprice
Zur Steigerung des Substitutionspotentials nachwachsender Rohstoffe im Bereich der Grundchemikalien und der damit verbundenen Steigerung des Volumens an nachwachsenden
Rohstoffen müssen innovative Technologien auf unterschiedlichen Produktionsebenen entwickelt werden [14]:
·
effiziente Technologien zur Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe in entsprechenden Mengen und Reinheiten
·
bio- und gentechnologische Verfahren in der Pflanzenzucht, insbesondere verbesserte
Rohstoffqualitäten, höhere Erträge und ein angepaßtes Produktspektrum der Pflanzen
·
Entwicklung neuer Synthesemethoden und –strategien
·
Methoden zur technischen Umsetzung zur Verwertung nachwachsender Rohstoffe in
industriellen Prozessen
Daß sich nachwachsende und fossile Rohstoffe nicht unvereinbar gegenüberstehen müssen,
sondern daß sie sich in bestimmten Einsatzbereichen sehr gut ergänzen können, mag das
3
Kapitel 1
kuriose Anwendungsbeispiel der Verwendung des Fettsäureesters Petrofree®
nachwachsender Rohstoffe zur Schmierung des Bohrgestänges und zur Spülung
lochs bei Erdölbohrungen im Meer demonstrieren. Hier trägt das auch bei
Temperaturen am Meeresboden biologisch abbaubare Schmieröl dazu bei, daß
seeischen Erdölresourcen umweltschonend exploriert werden können [7].
1.2
auf Basis
des Bohrniedrigen
die unter-
Die Verwendung von Kohlenhydraten als chemischer
Rohstoff
Eine besondere Rolle unter den nativen Rohstoffen kommt den Kohlenhydraten zu, die mit
95 % der jährlich durch Photosynthese erzeugten Biomasse von geschätzten 200 Mrd t weltweit den mit Abstand größten Anteil haben. Davon werden lediglich 3 % vom Menschen
genutzt, der Rest verrottet und recycliert auf natürlichem Wege. Auch die aus der Biomasse
isolierten Produkte fallen in beträchtlicher Menge an. So stellt z. B. die Saccharose mit einer
Weltjahresproduktion von über 120 Mio t die meist produzierte definierte organische Verbindung dar [15]. Daneben werden noch weitere Mono- und Disaccharide (z. B. Glucose,
Lactose, Fructose, Isomaltulose und Xylose) in Bulk-Mengen zu einem Preis produziert, der
sich im Bereich von industriellen organischen Basischemikalien bewegt [16].
Die genannten Mechanismen und Strategien bei der Markteinführung von nachwachsenden
Rohstoffen gelten für niedermolekulare Kohlenhydrate und die aus ihnen derivierten Produkte
in besonderem Maße, da diese aufgrund ihrer strukturellen Beschaffenheit über eine Reihe
von Eigenschaften verfügen, die denen der Petrochemikalien überlegen sind. Zu nennen sind
hier vor allem erhöhte Wasserlöslichkeit, verbesserte Bioabbaubarkeit und das Bereitstellen
enantiomerenreiner Vorstufen für den Feinchemikalienbereich.
Ungeachtet dieser Zahlen und Fakten wurde nur ein geringer Teil als Rohstoffquelle für den
Non-Food-Bereich genutzt. 1994 wurden beispielsweise weltweit nur 3 Mio t Saccharose als
Industriezucker verarbeitet [17]. Eine Übersicht über die Produkte aus niedermolekularen
Kohlenhydraten und aus Polysacchariden sowie ausgewählte Beispiele zur Verwendung gibt
Tab. 1.2.
4
Einleitung
Tab. 1.2
Produkte aus Kohlenhydraten und deren Verwendung
Rohstoff
Endprodukt
Verwendung (Auswahl)
Literatur
Cellulose
Celluloseester
Celluloseether
Folien, Fasern, Sprengstoff
Waschmittelzusatz
[18, 19]
Stärke
Stärkeester
Stärkeether
Saccharoseester
Saccharose
Glucose
Fructose
Folien, Fasern
Tenside
Tenside, Emulgatoren, Bleichmittelaktivator,
Weichmacher, Fettaustauschstoff
Glucoseester, -ether Tenside
Sorbit
Tenside, Zuckeraustauschstoff
Isosorbit
Weichmacher, Vitamin C
Ethanol
Kunststoffe, Pharmaka,
Basischemikalie
Mannit
Zuckeraustauschstoff, Pharmaka
HydroxymethylSchmiermittel,
furfural
Kunststoffe, Spezialchemikalien
[20, 21]
[22-25]
[26, 27]
[28, 29]
Trotz großer Fortschritte auf diesem Gebiet [30] – in den letzten Jahren hat eine verstärkte
Grundlagenforschung eingesetzt – ist damit das ungeheure Synthesepotential niedermolekularer Kohlenhydrate bei weitem noch nicht erschöpfend erschlossen. Hemmend ist
hierbei zum einen das Fehlen geeigneter Funktionen für weitere synthetische Operationen wie
Carbonylgruppen oder C=C-Doppelbindungen, an denen eine breite Folgechemie zwanglos
entwickelt werden kann. Zum anderen sind Kohlenhydrate „überfunktionalisiert, d. h. im
Molekül liegen viele Chiralitätszentren und Hydroxygruppen gleicher Reaktivität vor, die nur
schwer chemisch zu differenzieren sind [31].
Eine andere Problematik besteht bei der Einführung von Kohlenhydraten in den Grundchemikalienbereich. Die heutigen Chemieproduktlinien sind auf das Kohlenstoff/WasserstoffVerhältnis und den geringen Sauerstoffgehalt des Erdöls als Rohstoffquelle optimiert. Eine
Integration von Kohlenhydraten in den Produktstammbaum der organischen Grundchemikalien ist aufgrund ihres hohen Wassergehalts bzw. Sauerstoffgehalts sehr
problematisch, das Substitionspotential gegenüber Petrochemikalien steigt allerdings mit steigendem Abbaugrad [32]. Um die Einsatzchancen von Kohlenhydraten in der chemischen
Industrie zu erhöhen, liegt es aus diesem Grund nahe, diese durch Wasserabspaltung zu modifizieren [33]. Ein vielversprechendes Beispiel unter diesem Aspekt ist 5-Hydroxymethylfurfural, das im Folgenden genauer besprochen werden soll.
5
Kapitel 1
1.3
5-Hydroxymethylfurfural – Schnittstelle zwischen Kohlenhydraten und der erdölbasierten industriellen organischen
Chemie
Eine Schlüsselverbindung in der Chemie der Kohlenhydrate ist 5-Hydroxymethylfurfural
(HMF), das durch sauer katalysierte, dreifache intramolekulare Wasserabspaltung unter Erhalt
des Kohlenstoffgerüsts formal aus jeder Hexose oder Hexulose zugänglich ist [34]. Die bevorzugte Zuckerquelle für HMF ist jedoch D-Fructose, eine Ketohexose, die aus inulin- oder
anderen polyfructanhaltigen Pflanzen wie der Zichorie, Topinambur oder der Jerusalem Artischoke isoliert werden kann. Daneben existiert die Möglichkeit, D-Fructose im größeren
Maßstab durch enzymatische Isomerisierung von Glucose zu gewinnen, so daß alle glucosehaltigen Kohlenhydrate wie Saccharose, Stärke und Cellulose geeignete Rohstoffe für die
HMF-Produktion darstellen [35].
Weizen, Kartoffel,
Mais oder Reis
Zichorie, Artischoke,
Zuckerrohr, Zuckerrübe
+
1. H
2. Enzym Glucoseisomerase
H+
OH
O
OH
OH
HO OH
D-Fructose (1)
H+/- 3H2O
H
O
OH
O
HMF (2)
Abb. 1.1
Herstellung von Hydroxymethylfurfural
Mit HMF wird in idealer Weise in nur einem Reaktionsschritt eine Verbindung bereitgestellt,
bei der die für Folgereaktionen komplizierte „saccharidische Architektur“ in einen Baustein
transferiert wird, der attraktive Funktionalitäten für eine gezielte Folgechemie enthält:
6
Einleitung
·
die Aldehydfunktion erlaubt unterschiedlichste Verknüpfungen
·
die Hydroxymethylgruppe kann verethert, verestert, aber auch leicht zur Aldehydgruppe
oxidiert werden; dadurch sind über C-C-Verknüpfungen unterschiedlichste Substituenten
leicht einzuführen
·
als difunktionalisiertes Furan können lineare Polymere synthetisiert werden
·
als Furanderivat gehört HMF zur großen und wichtigen Klasse von aromatischen Verbindungen, andererseits reagieren Furane auch als cisoide Diene in Cycloadditionen
·
ein weiteres Merkmal des Furangrundkörpers ist die Möglichkeit der oxidativen Alkoxylierung, also die formale Addition von OR-Radikalen unter Bildung von DihydrofuranDerivaten; aus diesen sind Heterocyclen wie Pyrrole, Pyridazine oder die besonders
wichtigen Pyridine zugänglich.
Mit diesen vielfältigen Reaktionsmöglichkeiten zählt HMF zu den wenigen Biomasse entstammenden „Petrochemikalien“ an der Schnittstelle zwischen Kohlenhydratchemie und der
auf Erdöl basierenden industriellen organischen Chemie [35]. Sie eröffnen mit den daraus
hergestellten Endprodukten unterschiedlichste Anwendungsbereiche, die zum Teil bereits
weit entwickelt sind.
N
Bn O
HO
O
OH
3
OH
O
OBn
R
N
O
OH
10
4
O
OH
O
HO
R'
H
O
O
9
R
HO
OH
HMF (2)
5
O
H2N
8
NH2
O
H
H
O
O
O
NC
CN
NC
CN
6
7
Abb. 1.2 Derivatisierung von HMF: 3 Pyrrole, 4 Pyridinole, 5 Cyclopentenon-Ringsysteme,
6 Tetracyanoderivat, 7 Furandialdehyd, 8 Furandiamin, 9 Tetrahydrofurandimethanol,
10 Furandicarbonsäure
7
Kapitel 1
Mögliche Anwendungsfelder sind z. B. im Arznei- und Pflanzenschutzmittelbereich gegeben.
Hier wird vor allem den N-heterocyclischen Verbindungen 3 und 4 ein großes Potential zugeschrieben [36] und auch die Cyclopentenon-Ringsysteme 5 als Strukturelemente des
Insektizids Alelethrin sind in diesen Bereich einzuordnen. Die Chemie des Tetracyanoderivats
6 eröffnet eine ganze Palette neuartiger Moleküle mit interessanten elektronischen und optoelektronischen Eigenschaften [37], die als Elektronentransfer-Katalysatoren, als organische
Leiter oder als Komponenten in photoleitenden Materialien eingesetzt werden können.
Besonderes Interesse besteht an den difunktionalisierten Verbindungen Furandialdehyd 7
[188], 2,5-Furandiamin 8 [38], Tetrahydrofurandiol 9 [39] und 2,5-Furandicarbonsäure 10
[40-43], die als Polymerkomponenten für Polyester, Polyamide und Polyaramide [44-53] das
größte potentielle Einsatzvolumen der aus HMF derivatisierbaren Verbindungen beinhalten.
Vor allem die durch Oxidation von HMF in einer Stufe gewinnbare 2,5-Furandicarbonsäure
(FDCA) ist Gegenstand umfangreicher Untersuchungen, da ihre strukturelle Ähnlichkeit zur
Terephthalsäure, der wichtigsten aromatischen Dicarbonsäure, ein besonders hohes Substitutionspotential erwarten läßt.
AMOCOProzeß
Erdöl
H3C
CH3
HOOC
COOH
Terephthalsäure
Kohlenhydrate
H
O
OH
HO
O
O
OH
O
O
Furandicarbonsäure
Abb. 1.3
Vergleich Terephthalsäure/Furandicarbonsäure-Herstellung
Der Austausch der im sog. AMOCO-Prozeß [54] aus Erdöl herstellbaren Terephthalsäure
gegen FDCA als Dicarbonsäurekomponente liefert alternative Polykondensationsprodukte zu
Kunststoffen, die z. T. im Millionen-Jahrestonnen-Maßstab produziert werden, zum Beispiel
PET- oder KEVLAR-analoge Polymere.
8
Einleitung
O
O
O
O
NH
O
O
O
PEF
Polyethylenfuranat
vgl. PET
NH
O
n
n
Polyaramid
vgl. KEVLAR®
+ Glycol
+ p-Phenylendiamin
HO
OH
O
O
O
Furandicarbonsäure (10)
+ 1,3-Propandiol
O
O
O
O
NH (CH ) NH
2 6
O
O
n
PEF
Polypropylenfuranat
Abb. 1. 4
+ Trimethylhexandiamin
O
O
(CH3)3
n
Polyamid
®
vgl. TROGAMID T
Polymere aus Furandicarbonsäure
Neben der Herstellung dieser analogen Polymere besteht die Möglichkeit, FDCA nach Ringerweiterung zur Terephthalsäure oder auch nach Ringöffnung zur Adipinsäure direkt in die
Produktstammbäume der chemischen Industrie zu integrieren [55].
Die Substitution einer „commodity-Chemikalie“ wie Terephthalsäure durch Furandicarbonsäure kann nur erfolgreich sein, wenn ökonomische und/oder ökologische und/oder
produkteigenschaftsbezogene Gesichtspunkte für die neue Substanz sprechen. Inwieweit
Faktoren bei der Produktion und Eigenschaften von Endprodukten für die Furandicarbonsäure
sprechen, kann wegen nicht ausreichender Untersuchungen zur Zeit noch nicht bewertet
werden [35].
9
Kapitel 1
1.4 Herstellung von 5-Hydroxymethylfurfural
Die Herstellung von HMF ist seit der Entdeckung vor über 90 Jahren Gegenstand umfangreicher Untersuchungen gewesen, was sich an den zahlreichen Reviews zu diesem Thema
ablesen läßt [56-61]. HMF entsteht durch sauer katalysierte Eliminierung von drei Molekülen
Wasser aus Hexosen und Hexulosen, bevorzugte Zuckerquellen sind Ketohexosen wie Fructose. Als mögliche Mechanismen werden sowohl cyclische [62] als auch acyclische Routen
[34] diskutiert.
CH2OH
C O
HOCH
HOCH2
H
HCOH
HCOH
CH2OH
O
H
OH
-H2O
HOCH2
HO CH OH
2
OH
H
O
H
OH
H
CHOH
HOCH2
HO
H
H
O
H
CHO
HO
OH
H
H
a- oder ß-D-Fructofuranose (1)
-H2O
Fructose
HOCH2
H
O
CHO
H
OH
CHO
H COH
HO CH
CHOH
COH
HOCH
H COH
HCOH
HCOH
HCOH
CH2OH
Glucose
Abb. 1.5
CH2OH
-H2O
CHO
CHO
COH
C O
CH
-H2O
CH
HCOH
CH
HCOH
H COH
CH2OH
-H2O
-H2O
CH2OH
HOCH2
O
CHO
HMF (2)
1,2-Endiol
Mögliche Mechanismen für die Dehydratisierungsreaktion von Fructose zu HMF
(cyclische und acyclische Routen)
Unter den drastischen Reaktionsbedingungen, d. h. bei hohen Temperaturen und gleichzeitig
niedrigen pH-Werten, die für die HMF-Bildung benötigt werden, laufen zahlreiche reversible
und irreversible Nebenreaktionen ab. Daran beteiligt sind neben D-Fructose und HMF als
Edukt und Zielprodukt verschiedene Reversionsprodukte wie Glucose und Difructoseanhydrid, außerdem die intermediär auf dem Weg zum HMF gebildeten primären und
sekundären Dehydratisierungsprodukte und schließlich Hydroxyacetylfuran (HAF), das in
geringem Umfang als Nebenprodukt anfällt. Hauptnebenprodukte sind die braun bis schwarz
gefärbten, wasserlöslichen und -unlöslichen Huminstoffe, die als Polykondensationsprodukte
in unübersichtlicher Weise durch Kreuzreaktion (cross-polymerization) der o. g. Reaktions-
10
Einleitung
partner entstehen [63, 64]. Der zweite wichtige, die Ausbeute vermindernde Prozeß ist die
sauerkatalysierte Hydrolyse von HMF zu Lävulinsäure und Ameisensäure [65].
HOCH2
H
O
H
OH
OH
HO CH OH
2
H
D-Fructofuranose (1)
+
H /-3H2O
HOCH2
O
CHO
H+/+2H2O
O
O
OH
HMF (2)
+ HCOOH
Lävulinsäure
+ Ameisensäure
Humine
Abb. 1.6
Schematische Darstellung der wichtigsten HMF-Bildungs- und Abreaktionsprozesse
Um die Neben- und Folgeproduktbildung zurückzudrängen und die Ausbeute an HMF zu
maximieren, wurden vor allem die Reaktionsparameter Lösungsmittel und Katalysatorsäure
variiert. Als Lösungsmittel wurden Wasser, wäßrige Lösungsmittelgemische mit Butanol
[66], Dioxan [67] und Polyethylenglycol (PEG) [68-72] und komplett wasserfreie Lösungsmittel wie Dimethylformamid (DMF) [73, 74], Acetonitril [75], Chinolin [76] und Dimethylsulfoxid (DMSO) [77-80] untersucht. Als Katalysatorsäuren wurden unterschiedlichste
homogene Brönsted- und Lewissäuren [56] verwendet. In den letzten zwei Jahrzehnten setzte
man vermehrt auch Feststoffsäuren (acide Ionentauscher [81-87], Zeolithe [88-92], pillared
clays [93], saure Oxide und saure Salze [94-96]) ein, die neben dem Vorteil einer geringeren
Abfallmenge (Wegfall des Neutralisationsschritts nach beendeter Reaktion und damit keine
Salzbildung) die Möglichkeit einer vereinfachten, kontinuierlichen Reaktionsführung bieten.
Die Dehydratisierung von Fructose wurde darüber hinaus ganz ohne Lösungsmittel in
Fructoseschmelze mit äquimolarer Menge Pyridiniumhydrochlorid als saurem Katalysator
[257] und mit speziellen Zeolithen [88] durchgeführt.
Als vielversprechendste Verfahren zur Herstellung von HMF haben sich aus diesen zahlreichen Untersuchungen drei Verfahrensvarianten herauskristallisiert [35]:
a) Umsetzung in polaren organischen Lösungsmitteln wie DMSO und PEG
Die bisher höchsten Ausbeuten von über 90 % werden bei Durchführung der Reaktion im
Lösungsmittel DMSO erreicht. Für die hohe Ausbeute sind vor allem zwei Gründe zu nennen:
Zum einen kann die Folgereaktion aufgrund der geringen Konzentration von Wasser, das lediglich als Reaktionswasser entsteht, nicht stattfinden, zum anderen liegt das tautomere
11
Kapitel 1
Gleichgewicht der Fructofuranose- und Fructopyranoseformen auf der Seite der günstigen
Furanoseform [31]. Bis heute konnten allerdings keine effizienten Aufarbeitungsmethoden
zur Trennung von HMF/DMSO-Gemischen entwickelt werden, an welche nicht nur der Anspruch einer einfachen Produktabtrennung, sondern gleichzeitig auch einer möglichst
vollständigen Rückführung des umweltproblematischen Lösungsmittels DMSO gestellt wird.
Auch destillative Vakuumtrennverfahren scheitern allein schon an den hohen Siedepunkten
(Sdp. DMSO: 189 °C, Sdp. HMF: 155 °C), da bei den zur Trennung der HMF/DMSOGemische notwendigen Temperaturen bereits Zersetzungsprozesse des HMF einsetzen [39,
75]. Dies wirkt sich nicht nur negativ auf die HMF-Ausbeute aus, sondern führt vor allem zur
Bildung von Rückständen, die aufgrund ihres Restgehalts an DMSO kostspielig entsorgt
werden müssen.
In Gemischen aus Wasser und Polyethylenglycol konnten gute Ausbeuten von etwa 70 %
erreicht werden. Aufgrund der besseren Möglichkeiten für eine Auftrennung des Produktgemisches – PEG-600 wird als Liquifier zur Vakuumfilm-Destillation von HMF verwendet
[97] – sind die Chancen für einen technischen Einsatz unter Verwendung von PEG als
Lösungsmittel trotz der geringeren Ausbeute größer als die von DMSO.
b) Umsetzung im zweiphasigen Reaktionsmedium Wasser/Methylisobutylketon
Bereits 1959 führte COPE [98] die Verfahrensvariante der kontinuierlichen Entfernung von
gebildetem HMF aus dem Reaktionsmedium durch In-situ-Extraktion in Methylisobutylketon
(MIBK) ein. Durch Verfahrensverbesserungen wie der Verwendung von sauren Zeolithen und
organischen Ionentauschern als Feststoffsäuren konnten mit dieser Methode Ausbeuten von
ca. 90 % erreicht werden [81-92]. Von Nachteil ist die relativ gute Wasserlöslichkeit von
HMF (der Wasser/MIBK-Verteilungskoeffizient von HMF ist in etwa gleich 1), was einen
hohen Überschuß des Extraktionsmediums in mindestens 5-facher Menge erforderlich macht
und im Ergebnis zu stark verdünnten Produktlösungen führt.
c) Umsetzung in Wasser
Die bisher einzige in einer Pilotanlage technisch realisierte Methode ist trotz ungünstiger
HMF-Ausbeuten von maximal 55 % und dem prozeßbedingten Vorliegen stark verdünnter
wäßriger HMF-Lösungen am Prozeßausgang (HMF-Konzentration ca. 1 % !) die von RAPP
patentierte Herstellung in reiner wäßriger Phase mit Oxal- oder Schwefelsäure als Katalysator
und mit anschließender präparativ-chromatographischer Aufreinigung [99]. Hier kommt zum
Ausdruck, daß Wasser bei allen chemisch-technischen Prozessen, für die es konkurrierende
Verfahren gibt, immer das bevorzugte Lösungsmittel ist.
In einem von BRACA und SBRANA patentierten Verfahren [94-96] wird die Verwendung von
Nioboxid und Nioboxidphosphat als Feststoffsäuren in reiner wäßriger Phase vorgeschlagen.
Da unter diesen Bedingungen die Rehydratisierung von HMF zu Lävulinsäure und Ameisen12
Einleitung
säure nicht katalysiert wird, konnte die HMF-Ausbeute im Vergleich zu anderen homogenen
und heterogenen Säuren deutlich gesteigert werden.
1.5 Problemstellung
Bei Rohstoffpreisen von 1000 DM/t für Inulin bzw. 2000 DM/t für D-Fructose gehen realistische Schätzungen von einem Preis von mindestens 5000 DM pro Tonne HMF aus [100].
Im Vergleich zu 300-800 DM/t für Naphtha bzw. für Ethylen ist dies sicherlich ein Preisniveau, das zum jetzigen Zeitpunkt mit den heute zur Verfügung stehenden Technologien zu
hoch für eine Produktion als Bulk-Chemikalie ist [100].
Ein Vergleich mit der verwandten Substanz Furfural, die immerhin in einem Umfang von
200.000 Jahrestonnen produziert wird, zeigt, daß diese Substanz mit einem Preis von weniger
als 3000 DM/t in bestimmten Bereichen z. B. bei der Synthese von Furfurylalkohol und THF
mit petrochemischen Herstellungsverfahren konkurrieren kann [100]. Der Grund für den vergleichsweise geringen Preis von Furfural ist, daß es in guter Ausbeute aus Kleie, Maisstroh
oder aus Abfällen der Holzwirtschaft, also aus billigen Rohstoffen gewonnen werden kann.
Dieser Vergleich verdeutlicht, daß der heutige HMF-Preis zwar für eine Verwendung als
Rohstoffquelle noch zu hoch ist, daß aber durch Verfahrensverbesserungen und der damit zu
erwartenden Preissenkung eine Wirtschaftlichkeit in bestimmten Bereichen erzielt werden
kann.
Bei Betrachtung der Verfahren zur Herstellung von HMF kommt zum Ausdruck, daß keine
optimale Methode existiert. Will man Zugang zu der breiten Produktpalette, die HMF mit
seinen vielfältigen Eigenschaften eröffnet, besteht die Notwendigkeit, effektive und kostengünstige Verfahren bevorzugt in Wasser als Lösungsmittel zu etablieren.
Vor diesem Hintergrund sollten im Rahmen dieser Arbeit neue Ansätze zur Herstellung von
5-Hydroxymethylfurfural und dem wichtigsten HMF-Konversionsprodukt 2,5-Furandicarbonsäure in wäßriger Phase entworfen und ausgearbeitet werden. Dazu wurden zwei prinzipielle
Strategien verfolgt:
1. Entwicklung eines membranunterstützten Verfahrens zur Herstellung von HMF im
System Polyethylenglycol/Wasser mit dem Ziel, die vorteilhaften Eigenschaften von PEG
als Lösungsmittel auf ein quasi-wäßriges System zu übertragen (s. Kap. 4.3).
2. Kopplung der Prozesse HMF-Bildung und HMF-Oxidation mit dem Ziel, gebildetes
HMF in-situ in die stabilere Furandicarbonsäure zu überführen und damit die Produktausbeute (FDCA vs. HMF) zu erhöhen. Die Untersuchungen zur In-situ-Oxidation lassen
sich in drei Teile gliedern:
13
Kapitel 1
a. Screening nach feststoffsauren Katalysatoren für die Fructosedehydratisierung zu
HMF. Entwurf eines kinetischen Modells zur Beschreibung der sauerkatalysierten
Prozesse, Erweiterung des Modells um einen idealen Derivatisierungsschritt (s. Kap.
4.2).
b. Screening nach Oxidationskatalysatoren, die unter den Bedingungen der HMFBildung (saures Milieu, hohe Temperatur) in wäßriger Phase HMF oxidieren und
gleichzeitig als substratselektive Katalysatoren Fructose nicht oxidieren. Realisierung
eines In-situ-Oxidations-Verfahrens in rein wäßriger Phase (s. Kap. 5.2).
c. Entwicklung von Zwei-Phasen-Systemen auf Basis von Membranen und immobilisierten Katalysatoren zur Herstellung und In-situ-Oxidation von HMF (s. Kap. 5.3
und Kap. 6).
14
Theoretische Grundlagen
2
Theoretische Grundlagen
2.1
Heterogene Katalyse
Der Begriff Katalyse1 wurde bereits 1836 von BERZELIUS eingeführt. In seinen grundlegenden
Untersuchungen der katalytischen Erscheinungen prägte OSTWALD die auch heute noch
gültige Definition für einen Katalysator als ein Stoff, der die Geschwindigkeit einer Reaktion
bzw. die Einstellungsgeschwindigkeit eines chemischen Gleichgewichts erhöht und chemisch
unverändert vor und nach der Reaktion vorliegt [101, 102]. Man unterscheidet zwischen
homogener und heterogener Katalyse: Bei der homogenen Katalyse gehört der Katalysator der
gleichen Phase an wie das Reaktionssystem, bei der heterogenen Katalyse befinden sich
Katalysator und Reaktanden in unterschiedlichen Phasen.
Die wirtschaftliche Bedeutung von Katalysatoren ist immens. In etwa 90 % aller industriellen
Prozesse werden Katalysatoren eingesetzt [103], der Großteil davon heterogen katalysiert
[104]. Der Gesamtwert der mit katalytischen Verfahren hergestellten Chemikalien betrug
1994 weltweit etwa 4,2 Billionen US-Dollar [105].
Die Einsatzgebiete von Katalysatoren lassen sich in die Chemieproduktion, die Erdölverarbeitung und den Umweltschutz unterteilen. Insbesondere im Umweltschutzbereich ist ein
weiterer Zuwachs zu erwarten [106].
Tab. 2.1 Entwicklung des Katalysatormarkts in den USA in Mrd. US-$, nach [102, 106]
Jahr
1978
1987
1991
2000 (Schätzung)
Chemieindustrie
0,32
0,53
0,55
0,84
Erdölverarbeitung Umweltschutz Gesamt
0,36
0,24
0,92
0,60
0,50
1,63
0,56
0,91
2,02
0,87
2,07
3,78
Der großen wirtschaftlichen Bedeutung heterogener Katalysatoren steht das mangelnde theoretische Verständnis der katalytischen Wirkungsweise gegenüber [104]. Auch wenn gerade in
1
von katalyein (griech.) losbinden, aufheben
15
Kapitel 2
neuerer Zeit wissenschaftlich tragfähige Modellvorstellungen über Ablauf und Richtung heterogen-katalysierter Reaktionen entwickelt werden konnten [103, 107, 108], ist die Entwicklung heterogener Katalysatoren auch heute noch zum großen Teil durch Empirie
bestimmt [101, 109-111]. Der Grund für dieses Mißverhältnis ist durch die Komplexität des
heterogen-katalytischen Prozesses gegeben, bei dem eine Vielzahl unterschiedlicher Teilaspekte wie Reaktionsmechanismus, vor- und nachgelagerte Ad- und Desorptionsgleichgewichte, oberflächenphysikalische Eigenschaften, Katalysatortextur, Deaktivierungserscheinungen, Diffusionsvorgänge und nicht zuletzt die Herstellungsparameter betrachtet
werden müssen [104]. Die Struktur-Wirkungsbeziehungen, also die fundamentalen Zusammenhänge zwischen Reaktionsgeschwindigkeit und Selektivität auf der einen Seite und die
Substrat- und Katalysatoreigenschaften auf der anderen Seite, sind insbesondere durch das
Fehlen geeigneter In-situ-Analysenmethoden zur Untersuchung der Katalysatoren unter Reaktionsbedingungen immer noch nicht hinreichend geklärt. Zur Beschreibung eines katalytischen Prozesses muß ein Puzzle aus einer Vielzahl von Einzelinformationen wie den katalytischen Tests, der Festkörper- und Oberflächenanalyse sowie den kinetischen und mechanistischen Modellen zusammengesetzt werden [109].
Für den Einsatz eines Katalysators in einem neuen, technischen Prozeß müssen Katalysatoroptmierungen durchgeführt werden. Zielgrößen dieser Katalysatorentwicklungen sind
Aktivität (= katalysatormassenbezogene Umsatzgeschwindigkeit), Selektivität (= Maß für den
– bevorzugt – eingeschlagenen Reaktionsweg) und Langzeitstabilität (= Einsatzdauer, in der
keine gravierenden Einbußen an Aktivität und Selektivität zu verzeichnen ist) [101, 103, 104].
Alle drei Größen sollten hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit eines Prozesses möglichst hoch
sein. Der Zielgröße Selektivität kommt eine besondere Bedeutung zu, da diese eine hohe
Umwelt- und Ressourcenschonung, d. h. eine maximale Ausnutzung der Ressourcen bei minimaler Nebenproduktbildung, gewährleistet [101, 103, 112].
Einen Überblick über die wichtigsten Klassen heterogener Katalysatoren gibt Tab. 2.2.
16
Theoretische Grundlagen
Tab. 2.2 Klassifizierung heterogener Katalysatoren, nach [102]
Katalysatorklassen
Beispiele
Metalle
Metalle auf Trägern
Metallegierungen
Oxide von Leitermetallen
Oxide von Nichtleitermetallen
Metallsulfide
Säuren
Pt- oder Ag-Netze, Raney-Ni
Pt/Al2O3, Ru/SiO2, Co/Kieselgur
Pt-Re, Ni-Cu, Pt-Au
Cr2O3, Bi2O3/MoO3, V2O5, NiO
Al2O3, SiO2
MoS2, WS2
SiO2/Al2O3, Zeolithe, org. Ionenaustauscherharze,
H3PW12O40 (Heteropolysäuren)
Pt/Zeolith, Pd/Zeolithe
CaO, K2O, Na2O
Carbide, Silicide
Metalle und Säuren
Basen
Andere
Es fällt auf, daß besonders häufig Übergangsmetalle und deren Verbindungen vertreten sind
[102]. Diese sind besonders gut geeignet, Wasserstoff und Kohlenwasserstoffe an ihrer Oberfläche zu adsorbieren und Hydrierreaktionen zu katalysieren. Oxidationsstabile Metalle, v. a.
Edelmetalle wie Platin, Silber und Palladium wirken darüber hinaus als Katalysatoren für
oxidative Dehydrierungen, auch stabile Nichtmetalloxide sind vielfach hervorragende Katalysatoren für Oxidationen [102]. In analoger Weise katalysieren schwefelhaltige Metallsulfide
Reaktionen, an denen schwefelhaltige Verbindungen beteiligt sind (Desulfierungen). Verbindungen mit sauren oder basischen (Oberflächen)zentren wie saure bzw. basische Zeolithe,
Heteropolysäuren, organische Ionentauscher oder Oxide werden klassischerweise für Dehydratisierungen, Polymerisationen, Isomerisierungen, Crack-Reaktionen und Alkylierungen
eingesetzt [103].
2.1.1
Edelmetallträgerkatalysatoren
2.1.1.1 Wirkungsweise von Edelmetallträgerkatalysatoren
Deutung über geometrische Faktoren
Die frühesten Deutungsversuche der katalytischen Eigenschaften eines Stoffes von BALANDIN
[113] beruhen auf der Korrelation der Geometrie einer Gruppe aktiver Zentren des Katalysators mit den Reaktanden (Prinzip der geometrischen Korrespondenz). Durch Fortschritte in
den oberflächenphysikalischen Charakterisierungsmethoden polykristalliner Feststoffe
können diese aktiven Zentren heute genauer als vollausgebildete Kristallflächen oder als
Ecken, Kanten oder Strukturdefekte unterschiedlicher Art beschrieben werden [101, 103, 104,
17
Kapitel 2
113, 114]. Verschieden ausgebildete Kristallflächen können mitunter erhebliche Aktivitätsunterschiede aufweisen, was z. B. bei der Ammoniak- oder der Ameisensäurezersetzung an
Cu-Einkristallen beobachtet werden konnte [115]. Atome an exponierten Stellen wie Ecken,
Terrassen, Stufen und auch Fehlstellen und Adatome besitzen aufgrund ihrer mangelnden
koordinativen Absättigung besonders energiereiche Zustände, an denen die katalytische Aktivität im allgemeinen höher ist als auf Kristallflächen und die damit als aktive Zentren besonders prädestiniert sind [116].
Katalytische Umsetzungen können in struktursensitive und strukturinsensitive Reaktionen
eingeteilt werden. Eine katalysierte Reaktion wird als struktursensitiv bezeichnet, wenn ihre
Geschwindigkeit merklich von der Kristallitgröße des auf dem Träger aufgebrachten Edelmetalls und damit von der Metalldispersion abhängt [117]. Diese Reaktionen benötigen eine
bestimmte Anordnung mehrerer Metallatome, wohingegen strukturinsensitive Reaktionen an
einzelnen Metallatomen ablaufen [118]. Beispiele für strukturinsensitive Reaktionen sind die
Dehydrierung von Cyclohexan zu Benzol und die Oxidation von Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid [101, 103]. Beispiele für struktursensitive Reaktionen sind die Ammoniaksynthese
[117] und die Ethan-Hydrogenolyse (C2H6 + H2 à CH4) [118].
Deutung über elektronische Faktoren
Bei der Verwendung elektrisch leitender Substanzen als Katalysatoren also bei Metallen und
Halbleitern hängt die Stärke der Bindung zwischen Katalysator und Reaktand von der Elektronendichte ab, so daß hier neben geometrischen auch elektronische Faktoren zur Erklärung
des katalytischen Verhaltens berücksichtigt werden müssen. In diesem Zusammenhang sind
Hydrierungen mit den Metallen der VIII. Nebengruppe intensiv untersucht worden, wobei die
Zunahme des prozentualen d-Charakters der Metalle mit der Zunahme der Hydrieraktivität
korreliert [104]. In Analogie zur Chemie von Metallkomplexen kann die Hydrierung olefinischer Doppelbindungen als nucleophile und die Hydrierung von Carbonylgruppen als elektrophile Ligandenadditionsreaktion beschrieben werden [101]. Über die Polarität der MetallWasserstoffbindung und der damit einhergehenden Nucleophilie bzw. Elektrophilie des adsorbierten Wasserstoffs konnten so Korrelationen zwischen den Elektronendonoreigenschaften unterschiedlicher Metalle und den Hydrieraktivitäten für C=O bzw. C=C-Doppelbindungen aufgefunden werden.
Auch ein Einfluß bestimmter Trägermaterialien wie TiO2 und CeO2 auf die elektronischen
Eigenschaften des Metalls insbesondere bei hohen Dispersionen wird diskutiert. Als Ursache
für diesen sog. SMSI-Effekt (strong metal support interaction) werden die Elektronendonor
bzw. –akzeptoreigenschaften des Trägers vermutet, die zur Änderung der Elektronendichte
des Metalls führen. Daneben scheinen aber auch andere Ursachen wie die Ablagerung von
Trägermaterial auf den Metallpartikeln und chemische Interaktionen zwischen Aktivmetall
18
Theoretische Grundlagen
und Trägermetall (Bildung intermetallischer Spezies) für den SMSI-Effekt eine Rolle zu
spielen [120, 121].
2.1.1.2 Präparation von Edelmetallträgerkatalysatoren
Zur besseren katalytischen Ausnutzung der teuren Edelmetallkomponente wird diese zumeist
auf Substanzen mit hoher spezifischer Oberfläche, dem sog. Träger aufgebracht. Als Trägermaterial Verwendung finden natürliche Mineralien, Aluminiumoxid in verschiedenen Modifikationen, Siliciumdioxid, Titandioxid, Cerdioxid, Aktivkohle, Magnesiumoxid, Calciumcarbonat, Barium- und Aluminiumsulfat, amorphe Alumosilicate, Zeolithe und polymere
Träger (organische Ionentauscher). Durch Auswahl des Trägers können Form, Porenstruktur
und chemische Eigenschaften des Katalysators im voraus festgelegt werden. Die Präparationsmethoden für Edelmetallträgerkatalysatoren lassen sich in zwei Kategorien einteilen:
Fällungskatalysatoren und Tränk- bzw. Imprägnierkatalysatoren [113, 122-127]. Bei
Fällungskatalysatoren werden Trägermaterial und die katalytisch aktiven Komponenten durch
Ausfällung aus einer dafür geeigneten Lösung zusammen hergestellt (z. B. Sol-Gel-Methode,
[128]), während bei Imprägnier- bzw. Tränkkatalysatoren die katalytisch aktiven Komponenten auf einen vorgeformten Träger aufgebracht werden.
Imprägnierverfahren können in Trocken- und Naßimprägnierung unterschieden werden. Bei
der Trockenimprägnierung wird der evakuierte Träger mit genau der Menge Edelmetallsalzlösung benetzt, die dem Porenvolumen des Trägers entspricht (IWM = incipient wetness
methode), bei der Naßimprägnierung wird eine überschüssige Salzlösung zugegeben und der
Überschuß durch Filtration wieder entfernt. Um hohe Metallkonzentrationen zu erhalten oder
um mehrere Komponenten auf den Träger aufzutragen, können die Imprägnierschritte auch
mehrmals wiederholt werden [102].
Eine weitere wichtige Methode zur Herstellung von Imprägnierkatalysatoren stellt die deposition-precipitation-Methode dar, bei der die katalytische aktive Komponente durch Ausfällung
aus einer den Träger enthaltenden Suspension auf den Träger aufgebracht wird [126].
Die so präparierten Katalysatoren können in anschließenden Arbeitsschritten wie Calcinierung, Temperung und Aktivierung nachbehandelt werden und werden abschließend durch
Formgebung in die endgültige Form für den Einsatz überführt.
19
Kapitel 2
Tab. 2.3 Verfahrensschritte zur Präparation von Imprägnierkatalysatoren
Verfahrensschritt
Bemerkung
Aufbringen der aktiven Komponenten
Imprägnierung, Fällung etc., Beeinflussung der Metalldispersion
Trocknung
Entfernung des Lösungsmittels
Calcinierung
Temperaturbehandlung in oxidierender Atmosphäre, mögliche Änderung der Dispersion und Oberflächenzusammensetzung durch Sinterung, Spreitung oder Segregation
Temperung
Temperaturbehandlung unter Schutzgasatmosphäre, mögliche Änderung der Dispersion und Oberflächenzusammensetzung durch Sinterung, Spreitung oder Segregation
Aktivierung
Überführung des Metallprecursors in die katalytisch aktive Form
durch Reduktion, mögliche Änderung der Dispersion und Oberflächenzusammensetzung durch Sinterung, Spreitung oder Segregation
Formgebung
Mahlung, Tablettierung, Extrusion
2.1.1.3 Katalytische Oxidation
Die edelmetallkatalysierte Flüssigphasenoxidation von Alkoholen und Aldehyden mit Sauerstoff als Oxidationsmittel ist eine Reaktion, die unter milden Reaktionsbedingungen hochselektiv d. h. unter Erhalt des Kohlenstoffgerüsts und von C=C-Doppelbindungen abläuft.
Insbesondere für die Oxidation von thermolabilen Polyhydroxyverbindungen wie Kohlenhydraten stellt sie eine geeignete Art der Transformation dar und wurde bereits in den dreißiger Jahren angestoßen durch die Suche nach geeigneten Synthesewegen zur Herstellung von
Vitamin C (L-Ascorbinsäure) zu einer präparativ brauchbaren Methode ausgebaut [129]. Als
Katalysatoren werden fast ausschließlich die Metalle der Platingruppe eingesetzt, neuere
Untersuchungen konnten aber zeigen, daß auch an Silber- und vor allem an Gold-Katalysatoren interessante Selektivitäten insbesondere mit H2/O2-Gemischen als Oxidationsmittel erzielt
werden können [130-132].
2.1.1.3.1 Mechanistische Deutung der katalytischen Oxidation
Mechanistisch verläuft die Oxidation von Alkoholen an Platinmetallen als oxidative Dehydrierung, wobei zunächst das Substrat an der Edelmetalloberfläche dehydriert und der ad20
Theoretische Grundlagen
sorbierte Wasserstoff anschließend durch ein geeigneten Akzeptor, im allgemeinen Sauerstoff aber auch durch Methylenblau oder Benzochinon oxidiert wird [133]. Diese Deutung
wird unterstützt durch Experimente von DE WIT et. al., der bei der Dehydrierung von Glucose
zu Gluconsäure bei hohen pH-Werten in Abwesenheit von Wasserstoffakzeptoren die Bildung
von gasförmigem Wasserstoff beschreibt [134].
RCH2OH
+ []
[RCH2OH]
[H2O]
[]
+ H2O
[O]
[]
+ 1/2 O2
[H2O]
[ ] + H2O
[O]
[]
2{}
2 {H}
RCHO
H2O
+
[]
H2O
-H2O
RCH(OH)2
[RCHO]
+ []
-H2O
[RCH(OH)2]
2{}
2 {H}
RCOO- + H+ + [ ]
Abb. 2.1
[RCOOH]
+ 1/2 O2
Reaktionsmechanismus der oxidativen Dehydrierung von primären Alkoholen in wäßriger Phase; [ ] Zentrum an der Metalloberfläche, { } adsorbierter Wasserstoff
Die Gesamtreaktion ist nicht reversibel und läuft an metallischen Me0-Oberflächenspezies ab.
Aus dem Reaktionsschema geht hervor, daß der Oxidationsschritt der Aldehydfunktion zur
Carbonsäure über die Dehydrierung des durch Wasseranlagerung gebildeten geminalen Diols
verläuft, die Bildung der Carbonsäure demnach nur in Wasser oder wäßrigen Lösungen erfolgen kann. Bei den grundsätzlich auch verwendbaren nichtwäßrigen Lösungsmitteln bleibt die
Oxidation auf der Aldehydstufe stehen [135].
2.1.1.3.2
Desaktivierungserscheinungen
Ein generelles Problem, das beim Einsatz von Edelmetallen als Oxidationskatalysatoren
besteht, ist die Desaktivierung der katalytisch aktiven Zentren, für die im Wesentlichen
folgende Wirkungskette verantwortlich gemacht wird [136]:
21
Kapitel 2
·
chemische Vergiftung oder Selbstvergiftung durch während der Reaktion gebildete und
stark adsorbierende Neben- und Hauptprodukte; diese können durch katalytische oder
nichtkatalytische Prozesse gebildet werden und bereits bei minimalen Konzentrationen zu
einer Desaktivierung des Katalysators führen
·
Überoxidation der Edelmetalloberfläche, Abnahme der Anzahl katalytisch aktiver Me0Spezies
·
Korrosion oder Restrukturierung der Oberfläche, Ablösung des Metalls
Die Wirkungskette besteht darin, daß eine teilweise vergiftete Metalloberfläche aufgrund des
Anstiegs des elektrochemischen Potentials schneller oxidiert wird und es dann zu einer bevorzugten bzw. beschleunigten Ablösung des Metalls kommt.
Die für die Selbstvergiftung verantwortlich gemachten Oberflächenspezies werden generell in
O-Typ-Spezies wie CO sowie CH-Spezies unterteilt. Zudem kann es zu einer starken Adsorption von während der Reaktion gebildeten Produkten kommen (chemische Vergiftung).
Insbesondere nichtdissoziierte Carbonsäuren adsorbieren stark an Metalloberflächen, dieser
Effekt nimmt mit steigendem pH-Wert allerdings ab. Auch die über Aldol-Dimerisierung von
Aldehyden gebildeten hochmolekularen Substanzen spielen in diesem Zusammenhang eine
Rolle [136].
Die Überoxidation eines Katalysators bezeichnet die Überführung von Me0- in Men+-Oberflächenspezies durch ein Überangebot von Sauerstoff über die Stufen Chemisorption von
Sauerstoff an der Metalloberfläche – Ausbildung einer Edelmetalloxidschicht – Bildung von
Metalloxidkristalliten. Zu einem Überschuß an adsorbiertem Sauerstoff kommt es dann, wenn
die Geschwindigkeit der Dehydrierung des Substrates langsamer ist als die Oxidation des abstrahierten, adsorbierten Wasserstoffs [42]. Während ein durch chemisorbierten Sauerstoff
deaktiverter Katalysator relativ leicht durch Entfernen des Sauerstoffs aus der Gasphase regeneriert werden kann, ist für die Reaktivierung der oxidischen Spezies eine reduktive
Behandlung nötig. Durch eine Limitierung des Oxidationsmittels bzw. Durchführung der
Reaktion unter stofftransportlimitierten Bedingungen bezüglich des Sauerstoffeintrags kann
aus diesem Grund die Überoxidation verhindert werden [137]. Die als Aktivkomponente in
Frage kommenden Elemente der Platingruppe unterscheiden sich deutlich in ihrer Toleranz
gegenüber Sauerstoff. VAN DAM et. al. konnte mit Methanol als relativ reaktiver aber
schwach adsorbierender Testsubstanz folgende Reihe aufstellen: Pt > Ir > Pd > Ru > Rh [137139].
Die Blockierung bzw. Oxidation aktiver Zentren können als reversible Desaktivierungserscheinungen bezeichnet werden. Dagegen ist die Ablösung des Metalls bzw. der Metalle
durch Korrosion eine irreversible Desaktivierung des Katalysators und damit das Hauptproblem bei einer industriell-technischen Nutzung. Als primäre Ursache für die irreversible
Katalysatordesaktivierung wird die chemische Vergiftung angesehen, wobei die Bildung
22
Theoretische Grundlagen
chelatisierender und komplexierender Reaktanden die Metallablösung begünstigt [136]. Eine
deutliche Verbesserung der Langzeitstabilität kann durch Modifikation der monometallischen
Katalysatoren mit Zweit- und Drittmetallen erreicht werden. Neben den Schwermetallen Bi
und Pb werden auch Cd, Co, Ce, Sn, Se, Ag, Au, Ru, Te und Sb als promovierende Komponenten vorgeschlagen. Beispielsweise konnte durch Zugabe einer Bi-Salz-Lösung zu einem in
Reaktionslösung vorgelegten Pd/C-Katalysator ein über mehrere Einsätze stabiler Katalysator
für die Glucoseoxidation hergestellt werden, an dem keinerlei Metallablösung festgestellt
werden konnte [140].
