f - bei DuEPublico - an der Universität Duisburg

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f - bei DuEPublico - an der Universität Duisburg
Untersuchungen zum
frequenzabhängigen Übertragungsverhalten
von Energiekabeln
Vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften der
Universität Duisburg-Essen
zur Erlangung des akademischen Grades eines
Doktors der Ingenieurwissenschaften
genehmigte Dissertation
von
Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Kai Steinbrich
aus
Mülheim an der Ruhr
Referent:
Prof. Dr.-Ing. H. Brakelmann
Korreferent: Prof. Dr.-Ing. A. Schnettler
Tag der mündlichen Prüfung: 18.04.2005
Vorwort
Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Energietransport und -speicherung an
der Universität Duisburg-Essen.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. H. Brakelmann, der meine Arbeit durch Anregungen und konstruktive Kritik unterstützt und mit zu
ihrem erfolgreichen Abschluss beigetragen hat.
Insbesondere danke ich Herrn Prof. Dr.-Ing. W. Rasquin, dem ehemaligen
Leiter des Fachgebietes. Er initiierte die Arbeit und trug in vielen Diskussionen durch wertvolle Ratschläge und kritische Hinweise wesentlich zu ihrem
Gelingen bei.
Herrn Prof. Dr.-Ing. H. Hirsch danke ich für das große Interesse, welches er
der Arbeit entgegenbrachte sowie für die vielen interessanten Diskussionen.
Weiterhin möchte ich an dieser Stelle den Mitarbeitern des Fachgebietes für
zahlreiche Anregungen und Diskussionen sowie für die tatkräftige Unterstützung beim Auf- und Umbau der Versuchsanordnungen danken. Ohne
diese Hilfe wären viele Experimente in der vorgegebenen Zeit nicht durchführbar gewesen.
Ferner danke ich Herrn Dr. Wald von der Firma Boreallis für die bereitwillige Unterstützung bei der Beschaffung von Materialproben sowie Herrn
Dr. Pelster von der Universität Köln für seine Hilfe bei der messtechnischen
Bestimmung der Materialeigenschaften.
Schließlich danke ich der Firma nkt cables — ehemals Felten & Guilleaume
Energietechnik AG —, die die Arbeit im Rahmen eines Drittmittelprojektes
durch die großzügige finanzielle Unterstützung erst ermöglicht hat.
Kai Gerhard Steinbrich
Duisburg, im April 2005.
INHALTSVERZEICHNIS
i
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Stand der Technik
5
2.1
Eingriffsmöglichkeiten in das Übertragungsverhalten . . . .
5
2.2
Netzfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.3
Elektrisches Übertragungsverhalten von Energiekabeln . . .
12
2.4
Thermisches Verhalten von Energiekabeln . . . . . . . . . .
15
2.5
Frequenzabhängigkeit der Leitungsparameter . . . . . . . .
17
2.5.1
Widerstandsbelag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.5.2
Ableitungsbelag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.5.3
Kapazitätsbelag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.5.4
Induktivitätsbelag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
Frequenzabhängiges Übertragungsverhalten . . . . . . . . .
21
2.6.1
Betrieb von Kabeln bei reduzierter Betriebsfrequenz
21
2.6.2
Prinzip der Energieübertragung bei reduzierter Betriebsfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
IEC-Publikation 287/ 60287 . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2.6
2.7
3 Untersuchungen bei reduzierter Frequenz
3.1
29
Gegenüberstellung unterschiedlicher Kabelsysteme . . . . .
29
3.1.1
Untersuchte Kabelsysteme . . . . . . . . . . . . . .
29
3.1.2
Steigerung der Stromtragfähigkeit . . . . . . . . . .
31
3.1.3
Reduzierung der Kabeltemperatur . . . . . . . . . .
32
3.1.4
Reduzierung der ohmschen Wechselstromverluste . .
34
INHALTSVERZEICHNIS
ii
3.1.5
3.2
Steigerung der maximalen Übertragungsentfernung .
