Helgoland - Vogelfreunde Kaltenkirchen

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Helgoland - Vogelfreunde Kaltenkirchen
Deutschlands einzige Hochseeinsel,
Helgoland
© T. Ratjen (15034)
Während der Zuchtzeit in Urlaub zu fahren ist, für uns Vogelzüchter ja nahezu unmöglich,
doch für eine Kurzreise fand ich gegen Ende der diesjährigen Zuchtsaison doch noch einige
freie Tage und möchte Euch hier unsere Eindrücke wiedergeben.
Die Insel Helgoland liegt 70 km vor der Küste in der Deutschen Bucht und gehört zum Kreis
Pinneberg in Schleswig-Holstein. Die roten, bis zu 60m hohen, steilen Klippen aus
Buntsandstein mitsamt dem einzeln stehenden Fels "Lange Anna" sind das Wahrzeichen
Helgolands für das es berühmt wurde.
Start der Reise waren die Landungsbrücken in Hamburg St. Pauli, den meisten von Euch
sicherlich als sündigste Meile der Welt ein Begriff. Mit dem Katamaran geht es die Elbe
hinunter, vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten Richtung Nordsee. Erwähnen möchte ich hier
nur die für uns Naturliebhaber interessanten Punkte wie z. B. die hinter Wedel beginnenden
Elbmarschen. Dies sind von Gräben durchzogene Wiesen, unberührte Natur und verträumte
Dörfer mit vielen reetgedeckten Häusern. Das Gebiet zwischen Hamburg und Stade nennt
sich „Altes Land“. Mit 170km² ist es das größte geschlossene Obstbaugebiet Deutschlands
und besonders zur Kirsch- und Apfelblüte ein beliebtes Ausflugsziel. Haseldorf liegt etwas
landeinwärts, hier gibt es die größte Graureiherkolonie Schleswig – Holsteins. Mitten im
Naturschutzgebiet Haseldorfer Binnenelbe, das sich von der Mündung der Wedeler Au bis
zur Pinnaumündung erstreckt liegt die urwüchsige Insel Auberg-Drommel, hier brüten seit
einigen Jahren sogar wieder Seeadler. Die satten Elbwiesen entlang unserer Fahrtroute locken
im Herbst tausende nordischer Zugvögel an und sind damit immer ein lohnendes
Ausflugsziel. In Cuxhaven werden noch weitere Gäste an Bord genommen, dann geht es
hinaus auf die Nordsee. Schon bald kommt die zu Hamburg gehörende Insel Neuwerk in
Sicht. Die Natur lässt sich auf Neuwerk überall bestaunen. Die artenreichen Salzwiesen im
Ostvorland sind ein wichtiger Rückzugspunkt für Rast- und Brutvögel. Im Nordvorland
Silbermöwe
grasen in den Sommermonaten Kühe und Pferde, im Frühjahr tummeln sich viele
Austernfischer und andere Brutvögel auf dem kurz gehaltenen Rasen. Die Insel kann auf
verschiedenen Wegen erreicht werden, die wohl ursprünglichste Weise ist eine Wanderung zu
Fuß über den trocken gefallenen Meeresboden. Wer es romantisch und bequem haben will,
nutzt die Pferdewagen, die täglich zwischen Neuwerk, Duhnen und Sahlenburg pendeln.
Etwas nördlich davon liegt die „Vogelinsel“ Scharhörn. Sie wird vom „Verein Jordsand zum
Schutze der Seevögel und der Natur“ betreut. Die kleine Vogelinsel Scharhörn (etwa 31 ha)
liegt mit ihrer Schwesterinsel Nigehörn auf einer Sandplatte im Nationalpark
Hamburgisches Wattenmeer und unterliegt ihrer ganz eigenen Dynamik. Im Westen findet
permanenter Sandabtrag statt, im Südosten lagert sich Material ab. Ein Zeugnis hierfür sind
die Pfahlreste der einstigen Vogelwärterhütte, die in der Mitte der Insel stand. Sie befinden
sich heute im Wasser am westlichen Strand. Ein Besuch auf Scharhörn ist nach vorheriger
Anmeldung beim Vogelwart zur Niedrigwasserzeit erlaubt und ist sicherlich ein besonderes
Erlebnis! Nach einem Wattweg von etwa 7 km erreicht man die Insel. Über den Bohlenweg
geht es zum Pfahlbau, von dem man den Blick über die Vogelkolonien und weiten
Wattflächen schweifen lassen kann. Der Vogelwart informiert gern über die Besonderheiten
der Vogelwelt, die Geschichte der Insel und über sein ungewöhnliches Leben auf diesem
"Außenposten" im Wattenmeer. Nach etwa einer Stunde muss der Rückweg angetreten
werden, denn ein Aufenthalt über eine Hochwassertide ist nicht gestattet. Bitte denkt
unbedingt daran, Euch vor einer Wanderung über die Gezeiten, den Wasserstand und die
Wetterbedingungen zu informieren. Ihr könnt Euch direkt beim Vogelwart (Tel. 04721-
28584) oder im Nationalpark-Haus Neuwerk (Tel. 04721-395349) informieren und anmelden.