Die Wirkungsweise der Promotoren ist noch nicht vollständig aufgeklärt, es werden folgende
Interpretationen vorgeschlagen [136]:
·
Die geometrische Blockierung eines Teils der Edelmetalloberfläche (Ensemble-Effekt)
führt zu einer Unterdrückung der Bildung und/oder Anlagerung der Katalysatorgifte. Aus
elektrokatalytischen Untersuchungen ist bekannt, daß die Bildung vergiftender Spezies
durch C-C-Bindungsspaltung an größeren aktiven Zentren verläuft als die Zielreaktion.
Gegen dieses Konzept spricht jedoch, daß nicht alle zur Promotion eingesetzten Metalle
den gewünschten Effekt induzieren.
·
Durch die Anwesenheit der Promotoren werden bifunktionelle Katalysatoren gebildet. Die
Promotoren beschleunigen durch Bildung neuer aktiver Zentren neben den funktionellen
Stellen des Edelmetalls die Oxidation der Reaktanden oder der Katalysatorgifte durch eine
erleichterte Adsorption der OH-Radikale.
·
Die Anwesenheit der Promotoren verändert die Adsorptionseigenschaften der Platinmetalle und induziert eine stärkere Adsorption von OH.
·
Die ionischen Promotor-Oberflächenspezies bilden Komplexe mit den Reaktanden und
erleichtern dadurch die H-Abstraktion.
·
Die Anwesenheit des Promotors bewirkt eine Verbesserung der Korrosionsstabilität des
Edelmetalls.
·
Durch die bevorzugte Wechselwirkung des Sauerstoffs mit den Promotoren als Co-Katalysatoren wird das Edelmetall gegen die unerwünschte Überoxidation geschützt [140].
·
Die Anwesenheit verschiedener Promotorenpaare (z. B. Bi und Se sowie Bi oder Pb und
Cd) soll bei einigen Reaktionen zu synergistischen Effekten führen, kann aber nicht als
generelles Phänomen betrachtet werden.
·
Die Promotoren wirken als Redoxpaar und erleichtern so die Oxidation der Reaktanden
oder der Katalysatorgifte.
·
Durch den Promotor wird die H-Sorption unterdrückt.
Die Modellvorstellungen beruhen auf vielfältigen Untersuchungen der Reaktionskinetik und
des Zustands des Katalysators sowie auf Ergebnissen von elektrochemischen Unter23
Kapitel 2
suchungsmethoden. Allgemeine Aussagen über den Wirkungsmechanismus können offensichtlich nur schwer getroffen werden, da beobachtbare Zusammenhänge nicht nur
substratspezifisch sind sondern auch von den Reaktionsbedingungen (Katalysatorpotential)
und vom Umsatz abhängen.
Mit der Dotierung der Edelmetallkatalysatoren kann außerdem eine veränderte Selektivität
auftreten. Ein Beispiel dafür ist die Oxidation von D-Gluconsäure zur 2-Keto-D-Gluconsäure
mit bismut- und bleidotierten Platinkatalysatoren, die mit monometallischen Katalysatoren
nicht möglich ist [141, 142]. Vermutlich ist die Bildung eines Chelatkomplexes zwischen dem
Promotor und der Carboxyl- sowie der a-Hydroxylgruppe der D-Gluconsäure die Ursache für
die unerwartete Oxidation der sekundären Hydroxylgruppe in 2-Position.
HÄHNLEIN stellt mit der Verwendung polymerstabilisierter Nanopartikel ein grundsätzlich
anderes Verfahren zur Verhinderung der korrosiven Ablösung der Aktivkomponente vom
Träger vor [143]. Durch Trägerung eines Pt/PVP-Sols auf einen SiO2-Träger konnte ein langzeitstabiler Katalysator für die Oxidation von Sorbose hergestellt werden, wobei die weitgehende Inhibierung der Metallkorrosion auf die hohe Affinität der zur Stabilisierung eingesetzten Polymere zum Metall zurückgeführt wird.
2.1.1.3.3
Einfluß ausgewählter Reaktionsbedingungen auf die katalytische Oxidation
Lösungsmittel
HEYNS hat im Rahmen seiner grundlegenden Untersuchungen zur katalytischen Oxidation
von Alkoholen an Platin-Kontakten den Einfluß unterschiedlicher Lösungsmittel auf die
Aktivität und Selektivität der Reaktion getestet [135]. Dabei erwiesen sich generell stark
polare Lösungsmittel v. a. Wasser (für die Oxidation polarer Alkohole) und unpolare
Lösungsmittel wie Benzin und n-Heptan (für die Oxidation nichtwasserlöslicher Alkohole) als
die günstigsten, gut geeignet waren Ketone wie Aceton oder Methylethylketon, wenig geeignet Benzol und Essigester. Auch ein Lösungsmittelgemisch aus Wasser und Aceton wird
als „brauchbar“ bezeichnet.
Im Einklang mit der mechanistischen Deutung werden primäre Alkohole in Wasser als
Lösungsmittel zu Carbonsäuren und in nichtwäßrigen Lösungsmitteln mit hoher Selektivität
zu Aldehyden oxidiert.
pH-Wert
Auf die Wirkung der als Produkte gebildeten Carbonsäuren als stark adsorbierende chemische
Katalysatorgifte wurde bereits hingewiesen. Dieser negative Einfluß geht allerdings mit
steigendem pH-Wert zurück, da die Carbonsäuren in Abhängigkeit von ihrem pKs-Wert ab
einem definierten pH-Wert dissoziiert vorliegen und geladene Moleküle nicht so stark an der
Metalloberfläche adsorbieren. Aus diesem Grund werden Oxidationen mit monometallischen
24
Theoretische Grundlagen
Pt- oder Pd-Katalysatoren im basischen Milieu unter Bildung von Carboxylaten als Produkt
durchgeführt. Die starke Adsorption von nichtdissoziierten Carbonsäuren auf der Oberfläche
kann wie oben besprochen durch Dotierung mit einem Zweitmetall wie Bi oder Pb und die
dadurch bewirkte erhöhte Desorptionsgeschwindigkeit der inhibierend wirkenden Reaktionsprodukte (geometrische Blockierung) vermindert werden, so daß promotierte Katalysatoren
im Vergleich zu nichtpromotierten im sauren Milieu über eine deutlich erhöhte Aktivität verfügen [142, 144].
Inwieweit die Abhängigkeit vom pH-Wert in Wasser als Lösungsmittel auf den Einfluß saurer
Produkte in nichtwäßrigen Lösungsmitteln oder wäßrigen Lösungsmittelgemischen übertragen werden kann, ist nicht untersucht. Es ist aber davon auszugehen, daß die Bildung saurer
Produkte hier ebenfalls eine hemmende Wirkung haben sollte.
2.1.1.3.4
Oxidation von Kohlenhydraten
Ein wichtiges Anwendungsfeld für das Verfahren der katalytischen Oxidation ist der Bereich
der Kohlenhydratoxidation. In der Literatur wurden zahlreiche Reaktionen beschrieben:
Aldosen, Aldonsäuren und geschützte Aldosen
·
D-Glucose zu D-Gluconsäure [138, 144-155]
·
D-Gluconsäure zu D-Glucarsäure [156, 157] oder zu 2-Keto-D-Gluconsäure sowie von
weiteren Aldonsäuren zu den entsprechenden 2-Keto-Aldonsäuren [141, 142, 144]
·
a-Methyl-D-Glucosid zu 1-O-Methyl-a-D-Glucuronat [158-160] sowie von verschiedenen 1-O-Alkyl-D-Glucosiden zu den entsprechenden Glucuronaten [43]
·
Glucose-1-Phosphat zu Glucuronsäure-1-Phosphat [161, 162]
Ketosen
·
Fructose zu 2-Keto-D-Gluconsäure und D-threo-hexo-2,5-Diulose [163]
·
Sorbose zu 2-Keto-L-Gulonsäure [127, 164-171]
Disaccharide
·
Lactose zu Lactobionsäure sowie zu 2-Keto-Lactobionsäure [43, 172, 173]
·
Saccharose zu verschiedenen Mono-, Di- und Tricarbonsäuren [43, 174]
·
verschiedene Saccharide zu Monocarbonsäuren [175]
·
Iso-Maltulose zu verschiedenen Mono- und Dicarbonsäuren [176, 177]
Polysaccharide
·
Cyclodextrin zu Polycarboxylaten [160]
25
Kapitel 2
Von besonderer Bedeutung bei der edelmetallkatalysierten Kohlenhydratoxidation ist die
Steuerung der Selektivität. Da sich die einzelnen Gruppen in ihrer Reaktivität nur sehr wenig
voneinander unterscheiden, ist die gezielte Oxidation einer ausgewählten Funktion mitunter
mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Von HEYNS wurden die Einflußgrößen auf die
Selektivität der Oxidation polyfunktioneller Alkohole insbesondere der Monosaccharide, Cyclitole (hier v. a. die isomeren Inosite) sowie weiterer mono- und bicyclischer Systeme untersucht und in Form von Selektivitätsregeln zusammengefaßt (Tab. 2.4) [133, 135, 178, 179]:
Tab. 2.4 Selektivitätsregeln von Heyns, nach [176]
Strukturelement
sek
Selektivitätsregel nach Heyns
Primäre OH-Gruppen werden vor
sekundären oxidiert, Mehrfachoxidationen sind möglich. Im
schwach sauren bis neutralen pHBereich entstehen Aldehyde, im
alkalischen Carbonsäuren.
sek
prim
prim
sek
sek
Offenkettige Verbindungen
6
OH
OH
O
HO
HO
OH
1
OH
Aldopyranosen
ax
1
OH
Ketopyranosen
OR
ax
O
ax
O
HO
HO
OH
OR
eq
eq
O
eq
OR
OR
Bei Aldopyranosen wird die OHGruppe am C1, bei Ketopyranosen
die primäre OH-Funktion am C1
oxidiert, sofern sie nicht blockiert ist.
In der Reaktivität folgt die primäre
OH-Gruppe am C6 der Aldopyranosen.
In Sechsringen werden axiale OHGruppen den äquatorialen bevorzugt.
Es wird maximal eine Hydroxyfunktion oxidiert.
Sechsringe: Cyclohexan- bzw. Tetrahydropyranstruktur
OR
O
OH
OR
HO
Fünfringe
OH
1
OH
O
HO
OH
6
OH
26
OH
Ketosen
In Fünfringen wird zunächst nur
eine OH-Funktion oxidiert. Weiteroxidation unter Ringöffnung ist unter
bestimmten Voraussetzungen möglich.
Exocyclische primäre OH-Gruppen
werden gleichzeitig mit der bevorzugten sekundären Hydroxygruppe
oxidiert.
Bei Ketofuranosen soll die primäre
Hydroxyfunktion am C1 durch das
anomere Zentrum so aktiviert sein,
daß sie ebenso leicht oxidierbar ist
wie die Aldehydfunktion von
Aldosen, in jedem Falle aber leichter
als die primäre C6-Hydroxylgruppe.
Theoretische Grundlagen
Ein Beispiel dafür, wie durch gezieltes Katalysatordesign die Selektivität gesteuert werden
kann, stellt die gut untersuchte katalytische Oxidation von D-Glucose dar.
HO
O
HO
O
OH
O
OH
HO
HO
HO
HO
HO OH
1
OH
OH
OH
OH
OH
OH
2
O
HO
OH
HO
HO
O
OH
OH
HO
HO
OH
OH
OH
OH
OH
O
1
Abb. 2.2
O
3
4
OH
OH
HO
O
5
Oxidation von Glucose; 1 Glucose, 2 Gluconsäure, 3 2-Keto-D-Gluconsäure,
4 Guluronsäure, 5 Glucarsäure
Die Oxidation zum primären Oxidationsprodukt D-Gluconsäure kann in guter Ausbeute mit
Pd/C-Katalysatoren durchgeführt werden [146, 180], eine weitere Erhöhung der Selektivität
kann durch Dotierung mit Bi oder Se erreicht werden. Die höchste Ausbeute von 98 %, die
die edelmetallkatalytische Route sogar im Vergleich zu biokatalytischen Prozessen konkurrenzfähig macht, konnte mit einem Pd/Pt/Bi (4%/1%/5%)-Katalysator erreicht werden
[153].
Platinkatalysatoren zeigen eine deutlich geringere Selektivität für die Glucoseoxidation zu
Gluconsäure, was mit der höheren Sauerstofftoleranz erklärt werden kann. Die primäre
Hydroxygruppe am C6-Atom ist weniger reaktiv als die Aldehydfunktion am C1. Am Ende
der Oxidation nimmt die Aktivität von Pd-Katalysatoren scharf ab, während Pt-Katalysatoren
auch die OH-Gruppe am C6-Atom der D-Gluconsäure noch oxidieren können. Endprodukt der
Gluconsäureoxidation ist die Glucarsäure, eine Zuckersäure, die mit Ausbeuten von etwa
70 % gebildet wird [181]. Nebenprodukte sind z. B. Oxalsäure und Arabinonsäure, eine C5Säure. Als Zwischenprodukt wird in max. 30%iger Ausbeute Guluronsäure gebildet [182].
27
Kapitel 2
Bereits erwähnt wurde die selektive Herstellung von 2-Keto-D-Gluconsäure mit PtBi und
PtPb-Katalysatoren [141, 142]. Neben der über die Chelatbildung ermöglichten Oxidation der
sekundären Hydroxylgruppe in 2-Position wird die Oxidation von primären Hydroxylgruppen
gehemmt. Abbadi erreichte mit Natriumgluconat als Substrat und PtBi und PtPb hohe Ausbeuten von ca. 98 %.
2.1.1.3.5
Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
Die edelmetallkatalysierte Oxidation von Hydroxymethylfurfural in wäßriger Phase ist eine
gut untersuchte Reaktion [40-43, 137, 139]. Die Reaktion verläuft über mehrere Stufen, als
Endprodukt entsteht in quantitativer Ausbeute 2,5-Furandicarbonsäure:
H
H
O
O
O
FDA
H
O
OH
H
O
O
HMF
O
FFCA
HO
OH
O
O
O
FDCA
OH
O
OH
OH
O
O
HFCA
Abb. 2.3
Oxidationsprodukte von HMF: 2,5-Furandialdehyd (FDA), 5-Hydroxymethyl-2-Furancarbonsäure (HFCA), 5-Formyl-2-Furancarbonsäure (FFCA), 2,5-Furandicarbonsäure
(FDCA)
Führt man die Reaktion in nichtwäßriger Lösung durch, entsteht im Einklang zu den in Kap.
2.1.1.3.3 gemachten Angaben 2,5-Furandialdehyd als Endprodukt in hoher Ausbeute [185].
Bei der Untersuchung der HMF-Oxidation wurden im Vergleich zur Oxidation von Alkoholen und Kohlenhydraten als Substrat einige überraschende Befunde beobachtet [137]:
1. bei Verwendung von Pd/C-Katalysatoren findet keine Desaktivierung statt, obwohl die
Reaktion relativ langsam ist
2. die Reaktion verläuft erster Ordnung bezüglich Sauerstoff
3. auch die wenig oxidationsstabilen Metalle Rh und Ru zeigen Aktivität
28
Theoretische Grundlagen
4. bei Verwendung von Pt/C-Katalysatoren verläuft die Reihenfolge der Oxidation der oxidierbaren Funktionen im HMF-Molekül nicht nach den erwarteten Reaktivitätsregeln; die
Oxidation der Hydroxymethylgruppe ist schneller als die der Aldehydfunktion
Die ersten drei Punkte können auf die starke Adsorption des planaren HMF-Moleküls auf der
Metalloberfläche zurückgeführt werden, die die Chemisorption von Sauerstoff limitiert. Verantwortlich für die starke Adsorption von HMF ist die vergleichsweise starke Wechselwirkung des p-Elektronensystems des aromatischen Furanrings mit der Metalloberfläche.
Substanzen wie Methanol oder Glucose, die nur über Hydroxy- oder Aldehydgruppen mit der
Oberfläche in Wechselwirkung treten können, adsorbieren deutlich schwächer. So sind Pd/CKatalysatoren beispielsweise bei Sauerstoffkonzentrationen von 6 ppm in der Flüssigphase
noch aktiv, während eine O2-Konzentration von 1 ppm bei dem reaktiveren Substrat Methanol
bereits zur Desaktivierung führt [183]. Es können sogar Metalle mit extrem geringer Sauerstofftoleranz wie Rhodium und Ruthenium als Aktivkomponente verwendet werden [42].
Gleichzeitig ist die Reaktivität von HMF groß genug, so daß es nicht zu einer chemischen
Vergiftung kommt, d. h. der Prozeß der Substratdehydrierung ist schneller als der limitierte
Prozeß der Oberflächenoxidation. Die Limitierung der Chemisorption zeigt sich auch in der
auf den ersten Blick erstaunlichen Tatsache, daß die Reaktion bezüglich Sauerstoff erster
Ordnung und gleichzeitig bezüglich HMF nullter Ordnung verläuft. Da nicht angenommen
wird, daß die Reaktion durch Porendiffusion oder den Gas/Flüssig-Phasenübergang limitiert
wird, muß die Chemisorption den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Reaktion darstellen [42].
VINKE hat in seinen Untersuchungen, die von uns bestätigt werden konnten, die bevorzugte
Bildung von FDA und FFCA als Intermediate im Verlauf der HMF-Oxidation an Pt-Kontakten festgestellt [42]. Entgegen der erwarteten Reaktivitität wird also die Hydroxymethylgruppe bevorzugt vor der Aldehydgruppe unter Bildung des Furandialdehyds oxidiert, die
Bildung von HFCA wird dagegen nur im geringen Umfang beobachtet. Im weiteren Reaktionsverlauf wird FDA in einem schnellen Reaktionsschritt zu FFCA und dieses schließlich in
einem langsamen Schritt zu FDCA als stabilem Endprodukt oxidiert. Dabei kommt es zu
einer Akkumulierung von FFCA in einer Ausbeute von bis zu 75 %.
Die erhöhte Stabilität der Aldehydgruppe im HMF-Molekül wird auf die Resonanzstabilisierung mit dem aromatischen Furanring zurückgeführt. Die bevorzugte Oxidation der
Hydroxymethyl- gegenüber der Aldehydgruppe wird auch deutlich beim Vergleich der Oxidation von FDA und HFCA als Substrat: Obwohl HFCA aufgrund der negativen Ladung
schlechter als FDA an der Metalloberfläche adsorbiert, ist die Geschwindigkeit der HFCAOxidation höher als die der FDA-Oxidation.
Die generell schlechtere Oxidierbarkeit von Molekülen, die eine Ladung enthalten, zeigt sich
auch in diesem System in der relativ geringen Oxidationsgeschwindigkeit von FFCA. Bei
29
Kapitel 2
Verwendung des wenig sauerstofftoleranten Katalysators Ru bleibt die HMF-Oxidation
aufgrund der einsetzenden Katalysatordesaktivierung auf dieser Stufe stehen, bei Pd-, Ir- und
Pt-Katalysatoren kommt es zu einer starken FFCA-Akkumulation.
Die höchste Aktivität von allen untersuchten Katalysatoren konnte im alkalischen Milieu mit
einem Pd/Al2O3-Katalysator erzielt werden [42].
Bismutdotierte Pt-Katalysatoren zeigen eine Verschiebung in den Selektivitäten, wobei der
bereits erwähnte hemmende Einfluß von Bismut auf die Oxidation primärer Hydroxylgruppen
im schwach alkalischen Milieu (pH 8) zur verstärkten Bildung von HFCA als Intermediärprodukt führt [42]. Die Gesamtselektivität bezüglich FDCA, d. h. die quantitative
Bildung am Ende der Reaktion, bleibt im Vergleich zu monometallischen Pt-Katalysatoren
unverändert. Allerdings konnte die Bildung von HFCA mit PtBi-Katalysatoren bei den von
uns gemachten Untersuchungen im sauren und neutralen Milieu nicht beobachtet werden
(siehe Konzentrations/Zeit-Verlauf der HMF-Oxidation Abb. 5.1 in Kap. 5).
2.1.2 Feststoffsäuren
Die Verwendung von feststoffsauren Katalysatoren (solid acids) bietet gegenüber homogenen
Säuren eine Reihe von Vorteilen [184]:
·
leichte Abtrennbarkeit des Katalysators vom Reaktionsgemisch – ein kontinuierlicher
Betrieb ist damit einfach möglich
·
Entfallen des Aufarbeitungsschritts Neutralisation am Ende einer Reaktion; damit keine
Abwasserbelastung durch Salzanfall
·
Lokalisierung der sauren Zentren – dadurch im Reaktor und während der Aufarbeitungsschritte keine Korrosionsgefahr
·
Lokalisierung der sauren Zentren – durch Realisierung eines milden Milieus im Reaktionsmedium werden Kopplungen mit Prozessen, die im stark sauren inhibiert sind,
möglich
·
Wiederverwertbarkeit durch Reinigungs- und Regenerierungsschritte
·
z. T. erhöhte Selektivitäten durch
- Vorzugssorption polarer oder unpolarer Substanzen z. B. bei org. Ionentauschern in
Abhängigkeit davon, ob die hydrophilen Eigenschaften der funktionellen Gruppen
oder das unpolare Kohlenwasserstoffgerüst den Charakter des Harzes bestimmt
- Formselektivität (shape-selectivity) bei Verwendung von kristallinen Zeolithen
Tab. 2.5 gibt eine Übersicht über die bekanntesten feststoffsauren Katalysatoren:
30
Theoretische Grundlagen
Tab. 2.5
Unterteilung der feststoffsauren Katalysatoren [101]
Feste saure Katalysatoren
Beispiele
Metalloxide
Amorphe und kristalline Mischoxide
Gestützte Schichtsilicate (pillared clays)
Zeolithe in H+-Form
Mineralsäuren auf festen porösen Trägern
Salze O-haltiger Mineralsäuren
org. Kationenaustauscherharze in H+-Form
Halogenide dreiwertiger Metalle auf porösen
Trägern
Al2O3, SiO2, Nb2O5
Al2O3-SiO2, Heteropolysäuren
Fe-, Cr-, Al-pillared Montmorillonit
H-Faujasit, H-beta, H-Mordenit, MCM-41
ZrO2-H2SO4, Nb2O5-H3PO4
Phosphate, Sulfate, Wolframate
Lewatit, Nafion, Amberlite
AlCl3-Al2O3
Ein wesentlicher Nachteil im Vergleich zu homogenen Säuren ist die verhältnismäßig geringe
Säurezentrendichte, die beim Arbeiten in kondensierter Phase insbesondere in polaren
Lösungsmitteln wie Wasser, in denen die Katalysatoraktivität durch Solvatisierung der Säurezentren zusätzlich erniedrigt ist, hohe Katalysatorkonzentrationen erforderlich macht. Im
Folgenden sollen die auch in dieser Arbeit zum Einsatz gekommenen Feststoffsäureklassen
Zeolithe, organische Kationenaustauscherharze und Niobsäure bzw. phosphatierte Niobsäure
eingehender diskutiert werden.
2.1.2.1 Saure Zeolithe
Zeolithe sind kristalline Alumosilicate mit hochgeordneten Strukturen, die der allgemeinen
Summenformel M2/nO · Al2O3 · nSiO2 · pH2O entsprechen, in denen M ein ein- oder mehrwertiges Metall, H, NH4 o. ä. sein kann [111]. Die kleinsten Bausteine, die Primärbaugruppen, in die ein Zeolith zerlegt werden kann, sind SiO4- und AlO-4-Tetraeder, die zu 16
möglichen Sekundärbaugruppen verbunden werden können. Die weitere Verknüpfung dieser
Einheiten führt zum Aufbau von dreidimensionalen Hohlraumstrukturen. Die Eingänge zu
den Hohlräumen der Zeolithe werden von 6-, 8-, 10- oder 12-Ringen gebildet (eng-, mitteloder weitporige Zeolithe), die ein räumliches Sieb mit Maschenweiten zwischen 0,3 und
1,0 nm, also im mikroporösen Bereich, bilden. Eine Reihe der Zeolithe ist aus Polyedern als
tertiäre Baueinheiten zusammengesetzt. Dazu zählt auch der Kubooktaeder (auch Sodalithoder β-Käfig), aufgebaut aus 4- und 6-Ringen, aus dem sich durch unterschiedliche Verknüpfungen wichtige Zeolithgrundstrukturen ableiten lassen (Abb. 2.4).
31
Kapitel 2
a)
c)
Abb. 2.4
b)
d)
Zeolithstrukturen: a) β-Käfig (tert. Baueinheit) als Grundkörper von Zeolithen,
b) schematische Darstellung des β-Käfigs; c) Verknüpfung der Polyeder zu Zeolith A, d)
Verknüpfung der Polyeder zu Zeolith Y (Faujasit)
Zeolithe in der H-Form sind Feststoffsäuren, deren Acidität sich durch Modifizierung
(Ionentausch, partielle Dealuminierung und isomorphe Substitution der Gitteratome Al bzw.
Si) in weiten Grenzen einstellen läßt. Ein direkter Austausch der Alkaliionen in Zeolithen
gegen Protonen mittels Mineralsäuren ist nur in Ausnahmefällen möglich [101]. Die beste
Methode ist der Austausch der Alkaliionen gegen NH4+-Ionen und anschließendes Erhitzen
auf 500-600 °C (Deammonisierung). Einen weiteren starken Einfluß auf die Acidität hat der
Modul, d. h. das Si/Al-Verhältnis, welches durch Entfernung von Aluminium aus dem
Kristallgitter beispielsweise durch Behandlung mit Säure oder SiCl4 beeinflußt werden kann.
Beim Dealuminieren nimmt die Zahl der aciden Zentren ab, gleichzeitig steigt die Acidität der
verbleibenden Zentren an. Die größten Protonendonorstärken haben Zeolithe mit den niedrigsten Al-Gehalten z. B. die supersauren H-ZSM 5 und ultrastabiler H-Y. Die beiden gegenläufigen Effekte der Konzentration acider Zentren und ihrer Säurestärke überlagern sich, so
daß bei einem bestimmten Modul eine maximale Gesamtreaktivität erreicht wird [101]. Die
sauren Zentren der so präparierten Zeolithe weisen sowohl brönsted- als auch lewissaure
Eigenschaften auf, wobei die wesentliche katalytische Wirkung insbesondere beim Einsatz in
Wasser als Lösungsmittel den Brönsted-Säurezentren zugeschrieben wird.
Die Kombination der katalytischen Wirksamkeit als Feststoffsäure mit der scharf definierten
Poren-Radien-Verteilung der Zeolithkristalle macht die sog. formselektive Katalyse mit Zeo-
32
Theoretische Grundlagen
lithen möglich. Dabei unterscheidet man zwischen Reaktandselektivität (nur Ausgangsstoffe
einer bestimmten Form und Größe können in das Innere der Poren eindringen), Produktselektivität (nur Produkte einer bestimmten Form und Größe können das Porensystem verlassen)
und Übergangs-Formselektivität (nur solche Übergangszustände sind möglich, die in die
Zeolith-Hohlräume passen) [101, 186].
Neben der Möglichkeit der formselektiven Katalyse ist die hohe Temperaturstabilität, die
nicht nur einen Einsatz bei hohen Temperaturen in Gasphasenreaktionen sondern auch eine
wiederholte Regenerierung durch Hochtemperaturoxidation von Kohlenstoffablagerungen
ermöglicht ein weiterer wesentlicher Vorteil gegenüber anderen feststoffsauren Katalysatoren
[103].
Einsatzgebiete von Zeolithen als Feststoffsäuren
Zeolithe wurden von der Mobil Oil Corporation als Crackkatalysatoren mit verbesserter Aktivität und Selektivität für das katalytische Cracken und Hydrocracken entwickelt und stellen
heute aufgrund ihrer überragenden Eigenschaften bezüglich Formselektivität und Temperaturstabilität die am häufigsten verwendeten Feststoffsäuren dar. Entsprechend ihrer Entwicklung
finden saure Zeolithe vorwiegend in der Raffinerietechnik und der Petrochemie technische
Verwendung [187], neben den genannten Crackprozessen mit Faujasit beispielsweise im
MTG- und MTO-Prozeß (Methanol-to-Gasoline bzw. Methanol-to-Olefine mit ZSM-5) sowie
im Mobil-Badger-Prozeß, der Gasphasenalkylierung von Aromaten an Pentasil-Zeolithen
[101]. Ein weiteres Beispiel für die kommerzielle Verwendung von Zeolithen ist die Herstellung von Cumol mit H-Y im sog. katalytischen Destillationsverfahren [188].
Einsatz in der sauer katalysierten Fructosedehydratisierung zu Hydroxymethylfurfural
Beim Einsatz von Zeolithen für die Konversion von Kohlenhydraten in Wasser als Lösungsmittel bestehen zwei grundsätzliche Probleme:
·
Im Lösungsmittel Wasser ist die hydrophile Oberfläche mit Wassermolekülen bedeckt,
was die Adsorption von organischen Substratmolekülen hemmt – auf der anderen Seite ist
eine gewisse Hydrophilie der Oberfläche vonnöten, da ansonsten die innere Oberfläche
nicht mit Wasser benetzt werden könnte und eine Umsetzung nur an der äußeren Oberfläche stattfinden würde [189].
·
Durch die mikroporöse Struktur der Zeolithe ist die Diffusion der relativ voluminösen
Kohlenhydratmoleküle in das Zeolithinnere stark limitiert.
Verwendung finden aus diesen Gründen ausschließlich weitporige, siliciumreiche Zeolithe
wie H-Mordenit und H-Y, die aufgrund des starken Dealuminierungsgrades und der damit
einhergehenden niedrigen H+-Konzentration einen relativ hydrophoben Charakter haben [8892, 189]. Vorstellbar ist darüber hinaus die Verwendung des mesoporösen Zeolithen
33
Kapitel 2
MCM-41. Die besten Ergebnisse für die Dehydratisierung von Fructose zu HMF konnten mit
dem Zeolith H-Mordenit bei gleichzeitiger In-situ-Extraktion in MIBK erzielt werden, wobei
die hohen HMF-Bildungsselektivitäten von mehr als 90 % bei Umsätzen > 60 % auf die
formselektive Wirkung der zweidimensionalen Mordenitstruktur zurückgeführt wird [89, 91].
Die Aktivität der Katalysatoren ist, wahrscheinlich bedingt durch die Diffusionslimitierung
und die nicht vollständige Ausnutzung der inneren Katalysatoroberfläche, sehr gering. Um
relevante Umsätze zu erreichen, muß die Reaktion deshalb bei hohen Temperaturen von
165 °C durchgeführt werden, also bei Bedingungen, unter denen die Fructosedehydratisierung
durch Bildung organischer Säuren auch mit vergleichsweise hoher Aktivität autokatalysiert
abläuft.
2.1.2.2 Organische Kationenaustauscherharze
Organische Ionenaustauscherharze sind kettenförmige und teilweise vernetzte Polymere,
deren Moleküle spezifische ionogene Gruppen (Ankergruppen) tragen [111]. Ionenaustauscherharze besitzen grundsätzlich eine hydrophile Gelstruktur mit großer Oberfläche und
quellen bei Aufnahme von Flüssigkeit. Als kationische Austauscherharze werden häufig
sulfonierte Polymere auf Basis von Polystyrol oder Polysiloxan eingesetzt.
Herstellung und Struktur einer Polystyrolmatrix [184, 190, 191]
Die Herstellung der gelförmigen Polymermatrix erfolgt durch radikalische Copolymerisation
von Styrol mit Divinylbenzol, die in Suspension mit wasserunlöslichen Initiatoren wie Peroxiden oder Azoverbindungen durchgeführt wird. Aufgrund der unterschiedlichen Reaktivitäten von Styrol, gebundenen und freien DVB-Isomeren (m-DVB und p-DVB) und
aufgrund der Unreinheit des in technischer Qualität verwendeten Divinylbenzols (Hauptverunreinigungen durch Ethylvinylbenzol und Diethylbenzol) kommt es zu Inhomogenitäten in
der gebildeten Polystyrolmatrix, in denen sich neben verhältnismäßig dicht vernetzten
Bereichen solche mit längeren Netzketten finden. Ein gravierender Punkt ist in diesem
Zusammenhang der Anteil der nicht umgesetzten Doppelbindung des DVB. Er kann je nach
Reaktionsbedingungen bis zu 50 % betragen, so daß der mittlere Vernetzungsgrad durchaus
niedriger sein kann als der vom Hersteller angegebene DVB-Gehalt [192]. Endprodukte der
Suspensionspolymerisation sind sphärische Partikel mit einem Durchmesser von 0,1-2 mm.
Durch Zusätze von Inertstoffen, die für Styrol ein Lösungsmittel und für Polystyrol ein Fällmittel darstellen, zu dem Polymerisationsgemisch können Harze mit makroporöser Struktur
erhalten werden. Je nach Art (z. B. aliphatische Kohlenwasserstoffe und Alkohole) und
Menge dieses Stoffes trennen sich die zu Beginn des Polymerisationsprozesses gebildeten
gelförmigen Untereinheiten (Nuclei) voneinander ab und bilden im weiteren Verlauf Mikrosphären und Agglomerate, die von Makroporen durchzogen sind. Ein detailliertes Bild über
34
Theoretische Grundlagen
den Aufbau makroporöser Harze, basierend auf elektronenmikroskopischen und Oberflächenmessungen gibt Abb. 2.5 [193].
CH2 CH CH2 CH CH2
>
>
>
Nucleus
ca. 10 nm
Mikrosphäre
ca. 100 nm
>
CH2 CH CH2 CH CH2
Agglomerat
Harzperle
ca. 0,5 mm
Abb. 2.5 Aufbau makroporöser Harze
Sulfonierung der Polystyrolmatrix
Die Eigenschaften des Ionentauschers werden im wesentlichen von der Ankergruppe
bestimmt. Beispielsweise kann die Säurestärke durch Wahl der eingeführten sauren Gruppe
über deren Acidität variiert werden, so wirken Ionentauscher mit Sulfonsäuregruppen als stark
saure Katalysatoren, solche mit Acetatgruppen sind dagegen nur schwach sauer. Die Herstellung der sulfonsauren Kationenaustauscher wird technisch fast ausschließlich durch Funktionalisierung der Polystyrolmatrix mit konzentrierter Schwefelsäure durchgeführt, wobei eine
annähernde Monosulfonierung aller Monomereinheiten erreicht wird. Höhere Funktionalisierungsgrade sind aus sterischen Gründen nicht möglich [194, 195].
Gegenüber Zeolithen weisen organische Kationenaustauscherharze häufig Vorteile beim
Einsatz in wäßrigen Lösungsmitteln auf: Das Harz quillt in Wasser, Wasser füllt die Makroporen vollständig aus und befindet sich in den Nuclei gleichmäßig verteilt zwischen den
Sulfonsäuregruppen ohne diese zu desaktivieren (Ausbildung einer „quasi-homogenen“ Phase
[184]). Gleichzeitig verfügen Ionentauscher über eine hohe Affinität zu organischen Molekülen, die sich relativ leicht in wäßriger Phase umsetzen lassen [189].
Der wesentliche Nachteil der Katalyse mit organischen Ionenaustauscherharzen ist deren
relativ geringe Temperaturstabilität. Die Anwendungsgrenze sulfonsaurer Ionentauscher liegt
bei ca. 130 °C, spätestens ab 150 °C setzen Desulfonierungs- und andere Zersetzungsprozesse
ein [191]. Eine verbesserte Temperaturstabilität weisen perfluorierte organische Ionentauscher
wie die supersauren Nafion-Katalysatoren der Firma Du Pont auf, die bis zu Temperaturen
von 200 °C einsetzbar sind. Die Perfluorierung führt gleichzeitig zu einer starken Hydrophobierung, so daß das Polymergerüst im Lösungsmittel Wasser kaum quillt und die innere Oberfläche nicht vollständig benetzt wird. Für die Katalyse in Wasser bedeutet dies einen Aktivitätsverlust, da nicht alle katalytisch aktiven Zentren für das in Wasser gelöste Substrat
erreichbar sind.
35
Kapitel 2
Einsatzgebiete von organischen Kationenaustauscherharzen als Feststoffsäuren
Eingesetzt werden organische Ionentauscher vorteilhaft in der makroporösen Form als Katalysatoren für Umsetzungen bei moderaten Temperaturen. Ein Beispiel ist die Herstellung des
Antiklopfmittels Tert.-Butyl-Methylether (MTBE) durch Addition von Methanol an Isobuten
bei 70 °C mit K2631 von Bayer, welches beispielsweise im Hüls-MTBE-Prozeß verwirklicht
wurde [196]. Auch Gasphasenprozesse wie die Herstellung von Isopropanol aus Wasser und
Propen bei 130-160 °C werden mit sauren organischen Ionentauschern durchgeführt. Mit
bifunktionellen Harzen, die neben sauren Funktionen noch Edelmetalle wie Palladium enthalten (Bayer K2634), konnten mehrstufige, über saure- und Hydrierschritte ablaufende
Prozesse wie die Herstellung von Mesityloxid und Methylisobutylketon (MIBK) aus Aceton
realisiert werden [197].
Einsatz in der sauerkatalysierten Fructosedehydratisierung
Stark saure organische Kationenaustauscherharze sind als feststoffsaure Katalysatoren für die
Konversion von Monosacchariden zu HMF und Lävulinsäure eingesetzt worden.
SCHRAUFNAGEL und RASE setzten Amberlyst- und Dowex-Material zur Herstellung von
Lävulinsäure bei 100 °C in reiner wäßriger Phase ein und berichten über eine verstärkte
intermediäre HMF-Bildung bei Harzen mit großen Poren, was sie auf die verbesserte Diffusion zurückführen [81]. Die Lävulinsäurebildungsselektivität betrug 83 %. MERCADIER
et. al. wendeten das Konzept der In-situ-Extraktion in MIBK auf die Reaktion mit Nafion (Du
Pont)-, Spherosil (Rhône-Poulenc)- und Lewatit (Bayer)-Material an [82-85]. Bei einem
Wasser/MIBK-Verhältnis von 1:9 und einer Temperatur von 88 °C konnten mit dem besten
Katalysator (K2431, Bayer) HMF-Bildungsselektivitäten von 59 % bei einem Umsatz von
29 % erreicht werden. Verglichen mit sauren Zeolithen ist die Aktivität deutlich höher, so daß
bereits bei relativ moderaten Temperaturen von unter 100 °C relevante Umsätze erzielt
werden konnten (vgl. Temperatur beim Einsatz von Zeolithen 165 °C). Aufgrund der im
Vergleich zu homogenen Säuen immer noch niedrigen Säurezentrendichte organischer Ionentauscher mußten allerdings extrem hohe Katalysatormengen eingesetzt werden; die eingesetzte wasserbezogene Trockenmassekonzentrationen betrug 175 g/L.
2.1.2.3 Niobsäure und phosphatierte Niobsäure als feststoffsaure Katalysatoren
Die Verwendung von niobhaltigen Materialien als feststoffsaure Katalysatoren ist wenig
verbreitet, obwohl gerade Niobsäure (Nb2O5·nH2O) eine der stärksten Brönstedsäuren ist und
auch in Gegenwart von Wasser einen effektiven Katalysator z. B. für Hydratisierungen,
Dehydratisierungen, Alkylierungen und Kondensationen darstellt [198]. Die aciden Eigenschaften der Niobsäure können durch Behandlung mit Sulfat- oder Phosphatanionen sogar
noch gesteigert werden. Ein Problem, das einer breiteren Anwendung entgegensteht, ist die
36
Theoretische Grundlagen
Tatsache, daß die Niobsäure bei hohen Temperaturen durch Wasserverlust in das kristalline
Niobpentoxid übergeht, das kaum noch Aktivität als Feststoffsäure zeigt [198].
Vielversprechende Untersuchungsergebnisse wurden mit Niobsäure und phosphatierter Niobsäure in der sauerkatalysierten Fructosedehydratisierung zu HMF gesammelt [94-96]. Die
HMF-Bildungsselektivität ist sehr hoch, gleichzeitig wird eine Folgereaktion zu Lävulinsäure
und Ameisensäure nicht beobachtet. Anscheinend ist die Säurestärke der Niobsäure und der
phosphatierten Niobsäure genau so stark, daß die Fructosedehydratisierung zu HMF katalysiert wird, die HMF-Hydrolyse zu Lävulinsäure dagegen nicht. Die sehr guten Ergebnisse von
SBRANA et al. konnten allerdings von uns nicht reproduziert werden, was wahrscheinlich auf
die natürlichen Schwankungen des Wassergehalts der eingesetzten Niobsäure und der phosphatierten Niobsäure zurückzuführen ist, die als unbehandelte Naturprodukte geliefert und
eingesetzt wurden.
2.2 Chemisch-katalytische Prozesse in zweiphasigen Systemen
Ein Großteil der in dieser Arbeit entwickelten Verfahren zur Konversion von Fructose zu
HMF und zur gekoppelten In-situ-Oxidation zu FDCA basiert auf Zweiphasensystemen.
Durch Kombination dieser Systeme mit unterschiedlichen Immobilisierungsmethoden z. B.
mit membranunterstützten Verfahren oder polymerimmobilisierten Katalysatoren gelangt man
zu Systemen mit verbesserten und z. T. völlig neuen Trenneigenschaften. Beispielsweise wird
mit diesen Systemen eine substratselektive Reaktionsführung, d. h. die selektive katalytische
Umsetzung eines Reaktanden in Gegenwart eines zweiten Reaktanden, der nicht umgesetzt
werden soll, möglich (z. B. HMF-Oxidation in Gegenwart von Fructose, siehe Kap. 6). Auch
können Zweiphasensysteme aus miteinander mischbaren Fluiden realisiert und vorteilhafte
Eigenschaften des einen Lösungsmittels auf das zweite übertragen werden. Auf diese Weise
wird es beispielsweise möglich, die im Vergleich zu Wasser in Polyethylenglycol deutlich
höhere HMF-Bildungsselektivität auf ein quasi-wäßriges System zu übertragen (s.
Kap. 4.3.4).
37
Kapitel 2
2.2.1
Anwendungsbeispiele von Zweiphasensystemen in der Verfahrenstechnik
Homogene Zweiphasensysteme, also Gemische aus zwei miteinander nicht mischbaren
Flüssigkeiten, stellen in der Technischen Chemie ein vielfältig nutzbares Reaktionsmedium
dar. Ein Beispiel sind Zweiphasenreaktionen, die mit Hilfe von Phasentransferkatalysatoren
oder in tensidstabilisierten Mikroemulsionen durchgeführt werden können, und mit denen
polare und unpolare Reagenzien derartig solubilisiert bzw. in Kontakt gebracht werden, daß
zwischen ihnen eine Reaktion ablaufen kann [199, 200].
Die Zweiphasenkatalyse ist eine elegante Möglichkeit, eine homogen-katalysierte Reaktion zu
heterogenisieren, indem der meist metallorganische Komplexkatalysator und die Reaktionsprodukte in unterschiedlichen Phasen gelöst sind [201]. Auf diese Weise ist das Produkt durch
einfache Phasentrennung vom Katalysator zu trennen, der sich zwar in einer mobilen Phase
befindet, die aber – da ortsfest im Reaktor – als Immobilisierungsmedium wirkt. Wichtigstes
technisches Anwendungsbeispiel für die Zweiphasenkatalyse ist die Hydroformylierungsreaktion mit Rh-Katalysatoren und Triphenylphosphan-trisulfonat (TPPTS) als wasserlöslichem Katalysator-Ligand, die im Shell Higher Olefins Process (SHOP) und im Ruhrchemie/Rhône-Poulenc-Oxoverfahren größere industrielle Anwendung findet (Produktionen
in einer Größenordnung von jeweils 1 Mio Jahrestonnen). Ein leaching des hydrophilen RhKatalysator in die organische Phase wird bei dieser Prozeßführung nicht beobachtet.
Eine Weiterentwicklung der Zweiphasenkatalyse stellen die SLP- und SAP-Techniken
(supported liquid phase bzw. supported aqueous phase) dar, bei denen die homogenen Katalysatoren im Sinne einer doppelten Heterogenisierung oder Immobilisierung an einen Träger
gebunden werden. So kann beispielsweise die Hydroformylierung mit einem auf einem Glasträger fixierten Rh-TPPTS-haltigen Wasserfilm als doppelt heterogenisiertem Katalysator in
langkettigen Alkoholen als organischem Lösungsmittel durchgeführt werden [202-204]. In
dem hydrophoben Cyclohexan/Chloroform-Lösungsmittelgemisch gelang mit einem hydrophilen BINAP-modifizierten Ru-Katalysator (BINAP = 2,2‘-Bis(diphenylphosphonino)-1,1‘binaphthyl) die enantioselektive Hydrierung von 2-(6‘-Methoxy-2‘-naphthyl)acrylsäure zu
(S)-Naproxen [205, 206]. Für dieses spezielle System konnte nachgewiesen werden, daß der
Katalysatorfilm ortsstabil an der Trägeroberfläche bleibt.
Um die Zersetzung instabiler Reaktionsprodukte durch Folgereaktionen zu verhindern,
wurden In-situ-Extraktionsverfahren entwickelt. Ein Beispiel ist die auch in dieser Arbeit
untersuchte saure Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural, das durch Insitu-Extraktion aus der wäßrigen Reaktionsphase in eine organische MIBK-Phase dem Reaktionsmedium entzogen wird und dadurch vor der Rehydratisierung zu Lävulinsäure und
Ameisensäure geschützt ist [81-92, 98].
38
Theoretische Grundlagen
Eine Erweiterung des In-situ-Extraktionsverfahrens ist das Konzept der In-situ-Derivatisierung, bei der das instabile Zwischenprodukt gezielt in ein stabiles Folgeprodukt umgewandelt
wird. In dem von uns entwickelten System wird das durch saure Dehydratisierung gewinnbare
HMF durch katalytische In-situ-Oxidation in der MIBK-Phase in 2,5-Furandicarbonsäure
überführt, die unter den sauren Bedingungen der HMF-Bildung stabil ist. Der organischen
MIBK-Phase, in der sich HMF sehr gut, Fructose dagegen nicht löst, kommt bei dieser Reaktionsführung nicht nur die Aufgabe der HMF-Extraktion zu sondern insbesondere einen
Kontakt von Fructose mit dem Oxidationskatalysator auszuschließen, da auch Fructose als
Substrat oxidierbar ist. Durch das Zweiphasensystem wird damit in diesem speziellen Fall
eine substratselektive Reaktionsführung ermöglicht. Ein Problem stellt die Rückhaltung des
heterogenen Oxidationskatalysators in der organischen Phase dar, der ohne zusätzliche Maßnahmen leicht in die wäßrige Phase übertreten kann (siehe Kap. 6).
2.2.2
Stofftransport und Stoffdurchgangsprozesse an der Phasengrenze
2.2.2.1 Stofftransport durch Diffusion und Konvektion
Die Geschwindigkeit der Gleichgewichtseinstellung einer in einer Flüssigkeit oder in einem
Gas gelösten Substanz innerhalb einer Phase und zwischen zwei Phasen hängt vom Stofftransport in den Phasen und durch die Phasengrenzfläche ab. Bei den Stofftransportmechanismen unterscheidet man Diffusion und Konvektion.
In ruhenden Phasen ist die Diffusion der alleinige Mechanismus für den Stofftransport. Bei
Vorliegen eines Konzentrationsgradienten wird der Diffusionsstrom durch das 1. Fick‘sche
Gesetz beschrieben.
n& s = - Ds × A ×
¶c s
¶x
(2.1)
mit:
n& s
Stoffmengenstrom der Substanz s
Ds
A
Diffusionskoeffizient der Substanz s
Fläche
¶c s
¶x
Konzentrationsgradient in Richtung Diffusionsstrom
Der Diffusionskoeffizient ist abhängig von den molekularen Eigenschaften und der Gesamtkonzentration der Komponenten sowie von der Temperatur. Der Konzentrationsgradient ist
die Triebkraft für die Diffusion.