36
Auswirkungen auf Rohrkabel . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
3.2.1
Gesteigerte Stromtragfähigkeit von Gasaußendruckkabeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3.2.2
Erhöhung der Übertragungsleistung von Stadtkabeln
41
3.2.3
Vergleich des Verlustleistungsbelages beider Kabelsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
Vergleich eines Stadtkabels mit einem supraleitenden Kabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
Auswirkungen in Verteilnetzen . . . . . . . . . . . . . . . .
47
3.3.1
Thermische Grenzleistung . . . . . . . . . . . . . .
48
3.3.2
Verlustleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
3.3.3
Oberflächentemperatur des Kabels . . . . . . . . . .
50
3.3.4
Überlastbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
3.3.5
Magnetfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
3.3.6
Steigerung der Systemlänge . . . . . . . . . . . . .
56
3.3.7
Erhöhung des Wirkungsgrades . . . . . . . . . . . .
57
3.2.4
3.3
4 Transientes Übertragungsverhalten
60
4.1
Ausgleichsvorgänge auf Leitungen . . . . . . . . . . . . . .
61
4.2
Dämpfungsverhalten von Energiekabeln . . . . . . . . . . .
61
4.2.1
Meßobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
4.2.2
Messtechnische Bestimmung der Dämpfung . . . . .
63
4.2.3
Theoretisches Modell der Kabeldämpfung . . . . . .
64
4.2.4
Analytische Berechnung des Dämpfungskoeffizienten 66
INHALTSVERZEICHNIS
4.3
4.4
5
iii
Materialparameter der halbleitenden Schichten . . . . . . .
69
4.3.1
Ruß-Polyethylen-Mischung . . . . . . . . . . . . .
69
4.3.2
Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
4.3.3
Innere und äußere Leitschicht . . . . . . . . . . . .
71
4.3.4
Leitfähiges Papierband . . . . . . . . . . . . . . . .
75
Berechnung der Dämpfung aus den Materialparametern . . .
77
4.4.1
80
Experimentelle Untersuchungen . . . . . . . . . . .
Überspannungen auf Kabeln
83
5.1
Überspannungen durch VSC-Umrichter . . . . . . . . . . .
83
5.2
Entstehung von Überspannungen . . . . . . . . . . . . . . .
84
5.3
Aufbau der Messanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
5.4
Messergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
5.5
Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
5.6
Überspannungen in umrichtergespeisten Netzen . . . . . . .
95
5.7
Simulation eines Strahlennetzes . . . . . . . . . . . . . . .
95
6 Zusammenfassung
101
Schrifttum
104
Verwendete Formelzeichen und Abkürzungen
117
Lebenslauf
120
1
1 Einleitung
Energiekabel sind seit ihrem ersten bedeutenden Einsatzes im Jahre 18901
[1] wesentlicher Bestandteil der elektrischen Energieverteilung in großen
Verteilnetzen. Aus Gründen der Versorgungssicherheit sowie aufgrund behördlicher Auflagen werden immer mehr Übertragungseinrichtungen unterirdisch gelegt. So ist der Kabelanteil am gesamten Versorgungsnetz der Bundesrepublik Deutschland von 1992 bis 2002 von 63 % auf 71 % angewachsen
und beträgt heute etwa 1,12 Mio km. In der Verteilnetzebene findet sich dabei der größte Kabelanteil mit 65 % in der Mittelspannung und 81 % in der
Niederspannung. Durch die großen Fortschritte in der Kabelfertigung sind
Kabel heute in allen Spannungsebenen bis 500 kV [2][3] einsetzbar, wo sie
jedoch mit einem Anteil von 4 % noch nicht stark vertreten sind [4][5].
Der Energiekabeltechnik ist in den letzten Jahren durch den Einsatz neuer Technologien in der Umrichtertechnik ein großes Augenmerk geschenkt
worden [6][7][8]. Die immer leistungsstärkeren Bauelemente wie MOSFET2
und IGBT3 rücken flexible Lösungen in der Energieversorgung in den Mittelpunkt des Interesses [9][10][11].