Beide Inseln gehören zum „Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer“ der 1990 errichtet
wurde um die einmalige Naturlandschaft zu erhalten. Das gesamte Gebiet ist 13.750 ha groß.
Basstölpel
Die Sandbank an Steuerbord nennt sich „Großer Vogelsand“ und wurde schon vielen
Schiffen zum Verhängnis. Bei Niedrigwasser sind noch die Spitzen der Schiffswracks der in
den 60er Jahren gestrandeten Frachter „Ondo“ und „Fides“ zu sehen. Gut 20 km vor
Helgoland passiert man die Elbe Reede, einen Schiffsparkplatz. Hier ankern zahlreiche
Schiffe um auf Ladung zu warten oder optimale Hafenliegezeiten abzupassen. Bei guter Sicht
kann man schon bald unser Reiseziel Helgoland am Horizont entdecken. Beim näher
kommen entdecken wir, dass Helgoland eigentlich aus zwei Inseln besteht, dem massigen
roten Buntsandsteinfelsen und der vorgelagerten Düne, einem interessanten Natur- und
Badeparadies. Der Helgoländer Felssockel ist mit einer Größe von 5138 ha SchleswigHolsteins größtes Naturschutzgebiet, die Helgoländer Hauptinsel und die Nebeninsel Düne
sind vom NSG ausgenommen. Der Felssockel gliedert sich in Felswatt und Felsriff. Das
Felswatt liegt westlich und nördlich der Hauptinsel und nimmt nur etwa 1 % der
Schutzgebietsfläche ein. Es ist in mehrere Terrassen gegliedert und fällt im Rhythmus der
Gezeiten trocken. Das Felsriff hingegen ist ständig von Wasser bedeckt. Es liegt meist
zwischen 1 und 15 m unterhalb des Meeresspiegels, die tiefsten Bereiche in etwa 45 m Tiefe.
Der Helgoländer Felssockel stellt in der Deutschen Bucht - die von sandigen und schlickigen
Meeresböden und großen Tiefen geprägt ist - einen einmaligen Lebensraum dar. Nur hier
können Algen und Meerestiere existieren, die durch ihre Lebensweise an Steine und Felsen
gebunden sind. Aufgrund der isolierten Lage des Felssockels kam es im Laufe der Zeit zu
einer sehr hohen Artenvielfalt. So findet man hier eine für die Deutsche Bucht einzigartige
Pflanzen- und Tierwelt. Der Helgoländer Felssockel ist daher geologisch wie ökologisch eine
Besonderheit.