39
Kapitel 2
Durch Strömung, Rühren oder Temperaturdifferenzen ausgelöste konvektive Transportprozesse sind der molekularen Bewegung (Diffusion) überlagert. Die Konzentration im Inneren
einer fluiden Phase ist dann überall gleich groß. Lediglich an der Grenzschicht zur angrenzenden Phase ändert sich die Konzentration, sofern zwischen den Phasen ein Stoffdurchgang stattfindet [207, 244].
2.2.2.2 Stoffdurchgang an der Phasengrenzfläche
Die theoretische Beschreibung des Stofftransports von einer Phase in eine andere, der sog.
Stoffdurchgang durch die Grenzschicht, ist schwierig. An- und Abreicherungsprozesse in der
Grenzschicht können zu Hemmungen des Stofftransports führen, auch ist die Bestimmung des
Konzentrationsverlaufs durch die Grenzschicht insbesondere an der Grenzfläche, an der sich
die Konzentrationen sprunghaft ändern, kaum möglich. Zur Beschreibung von Stoffdurchgangsprozessen werden zwei Modelle herangezogen: die Zweifilmtheorie und die Oberflächenerneuerungstheorie.
Zweifilmtheorie
Die Zweifilmtheorie liefert unter den Annahmen, daß der Stofftransport in den fluiden Phasen
durch die Diffusion in den Grenzschichten bestimmt wird und daß an der Grenzfläche
Phasengleichgewicht herrscht, folgenden Zusammenhang [207]:
(
n& S = k s' A c S'* - c S'
)
(2.2)
Darin bedeuten:
n& s
Stoffmengenstrom der Substanz s von Phase ‘ in Phase ‘‘
ks‘
A
cs‘
cs‘*
Stoffdurchgangskoeffizient der Substanz s
Austauschfläche
Konzentration der Substanz s in Phase ‘
zur Konzentration der Substanz s in Phase ‘‘ gehörende Gleichgewichtskonzentration
in Phase ‘
Der Stoffdurchgangskoeffizient ks‘ ergibt sich gemäß
1
1
1
= ' +
'
ks b
K s b ''
40
(2.3)
Theoretische Grundlagen
aus den Stoffübergangskoeffizienten b‘ und b‘‘ der Substanz s aus den Phasen ‘ und ‘‘ zu der
Grenzfläche und dem Verteilungskoeffizienten Ks der Substanz s zwischen den flüssigen
Phasen.
Den Annahmen der Zweifilmtheorie liegt der in Abb. 2.6 dargestellte Konzentrationsverlauf
einer transportierten Substanz durch die Grenzschichten („zwei Filme“) zugrunde.
Grenzschichten
Grenzfläche
Phase '
Phase ''
Konzentration c
cG'
c'
c''
cG''
&
Abstand von der Grenzfläche
Abb. 2.6
Konzentrationsverlauf beim Stofftransport durch eine Grenzfläche, ξ = Ortskoordinate, c‘
und c‘‘ = Konzentration im Inneren der Phase ‘ und ‘‘, cG‘ und cG‘‘ = Konzentration an
der Grenzfläche der Phase ‘ und ‘‘, n& = Stoffmengenstrom
Oberflächenerneuerungstheorie
Das Zweifilmmodell setzt definierte Phasengrenzflächen voraus, die unverändert erhalten
bleiben. Bei der Suspension von nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten oder beim
Herabrieseln einer Flüssigkeit über Füllkörperschüttungen trifft dies jedoch nicht zu.
Bei der Oberflächenerneuerungstheorie wird angenommen, daß sich an beiden Seiten der
Phasengrenzfläche Fluidelemente befinden, die dort eine gewisse Zeit verweilen, während ein
stationärer Austausch über die Grenzfläche mit Fluidelementen der jeweils anderen Phase
erfolgt und daß sich die Phasengrenzfläche nach einer gewissen Verweilzeit stetig erneuert.
41
Kapitel 2
2.3
Immobilisierte Katalysatoren
Für die Immobilisierung von Katalysatoren gibt es vielfältige Gründe. Meist geht es darum,
die Rückhaltung mikroskopischer Katalysatoren (Pulverkatalysatoren, Metallkomplexe,
Kolloide, Zellen, Enzyme) im Reaktor zu verbessern, z. B. um kontinuierliche Prozesse zu
realisieren, oder eine verbesserte Abtrennung vom Reaktionsgemisch im Laufe der
Produktaufarbeitung zu gewährleisten. Im Bereich der Biokatalyse wird schon sehr lange mit
immobilisierten Systemen gearbeitet, wobei als wichtigste Immobilisierungsmethoden
Adsorption, Quervernetzung, kovalente Anbindung, Einschluß in eine polymere Matrix (Verkapselung), Membraneinschluß (Mikroverkapselung) und die Abtrennung mit Hilfe von
Flachmembranen beispielsweise im Enzym-Membranreaktor genannt seien [208-212].
Daneben kann die Immobilisierung von Katalysatoren kombiniert mit Zweiphasensystemen in
speziellen Fällen für eine selektive Reaktionsführung erforderlich sein, beispielsweise kann
durch eine Katalysatorimmobilisierung verhindert werden, daß bestimmte Substrate oder
Produkte mit dem Katalysator in Kontakt treten. Häufig ist zum Erreichen einer hohen Produktbildungsselektivität ein definiertes Milieu z. B. ein bestimmtes Lösungsmittel für den
katalytischen Prozeß vonnöten, Edukte und Produkte sollen aber bevorzugt in einer anderen
Phase gelöst sein. Auch in diesem Fall kann durch die Abtrennung des Katalysators und durch
Umgeben mit dem erforderlichen Milieu eine erhöhte Selektivität erreicht werden (s. Kap.
4.3.4, PEG/Wasser-Membransystem).
Die Grundlagen der im Rahmen dieser Arbeit angewendeten und mit Zweiphasensystemen
kombinierten Immobilisierungsmethoden, membranunterstützte Verfahren und polymerimmobilisierte Katalysatoren werden im Folgenden dargestellt.
2.3.1
Membranunterstützte Verfahren
Natürliche oder künstlich hergestellte flächige Gebilde, die zwei unterschiedliche Fluidphasen
oder zwei Volumenteile einer Fluidphase unterschiedlicher Zusammensetzung voneinander zu
trennen vermögen und gleichzeitig einen Stoffaustausch zwischen den Phasen ermöglichen,
werden als Membrane bezeichnet. Im Gegensatz zu Grenzflächen bilden Membranen eine
eigene Phase; den Durchtrittsprozeß von Substanzen durch die Membran bezeichnet man als
Permeation [213].
Als Membranform für Membranprozesse haben sich vor allem Hohlfasern und Flachmembranen durchgesetzt. Hingewiesen sei darüber hinaus auf die insbesondere im Bereich
der Enzym- und Zellimmobilisierung verbreitete Methode der Membranverkapselung, d. h.
der Einschlußimmobilisierung in Mikrohohlkugeln.
42
Theoretische Grundlagen
Tab. 2.6 gibt einen Überblick über membranbasierte Verfahren zur Trennung von Stoffgemischen in fluiden Phasen [213].
Tab. 2.6
Membranbasierte Verfahren zur Trennung von Stoffgemischen
System
Operation
treibende Kraft
Gas/Gas
Elektrolyt/Wasser
Makromolekül/Wasser
Kolloid/Wasser
Feststoff/Wasser
org. Substrat/org. Substrat
org. Substrat/Wasser
Elektrolyt/Wasser
Elektrolyt/Wasser
org. Substrat/Wasser
Elektrolyt/Wasser
Gasseparation
Umkehrosmose
Dp
Ultrafiltration
Dp
Mikrofiltration
Dp
Pervaporation
Dp
Elektrodialyse
Membrandestillation
Pertraktion
Dialyse
D E (elektrochem. Potential)
DT
Dp
D µ (chem. Potential)
Dc
Die in dieser Arbeit zur Anwendung gekommenen Trennverfahren und Module Dialyse/Dialysatoren bzw. Pertraktion/Membrankontaktoren, einige chemische und enzymkatalytische Prozesse, die in Membranreaktoren durchgeführt werden sowie der Rückhalt von
Membranen als wichtige Größe zur Beschreibung von Membraneigenschaften sollen im
Folgenden beschrieben werden.
2.3.1.1 Rückhalt von Membranen
Eine wichtige Größe zur Charakterisierung von Membranen ist der Rückhalt. Der Molekülausschluß wird durch die Porendimensionen in der Oberfläche und durch die innere
Struktur einer Membran bestimmt. Der Rückhalt R wird definiert als [213]:
æ c ''
R = çç1 - '
è c
ö
÷÷ ×100%
ø
(2.4)
mit:
c‘‘ Konzentration im Permeat
c‘ Konzentration in der Rohlösung
Für die Bestimmung der molekularen Trenn- oder Ausschlußgrenze wird die beim experimentell bestimmten Rückhalt als Funktion der Molmasse resultierende Summenkurve
43
Kapitel 2
benutzt. Danach ist die Ausschlußgrenze die aus der Wendetangente sich ergebende Molmasse. Im Schnittpunkt der verlängerten Wendetangente mit der Parallelen, entsprechend
100 % der Summenkurve, ergibt das Lot auf der Abzisse die nominale Trenngrenze, den „cutoff“ der Membran. Um eine vollständige Rückhaltung zu gewährleisten, sollte ein Faktor > 10
zwischen der zurückzuhaltenden Substanz und dem cut-off liegen. So werden die meisten
Enzyme (MW 10.000 – 100.000) von Ultrafiltrationsmembranen (cut-off 1.000 – 10.000) vollständig zurückgehalten [214]. Durch die Verwendung einer UF-Membran mit einem cut-off
von 3.500 konnte in dieser Arbeit ein Zweiphasensystem aus den miteinander mischbaren
Fluiden Wasser und Polyethylenglycol 35.000 verwirklicht werden, wobei nach einer Woche
Reaktionsdauer kein PEG 35.000 in die Wasserphase übergetreten ist (Kap. 4.3.4).
2.3.1.2 Dialyse und Dialysatoren
Die Dialyse ist das am längsten bekannte Membrantrennverfahren. Der Stoffaustausch im
Dialyseprozeß beruht auf dem spontanen, irreversiblen, diffusiven Durchtritt durch die
Membran. Dabei lassen sich zwei ideale Grenzfälle von Membrantypen unterscheiden: die
dichte Löslichkeitsmembran, die als gequollenes Gel angesehen werden kann und die poröse
Membran. Zur theoretischen Beschreibung des dialytischen Permeationsprozesses werden für
beide Grenzfälle unterschiedliche Modelle herangezogen [207, 213].
Der Stoffmengenfluß errechnet sich aus dem Produkt der Konzentrationsdifferenz auf den
Seiten der Membran und der sog. diffusiven Permeabilität [213].
J S = A × Pm × Dc
mit:
Js Stoffmengenfluß der Substanz s
Pm. diffusive Permeabilität
A Austauschfläche
∆c Konzentrationsdifferenz
44
(2.5)
Theoretische Grundlagen
Für Löslichkeitsmembranen wird für die Permeabilität angesetzt:
Pm =
K S RT
Dx( f sm + f sl )
(2.6)
mit:
Ks Verteilungskoeffizent der Substanz s zwischen Lösung und Membran
D x Membrandicke
f Reibungskoeffizient zwischen Substrat s und Membran m bzw. zwischen Substrat s und
Lösungsmittel l
R Gaskonstante, 8,314 kJ/mol
T Temperatur
Für poröse Membranen ergibt sich:
Pm =
DS e d P
Dx t d S
(2.7)
mit:
Ds Diffusionskoeffizient
e
Porenanteil an der Membranoberfläche
t
d
Krümmungsfaktor
Durchmesser des Substratmoleküls s bzw. der Pore p
Im Fall der porösen Membran muß zu dem diffusiven Transportwiderstand der Widerstand
durch die laminaren Grenzschichten auf beiden Seiten der Membran addiert werden.
Der Dialyseprozeß läuft entlang eines Konzentrationsgradienten diffusiv ab. Da die Diffusion
ein langsamer Prozeß ist, ist aus wirtschaftlichen Gründen das Anwendungspotential in der
Industrie begrenzt. Technisch ist sie gut zur Entsalzung von Eiweißlösungen jeglicher Art, zur
Gewinnung von kaustischer Soda in der Zellstoffindustrie und zur Reinigung von Säuren oder
Elektrolysebädern geeignet. Daneben werden dialytische Verfahren zur Reduktion des Alkoholgehalts in Getränken verwendet [213].
Der weitaus größte Markt für die Dialyse ist die als Hämodialyse bezeichnete Behandlungsmethode bei akutem und chronischen Nierenversagen. Dieses auch als Blutwäsche bezeichnete Vefahren ist der größte Anwendungsbereich für Membrane überhaupt. Die Membrane
müssen, neben einer entsprechenden Permeabilität für die harnpflichtigen Substanzen,
45
Kapitel 2
Eiweißstoffe des Blutes zurückhalten und eine ausreichende Biokompatibilität aufweisen
[215]. Aufgrund ihrer hohen Packungsdichte und ihrer einfachen Fertigung werden heute fast
ausschließlich Hohlfaserdialysator-Module eingesetzt. Das zu reinigende Blut durchfließt
dabei das intrakapillare Volumen der Membranen, im Gegenstrom wird im extrakapillaren
Raum eine hypotone Dialysatflüssigkeit gepumpt.
Zur Herstellung von Dialysemembranen werden natürliche Polymere auf Cellulosebasis wie
Celluloseester und regenerierte Cellulose sowie synthetische Polymere z. B. Polysulfon,
Polyacrylnitril, Polyvinylalkohol, Polycarbonat, Polyamid, Polymethylmethacrylat, Polyvinylidenfluorid und Polytetrafluorethylen verwendet [213].
Je nach Einsatz ist neben der bereits erwähnten Biokompatibilität von Membranen deren
chemische Stabilität gegenüber Lösungsmitteln zu beachten. Insbesondere gegenüber Ketonen
zeigen sich die allermeisten Materialien nicht stabil, geeignet sind in diesem Fall ausschließlich stark polare Materialien wie regenerierte Cellulose oder extrem unpolare wie PTFE.
Selbst das inerte Material Polyvinylidenfluorid (PVDF) quillt in Aceton oder Methylisobutylketon auf.
2.3.1.3 Pertraktion und Membrankontaktoren
Die Trennung von Zweiphasensystemen mit Hilfe von Membranen ist in den sogenannten
Membrankontaktoren verwirklicht [216]. Die Membran wird in der Regel bevorzugt von einer
Phase benetzt, so daß sich die Phasengrenzfläche nicht innerhalb der Poren sondern am
Porenausgang zur zweiten, nichtbenetzenden Phase befindet. Durch Anlegen eines statischen
Gegendrucks kann ein Austreten der benetzenden Phase aus den Poren verhindert werden.
Der als Pertraktion bezeichnete Stoffaustausch bzw. –transport zwischen den membrangetrennten Phasen setzt sich aus dem Phasenübergang und dem dialytischen, diffusiven
Durchtritt durch die Membran zusammen, erfolgt also wie bei dem reinen Dialyseprozeß
aufgrund des Gradienten des chemischen Potentials auf diffusivem Wege. Das Funktionsprinzip eines Membrankontaktors ist in Abb. 2.7 dargestellt.
Phase 1, nicht benetzend
Phase 2, benetzend
Phasenkontakt und Stoffaustausch
Abb 2.7
46
Funktionsprinzip des Membrankontaktors, Querschnitt durch eine poröse Membran [221]
Theoretische Grundlagen
Gegenüber anderen Kontaktoren wie z. B. Mixer-Settler-Batterien bieten Membrankontaktoren einige Vorteile [216]:
·
konstante spezifische Austauschfläche, dadurch freie Wahl der Phasenverhältnisse; bei
dispergierenden Kontaktoren hängt die Größe der Austauschfläche vom Phasenverhältnis
ab
·
modularer Aufbau ermöglicht leichten scale-up in den technischen Maßstab und flexible
Anpassung der Anlagenkapazität an wechselnde Anforderungen
·
die dispersionsfreie Arbeitsweise hat mehrere Vorteile:
a. kein Leistungseintrag zur Dispersion erforderlich
b. keine nachgeschaltete Trennstufe zur Aufspaltung der Dispersion erforderlich
c. ein Dichteunterschied zwischen den Phasen ist nicht erforderlich
d. keine Schaumbildung
Die Anwendungsbreite von Membrankontaktoren im Labormaßstab ist sehr hoch, vereinzelt
wurde bereits ein Einsatz im technischen Maßstab beschrieben [216-221].
Die kommerziell erfolgreichste Anwendung von Membrankontaktoren in der Verfahrenstechnik ist die Entgasung von Wasser, beispielsweise zur Sauerstoffentfernung aus Reinstwasser.
Für die Flüssigextraktion von Hexanol aus Wasser mittels Octanol, die im technischen
Maßstab untersucht worden ist, zeigen Membrankontaktoren gegenüber Verfahren mit Füllkörperkolonnen eine zehnfach höhere Effizienz. Darüber hinaus wurde die Flüssigextraktion
organischer Inhaltsstoffe aus Fermentationslösungen und von Metallionen aus Abwässern,
galvanischen Lösungen und organischen Medien mit chelatbildenden Extraktionsmitteln
untersucht.
2.3.1.4 Katalytische Umsetzungen in Membranreaktoren
Charakteristisch für Membranreaktoren ist, daß im Sinne einer Multifunktionalität neben der
eigentlichen Durchführung der Reaktion ein stofftrennender Membranprozeß parallel abläuft.
Meist handelt es sich dabei um die Rückhaltung einer Aktivkomponente, das Ziel kann aber
auch die selektive Zu- oder Abführung von Reaktanden sein.
In der Biotechnologie hat sich der Enzym-Membran-Reaktor für die Katalysatorrückgewinnung als Alternative zur Heterogenisierung sowohl im diskontinuierlichen als auch im
kontinuierlichen Einsatz bewährt. Die wäßrige oder nichtwäßrige Produktlösung kann die
Ultrafiltrationsmembran durch erzwungene Konvektion in einem Flachmembranreaktor
(Dead-end-Filtration) oder in einem Schlaufenreaktor (Crossflow-Filtration) ungehindert
passieren. Als Beispiele seien an dieser Stelle nur die L-Alanin-Dehydrogenase-katalysierte
47
Kapitel 2
reduktive Aminierung von Pyruvat zu L-Alanin mit gekoppelter Cofaktorregenerierung und
die enantioselektive Reduktion von Ketonen zu chiralen Alkoholen genannt [212, 214].
Der Einsatz von Dialysatoren als Membranreaktor ist kaum beschrieben. Als Hollow Fibre
Bioreactor (HFBR) werden Hohlfasermodule u. a. zur Rückhaltung und Hochzelldichtefermentation von scherempfindlichen Säugerzellen im extrakapillaren Volumen verwendet [222226]. Die Fermentationslösung wird zur Versorgung der Zellen und zur Entfernung von
Metaboliten durch das intrakapillare Volumen gepumpt. Hochmolekulare Produkte wie
monoklonale Antikörper können deshalb nach dem Abschluß der Fermentation in vergleichsweise hohen Konzentrationen geerntet werden.
Die Rückhaltung von Enzymen in Dialyse-Membranreaktoren ist u. a. für Galactosidase [227]
und Glucose-Oxidase [228] beschrieben.
Die Adsorption von PVP-stabilisierten Pd-Solen an Hohlfasermembranen und deren Einsatz
zur Hydrierung von verschiedenen konjugierten Dienen sowie Propen und Propin wird von
GAO et al. [229, 230] und LIU et al. [231] beschrieben. Die Reaktanden durchströmen getrennt
voneinander das intra- und extrakapillare Volumen der Module und reagieren an bzw. in der
katalytisch aktiven Membran. Bei dieser Verfahrensweise erfolgt allerdings keine räumliche
Trennung von Katalysator und Reaktionsgas.
HÄHNLEIN [143] beschreibt die Immobilisierung von Pd-Katalysatorpulvern und polymerstabilisierten Nanosolen in das intrakapillare Volumen von Hohlfaserdialysatoren für die katalytische Nitrat- und Nitritreduktion, womit eine Separierung der Aktivkomponenten von der
eigentlichen Reaktionslösung erreicht werden konnte.
Die Kopplung von Membran- und Zweiphasenprozessen, d. h. das Membrankontaktorprinzip,
wurde zur Durchführung chemischer Reaktionen bisher nur zur membrangestützten FlüssigFlüssig-Extraktion hydrophober Produkte aus wäßrigen Lösungen genutzt [217-221]. Im
Rahmen dieser Arbeit wurden zwei neuartige gekoppelte Prozesse auf Basis von Flachmembranen entwickelt.
Für die saure Dehydratisierung von Fructose zu HMF konnte mit einem Membranverfahren
die HMF-Bildungsselektivität erhöht werden. Mit einer reg. Cellulosemembran (cutoff 3.500)
gelingt
die
Trennung
einer
Wasserphase
von
einer
Wasser/PEG 35.000/Feststoffsäure-Phase und damit die Übertragung der in PEG/WasserGemischen im Vergleich zu Wasser deutlich besseren HMF-Bildungsselektivität auf ein
quasi-wäßriges System.
Das in Kap. 2.2.1 beschriebene Konzept der In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK kann durch die zusätzliche trennende Wirkung einer gegenüber MIBK
stabilen Membran erheblich verbessert werden. Die räumliche Trennung der Fluidphasen mit
einer PTFE-Mikrofiltrationsmembran führt zur Ausbildung von zwei Reaktionskomparti-
48
Theoretische Grundlagen
menten und gleichzeitig zur vollständigen Rückhaltung des heterogenen Oxidationskatalysators in der MIBK-Phase, so daß die Schritte HMF-Bildung in Wasser und HMF-Derivatisierung in MIBK entkoppelt ablaufen können und ein Kontakt von Fructose mit dem Katalysator
ausgeschlossen wird.
2.3.2
Polymerimmobilisierte Katalysatoren
Die Einschlußimmobilisierung stellt eine spezielle Form der Immobilisierung/Heterogenisierung dar. Dabei wird der Katalysator in eine geeignete, meist polymere
Matrix eingebracht, in der er in der Regel auch verbleibt, da er größer als die Poren der Matrix
ist oder selbst einen Teil der Matrix bildet (z. B. Pd-PVAL-Kolloide in PVAL-Hydrogelen
[232]). Der Transport der kleineren Edukte und Produkte erfolgt durch Diffusion. Durch
Diffusionshemmungen sind Substrat- und Produktlimitierungen möglich, die aber durch
Verringerung des Katalysator-Korndurchmessers abgeschwächt werden können. Aus der
Biotechnologie bekannte Beispiele für verkapselte Katalysatoren sind Mikroorganismen bzw.
Enzyme in Gelen, die z. B. zur Produktion von Sekt/Champagner [233] oder Palatinit [211]
technische Bedeutung erlangt haben. Neben Biokatalysatoren können auch chemische Katalysatoren z. B. Kolloide oder Pulverkatalysatoren [232, 234-237] in Gelen verkapselt werden.
Weiterhin ist die Verkapselung von homogenen [238] oder auch heterogenen [239] Katalysatoren in engmaschigen Siloxan-Membranen bekannt. Als Neuerung können die als „ship-in-abottle“-Katalysatoren (Flaschenschiff-Katalysatoren) bekannt gewordenen Zeolith-verkapselten Homogenkatalysatoren betrachtet werden [240, 241].
Im Unterschied zu den in Kap. 2.3.1 besprochenen membranunterstützten Trennverfahren
können die polymerverkapselten Katalysatoren in einfachen Batch-Reaktoren eingesetzt
werden, während die kontaktgebenden großflächigen Membrane spezielle Reaktorbauten wie
Hohlfasermodule oder Flachmembranreaktoren erfordern.
Silicon als Immobilisierungsmatrix
Als Immobilisierungsmatrix kam in dieser Arbeit Silicon zum Einsatz. Silicone oder Polyorganosiloxane sind makromolekulare siliciumorganische Verbindungen, die auf Si-O-Einheiten mit organischen Resten (R = Methyl, Phenyl etc.) aufbauen:
R
Si O
R
Abb. 2.8
n
Molekularer Aufbau von Polysiloxanen
49
Kapitel 2
Die technische Gewinnung der monomeren Methylchlorsilane erfolgt in einer Direktsynthese
nach dem Rochow-Müller-Verfahren, indem Methylchlorid in Gegenwart eines Cu-Katalysators bei 250-300 °C mit Silicium umgesetzt wird. Aus dieser Reaktion resultiert ein
Produktgemisch aus verschiedenen Chlorsilanen und Disilanen. Diese Ausgangsprodukte
werden hauptsächlich für folgende Produktgruppen vewendet:
·
hochdisperse Kieselsäuren
·
Siliconöle
·
Siliconharze
·
Siliconelastomere
Siliconelastomere stellen aufgrund der ungewöhnlich hohen Gaslöslichkeiten und Permeabilitäten insbesondere für Sauerstoff eine ideale Immobilisierungsmatrix für aerobe und oxidative Prozesse dar [242, 243]. Die Verwendung von Silicon als Einschlußmedium ist aufgrund
der wasserabweisenden Wirkung der Siliconmatrix überall dort von Vorteil, wo ein Kontakt
mit Wasser möglich ist aber verhindert werden soll.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Polydimethylsiloxan (PDMS)-Elastomer (Silopren,
Forschungsprodukt der Bayer AG) auf Basis eines additions- und raumtemperaturvernetzenden (RTV)-Systems als Siliconmatrix verwendet. In diesem System reagieren vinylendgestoppte, lineare Polysiloxane (Abb. 2.9: Verbindung b)) mit einem Vernetzer (Abb. 2.9:
Verbindung a): Polysiloxan mit Si-gebundenen Wasserstoffatomen) unter Einwirkung eines
Platin-Katalysators (Pt-Komplex in vinylgruppenhaltiger Siloxanmatrix) zu einem dreidimensionalen Siliconnetzwerk. Die Vernetzungszeit ist von der Temperatur und der Katalysatormenge abhängig.
50
Theoretische Grundlagen
CH3
a)
H
Si
CH3
O
CH3
Si
O
CH3
Si
H2C
CH
O
Si
H
n
CH3
b)
CH3
CH3
y
O
CH3
Si
O
CH3
CH3
Si
CH3
Si
H
CH3
m
CH3
O
Si
CH3
CH
CH2
CH3
k
CH3
CH3
a)
O
Si
+
H
H2C
CH
Si
O
b)
CH3
CH3
Pt
CH3
O
Si
CH3
Abb. 2.9
2.4
CH3
CH2
CH2
Si
O
CH3
Räumliche Vernetzung eines additionsvernetzenden RTV-Systems
Kinetik heterogen-katalysierter Reaktionen
Der zeitliche Ablauf chemischer Reaktionen wird quantitativ durch die Kinetik beschrieben;
diese gibt den funktionalen Zusammenhang zwischen der Reaktionsgeschwindigkeit und den
Reaktionsbedingungen wieder. Die Reaktionsgeschwindigkeit wird in bestimmten Fällen
auch durch Diffusionsvorgänge beeinflußt, so daß nicht nur die Kinetik der chemischen
Reaktion selbst (Mikrokinetik) sondern auch Stofftransportvorgänge an den Phasengrenzen
und in den Phasen berücksichtigt werden müssen. Das Zusammenwirken der Mikrokinetik
mit der Kinetik der Transportvorgänge wird als Makrokinetik bezeichnet. Durch geeignete
Maßnahmen wie kleinen Katalysatorpartikeln (Zurückdrängen der Porendiffusion) und
großen Turbulenzen (Zurückdrängen der Filmdiffusion) muß bei kinetischen Untersuchungen
dafür gesorgt werden, daß die chemische Reaktion der geschwindigkeitsbestimmende Teilschritt ist [244, 246, 247].
51
Kapitel 2
Die Ermittlung kinetischer Daten dient in der chemischen Reaktionstechnik in erster Linie der
Auslegung technischer Reaktoren für einen chemischen Prozeß. Im Rahmen dieser Arbeit
sollten mit Hilfe eines aufgestellten kinetischen Modells für die sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose Aussagen über die Anforderungen an einen möglichen In-situ-Derivatisierungsprozeß gewonnen werden (s. Kap. 4.2.2).
2.4.1
Mikrokinetik
Nach den IUPAC-Richtlinien ist die Reaktionsgeschwindigkeit die durch Reaktion bedingte
Änderung der auf den stöchiometrischen Koeffizienten bezogenen Molzahländerung mit der
Zeit. Bei heterogenen Reaktionen dient als Bezugsmaß meist die Masse des Katalysators. Für
die Reaktion zwischen zwei Reaktanden A und B gilt:
r=
mit:
dni
1
×
= k × f (c A , c B )
n i m Kat × dt
r
νi
dn/dt
mKat
k
cA,B
=
=
=
=
=
=
(2.8)
Reaktionsgeschwindigkeit
stöchiometrischer Koeffizient
zeitliche Molzahländerung
Katalysatormasse
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
Konzentration Reaktand A und B
Die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit läßt sich bei den meisten Reaktionen mit dem Gesetz von Arrhenius beschreiben:
k = k0 × e
mit:
k0
Ea
R
T
-
=
=
=
=
Ea
R ×T
(2.9)
Frequenzfaktor
Aktivierungsenergie
Gaskonstante, 8,314 kJ/mol
Temperatur
Die Konstanten k0 und Ea sind unabhängig von Konzentration und Druck, hängen aber vom
verwendeten Katalysator ab. Auch der funktionelle Zusammenhang f(c) kann unter Umständen vom verwendeten Katalysator abhängen [247].
52
Theoretische Grundlagen
Die Mikrokinetik heterogen katalysierter Reaktionen beruht nur in wenigen Fällen auf der
Kenntnis des zugrundeliegenden Reaktionsmechanismus. Für die Ermittlung kinetischer
Daten reicht die Aufstellung eines formalkinetischen Ansatzes allerdings vollkommen aus.
Üblicherweise werden hyperbolische oder Potenzansätze verwendet, die für eine Reaktion des
Typs A + B à C folgendermaßen aussehen können:
Potenzansatz:
r = k × c An1 × c Bn2
Hyperbolischer Ansatz:
r=
mit:
r
k
ci
ni
Ki
=
=
=
=
=
k × c An1 × cBn2
(1 + K A × cA + K B × cB )n3
(2.10)
(2.11)
Reaktionsgeschwindigkeit
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
Konzentration der Komponente i
Reaktionsordnung
Adsorptionsgleichgewichtskonstante der Komponente i
2.4.1.1 Ermittlung kinetischer Daten
Für die Analyse kinetischer Daten stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, am häufigsten angewendet werden die Differential- und die Integralmethode [244, 248-251].
Bei der Auswertung nach der Differentialmethode werden entweder die Anfangsreaktionsgeschwindigkeiten (Umsatz < 5 %) bei verschiedenen Startkonzentrationen (Bestimmung der
äußeren Reaktionsordnung) oder die Reaktionsgeschwindigkeiten zu verschiedenen Zeiten bei
einer Ausgangskonzentration (Bestimmung der inneren Reaktionsordnung) zugrunde gelegt.
Unterscheiden sich äußere und innere Reaktionsordnung, lassen sich Aussagen über eine
vorliegende Autokatalyse oder eine Produktinhibierung treffen [249, 251]. Die doppeltlogarithmische Auftragung nach Abb. 2.10 a) liefert dann die Reaktionsordnung n und die
Geschwindigkeitskonstante k als kinetische Parameter.
Nach der Integralmethode kann das aufgenommene Konzentrations/Zeit-Diagramm durch
eine Auftragung nach 2.10 b) linearisiert werden. Die Reaktionsordnung muß dabei variiert
werden, bis sich die beste Anpassung der Meßwerte an eine Gerade ergibt [244]. Diese
Methode der Auswertung ist vor allem dann sinnvoll, wenn bereits Hinweis auf die
Reaktionsordnung vorliegen, z. B. aus kinetischen Untersuchungen an anderen Katalysatoren.
53
Kapitel 2
log r
(1/c)
n-1
n
n-1
d(1/c)
1
dt
= (n-1)k
log k
log c
b)
a)
Abb. 2.10
2.4.2
t
Bestimmung der Reaktionsordnung n und der Geschwindigkeitskonstanten k nach der
Differentialmethode a) und nach der Integralmethode b)
Makrokinetik
Die Geschwindigkeit einer katalytischen Reaktion wird nicht nur von der Katalysatoraktivität
bestimmt, sondern auch von der Geschwindigkeit des (äußeren und inneren) Stofftransports.
Äußere Stofftransportlimitierungen, d. h. Stofftransportlimitierungen, die durch die Diffusion
der Reaktanden durch die äußere (PRANDTLsche) Grenzschicht zwischen Lösung und Katalysatoroberfläche hervorgerufen werden, können in ausreichend durchmischten Systemen in der
Regel vernachlässigt werden. Innere Stofftransportlimitierungen, d. h. die Diffusion im Katalysatorpartikel, können nur bei sehr kleinen Katalysatorpartikeln vernachlässigt werden. Bei
größeren Partikeln wie z. B. einschlußimmobilisierten Katalysatoren ist dagegen mit einem
Einfluß der Diffusion auf die beobachtete Reaktionsgeschwindigkeit zu rechnen. Das
Zusammenwirken von Reaktion und Stofftransport wird Makrokinetik genannt [207, 244].
Ist die Geschwindigkeit der Diffusion im Katalysatorkorn schnell gegenüber der katalytischen
Reaktion, so wird die beobachtete Reaktionsgeschwindigkeit bei mikroskopisch kleinen und
bei makroskopischen Katalysatortypen gleich sein. Ist dagegen die Geschwindigkeit der
Diffusion langsam gegenüber der katalytischen Reaktion, so wird es im Inneren des makroskopischen Katalysatorkorns zu einer Verarmung an Reaktanden kommen, die zu einer
meßbar niedrigeren beobachteten Reaktionsgeschwindigkeit führt. Die Steilheit der Konzentrationsgradienten der Reaktanden ist dabei vom Verhältnis der Geschwindigkeiten von
Reaktion und Diffusion abhängig, wobei nicht selten Teile der katalytisch aktiven Substanz
im Inneren des Katalysatorkorns überhaupt keinen Kontakt mehr mit den Reaktanden haben.
In solchen Fällen wird der Katalysator nicht vollständig ausgenutzt [207, 244]. Zur quantitativen Beschreibung dieses Phänomens dient der Katalysatornutzungs- oder Katalysatorwirkungsgrad h. Der Katalysatorwirkungsgrad ist nach Gl. (2.12) definiert als das Verhältnis
zwischen der beobachteten Reaktionsgeschwindigkeit und der Reaktionsgeschwindigkeit
54
Theoretische Grundlagen
ohne das Vorliegen einer Diffusionslimitierung [207, 244], und liegt bis auf Ausnahmen
zwischen 0 und 1.
h=
beobachtete Reaktionsgeschwindigkeit
Reaktionsgeschwindigkeit ohne Diffusionslimitierung
(2.12)
Der Katalysatorwirkungsgrad läßt sich für verschiedene Reaktionssysteme berechnen. Für
kugelförmige Katalysatorpartikel im stationären Zustand gilt beispielsweise für eine irreversible Reaktion erster Ordnung Gl. (2.13).
h=
3 é 1
1ù
×ê
- ú
f ë tanh f f û
(2.13)
Darin ist f eine dimensionslose Kenngröße, der sog. THIELE-Modul, der von der Reaktionsgeschwindigkeitskonstante k, dem effektiven Diffusionskoeffizienten Deff und der Katalysatorgeometrie abhängig ist. Für die meisten Betrachtungen wird der erweiterte Thiele-Modul f‘
nach Gl. (2.14) verwendet, der auch für andere Geometrien (Vp = Volumen des Katalysatorpellets, Sp = Oberfläche des Katalysatorpellets) und Reaktionsordnungen n gilt [207, 244].
V
f'= P
SP
n + 1 k × c 0n -1
×
2
Deff
(2.14)
Entsprechend gilt bei einer sphärischen Geometrie des Pellets der erweiterte THIELE-Modul
nach Gl. (2.15), wobei rp den Pelletradius darstellt.
f'=
rP
n + 1 k × c 0n -1
×
×
3
2
Deff
(2.15)
Neben der Kenntnis von Reaktionskinetik und Pelletradius ist die Kenntnis des effektiven
Diffusionskoeffizienten zur Berechnung des Thiele-Moduls notwendig. Der effektvive Diffusionskoeffizient bringt zum Ausdruck, daß die Diffusion in porösen Festkörpern oder polymeren Netzwerken gegenüber der in freier Lösung mehr oder weniger stark gehindert ist [207,
244, 245].
Da der in Gl. (2.12) definierte Katalysatorwirkungsgrad nur die stationäre Ausnutzung des
Katalysators angibt, kann z. B. in einem Batch-Prozeß keine Aussage darüber gemacht
werden, zu welchem Zeitpunkt ein gewünschter Umsatz erreicht wird. Aus diesem Grund ist
55
Kapitel 2
der operationelle Katalysatorwirkungsgrad hop eingeführt worden, der entsprechend Gl. (2.16)
über das Verhältnis der für einen bestimmten Umsatz notwendigen Reaktionszeiten von
mikroskopischem und makroskopischem Katalysator definiert ist [211].
h op =
56
Zeit für einen bestimmten Umsatz mit mikroskopischem Katalysator
Zeit für den gleichen Umsatz mit makroskopischem Katalysator
(2.16)
Experimentelles
3
Experimentelles
3.1
Versuche zur sauerkatalysierten Dehydratisierung von
Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural und zur Hydrolyse
von HMF
Die Untersuchungen der sauerkatalysierten Reaktionen, d. h. der Fructosedehydratisierung zu
HMF und der HMF-Hydrolyse zu Lävulinsäure und Ameisensäure wurden in Wasser und in
Polyethylenglycolen der Molekülmassen 400, 600, 1.000, 6.000, 10.000 und 35.000 als
Lösungsmittel sowie mit Salzsäure und unterschiedlichen Feststoffsäuren als Katalysatoren
durchgeführt.
3.1.1
Feststoffsaure Katalysatoren
Bei den Untersuchungen kamen unterschiedliche kommerziell erhältliche feststoffsaure
Katalysatoren zum Einsatz. Alle Katalysatoren wurden vor ihrem Einsatz durch Waschen mit
deionisiertem Wasser (T = 100 °C, 1 L Wasser pro 10 g Katalysatortrockenmasse) und
anschließendes 24-stündiges Trocknen im Trockenschrank bei T = 100 °C vorbehandelt. Tab.
3.1 gibt einen Überblick über die verwendeten Katalysatoren:
57
Kapitel 3
Tab. 3.1
Übersicht über die eingesetzten feststoffsauren Katalysatoren
Katalysator
Beschreibung1
Lewatit SPC 108 makroporöses, stark sulfonsaures, organisches
Kationenaustauscherharz, Perlengröße 0,51,3 mm, Porenweite 40 nm, Kapazität 1,2 äq
H+/L, BET-Oberfläche 25 m2/g
Lewatit SPC 112 makroporöses, stark sulfonsaures, organisches
Kationenaustauscherharz, Perlengröße 0,51,25 mm, 1,6 äq H+/L
Lewatit SPC 118 makroporöses, stark sulfonsaures, organisches
Kationenaustauscherharz, Perlengröße 0,41,3 mm, Porenweite 65 nm, Kapazität 1,4 äq
H+/L, BET-Oberfläche 40 m2/g
H-Y
saurer Zeolith, SiO2/Al2O3-Modul 5
H-beta
saurer Zeolith
H-ZSM 5
saurer Zeolith, SiO2/Al2O3-Modul 140
H-Mordenit
saurer Zeolith, SiO2/Al2O3-Modul 10
Niob-Pentoxid- saures, phosphatiertes Nb2O5·xH2O, Nb2O5Phosphat
Gehalt: 60,4 %, BET-Oberfläche 150 m2/g,
chemisorbiertes NH3: 1,6 mmol/g
Niobsäure
saures Nb2O5·xH2O, Nb2O5-Gehalt: 80,8 %
3.1.2
Hersteller/Lieferant
Bayer AG, Leverkusen
Bayer AG, Leverkusen
Bayer AG, Leverkusen
Bayer AG, Leverkusen
Bayer AG, Leverkusen
Bayer AG, Leverkusen
Bayer AG, Leverkusen
CBMM, Brasilien
CBMM, Brasilien
Test der Katalysatoren
Die feststoffsauren Katalysatoren und zum Vergleich Salzsäure wurden in den nachfolgend
beschriebenen Anlagen unter den genannten Reaktionsbedingungen zur Dehydratisierung von
Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural und zur Hydrolyse von HMF zu Lävulinsäure und
Ameisensäure eingesetzt.
3.1.2.1 Katalysatorteststände
Die Aktivitäts- und Selektivitätsbestimmungen der Katalysatoren sowie die Untersuchungen
zur Kinetik des Reaktionssystems wurden in verschiedenen, diskontinuierlichen Testständen
durchgeführt, deren prinzipieller Aufbau dem in Abb. 3.1 skizzierten Teststand entspricht. Die
Reaktoren wurden sowohl für die Versuche in Wasser als auch in Polyethylenglycol als
1
Herstellerangaben
58
Experimentelles
Lösungsmittel verwendet, wobei sich Unterschiede lediglich in der Art der Durchmischung
und im Reaktorvolumen ergaben.
KPG-Rührer
Probennahme
Rückflußkühler
80 °C
Thermostat
Abb. 3.1
Magnetrührer
Skizze des verwendeten diskontinuierlichen Katalysatorteststands für die sauerkatalysierten Reaktionen
Wasser als Lösungsmittel:
Als Katalysatorteststand wurde ein thermostatisierbarer Glasdoppelwandreaktor mit einem
Flüssigkeitsfüllvolumen von 100 mL verwendet, die Durchmischung der Reaktionssuspension
geschah mit einem Magnetrührer.
Polyethylenglycol und PEG/Wassergemische als Lösungsmittel
Als Katalysatortestand wurde ein thermostatisierbarer Glasdoppelwandreaktor mit einer
Flüssigkeitsfüllmenge von 20 g verwendet, die Durchmischung der Reaktionssuspension
geschah aufgrund der hohen Viskosität von PEG mit einem KPG-Rührer.
3.1.2.2 Reaktionsbedingungen und Durchführung der Versuche
Sofern nicht anders angegeben, wurden beim Einsatz der Katalysatoren für die sauerkatalysierten Reaktionen folgende Reaktionsbedingungen eingehalten:
59
Kapitel 3
·
Menge der Reaktionssuspension
100 mL (Wasser), 20 g (PEG, PEG/H2O)
·
Temperatur
80 °C
·
Anfangskonzentration (Fructose oder HMF)
10 g/L (Wasser) bzw. 10 g/kg (PEG,
PEG/H2O)
·
Gasatmosphäre
Luft
·
Katalysatormenge
variabel
·
Rührerdrehzahl
500 U/min (Wasser), 300 U/min (PEG)
Durchführung der Versuche in Wasser als Lösungsmittel
Eine bestimmte Katalysatormenge wird in 97,5 mL deion. Wasser suspendiert und 30 min
unter Rühren temperiert. Anschließend wird die Reaktion durch Zugabe von 2,5 mL einer
Fructose- bzw. HMF-Stammlösung der Konzentration 400 g/L gestartet (Substratstartkonzentration 10 g/L).
Durch ein Septum werden über eine Kanüle Proben aus der Reaktionssuspension entnommen
(Probenvolumen ca. 1-2 mL). Die entnommene Probe wird in ein Eppendorfgefäß überführt,
abzentrifugiert, 1:10 mit Wasser verdünnt (100 µL Probe + 900 µL Wasser) und schließlich in
ein Probenvial zur späteren HPLC-Analyse gefüllt.
Durchführung der Versuche in PEG bzw. PEG/Wassergemischen als Lösungsmittel
Zu 19,8 g Polyethylenglycol bzw. PEG/Wassergemisch werden 0,2 g Fructose gegeben. Nach
60-minütigem Temperieren unter Rühren mit dem KPG-Rührer ist die Fructose vollständig
gelöst. Die Reaktion wird durch Zugabe einer bestimmten Katalysatormenge zu der gerührten
PEG-Fructoselösung gestartet.
Bei dieser Verfahrensweise findet zu Beginn der Reaktion ein Quellvorgang durch Eintreten
von Polyethylenglycol in das trockene Katalysatormaterial statt, was die Reaktionsgeschwindigkeit in dieser Phase limitiert. Da die Dauer des Quellvorgangs aber im Vergleich zur
Gesamtreaktionsdauer kurz ist, ist der Einfluß auf die Gesamtaktivität vernachlässigbar
gering. Eine umgekehrte Reihenfolge, d. h. eine Substratzugabe nach der Katalysatorzugabe
wie bei den Versuchen in Wasser als Lösungsmittel hätte bei Verwendung von PEG einen
weit negativeren Einfluß. Eine Stammlösung von Fructose in PEG müßte temperiert werden
und wäre aufgrund der hohen Viskosität nur schwer dosierbar und bei Zugabe fester Fructose
zum PEG übersteigt die Auflösungsdauer der Fructose die Dauer des Quellvorgangs bei
weitem.
Da eine Volumenabmessung der hochviskosen PEG-Proben schwierig ist und die Proben
nach Entnahme beim Abkühlen auf Raumtemperatur sehr schnell auskristallisieren, werden
die Gehaltsbestimmungen dieser Proben über eine Massenbestimmung durchgeführt. Zu
diesem Zweck wird eine PEG-Probe in ein Eppendorfgefäß überführt und durch Auswiegen
das Nettogewicht der Probe bestimmt. Die auskristallisierte Probe mit einem Gewicht im
60
Experimentelles
Bereich von 100-150 mg wird dann in einer definierten Menge deion. Wasser gelöst (9001350 mg), so daß sich ein Verdünnungsfaktor von 1:10 ergibt. Die so vorbereitete Probe wird
abzentrifugiert und der Überstand wird dann in ein Probenvial zur späteren HPLC-Analyse
überführt.
3.1.3
Offener Membranreaktor für das Zweiphasensystem Wasser/PEG
Die Untersuchungen im Zweiphasensystem Wasser/Polyethylenglycol wurden in einem offenen Membranreaktor durchgeführt (s. Abb. 3.2). Ein nach oben geschlossener Glasdoppelwandreaktor wird mit 48,75 mL Wasser gefüllt. In diesen Reaktor wird ein nach oben offenes
und nach unten über eine reg. Cellulosemembran (MWCO 3.500, Austauschfläche 12,5 cm2)
mit der Wasserphase im Kontakt stehendes Einsatzgefäß gehängt, das mit 5 g Polyethylenglycol 35.000 und mit 0,177 g Trockenmasse Lewatit SPC 108 gefüllt wird. Die beiden
Flüssigphasen werden getrennt voneinander gerührt, die Wasserphase mit einem Magnetrührer (500 U/min), die hochviskose PEG-Phase mit einem KPG-Rührer (300 U/min). Dabei ist
darauf zu achten, daß sich unterhalb der Membran keine Luftblase bildet, die den Phasenübergang stören würde. Der Wassergehalt in der PEG-Phasse im offenen Einsatzgefäß wird
durch die Prozesse Wasserübertritt aus der Wasserphase in die PEG-Phase und Wasserverdunstung aus der PEG-Phase beeinflußt. Da beide Prozesse relativ langsam sind, läßt sich
eine stationäre Gleichgewichtswasserkonzentration von 10-20 % durch Überblasen mit einem
auf 70-80 °C temperierten Lufstrom gut realisieren, wobei durch Einstellung des Luftstroms
die Verdunstungsgeschwindigkeit beschleunigt oder verlangsamt werden kann. Über die
PEG-Phase verdunstetes Wasser wird kontinuierlich über eine Kanüle in die Wasserphase
nachgefüllt.