Unter dem Oberbegriff FACTS4 sind viele neue Einsatzgebiete – wie etwa eine flexible Lastflussregelung oder Blindleistungskompensation – für
die VSC5 -Technologie entwickelt worden [12]. Besonders weit verbreitet ist
die frequenzgeführte Drehzahlregelung von Motoren; aber auch in der Energieübertragung werden bereits hochtaktende und verlustarme Umrichter mit
Spannungszwischenkreis verwendet [60][20].
Nachteilig wirken sich bei der VSC-Technik die steilen Anstiegsflanken der
Spannungsimpulse aus, welche zu Überspannungen und einer Beeinflussung
1
2
3
4
5
Sebastian Z. de Ferranti entwickelte 1890 in England ein papierisoliertes Kabel für eine
Spannung von 10 kV mit einer Übertragungslänge von 6,5 Meilen
MOSFET – Metall Oxide Semiconductor Field Effect Transistor
IGBT – Insulated Gate Bipolar Transistor, Weiterentwicklung des Leistungs-MOSFET für
Anwendungen mit hohen Strömen, Spannungen und Schaltgeschwindigkeiten.
FACTS – Flexible AC Transmission Systems, flexible Systeme zur Steuerung der Energieflüsse und Spannungen in elektrischen Netzen
VSC – Voltage Source Converter
2
1 EINLEITUNG
der elektromagnetischen Verträglichkeit des Systems führen können. Ein
bisher wenig geklärter Bestandteil der Forschung ist die Auswirkung der
mit dem Verfahren der Pulsweitenmodulation aus Einzelimpulsen zusammengesetzten Ausgangsspannung auf die Lebensdauer sowie auf die Spannungsfestigkeit der Kabel [23] [24] [25]. Zudem kommt bei der Planung
der Filtertechnik sowie der Anpassung der Wellenwiderstände von Last und
Übertragungsstrecke eine große Bedeutung zu [12] [13].
Vorteilhaft beim Einsatz von Umrichtern mit der VSC-Technologie ist die
Entkopplung zwischen Versorgungs- und Einspeisenetz sowie die flexible
Einspeisung von Wirk- und Blindleistung durch den als Energiespeicher genutzten Zwischenkreiskondensator [15] [16]. So können auch autarke Netze,
z. B. in weit vor der Küste liegenden Ölfeldern, ohne die für die Netzstabilität bisher so wichtigen rotierenden Maschinen aufgebaut werden [18] [17].
Auch in der Anbindung großer Offshore-Windparks an das Festland findet
die VSC-Technologie immer mehr Anwendungen. So z. B. in der drehzahlunabhängigen Bereitstellung der 50-Hz-Netzfrequenz oder der kurzzeitigen
Energiespeicherung im Zwischenkreiskondensator bei Netzstörungen.
In den bisher realisierten Systemen erfolgt die Energieübertragung fast ausschließlich über Kabel. Zum größten Teil werden hierbei handelsübliche Kabel verwendet, wie sie im 50-Hz-Versorgungsnetz eingesetzt werden. Die
elektrischen Eigenschaften dieser Kabel sind für Betriebszustände bei einer
netzüblichen sinusförmigen Spannung von 50/60 Hz sowie den im Betrieb
auftretenden transienten Belastungen hergestellt und ausgelegt. Für den Einsatz einer Gleichstromübertragung bei Mittelspannung im unipolaren Betrieb mit VSC-Technologie werden bereits Kabel mit einer modifizierten
Isolierung hergestellten [21] [22].
Die Betriebsfrequenz eines autarken Netzes oder einer einzelnen Energieübertragungsstrecke, welche über Umrichter versorgt wird, ist variabel. So werden bei der Energieversorgung von Asynchronmotoren unterschiedliche Frequenzen zur Veränderung der Drehzahl verwendet. Auch in der Bahntechnik
und in einigen Industrienetzen weicht die Betriebsfrequenz von 50 Hz ab
[26] [27].
