Ablauf der Verbraucherinsolvenz

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Ablauf der Verbraucherinsolvenz
40476 Düsseldorf, Ulmenstr. 67
Ablauf der Verbraucherinsolvenz
Für überschuldete Verbraucher gibt es ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur Schuldenbereinigung,
an
dessen
Ende
die
verbleibenden
Verbindlichkeiten
erlassen
werden
können
("Restschuldbefreiung"). Der sog. Verbraucherkonkurs bietet die Chance für einen wirtschaftlichen
Neuanfang
und
gibt
Hoffnung
für
ein
weiteres
Leben
ohne
Schulden.
Das
Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet 4 verschiedene aufeinanderfolgende Wege (Stufen), die aus
der Überschuldung zur Schuldenbefreiung führen:
Anwendungsbereich:
Das Verbraucherinsolvenzverfahren gilt für alle natürlichen Personen,
die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben,
die zwar eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, deren Vermögensverhältnisse
aber überschaubar sind und gegen die keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Als überschaubar gelten die Vermögensverhältnisse nur, wenn die Schuldnerin oder der Schuldner zu
dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20
Gläubiger hat (§ 304 InsO). Wie das allgemeine Insolvenzverfahren betrifft auch das
Verbraucherinsolvenzverfahren nur Fälle, in denen ein Insolvenztatbestand (Eröffnungsgrund)
vorliegt. Bei natürlichen Personen ist Eröffnungsgrund die eingetretene oder die drohende
Zahlungsunfähigkeit. Es muss eine Situation entstanden sein, in der die Schuldnerin oder der
Schuldner gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft nicht mehr in der Lage ist, die fälligen
Zahlungspflichten pünktlich und vollständig zu erfüllen (§§ 17, 18 InsO).
1. Außergerichtlicher Einigungsversuch
Vor Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens muss der Schuldner zwingend versuchen, mit seinen
Gläubigern einen außergerichtlichen Einigungsversuch auf der Grundlage eines Planes
herbeizuführen. Dieser Plan ist grundsätzlich mit den Gläubigern frei verhandelbar. Da jedoch in der
nächsten Stufe der Antrag auf Insolvenzeröffnung ebenfalls mit einem Schuldenbereinigungsplan
verbunden werden muss, empfiehlt es sich, sich auch schon im außergerichtlichen Bereich an den
Vorgaben zum gerichtlichen Verfahren zu orientieren. Eine außergerichtliche Einigung ist nur dann
erfolgreich, wenn alle Gläubiger zustimmen. Das Schweigen eines Gläubigers ist als Ablehnung zu
werten. Betreibt ein Gläubiger während des außergerichtlichen Einigungsversuchs die
Zwangsvollstreckung, gilt der Versuch ebenfalls als gescheitert. Bei absoluter Vermögenslosigkeit ist
auch ein sog. "Null-Plan" zulässig, bei dem die Gläubiger auf ihre Forderungen nichts erhalten.
Bleibt der Einigungsversuch erfolglos, kann bei Gericht Insolvenzantrag gestellt werden. Dem Antrag
ist die Bescheinigung einer geeigneten Stelle oder Person über das Scheitern des Einigungsversuchs
beizufügen. Geeignete Personen sind die Angehörigen der rechtsberatenden Berufe, also
Rechtsanwälte, Steuerberater, etc. Geeignete Stellen sind anerkannte Schuldnerberatungsstellen. Es
ist empfehlenswert, schon für die Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs die
Unterstützung einer geeigneten Person oder Stelle in Anspruch zu nehmen.
2. Das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren
Ist der außergerichtliche Einigungsversuch gescheitert, kann der Schuldner einen Antrag auf
Verbraucherinsolvenzverfahren bei dem für ihn zuständigen Amtsgericht stellen. Die Bescheinigung