61
Kapitel 3
KPG-Rührer
Probennahme
offenes
Einsatzgefäß
Probennahme und
Wassernachfüllung
geschlossener
GlasdoppelwandReaktor
Magnetrührkern
Füllstand
Wasser
Abb. 3.2
Füllstand
PEG/Wasser
Membran
Offener Membranreaktor
Nach 30-minütigem Temperieren werden 1,25 mL einer 400 g/L Fructosestammlösung zu der
Wasserphase gegeben und die Reaktion damit gestartet. Die Probennahme der Wasser- und
der PEG-Phase geschieht analog zu Kap. 3.1.2.1.
3.2
Untersuchungen zur Oxidation von HMF
Die HMF-Oxidation wurde mit Pt- und Pd-Katalysatoren auf unterschiedlichen Trägern in
wäßriger Phase und in den organischen Lösungsmitteln Toluol, Octanol, Octansäure und
Methylisobutylketon untersucht. Neben der reinen HMF-Oxidation war die Konkurrenzoxidation von HMF und Fructose als Substrat Gegenstand der Untersuchungen in wäßriger
Phase. Die Reaktionen wurden in diskontinuierlichen Testständen mit unterschiedlichen Ausstattungen und Leistungsmerkmalen durchgeführt.
3.2.1
Edelmetallträgerkatalysatoren
Für die Untersuchungen wurden verschiedene Katalysatoren ausgewählt. Dabei kamen neben
kommerziell erhältlichen Typen auch in Kooperation mit dem Institut für Angewandte
Chemie Adlershof e. V. (ACA) hergestellte Testkatalysatoren zum Einsatz. Einen Überblick
der verwendeten Katalysatoren gibt Tab. 3.2.
62
Experimentelles
Tab. 3.2
Übersicht über die eingesetzten Oxidationskatalysatoren
Beschreibung1
Katalysator
Pd/Al2O3
Pd/TiO2
Pd/SiO2
Pd/C
Pt/Al2O3
Pt/TiO2
Pt/SiO2
Pt/C
PtBi/C
Pt(IV)-OxidHydrat
Träger g- Al2O3, BET-Oberfläche 106 m2/g, Pd-
Hersteller/Lieferant
ACA, Berlin
Beladung 5 %, Kristallitgröße 2-5 nm, Präparation
nach 1)
Träger Anatas, BET-Oberfläche 103 m2/g, PdBeladung 5 %, Kristallitgröße 1-3 nm, Präparation
nach 1)
Träger SiO2, BET-Oberfläche 200 m2/g, PdBeladung 5 %, Kristallitgröße 5-10 nm,
Präparation nach 1)
Träger Aktivkohle, BET-Oberfläche 500 m2/g, PdBeladung 5 %, Kristallitgröße 10-50 nm,
Präparation nach 1)
ACA, Berlin
Träger g- Al2O3, BET-Oberfläche 106 m2/g, Pt-
ACA, Berlin
Beladung 5 %, Kristallitgröße 2-5 nm, Präparation
nach 2)
Träger Anatas, BET-Oberfläche 103 m2/g, PtBeladung 5 %, Kristallitgröße 1-3 nm, Präparation
nach 2)
Träger SiO2, BET-Oberfläche 200 m2/g, PtBeladung 5 %, Kristallitgröße 5-10 nm,
Präparation nach 2)
Träger Aktivkohle, BET-Oberfläche 500 m2/g, PtBeladung 5 %, Kristallitgröße 10-50 nm,
Präparation nach 2)
CF 196 RA/W, Träger Aktivkohle, Pt und BiBeladung 5 %
PtO2 nach Adams-Shriner (PtO2 ·xH2O), Pt-Gehalt
80,21 %, vor Gebrauch im H2-Strom reduziert
ACA, Berlin
ACA, Berlin
ACA, Berlin
ACA, Berlin
ACA, Berlin
Fa. Degussa-Hüls
AG, Frankfurt
Fa. Chempur,
Karlsruhe
1) Präparation: Pd als Hydroxid auf den Träger aufgefällt und anschließend 2 h im H2-Strom bei
400 °C zum Metall reduziert
2) Präparation: Träger mit H2PtCl6 getränkt, getrocknet und 2 h bei 250 °C im H2-Strom reduziert
1
Analysenergebnisse ACA, Berlin
63
Kapitel 3
3.2.2
Test der Katalysatoren
Die Edelmetallträgerkatalysatoren und Pt(IV)-Oxid-Hydrat wurden in nachfolgend beschriebenen Anlagen unter den genannten Reaktionsbedingungen zur Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural zu 2,5-Furandialdehyd, 5-Formylfuran-2-Furancarbonsäure und 2,5-Furandicarbonsäure sowie zur Konkurrenzoxidation von HMF und Fructose eingesetzt. Die
Beschreibung der diskontinuierlichen Teststände, Reaktionsbedingungen und Reaktionsdurchführung erfolgt getrennt für die Reaktion in Wasser bei Normaldruck, in Wasser bei
erhöhtem Druck und für Reaktionen in organischer Phase.
3.2.2.1 Reaktionen in wäßriger Phase bei Normaldruck
Die Bestimmung von Aktivität, Produktbildungs- und Substratselektivität der Katalysatoren
wurden in diskontinuierlichen Testständen durchgeführt. Der prinzipielle Aufbau dieser
Teststände ist in Abb 3.3 skizziert.
Begasung
Rückflußkühler
N2
oder
H2
oder
N2/O2
Probennahme
Durchflußmesser
Laugedosage
pH-Messung
Reaktor
80 °C
Lauge
Thermostat
pH 7,00
Abb. 3.3
64
Magnetrührer
Titrator
Skizze des Katalysatorteststands für Reaktionen in wäßriger Phase unter Normaldruck
Experimentelles
Der Katalysatorteststand für Reaktionen unter Normaldruck besteht aus einem thermostatisierbaren, mit einem Magnetrührer gerührten Glasdoppelwandreaktor (Flüssigkeitsfüllvolumen 200 mL).
Die Begasung im Reaktor mit dem Oxidationsmittel Luftsauerstoff erfolgt über eine Glasfritte
durch eine Membranpumpe, wobei der Gasstrom von 50 mL/min über einen Schwebekörperdurchflußmesser eingestellt wird.
Mit einer Glaselektrode wird der pH-Wert der Reaktionssuspension kontinuierlich gemessen
und mittels eines Auto-Titrators durch Zugabe von 1 M NaOH zur Neutralisation der gebildeten organischen Produktsäuren konstant gehalten (pH-stat-Betrieb).
Reaktionsbedingungen
Sofern nicht anders angegeben, wurden beim Einsatz der Katalysatoren für die HMF-Oxidation bei Normaldruck folgende Reaktionsbedingungen eingehalten:
·
Volumen der Reaktionssuspension
200 mL
·
Temperatur
80 °C
·
pH-Wert
7
·
Titrationsmittel
1 m NaOH
·
Anfangskonzentration von HMF
10 g/L
·
Anfangskonzentration von Fructose
10 g/L
·
Oxidationsmittel
Luftsauerstoff
·
Begasungsrate
50 mL/min
·
Katalysatormenge
variabel
·
Rührerdrehzahl
500 U/min
Durchführung der Versuche
Eine bestimmte Menge an Katalysator wird ohne vorherige Trocknung in 195 mL deion.
Wasser für die Untersuchungen zur HMF-Oxidation bzw. in 190 mL Wasser für die Untersuchungen zur Konkurrenzoxidation von Fructose und HMF suspendiert. Zur Aktivierung des
Katalysators wird die Reaktionssuspension zunächst 30 min mit Wasserstoff begast und
gleichzeitig temperiert. Zur Strippung des gelösten Wasserstoffs wird dann 30 min mit
Stickstoff begast, anschließend wird auf Luftbegasung umgeschaltet. Die Reaktion wird sofort
nach Umschalten auf Luftbegasung durch Zugabe von 5 mL einer HMF-Stammlösung, für die
Versuche zur Konkurrenzoxidation zusätzlich durch Zugabe von 5 mL einer Fructosestammlösung gestartet (Konzentration der Stammlösungen je 400 g/L; Startkonzentration je 10 g/L).
Durch ein Septum werden über eine Kanüle Proben aus der Reaktionssuspension entnommen
(Probenvolumen ca. 1-2 mL). Die entnommene Probe wird in ein Eppendorfgefäß überführt,
65
Kapitel 3
abzentrifugiert, 1:10 mit Wasser verdünnt (100 µL Probe + 900 µL Wasser) und schließlich in
ein Probenvial zur späteren HPLC-Analyse gefüllt.
3.2.2.2 Reaktionen in wäßriger Phase bei erhöhtem Druck
Als Teststand für Reaktionen in wäßriger Phase unter erhöhtem Druck wurde ein Edelstahlautoklav mit magnetgekoppeltem Gaseintragsrührer, Temperaturregelung und einer Vorrichtung zur Probennahme verwendet (Flüssigkeitsfüllvolumen 200 mL, s. Abb. 3.4). Der
Druck im Reaktor wurde ca. 2 bar über dem Dampfdruck des Wassers bei der jeweiligen
Reaktionstemperatur eingestellt, d. h. bei 100 °C und einem entsprechenden Dampfdruck von
p = 1,013 bar wurde ein Reaktorinnendruck von ca. 3 bar und bei 120 °C entsprechend einem
Dampfdruck von 1,985 bar [252] ein Reaktorinnendruck von ca. 4 bar eingestellt.
Die Reaktionen wurden ohne Kontrolle des pH-Werts und ohne kontinuierliche Nachdosierung von Sauerstoff durchgeführt. Letzteres sollte kein Problem darstellen, da die berechnete
Oxidationsmittelmenge geringer als der Sauerstoffgehalt im Überstand der Reaktionslösung
ist und der an Sauerstoff verarmte Gasüberstand durch die Prozedur der Probennahme in
regelmäßigen Abständen wieder aufgefüllt wurde.
Druckaufnehmer
KPG
Probennahme
Wärmetauscher
Thyristorsteuerung
C
Reaktor
A
Pt-100Meßstab
B
Fritte
Probenvial
Heizplatte
Abb. 3.4
66
Gaseintragsrührer
Autoklav für Reaktionen in wäßriger Phase unter erhöhtem Druck
N2
oder
H2
oder
N2/O2
Experimentelles
Reaktionsbedingungen
Für die HMF-Oxidation bei erhöhtem Druck wurden folgende Reaktionsbedingungen eingehalten:
·
Volumen der Reaktionssuspension
200 mL
·
Temperatur
100, 120 °C
·
pH-Wert
ungeregelt
·
Anfangskonzentration von HMF
10 g/L
·
Oxidationsmittel
N2/O2-Gemisch (80:20, Vol%)
·
Katalysatormenge
variabel
·
Rührerdrehzahl
500 U/min
Durchführung der Versuche
Eine bestimmte Menge an Katalysator wird ohne vorherige Trocknung in 195 mL deion.
Wasser suspendiert. Zur Aktivierung des Katalysators wird die Reaktionssuspension zunächst
30 min bei Raumtemperatur mit Wasserstoff und zur Strippung des gelösten Wasserstoffs
anschließend mit 15 min mit Stickstoff begast. Die Katalysatorsuspension wird dann auf ca.
90 °C temperiert und durch Zugabe von 5 mL einer HMF-Stammlösung auf 200 mL aufgefüllt (HMF-Konzentration der Stammlösung: 400 g/L, Startkonzentration: 10 g/L). Nach
Erreichen der Reaktionstemperatur durch weiteres Aufheizen wird die Reaktion durch
mehrfachen schnellen Austausch des Stickstoffs gegen ein N2/O2-Gemisch gestartet.
Die Temperaturregelung erfolgt über Messung der Temperatur der Heizplatte sowie der
Reaktorinnentemperatur. Beide Werte werden an die Thyristorsteuerung geleitet, welche die
Heizplatte an- und ausschaltet und zusätzlich die Aufheizrate steuert. Mit diesem Aufbau
kann im Reaktor eine Temperaturkonstanz von +/- 1,0 °C erreicht werden.
Die Entnahme von Flüssigproben geschieht über eine 50 cm lange Stahlkapillare (1/16 Zoll,
1 mm Innendurchmesser), die in die Reaktionssuspension eintaucht und von außen gekühlt
wird (Wärmetauscher). Zur Abtrennung fester Katalysatorpartikel und von gebildetem festen
Huminstoffen ist vor den Kapillareingang eine Stahlfritte gesetzt. Die Probennahme geschieht
durch Öffnen der Ventile A und B (s. Abb. 3.4), wobei der Probennahme 4-5 Spül- und Rückspülgänge der Kapillare vorausgehen. Zu diesem Zweck wird der Reaktorinnendruck um ca.
1 bar gesenkt und der Kapillarinhalt durch Öffnen der Ventile A und C durch den Flaschenvordruck in den Reaktor zurückgespült. Mit dieser Verfahrensweise ist es möglich, Proben
ohne größere Spülverluste (ca. 1 mL pro Entnahme) aus dem Autoklaven auf eine Temperatur
unter 100 °C heruntergekühlt zu entnehmen. Die Proben werden zentrifugiert, der Überstand
1:10 mit Wasser verdünnt (100 µL Probe + 900 µL Wasser) und schließlich in ein Probenvial
zur späteren HPLC-Analyse gefüllt. Ein solcher Probennahmevorgang dauert ca. 2 min, der
67
Kapitel 3
Reaktionsfortschritt während dieser Zeit kann in Relation zur geringen Reaktionsgeschwindigkeit vernachlässigt werden.
3.2.2.3 Reaktionen in organischer Phase
Der Teststand für die Reaktionen in organischer Phase entspricht in Aufbau und Leistungsmerkmalen den diskontinuierlichen Testständen für die Untersuchungen in Wasserphase
(Abb. 3.3) allerdings ohne die Vorrichtung für den pH-stat-Betrieb.
Reaktionsbedingungen
Sofern nicht anders angegeben, wurden beim Einsatz der Katalysatoren für die HMF-Oxidation in organischen Lösungsmitteln folgende Reaktionsbedingungen eingehalten:
·
Volumen der Reaktionssuspension
100 mL
·
Temperatur
80 °C
·
Anfangskonzentration von HMF
10 g/L
·
Oxidationsmittel
Luftsauerstoff
·
Begasungsrate
50 mL/min
·
Katalysatormenge
variabel
·
Rührerdrehzahl
500 U/min
Durchführung der Versuche
Die wassernassen PtBi/C-Katalysatoren der Degussa-Hüls AG wurden vor dem Einsatz 24 h
bei T = 80 °C im Trockenschrank getrocknet, alle übrigen Katalysatoren wurden ohne vorherige Trocknung eingesetzt. Eine bestimmte Menge des Katalysators wird in 100 mL org.
Lösungsmittel (bzw. 100 mL org. Lösungsmittel mit definierten Wasseranteilen) suspendiert.
Zur Aktivierung des Katalysators wird die Reaktionssuspension zunächst 30 min mit Wasserstoff begast und gleichzeitig temperiert. Zur Strippung des gelösten Wasserstoffs wird dann
30 min mit Stickstoff begast und anschließend 1 g HMF zugegeben. Nach vollständiger
Auflösung des HMF wird durch Umschalten auf Luftbegasung die Reaktion gestartet. Bei
Verwendung des PtBi/C-Katalysators kann auf die Aktivierungsprozedur verzichtet werden,
da der Katalysator bereits in aktiver Form vorliegt und durch die Wasserstoffbegasung keine
weitere Erhöhung der Aktivität zu verzeichnen ist.
Für die Probennahme und Probenvorbereitung wurden in Abhängigkeit vom Lösungsmittel
unterschiedliche Verfahrensweisen gewählt.
68
Experimentelles
Methylisobutylketon (MIBK)
Aus der Reaktionssuspension wird mit einer Mikroliterpipette ein Volumen von 200 µL entnomen und in 9,8 mL deion. Wasser gelöst (Verdünnung 1:50). Von dieser Lösung wird eine
Portion in ein Eppendorfgefäß überführt, zentrifugiert und der Überstand schließlich in ein
Probenvial zur späteren HPLC-Analyse gefüllt.
MIBK/Wassergemische
Eine Besonderheit ist bei der Probennahme aus wasserhaltigen MIBK-Suspensionen zu
beachten. In der Nähe des Siedepunktes (Sdp. des Azeotrops Wasser/MIBK 87,9 °C) ist eine
Volumenkontraktion einer entnommenen MIBK-Probe nicht mehr zu vernachlässigen. Auf
der anderen Seite nimmt die Wasserlöslichkeit in MIBK mit sinkender Temperatur ab, was zu
einer Entmischung einer entnommenen MIBK-Probe beim Abkühlen führt, so daß eine Probe
nicht nach Abkühlen verdünnt werden kann. Aus diesem Grund wurde die Volumenkontraktion der MIBK-Phase von MIBK/Wassergemischen bestimmt. Zur Ermittlung der Volumenkontraktion einer wassergesättigten MIBK-Phase wurde ein Zweiphasengemisch (je 10 mL
Wasser und MIBK) auf die Reaktionstempertur von 80 °C erhitzt, 20 min stark gerührt und
anschließend der MIBK-Phase mit einer Eppendorf-Pipette ein Volumen von 8 mL entnommen und schließlich in einen Meßzylinder gegeben. Nach Abkühlen auf Raumtemperatur
wurde das kontrahierte Volumen zu 7,3 mL bestimmt, woraus sich ein Kontraktionsfaktor von
1,096 ergibt. Um also eine Probe zu erhalten, die bei Raumtemperatur ein Volumen von
200 µL einnimmt, muß mit diesem Kontraktionsfaktor eine Probenmenge von 219 µL der auf
80 °C temperierten MIBK-Reaktionslösung entnommen werden. Dieses Volumen wird in
9,8 mL deion. Wasser gelöst und anschließend analysiert.
Für MIBK-Lösungen mit einem Wassergehalt von 2 % wurde der Kontraktionsfaktor zu
0,985 bestimmt, bei diesem Wassergehalt ist die Volumenkontraktion vernachlässigbar.
Andere Lösungsmittel (Toluol, Octanol, Octansäure)
Aus der Reaktionssuspension wird mit einer Mikroliterpipette ein Volumen von 1 mL entnommen und mit 10 mL Wasser durch 10-minütiges Rühren im Becherglas extrahiert. Von
der wäßrigen Phase wird eine Portion in ein Eppendorfgefäß überführt, zentrifugiert und der
Überstand in ein Probenvial zur späteren HPLC-Analyse gefüllt.
Die Gehaltsbestimmung der Reaktionsprodukte in organischer Phase durch Extraktion in die
wäßrige Phase ist bei diesen organischen Lösungsmitteln möglich, da die Verteilungskoeffizienten von HMF und den HMF-Oxidationsprodukten zwischen Wasser und dem jeweiligen
organischen Lösungsmitteln weit auf der Wasserseite liegen (s. Kap. 5.3.1) und die Löslichkeit der Lösungsmittel in Wasser außerordentlich niedrig ist [253].
69
Kapitel 3
3.3
Untersuchungen zur In-situ-Oxidation im Zweiphasengemisch Wasser/MIBK
Für die In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von Fructose, d. h. die Kopplung der sauerkatalysierten Herstellung von HMF aus Fructose und der Oxidation des entstandenen HMF
wurden drei Verfahrensvarianten realisiert. Alle drei beruhen auf der Trennung der Reaktionsräume für die sauerkatalysierte HMF-Bildung und für die HMF-Oxidation durch Arbeiten im
Zweiphasensystem Wasser/MIBK, wobei die HMF-Herstellung in Wasser und die HMFOxidation in MIBK stattfindet. Als Katalysator wurde für die Dehydratisierung von Fructose
zu HMF Lewatit SPC 108 und für die HMF-Oxidation ein PtBi/C-Katalysator verwendet.
3.3.1
Geschlossener Membranreaktor für das Zweiphasensystem
Wasser/MIBK
Als erstes System für die In-situ-Oxidation wurde ein Membranreaktor mit PTFE-Flachmembran (Austauschfläche 70 cm2, Porosität 0,45 µm) zur Trennung der MIBK- und Wasserphase bzw. der festen Katalysatoren und mit Dichtungsringen aus PTFE entwickelt, wobei die
abgeteilten Reaktorvolumina 200 mL bzw. 220 mL betrugen (s. Abb. 3.5). Der aus zwei
thermostatisierbaren Halbreaktoren bestehende Membranreaktor ist mit zwei KPG-Rührern,
die MIBK-Seite zusätzlich mit Begasungsfritte und Rückflußkühler ausgestattet. Die Halbreaktoren werden mit Hilfe einer Schraubzwinge aneinander gepreßt und so dicht verschlossen.
70
Experimentelles
KPG-Rührer
Luftauslaß
KPG-Rührer
Lufteinlaß
Rückflußkühler
Probennahme
Halbreaktor 1
Membran
Dichtungsring
Abb. 3.5
Probennahme
Halbreaktor 2
Dichtungsring
Sprengzeichnung des Zwei-Kammer-Membranreaktors
Reaktionsbedingungen
Für die In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von Fructose im Membranreaktor wurden
folgende Reaktionsbedingungen eingehalten:
·
Volumen der Reaktionssuspensionen
200 mL Wasser und 220 mL MIBK
·
Temperatur
80 °C
·
Fructoseanfangskonzentration in der
Wasserphase
10 g/L
·
Oxidationsmittel
Luftsauerstoff
·
Begasungsrate
50 mL/min
·
Katalysatormenge n
14,12 g Lewatit SPC 108, 3 g PtBi/C
·
Rührerdrehzahl
300 U/min
Durchführung der Versuche
Die Halbreaktoren werden mit 220 mL MIBK und 3 g getrocknetem PtBi/C-Katalysator bzw.
mit 195 mL Wasser und 14,12 g Trockenmasse (entsprechend 40 g Feuchtmasse) an
Feststoffsäure befüllt. Die MIBK-Seite wird über eine Begasungsfritte mit Luftsauerstoff als
Oxidationsmittel, welcher über eine Membranpumpe in den Reaktor eingeleitet wird, begast
71
Kapitel 3
(Begasungsrate: 50 mL/min). Nach 30-minütigem Temperieren wird die In-situ-Oxidation
durch Zugabe von 5 mL einer 400 g/L Fructose-Stammlösung in die Wasserphase gestartet
(Startkonzentration: 10 g/L in der Wasserphase).
Die Probennahme und Probenvorbereitung aus der wäßrigen Phase geschieht analog zu der in
Kap. 3.2.2.1 beschriebenen Art und Weise. Bei der Probennahme aus der MIBK-Phase wurde
analog zur in Kap. 3.2.2.3 für wassergesättigte MIBK-Lösungen beschriebenen Art und Weise
verfahren.
3.3.2
Konditioniertes Gemisch
Das zweite Verfahren zur In-situ-Oxidation ist ein reines Suspensionsverfahren, bei dem die
Wasser- und die MIBK-Phase in einem Reaktor in engen Kontakt gebracht werden. Die
Rückhaltung der Katalysatoren in den jeweiligen Phasen des Batchsystems gelingt allein
aufgrund der Hydrophilie bzw. Hydrophobie der Katalysatoren, die nach einer Konditionierung vor dem Einsatz selektiv in der Wasserphase bzw. in der MIBK-Phase verbleiben. Als
hydrophile Feststoffsäure wird Lewatit SPC 108 und als hydrophober Oxidationskatalysator
PtBi/C verwendet. Als Teststand wird ein analoger Reaktor wie in Kap. 3.2.2.3 beschrieben
verwendet (Abb. 3.3 ohne pH-Regelung).
Reaktionsbedingungen
Für die In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von Fructose wurden folgende Reaktionsbedingungen eingehalten:
·
Volumen der Reaktionssuspensionen
200 mL Wasser und 220 mL MIBK
·
Temperatur
80 °C
·
Fructoseanfangskonzentration in der
Wasserphase
10 g/L
·
Oxidationsmittel
Luftsauerstoff
·
Begasungsrate
50 mL/min
·
Katalysatormengen (Trockenmasse)
14,12 g Lewatit SPC 108, 3 g PtBi/C
·
Rührerdrehzahl
500 U/min
Durchführung der Versuche
Vor der Reaktion werden die Katalysatoren mit der jeweiligen Phase durch 30-minütiges
Rühren bei Raumtemperatur konditioniert (14,12 g Lewatit SPC 108 in 195 mL Wasser bzw.
3 g Katalysatortrockenmasse PtBi/C in 220 mL MIBK). Die konditionierten Phasen werden
dann in den Teststand überführt und dort 30 Minuten unter Rühren temperiert. In den Reaktor
72
Experimentelles
wird zusätzlich über eine Membranpumpe ein Luftstrom eingeleitet. Die Reaktion wird durch
Zugabe von 5 mL einer 400 g/L Fructose-Stammlösung gestartet (Startkonzentration: 10 g/L
in der Wasserphase). Ein Einfluß der Rührerdrehzahl auf die Gesamtreaktionsgeschwindigkeit
konnte nicht beobachtet werden, demnach ist der äußere Stoffübergang bei den geringen
Reaktionsgeschwindigkeiten nicht limitierend.
Die Probennahme und Probenvorbereitung geschieht aus beiden Phasen analog zu der in Kap.
3.2.2.1 und 3.2.2.3 für wäßrige und wassergesättigte MIBK-Phasen beschriebenen Art und
Weise.
3.3.3
Siliconimmobilisierte Katalysatoren
Das dritte Verfahren beruht ebenfalls auf einem Zweiphasen-Batchsystem, bei welchem der
PtBi/C-Oxidationskatalysator zusätzlich in eine Siliconmatrix immobilisiert wird. Als
Teststand wird ein analoger Reaktor wie in Kap. 3.2.2.3 (Abb. 3.3, ohne pH-Regelung)
beschrieben verwendet.
Herstellung siliconverkapselter PtBi/C-Katalysatoren nach dem Suspensionsverfahren [243,
254]
0,5 g bzw. 0,75 g getrockneter PtBi/C-Katalysator (Degussa-Hüls AG, Frankfurt) wird in
einer Siliconpräpolymer-Mischung suspendiert (RTV-2-Siloprensystem: 9,4 g lineares Polysiloxan + 0,6 g Vernetzer + 10 µL flüssiger Vernetzerkatalysator, Bayer AG, Leverkusen).
Die im Silicon und in den Katalysatorporen gelöste Luft wird durch 30-minütiges Entgasen
bei 0,1 mbar entfernt. Die Suspension wird in ein stark gerührtes Glycerinbad gegeben
(80 mL, T = 80 °C, Rührgeschwindigkeit: 700 U/min). Nach 30 min werden die Perlen mit
einer Beladung von 0,48 g bzw. 0,70 g Katalysator/10 g Silicon mit einem Sieb der
Maschenweite 0,063 mm heiß abgesiebt, das anhängende Glycerin mit heißem Wasser abgewaschen und die Perlen klassiert. Nach Klassieren werden definierte Mengen der Siliconperlen 12 h in 50 mL MIBK gequollen. Die Durchmesser der ungequollenen Perlen weisen eine
breite Verteilung zwischen 0,063 - 4 mm in folgenden Anteilen auf:
0,063-0,5 mm
0,5-1,0 mm
1,0-1,4 mm
1,4-2,0 mm
> 2,0 mm
33 Massen-%
46 Massen-%
13 Massen-%
4 Massen-%
2 Massen-%
73
Kapitel 3
Abb. 3.6
Aufnahme von beladenen (unten) und unbeladenen (oben) Si-Perlen hergestellt
nach dem Suspensionsverfahren, Fraktionen: 0,063-0,5 mm, 0,5-1,0 mm, 1,01,4 mm und 1,4-2,0 mm (von links nach rechts)
Reaktionsbedingungen
Sofern nicht anders angegeben, wurden für die In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von
Fructose folgende Reaktionsbedingungen eingehalten:
·
Volumen der Reaktionssuspension
ca. 75 mL Wasser (73 mL + 1,875 mL)
und 50 mL MIBK
·
Temperatur
80 °C
·
Fructoseanfangskonzentration in der
Wasserphase
10 g/L
·
Oxidationsmittel
Luftsauerstoff
·
Begasungsrate
50 mL/min
·
Oxidationskatalysatormenge
variabel
·
Feststoffsäuremenge (Trockenmasse)
5,3 g Lewatit SPC 108
·
Rührerdrehzahl
500 U/min
74
Experimentelles
Durchführung der Versuche
5,3 g Lewatit SPC 108 werden in 73 mL Wasser suspendiert. Zu dieser Suspension werden
variable Mengen der MIBK-gequollenen Siliconperlen mit dem MIBK-Überstand gegeben. In
die Reaktionssuspension wird mittels Membranpumpe über eine Begasungsfritte Luftsauerstoff eingeleitet (Begasungsrate: 50 mL/min). Nach 30-minütigem Temperieren wird die
Reaktion durch Zugabe von 1,875 mL einer 400 g/L Fructose-Stammlösung gestartet (Startkonzentration 10 g/L in der Wasserphase). Ebenso wie bei den Versuchen mit konditionierten
Katalysatoren (Kap. 3.3.2) konnte auch hier keine äußere Stofftransporthemmung festgestellt
werden.
Die Probennahme und –vorbereitung geschieht aus beiden Phasen analog zu der in Kap.
3.2.2.1 und 3.2.2.3 für MIBK/Wasser-Zweiphasensysteme beschriebenen Art und Weise.
3.4
Ermittlung der Aktivitäten und Selektivitäten der
untersuchten Katalysatoren
Die Aktivitäten, Reaktionsgeschwindigkeiten und die Substrat- bzw. Produktbildungsselektivitäten für die Prozesse Fructosedehydratisierung, HMF-Hydrolyse bzw. -Oxidation sowie für
den In-situ-Oxidationsprozeß, wurden aus den Konzentrations/Zeit-Diagrammen bestimmt,
die sich aus den in geeigneten Abständen gezogenen Proben durch HPLC-Analyse ermitteln
lassen.
Aktivität
Unter dem Begriff Aktivität wird in dieser Arbeit die auf die Katalysatortrockenmasse bezogene Anfangsabbauaktivität eines Substrates, die auch der maximalen Aktivität entspricht,
verstanden. Sie wird je nach betrachtetem Prozeß in der Einheit mmol Fructose/h·gKat bzw.
mmol HMF/h·gKat angegeben. Zur Bestimmung dieser Anfangsaktivität wurde eine lineare
Regression des Fitpolynoms bis zu einem Umsatz von 10 % durchgeführt (Abb. 3.7), die
Steigung der Regressionsgeraden entspricht dann der Anfangsaktivität. Sämtliche Konzentrations/Zeit-Kurven konnten hinreichend genau über Polynome gefittet werden.
75
Kapitel 3
Konzentration [mmol/L]
80
Fructose
HMF
60
40
20
0
0
200
400
600
Zeit [min]
Abb. 3.7
Beispieldiagramm für die Ermittlung der Aktivitäten. Durchgezogene Linien: Fitpolynom, gestrichelte Linien: Regressionsgeraden zur Bestimmung der Anfangsaktivität bis
zu einem Umsatz von 10 %.
Reaktionsgeschwindigkeit
Die Reaktionsgeschwindigkeit, die für die kinetischen Untersuchungen und zur vergleichenden Untersuchung der homogenen und der heterogenen Säuren herangezogen wurde, ist als
Anfangsreaktionsgeschwindigkeit definiert. Sie wird in analoger Weise zur Aktivitätsbestimmung ermittelt und ist als Anfangsabbaugeschwindigkeit (Fructosedehydratisierung, HMFHydrolyse) bzw. als Anfangsbildungsgeschwindigkeit (HMF-Bildung aus Fructose und
Lävulinsäurebildung aus HMF) in der Einheit mmol/L·h bzw. mmol/L·min angegeben.
Substratselektivität
Als Substratselektivität wird das bei den Untersuchungen zur Konkurrenzoxidation von
Fructose und HMF bestimmte Verhältnis der HMF-Abbauaktivität und der Fructoseabbauaktivität bezeichnet, wobei die Abbauaktivitäten wie oben beschrieben ermittelt werden.
Produktbildungsselektivität
Als Maß für die Selektivität wird die Endausbeute der stabilen Reaktionsendprodukte, das
sind Lävulinsäure für die Fructosedehydratisierung (Gl. 3.1) und Furandicarbonsäure bzw. die
Summe an Oxidationsprodukten FDA + FFCA + FDCA für die HMF-Oxidation (Gl. 3.3 und
3.4) sowie die maximale HMF-Ausbeute im Verlauf der Fructosedehydratisierung angegeben
76
Experimentelles
(Gl. 3.2). Ein weiteres Maß für die HMF-Oxidation ist die auf umgesetztes HMF bezogene
Produktbildungsselektivität der HMF-Oxidationsprodukte FDA + FFCA + FDCA (Gl. 3.5).
Langsame Reaktionen werden ebenfalls anhand der HMF-Produktbildungsselektivität zu
einem fortgeschrittenen Zeitpunkt im Reaktionsverlauf bei gleichzeitiger Angabe des HMFUmsatzes beschrieben.
Lävulinsäureausbeute [%] =
c (Lävulinsäure)
× 100
c (eingesetzte Fructose)
(3.1)
max. HMF - Ausbeute [%] =
max. c(HMF)
× 100
c (eingesetzte Fructose)
(3.2)
FDCA - Ausbeute [%] =
c (FDCA)
× 100
c(eingesetztes HMF)
Ausbeute FDA + FFCA + FDCA [%] =
(3.3)
c (FDA + FFCA + FDCA)
× 100
c (eingesetztes HMF)
Bildungsselektivität FDA + FFCA + FDCA [%] =
c (FDA + FFCA + FDCA)
× 100
c (umgesetztes HMF)
(3.4)
(3.5)
Die Selektivitäten für den In-situ-Oxidationsprozeß werden nicht aus den Konzentrationen der
jeweiligen Substanzen sondern aus der Summe der absoluten Molzahlen aus der wäßrigen und
der MIBK-Phase ermittelt. Vergleichsmaße sind auch in diesem Fall die Endausbeute an
Lävulinsäure bzw. FDCA, die max. HMF-Ausbeute und die max. Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten (Gl. 3.6) sowie die Produktbildungsselektivität der HMF-Oxidationsprodukte
(Gl. 3.7).
Ausbeute X [%] =
abs. Molzahl (X) in Wasser + abs. Molzahl (X) in MIBK
× 100
eingesetzte Mole Fructose
(3.6)
mit X = Lävulinsäure, FDCA, max. HMF, max. FDA+FFCA+FDCA
77
Kapitel 3
Bildungsselekt.Y [%] =
abs. Molzahl (Y) in Wasser + abs. Molzahl (Y) in MIBK
× 100
umgesetzte Mole Fructose
(3.7)
mit Y = FDA + FFCA + FDCA
In analoger Weise wird auch die HMF-Gesamtausbeute der Fructosedehydratisierung im
offenen PEG/Wasser-Membransystem aus der Summe der absoluten Molzahlen bestimmt:
Ausbeute HMF [%] =
3.5
abs. Molzahl HMF in Wasser + abs. Molzahl HMF in PEG
× 100
eingesetzte Fructose
(3.8)
Bestimmung von HMF-Verteilungskoeffizienten
Die Verteilungskoeffizienten von HMF in unterschiedlichen Zweiphasensystemen Wasser/
organisches Lösungsmittel wurden bei Raumtemperatur bestimmt. Dazu wurden je 10 mL
org. Lösungsmittel in 10 mL einer wäßrigen HMF-Lösung der Konzentration 10 g/L
(0,25 mL einer 400 g/L HMF-Stammlösung in 9,75 mL deion. Wasser gelöst) in einem
40-mL-Becherglas suspendiert. Nach einer Stunde wurden aus beiden Phase Proben entnommen und der HMF-Gehalt analog zu Kap. 3.2.2.1 und 3.2.2.3 bestimmt. Aus dem Verhältnis
HMF - Konzentration in organischer Phase
HMF - Konzentration in Wasser
(3.9)
ergibt sich der HMF-Verteilungskoeffizient für das jeweilige Lösungsmittel.
3.6
Analytische Methoden
Zur chromatographischen Trennung und Bestimmung der Edukt- und Produktkonzentrationen
der Reaktionslösungen wurde ein Ionenausschluß-Chromatographie-System mit Brechungsindex- und UV-Detektion verwendet. Mit diesem System konnten Proben sowohl wäßriger
Lösungen als auch verdünnter MIBK- und PEG-Reaktionslösungen analysiert werden. Die
Trennleistung der Säule reicht zur Trennung aller Komponenten, d. h. Fructose und HMF als
Edukte bzw. gewünschtes Produkt der Dehydratisierungsreaktion, Lävulinsäure als unerwünschtes Folgeprodukt sowie sämtlicher HMF-Oxidationsprodukte, also FDA, FFCA und
78
Experimentelles
FDCA, aus. Nicht analysiert wurden die löslichen und wasserunlöslichen Huminstoffe sowie
die Oxidationsprodukte von Fructose.
Mit dem Analysensystem ist auch die Bestimmung MIBK- und PEG-haltiger Proben möglich.
MIBK mit einer Retentionszeit von 34,40 min beeinflußt die Messungen überhaupt nicht, die
verschiedenen Polyethylenglycole haben zwar Retentionszeiten zwischen 12 und 15 min und
stören aufgrund der hohen Konzentrationen von bis zu 20 % die Messungen im RI-Detektor,
da PEG’s aber nicht UV-aktiv sind, ist eine Bestimmung aller unter dem breiten PEG-Peak
liegenden Substanzen mit dem UV-Detektor problemlos möglich.
Die Ermittlung der Konzentrationen erfolgte durch externe Einpunktkalibrierung mit
Standards der Konzentration 8 mmol/L Fructose, Lävulinsäure und HMF sowie 0,8 mmol/L
FDA, FFCA und FDCA. Die Bestimmung von Fructose und Lävulinsäure erfolgte über den
RI-Detektor, HMF, FDA und FDCA wurden über den UV-Detektor ausgewertet.
Die HPLC-Anlage wurde mit den nachfolgenden Spezifikationen betrieben, Beispielchromatogramme für RI- und UV-Detektor sind in Abb. 3.8 und 3.9 dargestellt.
Betriebsbedingungen der HPLC
Trennbedingungen
Fluß
Druck
Ofentemperatur
mobile Phase
stationäre Phase
Probenvolumen
Probenaufgabe
Pumpe
Ofen
Detektoren
Auswertung
0,7 ml/min
60 bar
60 °C
0,005 m Schwefelsäure
BIORAD HPX-87 H
30 µl
Autosampler Shimadzu SIL-10A
Shimadzu LC-10AD
Shimadzu CTO-10A
RI-Detektor Shimadzu RID-6A
UV-Detektor(210 nm) Shimadzu SPD-10AV
PC-Software LC-10, Shimadzu
79
Kapitel 3
5.105
Fructose (8,43 min)
Signalstärke [mV]
4.105
3.105
.
Lävulinsäure (13,41 min)
HMF (25,30 min)
5
2 10
105
FDCA (12,62 min)
0
0
Abb. 3.8
10
FFCA (17,25 min)
20
Zeit [min]
FDA (30,75 min)
30
HPLC-Chromatogramm (RI-Detektor) eines Standards mit 8 mmol/L Fructose, HMF und
Lävulinsäure sowie 0,8 mmol/L FDA, FFCA und FDCA.
8.106
Signalstärke [mAbs]
6.106
HMF (25,08 min)
4.106
FFCA (17,04 min)
FDA (30,53 min)
2.106
FDCA (12,42 min)
Lävulinsäure (13,22 min)
0
0
Abb. 3.9
80
10
20
Zeit [min]
30
HPLC-Chromatogramm (UV-Detektor) eines Standards mit 8 mmol/L Fructose, HMF
und Lävulinsäure sowie 0,8 mmol/L FDA, FFCA und FDCA.
Experimentelles
Das Analysensystem wurde in Zeitabständen von 3-6 Monaten auf die Einspritzgenauigkeit
überprüft. Diese Validierung geschah durch Mehrfachinjektion (fünffache Wiederholung)
wobei sich für die Einzelsubstanzen folgende Standardabweichungen ergaben (Tab. 3.3).
Tab. 3.3
Fructose
8±0,07
mmol/L
Standardabweichung eines eingespritzten Mehrfachstandards
Lävulinsäure
8±0,07
mmol/L
HMF
8±0,025
mmol/L
FDA
0,8 ± 0,0018
mmol/L
FFCA
0,8 ± 0,0023
mmol/L
FDCA
0,8 ± 0,004
mmol/L
Die Standardabweichung beträgt für sämtliche Substanzen weniger als 1 %, von daher ist die
Kalibrierung mit einem externen Standard möglich und zulässig. Über den gesamten Zeitraum
der Untersuchungen von drei Jahren konnte auch nach Säulentausch und anderen Umbaumaßnahmen keine nennenswerte Änderung dieser Meßgenauigkeit festgestellt werden.
81
Kapitel 4
4
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu
5-Hydroxymethylfurfural
4.1
Einführung
Die sauerkatalysierte Umsetzung von Kohlenhydraten zu 5-Hydroxymethylfurfural eröffnet
nachwachsenden Rohstoffen ein hohes Einsatzpotential in den in Kap. 1.3 beschriebenen Bereichen. Einem technisch-industriellen Einsatz stehen allerdings die angedeuteten Probleme
der mangelnden Stabilität des HMF-Moleküls unter den sauren Herstellungsbedingungen
insbesondere in wäßriger Phase bzw. die aufwendigen Aufarbeitungsmethoden in organischen
Lösungsmitteln wie DMSO entgegen [75, 77, 78].
Im Rahmen dieser Arbeit sollten zwei neue Ansätze zur Herstellung von HMF in wäßriger
bzw. quasi-wäßriger Phase entwickelt und untersucht werden, mit denen eine verbesserte
Produktausbeute (HMF bzw. derivatisiertes HMF) erreicht werden kann.
1. Entwicklung eines gekoppelten Verfahrens zur Herstellung und Oxidation von Hydroxymethylfurfural ausgehend von Fructose in einem sog. In-situ-Oxidationsprozeß
2. Entwicklung eines membranbasierten Verfahrens zur Durchführung der sauerkatalysierten
Dehydratisierung von Fructose im Zweiphasensystem Wasser/Polyethylenglycol
Das Konzept der In-situ-Derivatisierung beinhaltet die Überführung des instabilen HMFMoleküls in ein unter den Reaktionsbedingungen für die HMF-Bildung stabiles Produkt.
Einen geeigneten Derivatisierungsprozeß stellt in dieser Hinsicht die HMF-Oxidation dar, da
mit FDCA ein Wertprodukt gebildet wird, das über eine genügende Stabilität im sauren
Milieu, wie es für die HMF-Herstellung benötigt wird, verfügt (s. Abb. 6.1). In Kapitel 4.2
sind die Untersuchungsergebnisse der sauerkatalysierten HMF-Bildung unter In-situ-Oxidationsbedingungen beschrieben, die Untersuchungen zur In-situ-Oxidation werden gesondert in
Kap. 6 diskutiert.
Die Fructosedehydratisierung in Polyethylenglycol als Lösungsmittel sowie das darauf basierende Membranverfahren im Zweiphasensystem Wasser/PEG wird in Kap. 4.3 behandelt.
82
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
4.2
Untersuchung der sauerkatalysierten Dehydratisierung von
Fructose in wäßriger Phase
Für den Prozeß der sauerkatalysierten Fructosedehydratisierung zu HMF wurde im Hinblick
auf den angestrebten In-situ-Oxidationsprozeß eine Reaktionstemperatur von 80 °C gewählt,
da bei Temperaturen über 80 °C vermehrt Totaloxidation des HMF bei gleichzeitig verminderter Oxidationsproduktausbeute stattfindet (s. Kap. 5.2.2.2). Diese Temperaturwahl stellt
somit einen Kompromiß zwischen einer möglichst hohen Reaktionsgeschwindigkeit und
gleichzeitig hohen intermediären HMF-Bildung (s. Kap. 4.2.2.3 u. Lit. [56, 63, 66]) bei hoher
Temperatur auf der einen und möglichst geringen Ausbeuteverlusten durch Produktoxidation
auf der anderen Seite dar.
Zunächst sollten homogene und heterogene Katalysatorsäuren auf ihre Eignung für die Umsetzung untersucht werden. Zu diesem Zweck wurde Salzsäure in unterschiedlichen Konzentrationen eingesetzt sowie ein Screening verschiedener feststoffsaurer Katalysatoren durchgeführt.
Mit dem besten Katalysator wurde schließlich ein kinetisches Modell für das Reaktionssystem
entwickelt. Durch Erweiterung des Modells mit einer idealen Derivatisierungsreaktion sollten
Aussagen über die Leistungsfähigkeit des Konzepts der In-situ-Derivatisierung von HMF
möglich sein.
4.2.1
Untersuchung der Fructosedehydratisierung in wäßriger Phase mit
unterschiedlichen Katalysatorsäuren
4.2.1.1 Variation des pH-Wertes
Ein grundsätzliches Problem des In-situ-Oxidationskonzepts stellt der pH-Wert des Reaktionsmilieus dar. Die Bildung von HMF ist ein sauerkatalysierter Prozeß, während die HMFOxidation bevorzugt im alkalischen Milieu abläuft. Aus diesem Grund war zunächst festzustellen, bis zu welcher minimalen Säurekonzentration bzw. bis zu welchem maximalen pHWert bei einer Temperatur von 80 °C noch relevante Umsätze erzielt werden können.
Zu diesem Zweck wurde die Fructosedehydratisierung mit Salzsäure unterschiedlicher Konzentration als Katalysatorsäure analog Kap. 3.1.2.1 und 3.1.2.2 durchgeführt.
83
Kapitel 4
30
Reaktionsgeschwindigkeit
max. HMF-Ausbeute
1.6
20
1.2
0.8
10
max. HMF-Ausbeute [%]
Reaktionsgeschwindigkeit [mmol/L*h]
2
0.4
0
0
pH 0
Abb. 4.1
pH 0,5
pH 1
pH 1,5
pH 2
Abhängigkeit der Geschwindigkeit der Fructosedehydratisierung vom pH-Wert bei
T = 80 °C, Fructose-Startkonzentration: 10 g/L
Aus Abb. 4.1 ist zu erkennen, daß zwar bei 80 °C auch bei einem pH-Wert von 1,5 und 2
noch eine Umsetzung stattfindet, die Reaktionsgeschwindigkeit ist aber bereits bei pH 1,5 mit
0,1 mmol/L·h so gering, daß nach einer Reaktionszeit von einer Woche von der Fructosestartkonzentration von 10 g/L lediglich ein Viertel umgesetzt wurde.
4.2.1.2 Screening nach Feststoffsäuren
Um den pH-Wert im Milieu moderat zu halten, aber trotzdem eine höhere Umsetzungsgeschwindigkeit zu erzielen, sollten aufgrund der Ergebnisse mit homogener Säure
Feststoffsäuren mit lokalisierten, stark sauren Funktionen für die Fructosedehydratisierung
getestet werden. Mit der Verwendung von feststoffsauren Katalysatoren gelingt die Entkopplung der stark sauren Reaktionszentren für die HMF-Bildung vom Reaktionsmedium, in dem
die HMF-Oxidation stattfindet. Getestet wurden unterschiedliche feststoffsaure Katalysatoren
wie Zeolithe in der H-Form (H-beta, H-Mordenit, H-Y und H-ZSM 5, Bayer AG, Leverkusen), makroporöse Kationenaustauscher in der H-Form (Lewatitmaterial SPC 108, 112 und
118, Bayer AG, Leverkusen) sowie saures Nioboxid und saures Nioboxidphosphat (CBMM,
Brasilien). Das Ergebnis des Screenings ist in Abb. 4.2 dargestellt.