Ein Abweichen von der Nennfrequenz verändert die Übertragungseigenschaften des Systems. Schon 1949 wurde in [28] für eine Energieübertra-
3
gung über große Distanzen eine Betriebsfrequenz von 5 Hz oder 10 Hz
vorgeschlagen. Eine einphasige Variante dieses Vorschlags wurde in [29]
für die Übertragung kleiner Leistungen aufgegriffen. Durch die Frequenzabhängigkeit der Leitungsbeläge wirkt sich ein Verringern oder Erhöhen der
Frequenz relativ zu 50 Hz auf die Strom- und Spannungsverteilung über
der Kabelstrecke aus. So stellen Vorgaben bei der Dimensionierung eines
Kabels wie Betriebstemperatur, Strombelastbarkeit, Überlastverhalten, maximale Übertragungsentfernung und Wirkungsgrad unterschiedliche Funktionen der Betriebsfrequenz dar. Ein Verändern der Betriebsfrequenz kann
diese Betriebsvorgaben der Kabelstrecke positiv oder negativ beeinflussen
[30][31][32].
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Betriebsverhalten von Energiekabeln
in Abhängigkeit von der Betriebsfrequenz sowie für davon abweichender
Frequenzen zu untersuchen. Dazu wird im ersten Teil der Arbeit für eine
Energieübertragung mit Kabeln ein Frequenzbereich von > 0 Hz bis ≤ 50
Hz betrachtet. Dieser Frequenzbereich erlaubt die Nutzung herkömmlicher
Wechselspannungs-Energiekabel d. h. es müssen keine Modifikationen an
der Isolierung wie etwa bei Gleichspannungskabeln vorgenommen werden.
Der zweite Teil der Arbeit behandelt die Übertragungseigenschaften im kHzund MHz-Bereich. Gegenstand dieser Betrachtungen sind zum einen die
durch die Leistungselektronik entstehenden hochfrequenten Anteile (durch
den Einsatz von VSC-Technologie) in der Ausgangsspannung [33]. Zum anderen werden Energiekabel immer häufiger zur Datenübertragung genutzt.
So wird z. B. bei der Powerline-Kommunikation ein Frequenzband von ca.
1,6 MHz bis 30 MHz genutzt [34] [35].
Eine Analyse der Dämpfung eines Energiekabels liefert so Informationen
sowohl über die Höhe möglicher Überspannungen als auch über den Ausgangspegel bei der Datenübermittlung [36][95] [38]. Ausgangspunkt der
Untersuchungen sind unterschiedliche Einleiter-Energiekabel, die bereits Anwendung finden oder für zukünftige Einsatzgebiete denkbar sind.
Basierend auf der IEC-Publikation 2871 sowie auf Berechnungen mit den Si1
Die IEC-Publikation 287/ 60287 ist das international anerkannte Standardwerk zur Berechnung der Belastbarkeiten von Energieübertragungssystemen [39]
4
1 EINLEITUNG
mulationsprogrammen PSpice und ATP/EMTP2 werden die Einflüsse einer
abweichenden Betriebsfrequenz auf das Betriebsverhalten herausgearbeitet
und analysiert.
Wichtige Betriebsparameter für Energiekabel wie z. B. übertragbare Leistung, zulässige Überlastdauer, Verlustleistungen, Betriebstemperaturen und
Übertragungsentfernungen werden auf ihre Abhängigkeit von der Betriebsfrequenz untersucht.
Der Einfluss von Stoßstellen und Inhomogenitäten auf Überspannungen im
Kabel oder an den angeschlossenen Betriebsmitteln wird an einem 20-kVEinleiter-VPE-Kabel betrachtet. Vor diesem Hintergrund wird der Einfluss
des Kabelaufbaus auf die Übertragung von Spannungsimpulsen untersucht.
Die nötigen Materialparameter für eine Bestimmung der Dämpfungseigenschaften werden messtechnisch ermittelt.