Steinschmätzer
Austernfischer
Während die Seebäderschiffe auf der Reede vor Helgoland vor Anker gehen und die
Passagiere mit Börtebooten an Land gebracht werden, fährt unser Katamaran in den Südhafen
ein. Ein wenig seekrank aber immer noch voller Tatendrang machen wir uns mit unserem
Gepäck auf den Weg ins Oberland in unser Quartier. Selbstverständlich wird nicht der
Fahrstuhl, sondern eine der 3 Treppen benutzt. Am Nachmittag wird mit der Kamera im
Anschlag noch der beschilderte Rundweg am Klippenrand besucht. Unser Ziel sind natürlich
der Lummenfelsen und die „Lange Anna“ an der Nordspitze der Insel. Diese 47m hohe
Felsnadel wurde vor rund 140 Jahren vom Meer geformt. Der Lummenfelsen auf der Insel
Helgoland ist mit 1,1 ha Deutschlands kleinstes Naturschutzgebiet mit der größten
Brutvogeldichte. Diese Felsen sind der einzige Brutplatz der Hochseevogelarten
Trottellumme, Basstölpel, Eissturmvogel, Tordalk und Dreizehenmöwe in Deutschland! Hier
lassen sich jedes Jahr von April bis September mehr als 5000 Vogelpaare in der Felswand
beobachten. Mit den Jungvögeln halten sich dann bis zu 30.000 Vögel hier auf. Daher ist es
auch nicht verwunderlich, dass Ornithologen aus aller Herren Länder hierher pilgern. Täglich
bietet der Verein Jordsand auch Führungen am Lummenfelsen an. Der Baßtölpel ist der
größte Seevogel des Nordatlantiks. Man erkennt ihn an den schwarzen Flügelspitzen und dem
rahmgelben Kopf. Er verbaut u. a. Kunststoffreste und Plastikschnüre als Nestmaterial. Die
klippenbrütenden Seevögel lassen sich in der Brutzeit von März bis August gut vom
Klippenrandweg aus beobachten. Die Trottellumme ist der Charaktervogel Helgolands. Gut
2000 Trottellummen-Paare brüten auf Helgoland, die meisten auf dem Lummenfelsen. Ab
Mitte April besetzen die Lummen ihre angestammten Brutplätze auf dem Felsen. Die Jungen
werden 20 bis 25 Tage lang von ihren Eltern mit Kleinfischen gefüttert. Noch im
Daunenkleid und flugunfähig verlassen sie mit einem Sprung in die Tiefe den Felsen und
landen im Wasser. Dieser "Lummensprung", der in der Abenddämmerung von Anfang Juni
bis Juli beobachtet werden kann, ist ein atemberaubendes Naturschauspiel. Die
Dreizehenmöwe baut auf kleinen Felsvorsprüngen Nester aus Tang, Algen und Grashalmen.
Die Jungvögel bleiben bis Ende August auf den engen Nistplätzen. Im September verlassen
sie die Insel, um auf dem Nordatlantik zu überwintern. Der Tordalk ähnelt im Aussehen und
in der Lebensweise der Lumme. Sein schwarzes Gefieder ist jedoch glänzender und sein
breiter von weißen Binden und Wülsten durchzogener Schnabel wirkt klobiger. Brutpaare gibt
es seit jeher nur in geringer Anzahl auf Helgoland. Der Eissturmvogel ist seit 1972 auf
Helgoland heimisch. Er ist ein naher Verwandter der Albatrosse. Vom Klippenwanderweg aus
lassen sich Altvögel und Jungenaufzucht gut beobachten.
Sanderling
Geschichte des Vogelschutzes auf Helgoland
Helgoland ist seit etwa 4000 Jahren eine Insel der Vögel, und ist dies trotz starker
menschlicher Einflüsse auch geblieben. Bereits im 9. und 10. Jahrhundert segelten oder
ruderten Bewohner des Festlands nach Helgoland, um hier Lummen zu fangen.
Der Begründer der wissenschaftlichen ornithologischen Arbeit der Helgoländer Vogelwarte
Heinrich Gätke (1814 bis 1897) machte seinerzeit keine Angaben zum Vogelbestand am
Felsen. Er berichtete, dass die Bewohner Helgolands "ihre Lummen" sehr pfleglich zu nutzen
wussten, während alle Zugvögel recht rücksichtslos bejagt wurden und zur Versorgung der
Inselbevölkerung dienten. Seit 100 Jahren setzt man sich hier für den Schutz der
Hochseevögel ein. Zu Beginn ging es jedoch nur um die nachhaltige Nutzung dieser
wertvollen Nahrung. Seit 1956 bemühte sich die Vogelwarte Helgoland um die
Unterschutzstellung des Lummenfelsen. Erst 1964 wurde die entsprechende
Naturschutzgebietsverordnung erlassen. 1980 übernahm der Verein Jordsand die Betreuung.