84
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
100
Aktivität
max. HMF-Ausbeute
Lävulinsäureausbeute
0.2
75
50
0.1
25
0
SPC 108
Abb. 4.2
SPC 118 SPC 112 Nioboxid
Nioboxid- H-Mordenit H-Y
phosphat
H-ß
H-ZSM 5
HMF/Lävulinsäure-Ausbeute [%]
Aktivität [mmol Fructose/h*gKat]
0.3
0
Screening nach Feststoffsäuren für die Dehydratisierung von Fructose zu HMF bei
T = 80 °C, Katalysatoreinwaage: 10 g/100 mL (bezogen auf Katalysatortrockenmasse, bei
Lewatit SPC 108, 112 und 118 bezogen auf Katalysatorfeuchtmasse), Fructose-Startkonzentration: 10 g/L
Untersucht wurden die Feststoffsäuren auf die Parameter Aktivität, intermediäre HMFAusbeute und Endausbeute an Lävulinsäure. Die untersuchten Zeolithe zeigen in wäßriger
Phase bei einer Temperatur von 80 °C keine Aktivität, ebenso wie der Kationentauscher
Lewatit SPC 112. Die beobachtete geringe Aktivität von Zeolithen für die Fructosedehydratisierung steht im Einklang mit den Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen [88-92], die aufgrund
der geringen Zeolithaktivität bei einer Temperatur von 165 °C, also bei einer Temperatur, bei
der die Reaktion durch Bildung von organischen Säuren bereits autokatalytisch abläuft,
arbeiten müssen. Ein unter diesen Bedingungen beobachteter selektivitätssteigernder Effekt
wird auf die formselektive Wirkung der Zeolithe zurückgeführt.
Die höchsten Ausbeuten am Endprodukt der Fructoseumsetzung Lävulinsäure wurden mit den
Ionentauschern Lewatit SPC 108 und 118 (70 bzw. 68 %) erreicht, von denen SPC 108
allerdings die höhere Aktivität aufweist (0,011 mmol Fructose/h·gKatalysatortrockenmasse
gegenüber 0,0051 mmol Fructose/h·gKat). Die höchste Aktivtät von allen untersuchten Feststoffsäuren zeigt mit 0,144 mmol Fructose/h·gKat Nioboxid, das ebenso wie Nioboxidphosphat die Folgereaktion zu Lävulinsäure nicht katalysiert, hier bleibt die Umsetzung von
Fructose auf der HMF-Stufe stehen. Die höchste HMF-Ausbeute wurde mit Nioboxidphosphat als Katalysator erreicht (34,5 %).
85
Kapitel 4
Ein zusätzlicher Versuch mit Nioboxidphosphat sollte klären, ob ein größerer Teil des gebildeten HMF an der Oberfläche adsorbiert vorliegt, und so der Analyse entzogen wird, oder
ob tatsächlich lediglich 34,5 % der Fructose zu HMF umgesetzt werden und der Rest einen
anderen Reaktionsweg einschlägt. Dazu wurde nach einem Dehydratisierungsdurchgang
erneut Fructose als Substrat in den Reaktor gegeben und die Dehydratisierung mit dem
vermeintlich mit HMF beladenen Nioboxidphosphat durchgeführt (s. Abb. 4.3).
75
Fructose
HMF
Konzentration [mmol/l]
60
45
30
15
0
0
5
10
15
Zeit [d]
Abb. 4.3
Zweifacher Fructoseabbau mit Nioboxidphosphat als Feststoffsäure bei T = 80 °C
Nioboxidphosphat-Konzentration: 10 g/100 mL, Fructose-Startkonzentration: 10 g/L
Im Ergebnis wurde beim zweiten aufeinanderfolgenden Dehydratisierungsgang keine Erhöhung der HMF-Ausbeute festgestellt, die Ausbeute sank im Gegenteil auf unter 30 % ab.
Demnach scheint die relativ niedrige Gesamtproduktausbeute nicht durch adsorbiertes HMF
beeinflußt zu sein, vielmehr muß der größere Anteil der Fructose einen anderen Reaktionsweg
einschlagen. Welcher Art diese postulierte Nebenreaktion ist, wurde nicht weiter untersucht.
Die höchste HMF-Ausbeute der untersuchten Feststoffsäuren wurde mit Nioboxidphosphat
erreicht (34,5 %). Der scheinbare Vorteil einer höheren HMF-Ausbeute bei der Verwendung
von Nioboxidphosphat relativiert sich allerdings, wenn man sich vor Augen hält, daß die
Gesamtproduktausbeute an HMF + Lävulinsäure mit Lewatit SPC 108 und 118 mit etwa 70 %
doppelt so hoch ist. Mit anderen Worten: Da die Lävulinsäurebildung ausschließlich über
HMF erfolgt müssen im Verlauf der Reaktion auch mindestens 70 % HMF gebildet worden
86
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
sein, die in einem In-situ-Derivatisierungsprozeß derivatisiert werden können. Anhand dieser
Betrachtung der Ergebnisse erscheint der makroporöse Ionentauscher Lewatit SPC 108 am
besten für den Einsatz in einem In-situ-Oxidationsprozeß geeignet.
4.2.1.3 Vergleich homogene Säure/heterogene Säure
In Abb. 4.4 ist die Reaktionsgeschwindigkeit und die HMF-Ausbeute der Fructosedehydratisierung mit 35,3 g/L Lewatit SPC 108 (entsprechend einer Konzentration an Katalysatorfeuchtmasse von 100 g/L) den Versuchen mit homogener Säure unterschiedlicher
Konzentration gegenübergestellt.
Fructoseabbaugeschwindigkeit [mmol/L*h]
Reaktionsgeschwindigkeit
max. HMF-Ausbeute
0.8
20
0.6
0.4
10
max. HMF-Ausbeute [%]
30
1
0.2
0
0
pH 0,5
Abb. 4.4
pH 1
pH 1,5
pH 2
35,3 g/L SPC 108
pH-Wert 2,4
Vergleich der Reaktionsgeschwindigkeiten der Fructosedehydratisierung mit 35,3 g/L
Lewatit SPC 108 und bei pH 0,5 bis pH 2, T = 80 °C
Man sieht, daß mit der gewählten Konzentration an Lewatit SPC 108 eine Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird, wie sie erst bei einem pH-Wert von kleiner als 1 mit Salzsäure
erhalten werden kann. Gleichzeitig liegt der pH-Wert im Milieu bei Verwendung von Lewatit
nach beendeter Reaktion bei 2,4, mit der Verwendung von Feststoffsäuren für die Fructosedehydratisierung gelingt also bei konstanter Reaktionsgeschwindigkeit eine Verschiebung des
Milieu-pH um etwa 1,5 pH-Einheiten. Dies bedeutet für einen In-situ-Oxidationsprozeß, daß
die Durchführung in einem deutlich milderen Milieu als mit homogener Säure möglich wird.
87
Kapitel 4
Die Werte für die HMF-Ausbeuten unterscheiden sich bei den eingesetzten sauren Katalysatoren nicht signifikant voneinander.
4.2.2
Untersuchungen zur Kinetik der sauerkatalysierten Umsetzung von
Fructose mit dem Ionentauscher Lewatit SPC 108
Für das Reaktionsnetzwerk der sauerkatalysierten Umsetzung von Fructose zu HMF und
weiter zu Lävulinsäure mit dem Ionentauscher Lewatit SPC 108 wurde ein kinetisches Modell
nach Kuster angenommen [71]. In dieses Modell sind neben den Teilschritten Fructosedehydratisierung zu HMF und HMF-Hydrolyse zu Lävulinsäure (und Ameisensäure) als
Folgereaktionssystem die Huminbildung aus Fructose und getrennt davon aus HMF als
Nebenreaktionen einbezogen. Das kinetische Modell ist in Abb. 4.5 graphisch dargestellt.
k1
Fru
k2
HUM
Abb. 4.5
HMF
k3
LA+FA
k4
HUM
Kinetisches Modell (nach Kuster), Fru = Fructose, HUM = Humine, LA = Lävulinsäure,
FA = Ameisensäure
Zusätzlich zu der formalkinetischen Beschreibung der Abbauprozesse von Fructose zu HMF
und Lävulinsäure sollte das Modell durch einen HMF-Abfangschritt modifiziert bzw. erweitert werden. Dies kann beispielsweise eine Extraktion, Adsorption oder auch eine In-situDerivatisierung sein. Mit Hilfe dieser Modellerweiterung sollte die Frage geklärt werden,
welcher Anteil des intermediär gebildeten HMF durch einen geeigneten in-situ-Abfangprozeß
stabilisiert werden kann (s. Kap. 4.2.2.2).
4.2.2.1 Ermittlung der kinetischen Parameter
Die Kinetik des Reaktionsnetzwerks wird vollständig durch die Konzentrations/Zeit-Verläufe
von Fructose, HMF und Lävulinsäure modellhaft beschrieben. Die Menge an gebildeter
Ameisensäure entspricht der gebildeten Menge Lävulinsäure, die Menge an gebildeten
Huminen ergibt sich aus der Differenz der umgesetzten Fructose zur Summe aus HMF und
Lävulinsäure nach:
88
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
[HUM] = [umgesetzte Fructose] - [HMF + LA]
Den Versuchen lagen folgende allgemeine Betriebsbedingungen zugrunde:
·
Temperatur 80 °C
·
Katalysatormenge 10 g Feuchtmasse Lewatit SPC 108 (= 3,53 g Trockenmasse)
·
Rührgeschwindigkeit 500 U/min
·
Reaktorvolumen 100 mL
Für die Analyse der kinetischen Daten wurde die Differentialmethode verwendet. Die
Ermittlung der äußeren Reaktionsordnungen n und der Geschwindigkeitskonstanten k der
einzelnen Reaktionsteilschritte erfolgte graphisch analog Abb. 2.10 a) durch doppeltlogarithmische Auftragung der Anfangsreaktionsgeschwindigkeiten (Umsatz < 5 %) bei verschiedenen Ausgangskonzentrationen.
In Abb. 4.6 ist die Abhängigkeit der Fructoseabbauaktivität und der HMF-Bildungsaktivität
zu Beginn der Dehydratisierung von Fructose von der Fructoseanfangskonzentration dargestellt:
2.5.10-2
Aktivität [mmol/h*gKat]
2.10-2
Fructoseabbau
HMF-Bildung
1.5.10-2
10-2
5.10-3
0
0
4
8
12
16
20
Anfangskonzentration Fructose [g/L]
Abb. 4.6
Dehydratisierung von Fructose: Abhängigkeit der Fructoseabbauaktivität und der HMFBildungsaktivität (hier jeweils bezogen auf Katalysatorfeuchtmasse) von der Fructoseanfangskonzentration, Katalysatorkonzentration 10 g KFM/100 mL
89
Kapitel 4
Zu erkennen ist, daß die Geschwindigkeit der HMF-Bildung bei allen Anfangskonzentrationen geringer ist als die des Fructoseabbaus. Die Differenz der Kurven stellt ein Maß für die
Nebenproduktbildung aus Fructose, d. h. vor allem die Bildung von Huminstoffen, dar. Bei
geringen Fructosekonzentrationen unterscheiden sich die Kurven kaum voneinander, sie sind
fast deckungsgleich. Dies gibt einen Hinweis darauf, daß mit steigender Fructosekonzentration die Wahrscheinlichkeit für eine Kombination von Fructosemolekülen und den intermediär gebildeten Stoffen unter Bildung von Huminen steigt.
Abb. 4.7 zeigt die Abhängigkeit der HMF-Abbauaktivität und der Lävulinsäurebildungsaktivität von der HMF-Anfangskonzentration:
Aktivität [mmol/h*gKat]
7.5.10-2
HMF-Abbau
Lävulinsäurebildung
5.10-2
2.5.10-2
0
0
2
4
6
8
10
Anfangskonzentration HMF [g/L]
Abb. 4.7
HMF-Hydrolyse: Abhängigkeit der HMF-Abbauaktivität und der Lävulinsäurebildungsaktivität (hier jeweils bezogen auf die Katalysatorfeutchmasse) von der HMF-Anfangskonzentration, Katalysatorkonzentration 10 g KFM/100 mL
Auch hier ist eine zunehmende aber im Vergleich zum Abbau von Fructose sehr geringe
Differenz der Kurven mit zunehmender Anfangskonzentration zu erkennen.
Nach dem in Abb. 4.5 dargestellten kinetischen Modell können für die Konzentrationen von
Fructose, HMF und Lävulinsäure folgende Geschwindigkeitsgesetze aufgestellt werden:
90
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
d [Fru ]
n
= -k F × [Fru ] 1
dt
(Gl. 4.1)
d [HMF ]
n
n
= k1 × [Fru ] 2 - k H × [HMF ] 3
dt
(Gl. 4.2)
d [Läv ]
n
= k 3 × [HMF ] 4
dt
(Gl. 4.3)
Darin bedeuten kF = (k1+k2) und kH = (k3+k4). Die graphisch ermittelten Werte für die
Geschwindigkeitskonstanten kF und k1 bzw. für die Reaktionsordnungen n1 und n2 aus den
Anfangsreaktionsgeschwindigkeiten der Fructosedehydratisierung sowie für die Konstanten
kH und k3 bzw. n3 und n4 aus den Anfangsreaktionsgeschwindigkeiten der HMF-Hydrolyse
sind in Tab. 4.1 dargestellt.
Tab. 4.1
Reaktionsordnungen und Geschwindigkeitskonstanten graphisch ermittelt aus der
doppelt-logarithischen Auftragung der Konzentration und der Reaktionsgeschwindigkeit
inkl. Angabe des Korrelationskoeffizienten:
Geschwindigkeitskonstante [min-1]
Reaktionsordnung
Korrelationskoeffizient R für
log c/log r
kF = 1,11·10-4
k1 = 0,88·10-4
kH = 5,5·10-4
k3 = 4,26·10-4
n1 = 0,87
n2 = 0,8
n3 = 1
n4 = 1,04
R = 0,995
R = 0,983
R = 0,998
R = 0,997
Die Reaktionsordnungen der Einzelreaktionsschritte liegen mit Werten zwischen 0,8 und 1,04
in etwa im Bereich erster Ordnung. Mit der vereinfachenden Annahme, daß sämtliche
Reaktionen erster Ordnung sind, lassen sich die Zeitgesetze (Gl. 4.1-4.3) integrieren:
[Fru ] = [Fru ]0 × e - k
F
×t
(Gl. 4.4)
[HMF ] = k1 × [Fru ]0 × [e -k
kF - kH
[Läv] = k1 × k 3 × [Fru ]0
kF × kH
H
×t
- e - k F ×t
]
é
ù
kF
kH
× ê1 × e - k H ×t +
× e - k F ×t ú
kF - kH
ë kF - kH
û
(Gl. 4.5)
(Gl. 4.6)
91
Kapitel 4
mit dem ermittelten Wert für kF = 1,11·10-4 min-1 und einer Fructosestartkonzentration von
55,56 mmol/L ergibt sich für Gl. 4.4:
[Fru ] = 55.56 × e -0,000111×t
(Gl. 4.7)
mit den ermittelten Werten für k1 = 0,88·10-4 min-1, kF = 1,11·10-4 min-1 und kH =
5,5·10-4 min-1 sowie einer Fructosestartkonzentration von 55,56 mmol/L ergibt sich für Gl.
4.5:
[HMF ] = -11,13 × [e -0,00055×t
- e -0, 000111×t
]
(Gl. 4.8)
mit den ermittelten Werten für k1 = 0,88·10-4 min-1, k3 = 4,26·10-4 min-1, kF = 1,11·10-4 min-1
und kH = 5,5·10-4 min-1 sowie einer Fructosestartkonzentration von 55,56 mmol/L ergibt sich
für Gl. 4.6:
[Läv] = 34,11 × [1 + 0,253 × e -0,00055×t
- 1,253 × e -0,000111×t
]
(Gl. 4.9)
In Abb. 4.8 sind die aus Gl. 4.7, 4.8 und 4.9 errechneten Kurven mit den experimentellen
Werten für die Konzentrations/Zeit-Verläufe von Fructose, HMF und Lävulinsäure aufgetragen: Man erkennt eine sehr gute Übereinstimmung der experimentellen und der aus dem
kinetischen Modell abgeleiteten Werte. Die Computersimulation wurde mit Hilfe des
Programms TechPlot errechnet.
92
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
Konzentration [mmol/L]
60
}
Meßwerte
Fructose
Computersimulation
40
20
Lävulinsäure
HMF
0
0
5000
10000
Zeit [min]
Abb. 4.8
Computer-geplottete Kurven abgeleitet aus dem Modell (Startkonzentration von Fructose:
55,56 mmol/L) und experimentell ermittelte Werte für die Konzentrations/Zeit-Verläufe
von Fructose, HMF und Lävulinsäure mit 35,3 g/L Lewatit SPC 108 als Feststoffsäure
bei T = 80 °C
4.2.2.2 Erweiterung des Modells um einen HMF-Abfangschritt
Das kinetische Modell zur Beschreibung der Fructose-Abbauprozesse sollte gemäß Abb. 4.9
um einen HMF-Abfangschritt erweitert werden.
k1
Fru
k2
HUM
HMF
k4
HUM
k3
LA + FA
kAbfang
abgefangenes HMF
k1
ru
F
3k L
+
A
H M
F
k
2
k
k4 A bfang
U M H U
H
M
Abb. 4.9
riveD
Erweitertes kinetisches Modell, Fru = Fructose, HUM = Humine, LA = Lävulinsäure, FA
= Ameisensäure
93
Kapitel 4
Für den HMF-Abfangschritt wurden folgende Annahmen gemacht:
1.
Durch den Abfangschritt wird ausschließlich HMF dem Reaktionsgeschehen entzogen,
alle anderen Substanzen, d. h. Fructose, Zwischenprodukte, Humine und Lävulinsäure
werden nicht beeinflußt.
2.
Als Geschwindigkeitskonstanten für den HMF-Abfangschritt werden bestimmte Verhältnisse zur Konkurrenzreaktion, der Lävulinsäurebildung, angenommen (Faktor 1, 2, 10
und 100):
kAbfang1 = k3 = 4,26·10-4 min-1
kAbfang2 = 2·k3 = 8,52·10-4 min-1
kAbfang3 = 10·k3 = 4,26·10-3 min-1
kAbfang4 = 100·k3 = 4,26·10-2 min-1
3.
Der Wert der Geschwindigkeitskonstante für den HMF-Abbau ergibt sich aus der Summe
von kAbfang1-4 und kH zu:
kHAbf1 = kH + kAbfang1 = 9,76·10-4 min-1
kHAbf2 = kH + kAbfang2 = 1,39·10-3 min-1
kHAbf3 = kH + kAbfang3 = 4,80·10-3 min-1
kHAbf4 = kH + kAbfang4 = 4,31·10-2 min-1
4.
Die HMF-Abfangreaktion ist eine Reaktion 1. Ordnung, damit erfolgt die Aufstellung des
Geschwindigkeitsgesetzes analog zur Lävulinsäurebildung (Gl. 4.6) mit kAbfang als
Geschwindigkeitskonstante für den HMF-Abfangschritt.
[HMF ] = k
abgef
1
ù
k HAbf 1- 4
× k Abfang 1- 4 × [Fru ]0 é
kF
× ê1 × e - k H ×t +
× e - k F ×t ú
k F × k HAbf 1- 4
k F - k HAbf 1- 4
ëê k F - k HAbf 1- 4
ûú
(Gl. 4.10)
Mit diesen Werten lassen sich die Konzentrationen von HMF, Lävulinsäure und das dem
Reaktionsmedium entzogene HMF (HMFabgef) für die einzelnen Abfangreaktionsgeschwindigkeiten bestimmen:
Fall A: kAbfang1 = k3 = 4,26·10-4 min-1
[HMF ] = -5,65 × [e -0,000976×t
94
- e -0,000111×t
]
(Gl. 4.11)
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
[Läv] = 19,22 × [1 + 0,128 × e -0,000976×t
[HMF ] = 19,22 × [1 + 0,128 × e
abgef
- 1,128 × e -0, 000111×t
-0 , 000976×t
]
(Gl. 4.12)
- 1,128 × e -0,000111×t
]
(Gl. 4.13)
Fall B: kAbfang2 = 2·k3 = 8,52·10-4 min-1
[HMF ] = -3,82 × [e -0,00139×t
[Läv] = 13,5 × [1 + 0,086 × e -0,00139×t
[HMF ] = 27 × [1 + 0,086 × e
abgef
]
- e -0, 000111×t
(Gl. 4.14)
- 1,086 × e -0, 000111×t
-0 , 00139×t
]
(Gl. 4.15)
]
- 1,086 × e -0,000111×t
(Gl. 4.16)
Fall C: kAbfang3 = 10·k3 = 4,26·10-3 min-1
[HMF ] = -1,04 × [e -0,0048×t
- e -0, 000111×t
]
(Gl. 4.17)
[Läv] = 3,91 × [1 + 0,0237 × e -0,0048×t
- 1,0237 × e -0, 000111×t
[HMF ] = 39,09 × [1 + 0,0237 × e
-0 , 0048×t
abgef
]
(Gl. 4.18)
- 1,0237 × e -0, 000111×t
]
(Gl. 4.19)
Fall D: kAbfang4 = 100·k3 = 4,26·10-2 min-1
[HMF ] = -0,113 × [e -0,043×t
- e -0,000111×t
[Läv] = 0,435 × [1 + 0,0026 × e -0,043×t
[HMF ] = 43,53 × [1 + 0,0026 × e
abgef
]
(Gl. 4.20)
- 1,0026 × e -0, 000111×t
-0 , 043×t
]
- 1,0026 × e -0,000111×t
(Gl. 4.21)
]
(Gl. 4.22)
In Abb. 4.10 a bis d sind die berechneten Kurven für alle 4 Fälle graphisch dargestellt.
95
Kapitel 4
Fall A: HMF-Abfangrate = Lävulinsäurebildungsrate
Konzentration [mmol/L]
60
ohne HMF-Abfangschritt
kAbfang1 = k3
40
Fructose
Lävulinsäure
20
Lävulinsäure, abgefangenes HMF
HMF
0
HMF
0
25000
50000
Zeit [min]
Abb. 4.10a Computer-geplottete Kurven abgeleitet aus dem erweiterten Modell (Startkonzentration
von Fructose: 55,56 mmol/L). Fall A: kAbfang1 = k3, durchgezogene Linie: Fructoseabbau
ohne HMF-Abfangschritt, gestrichelte Linie: Fructoseabbau mit HMF-Abfangschritt
Fall B: HMF-Abfangrate = zweifache Lävulinsäurebildungsrate
Konzentration [mmol/L]
60
ohne HMF-Abfangschritt
kAbfang2 = 2*k3
40
Fructose
Lävulinsäure
abgefangenes HMF
20
Lävulinsäure
HMF
0
0
HMF
25000
50000
Zeit [min]
Abb. 4.10b Computer-geplottete Kurven abgeleitet aus dem erweiterten Modell (Startkonzentration
von Fructose: 55,56 mmol/L). Fall B: kAbfang2 = 2·k3, durchgezogene Linie: Fructoseabbau
ohne HMF-Abfangschritt, gestrichelte Linie: Fructoseabbau mit HMF-Abfangschritt
96
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
Fall C: HMF-Abfangrate = 10fache Lävulinsäurebildungsrate
60
Konzentration [mmol/L]
ohne HMF-Abfangschritt
kderiv3 = 10 * k3
40
abgefangenes HMF
Fructose
Lävulinsäure
20
HMF
0
Lävulinsäure
HMF
0
25000
50000
Zeit [min]
Abb. 4.10c Computer-geplottete Kurven abgeleitet aus dem erweiterten Modell (Startkonzentration
von Fructose: 55,56 mmol/L). Fall C: kAbfang3 = 10·k3, durchgezogene Linie: Fructoseabbau ohne HMF-Abfangschritt, gestrichelte Linie: Fructoseabbau mit HMF-Abfangschritt
60
Fall D: HMF-Abfangrate = 100fache Lävulinsäurebildungsrate
Konzentration [mmol/L]
ohne HMF-Abfangschritt
kderiv4 = 100 * k3
40
abgefangenes HMF
Fructose
Lävulinsäure
20
HMF
0
0
HMF
Lävulinsäure
25000
50000
Zeit [min]
Abb. 4.10d Computer-geplottete Kurven abgeleitet aus dem erweiterten Modell (Startkonzentration
von Fructose: 55,56 mmol/L). Fall D: kAbfang4 = 100·k3, durchgezogene Linie: Fructoseabbau ohne HMF-Abfangschritt, gestrichelte Linie: Fructoseabbau mit HMF-Abfangschritt
97
Kapitel 4
Beim Vergleich der Konzentrations/Zeit-Diagramme für unterschiedliche HMF-Abfangraten
ist zu erkennen, daß eine hohe Rate, die das Reaktionsgeschehen ansonsten nicht weiter
beeinflußt, zu einer hohen Produktausbeute führen kann. Bereits bei einer 10-fach schnelleren
Abfanggeschwindigkeit im Vergleich zur Geschwindigkeit der Lävulinsäurebildung liegt der
Wert der maximalen theoretischen Ausbeute an abgeführtem HMF über dem der Lävulinsäureausbeute. Dies liegt daran, daß nicht nur die Lävulinsäurebildung zurückgedrängt wird,
sondern auch die Huminbildung aus HMF. Bei einer 100-fach schnelleren Abfangrate wird
quasi keine Lävulinsäure mehr gebildet, die maximale theoretische Ausbeute beträgt annähernd 80 % und kann durch weitere Beschleunigung der Abfangrate kaum noch erhöht
werden.
Diese Betrachtungen zeigen deutlich, daß das Konzept, gebildetes HMF in-situ dem Reaktionsgeschehen zu entziehen, sehr sinnvoll ist. In Kap. 6 wurde die In-situ-Derivatisierung als
eine dieser HMF-Abfangmöglichkeiten realisiert. In Tab. 4.2 sind analog dem erweiterten
kinetischen Modell für ein ideales In-situ-Derivatisierungssystem die berechneten Endausbeuten an Derivatisierungsprodukt und Lävulinsäure für vier verschiedene Geschwindigkeitsverhältnisse aus Derivatisierungsrate und Lävulinsäurebildungsrate aufgeführt.
Tab. 4.2
Endausbeuten an Derivatisierungsprodukt und Lävulinsäure für ein ideales In-situDerivatisierungssystem von HMF aus Fructose. Eingesetzte Fructosekonzentration
55,56 mmol/L
Verhältnis Derivatisierungsrate/
Lävulinsäurebildungsrate
Endausbeute Derivat
[%]
Endausbeute Lävulinsäure
[%]
1
2
10
100
35
48
70
79
35
24
7
0,8
4.2.2.3 Einfluß der Reaktionstemperatur
Zur Untersuchung der Temperaturabhängigkeit der Fructosedehydratisierung und der HMFHydrolyse wurden die Reaktionen bei Temperaturen zwischen 70 °C und 90 °C durchgeführt.
Die Ermittlung der Geschwindigkeitskonstanten geschah über die innere Ordnung. Dazu
wurden die experimentell ermittelten Konzentrations/Zeit-Werte über quadratische Polynome
angepaßt, wobei die Korrelation in jedem Fall sehr gut war. Die Ableitung dieser Polynome
bei verschiedenen Zeiten gibt die jeweilige Momentangeschwindigkeit an. Eine doppeltlogarithmische Auftragung der Reaktionsgeschwindigkeit gegen die Konzentration ergibt die
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante. Aus der Änderung der Reaktionsgeschwindigkeit mit
98
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
der Reaktionstemperatur kann die Aktivierungsenergie Ea der Abbauprozesse, d. h. der
Geschwindigkeitskonstanten kH und kF bestimmt werden. Anhand der Werte für die
bestimmte Aktivierungsenergie lassen sich Aussagen darüber machen, ob der Prozeß durch
Film- bzw. Porendiffusion limitiert ist. Abb. 4.11 zeigt die Temperaturabhängigkeit im
Arrhenius-Diagramm.
-6
-7
HMF-Hydrolyse: Ea = 79 kJ/mol
ln k [-]
-8
-9
Fructosedehydratisierung: Ea = 184 kJ/mol
-10
-11
2,74
Abb. 4.11
2,79
2,84
1/T *10-3 [1/K]
2,89
2,94
Ermittlung der Aktivierungsenergie aus dem Arrhenius-Plot für die Dehydratisierung von
Fructose und die Hydrolyse HMF
Wird die gemessene Reaktionsgeschwindigkeit durch Stofftransporteinflüsse bestimmt, so
ergeben sich scheinbar niedrigere Aktivierungsenergien. Bei Limitierung durch Filmdiffusion
wird eine Ea von etwa 5 kJ/mol gemessen [244]. Bei Beeinflussung der Reaktionsgeschwindigkeit durch Porendiffusion wird eine Aktivierungsenergie gemessen, die nur halb so groß
ist, wie die Aktivierungsenergie ohne Diffusionshemmung.
Aus den hohen ermittelten Werten für Ea kann ersehen werden, daß keine Filmdiffusion
vorlag, auch ist eine Limitierung durch Porendiffusion nicht wahrscheinlich. Ein Versuch mit
zermahlenem Lewatitmaterial als Katalysator (Teilchendurchmesser < 100 µm) zeigte keinen
Unterschied zu den nichtgemahlenen Lewatitperlen (Perlendurchmesser 0,5-1,3 mm). Eine
Limitierung durch Stofftransportprozesse ist allerdings aufgrund der geringen Geschwindigkeit der chemischen Reaktion auch nicht zu erwarten gewesen.
99
Kapitel 4
Die höhere Aktivierungsenergie für den HMF-Bildungsprozeß verglichen mit dem HMFAbreaktionsprozeß bedeutet, daß die maximale intermediäre HMF-Ausbeute mit steigender
Temperatur steigt, was im Einklang mit Literaturdaten steht [56, 63, 66]. In dem hier untersuchten Temperaturbereich von 70 – 90 °C steigt die maximale intermediäre HMF-Ausbeute
von 10 % bei 70 °C über 12,5 % bei 80 °C bis auf 14 % bei 90 °C an.
4.3
Dehydratisierung von Fructose zu HMF in
Polyethylenglycol
In nichtwäßrigen Lösungsmitteln wie Polyethylenglycol (PEG) können deutlich höhere HMFAusbeuten als in wäßriger Phase erzielt werden, da hier zum einen die Bildung von Lävulinsäure und Ameisensäure aufgrund des Fehlens von Wasser nicht stattfinden kann und zum
anderen das tautomere Gleichgewicht der Fructofuranose- und Fructopyranoseformen auf der
Seite der günstigen Furanoseform liegt [31]. Einem Einsatz im technischen Maßstab stehen
allerdings die bisher ungelösten Probleme der Produktaufarbeitung entgegen.
Wasser ist für technische Prozesse generell das bevorzugte Lösungsmittel, da zum einen die
Entsorgung von Rückständen kein Problem darstellt und zum anderen mit der Präparativchromatographie eine brauchbare Aufarbeitungsmethode besteht [99].
Aufgrund der unbefriedigenden HMF-Ausbeuten, die in Wasser als Lösungsmittel erreicht
werden können, liegt es nahe, die Vorteile eines organischen Lösungsmittels hinsichtlich der
HMF-Ausbeute mit den Vorteilen von Wasser als Lösungsmittel unter dem Aspekt der
Entsorgung und Aufarbeitung in einem System zu vereinen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein neuartiges System auf Basis von Membranen entwickelt,
mit dem die positiven Lösungsmitteleigenschaften von Polyethylenglycol hinsichtlich der
HMF-Ausbeute auf ein quasi-wäßriges System übertragen werden konnten. Wasser und
Polyethylenglycol, zwei miteinander in jedem Verhältnis mischbare Substanzen, werden über
eine Membran in Kontakt gebracht, so daß ein Stoffaustausch zwischen den Phasen stattfinden kann. Gleichzeitig aber wird ein Übertritt von PEG in die Wasserphase durch die
Verwendung von hochmolekularem PEG sowie die Wahl einer Membran mit geeigneter
Porosität verhindert. Durch die Verwendung von Feststoffsäuren, die von der Membran
zurückgehalten werden, gelingt die Trennung in einen Reaktionsraum (PEG/FeststoffsäurePhase) und eine PEG-freie, wäßrige Edukt/Produkt-Phase, aus der die Produktaufarbeitung
erfolgen kann (s. Abb. 3.2 und 4.15).
Vor der Realisierung des Zweiphasen-Membransystems wurden verschiedene feststoffsaure
Katalysatoren auf ihre Eignung für die Fructosedehydratisierung in PEG 600 sowie der
100
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
Einfluß der Molekülmasse verschiedener Polyethylenglycole und des Wassergehalts auf die
Reaktion untersucht.
4.3.1
Screening nach feststoffsauren Katalysatoren für die
Fructosedehydratisierung in PEG 600 als Lösungsmittel
Zunächst wurde für das Screening nach geeigneten Katalysatoren die Fructosedehydratisierung in PEG 600 mit einem Wassergehalt von 5 % analog zu den in Kap. 3.1.2.1 und 3.1.2.2
beschriebenen Vorgaben durchgeführt.
100
Aktivität
HMF-Ausbeute
0,8
0,6
50
0,4
HMF-Ausbeute [%]
Aktivität [mmol Fructose/h*gKat]
1
0,2
0
H-Mordenit
Abb. 4.12
H-Y
H-ß
H-ZSM 5 Lewatit
SPC 108
0
Lewatit SPC 108
in Wasser
Fructosedehydratisierung zu HMF in PEG 600 mit verschiedenen sauren Zeolithen und
Lewatit SPC 108 als Feststoffsäuren sowie mit Lewatit SPC 108 in Wasser bei T = 80 °C,
Vergleich der Aktivitäten und der HMF-Ausbeuten, Katalysatoreinwaage 2 g/20 g
(Lewatit: 0,7 g/20 g)
Die gemessenen Aktivitäten aller Feststoffsäuren sind deutlich höher als in Wasser, worin mit
Zeolithen kein Umsatz festgestellt werden konnte; ebenfalls deutlich höher sind die Ausbeuten. Die besten Werte mit einer HMF-Ausbeute von 71 % und einer Fructoseabbauaktivität von 0,821 mmol Fructose/h·gKat werden wiederum mit Lewatit SPC 108 erzielt. Dieser
Katalysator wurde für alle weiteren Untersuchungen verwendet.
101
Kapitel 4
4.3.2
Dehydratisierung von Fructose in Polyethylenglycolen unterschiedlicher Molekülmasse mit Lewatit SPC 108 als Katalysatorsäure
Im Anschluß an das Katalysatorscreening sollten Polyethylenglycole unterschiedlicher Molekülmasse auf ihre Eignung als Lösungsmittel für die HMF-Herstellung aus Fructose mit
Lewatit SPC 108 als aktivstem der untersuchten feststoffsauren Katalysatoren untersucht
werden. Da die Löslichkeit von Fructose in reinem PEG mit steigender Molekülmasse sinkt
wurden die Versuche in PEG/Wassergemischen mit einem Wassergehalt von 5 % durchgeführt. Aufgrund der hohen Viskosität von PEG, insbesondere bei hohen Molekulargewichten, wurde zur Durchmischung der Reaktionssuspensionen ein KPG-Rührer verwendet (s.
Kap. 3.1.2.1 und 3.1.2.2). Polyethylenglycole mit Molmassen bis 35.000 stellen geeignete
Lösungsmittel für die Herstellung von HMF aus Fructose mit Lewatit SPC 108 als
feststoffsaurem Katalysator dar, ungeeignet sind aufgrund ihrer hohen Schmelztemperatur
von über 100 °C hingegen die PEG’s mit Molmassen von 100.000 und 200.000 (sog. Polyethylenoxide). Eingesetzt wurden PEG’s der Molmassen 400, 600, 1.000, 6.000, 10.000 und
35.000.
100
Aktivität
HMF-Ausbeute
80
0.8
60
0.6
0.4
40
0.2
20
0
HMF-Ausbeute [%]
Aktivität [mmol Fructose/h*gKat]
1
0
400
600
1.000
6.000
10.000
35.000
Molmasse der PEG's
Abb. 4.13
102
Fructosedehydratisierung zu HMF in verschiedenen PEG‘s mit Lewatit SPC 108 als Feststoffsäure bei T = 80 °C, Vergleich der Aktivitäten und der HMF-Ausbeuten, Wassergehalt: 5 %, Lewatitkonzentration: 0,7 g/20 g
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
Die Ergebnisse hinsichtlich der Aktivitäten und Selektivitäten in Polyethylenglycolen der
Molmasse 400 bis 35.000 unterscheiden sich nicht signifikant voneinander. Es wurden Fructoseabbauaktivitäten zwischen 0,76 und 0,99 mmol Fructose/h·gKat und HMF-Ausbeuten
zwischen 64,2 und 71,1 % beobachtet, wobei die ermittelten Werte keinen Gang aufweisen.
PEG 35.000, das PEG mit der höchsten Molekülmasse, das unter den gewählten Reaktionsbedingungen von 80 °C noch flüssig ist, wurde für die Durchführung der Reaktion im ZweiPhasen-System ausgewählt, da mit steigender Molmasse eine verbesserte Rückhaltung durch
eine Membran einer definierten Porenweite erwartet werden kann. Gleichzeitig wird die
Verwendung von Membranen mit relativ großer Porosität möglich (Faktor 10, entsprechend
bei PEG 35.000 einem MWCO von 3.500, s. Kap. 2.3.1.1), so daß die Diffusion der Eduktund Produktmoleküle wenig gehindert wird.
4.3.3
Dehydratisierung von Fructose in PEG 35.000 mit unterschiedlichen
Wasseranteilen
Im Zweiphasen-Membran-System ist ein Übergang von Wasser in die PEG-Phase nicht zu
vermeiden. Aufgrund der geringen Löslichkeit von Fructose in reinem PEG sollte ein geringer
Wasseranteil in der PEG-Phase zu erhöhten Aktivitäten und damit auch zu verbesserten
Selektivitäten führen. Bei hohen Wassergehalten tritt hingegen der besprochene negative
Einfluß von Wasser auf Aktivität und Selektivität immer mehr in Erscheinung.
Um den Einfluß von Wasser auf die Fructosedehydratisierung in PEG 35.000 zu untersuchen,
wurde der Wassergehalt im Bereich von 5 bis 40 % variiert.
103
Kapitel 4
100
Aktivität
HMF-Ausbeute
0.8
80
60
0.6
0.4
40
0.2
20
0
HMF-Ausbeute [%]
Aktivität [mmol Fructose/h*gKat]
1
0
5%
10 %
20 %
30 %
40 %
Wassergehalt
Abb. 4.14
Fructosedehydratisierung zu HMF in PEG 35.000 mit unterschiedlichen Wassergehalten
mit Lewatit SPC 108 als Feststoffsäure bei T = 80 °C, Lewatitkonzentration 0,7 g/20 g,
Vergleich der Aktivitäten und der HMF-Ausbeuten
Im Bereich von 5 bis 20 % Wassergehalt wird bei einer Abnahme der Aktivität von 0,99 auf
0,25 mmol Fructose/h·gKat eine hohe HMF-Ausbeute von 64,2 % bis 67,9 % beobachtet. Mit
weiter steigendem Wassergehalt sinken dann Aktivität und HMF-Ausbeute weiter ab (0,17
mmol Fructose/h·gKat Aktivität und 35 % HMF-Ausbeute bei einem Wassergehalt von
40 %). Im Hinblick auf den Membranprozeß sollte anhand dieser Ergebnisse ein Wassergehalt
im PEG 35.000 von 20 % nicht überschritten werden.
4.3.4
Entwicklung eines offenen Polyethylenglycol/Wasser-Membransystems für die Dehydratisierung von Fructose zu HMF
Die Versuche zur Herstellung von HMF im PEG/Wasser-Zweiphasensystem wurden in der in
Abb. 3.2 dargestellten Apparatur analog zu den in Kap. 3.1.3 gemachten Angaben durchgeführt.
Sämtliche Versuche, ein geschlossenes System zu verwirklichen, scheiterten an dem sich
aufbauenden osmotischen Druck, der auf die Membran und dem Membranhalter einwirkte
und diese bereits vor Beginn der eigentlichen Reaktion, d. h. bevor überhaupt Fructose in die
PEG-Phase übergehen konnte, zerstörte. Verwirklicht wurde aus diesem Grund ein offenes
104
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
System, in dem eine kontinuierliche Wasserverdunstung aus der PEG-Phase ermöglicht
wurde, wobei das verdunstete Wasser in bestimmten Zeitabständen in die Wasserphase
nachgeliefert wurde. In Abb. 4.15 sind die Prozesse im Membransystem schematisch
graphisch dargestellt. Mit diesem Aufbau kann ein Wassergehalt von 10-20 % in der PEGPhase aufrecht erhalten werden.
Membran
Wasser
PEG 35.000/Wasser
Fructose
Fructose
SO3H
HMF
Abb. 4.15
HMF
Schematische Darstellung der Prozesse im offenen Zweiphasen-Membranreaktor
Als Membran wurde eine Diffusionsmembran aus reg. Cellulose mit einem Molgewichts-cutoff von 3.500 verwendet (s. Kap. 2.3.1.1). Eine Probe der Wasserphase auf ihren PEG-Gehalt
verlief auch nach einer Reaktionslaufzeit von einer Woche negativ, d. h. die Membran ist zur
vollständigen Rückhaltung von PEG geeignet.
In dem offenen System soll sich ein Gleichgewicht der Wasserübertragungsprozesse zwischen
den Phasen, d. h. der Wasserverdunstung aus der PEG-Phase in die Gasphase und dem
Wasserübertritt über die Membran aus der reinen Wasserphase in die PEG/Wasser-Phase
ausbilden. Die Geschwindigkeit des Wasserübertritts aus der Wasserphase in die
PEG/Wasser-Phase kann lediglich durch Variation der Membranfläche verändert werden. Um
zu verhindern, daß die Geschwindigkeit des Übertritts in die PEG/Wasser-Phase größer ist,
als die Verdunstungsrate und sich somit Wasser in der PEG/Wasser-Phase anreichern würde,
muß darum die Verdunstungsrate reguliert werden. Durch Überblasen der PEG/Wasser-Phase
mit Heißluft (70-80 °C) gelingt es, die Wasserverdunstung derartig zu beschleunigen, daß sich
ein Gleichgewicht einstellen kann, und damit der Wassergehalt in der PEG-Phase in gewissen
Grenzen konstant bleibt.
Der Wassergehalt der PEG 35.000-Phase wurde durch Trocknen im Trockenschrank
bestimmt. Dazu wurde eine Probe der PEG-Phase entnommen, gewogen und bis zur Massenkonstanz getrocknet. Die so bestimmten Wassergehalte der PEG-Phase lagen in allen Fällen
zwischen 10 und 20 %.
105
Kapitel 4
50
Fructose (Wasserphase)
Fructose (PEG-Phase)
HMF (Wasserphase)
HMF (PEG-Phase)
Ausbeute in der Wasserphase
Gesamtausbeute
60
50
40
40
HMF-Ausbeute [%]
Konzentration [mmol/L Wasser], [mmol/kg PEG/Wasser]
In Abb. 4.16 ist der Konzentrations/Zeit-Verlauf der Fructosedehydratisierung im Membransystem dargestellt.
30
30
20
20
10
10
0
0
Abb. 4.16
1000
2000
3000
4000
5000
0
6000
Zeit [min]
Konz./Zeit-Verlauf der Dehydratisierung von Fructose im Zwei-Phasen-System PEG
35.000/Wasser, Verlauf in den einzelne Phasen, Ausbeuten bezogen auf Wasserphase und
Gesamtausbeute, 50 mL Wasser, 5 g PEG 35.000, 0,177 g Lewatit SPC 108
Es konnte gezeigt werden, daß das Prinzip funktioniert: Die Herstellung von HMF aus
Fructose ist mit dem gewählten Aufbau möglich. Trotz der ungünstigen Versuchsbedingungen (geringe Austauschfläche von 12,5 cm2, diffusiver Stofftransport) konnte mit diesem
Aufbau bereits eine höhere HMF-Ausbeute als in rein wäßriger Phase erreicht werden.
In Abb. 4.17 sind die Fructoseabbauaktivitäten und die HMF-Ausbeuten der Fructosedehydratisierung in Wasser, PEG 35.000 und im Zweiphasen-Membranreaktor vergleichend
gegenübergestellt.
106
Sauerkatalysierte Dehydratisierung von Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural
100
80
0.8
Aktivität
HMF-Ausbeute
60
0.6
0.4
40
0.2
20
0
0
Wasser
Abb. 4.17
HMF-Ausbeute [%]
Aktivität [mmol Fructose/h*gKat]
1
Wasser/PEG 35.000
(Zweiphasen-Membransystem)
PEG 35.000
(10% Wassergehalt)
Vergleich der Aktivitäten und HMF-Ausbeuten der Fructosedehydratisierung in Wasser,
PEG 35.000 und im Zweiphasen-Membranreaktor mit Lewatit SPC 108 als Feststoffsäure
Die Gesamtausbeute (Addition aus PEG- und Wasserphase) an HMF im ZweiphasenMembranreaktor beträgt 14,7 %. Damit wurde die HMF-Ausbeute im Vergleich zu reinem
Wasser (12,5 %) bereits übertroffen. Verglichen mit der Fructosedehydratisierung in
PEG/Wasser (90:10) wurden mit 0,114 mmol/h·gKat etwa 20 % der Fructoseabbauaktivität
und ebenfalls 20 % der HMF-Ausbeute (14,7 %/67,9 %) erreicht.
Angesichts der ungünstigen Bedingungen (Membranaustauschfläche 12,5 cm2) sollte durch
eine beschleunigte Diffusion z. B. durch Verwendung von Hohlfaserdialysatoren eine Verbesserung der Aktivität und der HMF-Ausbeute möglich sein. Problematisch bei der Erhöhung
der Austauschfläche ist, daß mehr Wasser pro Zeiteinheit in die PEG-Phase diffundiert, die
Verdunstungsgeschwindigkeit von Wasser aus der PEG-Phase muß also im gleichen Maße
erhöht werden, was z. B. durch eine vergrößerte PEG-Oberfläche gewährleistet werden kann.
Ein Hohlfasersystem könnte beispielsweise durch Eintauchen von Hohlfaserkapillarbündeln,
die von der wäßrigen Edukt/Produktphase durchflossen werden, in ein nach oben offenes,
PEG und den feststoffsauren Katalysator enthaltendes Gefäß verwirklicht werden. Umgekehrt
kommt eine Befüllung der Kapillarbündel mit einer PEG/Katalysator-Mischung aufgrund der
Viskosität des PEG 35.000 nicht in Frage. Darüber hinaus steigt bei dieser Anordnung die
Gefahr, daß die Hohlfasern aufgrund des osmotischen Druckes platzen würden.
107
Kapitel 5
5
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
5.1
Einführung
Die edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural stellt eine gut untersuchte
Reaktion dar [40-43, 137, 139]. In wäßriger Phase wird HMF mit Katalysatoren auf Basis von
Platin und Sauerstoff als Oxidationsmittel hochselektiv zu 2,5-Furandicarbonsäure (FDCA) in
annähernd 100-prozentiger Ausbeute oxidiert. Andere untersuchte Edelmetalle, Pd, Ir, Rh und
Ru führen nur zu Teiloxidationen, die auf der Zwischenstufe 2,5-Furandialdehyd (FDA) und
5-Formyl-2-Furancarbonsäure (FFCA) stehenbleiben.