über den gescheiterten außergerichtlichen Versuch darf nicht älter als 6 Monate sein. Die Stelle, die
den außergerichtlichen Einigungsversuch unternommen hat, unterstützt den Schuldner beim Ausfüllen
des Vordruckes für das gerichtliche Verfahren.
Hat ein Gläubiger die Eröffnung des Verfahrens beantragt, gibt das Gericht dem Schuldner die
Möglichkeit, selber einen Antrag auf Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zu stellen.
Das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren und die Restschuldbefreiung können nämlich nur auf
Antrag des Schuldners erfolgen. Wird der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht
angenommen, wird die 2.Stufe übersprungen; das Gericht eröffnet sofort das Insolvenzverfahren.
Regelmäßig kann dies der Fall bei einem sog. Nullplan sein, wenn der Schuldner über kein
pfändbares Einkommen verfügt und den Gläubigern keine Zahlungen anbieten kann.
Sind die Verfahrenskosten nicht gedeckt, können die Kosten dem Schuldner gestundet werden. Wird
Antrag auf Stundung gestellt und zugleich Restschuldbefreiung beantragt, kann das Insolvenzgericht
Stundung bewilligen (§ 4 a InsO). Die Verfahrenskosten sind dann von der Stundung gedeckt. Das
Insolvenzverfahren wird eröffnet. Sind Vermögenswerte vorhanden oder erzielt der Schuldner
pfändbares Einkommen, werden daraus zunächst die Verfahrenskosten beglichen. Erst nach Erteilung
der Restschuldbefreiung ist der Schuldner zur Zahlung der Verfahrenskosten verpflichtet). Die
Angaben des Schuldners beim Stundungsantrag müssen wahrheitsgemäß und vollständig sein.
Weiter ist der Schuldner verpflichtet, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich um
eine solche zu bemühen. Ansonsten kann die Stundung jederzeit aufgehoben werden (§ 4 c InsO).
Weigern sich nur einzelne Gläubiger, dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren zustimmen,
kann das Gericht unter gewissen Voraussetzungen deren Zustimmung ersetzen. Wird der
Schuldenbereinigungsplan angenommen, hat er die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches.
Gläubiger können nur noch die Forderung geltend machen, wie sie im Schuldenbereinigungsplan
vorgesehen sind. Sofern Gläubiger allerdings nicht im Plan aufgenommen wurden, können sie ihre
Forderungen weiterhin in voller Höhe geltend machen.
3. Gerichtliches Verbraucherinsolvenzverfahren
Kommt kein Schuldenbereinigungsplan zustande, wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Das
Insolvenzgericht prüft zunächst, ob die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Treuhänder)
gedeckt sind oder gestundet werden. Ist die Kostenfrage geklärt erlässt das Gericht den
Eröffnungsbeschluss und macht diesen öffentlich bekannt. Im Verbraucherinsolvenzverfahren wird
seitens des Gerichts ein Treuhänder bestellt. Auf ihn geht mit dem Eröffnungsbeschluss die
Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Schuldnervermögen
über. Zur Insolvenzmasse gehört das zurzeit des Eröffnungsbeschlusses pfändbare Vermögen und
das Vermögen, das der Schuldner während des Verfahrens erlangt (z. B. pfändbarer Teil des
Arbeitseinkommens, Sparvermögen u.s.w.).
Nach der Vermögensverteilung durch den Treuhänder wird in einem Schlusstermin, in dem Gläubiger
und Treuhänder zu hören sind, durch Beschluss festgelegt, dass der Schuldner Restschuldbefreiung
erlangt, wenn er seine Obliegenheiten in der Wohlverhaltensperiode erfüllt und keine
Versagensgründe, die auf Antrag des Gläubigers zu prüfen sind, bisher vorliegen.
Solche Versagungsgründe liegen vor, wenn der Schuldner:

wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist (und die Tilgungsfristen nach
dem Bundeszentralregistergesetz noch nicht abgelaufen sind),

in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des lnsolvenzverfahrens bereits
Restschuldbefreiung erhalten hat oder ihm diese gem. §§ 296, 297 InsO versagt worden ist,

in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach
diesem Antrag schuldhaft falsche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht
hat, um Kredite zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Kassen zu beziehen oder Leistungen
an öffentliche Kassen zu vermeiden,

im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens oder nach dem Antrag
unangemessene Schulden gemacht oder Vermögen verschwendet hat,
-
während des Verfahrens schuldhaft Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten verletzt hat.
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4. Die Wohlverhaltensperiode
Die Wohlverhaltensperiode beginnt mit Aufhebung des „vereinfachten“ Insolvenzverfahrens nach dem
Schlusstermin. Hier gilt der Grundsatz, dass jegliches pfändbares Einkommen direkt an den
Treuhänder weiter geleitet wird. Dies kann durch den Arbeitgeber ebenso erfolgen, wie durch einen
Rententräger. In diesem Zeitraum bis zum Ende des 6. Jahres ist der Schuldner verpflichtet, sich
„wohl zu verhalten“ und bestimmten Obliegenheiten nachzukommen.
Obliegenheiten des Schuldners:
-
Die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit bzw. das Bemühen um ein solche. Eine
zumutbare Tätigkeit darf der Schuldner nicht ablehnen. Übt der Schuldner eine selbständige
Tätigkeit aus, muss er die Gläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so stellen, wie
wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre.
-
Vermögen, dass der Schuldner von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges
Erbrecht erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben
-
Eine Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht und dem Treuhänder über einen Wechsel von
Wohnsitz und Beschäftigungsstelle des Schuldners sowie über seine Bezüge und sein
Vermögen.
-
Die Verpflichtung, Zahlungen nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Gläubiger einen
Sondervorteil zu verschaffen.
Während der Wohlverhaltensperiode besteht Arbeitspflicht. Es muss also eine berufliche Tätigkeit
ausgeübt werden, bei Arbeitslosigkeit muss der Schuldner sich um eine neue Stelle bemühen und
dabei jede zumutbare Arbeit annehmen. Vermögen aus einer Erbschaft muss hälftig an den
Treuhänder gezahlt werden, jeder Wechsel des Wohnsitzes oder Arbeitsplatzes ist anzuzeigen.
Als Anreiz sieht das Recht vor, dass im fünften Jahr zehn Prozent des pfändbaren Einkommens, im
sechsten Jahr 15 Prozent des pfändbaren Einkommens beim Schuldner verbleiben.
Die Restschuldbefreiung
Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode und sofern sich der Schuldner an die hierbei gültigen
Regelungen gehalten hat, kann die Restschuldbefreiung vom Gericht ausgesprochen werden.
Allerdings können nicht alle Schulden erlassen werden. Ausnahmen bestehen für Geldstrafen,
Geldbußen, Ordnungs- und Zwangsgelder, ebenso wie für zinslose Darlehen, die zum Ausgleich der
Kosten für die Verbraucherinsolvenz gewährt wurden. Weiterhin können keine Schulden aus einer
unerlaubten Handlung erlassen werden, sofern diese Forderungen unter Angabe einer eindeutigen
Begründung angemeldet wurden.
Zusammenfassung wichtiger Regelungen
Wenn Sie die Kosten des Verfahrens von mindestens ca. 1.300 Euro nicht selbst aufbringen können,
werden sie Ihnen auf Antrag bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet. Während des
gesamten Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens müssen Ihre Gläubiger solange auf Ihre
pfändbaren Beträge verzichten, bis die gestundeten Verfahrenskosten getilgt sind. Danach müssen
Sie den verbleibenden Betrag innerhalb von weiteren 4 Jahren in Raten zurückzahlen, soweit es Ihre
Einkommenssituation erlaubt. Es gelten die Regelungen und Einkommensgrenzen für die Gewährung
von Prozesskostenhilfe.
Haben Sie einem Gläubiger eine sog. Lohnabtretung unterschrieben, z.B. bei der Aufnahme eines
Kredites oder bei einem Ratenkauf, so erhält dieser Gläubiger noch zwei Jahre Ihre gesamten
pfändbaren Beträge. Es sei denn, die Abtretung ist rechtlich unwirksam oder bei Ihrem Arbeitgeber
besteht ein sog. Abtretungsausschluß
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Auch wenn Sie Ihren Gläubigern nichts anzubieten haben, können Sie - wenn Sie die Obliegenheiten
einhalten - nach sechs Jahren Schuldenbefreiung erhalten, denn es werden keine Mindestzahlungen
verlangt.
Ehemalige Selbständige und Gewerbetreibende können dann ein Verbraucherinsolvenzverfahren
beantragen, wenn sie weniger als 20 Gläubiger haben und wenn keine Verbindlichkeiten aus der
Beschäftigung von Arbeitnehmern bestehen. Alle anderen ehemals und alle aktiv wirtschaftlich
Selbständigen müssen das sog. Regelinsolvenzverfahren beantragen. Auch in diesem Verfahren
werden die Kosten gestundet und kann Restschuldbefreiung erreicht werden.
Nur wenige Forderungen sind von der Schuldenbefreiung ausgenommen: Geldstrafen, Bußgelder und
Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen. Diese muss der Gläubiger im
Insolvenzverfahren extra anmelden.
Von Ihrem Verbraucherinsolvenzverfahren können Dritte Kenntnis erhalten, Ihr Name und Ihre
Adresse
werden
vom
Insolvenzgericht
im
Bundesanzeiger
und
im
Internet
(www.insolvenzbekanntmachungen.de) bekannt gegeben. Ihr Arbeitgeber und u.U. Ihr Vermieter
erfahren über den Treuhänder davon.
Die Schuldenbefreiung gilt nicht automatisch auch für Mitverpflichtete und Bürgen. Diese müssen ein
eigens Verfahren beantragen.
Während des Verbraucherinsolvenzverfahrens müssen Sie auf die pfändbaren Beträge Ihres
Einkommens verzichten. Der notwendige Lebensunterhalt nach den Pfändungsfreigrenzen bzw. dem
Sozialgesetzbuch Ihnen auf jeden Fall bleiben.
Bei Unterhaltspflichten gilt, dass Sie die laufenden Zahlungen aufbringen müssen. Rückständige
Beträge werden mit der Restschuldbefreiung nach sechs Jahren erlassen, außer Sie haben Ihre
Unterhaltspflichten vorsätzlich verletzt.
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