Beide Organisationen arbeiten seitdem eng zum Schutz der Vögel und der Natur Helgolands
zusammen. Das Institut, das in diesem Jahr übrigens sein 100 jähriges Bestehen feiern konnte
betreibt vorwiegend Grundlagenforschung und beschäftigt sich mit den vielfältigen
Beziehungen zwischen Vögeln und ihrer belebten und unbelebten Umwelt. Leitthema der
wissenschaftlichen Arbeit ist die Vogelzugforschung. Darüber hinaus ist das Institut für
Vogelforschung ( IfV) Beringungszentrale für Nordwestdeutschland. Dienstags und freitags
werden Führungen durch den Fanggarten der Vogelwarte angeboten an denen man unbedingt
teilnehmen sollte (Tel.: 04725/640 20, » www.vogelwarte-helgoland.de).
Steinwälzer
Ein weiterer Höhepunkt sind die Helgoländer Vogeltage im Herbst. Im Rahmen eines
wissenschaftlichen Wettkampfs namens „Bird Race“ versuchen Teams aus Laien und
Experten, möglichst viele Vogelarten vor ihre Ferngläser zu bekommen. Alle besonderen
Zugvögel werden registriert und auf der Homepage der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft
Helgoland » www.oag-helgoland.de ins Internet gestellt. Auch eine Liste der gerade auf
Helgoland gesichteten Arten findet man hier, ebenso wie als Aushang in der Hummerbude
des Verein Jordsand.
Eiderenten
Trotz schlechten Wetters wird von Mitarbeitern des Vereins Jordsand, der in einer der
Hummerbuden auch viele Informationen anbietet, auch eine Führung über die Düne
angeboten an der wir selbstverständlich teilnahmen. Die Düne bleibt vom Tagestourismus fast
unberührt und so kann man hier, außerhalb der Badesaison mit vielen Touristen, die Natur
nahezu ungestört genießen. Seit Mitte der 90er Jahre kommen die Kegelrobben – nachdem die
Meeressäuger in den 80er Jahren in der Deutschen Bucht fast als ausgestorben galten – wieder
regelmäßig auf die Helgoländer Düne, um hier ihre Jungen zur Welt zu bringen. Aus nächster
Nähe konnten wir hier das größte einheimische Raubtier wie auch zahlreiche Seehunde und
Vogelarten entdecken und beobachten. Wer sich traut, kann auch mit ihnen schwimmen
gehen.
Einen Blick in die Unterwasserwelt bietet das Nordseeaquarium. Kleine Haie, Kabeljau,
Plattfische, Krebse und viele kleine Meeresbewohner tummeln sich hier in 19 großen Becken.
Ein Besuch bietet sich natürlich besonders bei regnerischem Wetter an.
Einen Besuch lohnt auch die Biologische Anstalt Helgoland. Mit modernen Methoden
werden hier ökologische Langzeitbeobachtungsserien durchgeführt. Die
Langzeituntersuchungen bei Helgoland haben zum Beispiel dokumentiert, wie einige
heimische Arten seltener wurden wie z.B. der Kabeljau und der Hummer. Aus diesem Grund
betreibt die Biologische Anstalt bereits seit Jahren das Projekt Hummeraufzucht. Die kleinen
Hummer werden zunächst in mehreren Wasserbecken über zwei Jahre aufgezogen, sodass sie
groß genug sind, um nicht mehr nur als Futter für andere Meeresbewohner zu dienen. Danach
werden sie ausgewildert, d. h. im Meer vor Helgoland ausgesetzt, um so den Hummer wieder
anzusiedeln und die Population voranzutreiben. In beiden Institutionen werden auch
Führungen angeboten. Lässt es die Zeit zu, so sollte man auch Besuche im Museum und in
den Bunkeranlagen mit einplanen. Eine Inselrundfahrt mit den Börtebooten wird auch täglich
angeboten, diese fielen aufgrund des schlechten Wetters bei unserem Besuch jedoch leider
aus.
Bevor man eine Reise antritt sollte man sich aber unbedingt mit den unterschiedlichen
Angeboten der Veranstalter auseinander setzen. Manche Führungen werden nur 2-mal
wöchentlich angeboten und auch die Öffnungszeiten sind sehr unterschiedlich sodass man
schnell vor geschlossenen Türen steht.
Leider reichten die 3 Tage Aufenthalt auf Helgoland nicht aus um alles zu sehen was uns
interessierte. Der nächste Ausflug ist schon fürs Frühjahr geplant, wenn es die beginnende
Zuchtzeit denn zulässt.
Kegelrobben
Literaturquellen:
www.jordsand.eu
www.helgoland.de
„anBordBuch“ der FRS Helgoline