2
Alternative Transients Program/ElectroMagnetic Transients Program, Programm zur Berechnung elektromagnetischer Ausgleichsvorgänge in elektrischen Netzen
5
2 Stand der Technik
Die Betriebsparameter eines Energiekabelsystems wie übertragbare Leistung, zulässige Überlastdauer, Verlustleistungen, Betriebstemperaturen und
Übertragungsentfernungen sind wichtige Größen bei der Planung von Kabelstrecken. Sie bestimmen das Design eines neuen Kabels oder die Auswahl aus den vorhandenen Kabeltypen. Die Betriebsparameter ergeben sich
aus dem Übertragungsverhalten des Energiekabels, welches von einer Vielzahl von Parametern beeinflusst wird.
Die nachfolgenden Betrachtungen zeigen, welche Eingriffsmöglichkeiten in
das Übertragungsverhalten möglich sind. Besonderes Augenmerk soll dabei
auf die Frequenzabhängigkeit des Übertragungsverhaltens gelegt werden.
Grundsätzlich können hierbei die Betrachtungen in das elektrische Übertragungsverhalten und das thermische Verhalten unterteilt werden.
Die elektrischen Übertragungseigenschaften beschreiben das Betriebsverhalten ausgedehnter Kabelstrecken im Netz im Hinblick auf Spannungen
und Ströme auf den Kabeln. Das thermische Verhalten beschreibt die Erwärmung des Kabels und dessen Umgebung.
2.1 Eingriffsmöglichkeiten in das Übertragungsverhalten
Die Eingriffsmöglichkeiten in das Übertragungsverhalten von Energiekabeln sollen im Folgenden in innere und äußere unterteilt werden.
Die inneren Eingriffsmöglichkeiten beziehen sich auf die Materialeigenschaften, die Konstruktion, die Dimensionierung sowie eine in die Kabelanordnung integrierte Kühlung. Diese bei der Planung des Kabeldesigns
festzulegenden Größen sind nach der Herstellung als unveränderbar anzusehen.
Die äußeren Eingriffsmöglichkeiten beinhalten die Systemkonfiguration (Anordnung der Kabeladern), die elektrischen Betriebsgrößen, die von außen
wirkende Kühlung, die Schaltungsart und die Kompensationseinrichtungen.
Sie stellen Eingriffsmöglichkeiten dar, die eine Veränderung des Übertragungsverhaltens sowohl während der Legung als auch an bereits im Betrieb
befindlichen Kabelsystemen ermöglichen. In Tabelle 2.1 sind die inneren
und äußeren Eingriffsmöglichkeiten mit ihren Parametern aufgeführt.
2 STAND DER TECHNIK
6
Innere Eingriffsmöglichkeiten
Materialeigenschaften
Permittivitäts-/Permeabilitätszahl
der leitenden sowie
elektrisches Isoliervermögen
isolierenden Aufbau-
zulässige Materialtemperaturen
elemente
dielektrischer Verlustfaktor
mechanische Festigkeit
spezifischer elektrischer Widerstand
spezifischer thermischer Widerstand
Supraleitung
Konstruktion
Aufbau und Anordnung der Elemente
Dimensionierung
Abmessung der Elemente
integrierte Zwangskühlung Leiter-/ Bündelkühlung, Verbundkühlung,
Rohr-/ Umlaufkühlung
Äußere Eingriffsmöglichkeiten
Betriebsgrößen
Spannung, Strom, Frequenz
Druck, Kühlmitteltemperatur
äußere Zwangskühlung
Oberflächen-/ Lateralkühlung
Systemkonfiguration
Anordnung der Kabeladern
Schaltungsart
Cross-Bonding
ein-/beidseitige Erdung der Kabelschirme
Kompensation
Längsspannungskompensation
Oberschwingungskompensation
Umgebung
Bodeneigenschaften des Kabelgrabens
Tunneleigenschaften
Tabelle 2.1: Innere und äußere Eingriffsmöglichkeiten in das
Übertragungsverhalten von Energiekabeln
2.1 Eingriffsmöglichkeiten in das Übertragungsverhalten
7
Die verwendeten Materialien und deren Materialeigenschaften legen einen
großen Teil der späteren Eigenschaften des Kabels fest. So bestimmen sie
• die maximal zulässige Feldstärke in der Isolierung (über die Spannungsfestigkeit des Materials),
• die Verlustleistung des Leiters bzw. Schirms und weiterer leitfähiger Aufbauelemente (über die elektrischen Leitfähigkeiten und die
Permeabilitäten) sowie die Verlustleistung der elektrischen Isolierung
(über den dielektrischen Verlustfaktor),
• den maximalen Betriebsstrom (über die Wärmeleitfähigkeiten und die
maximal zulässigen Materialtemperaturen) sowie
• den Blindleistungsbedarf (über die Permittivität des Isoliermaterials).
