Styriarte A. Bischof Interview 11072015 Stainz.pages

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Styriarte A. Bischof Interview 11072015 Stainz.pages
Andrea Bischof: Man sollte Musik so oft wie möglich live erleben und Mut
haben im Konzert laut zu lachen! !
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Wir trafen Andrea Bischof kurz vor der öffentlichen Generalprobe zu „In Tempore Belli“ (Concentus
Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt) letzten Freitag im Schlosscafe in Stainz. Andrea
Bischof spielt 2. Violine im der Formation Quatuor Mosaique und ist Stimmführerin im Concentus
Musicus Wien.!
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Brigitte Ulbrich:!
Liebe Andrea Bischof, vielen Dank, dass du Zeit für dieses Treffen hast, so kurz vor dem Konzert.
Du bist zur Zeit sehr eingespannt, 7 Konzerte mit dem Concentus Musicus Wien unter Nikolaus
Harnoncourt bei der diesjährigen Styriarte, ebenso am Dienstag ein Kammermusikabend mit
Quatuor Mosaique, wo wir mit Haydn und Mozarts ‚delikaten’ Streichquartetten erfreut werden. Wie
kam es zu Ihrer Quartett-Formation?!
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Andrea Bischof:!
Wir, (Anita Mitterer, Christoph Coin, Erich Höbarth), spielen schon sehr lange miteinander, wir
haben uns im Concentus kennengelernt. Christoph trat als Cellist und Solo-Gambist immer wieder
auf. Irgendwann auf einer Concentus Tournee haben wir per Hetz und Gaudi miteinander Quartett
gespielt. Christoph meinte dann, das könnte gehen. Sehr bald, bei einem unserer ersten Konzerte,
saß ein Produzent von ‚Auvidis', dem das gefallen hat. Er meinte, wir könnten alles aufnehmen,
was wir wollten. Wir haben daraufhin sehr viel eingespielt, sehr viel Haydn, eben auch op. 77. Wir
haben mit dieser Platte sofort viele Preise bekommen, damit hat alles begonnen.!
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Brigitte Ulbrich:!
Es ist ja auch etwas ganz besonderes, gerade die Stimmführer des Concentus Musicus in einem
Quartett zu haben. Man hört euren unverwechselbaren Klang. Was macht diesen deiner Meinung
nach aus? Ist es auch der Originalklang?!
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Andrea Bischof:!
Wir spielen natürlich immer im ‚Originalklang’, auch im Quartett. Ich selbst spiele eine französische
Geige, Vuillaume (19. Jahrhundert), mein Kollege, Erich (Höbarth) eine Guanerius filius aus dem
16. Jahrhundert. Natürlich kann man auch mit einer modernen Geige, mit Stahlseiten, Musik
machen. Sicher, die alten Instrumente werden ganz anders gespielt, grundsätzlich geht es aber um
die Aussage, die Sprache und Rhetorik, die hinter der Musik steht. Das ist das Wesentliche, wir
sind da natürlich sehr geprägt von Nikolaus Harnoncourt. Ich glaube schon, dass wir ein Quartett
sind, das man heraushört, wenn man das Radio einschaltet. Unsere Kollegin von Quatuour
Mosaique, Anita Mitterer (Viola), hatte einmal gemeint, uns im Radio zu hören, aber es waren
kleine Sachen anders. Es war ein junges deutsches Quartett, das sich sehr mit uns beschäftigt hat.
Das ist natürlich etwas, das uns sehr freut. !
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Brigitte Ulbrich:!
Möchtest du diese ‚Besonderheiten‘ vermitteln, d.h. an junge Musiker weitergeben? Gibt es
Meisterkurse?!
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Andrea Bischof:!
Dies nicht gerade, es melden sich aber immer wieder Musiker, eben zwei Geiger aus Holland. Ich
habe früher sehr gerne Kurse für nicht professionelle Musiker gegeben, in Zwettl, 13 Jahre lang.
Es hat sehr viel Freude gemacht, Menschen, die nicht unbedingt von der Musik kommen, zu
zeigen, was Musik kann. Das ist mir nach wie vor ein großes Anliegen, ich halte aber schon lange
keinen Kurs mehr ab. !
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Brigitte Ulbrich:!
Am Dienstag gibt es nach dem humorvollen Motto der Styriarte auch Scherzhaftes von Haydn.
Was ist das Lustige an den Quartetten, die Ihr spielen werdet?!
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Andrea Bischof:!