Die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen zur Oxidation von HMF standen unter
dem Aspekt einer möglichen In-situ-Oxidation von HMF und lassen sich in zwei Abschnitte
gliedern:
·
Oxidation von HMF in wäßriger Phase – im Hinblick auf die durchzuführende In-situOxidation sind v. a. der Einfluß des pH-Werts (insbesondere die Durchführung der
Reaktion im sauren Milieu, welches bei der sauerkatalysierten Dehydratisierung von
Fructose zu HMF vorherrscht), der Temperatur und der Gegenwart von Fructose als
mögliches oxidierbares Substrat (Stichwort: Substratselektivität) von Interesse.
·
Oxidation von HMF in organischen Lösungsmitteln – für die In-situ-Oxidation im Zweiphasensystem Wasser/organisches Lösungsmittel wurde ein Screening auf geeignete
Lösungsmittel und Edelmetallkatalysatoren durchgeführt. Die Ergebnisse der In-situOxidationsversuche sind in Kap. 6 beschrieben.
108
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
5.2
Oxidation von HMF in wäßriger Phase
Ein wesentlicher Anspruch an das Oxidationssystem im Hinblick auf eine durchgeführte Insitu-Oxidation ist die Substratselektivität des Katalysators, da Fructose als Substrat prinzipiell
auch mit Edelmetallen oxidierbar ist [163]: HMF muß bei gleichzeitigem Vorliegen von
Fructose mit hoher Aktivität oxidiert werden, während Fructose nach Möglichkeit gar nicht
oxidiert werden sollte. Darüber hinaus darf die Anwesenheit von Fructose die Produktbildungsselektivität der HMF-Oxidation nicht beeinflussen. Aus diesem Grund wurde
zunächst ein Screening nach Katalysatoren für die Oxidation von HMF/Fructose-Gemischen
als Testreaktion durchgeführt (Kap. 5.2.1). Der beste Katalysator aus dem Screening wurde
anschließend hinsichtlich der Reaktionsparameter pH-Wert und Temperatur sowie der
konkurrierenden Oxidation von HMF und Fructose optimiert (Kap. 5.2.2).
Außerdem wurde ein weiteres Katalysator-Screening für die gleichzeitige Oxidation von
HMF und Fructose unter sauren, sauerstofflimitierten Bedingungen durchgeführt (Kap. 5.2.3).
Mit dem besten Katalysator aus diesem Screening und Lewatit SPC 108 als feststoffsaurem
Katalysator wurde schließlich ein Versuch zur In-situ-Oxidation in reiner wäßriger Phase
durchgeführt (Kap. 5.2.4).
5.2.1
Screening nach Katalysatoren für die gleichzeitige Oxidation von
HMF und Fructose
Für das Katalysatorscreening auf geeignete Katalysatoren für die gleichzeitige HMF/FructoseOxidation wurden aufgrund der guten Erfahrungen bei der HMF-Oxidation ausschließlich
Platin-Katalysatoren eingesetzt. Untersucht wurde die Oxidation eines HMF/FructoseGemisches (Anfangskonzentration je 10 g/L) bei pH 7 und T = 80 °C. Eingesetzt wurden PtKatalysatoren auf unterschiedlichen Trägermaterialien und ein PtBi/C-Katalysator (Versuchsvorschrift s. Kap. 3.2.2, Katalysatoreinwaage: 1 g auf 200 mL). Zielgrößen waren die
Substratselektivität (= Verhältnis HMF/Fructoseabbauaktivität) und die Produktbildungsselektivität (= Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten FDA + FFCA + FDCA). In Abb. 5.1
sind die Ergebnisse des Screenings graphisch dargestellt. Aufgeführt sind die Anfangsabbauaktivitäten von HMF und Fructose, das daraus resultierende Verhältnis als Maß für die
Substratselektivität und die Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten nach vollständigem
HMF-Umsatz (gemessen nach 20 h).
109
Kapitel 5
80
8
HMF-Abbauaktivität
Fructoseabbauaktivität
Verhältnis HMF/Fructoseabbauaktivität
Ausbeute FDA + FFCA + FDCA
7
6
5
60
4
40
3
2
20
Aktivität [mmol/h*gKat]
Verhältnis HMF/Fructoseabbauaktivität [-]
Selektivität [%]
100
1
0
0
Pt/Al2O3
Abb. 5.1
Pt/TiO2
Pt/SiO2
Pt/C
PtBi/C
Oxidation eines Gemisches von HMF und Fructose (Startkonzentration je 10 g/L) mit PtKatalysatoren auf unterschiedlichen Trägermaterialien und einem PtBi/C-Katalysator mit
Luftsauerstoff als Oxidationsmittel bei pH 7 und T = 80 °C; HMF- und Fructoseabbauaktivitäten, Verhältnis der Aktivitäten und HMF-Produktausbeuten, Katalysatoreinwaage:
1 g/200 mL
Alle Katalysatoren zeigen eine höhere HMF-Abbauaktivität im Vergleich zur Fructoseabbauaktivität. Die beste Substratselektivität wird mit Pt/C erreicht, das Verhältnis der HMFzur Fructoseabbauaktivität beträgt mit diesem Katalysator 7,85. Alle anderen Katalysatoren
sind mit Werten von 1,31 (Pt/TiO2) bis 2,89 (PtBi/C) deutlich weniger substratselektiv.
Unter den gewählten Reaktionsbedingungen (Temperatur 80 °C, pH 7) haben lediglich die
aktivkohlegeträgerten Katalysatoren befriedigende bis gute Produktbildungsselektivitäten. Mit
82,9 % wird die höchste Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten mit dem bimetallischen
PtBi/C-Katalysator erreicht. Die Ausbeute mit Pt/C beträgt 60,7 %, alle anderen untersuchten
Katalysatoren führen zu Ausbeuten zwischen 30 und 40 %.
Beim Vergleich der Katalysatoren zeigt sich darüber hinaus, daß eine hohe HMF-Oxidationsproduktausbeute mit einer hohen HMF-Abbauaktivität einhergeht. Die höchste Produktausbeute wird mit dem PtBi/C-Katalysator erreicht, der gleichzeitig die höchste Abbauaktivität für HMF aufweist (7,8 mmol/h·gKat). Die Abbauaktivität bei Verwendung von Pt/C
beträgt 5,4 mmol/h·gKat, mit den anderen, nicht-aktivkohlegeträgerten Katalysatoren werden
Werte von 1,4 bis 2 mmol/h·gKat erreicht.
110
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
Für die weiteren Untersuchungen wurde aufgrund dieser Ergebnisse der PtBi/C-Katalysator
verwendet. Der Vorteil des Pt/C-Katalysators, der die höchste Substratselektivität aller
untersuchten Katalysatoren bei pH 7 und T = 80 °C aufweist, wird durch die deutlich
schlechtere Produktbildungsselektivität mehr als aufgewogen.
5.2.2
Untersuchungen der Oxidation von HMF mit PtBi/C
Zunächst wurde die HMF-Oxidation mit PtBi/C in Abwesenheit von Fructose unter denselben
Bedingungen wie beim Katalysatorscreening für die HMF/Fructoseoxidation im vorangegangenen Kapitel untersucht (pH 7, T = 80 °C, Oxidationsmittel Luftsauerstoff, Katalysatoreinwaage 0,5 g/200 mL). Der Konzentrations/Zeit-Verlauf der HMF-Oxidation ist in Abb. 5.2
dargestellt.
80
Konz. [mmol/L]
60
HMF
FDA
FFCA
FDCA
40
20
0
0
Abb. 5.2
500
Zeit [min]
1000
1500
Konz./Zeit-Diagramm der HMF-Oxidation (10 g/L) mit PtBi/C bei pH 7 und 80 °C mit
Luftsauerstoff als Oxidationsmittel, Katalysatoreinwaage: 0,5 g/200 mL
Man erkennt, daß die Oxidation von HMF mit hoher Aktivität abläuft, dabei ensteht 2,5Furandicarbonsäure (FDCA) als Endprodukt in einer Ausbeute von über 95 %. Hier ist bereits
ein ausbeute- und aktivitätsvermindernder Effekt durch die Gegenwart von Fructose zu beobachten. In Gegenwart von Fructose ist nach 20 h bei weitem kein vollständiger Umsatz zu
FDCA erfolgt, außerdem beträgt die Endausbeute an HMF-Oxidationsprodukten lediglich
111
Kapitel 5
82,9 % (s. Kap. 5.2.1). Der Reaktionsverlauf über die Zwischenprodukte 2,5-Furandialdehyd
(FDA) und 5-Formylfuran-2-Furancarbonsäure (FFCA) ist gut nachzuvollziehen. Eine
Bildung des möglichen Intermediärproduktes 5-Hydroxymethyl-2-Furancarbonsäure (HFCA)
wird im Gegensatz zu Angaben aus der Literatur [42] nicht beobachtet.
Erstaunlich ist, daß der PtBi/C-Katalysator keine vorherige Aktivierung benötigt. Katalysatorchargen, die vor dem Einsatz nicht durch Wasserstoffbegasung aktiviert wurden, zeigten
auch nach Monaten der Lagerung im wassernassen Zustand unter Luftatmosphäre die gleiche
Aktivität wie aktivierte Katalysatoren. Dieser Katalysator ist demnach sehr unempfindlich
gegenüber Oxidation.
5.2.2.1 Abhängigkeit vom pH-Wert
20
100
16
80
HMF-Abbauaktivität
Ausbeute FDA + FFCA + FDCA
FDCA-Ausbeute
12
60
8
40
4
20
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Ausbeute [%]
HMF-Abbauaktivität [mmol/h*gKat]
Um festzustellen, bis zu welchen pH-Werten hinab die Oxidation mit PtBi/C durchgeführt
werden kann, wurde zunächst eine Testreihe bei pH-Werten von 0 bis 8 durchgeführt
(T = 80 °C, Katalysatoreinwaage 0,5 g/200 mL). Die Ergebnisse sind in Abb. 5.3 graphisch
dargestellt.
0
pH-Wert
Abb. 5.3
112
HMF-Oxidation mit PtBi/C, pH-Abhängigkeit der HMF-Abbauaktivität und der
Ausbeuten an HMF-Oxidationsprodukten (FDA + FFCA + FDCA) sowie an FDCA bei
80 °C, Katalysatoreinwaage 0,5 g/200 mL, Startkonzentration 10 g/L
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
Die HMF-Abbauaktivität sinkt mit fallendem pH-Wert. Allerdings wird HMF unter den
Bedingungen der HMF-Herstellung mit Feststoffsäuren, d. h. bei einem Milieu-pH-Wert von
ca. 2-3, immer noch innerhalb von 24 h vollständig oxidiert. Bei pH 0,5 und 1 fällt die gebildete Produktsäure als Gemisch aus FFCA und FDCA aus, hier konnten die Produktausbeuten
nicht exakt bestimmt werden. Auch war der HMF-Umsatz im extrem sauren Milieu nach 24 h
noch nicht vollständig.
Die sinkende FDCA-Ausbeute nach 24 h mit fallendem pH-Wert dokumentiert, daß im sauren
Milieu die vollständige Oxidation zum Endprodukt FDCA durch Produktadsorption gehemmt
ist. Als inhibierend wirkendes Produkt ist v. a. FFCA zu nennen, das im Reaktionsverlauf
stark akkumuliert.
Von pH 2 bis 8 ist die Ausbeute der HMF-Oxidationsprodukte (FDA + FFCA + FDCA)
gemessen nach 24 h mit Werten von über 95 % sehr hoch. Dies deutet darauf hin, daß der
größte Teil des HMF den gewünschen Oxidationsweg einschlägt und nur ein geringer Teil zu
Huminen polymerisiert. Angesichts der Tatsache, daß bei pH-Werten unter 2 keinerlei
Färbung der Reaktionssuspension auftrat, kann auch für pH-Werte kleiner als 2 angenommen
werden, daß keine Humine gebildet werden. Im Ergebnis kann damit festgestellt werden, daß
die Bildung von Huminen als Nebenreaktion der HMF-Oxidation über den gesamten untersuchten pH-Bereich von 0 bis 8 keine Rolle spielt.
Bei pH 0 konnte keine Aktivität mehr festgestellt werden, was möglicherweise auf Ablösung
von Bismut oder sogar von Platin vom Katalysator zurückgeführt werden kann.
Bei pH 7 ist ein örtliches Minimum in der HMF-Abbauaktivität zu beobachten. Demnach
scheint die Adsorption von HMF an die Katalysatoroberfläche im neutralen Milieu gegenüber
der Adsorption im schwach sauren oder basischen Milieu leicht erschwert zu sein.
Beim Vergleich der für den Unterschied homogene/heterogene Säure relevanten pH-Werte
0,5 und 2 (siehe Abb. 4.4) zeigt sich ein deutlicher Aktivitätsunterschied. Im Hinblick auf
eine In-situ-Oxidation bedeutet das, daß diese vorteilhaft mit einer Feststoffsäure durchgeführt werden sollte, um ein möglichst mildes Milieu für die Oxidation sicherzustellen.
5.2.2.2 Untersuchung der Temperaturabhängigkeit im sauren Milieu
In einer zweiten Versuchsreihe zur Untersuchung der HMF-Oxidation wurde die Temperatur
unter den sauren Bedingungen der HMF-Bildung variiert. Die Versuche bei 60 und 80 °C
wurden bei pH 4 unter Normaldruck und unter Luftbegasung, die Versuche bei 100 und
120 °C wurden im Stahlautoklaven ohne Kontrolle des pH-Wertes und ohne Luftbegasung bei
erhöhtem Druck durchgeführt (Versuchsbedingungen s. Kap. 3.2.2.1 und 3.2.2.2, Katalysatoreinwaagen 0,5 g/200 mL). Die Ergebnisse sind in Abb. 5.4 aufgetragen.
113
Kapitel 5
100
HMF-Abbauaktivität
Ausbeute FDA + FFCA + FDCA
FDCA-Ausbeute
16
80
12
60
8
40
4
20
0
0
o
60 C/pH 4
Abb. 5.4
Ausbeute [%]
HMF-Abbauaktivität [mmol/h*gKat]
20
o
80 C/pH 4
o
100 C/keine
pH-stat-Kontrolle,
End-pH 2,5
o
120 C/keine
pH-stat-Kontrolle,
End-pH 2,4
HMF-Oxidation mit PtBi/C, Temperaturabhängigkeit der HMF-Abbauaktivität und der
Ausbeuten an HMF-Oxidationsprodukten (FDA + FFCA + FDCA) sowie an FDCA bei
pH 4 (60 und 80 °C) und ohne pH-stat-Kontrolle (100 und 120 °C), Katalysatoreinwaagen 0,5 g/200 mL, Startkonzentration 10 g/L
In den Aktivitäten ist kein Gang zu erkennen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Versuche bei unterschiedlichen Drücken durchgeführt wurden, was zu Unterschieden in den
Sauerstoffpartialdrücken führt. Bei 60 °C und 80 °C wurde bei Normaldruck, bei 100 °C und
120 °C bei 3 bzw. 4 bar Druck gearbeitet. Da nicht bestimmt wurde, wieviel Sauerstoff gelöst
vorlag, lassen sich die Versuchsergebnisse hinsichtlich der Aktivitäten nicht direkt vergleichen.
Als wesentliches Ergebnis dieser Versuchsreihe bleibt die Abhängigkeit der Produktausbeute
von der Temperatur festzuhalten: Bei Temperaturen über 100 °C finden bereits verstärkt
Zersetzungsprozesse der Oxidationsprodukte statt, die nicht auf Huminbildung zurückgeführt
werden können, da die Reaktionssuspension nicht gefärbt ist, sondern wohl auf die Totaloxidation von HMF und den HMF-Oxidationsprodukten zurückgeführt werden muß. Die
Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten FDA + FFCA + FDCA als Maß für den gewünschten
HMF-Oxidationsverlauf beträgt bei 80 °C und pH 4 noch 96,3 %, bei 100 °C lediglich
62,4 %. Für die In-situ-Oxidation empfiehlt sich anhand dieser Ergebnisse eine Temperatur
von 80 °C.
114
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
5.2.2.3 Oxidation von HMF in Gegenwart von Fructose
100
Konzentration [mmol/l]
80
Fructose
HMF
FDA
FFCA
FDCA
Bildungsselektivität
60
80
60
40
40
20
0
20
0
Abb. 5.5
300
600
900
Zeit [min]
1200
0
1500
Bildungsselektivität (FDA + FFCA + FDCA) [%]
In diesem Kapitel wurde die gleichzeitige Oxidation von HMF und Fructose mit PtBi/C
erneut untersucht. Durch Variation der Parameter pH-Wert und Temperatur sollte geklärt
werden, ob eine Steigerung der Substratselektivität, d. h. des Verhältnisses der
HMF/Fructoseabbauaktivitäten von 2,89 für den PtBi/C-Katalysator möglich ist. Abb. 5.5
zeigt einen typischen Konz./Zeit-Verlauf der gleichzeitigen Oxidation von HMF und Fructose
bei einem pH-Wert von 9 und 80 °C (Fructose- und HMF-Anfangskonzentration je 10 g/L).
Konz./Zeit-Verlauf der Oxidation eines Gemisches von HMF und Fructose bei pH 9 und
80 °C mit PtBi/C, Katalysatoreinwaage 1 g/200 mL, Startkonzentration je 10 g/L
Man erkennt, daß unter diesen Bedingungen HMF und Fructose mit annähernd gleicher
Aktivität abgebaut werden, vor allem aber wirkt sich die Gegenwart von Fructose negativ auf
die HMF-Oxidation aus: die Produktbildungsselektivität (FDA+FFCA+FDCA) beträgt
weniger als 50 %. Gleichzeitig steigt die Bildung von polymeren Nebenprodukten, die insbesondere an der intensiven Braunfärbung des Reaktionsgemisches zu erkennen ist. Aus Abb.
5.5 wird zusätzlich ersichtlich, daß die Huminbildung ausschließlich im Verlauf der HMFund Fructose-Oxidation stattfindet, da nachdem nach etwa 5-6 Stunden HMF und Fructose
abreagiert sind keine weitere Abnahme der Produktausbeute mehr zu beobachten ist. Dies gibt
115
Kapitel 5
einen deutlichen Hinweis auf die Beeinflussung der HMF-Oxidation durch die Anwesenheit
von Fructose.
Um die gleichzeitige Oxidation von HMF und Fructose zu optimieren, wurden mit dem
PtBi/C-Katalysator zwei Testreihen bei unterschiedlichen pH-Werten und Temperaturen
durchgeführt (Katalysatoreinwaage 1 g/200 mL). Zielgrößen der Untersuchungen waren:
·
das Verhältnis der Abbaugeschwindigkeiten von HMF und Fructose zu Beginn der Reaktion (als Maß für die Substratselektivität)
·
die Produktbildungsselektivität der HMF-Oxidation nach vollständigem HMF-Umsatz (=
HMF-Oxidationsproduktausbeute)
Die Ausbeute an FDCA ist aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mehr in den Abbildungen
mit aufgeführt. Da alle HMF-Oxidationsprodukte stabil im Vergleich zu HMF sind, ist für das
Konzept der In-situ-Oxidation wesentlich, daß das HMF-Molekül überhaupt oxidiert wurde.
Bereits mit der Umwandlung zu FDA kann das Molekül als derivatisiert und damit als stabilisiert bezeichnet werden.
5.2.2.3.1 Untersuchung der Abhängigkeit der gleichzeitigen Oxidation von Fructose
und HMF in wäßriger Phase von der Temperatur
Die Konkurrenzoxidation von HMF und Fructose wurde zunächst mit dem PtBi/C-Katalysator hinsichtlich der Temperaturabhängigkeit untersucht. Für diese Testreihe wurde ein pHWert von 7 konstantgehalten.
116
100 18
15
*
*
9
6
Fructoseabbauaktivität
HMF-Abbauaktivität
Verhältnis HMF/Fructoseabbau
Ausbeute FDA + FFCA + FDCA
3
0
30
40
50
60
70
80
90
0
12
6
Abbauaktivität [mmol/h*gKat]
12
Ausbeute FDA + FFCA + FDCA [%]
Verhältnis HMF/Fructoseabbaugeschwindigkeit [-]
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
0
Temperatur [oC]
Abb. 5.6
Fructose- und HMF-Abbauaktivität, Verhältnis der Abbaugeschwindigkeiten und
(FDA+FFCA+FDCA)-Ausbeute der Konkurrenzoxidation von Fructose und HMF mit
PtBi/C. Temperaturabhängigkeit bei pH 7; Katalysatoreinwaage 1 g/200 mL, Startkonzentration je 10 g/L
*bei 30 und 40 °C wurde nicht die Ausbeute sondern aufgrund der unvollständigen
Umsätze die Bildungsselektivitäten (FDA+FFCA+FDCA) angegeben (HMF-Umsatz bei
30 °C: 82,3 %, bei 40 °C: 97,8 %)
Das Ergebnis der Versuche zur Ermittlung der Temperaturabhängigkeit der gleichzeitigen
Oxidation von Fructose und HMF ist in Abb. 5.6 dargestellt. Die HMF-Abbauaktivität ist bei
allen Temperaturen höher als die Abbauaktivität von Fructose, die Kurvenverläufe der
Abbauaktivitäten von Fructose und HMF zeigen Maxima bei unterschiedlichen Temperaturen
(Fructose 70 °C, HMF 60 °C). Ausgehend von einer Temperatur von 30 °C steigt mit steigender Temperatur die Abbauaktivität für beide Substrate zunächst wie erwartet an, bei hohen
Temperaturen sinkt sie dann wieder ab, was durch die abnehmende Löslichkeit des Oxidationsmittels Luftsauerstoff im Wasser in Siedepunktnähe erklärt werden kann.
Die aus dem Verhältnis der HMF- und Fructoseoxidationsgeschwindigkeiten resultierende
Substratselektivität, zeigt mit 14,3 ein ausgeprägtes Optimum bei einer Temperatur von
40 °C, d. h., daß bei dieser Temperatur die HMF-Oxidationsgeschwindigkeit um den Faktor
14,3 höher als die Fructoseoxidationsgeschwindigkeit ist.
Zusätzlich aufgeführt in Abb. 5.6 ist die Ausbeute der Zielprodukte FDA+FFCA+FDCA nach
vollständigem HMF-Umsatz (gemessen nach 24 h), bzw. bei 30 °C (HMF-Umsatz nach 24 h
117
Kapitel 5
82,3 %) und 40 °C (HMF-Umsatz nach 24 h 97,8 %) die Produktbildungsselektivitäten. Bei
einer Temperatur von 90 °C beginnen einsetzende thermische Nebenreaktionen die Gesamtoxidationsproduktausbeute zu vermindern, was auch an der weiteren Abnahme der Produktausbeute nach beendetem Fructoseabbau zu erkennen war. Dieses Ergebnis steht im Einklang
mit der Untersuchung der Temperaturabhängigkeit der HMF-Oxidation im sauren Milieu, in
der ein negativer Temperatureinfluß bei Temperaturen über 80 °C festgestellt werden konnte
(siehe Kap. 5.2.2.2). Während bei Temperaturen von 30 bis 80 °C die HMF-Oxidationsproduktausbeute nach 24 h 83 – 93 % beträgt, sinkt sie bei einer Temperatur von 90 °C auf 67 %
ab. Die verminderte Ausbeute an gewünschten Produkten geht einher mit einer starken
bräunlichen Färbung der Reaktionssuspension, was auf die Bildung von Huminsäuren hindeutet.
5.2.2.3.2 Untersuchung der Abhängigkeit der gleichzeitigen Oxidation von Fructose
und HMF in wäßriger Phase vom pH-Wert
Die Testreihe zur Bestimmung der Abhängigkeit vom pH-Wert wurde bei einer konstanten
Temperatur von 80 °C durchgeführt.
118
100 18
*
Verhältnis HMF-/Fructose-Abbau
Ausbeute FDA+FFCA+FDCA
*
5
HMF-Abbauaktivität
12
6
Fructoseabbauaktivität
0
3
4
5
6
7
8
9
0
Abbauaktivität [mmol/h*gKat]
10
Ausbeute FDA + FFCA + FDCA [%]
Verhältnis HMF/Fructoseabbaugeschwindigkeit [-]
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
0
pH-Wert
Abb. 5.7
Fructose- und HMF-Abbauaktivität, Verhältnis der Abbaugeschwindigkeiten und Ausbeute an (FDA+FFCA+FDCA) der Konkurrenzoxidation von Fructose und HMF mit
PtBi/C. pH-Abhängigkeit bei 80 °C; Katalysatoreinwaage 1 g/200 mL. Startkonzentration
je 10 g/L
*bei pH 3 und 4 wurde nicht die Ausbeute sondern aufgrund der unvollständigen Umsätze die Bildungsselektivitäten (FDA+FFCA+FDCA) angegeben (HMF-Umsatz bei
pH 3: 92,9 %, bei pH 4: 98,1 %)
In Abb. 5.7 sind die Ergebnisse der Untersuchungen zur pH-Abhängigkeit der Konkurrenzoxidation von Fructose und HMF zusammengefaßt. Die Kurvenverläufe der Abbauaktivitäten
von Fructose und HMF unterscheiden sich qualitativ sehr stark voneinander. Während die
Geschwindigkeit des Fructoseabbaus ausgehend von pH 3 mit steigendem pH-Wert bis pH 8
kontinuierlich ansteigt und von pH 8 nach pH 9 ein weiterer Sprung in der Fructoseoxidationsaktivität zu erkennen ist, zeigt die Abhängigkeit der HMF-Abbauaktivität vom pH-Wert
einen uneinheitlichen Verlauf. Mit steigendem pH-Wert in den Bereichen pH 3 bis 6 und
pH 7 bis 9 steigt auch die HMF-Abbauaktivität an, bei pH 7 gibt es wie bei den Versuchen
zur HMF-Oxidation in Abwesenheit von Fructose ein lokales Minimum.
Die aus dem Verhältnis der HMF- und Fructoseabbaugeschwindigkeiten resultierende
Substratselektivität zeigt mit 7,9 ein schwach ausgeprägtes Maximum bei pH 5.
Der Einfluß des pH-Werts auf die HMF-Oxidationsproduktausbeute ist wesentlich stärker als
der Temperatureinfluß. Während im sauren bis neutralen Bereich, pH 3 bis pH 7, Produktausbeuten von 80-96 % erreicht werden, sinkt die HMF-Produktausbeute im alkalischen Bereich
119
Kapitel 5
auf 63 % (pH 8) und 41 % (pH 9) ab. Wie bei den Versuchen zur Temperaturabhängigkeit
geht auch hier die verminderte Ausbeute bei hohen pH-Werten mit einer starken Braunfärbung durch Huminbildung einher. Dabei nimmt die Huminbildung nach vollständiger
Abreaktion der Fructose nicht weiter zu, die Abnahme der Zielproduktausbeute ist also allein
auf die Gegenwart von Fructose zurückzuführen.
In Abb. 5.8 sind die Versuchsergebnisse der pH-Abhängigkeit der HMF-Oxidation in
Gegenwart und in Abwesenheit von Fructose nochmals vergleichend gegenübergestellt.
15
100
*
*
80
12
60
9
40
6
HMF-Abbauaktivität in Abwesenheit v. Fructose
HMF-Abbauaktivität in Gegenwart v. Fructose
Ausbeute FDA+FFCA+FDCA in Abwesenheit v. Fructose
Ausbeute FDA+FFCA+FDCA in Gegenwart v. Fructose
3
0
3
4
5
6
7
8
20
Ausbeute FDA+FFCA+FDCA [%]
Abbauaktivität [mmol/h*gKat]
18
0
pH-Wert
Abb. 5.8
Vergleich der HMF-Oxidation mit PtBi/C bei 80 °C in Gegenwart und in Abwesenheit
von Fructose. Variation des pH-Werts; Katalysatoreinwaagen 0,5 g/200 mL in Abwesenheit von Fructose, 1 g/200 mL in Gegenwart von Fructose, Startkonzentrationen von
HMF und Fructose je 10 g/L
*bei pH 3 und 4 der HMF-Oxidation in Gegenwart von Fructose wurde nicht die
Ausbeute sondern aufgrund der unvollständigen Umsätze die Bildungsselektivitäten
(FDA+FFCA+FDCA) angegeben (HMF-Umsatz bei pH 3: 92,9 %, bei pH 4: 98,1 %)
Die Kurvenverläufe der pH-Abhängigkeit der HMF-Abbauaktivität sind sehr ähnlich, wobei
die Oxidationsaktivität in Gegenwart von Fructose als konkurrierendem Substrat immer geringer ist als in Abwesenheit von Fructose. Ausgehend von pH 3 steigt die HMF-Abbauaktivität mit steigendem pH-Wert an, durchläuft in beiden Fällen im neutralen Milieu bei pH 7
ein örtliches Minimum und steigt im alkalischen Bereich weiter an.
120
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
In Abwesenheit von Fructose wird über den gesamten untersuchten pH-Bereich von pH 3 bis
pH 8 eine hohe Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten mit Werten zwischen 95,4 % (pH 7)
und 97,4 % (pH 3) erreicht. Die Ausbeuten an HMF-Oxidationsprodukten sind in Gegenwart
von Fructose im sauren bis neutralen Bereich mit Werten zwischen 80,4 % (pH 6) und 88,8 %
(pH 5) durchweg geringer; bei pH 4 wird ein Optimum bezüglich der Ausbeute (96,2 %,
96,3 % in Abwesenheit von Fructose!) und bezüglich der gemessenen HMF-Abbaugeschwindigkeit (90,6 % der Aktivität in Abwesenheit von Fructose) erreicht. Noch deutlicher wird die
Differenz der Ausbeuten an HMF-Zielprodukten im alkalischen Bereich, bei pH 8 werden in
Gegenwart von Fructose nur noch 62,6 % erreicht.
Über die Art der Ausbeuteverluste an HMF-Oxidationsprodukten, die durch die Anwesenheit
von Fructose verursacht werden, kann nur spekuliert werden. Am wahrscheinlichsten ist, daß
durch Rekombination von Fructose und HMF Huminstoffe gebildet werden. Da ausschließlich bei pH 8 eine Braunfärbung der Reaktionssuspension beobachtet wird, stellt sich die
Frage, ob die gleichzeitige Oxidation von Fructose und HMF im sauren Milieu einen völlig
anderen Verlauf nimmt als im alkalischen Milieu, oder ob bei pH-Werten kleiner als 7 die
geringere Menge an gebildeten Huminstoffen am aktivkohlegeträgerten Katalysator adsorbiert
und deshalb die Suspension farblos erscheint. Die Tatsache, daß bei pH 4 ein Optimum
bezüglich Ausbeute und Aktivität vorliegt, gibt einen Hinweis darauf, daß es wahrscheinlich
zwei verschiedene, gegenläufige Prozesse sind, die die gleichzeitige Fructose/HMF-Oxidation
beeinflussen. In jedem Fall handelt es sich bei den postulierten Prozessen um Rekombinationen unter Beteiligung von Oxidationsprodukten, da HMF/Fructose-Gemische ohne PtBi/CKatalysator über den gesamten untersuchten pH-Bereich von 3 bis 8 kaum zu Huminen
umgesetzt werden.
In einem abschließenden Versuch unter den aus den Versuchsreihen zur pH- und Temperaturabhängigkeit ermittelten optimalen Reaktionsbedingungen, pH 5 und T = 40 °C konnte die
Substratselektivität nochmals leicht auf einen Wert von 15,8 gesteigert werden. (s. Abb. 5.9)
121
Kapitel 5
100
Fructose
HMF
FDA
FFCA
FDCA
Bildungsselektivität
60
80
60
40
40
20
0
20
0
500
1000
0
1500
Bildungsselektivität (FDA+FFCA+FDCA) [%]
Konzentration [mmol/L]
80
Zeit [min]
Abb. 5.9
Gleichzeitige Oxidation von Fructose und HMF mit PtBi/C unter den optimierten Bedingungen Temperatur 40 °C und pH 5, Katalysatoreinwaage 1 g/200 mL
Im Vergleich der optimierten Bedingungen mit den nichtoptimierten (s. Abb. 5.5 und 5.9) läßt
sich bereits eine deutliche Verbesserung der Abbaugeschwindigkeitsverhältnisse (1,08 in
Abb. 5.5 und 15,8 in Abb. 5.9 bei optimierten Bedingungen) erkennen. Die Bildungsselektivität beträgt nach 24 h bei 88 % HMF-Umsatz 88,9 %. Eine Beurteilung dieser Ergebnisse ist
in der Zusammenfassung in Kap. 5.2.5 gegeben.
5.2.3
Screening nach Oxidationskatalysatoren für die gleichzeitige
Oxidation von HMF und Fructose unter sauerstofflimitierten
Bedingungen ohne Regelung des pH-Werts
Aufgrund der Ergebnisse der Optimierungsuntersuchungen mit dem PtBi/C-Katalysator
wurde ein weiteres Katalysatorscreening unter abgeänderten Bedingungen durchgeführt. Die
HMF-Produktbildungsselektivität ist im sauren Milieu deutlich besser als im alkalischen
Milieu, demnach waren die im ersten Screening angesetzten Reaktionsbedingungen nicht
optimal.
Es wurden monometallische Pt- und Pd-Katalysatoren (Metallbeladung je 5 %) mit Al2O3,
SiO2, TiO2 und Aktivkohle als Trägermaterial vom ACA sowie zusätzlich der PtBi/C-Katalysator (Degussa-Hüls AG, Pt- und Bi-Beladung je 5 %) auf ihre Substratselektivität und ihre
122
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
Produktbildungsselektivität (gemessen nach 48 h) hin untersucht. Als Testreaktion wurde
dazu die Oxidation eines Fructose/HMF-Gemisches (je 10 g/L) mit 0,05 g/L zu untersuchendem Katalysator in 10 mL Reaktionslösung bei 80 °C ohne Sauerstoffbegasung durchgeführt.
Bei diesen Versuchsbedingungen ist die Gelöstsauerstoffkonzentration limitiert, so daß sich
die Aktivitäten und Selektivitäten des PtBi/C-Katalysators nicht mit denen der Versuchsreihen aus den vorangegangenen Kapiteln vergleichen lassen. Die Reaktion wurde ohne pHstat-Kontrolle gefahren, wobei durch Bildung von Produktsäuren im Reaktionsverlauf ein
saures Milieu entsteht.
In Abb. 5.10 sind die Abbauaktivitäten von HMF und Fructose sowie das daraus resultierende
Abbauverhältnis, die Bildungsselektivität der Gesamtsumme an HMF-Oxidationsprodukten
sowie der HMF-Umsatz aufgeführt.
Verhältnis HMF/Fructoseabbauaktivität [-]
Selektivität, Umsatz [%]
HMF-Abbauaktivität
Fructoseabbauaktivität
Verhältnis HMF/Fructoseabbauakt.
HMF-Produktbildungsselektivität
HMF-Umsatz
80
0,3
60
0,2
40
0,1
20
0
0
Pt/Al2O3
Abb. 5.10
Aktivität [mmol/h*gKat]
0,4
100
Pt/TiO2
Pt/SiO2
Pt/C
PtBi/C Pd/Al2O
3
Pd/TiO2 Pd/SiO
2
Pd/C
Oxidation eines Gemisches von HMF und Fructose (Startkonzentration je 10 g/L) mit PtKatalysatoren auf unterschiedlichen Trägermaterialien und einem PtBi/C-Katalysator mit
Luftsauerstoff als Oxidationsmittel unter sauerstofflimitierten Bedingungen ohne pH-statKontrolle bei T = 80 °C; HMF- und Fructoseabbauaktivitäten, Verhältnis der Aktivitäten,
HMF-Produktbildungsselektivitäten (FDA+FFCA+FDCA) und HMF-Umsatz bei
t = 48 h, Katalysatoreinwaage: 1 g/200 mL
Es zeigt sich, daß unter den gewählten Bedingungen alle Katalysatoren HMF und Fructose
oxidieren, wobei die Oxidation von HMF in allen Fällen wesentlich schneller geschieht als
die Oxidation von Fructose; im Vergleich zum ersten Screening (s. Kap. 5.2.1) sind die
123
Kapitel 5
gemessenen Substratselektivitäten deutlich höher. Dieses Substratselektivitätsverhalten ist
beim aluminiumoxidgeträgerten Pt-Katalysator (Verhältnis der Abbaugeschwindigkeiten
52,6) und beim SiO2-geträgerten Pt-Katalysator (Verhältnis 58,8) ausgepräger als bei den
übrigen untersuchten Katalysatoren, insbesondere die aktivkohlegeträgerten Pt/C- und
PtBi/C-Katalysatoren zeigen kein ausgesprochen substratselektives Verhalten.
Bei Vergleich des Pt/C- mit dem PtBi/C-Katalysator fällt auf, daß durch die Zulegierung von
Bismut zu einem Pt/C-Katalysator die Fructoseoxidation im Vergleich zur HMF-Oxidation
stärker beschleunigt wird (Faktor 1,9 bei der Fructoseoxidation, Faktor 1,6 im Fall der HMFOxidation). Die aktivitätssteigernde Wirkung des Zweitmetalls hat demnach einen stärkeren
Einfluß auf das schwächer adsorbierende Substrat Fructose als auf HMF.
Die Oxidation von HMF ist unter den sauren Bedingungen, der pH-Wert der Versuche lag am
Ende der Reaktion bei Werten um 3, auch mit monometallischen Pt-Katalysatoren möglich.
Die besondere Eignung von HMF als Oxidationssubstrat, die auf die planare Struktur des
HMF-Moleküls zurückzuführen ist, die die Adsorption auf der Metalloberfläche begünstigt,
verhindert die Inaktivierung der monometallischen Katalysatoren durch Oxidation der Katalysatoroberfläche im sauren Milieu.
Pt-Katalysatoren zeigen eine höhere HMF-Abbauaktivität und Bildungsselektivität als PdKatalysatoren. Die durchweg geringeren Produktbildungsselektivitäten von weniger als 40 %
bei Verwendung von Palladium-Katalysatoren werden von einer verstärkten Huminbildung
begleitet.
Die Produktbildungsselektivität der Al2O3- und TiO2-geträgerten Pt-Katalysatoren beträgt
nach 48 h annähernd 100 %, beim SiO2-geträgerten Pt-Katalysator werden 97,6 % und bei
den aktivkohlegeträgerten Katalysatoren Pt/C und PtBi/C 90 bzw. 94 % HMF-Oxidationsprodukte gebildet. Diese hohen Werte bei HMF-Umsätzen zwischen 48,7 % (Pt/C) und 84,3 %
(SiO2-geträgerten Pt-Katalysator) deuten auf eine sehr geringe Nebenproduktbildung im
Verlauf der HMF-Oxidation hin, auch läßt sich wie schon bei den Versuchen zur Bestimmung
der Temperatur- und pH-Abhängigkeit mit PtBi/C keine Färbung der Reaktionssuspension
durch Huminbildung feststellen. Der den Ergebnissen nach beste Katalysator, der SiO2-geträgerte Katalysator, ist unter den sauren Reaktionsbedingungen allerdings nicht stabil, im
Verlauf der Reaktion ist eine Ablösung der Aktivkomponente vom Träger zu beobachten.
Ein Vergleich der Substratselektivitäten mit PtBi/C unter sauerstofflimitierten Bedingungen
(Verhältnis HMF/Fructoseabbaugeschwindigkeit 10,9) und unter nichtlimitierten Bedingungen (Verhältnis 5,08 bei pH 3 und 80 °C, s. Abb. 5.7) zeigt, daß auch die Sauerstoffkonzentration in Lösung und an der Katalysatoroberfläche einen Einfluß auf die Konkurrenzoxidation hat, die Oxidation von Fructose wird im stärkeren Maße als die HMF-Oxidation
verlangsamt. Ein Vergleichsversuch mit Pt/Al2O3 unter nichtlimitierten Bedingungen zeigt ein
ähnliches Ergebnis, bei pH 3 und 80 °C wurde lediglich ein Geschwindigkeitsverhältnis von
12,3 erreicht, dagegen ein Verhältnis von 52,6 unter limitierten Bedingungen.
124
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
5.2.4
In-situ-Oxidation von HMF in rein wäßriger Phase
Der vielversprechendste Katalysator aus der Versuchsreihe, Pt/Al2O3 wurde für die In-situOxidation von HMF ausgehend von Fructose mit Lewatit SPC 108 als Feststoffsäure in reiner
wäßriger Phase unter sauerstofflimitierten Bedingungen eingesetzt. Um eine hohe Derivatisierungsgeschwindigkeit zu gewährleisten, wurden die Konzentrationen an Oxidationskatalysator und Feststoffsäure so gewählt, daß die HMF-Oxidation ca. 4,5 mal schneller als die
Fructoseoxidation abläuft (unter Annahme gleicher HMF- und Fructosekonzentration):
HMF-Abbauaktivität mit Pt/Al2O3 bei gleichzeitiger HMF- und Fructoseoxidation ohne pHstat-Kontrolle und unter Sauerstofflimitierung: 0,35 mmol/h·gKat
à HMF-Abbaugeschwindigkeit bei Einwaage von 1 g/200 mL Pt/Al2O3: 1,75 mmol/h
Fructoseabbauaktivität mit Lewatit SPC 108: 0,011 mmol/h·gKat
à Fructoseabbaugeschwindigkeit bei Einwaage von 7,06 g/200 mL Katalysatortrockenmasse:
0,39 mmol/h
Das Ergebnis des Versuchs zur In-situ-Oxidation in rein wäßriger Phase ist in Abb. 5.11
dargestellt.
60
Fructose
HMF
FDCA
Summe FDA+FFCA+FDCA
Lävulinsäure
Konzentration [mmol/L]
50
40
30
20
10
0
0
2000
4000
6000
8000
10000
Zeit [min]
Abb. 5.11
In-situ-Oxidation in reiner wäßriger Phase mit Lewatit SPC 108 als Feststoffsäure und
Pt/Al2O3 als Oxidationskatalysator bei T = 80 °C unter sauerstofflimitierten Bedingungen
und ohne pH-stat-Kontrolle, Fructosestartkonzentration 10 g/L, Katalysatoreinwaagen
1 g/200 mL Pt/Al2O3 und 7,06 g/200 mL Lewatit SPC 108.
125
Kapitel 5
Die Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten FDA+FFCA+FDCA blieb bei Pt/Al2O3 mit
3,9 % bezogen auf eingesetzte Fructose hinter den Erwartungen zurück. Im Verlauf der
Reaktion wurde bereits eine stark verminderte Bildung von HMF beobachtet, die Bildung von
Lävulinsäure als sauerkatalysiert gebildetem HMF-Folgeprodukt ist mit 11 % ebenfalls stark
reduziert. Dies deutet darauf hin, daß unter den gewählten Bedingungen – hohe Oxidationskatalysatorkonzentration – Fructose und möglicherweise auch die instabilen Zwischenprodukte, die bei der Dehydratisierung von Fructose zu HMF entstehen (primäres und sekundäres
Dehydratisierungsprodukt) bereits vor der HMF-Bildung oxidiert werden. Die Intermediärprodukte scheinen ähnlich wie HMF stark an der Katalysatoroberfläche zu adsorbieren,
obwohl die planare Struktur noch nicht vollständig ausgebildet ist. Als Konsequenz bedeutet
dies, daß die Substratselektivität nicht nur auf die HMF- und die Fructoseoxidation bezogen
werden muß, sondern auch auf diese Zwischenprodukte.
5.2.5
Zusammenfassung der Untersuchungen zur Oxidation von HMF in
wäßriger Phase
Als optimaler Katalysator für die HMF-Oxidation in Gegenwart von Fructose bei pH 7 und
T = 80 °C mit Luftsauerstoff als Oxidationsmittel wurde in einem Screening nach Pt-Katalysatoren ein PtBi/C-Katalysator ermittelt. Dieser Katalysator hat unter diesen Bedingungen
zwar nicht die höchste Substratselektivität (Verhältnis HMF/Fructose-Abbauaktivtät 2,89 vs.
7,85 bei Pt/C), weist aber die mit Abstand höchste Produktbildungsselektivität auf (82,9 % vs.
60,7 % bei Pt/C).
Optimale Reaktionsbedingungen für die nichtsauerstofflimitierte HMF-Oxidation mit PtBi/C
in Gegenwart von Fructose sind eine Temperatur von 40 °C und ein pH-Wert von 5. Bei
diesen Bedingungen wird ein Geschwindigkeitsverhältnis der HMF-Oxidation und der
Fructoseoxidation von 15,8 erreicht. Dieser Wert erscheint wenig vielversprechend, als daß es
sich lohnen würde, ein System zur In-situ-Oxidation unter diesen Bedingungen zu entwickeln.
Ein solches System würde eine Trennung der Reaktionsmilieus für die HMF-Herstellung
(hohe Temperatur, niedriger pH-Wert) und die HMF-Oxidation (niedrige Temperatur, pH 4)
verlangen, z. B. durch die Verwendung ionenselektiver Membranen. Aufgrund des bisher
erreichten Substratselektivitätsniveaus erscheint dieser Aufwand nicht gerechtfertigt. Zusätzlich müßte bei einer derartigen Variante berücksichtigt werden, daß die entstehenden Produktsäuren den pH-Wert im Milieu insbesondere im Reaktionsraum der HMF-Oxidation stark
beeinflussen, und z. B. durch elektrodialytische Trennverfahren abgeführt werden müßten.
Höhere Abbaugeschwindigkeitsverhältnisse und damit einhergehend noch günstigere
Substratselektivitäten werden unter sauren, sauerstofflimitierten Bedingungen erreicht, das
maximale Verhältnis der Abbaugeschwindigkeiten mit Pt/Al2O3 beträgt 52,6. Trotz dieses
relativ hohen Wertes führte das verwirklichte In-situ-Oxidationssystem auf Basis eines
126
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
Katalysatormischbetts aus Feststoffsäure und Pt/Al2O3 als Oxidationskatalysator nur zu einer
relativ niedrigen Oxidationsproduktausbeute von 3,9 %, was auf die Oxidation der in hoher
Überschußkonzentration vorliegenden Fructose und der primären und sekundären Dehydratisierungsprodukte von Fructose zurückgeführt werden kann.
Aufgrund der unbefriedigenden Ergebnisse der HMF-Oxidation und der In-situ-Oxidation in
reiner wäßriger Phase wurden weitere Untersuchungen zur HMF-Oxidation in organischer
Phase durchgeführt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurden anschließend verschiedene
Verfahren zur Durchführung der In-situ-Oxidation in einem Zweiphasensystem verwirklicht
(s. Kap. 6).
5.3
HMF-Oxidation in organischen Lösungsmitteln
Die Schwierigkeiten, die In-situ-Oxidation in wäßriger Phase durchzuführen, die aufgrund der
mangelnden Substratselektivität der untersuchten Katalysatoren bei der HMF-Oxidation
aufgetreten sind, machte die Suche nach alternativen Möglichkeiten notwendig, eine Substratselektivität in das Oxidationssystem zu induzieren.
Eine Idee ist, in Anlehnung an das In-situ-Extraktionsverfahren [81-92, 98] in einem Zweiphasen-System zu arbeiten. Dabei wird die HMF-Herstellung in Wasser und die HMF-Oxidation in einem nicht mit Wasser mischbaren, organischen Lösungmittel, in dem sich Fructose
nicht löst und damit nicht oxidiert werden kann, durchgeführt.