Die Konstruktion des Kabels, das heißt der Aufbau und die Anordnung der
einzelnen Elemente richtet sich nach dem späteren Verwendungszweck und
Einsatzort des Kabels. Sollen z. B. hohe Leistungen übertragen werden, bietet sich bei großen Leiterdurchmessern der Einsatz von Millikenleitern1 an.
Müssen kleine Biegeradien realisiert werden, empfiehlt sich auch bei geringen Durchmesseren für Leiter und Schirm ein Aufbau aus Einzeldrähten. Bei
seeverlegten Kabeln ist eine äußere Bewehrung erforderlich, um Beschädigungen durch z. B. Fischereifahrzeuge entgegenzuwirken. Dies sind nur einige Beispiele für Konstruktionselemente, die unter Berücksichtigung des
späteren Kabeleinsatzes beim Design beachtet werden müssen.
Über die Dimensionierung der einzelnen Aufbauelemente können schließlich die endgültigen Betriebseigenschaften festgelegt werden. Leiterdurchmesser, Isolierungsdicke, Schirmquerschnitt sowie die Abmessungen der äußeren Aufbauelemente bestimmen so den maximalen Betriebsstrom, die maximale Betriebsspannung sowie das Kurzschluss- und Überlastverhalten.
Eine in den Kabelaufbau eingebrachte Leiter- oder Bündelkühlung bewirkt
eine Abführung der in den metallischen Aufbauelementen sowie im Dielektrikum in Wärme umgesetzten Verlustleistungen. Ziel der Verlustleistungsabfuhr ist es, die Leitertemperatur auch bei hoher Strombelastung unterhalb
1
Millikenleiter – Leiter aus verseilten, elektrisch isolierten Segmenten, die ihrerseits aus verseilten Einzeldrähten bestehen
8
2 STAND DER TECHNIK
der isoliermaterialabhängigen Höchstwerte zu halten. So können durch eine Zwangskühlung deutlich höhere Leistungen übertragen werden, wodurch
sich im Einzelfall z. B. die Installation von Doppel- bzw. Mehrfach-Parallelsystemen erübrigt.
Nach der Fertigung des Kabels sind die oben aufgeführten Kabeleigenschaften nicht veränderbar. Sie werden hier zu den inneren Eingriffsmöglichkeiten
gezählt, welche beim Kabeldesign bestimmt und verändert werden können.
Die Betriebsgrößen Spannung, Strom und Frequenz zählen zu den äußeren
Eingriffsmöglichkeiten. Über ihre Variation kann das Übertragungsverhalten auch bei bereits in Betrieb befindlichen Kabeln verändert werden.
Ein Anheben der Spannung kann beispielsweise die übertragbare Leistung
sowie den Wirkungsgrad der Übertragung erhöhen, beeinflusst aber auch die
Blindleistungsaufnahme sowie die elektrische Belastung des Isolierstoffes
durch die höhere Feldstärke. Vor allem im Bereich der Garnituren (Muffen, Endverschlüsse) kann eine höhere Feldstärke zu Teilentladungen oder
Durchschlägen führen und somit die Fehlerhäufigkeit erhöhen bzw. die Lebensdauer der Betriebsmittel verringern.