„The Joke“, op. 33, ist urlustig. Wenn man unsere Aufnahme hört, am Schluss, da kann man mich
lachen hören. Da gab es einen kompletten Niederbruch, Lachkrämpfe im Studio. Letzten Endes
hat der Aufnahmeleiter diese Version genommen, wo ich noch Mal so hineinlachte. Es gab keine
andere, wir konnten uns nicht halten.!
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Brigitte Ulbrich:!
Ist Haydn also der Lustigere, oder Mozart?!
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Andrea Bischof:!
Haydn hat einen anderen Witz als Mozart, er kommt anders an. Unsere Erfahrung ist, dass das
Publikum in England oder Holland anders reagiert als hier. Das ganze Publikum lacht in die Musik
hinein, da wartet niemand, bis wenigstens der Satz zu Ende ist. Das gefällt mir. Bei uns traut sich
niemand zu lachen, die Leute sind verhaltener. Es ist der ‚British Humour', die Engländer haben
ein anderes Verständnis für Haydns Humor. Haydn hat ganz spezielle Witze, man wird es hören.!
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Brigitte Ulbrich:!
In der Partitur konnte ich etliche ungewöhnliche Pausen im letzten Satz erkennen. Gibt es noch
andere Raffinessen, die aus der Notation bereits erkennbar sind?!
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Andrea Bischof:!
In der Haydn Symphonie (Nr. 97 in C), die heute gespielt wird, ganz besonders: Normale
Betonungen, sind verkehrt, alles ist umgedreht. Für die Bläsern gibt es witzige Stellen, Töne die
für das Naturhorn fast unspielbar sind, nur mit Stopfungen gehen, das macht den Witz Haydns
aus. Jedoch, in der Musik, auch im Quartett, gilt es grundsätzlich, den Witz zu servieren, gut oder
schlecht zu verkaufen. Das ist wiederum die Rhetorik hinter der Musik, die man verstehen und
transportieren muss.!
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Brigitte Ulbrich:!
Die einsame Insel: Was würdest du mitnehmen? Lieber Streichqartette von Haydn oder Mozart,
oder ganz andere?!
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Andrea Bischof:!
Quartettliteratur ist etwas vom Tollsten, was es gibt für mich. Man kann sie nicht vergleichen, jede
Literatur ist speziell, ich spiele genauso gern Beethoven wie Mozart oder Bartok. Es kommt darauf
an, sich innerlich darauf einzustellen. Aber ich würde sagen - für die Insel - Späte Beethoven
Quartette - das ist der Höhepunkt jedes Quartettgeigers. Diese sind für das Publikum ganz schwer
zugänglich. Als Musiker muss man lange studieren bis man anfängt sie zu verstehen.!
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Brigitte Ulbrich:!
Welche Projekte mit Quatuour Mosaique sind in diesem Jahr noch geplant?!
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Andrea Bischof:!
Wir haben angefangen, die späten Beethoven Quartette aufzunehmen, auch hier wieder mein
Eindruck - je mehr man sich wiederum damit beschäftigt, desto mehr öffnet sich der Kosmos.
Diese nehmen wir im Mozart Saal in Wien auf, bis jetzt die op. 135 und 132, im Dezember wird die
CD dann herauskommen. !
Das ist auch sehr exklusiv, denn Aufnahmen sind selten, aussterbend. Früher haben wir eine
Menge aufgenommen, in einem alten Ballsaal, damals nicht restauriert, versandelt, in Döbling,
Zögernitz, fantastische Akustik. Mit Plattenfirmen wie Astree, Naive, Teltec, sehr viel Haydn, alle
berühmten Mozart Quartette, Schubert Mendelssohn. !
Heute wird fast nur mehr live eingespielt, auch im Concentus. Es hat einige Vorteile. Ein
Livekonzert ist eben anders. Man sollte, meiner Meinung nach, Musik so oft wie möglich in Natur
erleben.!
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Brigitte Ulbrich:!
Wir freuen uns auf „The Joke“ mit Quatuour Mosaique Live, in Natur, am kommenden Dienstag im
Stephaniensaal in Graz. !
Herzlichen Dank für das Interview.!
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Konzerttipp - Styriarte, 20 Uhr!
Stephaniensaal, Graz!
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„THE JOKE“!
Haydn: Streichquartett in Es, op. 33/2, Hob. III: 38, „The Joke“!
Mozart: Streichquartett in Es, KV 428!
Haydn: Streichquartett in G, op. 77/1, Hob. III: 81!
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Quatuor Mosaïques:!
Höbarth & Andrea Bischof,! Violine!
Anita Mitterer,!Viola!
Christophe Coin, Violoncello!
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