5.3.1
Screening nach geeigneten Lösungsmitteln
Zunächst wurden verschiedene, nicht mit Wasser mischbare organische Lösungsmittel aus
den Substanzklassen Alkohole (Octanol), Ketone (Methylisobutylketon), Aromaten (Toluol)
und organische Säuren (Octansäure) auf ihre Eignung als Reaktionsmedium für die Oxidation
von HMF hin untersucht. Dazu wurde die HMF-Oxidation mit PtBi/C und Luftsauerstoff als
Oxidationsmittel bei T = 80 °C in dem jeweiligen Lösungsmittel durchgeführt (Katalysatoreinwaage 1,5 g/100 mL). Zusätzlich wurden die HMF-Verteilungskoeffizienten zwischen
Wasser und dem jeweiligen organischen Lösungsmittel aufgenommen, um zu sehen, welcher
Teil des in wäßriger Phase gebildeten HMF in die Reaktionsphase für die Oxidation übergeht.
127
Kapitel 5
Aktivität [mmol HMF/h*gKat]
Aktivität
HMF-Verteilungskoeffizient
0,4
Aktivität (pH 4):
6,42 mmol HMF/h*gKat
0,3
1
0,2
0,1
0
HMF-Verteilungskoeffizient LM/Wasser
2
0,5
0
Toluol
Abb. 5.12
MIBK
Octanol
Octansäure
Wasser
Verteilungskoeffizienten von HMF zwischen Wasser und Toluol, MIBK, Octanol und
Octansäure; Abbauaktivitäten der HMF-Oxidation mit PtBi/C bei T = 80 °C in denselben
Lösungsmitteln, HMF-Startkonzentration 10 g/L, Katalysatoreinwaage 1,5 g/100 mL,
Aus Abb. 5.12 ist zu erkennen, daß befriedigende Umsätze außer in Wasser lediglich in
MIBK und Octanol als Lösungsmittel zu verzeichnen sind, in Toluol und Octansäure konnte
nur ein minimaler Umsatz festgestellt werden. Den günstigsten HMF-Verteilungskoeffizient
weist mit einem Wert von 0,95 MIBK auf, d. h. HMF verteilt sich zu etwa gleichen Teilen in
der Wasser- und der MIBK-Phase. In allen anderen getesteten Lösungsmitteln tritt kaum
HMF aus der Wasserphase in die organische Phase über (Verteilungskoeffizienten unter
0,02). MIBK ist damit das Lösungsmittel der Wahl für die In-situ-Oxidation in einem Zweiphasensystem.
5.3.2
Screening nach Katalysatoren für die HMF-Oxidation in MIBK
Für die HMF-Oxidation in MIBK wurde anschließend ein Screening analog zur Vorschrift in
Kap. 3.2.2.3 nach geeigneten Katalysatoren durchgeführt (Katalysatoreinwaage 1 g/100 mL).
Dazu wurden Pt-Katalysatoren auf unterschiedlichen Trägermaterialien, ein PtBi/C-Katalysator der Firma Degussa-Hüls AG und Pt-Mohr hergestellt nach der Vorschrift von AdamsShriner eingesetzt. Die gemessenen Aktivitäten, Produktbildungsselektivitäten und HMFUmsätze sind in Abb. 5.13 graphisch dargestellt.
128
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
100
Aktivität
Bildungsselektivität (FDA+FFCA+FDCA)
HMF-Umsatz
0,4
80
0,3
60
0,2
40
0,1
20
0
Pt/SiO2
(ACA)
Abb. 5.13
Pt/Al2O3
(ACA)
Pt/TiO2
(ACA)
Pt/C
(ACA)
Bildungsselektivität, Umsatz [%]
Aktivität [mmol HMF/h*gKat]
0,5
0
PtBi/C
(Degussa)
Pt-Mohr nach
Addams-Shriner
HMF-Oxidation in MIBK (Startkonzentration 10 g/L) mit Luftsauerstoff als Oxidationsmittel bei T = 80 °C mit Pt-Katalysatoren auf unterschiedlichen Trägermaterialien, einem
PtBi/C-Katalysator und Pt-Mohr hergestellt nach Adams-Shriner; HMF-Abbauaktivität,
HMF-Produktbildungsselektivität (FDA+FFCA+FDCA) nach 24 h, HMF-Umsatz bei t =
24 h, Katalysatoreinwaage 1 g/100 mL Katalysator.
Mit allen der untersuchten Katalysatoren ist die Oxidation von HMF in MIBK als Lösungsmittel möglich. Der Katalysator mit der höchsten Aktivität (Anfangsabbauaktivität
0,24 mmol HMF/h·gKat) ist der bimetallische PtBi/C-Katalysator, mit diesem Katalysator
wurde nach 24 h bei einem Umsatz von 75 % eine Bildungsselektivität an Zielprodukten
(FDA+FFCA+FDCA) von 59,3 % erreicht, wobei als Hauptprodukt Furandialdehyd (48,2 %
Selektivität) entsteht. Die Bildung von FFCA (11,1 %) kann als Nebenproduktbildung
angesehen werden, die auf Reaktion mit gebildetem Reaktionswasser zurückzuführen ist,
FDCA wird überhaupt nicht gebildet. Ebenso wie im Lösungsmittel Wasser scheint bei den
niedrigen HMF-Oxidationsaktivitäten in MIBK als Lösungsmittel die Zweitmetallkomponente Bismut eine deutlich aktivierende Wirkung im sauren Milieu zu haben. Der PtBi/CKatalysator wurde für alle weiteren Versuche zur Oxidation in MIBK und zur In-situ-Oxidation im Zweiphasensystem Wasser/MIBK eingesetzt.
129
Kapitel 5
5.3.3
HMF-Oxidation mit PtBi/C in MIBK mit unterschiedlichen Wassergehalten
Aktivität [mmol HMF/h*gKat]
1
0,8
100
Aktivität
HMF-Produktbildungsselektivität
Umsatz
FDCA-Ausbeute
80
0,6
60
0,4
40
0,2
20
0
0
0 % Wassergehalt
Abb. 5.14
2 % Wassergehalt
Bildungsselektivität (FDA+FFCA+FDCA), Ausbeute, Umsatz [%]
Vor der Durchführung der In-situ-Oxidation im Zweiphasen-System Wasser/MIBK mußte der
Einfluß von Wasser auf die HMF-Oxidation in MIBK als Lösungsmittel untersucht werden.
Die HMF-Oxidation wurde analog der Vorschrift in Kap. 3.2.2.3 mit einer Katalysatoreinwaage von 1,5 g/100 mL durchgeführt. In Abb. 5.14 ist die HMF-Oxidation in MIBK mit
unterschiedlichen Wassergehalten graphisch dargestellt.
wassergesättigt
HMF-Oxidation in MIBK mit unterschiedlichen Wassergehalten mit PtBi/C bei
T = 80 °C, HMF-Startkonzentration 10 g/L, HMF-Abbauaktivität, HMF-Produktbildungsselektivität (FDA+FFCA+FDCA) nach 24 h, FDCA-Ausbeute und Umsatz bei
t = 24 h, Katalysatoreinwaage 1,5 g/100 mL.
Die Anfangsaktivität der Oxidation von HMF ist stark abhängig vom Wassergehalt. In reinem
MIBK ist die Aktivität mit 0,24 mmol HMF/h·gKat gering, so daß thermische Nebenreaktionen die Produktbildungsselektivität (59,3 %) vermindern. In wassergesättigten MIBKLösungen (Wassergehalt unter 4 %) steigt die HMF-Anfangsabbauaktivität bis auf
0,66 mmol HMF/h·gKat an, gleichzeitig steigt die Bildungsselektivität an HMF-Oxidationsprodukten (FDA+FFCA+FDCA nach 24 h auf 90,3 % (Umsatz 78,7 %), was auf die erhöhte
130
Edelmetallkatalysierte Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural
thermische Stabilität der Oxidationsprodukte verglichen mit HMF zurückgeführt werden kann
(s. Abb. 6.1). Der letzte Reaktionsschritt zur Furandicarbonsäure ist wie in reinem Wasser als
Lösungsmittel durch die starke Adsorption des FFCA-Moleküls an der Katalysatoroberfläche
inhibiert, so daß die FDCA-Ausbeute lediglich 7 % beträgt.
Mit Erhöhung der Wasserkonzentration wird die Weiteroxidation der Aldehydfunktion zur
Carbonsäure, für die Wasser als Co-Substrat nötig ist, begünstigt. Durch die Bildung von
Produktsäuren (in wassergesättigtem MIBK beträgt die Bildungsselektivität an FFCA+FDCA
49,7 % und an FDA 40,6 %) wird der PtBi/C-Katalysator im Verlauf HMF-Oxidation in
Gegenwart von Wasser als Substrat stärker desaktiviert als in wasserfreiem MIBK, was auch
den scheinbaren Widerspruch einer hohen Anfangsabbauaktivität von HMF in wasserhaltigem
MIBK und dem unvollständigem Umsatz nach einer Reaktionszeit von 24 h erklärt. Im ersten
Teil der Reaktion wird HMF schnell in eine stabile Form überführt, was den Reaktionsweg
der thermischen Zersetzung verhindert und die Produktausbeute (genauer die Selektivität)
verglichen mit der Reaktion in wasserfreiem MIBK erhöht. Im zweiten Teil nimmt die
Katalysatoraktivität ab (erst jetzt findet verstärkt auch die thermische Zersetzung von HMF
als Konkurrenzreaktion statt), so daß nach einer Reaktionszeit von 24 h deutlich größere
Unterschiede in den Produktbildungsselektivitäten (59,3 % in wasserfreiem MIBK, 90,3 % in
wassergesättigtem MIBK) als bei den Umsätzen (55,7 % in wasserfreiem MIBK und 78,7 %
in wassergesättigtem MIBK) gemessen werden.
Obwohl die hohen Aktivitätswerte, wie bei der Durchführung der HMF-Oxidation in Wasser,
in MIBK nicht erreicht werden können, stellt diesen Ergebnissen nach die HMF-Oxidation in
MIBK als Lösungsmittel aufgrund der hohen Zielproduktselektivitäten eine geeignete
Derivatisierungsreaktion dar.
131
Kapitel 6
6
In-situ-Oxidation von 5-Hydroxymethylfurfural im
Zweiphasensystem Wasser/MIBK
6.1
Theoretische Überlegungen zur Durchführung der In-situOxidation im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
Die Kombination der sauerkatalysierten Herstellung von HMF mit der Oxidation zu FDA,
FFCA und schließlich zu FDCA in einem Prozeß stellt eine neuartige Reaktionsführung dar,
die in dieser Form bisher nicht durchgeführt worden ist. Als grundsätzliche Schwierigkeiten
bei der Durchführung eines derartigen Prozesses sind vor allem zwei Punkte zu nennen:
1. Fructose ist als Substrat oxidierbar. Eine Hauptanforderung an einen tragfähigen In-situDerivatisierungsprozeß ist aus diesem Grund, daß die Derivatisierungsreaktion keinen
Einfluß auf die übrigen Schritte des Reaktionssystems hat (siehe Kap. 4.2.2.2, erweitertes
kinetisches Modell). Nur unter dieser Voraussetzung kann die Geschwindigkeit des
Derivatisierungsschrittes z. B. durch Erhöhung der Katalysatormenge derartig erhöht
werden, daß unerwünschte Folgereaktionen merklich zurückgedrängt werden können.
Auch unter Bedingungen, bei denen Fructose nur mit deutlich geringerer Aktivität als
HMF oxidiert wird (Faktor 52,6 mit Pt/Al2O3), reicht diese geringe Abbauaktivität immer
noch aus, um die im Vergleich zu HMF im In-situ-Oxidationsprozeß in wesentlich höherer
Konzentration vorliegende Fructose im hohen Maße zu oxidieren (s. Kap. 5.2.4).
à Ein Ansatz, die Oxidation von Fructose zu verhindern, und damit quasi eine Substratselektivität in das nichtselektive Oxidationssystem zu induzieren, ist die Modifizierung des
Oxidationskatalysators mit einem Medium, in dem Fructose (und Wasser) nicht löslich
sind, das aber für HMF als Lösungsmittel geeignet ist. Als vielversprechendes Medium,
das sowohl die verlangte Substratselektivität gewährleistet, in dem aber auch eine Oxidation von HMF möglich ist, soll Methylisobutylketon, MIBK, getestet werden.
132
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
2. Für die Prozesse Herstellung und Oxidation von HMF werden unterschiedliche Reaktionsmilieus benötigt. Während edelmetallkatalysierte Oxidationen bevorzugt im alkalischen
Milieu ablaufen, ist die Herstellung von HMF eine sauerkatalysierte Reaktion, die
ausschließlich mit Katalysatorsäuren hoher Säurestärke abläuft.
à durch die Verwendung von bismutdotierten Pt-Katalysatoren gelingt es, HMF in MIBK
auch im nicht-alkalischen Milieu vollständig zu oxidieren
à bei der Verwendung von Lewatit SPC 108 als feststoffsaurem Katalysator kann mit pHWerten von 2,4 bis 2,5 ein relativ mildes Milieu für den Prozeß der Fructosedehydratisierung zu HMF realisiert werden, gleichzeitig wird eine Kontamination der MIBK-Phase
mit Säure reduziert. Die gleiche Fructoseabbauaktivität wird mit homogenen Säuren erst
bei pH-Werten erreicht, die um mehr als 1,5 Einheiten darunter liegen (siehe Abb. 4.4)
Aus den beschriebenen Anforderungen (und den Ergebnissen aus Kap. 4.2 und 5.3) ergeben
sich damit als Rahmenbedingungen für die Durchführung der In-situ-Oxidation die Verwendung von Lewatit SPC 108 als feststoffsaurem Katalysator für die Herstellung von HMF aus
Fructose in wäßriger Phase sowie die Verwendung von PtBi/C als Oxidationskatalysator für
die HMF-Oxidation in MIBK.
Zur Verwirklichung des Konzeptes der In-situ-Oxidation von HMF wurden drei Verfahrensvarianten entwickelt:
1. Durchführung der Reaktion im Membranreaktor; Trennung der Phasen und Reaktionsräume durch eine PTFE-Membran (Kap. 6.3)
2. Durchführung der Reaktion in Wasser/MIBK-Suspension, Konditionierung von saurem
Katalysator und Oxidationskatalysator mit dem jeweiligen Lösungsmittel (Kap. 6.4)
3. Durchführung der Reaktion in Wasser/MIBK-Suspension; Immobilisierung von Oxidationskatalysatormaterial in einer polymeren Matrix und Quellung der Immobilisate in
MIBK (Kap. 6.5)
6.2
Grundlegende Untersuchungen
6.2.1
Untersuchung der Stabilität der Oxidationsprodukte FDA, FFCA
und FDCA im Vergleich zu HMF unter den sauren HMF-Bildungsbedingungen
Vor den Untersuchungen zur In-situ-Oxidation mußte die Frage geklärt werden, ob die HMFOxidation eine geeignete Derivatisierungsreaktion darstellt, d. h. ob die HMF-Oxidationspro-
133
Kapitel 6
dukte FDA, FFCA und FDCA unter den sauren Bedingungen der HMF-Herstellung überhaupt
stabil sind (da sich die Substanzen entsprechend ihrem Wasser/MIBK-Verteilungskoeffizienten zwischen den Phasen verteilen, können sie natürlich auch mit der Katalysatorsäure in
Kontakt kommen). Zu diesem Zweck wurde ein Gemisch aus den Komponenten HMF, FDA,
FFCA und FDCA in unterschiedlichen Startkonzentrationen den HMF-Bildungsbedingungen,
d. h. einer Konzentration von 35,3 g/L Lewatit SPC 108 und einer Temperatur von 80 °C
ausgesetzt. Das Ergebnis des Stabilitätstests ist in der folgenden Abb. 6.1 dargestellt.
50
HMF
FDA
FFCA
FDCA
Konzentration [mmol/L]
40
30
20
10
0
0
200
400
600
800
1000
1200
Zeit [min]
Abb. 6.1
Stabilität der Oxidationsprodukte FDA, FFCA und FDCA im Vergleich zu HMF.
Konz./Zeit-Verlauf der Substanzen in Gegenwart von Lewatit SPC 108 bei T = 80 °C.
Katalysatoreinwaage 35,3 g/L. Startkonzentrationen: HMF 41 mmol/L, FDA
12,5 mmol/L, FFCA 32 mmol/L, FDCA 35 mmol/L.
Man sieht, daß alle Oxidationsprodukte deutlich stabiler unter den Bedingungen der HMFBildung sind als HMF selbst, sie sind allerdings über einen Zeitraum von mehreren Tagen
nicht vollkommen stabil.
Das Zeitfenster, in dem die Oxidationsprodukte abgebaut werden, sollte allerdings ausreichen,
um die In-situ-Oxidation als Derivatisierungsreaktion erfolgreich durchführen zu können.
134
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
6.2.2
Bestimmung des Fructose-Wasser/MIBK-Verteilungskoeffizienten
Das Hauptkriterium bei der Auswahl des Lösungsmittels als Reaktionsmedium für die HMFOxidation ist dessen Lösungsfähigkeit. Die Substanz soll für HMF ein gutes Lösungsmittel
darstellen, Fructose soll dagegen möglichst gar nicht gelöst werden. Um zu testen, ob MIBK
als Lösungsmittel diese Kriterien erfüllt, mußte neben der Bestimmung des HMFVerteilungskoeffizienten (s. Kap. 5.3.1) ein Experiment zur Bestimmung des FructoseVerteilungskoeffizienten zwischen Wasser und MIBK bei der Reaktionstemperatur von 80 °C
gemacht werden. Dieses Experiment wurde analog zur Vorschrift in Kap. 3.5 bei einer
Temperatur von 80 °C durchgeführt, die Probennahme und –vorbereitung aus der MIBKPhase geschah analog zur Vorschrift für In-situ-Oxidationen in Kap. 3.3.1.
Bei diesem Experiment konnte keine Aufnahme von Fructose in die MIBK-Phase festgestellt
werden, die Fructosekonzentration in MIBK liegt unterhalb der Bestimmungsgrenze von
0,1 mg/L. Die Eignung von MIBK als Reaktionsmedium für die In-situ-Oxidation von HMF
ist mit diesem Ergebnis eindeutig gegeben.
6.3
Durchführung der In-situ-Oxidation im Zwei-KammerMembranreaktor
Das erste Konzept zur Verwirklichung eines In-situ-Oxidationsprozesses im ZweiphasenSystem Wasser/MIBK beruht auf der Trennung der Phasen und den darin enthaltenen heterogenen Katalysatoren mittels einer PTFE-Membran der Porosität 0,45 µm, die den Reaktionsraum in zwei voneinander getrennte Reaktionskompartimente teilt (s. Kap. 3.3.1).
Die Prozesse, die im Membranreaktor ablaufen, sind in Abb. 6.2 graphisch dargestellt.
Membran
MIBK Wasser
FDCA
Fructose
1
1
3
HMF
Oxidationskatalysator
(PtBi/C)
Abb. 6.2
Feststoffsäure
SO3H
2
3
2
HMF
HMF-Bildung
Diffusion
Derivatisierung
Lävulinsäure +
Ameisensäure
Schematische Darstellung der Prozesse im Membranreaktor
135
Kapitel 6
Eingesetzt wurden 40 g Katalysatorfeuchtmasse Lewatit SPC 108 auf 200 mL Wasser als
Feststoffsäure und 3 g PtBi/C (Trockenmasse) auf 220 mL MIBK als Oxidationskatalysator.
Die Katalysatoreinwaagen wurden so gewählt, daß die aus den Anfangsreaktionsgeschwindigkeiten abgeschätzten Werte für die HMF-Oxidation etwa doppelt so hoch wie für die
HMF-Hydrolyse zu Lävulinsäure sein sollte, um in-situ gebildetes HMF möglichst schnell zu
derivatisieren. Die errechneten Werte für die Geschwindigkeiten betragen bei den o. g. Katalysatoreinwaagen für die HMF-Hydrolyse in MIBK @ 4,6 mmol/L·h und für die HMF-Oxidation in Wasser @ 9 mmol/L·h. Aufgrund der Gleichverteilung von HMF in der Wasser- und
der MIBK-Phase (Verteilungskoeffizient @ 1) lassen sich diese Geschwindigkeiten auf das
Gesamtvolumen von 420 mL beziehen. Für die HMF-Oxidation ergibt sich damit eine
Geschwindigkeit von 4,7 mmol/L·h und für die HMF-Hydrolyse zu Lävulinsäure
2,2 mmol/L·h. Nach dem erweiterten kinetischen Modell (Fall B in Kap. 4.2.2.2) ist bei
diesen Verhältnissen eine Ausbeute an Derivatisierungsprodukt von etwa 50 % zu erwarten.
In Abb. 6.3 a und b sind die Konzentrations/Zeit-Verläufe der einzelnen Phasen aufgetragen.
Wasser
60
Fructose
Oxidationsprodukte
(FDA + FFCA + FDCA)
FDCA
Lävulinsäure
FDA
FFCA
20
40
10
20
HMF
0
0
1
2
3
4
5
6
7
Fructosekonzentration [mmol/L]
Konzentration [mmol/L]
30
0
Zeit [d]
Abb. 6.3 a In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von Fructose im Zweiphasensystem Wasser/MIBK im Zweikammer-Membranreaktor. Konzentrations/Zeit-Verlauf in der Wasserphase. Saurer Katalysator für die Fructosedehydratisierung in wäßriger Phase: Lewatit SPC 108, Oxidationskatalysator für die HMF-Oxidation in MIBK: PtBi/C, Startkonzentration von Fructose 10 g/L in der wäßrigen Phase. Temperatur 80 °C.
136
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
MIBK
Konzentration [mmol/L]
30
Oxidationsprodukte
(FDA + FFCA + FDCA)
FDCA
Lävulinsäure
FDA
FFCA
20
10
HMF
0
0
1
2
3
4
5
6
7
Zeit [d]
Abb. 6.3 b In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von Fructose im Zweiphasensystem Wasser/
MIBK im Zweikammer-Membranreaktor. Konzentrations/Zeit-Verlauf in der MIBKPhase.
Die Fructoseabbauaktivität hat mit 0,0067 mmol/h·gKat einen deutlich geringeren Wert als
die Abbauaktivität ohne Derivatisierung (0,011 mmol/h·gKat). Allem Anschein nach verläuft
die sauerkatalysierte Bildung von HMF trotz der geringen Reaktionsgeschwindigkeit im
Membranreaktor bei einer Rührgeschwindigkeit von 300 U/min diffusionslimitiert, was
möglicherweise auf die ungünstige Reaktorgeometrie (Totvolumen, Zonen ungenügender
Durchmischung) zurückzuführen ist.
Der komplette Reaktionsverlauf der absoluten Molzahlen ist in Abb. 6.4 als Addition aus
beiden Phasen graphisch dargestellt.
137
Kapitel 6
12
Fructose
Oxidationsprodukte (FDA + FFCA + FDCA)
Furandicarbonsäure
Lävulinsäure
Bildungsselektivität FDA+FFCA+FDCA
6
2
HMF
FFCA
0
0
1
2
3
4
30
20
Bildungsselektivität [%]
4
50
40
Molzahl Fructose [mmol]
Molzahl [mmol]
6
10
FDA
5
6
7
0
0
Zeit [d]
Abb. 6.4
In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von Fructose im Zweikammer-Membranreaktor,
zeitl. Verlauf der absoluten Molzahlen in Summe aus Wasser- und MIBK-Phase ermittelt
aus den Konzentrationsverläufen in den Reaktorkompartimenten. Fructosestartkonzentration 10 g/L, Temperatur 80 °C.
Nach 5 Tagen wird eine maximale Selektivität der Summe an Oxidationsprodukten (FDA +
FFCA + FDCA) von 29,8 % bezogen auf umgesetzte Fructose bei einem Fructoseumsatz von
69 % erreicht, die Produktbildungsselektivität sinkt danach leicht ab. Die intermediäre
Konzentration des inhibierend wirkenden FFCA-Moleküls (s. Kap. 2.1.1.3.5) bleibt im
Reaktionsverlauf so niedrig, daß auch der letzte Oxidationsschritt nicht limitierend für die
Gesamtreaktion wird und FDCA mit über 88 % der HMF-Oxidationsprodukte
(FDA+FFCA+FDCA) als Hauptendprodukt entsteht. Nach einer Reaktionszeit von 7 Tagen
beträgt die Ausbeute an FDCA 20 %, die maximale Gesamtausbeute an HMF-Oxidationsprodukten beträgt 22,6 %. Im weiteren, hier nicht mehr mit aufgeführten Reaktionsverlauf nach
mehr als 7 Tagen nimmt die Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten wieder ab. In der Differenz der max. Selektivität der Summe an Oxidationsprodukten (29,8 %) bzw. der maximalen Gesamtausbeute an HMF-Oxidationsprodukten (22,6 %) zur FDCA-Endausbeute (20 %)
und in der nach 7 Tagen abnehmenden Produktausbeute drückt sich aus, daß die Oxidationsprodukte nicht vollkommen stabil sind.
Die nach dem erweiterten kinetischen Modell theoretisch mögliche Ausbeute an Derivatisierungsprodukt von 50 % wird bei weitem nicht erreicht. Hierzu trägt neben dem langsamen
138
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
Zerfall von HMF, FDA, FFCA und FDCA und der Reaktionsgeschwindigkeit, die geringer
als erwartet war, die Diffusionshemmung durch die Membran mit bei.
Nach etwas mehr als einem Tag nimmt die HMF-Konzentration in beiden Phasen einen
maximalen Wert an, der im Verlauf der nächsten Tage bis zum Abbruch der Reaktion nach
7 Tagen in beiden Phasen langsam wieder abnimmt. Mit dem Erreichen des Maximums wird
ein Gleichgewichtszustand erreicht, in dem die HMF-Bildungsgeschwindigkeit gleich der
Geschwindigkeit der HMF-verbrauchenden Prozesse in Wasser (Diffusion durch die
Membran, Hydrolyse zu Lävulinsäure und Huminbildung) und gleichzeitig die HMF-Diffusionsgeschwindigkeit durch die Membran gleich der Geschwindigkeit der HMF-Oxidation in
MIBK ist (bei Vernachlässigung zusätzlicher HMF-verbrauchender Prozesse in MIBK).
Dieser Gleichgewichtszustand ist charakterisiert durch die HMF-Konzentrationen in den
beiden Reaktionsphasen. In Abb. 6.5 sind die HMF-Konzentrationen an der Phasengrenze
zum Zeitpunkt der maximalen HMF-Konzentration graphisch dargestellt.
[HMF]
Phasengrenze
0,3
c(HMF) in Wasser: 0,296 g/L
0,2
MIBK-Phase
Wasserphase
0,1
Abb. 6.5
c(HMF) in MIBK: 0,141 g/L
HMF-Konzentration an der membrangetrennten Phasengrenze bei t = 24 h
Man erkennt, daß die Diffusion durch die Membran stark gehemmt ist, die HMF-Konzentration ist in der Wasserphase mehr als doppelt so hoch wie in der MIBK-Phase. Aufgrund der
geringen Membranaustauschfläche von 70 cm2 ist dieses Ergebnis allerdings nicht verwunderlich. Die Diffusionsgeschwindigkeit im Gleichgewicht, die sich aus dem 1. Fick‘schen
Gesetz als Produkt aus dem Diffusionskoeffizienten und der Konzentrationsdifferenz ergibt
(s. Kap. 2, Gl. 2.1), wird erst bei einem relativ großen Konzentrationsgradienten zwischen den
Phasen erreicht.
Im Idealfall, d. h. bei einem Reaktionssystem, das entsprechend einem sehr großem Diffusionskoeffizienten nicht durch Diffusion gehemmt ist, sollte die Konzentrationsdifferenz
minimal werden. Dies gilt auch für den speziellen, hier vorliegenden Fall, eines HMF-
139
Kapitel 6
Konzentrationsgradienten zwischen zwei unterschiedlichen Fluidphasen Wasser und MIBK,
da der HMF-Verteilungskoeffizient zwischen Wasser und MIBK in etwa gleich 1 ist.
Da die HMF-Konzentration im MIBK-Reaktorkompartiment mit 0,141 g/L weniger als halb
so groß ist wie im Wasser-Reaktorkompartiment mit 0,296 g/L, ist auch das Verhältnis der
HMF-Oxidationsgeschwindigkeit zur Geschwindigkeit der HMF-Hydrolyse nur noch etwa
halb so groß. Damit ist die Oxidationsgeschwindigkeit nicht doppelt so hoch wie die
Hydrolyse, wie mit den Katalysatoreinwaagen berechnet, sondern in etwa gleich hoch (Fall A
in Kap. 4.2.2.2). Bei diesem Verhältnis wird nach dem kinetischen Modell lediglich eine
maximale Derivatausbeute von 35 % erreicht. Daß auch dieser Wert nicht erreicht wird,
erklärt sich wiederum aus der Tatsache, daß die HMF-Oxidationsprodukte über den langen
Reaktionszeitraum nicht vollkommen stabil sind (für diese Betrachtungen wird vorausgesetzt,
daß alle Reaktionen, Fructosedehydratisierung, HMF-Hydrolyse und die HMF-Oxidation
gleichermaßen von der Diffusionslimitierung beeinflußt werden).
Die Ausbeute am unerwünschten Folgeprodukt Lävulinsäure beträgt nach 7 Tagen 25 %.
Auch für Lävulinsäure müßte nach den oben angestellten Überlegungen bei gleichen HMFOxidations- und Lävulinsäurebildungsgeschwindigkeiten die Ausbeute 35 % betragen. Die
Lävulinsäureausbeute erreicht aber lediglich einen ähnlichen Wert wie die HMF-Oxidationsproduktausbeute, was darauf hindeutet, daß gebildetes HMF zu gleichen Teilen die Reaktionswege zu Lävulinsäure und zu den Oxidationsprodukten einschlägt. Dieser Befund deutet
auf einen weiteren, die Ausbeute vermindernden Prozeß hin, der bereits vor der HMF-Bildung
stattfindet. Möglicherweise werden die primären und sekundären Dehydratisierungsprodukte,
die auf dem Reaktionsweg von Fructose zu HMF entstehen (s. Abb. 1.5) und im Gegensatz zu
Fructose eine gewisse Löslichkeit in MIBK besitzen könnten, mit oxidiert.
Aufgrund der Komplexheit des Membransystems, der ungünstigen Reaktorgeometrie, des
hohen HMF-Konzentrationsgradienten über die phasentrennende Membran sowie der Diffusionslimitierung sollte zusätzlich ein weiteres, auf Suspension der MIBK-Phase in der
Wasserphase beruhendes System entwickelt werden.
6.4
Suspensionsverfahren ohne Immobilisierung des
Katalysators
Zunächst wurde ein einfaches Suspensionsverfahren zur In-situ-Oxidation von HMF entwickelt. Das Hauptproblem bei der Durchführung der Reaktion im Zweiphasensystem ist die
Rückhaltung des Oxidationskatalysators in der organischen und des feststoffsauren Katalysators in der wäßrigen Phase. In dem in diesem Kapitel beschriebenen System sollten die
140
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
Katalysatoren vor dem Einsatz durch Konditionierung mit der jeweiligen Phase gegenüber der
anderen Phase stabilisiert werden. Dazu wurden der getrocknete, hydrophobe PtBi/C-Oxidationskatalysator in MIBK und das getrocknete, hydrophile Lewatit SPC 108-Material in Wasser
für jeweils 30 min bei Raumtemperatur suspendiert. Ein Übertreten des konditionierten
Katalysatormaterials in die andere Phase konnte auf diese Weise weitestgehend vermieden
werden.
In Abb. 6.6 ist der Reaktionsverlauf der absoluten Molzahlen eines Experiments zur In-situOxidation von HMF mit konditionierten Katalysatoren (s. Kap. 3.3.2) graphisch dargestellt,
auf die Darstellung der Konzentrations/Zeit-Verläufe der einzelnen Phasen wurde verzichtet.
12
Fructose
HMF
Oxidationsprodukte (FDA+FFCA+FDCA)
FDA
FFCA
FDCA
Lävulinsäure
4
6
2
0
0
1
2
3
4
5
Molzahl Fructose [mmol]
Molzahl [mmol]
6
0
Zeit [d]
Abb. 6.6
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK ohne Immobilisierung
des Katalysators, zeitl. Verlauf der absoluten Molzahlen in Summe aus Wasser- und
MIBK-Phase ermittelt aus den Konzentrationsverläufen in den einzelnen Fluidphasen
Die In-situ-Oxidation von HMF zu FDCA mit Fructose als Ausgangssubstrat ist mit dem
System konditionierter Katalysatoren möglich. Allein aufgrund der Hydrophobie/Hydrophilie
des Oxidationskatalysators bzw. der Feststoffsäure konnte ein Übertritt insbesondere des
konditionierten Oxidationskatalysators in die Wasserphase bis zu einem gewissen Grade
verhindert und damit ein funktionierender In-situ-Oxidationsprozeß in Suspension realisiert
werden.
Die Fructoseabbauaktivität beträgt 0,014 mmol/h·gKat und ist damit um gut 30 % gegenüber
der Abbauaktivität ohne Derivatisierung erhöht. Gleichzeitig wird eine FDCA-Ausbeute von
141
Kapitel 6
10 % und eine max. Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten von 13,5 % erreicht, die
Lävulinsäureausbeute beträgt 23,3 %. Die höhere Fructoseabbauaktivität und die geringere
Produktbildungsselektivität für FDA, FFCA, FDCA und Lävulinsäure deuten an, daß ein Teil
der Fructose durch Übertritt von Oxidationskatalysatormaterial in die Wasserphase oxidiert
worden sein muß.
Die alleinige hydrophobe Wirkung des Trägermaterials reicht demnach nicht aus, um den
Oxidationskatalysator stabil in der MIBK-Phase zu lokalisieren und einen Übertritt in die
Wasserphase auszuschließen.
6.5
Suspensionsverfahren mit siliconimmobilisiertem
Oxidationskatalysator
Aus den Ergebnissen mit konditioniertem PtBi/C-Katalysator ergibt sich die Notwendigkeit,
die den Katalysator umgebende MIBK-Phase zu stabilisieren, so daß kein Oxidationskatalysatormaterial in die Wasserphase übertreten kann. Durch Immobilisierung des Katalysatormaterials in eine hydrophobe, in Wasser nicht quellbare, in MIBK dagegen quellbare
polymere Matrix sollte sowohl ein Auswaschen von Katalysatormaterial in die Wasserphase
als auch ein Wassereintritt in das hydrophobe Polymer und damit ein Kontakt von Fructose
mit dem Oxidationskatalysator zu verhindern sein. Silicon erfüllt diese an das Immobilisierungsmaterial gestellten Anforderungen in idealer Weise.
6.5.1
Prinzip der Wirkungsweise
Durch die Siliconverkapselung von PtBi/C-Katalysatormaterial und die anschließende
Quellung der Si-Immobilisate in MIBK sollte ein Kontakt von Fructose mit dem Oxidationskatalysator und damit die Fructoseoxidation vollständig verhindert werden können. Die
trennende Wirkung beruht auf der Summe zweier Effekte: Zum einen wird, wie in der
Versuchsreihe mit konditioniertem Katalysator in Kap. 6.4 beschrieben, durch den hydrophoben Charakter des PtBi/C-Katalysators schon ein Kontakt von Wasser mit dem Oxidationskatalysator bis zu einem gewissen Grad verhindert. Die hydrophobe Siliconmatrix, die in
MIBK quillt, für die Wasser dagegen kein Quellmittel darstellt, wirkt zusätzlich einem
Eintreten von Wasser entgegen. Damit wird ein Eindringen von Wasser und infolgedessen
auch von Fructose in die Matrix und weiter in die Katalysatorporen vollständig ausgeschlossen, gleichzeitig wird ein Auswaschen des Katalysatorpulvers aus der Matrix in die
Wasserphase verhindert. Durch die Lokalisierung der MIBK-Phase in der Siliconperle wird es
zusätzlich möglich, das Volumen der MIBK-Phase bis auf einen geringen Überstand zu
142
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
reduzieren, es wird quasi im Sinne des supported-liquid-phase-Konzepts (SLP-Konzept) ein
stabiler MIBK-Film an der Katalysatoroberfläche realisiert und dadurch in einen nichtsubstratselektiven Katalysator die gewünschte Substratselektivität induziert. Das Prinzip der
Wirkungsweise ist in Abb. 6.7 skizziert.
Wasser
PtBi-Katalysator immobilisiert in
Silicon und gequollen in MIBK
MIBK
FDCA
1 Dehydratisierung von Fructose zu HMF
2
2 Oxidation von HMF zu FDCA
HMF
1
HSO3
Abb. 6.7
D-Fructose
Feststoffsäure
Schematische Darstellung der Prozesse im Zweiphasensystem Wasser/MIBK mit siliconverkapseltem PtBi/C-Katalysatormaterial
Die mechanische Stabilität der Siliconperlen verdeutlicht folgende Abbildung einer Reaktionssuspension nach dem Einsatz.
siliconverkapselter und
MIBK-gequollener PtBi/CKatalysator
MIBK
Wasser
Lewatit SPC 108
IB
M
silco K
-g
ap
rk
v
n
o
u
eq
at
K
ds
u
tB
rP
len
-i
/C
0i
1
C
P
tS
8
IB
M
rl
sato
y
a
W
at
ew
L
Abb. 6.8
Foto der Reaktionssuspension mit PtBi/C-beladenen Si-Perlen und Lewatit SPC 108 nach
dem Einsatz in der In-situ-Oxidation im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
Die katalysatorbeladenen Si-Perlen, die aufgrund der geringeren Dichte von Silicon über der
Wasserphase stehen, lassen auch nach einem Einsatz von mehr als einer Woche keine
143
Kapitel 6
nennenswerte Abrasion durch Reibung an den makroporösen Feststoffsäureperlen oder durch
Zerrühren mit dem Magnetrührkern erkennen.
6.5.2
Bestimmung der Quellfaktoren der nach dem Suspensionsverfahren
hergestellten Siliconperlen in Wasser und MIBK
Vor dem Einsatz der siliconverkapselten PtBi/C-Katalysatoren sollten die Immobilisate
hinsichtlich der Aufnahmefähigkeit für MIBK untersucht werden. Durch Bestimmung der
Quellfaktoren in Wasser und MIBK sollte abgeschätzt werden, wie gut die jeweiligen
Lösungsmittel als Quellmittel für Silicon wirken und wieviel MIBK in den gequollenen SiPerlen vorliegt. Zu diesem Zweck wurden jeweils 10 Perlen der nach der Vorschrift in Kap.
3.3.3 hergestellten und getrockneten Perlen unter einer Stereolupe ausgemessen, anschließend
20 h in Wasser bzw. MIBK gerührt und danach erneut vermessen.
Tab. 6.1
Ermittlung der Quellfaktoren von Siliconperlen in Wasser und MIBK
Perlen-Nr.
1
2
Æ vor Quellung
in MIBK [mm]
Æ nach Quellung
in MIBK [mm]
Æ vor Quellung in
Wasser [mm]
Æ nach Quellung
in Wasser [mm]
1,2
4
5
1,25 1,4
1,4
1,35 1,6
1,95 2,25 2,1
2,3
2,5
1,25 1,4
1,5
1,5
1,3
1,6
3
6
7
8
9
10
mittl.
Wert
1,36
1,5
1,4
1,2
1,3
2,25 2
2,4
2,05 2,3
2,21
1,35 1,6
1,25 1,3
1,2
1,4
1,5
1,38
1,35 1,2
1,5
1,25 1,25 1,35 1,4
1,37
In MIBK quellen die Si-Perlen sehr stark, der Perlendurchmesser steigt im Mittel von
1,36 mm auf 2,21 mm. Dem entspricht eine Volumenzunahme von 1,31·10-3 mL auf
5,6·10-3 mL, eine Si-Perle eines bestimmten Volumens kann also das 3,3-fache Volumen an
MIBK in das Si-Netzwerk aufnehmen.
In Wasser ist in Übereinstimmung mit Werten aus der Literatur [255] überhaupt keine
Quellung zu verzeichnen. Für den In-situ-Oxidationsprozeß bedeutet dies, daß ein Eintreten
von Wasser in eine MIBK-gequollene Si-Matrix nicht befürchtet werden muß.
6.5.3
Variation des Si-Perlendurchmessers
Um den Einfluß der Diffusion im Si-Netzwerk der gequollenen Siliconperlen auf die In-situOxidation zu ermitteln, wurde zunächst eine Versuchsreihe mit Si-Perlen unterschiedlicher
Größe durchgeführt. Hierzu wurde eine Charge siliconimmobilisierter PtBi/C-Katalysator144
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
perlen der Beladung 0,48 g Kat/10 g Silicon hergestellt und in Fraktionen 0,063-0,5 mm, 0,51 mm, 1-1,4 mm und 1,4-2 mm Perlendurchmesser gesiebt. Jeweils 7,5 g der Si-Perlen
wurden in 50 mL MIBK gequollen und dann gemäß den Reaktionsbedingungen in Kap. 3.3.3
im Batch-Reaktor eingesetzt. Die Katalysatoreinwaagen wurden so gewählt, daß die HMFOxidation und die HMF-Hydrolyse zu Lävulinsäure bezogen auf das Gesamtflüssigvolumen
von 125 mL (50mL MIBK + 75 mL Wasser) in etwa gleich schnell ablaufen. Nach dem
kinetischen Modell ist eine Ausbeute an Derivat und Lävulinsäure von je 35 % zu erwarten
(Fall A in Kap. 4.2.2.2). Die Probennahme erfolgt aus der Wasserphase und aus der MIBKPhase, genauer aus dem MIBK-Überschußvolumen außerhalb der gequollenen Si-Perlen.
In Abb. 6.9 sind die HMF-Konzentrationen beider Phasen an der Phasengrenze graphisch
dargestellt.
[HMF]
Phasengrenze
0,3
c(HMF) in Wasser: 0,273 g/L
c(HMF) in MIBK: 0,254 g/L
0,2
0,1
Abb. 6.9
MIBK-Phase
Wasserphase
HMF-Konzentration an der Phasengrenze am Beispiel der Fraktion 0,063-0,5 mm Perlendurchmesser bei t = 24 h
Man erkennt, daß die Diffusion deutlich weniger gehemmt ist als im Membranreaktor. Die
Konzentrationsdifferenz zwischen den Phasen ist mit 0,019 g/L verglichen mit dem Wert im
Membranreaktor (0,155 g/L) erheblich geringer, gleichzeitig wird mit 0,93 fast der Wert für
den HMF-Verteilungskoeffizienten im Gleichgewicht (0,95) erreicht.
Die Werte für die Fructoseabbauaktivität liegen für alle Perlenfraktionen zwischen 0,009 und
0,01 mmol/h·gKat; im Gegensatz zur In-situ-Oxidation im Membranreaktor und mit konditionierten, nichtsiliconimmobilisierten PtBi/C-Katalysatoren konnte kein signifikanter
Unterschied zur Abbauaktivität ohne Derivatisierung festgestellt werden. Eine oxidative
Zersetzung der Fructose findet diesem Ergebnis nach nicht statt, auch eine Diffusionslimitierung liegt nicht vor.
Die maximale Selektivität an Oxidationsprodukten, die max. Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten sowie die FDCA- und die Lävulinsäureausbeute als Ergebnisse sind in Abb. 6.10
dargestellt.
145
Kapitel 6
Selektivität/Ausbeute [%]
80
60
max. Selektivität Oxidationsprodukte
max. Ausbeute Oxidationsprodukte
FDCA-Ausbeute
Lävulinsäureausbeute
40
20
0
0,063 - 0,5
0,5 - 1
1 - 1,4
1,4 - 2
Perlendurchmesser [mm]
Abb. 6.10
Max. Selektivität der HMF-Oxidationsprodukte, max. Oxidationsproduktausbeute
Lävulinsäure-, und FDCA-Endausbeute der In-situ-Oxidation im Wasser/MIBKZweiphasensystem mit siliconimmobilisiertem Oxidationskatalysator. Variation des SiPerlendurchmessers, 50 mL MIBK/0,36 g PtBi/C, 75 mL Wasser/5,3 g Lewatit SPC 108
Bei den Ansätzen mit Siliconperlendurchmessern von 0,063-0,5 mm, 0,5-1 mm und 1-1,4 mm
wird mit Werten von 30,8 % bis 31,2 % nach etwa 5 Tagen eine deutlich höhere max.
Gesamtausbeute an HMF-Oxidationsprodukten verglichen mit der Ausbeute im Membranreaktor (22,6 %) erreicht. Auch die Ausbeuten an FDCA liegen mit 22,4 bis 23,7 % nach
7 Tagen über der Ausbeute im Membranreaktor (20 %) und mit nichtsiliconimmobilisiertem,
konditionierten PtBi/C-Katalysator (10 %). Die theoretische Derivatausbeute von 35 % wird
nicht erreicht, was wiederum mit der mangelnden Stabilität der HMF-Oxidationsprodukte
über den langen Reaktionszeitraum von mehreren Tagen erklärt werden kann. Die maximale
intermediäre Selektivität ist mit 45-48 % nach ca. 2 Tagen ebenfalls erheblich höher im
Vergleich zur Selektivität im Membranreaktor (29,8 %). Sowohl die erhöhte intermediäre
Selektivität als auch die erhöhte FDCA-Ausbeute sind auf die im siliconimmobilisierten
System erhöhte Geschwindigkeit des Gesamtprozesses zurückzuführen, die durch den ersten
Reaktionsschritt, der Dehydratisierung von Fructose, bestimmt wird. Die kürzeren Reaktionszeiten wirken sich aufgrund der nicht absoluten Stabilität der Oxidationsprodukte positiv auf
die Selektivität und die Ausbeute aus. Dabei werden die maximalen Werte für die intermediäre Selektivität und die Gesamtausbeute zu früheren Zeitpunkten als im Membranreaktor
146
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
erreicht, die maximale Gesamtausbeute nach 5 Tagen (Membranreaktor: 7 Tage) und die
intermediäre Selektivität bereits nach 2 Tagen (Membranreaktor: 5 Tage).
Beim Ansatz mit den größten Perlen ist eine leicht verminderte intermediäre Selektivität und
Endausbeute an FDCA und HMF-Oxidationsprodukten zu beobachten (41,3, 18,2 % bzw.
26,2 %), die auf eine beginnende Diffusionslimitierung im polymeren Siliconnetzwerk
zurückzuführen ist.
Die Ausbeute am unerwünschten Nebenprodukt Lävulinsäure ist mit 23 bis 27 % für alle
Ansätze im Vergleich zur Ausbeute im Membranreaktor praktisch unverändert. Dies war
erwartet, da die Geschwindigkeitsverhältnisse Lävulinsäurebildung/HMF-Oxidation für beide
Systeme in etwa die gleichen sind. Die Katalysatorkonzentrationen wurden so angesetzt, daß
beide Geschwindigkeiten in etwa gleich groß sind. Die erhöhte Gesamtgeschwindigkeit hat
keine Auswirkungen auf die Bildung von Lävulinsäure.
Anhand der relativ großen Differenz zwischen der FDCA-Endausbeute und der maximalen
intermediären Selektivität bzw. der Gesamtausbeute an HMF-Oxidationsprodukten zeigt sich
wiederum, daß die Oxidationsprodukte über die lange Reaktionsdauer von mehr als 7 Tagen
unter den drastischen Reaktionsbedingungen nicht vollkommen stabil sind. Um die Stabilität
der HMF-Oxidationsprodukte im Zeitrahmen der In-situ-Oxidation zu ermitteln, wurde ein
zusätzlicher Test analog zu dem in Kap. 6.2.1 beschriebenen Versuch mit FDA, FFCA und
FDCA durchgeführt. Das Ergebnis ist in Abb. 6.11 graphisch dargestellt.