Ein Anheben des Betriebsstromes stellt für den Leiter selbst kein thermisches Problem dar. Temperaturen, bei denen die Leitermaterialien wie etwa Kupfer oder Aluminium einen kritischen Zustand annehmen, liegen weit
über denen der maximal zulässigen Temperaturen für die Isolierstoffe. Sie
begrenzen die maximal übertragbare Leistung der Kabelstrecke. Ein Betrieb
oberhalb der Grenztemperatur der Isolierstoffe führt zu einer Zerstörung und
gefährdet den Betrieb der Anlage. So führen hohe Temperaturen im Kabel zu
zusätzlichen mechanischen Spannungen, welche ein beschleunigtes Altern
zur Folge haben. Des Weiteren kommt es bei thermoplastischen Kunststoffen unter Umständen zu einem Erweichen der Isolierung und einer Verlagerung des Leiters. Dies führt zu einer veränderten elektrischen Feldverteilung
in der Isolierschicht und reduziert die Spannungsfestigkeit.
Eine weitere wichtige Betriebsgröße, die einen großen Einfluss auf das Übertragungsverhalten ausübt, ist die Betriebsfrequenz. Auf sie wird später ausführlich eingegangen.
Ist eine Zwangskühlung vorhanden, so kann über den Druck und die Temperatur des Kühlmittels die abgeführte Wärmemenge beeinflusst werden. Beide Betriebsgrößen wirken sowohl auf eine in den Kabelaufbau integrierte
2.1 Eingriffsmöglichkeiten in das Übertragungsverhalten
9
Kühlung als auch auf eine in der Kabelumgebung befindliche Kühlvorrichtung. Der Druck am Kabelanfang beeinflusst die Fließgeschwindigkeit und
somit den Wärmetransport des Kühlmittels. Ähnliches gilt für die Kühlmitteltemperatur. Eine niedrige Kühlmitteltemperatur ermöglicht einen größeren Verlustwärmetransport bei gleichbleibenden Kühlabschnittslängen. So
bietet sich durch die Veränderung von Druck und K ühlmitteltemperatur ein
individuelles Reagieren auf sich ändernde Übertragungsleistungen.
Eine in der Kabelumgebung installierte Zwangskühlung, realisiert durch
eine direkte Oberflächen- oder Lateralkühlung, erlaubt eine deutliche Erhöhung des maximalen Betriebsstromes. Es können so ähnliche Leistungssteigerungen erreicht werden wie bei einer in den Kabelaufbau integrierten
Kühlung. Vorteil dieser äußeren Kühlung des Kabels ist, dass diese Anlagen
mit Kühlsystem einem in der Zukunft steigenden Leistungsbedarf betrieblich angepasst werden können.
Die Systemkonfiguration der drei Phasen einer Kabelanlage, d. h. die Phasenanordnung und der Abstand der einzelnen Kabel untereinander hat Einfluss auf die Betriebseigenschaften. So bietet die Dreiecklegung bei gleichem Abstand eine bessere Querschnittausnutzung des Kabelgrabens, reduziert allerdings die Wärmeabfuhr und vergrößert den Proximityeffekt1 . So
verringert sich die Strombelastbarkeit im Vergleich zu einer ebenen Legeanordnung. Günstig wirkt sich eine Dreiecklegung hingegen auf eine Reduzierung der elektromagnetischen Beeinflussung der Kabelumgebung aus.
Einen großen Einfluss auf das Übertragungsverhalten hat die Schaltungsart der Kabelschirme. So können durch eine nur einseitig ausgeführte Erdung oder ein Cross-Bonding“ 2 der Kabelschirme die induzierten Man”
telströme unterdrückt und die Verluste reduziert werden. Andererseits bewirkt ein beidseitiges Erden der Kabelschirme eine gute Abschirmung des
Magnetfeldes und somit eine geringe elektromagnetische Beeinflussung der
Umgebung. Cross Bonding, welches neben der Tatsache, dass es mit hohen Investitionskosten verbunden ist und in rohrverlegten Kabeln nicht an1
2
Proximityeffekt – Schwächen oder verstärken der Stromdichte in Abhängigkeit von der
Phasenlage eines Fremdfeldes im Leiter
Cross-Bonding – Zyklisches Vertauschen der Kabelschirme zur weitgehenden Kompensation der Induktionsspannungen
10
2 STAND DER TECHNIK
gewandt werden kann, reduziert hingegen nicht das äußere Magnetfeld im
Vergleich mit einer einseitigen Erdung.