Konzentration [mmol/L]
30
20
10
0
FDA
FFCA
FDCA
0
2
4
6
8
10
Zeit [Tage]
Abb. 6.11
Stabilität der Oxidationsprodukte über einen längeren Zeitraum in wäßriger Phase unter
HMF-Bildungsbedingungen (35,3 g/L SPC 108 und T = 80 °C)
147
Kapitel 6
Beim Vergleich der Stabilitäten der Einzelkomponenten sind deutliche Unterschiede zu
erkennen. Am stabilsten ist FDA, FFCA und FDCA sind in etwa gleich aber weniger stabil.
Dieses Ergebnis deutet darauf hin, daß die Decarboxylierung von CO2 aus der Carbonsäurefunktion leichter erfolgen kann, als die Decarbonylierung von CO aus der Aldehydfunktion.
Nach 10 Tagen sind FDCA und FFCA zur Hälfte abgebaut, FDA lediglich zu gut einem
Viertel. Dieses Ergebnis bestätigt die Beobachtung im In-situ-Oxidationsprozeß, daß die
gebildeten HMF-Derivate, insbesondere die gebildeten Produktsäuren, über den langen
Zeitraum der In-situ-Oxidation in beträchtlichem Maße wieder zerfallen.
6.5.4
Variation des Katalysatorverhältnisses saurer Katalysator –
Oxidationskatalysator
Durch die Einstellung eines günstigeren Verhältnisses saurer Katalysator – Oxidationskatalysator, d. h. durch eine höhere Menge Oxidationskatalysator bei konstanter Säuremenge, sollte
eine höhere HMF-Oxidationsgeschwindigkeit zu erreichen sein, was sich positiv auf die
Bildungsselektivität der HMF-Oxidationsprodukte und auf die Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten und FDCA im Vergleich zu Lävulinsäure auswirken sollte. Um den Einfluß des
Katalysatorverhältnisses auf die In-situ-Oxidation zu untersuchen, wurden unterschiedliche
Mengen Si-verkapselten PtBi/C-Katalysators in 50 mL MIBK gequollen (5 g, 7,5 g, 10 g und
12,5 g entsprechend 0,35 g, 0,52 g, 0,70 g und 0,87 g PtBi/C) und mit 7,5 g Lewatit SPC 108
(Feuchtmasse) in 75 mL Wasser für die In-situ-Oxidation eingesetzt. Da bei sehr hohen
Oxidationskatalysatormengen bei einer Beladung von 0,48 g PtBi/C pro 10 g Silicon die
Siliconperlen nicht vollständig durch die festgelegte MIBK-Menge von 50 mL aufquellen
würden, wurden diese Versuche mit Si-Perlen höherer Beladung (0,70 g PtBi/C pro 10 g
Silicon) und dementsprechend einer geringeren Menge Silicon durchgeführt. Zur Beurteilung,
ob bei diesen höheren Beladungen eine Diffusionslimitierung auftritt, wurde der Versuch mit
einer Oxidationskatalysatormenge von 0,52 g PtBi/C mit beiden Beladungen durchgeführt
(0,70 g Kat/10 g Si entsprechend 7,5 g Silicon; 0,48 g Kat/10 g Si entsprechend 11 g Silicon).
Aufgrund der beginnenden Diffusionslimitierung bei Perlendurchmessern über 1,4 mm wird
die klassierte Perlenfraktion 0,063-1,4 mm für die Reaktion verwendet. In Abb. 6.12 ist das
Ergebnis der Untersuchungen dargestellt.
148
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
Selektivität, Ausbeute [%]
80
max. Selektivität Oxidationsprodukte
FDCA-Ausbeute
Lävulinsäureausbeute
60
Beladung: 0,48 g PtBi/C
auf 10 g Silicon
Beladung: 0,70 g PtBi/C
auf 10 g Silicon
40
20
0
0,35 g
0,52 g
0,52 g
0,70 g
0,87 g
Masse PtBi/C in Si-Perle
Abb. 6.12
Max. Selektivität der HMF-Oxidationsprodukte, Lävulinsäure-, Oxidationsprodukt- und
FDCA-Endausbeute der In-situ-Oxidation im Wasser/MIBK-Zweiphasensystem mit
siliconimmobilisiertem Oxidationskatalysator. Abhängigkeit von der Oxidationskatalysatormenge. 0,35-0,87 g PtBi/C (= 5-12,5 g Si-Perlen) in 50 mL MIBK, 2,65 g Lewatit
SPC 108 in 75 mL Wasser.
Die absoluten Werte der Produktselektivitäten aus den Versuchsreihen zur Bestimmung der
Abhängigkeit vom Si-Perlendurchmesser und vom Katalysatorverhältnis der In-situ-Oxidation mit Si-verkapselten PtBi/C-Katalysatoren können leider nicht miteinander verglichen
werden, da sich die bei den unterschiedlichen Versuchsreihen eingesetzten Katalysatorchargen der Degussa-Hüls AG stark in ihren Eigenschaften bezüglich Aktivität und Selektivität
unterscheiden.
Die Versuche mit unterschiedlichen Beladungen aber gleichen absoluten Mengen unterscheiden sich nicht signifikant, es liegt also auch bei den höher beladenen Si-Perlen keine Diffusionslimitierung vor
Aus der Abbildung ist zu erkennen, daß mit steigendem Verhältnis Oxidationskatalysator/
feststoffsaurer Katalysator durch die zunehmende Oxidationsgeschwindigkeit die Lävulinsäurebildung zurückgedrängt werden kann und wie erwartet von 25 % auf 13 % abnimmt. Die
Oxidationsproduktbildung und die Bildung von FDCA zeigen ein Maximum bei 0,52 g
PtBi/C (42 % für die max. Selektivität, 28 % für die max. Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten und 21 % für die FDCA-Endausbeute). Für den unerwarteten Effekt der Abnahme der
149
Kapitel 6
Ausbeute und der max. Selektivität der HMF-Oxidationsprodukte bei hohen Oxidationskatalysatorkonzentrationen gibt es zwei mögliche Erklärungen:
Die HMF-Bildung könnte einerseits durch Oxidation der primären und sekundären Dehydratisierungsprodukte, die auf dem Reaktionsweg von Fructose zu HMF entstehen und im
Gegensatz zu Fructose eine gewisse Löslichkeit in MIBK besitzen könnten, beeinflußt
werden.
Möglicherweise beruht die Abnahme der FDCA-Ausbeute und der max. Selektivität aber
auch auf den unterschiedlichen Stabilitäten der HMF-Oxidationsprodukte. Bei hohen PtBi/CKonzentrationen könnte die beschleunigte Bildung der im Vergleich zu FDA weniger stabilen
Säuren FFCA und FDCA der Grund für die Abnahme der maximalen Selektivität und der
FDCA-Ausbeute sein.
6.5.5
Variation der Menge an saurem Katalysator und Oxidationskatalysator
Durch einen Versuch mit fixiertem, optimalen Katalysatorverhältnis saurer Katalysator/Oxidationskatalysator aber unterschiedlicher Gesamtkatalysatormenge sollte eine weitere
Steigerung der Ausbeute möglich sein. Eine Erhöhung der Gesamtprozeßgeschwindigkeit mit
steigender Katalysatormenge sollte sich aufgrund der nicht absoluten Stabilität der HMFOxidationsprodukte positiv auf die erzielbaren Ausbeuten auswirken.
Durch Erhöhung der Katalysatormengen werden Bildung und Oxidation der primären und
sekundären Fructosedehydratisierungsprodukte im gleichen Maße beeinflußt, so daß an dieser
Stelle keine Verbesserung oder Verschlechterung von Ausbeute und Selektivität zu erwarten
ist.
Bezüglich der schnelleren Bildung der instabileren Produkte FFCA und FDCA hat die
Erhöhung der Katalysatormenge zwei Effekte: Aufgrund der erhöhten Gesamtprozeßgeschwindigkeit werden die maximalen HMF-Oxidationsproduktausbeuten zu früheren
Zeitpunkten erreicht, was zu einer Steigerung der Ausbeute führen sollte. Gleichzeitig wird
die Bildung der im Vergleich zu FDA weniger stabilen Produktsäuren FFCA und FDCA
beschleunigt, was wiederum eine negative Auswirkung auf die Ausbeute zur Folge haben
sollte.
In Abb. 6.13 sind die HMF-Produktausbeuten bei konstantem Verhältnis saurer Katalysator –
Oxidationskatalysator aber unterschiedlichen Gesamtkatalysatormengen graphisch dargestellt.
150
In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem Wasser/MIBK
Selektivität, Ausbeute [%]
80
max. Selektivität Oxidationsprodukte
max. Ausbeute Oxidationsprodukte
FDCA-Ausbeute
Lävulinsäureausbeute
60
40
20
0
10 g Lewatit SPC 108
0,52 g PtBi/C
Abb. 6.13
12,5 g Lewatit SPC 108
0,65 g PtBi/C
15 g Lewatit SPC 108
0,78 g PtBi/C
Abhängigkeit der Produktbildungsselektivitäten der In-situ-Oxidation im Wasser/ MIBKZweiphasensystem mit Si-verkapselten PtBi/C-Katalysatoren von der Katalysatormenge
bei fixiertem Verhältnis saurer Katalysator/Oxidationskatalysator. 0,52-0,78 g PtBi/C (=
7,5-11,25 g Si-Perlen) in 50 mL MIBK, 3,53-5,3 g (= 10-15 g Feuchtmasse) Lewatit SPC
108 in 75 mL Wasser.
Tatsächlich konnte eine leichte Zunahme der FDCA-Ausbeute von 21 % auf 25 % und der
HMF-Oxidationsproduktausbeute von 27,6 % auf 32 % erreicht werden, während die HMFOxidationsproduktselektivität und die Lävulinsäureausbeute in etwa gleich blieb.
6.5.6
Schlußfolgerungen
Es konnte gezeigt werden, daß die In-situ-Oxidation von Hydroxymethylfurfural ausgehend
von Fructose im Zweiphasensystem Wasser/MIBK möglich ist. Für das am intensivsten
untersuchte System mit siliconimmobilisiertem PtBi/C-Katalysator konnte eine FDCAAusbeute von 25 %, eine Ausbeute an HMF-Oxidationsprodukten von 32 % und eine intermediäre Oxidationsproduktselektivität von etwa 50 % mit 15 g Lewatit SPC 108/75 mL
Wasser und 0,78 g PtBi/C/50 mL MIBK erzielt werden. Damit wurde die intermediäre HMFAusbeute von 12,5 % bei der Fructosedehydratisierung ohne Derivatisierung erheblich gesteigert. Die Konzepte funktionieren, leiden aber darunter, daß die HMF-Oxidationsprodukte
nicht hundertprozentig stabil unter den sauren HMF-Bildungsbedingungen sind.
151
Kapitel 6
Mit der Oxidation der intermediär auf dem Weg der Fructosedehydratisierung zu HMF gebildeten primären und sekundären Dehydratisierungsprodukte wurde ein weiterer, unerwarteter
Effekt beobachtet, der die HMF-Oxidationsproduktausbeute im In-situ-Derivatisierungsprozeß vermindert. Da sich diese Substanzen mit steigendem Dehydratisierungsgrad zunehmend
gut in MIBK lösen, wird es außerordentlich schwierig, diesen Prozeß gänzlich zu verhindern.
Für die In-situ-Oxidation mit Si-immobilisiertem PtBi/C-Katalysatormaterial wurde ein
optimales Verhältnis bezüglich der Mengen an Oxidationskatalysator und feststoffsaurem
Katalysator ermittelt. Bei geringen Oxidationskatalysatormengen ist in starkem Ausmaß die
Folgereaktion zu Lävulinsäure zu beobachten, bei sehr hohen Oxidationskatalysatormengen
gewinnt die Oxidation der Intermediärprodukte als unerwünschte Nebenreaktion an
Bedeutung.
Eine Beschleunigung der Geschwindigkeit des Gesamtprozesses kann zumindest den Zerfall
der bereits gebildeten HMF-Oxidationsprodukte FDA, FFCA und FDCA reduzieren, was den
Einsatz hoher Katalysatorkonzentrationen verlangt. Allerdings sind die eingesetzten Katalysatorkonzentrationen in dem optimalen System aufgrund der ausgesprochen niedrigen
Aktivitäten sowohl der verwendeten Feststoffsäure Lewatit SPC 108 als auch des PtBi/CKatalysators für die HMF-Oxidation in MIBK bereits unbefriedigend hoch (eingesetzte
Katalysatorkonzentrationen: 70,6 g/L für die Feststoffsäure und 15,7 g/L für den Oxidationskatalysator). Eine grundlegende Verbesserung sollte durch Vewendung aktiverer Feststoffsäuren und Oxidationskatalysatoren möglich sein.
Aufgrund der nicht hundertprozentigen Stabilität der HMF-Oxidationsprodukte und der
möglichen Oxidierbarkeit der Intermediärprodukte, die bei der HMF-Bildung aus Fructose
entstehen, erscheint die HMF-Derivatisierung durch In-situ-Oxidation ohne zusätzliche
Maßnahmen allein nicht sinnvoll. Eine Abschätzung, wieviel FDCA im Idealfall absoluter
Stabilität maximal entstehen könnte, wie sie mit dem entwickelten erweiterten kinetischen
Modell möglich sind, ist für die vorliegenden Verhältnisse im Wasser/MIBK-Zweiphasensystem schwierig. Deshalb können auch Aussagen über eine mögliche Prozeßführung unter
kontinuierlicher Abführung des gebildeten FFCA und FDCA als ionische Reaktionsprodukte
beispielsweise mit gekoppelter Elektrodialyse nur schwerlich getroffen werden. Mit einem
solchen Prozeß sollte allerdings zumindest die zwischenzeitlich herrschende max. Selektivität
von etwa 50 % an Oxidationsprodukten mit dem PtBi/C-Katalysator der Degussa-Hüls AG
auch als Endausbeute erreichbar sein.
152
Zusammenfassung
7
Zusammenfassung
Bei Betrachtung der heute existierenden Verfahren zur Herstellung von 5-Hydroxymethylfurfural unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten muß man feststellen, daß es keine Methode mit
ausreichender Effizienz gibt. Damit bleibt der Zugang zu der breiten Produktpalette, die HMF
mit seinen vielfältigen Eigenschaften eröffnet, bisher weitgehend verschlossen. Um die
Wettbewerbsfähigkeit von HMF und damit gleichzeitig von nachwachsenden Rohstoffen für
Anwendungen im Non-food-Bereich zu erhöhen, besteht die Notwendigkeit, effektive und
kostengünstige Verfahren bevorzugt in Wasser als Lösungsmittel zu etablieren. Ziel der
vorliegenden Arbeit war es, neue Verfahren zur Herstellung von HMF aus D-Fructose (1) und
zur In-situ-Oxidation von HMF, d. h. zur gekoppelten Herstellung und Oxidation von HMF
zu 2,5-Furandicarbonsäure als wichtigstes HMF-Folgeprodukt in einem Prozeß (2) zu entwerfen und auszuarbeiten.
1.) Ein neuartiges Wasser/Polyethylenglycol-Zweiphasensystem wurde für die
Dehydratisierung von Fructose zu HMF entwickelt. Mit diesem System konnten die positiven
Lösungsmitteleigenschaften von PEG bezüglich der HMF-Ausbeute auf Wasser, dem für
technische Prozesse bevorzugten Lösungsmittel, übertragen werden. Das Hauptproblem ist
die Trennung von Wasser und PEG, zwei vollständig miteinander mischbaren Phasen. Die
Aufteilung des Systems in einen Reaktionsraum, PEG-Phase/Katalysatorsäure, und eine PEGfreie, wäßrige Edukt-/Produktphase, aus der die Aufarbeitung erfolgen kann, gelingt durch
Verwendung von Feststoffsäuren (Lewatit SPC 108) und einer reg. Cellulosemembran, über
die die Flüssigphasen in Kontakt gebracht werden und über die der Stoffaustausch erfolgt. Ein
Übertritt von PEG in die Wasserphase wird durch die Verwendung des hochmolekularen PEG
35.000 und einer Membran mit einem MWCO von 3.500 verhindert. Bereits mit einem
einfachen Aufbau dieses quasi-wäßrigen Systems konnte gezeigt werden, daß das Prinzip
funktioniert: Mit 14,7 % wurde eine höhere HMF-Ausbeute als in rein wäßriger Phase
(12,5 %) erreicht (Kap. 4.3).
2.) Es wurden systematische Untersuchungen zur sauerkatalysierten Dehydratisierung
von D-Fructose zu HMF in wäßriger Phase unter dem Aspekt einer möglichen In-situ-Oxidation durchgeführt. Da die HMF-Oxidation bevorzugt unter alkalischen Bedingungen abläuft,
153
Kapitel 7
war es das Ziel, ein möglichst mildes Milieu für die sauerkatalysierte HMF-Bildung zu realisieren. Die Reaktion wurde mit unterschiedlichen feststoffsauren Katalysatoren und zum
Vergleich bei verschiedenen pH-Werten mit Salzsäure als Katalysatorsäure untersucht. Mit
dem makroporösen, stark sauren Ionentauscher Lewatit SPC 108 konnte bei einer Konzentration von 35,3 g/L und einer Temperatur von 80 °C eine Reaktionsgeschwindigkeit erreicht
werden, die mit homogener Säure erst bei einem pH-Wert unter 1 erhalten wird. Bei
Verwendung von Lewatit SPC 108 liegt der pH-Wert im Milieu nach beendeter Reaktion bei
2,4. Durch die Verwendung von Feststoffsäuren für die Fructosedehydratisierung gelingt bei
gleicher Reaktionsgeschwindigkeit eine Verschiebung des Milieu-pH um ca. 1,5 pHEinheiten. Für einen In-situ-Oxidationsprozeß bedeutet dies, daß die Durchführung in einem
deutlich milderen Milieu als mit homogener Säure möglich wird (Kap. 4.2.1).
Ein kinetisches Modell wurde für das Reaktionsnetzwerk der Umsetzung von Fructose zu
HMF und weiter zu Lävulinsäure unter Einbeziehung der gleichzeitigen Bildung von
Huminen als Nebenreaktion mit dem Ionentauscher Lewatit SPC 108 entwickelt, wobei sich
eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Daten ergab. Das Modell wurde durch
einen idealen HMF-Derivatisierungsschritt erweitert, um zu beurteilen, welcher Anteil des
intermediär gebildeten HMF durch eine geeignete Derivatisierungsreaktion gegenüber der
konkurrierenden Bildung des unerwünschten Nebenprodukts Lävulinsäure stabilisiert werden
kann. Ohne Derivatisierung wird eine Endausbeute an Lävulinsäure von etwa 70 % erreicht.
Bereits bei einer gegenüber der Bildungsgeschwindigkeit von Lävulinsäure 10-fach höheren
Geschwindigkeit einer Derivatisierungsreaktion, die keinen weiteren Einfluß auf das
Reaktionsgeschehen hat, wird eine Ausbeute an Derivat von mehr als 70 % erreicht. Die im
Vergleich zu Lävulinsäure erhöhte Ausbeute erklärt sich daraus, daß auch die Bildung von
Huminen aus HMF zurückgedrängt wird. Bei einer 100-fach höheren Derivatisierungsgeschwindigkeit spielt die Bildung von Lävulinsäure keine Rolle mehr, gleichzeitig wird eine
max. theoretische Derivatausbeute von annähernd 80 % erreicht, die auch durch weitere
Beschleunigung kaum noch gesteigert werden kann (Kap. 4.2.2).
Als HMF-Derivatisierungsreaktion wurde die edelmetallkatalysierte Oxidation von HMF zu
FDCA untersucht (Kap. 5.2). Wesentliches Problem bei der Durchführung der In-situ-Oxidation in rein wäßriger Phase ist die mögliche Oxidierbarkeit von Fructose als Substrat. In
einem umfangreichen Screening wurden Platin- und Palladiumkatalysatoren auf ihre Substratselektivität hin getestet. Als Testreaktion wurde die gleichzeitige Oxidation von Fructose und
HMF (Konzentration je 10 g/L) bei 80 °C ohne Kontrolle des pH-Werts unter sauerstofflimitierten Bedingungen untersucht. Mit dem besten Katalysator aus diesem Screening, einem
Pt/Al2O3-Katalysator, wurde ein Verhältnis HMF/Fructoseabbauaktivität von 52,6 erzielt. In
einem In-situ-Oxidations-Experiment mit diesem Katalysator und Lewatit SPC 108 als
Feststoffsäure wurde eine FDCA-Endausbeute von 3,9 % erhalten. Dieser geringe Wert liegt
darin begründet, daß Fructose als Edukt im Verlauf der In-situ-Oxidation im Vergleich zum
154
Zusammenfassung
Intermediat HMF im großen Überschuß vorliegt. Dadurch wird ein großer Teil der eingesetzten Fructose oxidiert wird und schlägt nicht den gewünschten Reaktionspfad zu HMF und
weiter zu FDCA ein. Die Substratselektivität des Katalysators ist diesem Ergebnis nach für
das vorgegebene Konzentrationsverhältnis Fructose/HMF bei dem In-situ-Prozeß nicht
ausreichend.
Als Strategie, die mangelnde Substratselektivität in das Katalysatorsystem zu induzieren, wird
die Durchführung der Reaktionen in einem Zweiphasensystem vorgestellt. Dabei läuft die
HMF-Herstellung in Wasser und die HMF-Oxidation in einem nicht mit Wasser mischbaren
Lösungsmittel ab, in dem sich Fructose nicht löst und damit der Oxidation entzogen wird. Als
optimal hat sich die Verwendung von MIBK als substratselektiv wirkendes Lösungsmittel
und einem bimetallischen PtBi/C-Katalysator herausgestellt. Mit PtBi/C konnte ein Oxidationskatalysator mit akzeptabler Aktivität (0,66 mmol HMF/h·gKat in wassergesättigtem
MIBK) und Selektivität (90,3 % Bildungsselektivität FDA+FFCA+FDCA bei 78,7 %
Umsatz) gefunden werden, der auch in den Versuchen zur In-situ-Oxidation eingesetzt wurde
(Kap. 5.3). Dieser Katalysator ist gleichzeitig erstaunlich unempfindlich gegenüber Oxidation
und braucht vor dem Einsatz nicht aktiviert zu werden.
Zur Verwirklichung des Konzepts der In-situ-Oxidation von HMF im Zweiphasensystem
Wasser/MIBK wurden zwei Verfahrensvarianten entwickelt:
1. Durchführung der Reaktion im Membranreaktor; Trennung der Phasen und Reaktionsräume durch eine PTFE-Membran (Kap. 6.3)
2. Durchführung der Reaktion in Wasser/MIBK-Suspension; Immobilisierung von Oxidationskatalysatormaterial in einer polymeren Matrix und Quellung der Immobilisate in
MIBK (Kap. 6.5)
Mit beiden Verfahren ist die direkte Herstellung von Furandicarbonsäure über HMF
ausgehend von Fructose als Edukt möglich. Eine Oxidation von Fructose als Substrat findet
nicht statt.
Im Membranreaktor wurde eine FDCA-Endausbeute von 20 % und eine Ausbeute an HMFOxidationsprodukten von 23 % bezogen auf eingesetzte Fructose erreicht. Die maximale intermediäre Selektivität an FDA+FFCA+FDCA beträgt 30 %. Noch höhere Ausbeuten und
Selektivitäten konnten im Suspensionsverfahren mit siliconimmobilisierten PtBi/C-Katalysatoren (15 g Lewatit SPC 108/75 mL Wasser und 0,785 g PtBi/C/50 mL MIBK) erhalten
werden (25 % FDCA-Ausbeute bzw. 32 % FDA+FFCA+FDCA-Ausbeute). Die maximale
intermediäre Selektivität an HMF-Oxidationsprodukten beträgt im Reaktionsverlauf mit dem
155
Kapitel 7
zweiten System annähernd 50 %. Die intermediäre HMF-Ausbeute von 12,5 % bei der
Fructosedehydratisierung ohne Derivatisierung konnte damit erheblich gesteigert werden.
Es konnte gezeigt werden, daß das Konzept der In-situ-Oxidation, d. h. der Überführung von
aus Fructose gebildetem HMF in-situ in ein unter den HMF-Bildungsbedingungen stabiles
Produkt, FDCA, funktionieren. Ausbeutevermindernd wirkt sich aus, daß die HMFOxidationsprodukte nicht hundertprozentig stabil unter den sauren HMFBildungsbedingungen sind und daß auch die Intermediärprodukte der Fructose-Dehydratisierung oxidiert werden können.
Eine Abschätzung analog zum erweiterten kinetischen Modell, wieviel FDCA im Idealfall
absoluter Stabilität maximal entstehen könnte, ist für die vorliegenden Verhältnisse im
Wasser/MIBK-Zweiphasensystem schwierig. Allerdings sollte zumindest die zwischenzeitlich herrschende max. Selektivität von etwa 50 % an HMF-Oxidationsprodukten als FDCAEndausbeute erreichbar sein.
156
Ausblick
8
Ausblick
Mit den in dieser Arbeit entwickelten Verfahren zur In-situ-Oxidation von HMF ausgehend
von Fructose und zur Herstellung von HMF in einem Wasser/PEG-Zweiphasensystem
wurden zwei völlig neue Ansätze zur Erschließung der attraktiven Verbindungsklasse der
Furane aus nachwachsenden Rohstoffen eröffnet. Um diese Ansätze zu tragfähigen Verfahrensvarianten auszubauen, besteht noch weiterer Forschungs- bzw. Optimierungsbedarf.
Die Aktivität der Feststoffsäuren, die für die Dehydratisierung von Fructose zu Hydroxymethylfurfural eingesetzt wurden, ist aufgrund der geringen Säurezentrendichte der verwendeten
Materialien unbefriedigend gering. Für den Prozeß der In-situ-Oxidation bedeutet dies
zusätzliche Ausbeuteverluste, da die Derivatisierungsprodukte FDA, FFCA und FDCA unter
den Bedingungen der Dehydratisierung über den langen Reaktionszeitraum von mehreren
Tagen nicht vollständig stabil sind. Die Katalysatoreinwaagen lassen sich allerdings kaum
noch erhöhen, so daß eine Beschleunigung nur mit aktiveren feststoffsauren Katalysatoren,
d. h. Feststoffsäuren mit höherer Säurezentrendichte, zu erreichen ist. Zukünftig muß aus
diesem Grunde ein umfangreiches Screening nach feststoffsauren Katalysatoren hinsichtlich
der Katalysatoraktivität durchgeführt werden.
Nioboxid und Nioboxidphosphat sind vielversprechende Katalysatoren für die HMF-Herstellung aus Fructose, da diese Katalysatoren zum einen die höchsten Aktivitäten aller
untersuchten, feststoffsauren Katalysatoren aufweisen und zum anderen die Folgereaktion zu
Lävulinsäure nicht katalysiert wird. HMF entsteht als stabiles Endprodukt, die HMFAusbeute liegt allerdings deutlich unter der Gesamtproduktausbeute HMF + Lävulinsäure mit
organischen Ionentauschermaterialien, was auf nicht weiter untersuchte Nebenreaktionen
zurückgeführt werden muß. Die Herstellung von HMF aus Fructose mit Katalysatoren auf
Niobbasis sollte aufgrund des vielversprechenden Potentials dieser Substanzen, die bisher
ausschließlich direkt als Rohprodukt für die Reaktion eingesetzt wurden, weiter intensiv
untersucht werden. Möglicherweise gelingt es, durch gezielte Vorbehandlungsschritte
(Tempern, Calcinieren etc.) oder Modifikationen (z. B. Zudotierung von Zweitsalzen) die
Selektivität der Reaktion in Richtung HMF zu steuern und damit die HMF-Ausbeute weiter
zu erhöhen.
157
Kapitel 8
Ein idealer In-situ-Oxidationsprozeß für HMF würde in rein wäßriger Phase durchgeführt
werden. An den Oxidationskatalysator werden extreme Anforderungen bezüglich Substratselektivität, Produktbildungsselektivität und Aktivität gestellt: Weder Fructose noch die bei
der Fructosedehydratisierung entstehenden Dehydratisierungsprodukte dürfen oxidiert
werden, gleichzeitig muß HMF mit hoher Aktivität zu FDA, FFCA und FDCA umgesetzt
werden. Platin ist als Aktivkomponente nicht zu ersetzen, als Trägermaterial kommen neben
den bisher untersuchten Stoffen auch alle anderen, im sauren Milieu stabilen Materialien in
Frage (Oxide, Sulfate, Carbonate etc.). Erfolgversprechend könnte die Zudotierung einer oder
mehrerer Komponenten sein, die entweder aktivitätssteigernd auf den HMF-Oxidationsschritt
wirken oder durch selektive Vergiftung (z. B. durch Schwefel) die Aktivität der Oxidation der
übrigen Substrate vermindern. Ein gezieltes Katalysatordesign ist schwierig, da die Veränderung der Katalysatorzusammensetzung zu unübersichtlichen und gegenläufigen Effekten
führen kann. Aus diesem Grund ist in Zukunft ein umfangreiches Katalysatorscreening vonnöten, wobei die neuen HTS-Methoden (high throughput screening) mit automatisierten
Screeningrobotern eine ideale Möglichkeit bieten, durch hohen Probendurchsatz schnelle
Ergebnisse zu erzielen. Als Testreaktion hat sich die gleichzeitige Oxidation von HMF und
Fructose als ungeeignet erwiesen, da das Kriterium Substratselektivität auch auf die Intermediate, die bei der Fructosedehydratisierung zu HMF entstehen, ausgeweitet werden muß.
Von daher muß als Testreaktion direkt die In-situ-Oxidation von HMF ausgehend von
Fructose in einem Katalysatormischbett aus Feststoffsäure und den zu untersuchenden
Oxidationskatalysatoren durchgeführt werden.
Außer nach Edelmetallträgerkatalysatoren sollte das Screening auch auf Enzymkatalysatoren
ausgedehnt werden. Insbesondere im Hinblick auf die gewünschte Substratselektivität sind
Enzyme aufgrund ihrer grundsätzlich sehr spezifischen Wirkung auf Substrate vielversprechende Katalysatoren. Die enzymkatalysierte Oxidation von HMF ist in geringer Ausbeute
bei niedriger Temperatur z. B. mit Chloroperoxidase bereits beschrieben [256].
Ein weiteres grundsätzliches Problem bei der Durchführung der In-situ-Oxidation stellt die
Bildung saurer, desaktivierend wirkender Produkte dar. Diesem Sachverhalt könnte durch
Kombination der In-situ-Oxidation mit selektiven Trennverfahren, z. B. mit der Elektrodialyse [258], begegnet werden. Ein weiteres Katalysatorscreening nach Oxidationskatalysatoren,
die HMF selektiv zum neutralen 2,5-Furandialdehyd oxidieren, erscheint wenig vielversprechend, da die Aldehydfunktion insbesondere in wäßriger Phase sehr leicht zur
Carbonsäurefunktion oxidiert werden kann.
Die Durchführung der In-situ-Oxidation im Zweiphasensystem Wasser/MIBK wurde
aufgrund des Fehlens genügend substratselektiver Katalysatoren in rein wäßriger Phase
notwendig. Da sich immer geringe Mengen an MIBK in der Wasserphase lösen, die bei der
158
Ausblick
Aufarbeitung kostenintensiv entfernt werden müßten, ist diese Verfahrensweise in technischen Prozessen unerwünscht. Dennoch erscheint es lohnenswert, auch diesen Weg weiter
zu verfolgen, da der Anspruch an die Substratselektivität der einzusetzenden Oxidationskatalysatoren in MIBK deutlich geringer ist, als bei der In-situ-Oxidation in rein wäßriger Phase.
Als Kriterien für ein Screening nach Oxidationskatalysatoren muß neben der Substratselektivität, die sich in diesem Falle nicht auf die Konkurrenzoxidation von Fructose bezieht sondern
lediglich die Oxidation der Fructose-Dehydratisierungsprodukte betrifft, vor allem die
Aktivität genannt werden. Diese ist mit dem bisher verwendeten PtBi/C-Katalysator der
Degussa-Hüls AG wenig befriedigend.
Die Verfahrensvariante der Immobilisierung von Katalysatormaterial in eine Siliconmatrix
und der anschließenden Quellung in einem organischen Lösungsmittel zur Durchführung von
katalytischen Reaktionen in einem Zweiphasensystem kann auch auf andere Reaktionen
übertragen werden. Geeignet sind solche Reaktionen, bei denen ein bestimmtes Substrat von
einem Katalysator ferngehalten werden soll, oder Katalysatorbestandteile wie z. B. organische
Modifier, die sich leicht ablösen, zurückgehalten werden müssen.
Die Herstellung von HMF im Wasser/PEG-Zweiphasenkontakt wurde in einem offenen
System mit einer reg. Cellulose-Flachmembran durchgeführt. Eine erhebliche Verbesserung
ist durch die Verwendung von Hohlfasermembranmodulen aufgrund der deutlich größeren
Membranaustauschfläche und der dadurch verbesserten Stoffübergangseigenschaften zu
erwarten. Bei Verwendung von druckstabilen Membranen sollte die Verwirklichung eines
geschlossenen Systems möglich sein; ein solches System hätte gegenüber dem offenen
System deutliche energetische Vorteile, da kein Einstellen der Verdunstungsgeschwindigkeit
durch Überblasen mit Heißluft mehr nötig ist.
159
Kapitel 9
9
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[245] K.-D. VORLOP; Bio- und edelmetallkatalytischer Abbau von Nitrit und Nitrat im
Trinkwasser mittels Wasserstoff, in: Jahrbuch Biotechnologie, Band 4, (Hrsg. P.
176
Literaturverzeichnis
[246]
[247]
[248]
[249]
[250]
[251]
[252]
PRÄVE, M. SCHLINGMANN, K. ESSER, R. THAUER, F. WAGNER), Carl Hanser Verlag,
München, (1992), S. 307-349
A. BREHM; Zur Methodik der Ermittlung kinetischer Daten von Dreiphasenreaktionen,
Habilitationsschrift, Universität Oldenburg, (1992)
C. N. SATTERFIELD, Heterogeneous Catalysis in Industrial Practice, 2. Aufl., Mc
Graw-Hill, New York, (1991)
O. LEVENSPIEL; Chemical reaction engineering, 2. Aufl., John Wiley & Sons, New
York, (1972)
K. LAIDLER; Chemical kinetics, 2. Aufl., Mc Graw-Hill, New York, (1965)
R. KERBER, H. GLAMANN; Chemische Kinetik (Mikrokinetik), in: Ulmanns
Enzyclopädie der Technischen Chemie, Verlag Chemie, Weinheim, 4. Aufl., (1972),
Band 1, S. 161-196
E. S. SWINBOURNE; Auswertung und Analyse kinetischer Messungen, Taschentext 37,
Verlag Chemie, Weinheim, (1975)
in: CRC Handbook of Chemistry and Physics, (Hrsg. D. R. Lide), CRC Press Inc.,
Boca Raton, (1995), S. 6-15
[253] HOECHST AG (Hrsg.); Organische Chemikalien Hoechst – Lösemittel Hoechst – Ein
Handbuch für Laboratorium und Betrieb, Hoechst AG, Verkauf Organische
Chemikalien, Frankfurt/Main, (1976)
[254] A. MUSCAT, A. BETTIN, K.-D. VORLOP; Herstellung und Charakterisierung
hochporöser und elastischer Silicon-Trägermaterialien mit einer verbesserten
Sauerstoffversorgung für immobilisierte Zellen, Chem.-Ing.-Tech, 68, (1996), S. 584586
[255] RÖMPP, (Hrsg. J. FALBE, M. REGITZ); Chemie Lexikon, 9. Auflage, Georg Thieme
Verlag, Stuttgart, (1989)
[256] M. P. J. VAN DEURZEN, F. VAN RANTWIJK, R. A. SHELDON; Chloroperoxidasecatalyzed oxidation of 5-Hydroxymethylfurfural, J. Carbohydr. Chem., 16, (1997), S.
299-309
[257] C. FAYET, J. GELAS; Novelle méthode de préparation du 5-Hydroxyméthyl-2furaldéhyde par action de sels d’ammonium ou d’immonium sur les mono-, oligo et
poly-saccharides. Accès direct aux 5-Halogénomethyl-2-furaldéhydes, Carbohydr.
Res., 122, (1983), S. 59-68
[258] C. RECKER; Kontinuierliche katalytische Oxidation von Isomaltulose und verwandten
Verbindungen, Dissertation, TU Braunschweig, (1995)
177
Kapitel 10
10 Anhang
10.1
Abkürzungen
Abb.
abs.
ACA
äq
BET
BINAP
CBMM
deion.
Deriv.
DM
DMF
DMSO
DVB
eff.
Fa.
FA
FDA
FDCA
FFCA
Fru
Gl.
HAF
HFBR
HFCA
HMF
HPLC
Abbildung
absolut
Institut für Angewandte Chemie Adlershof e. V.
äquivalent
Brunauer, Emmett, Teller
2,2‘-Bis(diphenylphosphonino)-1,1‘-binaphthyl
Companhia Brasileira de Metalurgia e Mineracao
deionisiert
Derivat
Deutsche Mark
Dimethylfuran
Dimethylsulfoxid
Divinylbenzol
effektiv
Firma
Ameisensäure
2,5-Furandialdehyd
2,5-Furandicarbonsäure
5-Formyl-2-Furancarbonsäure
Fructose
Gleichung
Hydroxyacetylfuran
Hollow Fibre Bioreactor
5-Hydroxymethyl-2-Furancarbonsäure
5-Hydroxymethylfurfural
high-performance-liquid-chromatographie (Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie)
178
Anhang
HUM
IUPAC
IWM
Kap.
Kat
KFM
Konz.
LA
Läv.
max.
MIBK
Me
Mio
mittl.
Mrd
MTBE
MTG
MTO
MWCO
PC
PDMS
PEF
PEG
PET
PTFE
PVAL
PVDF
PVP
reg.
RI
RTV
s
SAP
Sdp.
SHOP
Si
SLP
SMSI
Humine
International Union of Pure and Applied Chemistry
incipient wetness method (Imprägnierungsmethode bei beginnender Feuchte)
Kapitel
Katalysator
Katalysatorfeuchtmasse
Konzentration
Lävulinsäure
Lävulinsäure
maximale
Methylisobutylketon
Metall
Millionen
mittlerer
Milliarden
Methyl-Tert.-butyl-Ether
Methanol to Gasoline
Methanol to Olefine pH
mol weight cut off
Personal Computer
Polydimethylsiloxan
Polyethylenfuranat
Polyethylenglycol
Polyethylenterephthalat
Polytetrafluorethylen
Polyvinylalkohol
Polyvinylidenfluorid
Polyvinylpyrrolidon
regeneriert
refractive index (Brechungsindex)
Raumtemperaturvernetzer
Substanz
supported aqueous phase
Siedepunkt
Shell Hgher Olefins Process
Silicon
supported liquid phase
strong metal support interaction
179
Kapitel 10
Tab.
TPPTS
UF
UV
vgl.
Tabelle
Triphenylphosphan-trisulfonat
Ultrafiltration
ultraviolett
vergleiche
10.2
Formelzeichen und Symbole
a
A
bar
c
C
cm
d
DS
Jahr
Fläche
Bar
Konzentration
Celsius
Zentimeter
Tag, Durchmesser
Diffusionskoeffizient
elektrochemisches Potential
Aktivierungsenergie
Reibungskoeffizient
Gramm
Stunde
Liter
Stoffmengenfluß
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante, Stoffdurchgangskoeffizient
Geschwindigkeitskonstante HMF-Derivatisierung
Geschwindigkeitskonstante Fructosedehydratisierung
Geschwindigkeitskonstante HMF-Hydrolyse
Geschwindigkeitskonstante HMF-Hydrolyse + HMF-Derivatisierung
Verteilungskoeffizient
Adsorptionsgleichgewichtskonstante, Kelvin
Kilogramm
Liter
Logarithmus
Masse, Meter
Millibar
Millimeter
Millimol
E
Ea
f
g
h
L
J
k
kderiv
kF
kH
kHd
Ks
K
kg
L
log
m
mbar
mm
mmol
180
Anhang
MW
min
mL
mol
n
nm
p
Pm
r
R
s
S
t
T
U
V
x
Molgewicht
Minute
Milliliter
Mol
Stoffmenge, Reaktionsordnung
Nanometer
Druck
diffusive Permeabilität
Reaktionsgeschwindigkeit, Radius
Gaskonstante, Korrelationskoeffizient
Substratmolekül
Oberfläche
Zeit, Tonne
Temperatur
Umdrehungen
Volumen
Schichtdicke
β
∆
ε
ζ
η
µ
µL
ν
τ
Φ
Φ‘
Stoffübergangskoeffizient
Differenz
Porenanteil an Membranoberfläche
Ortskoordinate
Katalysatorwirkungsgrad
chemisches Potential
Mikroliter
stöchiometrischer Koeffizient
Krümmungsfaktor
Thiele-Modul
erweiterter Thiele-Modul
Æ
Durchmesser
$
°
Dollar
Grad
181
Kapitel 10
10.3
Verwendete Geräte und Chemikalien
Laborgeräte
Waagen: Typ BA 2100 S, Fa. Sartorius, Göttingen; Typen 510 und GS 3200, Fa. Kern,
Alberstadt
Magnetrührer: Typen Ikamag Reo, RET basic und RCT basic, Fa. IKA-Labortechnik, Staufen
pH-Meter: Typ CG 714, Fa. Schott, Hofheim/Taunus
pH-Elektroden: Typen U-402-S7 und U-455-S7 Fa. Ingold, Steinbach; Typ N 6480, Fa.
Schott, Hofheim/Taunus
Trockenschrank: Typ UM 400 Fa. Memmert, Schwabach
Thermostat: Typ K 20, Fa. Lauda Dr. R. Wobser, Lauda-Königshofen
Kryostat: Typ F 25, Fa. Julabo, Seelbach
Si-Perlenherstellung
Prüfsiebe: Fa. W. O. Schmidt, Braunschweig
Vakuumpumpe: Typ PC 510, Fa. Vacuubrand, Wertheim
Katalysatorteststände
Glasdoppelwandreaktoren (Eigenbau)
- pH-stat-Anlage: Typ TitroLine alpha, Fa. Schott, Hofheim/Taunus
- Rotameter, verschiedene: Fa. Bailey-Fischer-Porter, Göttingen
Druckreaktor (Stahl, Eigenbau)
- Magnetrührkopf: Typ MINI 100, Fa. Gebr. Buddeberg, Mannheim
- Rührwerk:
Typ
RW
16
basic,
Fa.
IKA-Labortechnik,
Staufen,
mit
Doppelkardankupplung, Fa. Juchheim, Fulda
- Tyristorsteuerung Typ ER 33, Fa. Heraeus-Wittmann, Heidelberg
- Heizplatte: Eigenbau
- 2-Punkt-Temperaturregler mit Pt-100-Meßstab: Typ GIR/GIA, Fa. Greisinger, Regenstauf
- Probennahmeventile: Fa. Parker (Bezug über Fa. Delta-Fluid, Braunschweig)
Offener Membranreaktor
- Membran aus reg. Cellulose: Typ Slide-A-Lizer 3,5 K, Fa. Pierce (Bezug über KMF
Laborchemie, St. Augustin)
Geschlossener Membranreaktor
- PTFE-Membran: Typ 0,45 µm, Fa. Sartorius, Göttingen
182
Anhang
HPLC-Analytik
stationäre Phase: Typ HPX-87 H, Fa. BIORAD, München
Autosampler: Typ SIL-10A, Fa. Shimadzu, Duisburg
Pumpe: Typ LC-10AD, Fa. Shimadzu, Duisburg
Ofen: Typ CTO-10A, Fa. Shimadzu, Duisburg
Detektoren:RI-Detektor, Typ RID-6A, Fa. Shimadzu, Duisburg
UV-Detektor SPD-10AV, Fa. Shimadzu, Duisburg
Auswertesoftware: Typ PC-Software LC-10, Fa. Shimadzu, Duisburg
Verwendete Chemikalien
5-Hydroxymethylfurfural: Fa. Südzucker, Mannheim/Ochsenfurt
2,5-Furandialdehyd: Fa. Südzucker, Mannheim/Ochsenfurt
5-Formyl-2-Furancarbonsäure: Fa. Südzucker, Mannheim/Ochsenfurt
2,5-Furandicarbonsäure: Fa. Südzucker, Mannheim/Ochsenfurt
Methylisobutylketon: Fa. Sigma-Aldrich, Steinheim
Pt-(IV)-Oxidhydrat: Fa. Chempur, Karlsruhe
Polyethylenglycole: Fa. Clariant, Frankfurt/Main, Fa. Hoechst, Frankfurt/Main
Wasserstoff, Stickstoff: Fa. Linde, Braunschweig
alle weiteren Chemikalien: Fa. Merck, Darmstadt
183
Danksagung
Herrn Prof. Dr. Klaus-Dieter Vorlop danke ich für die Überlassung des Themas und das mir
entgegengebrachte Vertrauen. Mit vielfältigsten Anregungen, Ideen und seiner steten
Diskussionsbereitschaft hat er wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.
Herrn Prof. Dr. H. Menzel danke ich für die Übernahme des Korreferats.
Bei meinen Kollegen Herrn Dr. Ulf Prüße, Frau Dipl.-Chem. Viola Morawsky, Herrn Dipl.Chem. Jörg Daum und Herrn Dr. Marc Hähnlein möchte ich mich für die enge
Zusammenarbeit und viele fruchtbare Diskussionen bedanken. Herrn cand.-Ing. Stefan Grzyb
danke ich für seine engagierte Mitarbeit, Herrn Dr. Thomas Willke danke ich für die
Unterstützung bei der Analytik.
Desweiteren gilt mein Dank allen Mitarbeitern des Instituts für Technologie der FAL
Braunschweig für Ihre Hilfsbereitschaft und das angenehme Betriebsklima.
Herrn Prof. Dr. B. Lücke und Herrn Dr. Berndt vom Institut für Angewandte Chemie Berlin
Adlershof danke ich für die zur Verfügung gestellten Platin-, Palladium- und GoldKatalysatoren sowie für die Analysen der Textur von Niobkatalysatoren.
Den Firmen Degussa-Hüls AG, Bayer AG und CBMM, Brasilien, danke ich für die zur
Verfügung gestellten Katalysatormaterialien.
Der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. danke ich für die finanzielle Unterstützung.
Meiner lieben Frau Kai danke ich für ihre Geduld und Gelassenheit. Sie war mir in jeder
Phase der Arbeit eine große Unterstützung.
Schließlich gilt mein besonderer Dank meinen Eltern, die mir meine Ausbildung ermöglicht
haben.
LEBENSLAUF
Martin Kröger
geboren am 1. Januar 1969 in Braunschweig
verheiratet
Staatsangehörigkeit: deutsch
Schulbildung
08/75-07/79
08/79-07/81
08/81-07/88
Zivildienst
08/88-03/90
Studium
10/90-08/95
10/95-08/96
08/96
Dissertation
10/96-02/97
04/97-04/00
Grundschule Braunschweig
Orientierungsstufe Braunschweig
Gymnasium Kleine Burg, Braunschweig
Abschluß: Abitur
Kirchengemeinde St. Andreas, Braunschweig
Studium der Chemie an der Technischen Universität Braunschweig
Diplomarbeit am Institut für Technologie, Bundesforschungsanstalt für
Landwirtschaft (FAL)
Thema: Herstellung und Charakterisierung von Katalysatoren zur
Nitratreduktion in Trinkwasser mit Ameisensäure als Reduktionsmittel
Abschluß des Studiums
wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Technische Chemie, TU
Braunschweig
wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Technologie,
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft
Arbeitsgebiet: Katalytische Konversion nachwachsender Rohstoffe
Berufliche Tätigkeit
Seit 08/00
angestellt bei der Firma Shimadzu Deutschland
Produktsspezialist und Applikationsberater
Braunschweig im Dezember 2002
GmbH
als