Bei bereits gelegten Kabelsystemen können Kompensationseinrichtungen
Längsspannungen und den Blindleistungstransport über die gesamte Kabelstrecke reduzieren. Sie ermöglichen so die Übertragung größerer Leistungen
oder ein Reduzieren von Spannungsabsenkungen oder -erhöhungen. Bei der
Realisierung langer Kabelsysteme ermöglicht eine Blindleistungskompensation am Ende oder auf Teilstücken der Übertragungsstrecke die Reduzierung des Blindstromes und somit eine vergrößerte Übertragungslänge bei
akzeptablem Wirkungsgrad. Während in der Vergangenheit vielfach statische Kompensationseinrichtungen eingesetzt wurden, favorisiert man heute
zunehmend flexible Systeme, die sich dem jeweiligen Betriebszustand anpassen und zusätzlich als Lastflussregler im Netz agieren können.
Schließlich hat die Umgebung des Kabelsystems einen großen Einfluss auf
die Übertragungseigenschaften. So reduziert eine schlechte Wärmeleitfähigkeit, beispielsweise hervorgerufen durch ein Austrocknen der Kabelumgebung, die Abfuhr der Verlustwärme von der Kabelader. Dies reduziert die
Stromtragfähigkeit des Kabelsystems und kann zu einer thermischen Schädigung das Kabelsystems führen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken kann
thermisch stabilisierend wirkendes Rückfüllmaterial an sogenannten hot
”
spots“, wie etwa im Bereich von Kabelkreuzungen oder -häufungen, eingesetzt werden. Bei Kabeln in Tunneln kann die Verlustwärme durch eine
natürliche oder forcierte Luftumwälzung gut abgeführt werden und so zu
einer thermischen Entlastung führen.
Die meisten der oben aufgeführten Eingriffsmöglichkeiten waren oder sind
immer noch Gegenstand der Forschung in denen die Auswirkungen auf das
Übertragungsverhalten untersucht werden. Eine in der Vergangenheit als unveränderbar und deshalb wenig beachtete Größe ist die Betriebsfrequenz. Ihr
Einfluss auf das Übertragungsverhalten soll im Folgenden ausführlich untersucht werden.
2.2 Netzfrequenz
11
2.2 Netzfrequenz
Die Netzfrequenz der öffentlichen Energieversorgung wie die überwiegend
verwendeten 50 Hz oder die 60 Hz wie sie z. B. in den USA, Brasilien und
Teilen Japans verwendet wird, scheint eine unveränderliche Größe zu sein.
Ein geschichtlicher Rückblick zeigt, dass dies jedoch nicht immer so war.
Die erste technische Nutzung elektrischer Energie wurde mit Gleichspannung durchgeführt, und erst später wurden für die elektrische Beleuchtung
Frequenzen von beispielsweise 125 Hz oder 133 2/3 Hz genutzt. Für den Antrieb von Motoren und zur Übertragung elektrischer Energie über größere
Entfernungen wurde eine Frequenz von 25 Hz gewählt [41].
Im Laufe der technischen Entwicklung kristallisierten sich Netze mit einer
Betriebsfrequenz von 50 Hz oder 60 Hz heraus. Aber auch heute existieren
noch Netze mit von diesen Standards abweichenden Frequenzen, beispielsweise Industrienetze mit 25 Hz oder 40 Hz [42][43]. Ebenso betreibt die
Deutsche Bahn ihr Energienetz zur Vermeidung von starkem Bürstenfeuer und von hohen Reaktanzbelägen der Oberleitungen bei hohen Frequenzen mit einer von der üblichen Netzfrequenz abweichenden, geringeren Frequenz [44][45]. So findet man heute bei den unterschiedlichen Bahnstromsystemen der Welt Frequenzen von 15, 16 2/3 , 20 und 25 Hz.
In der Vergangenheit war eine Entkoppelung der Netze nur durch Gleichrichtung möglich. Dazu kamen zwischen einzelnen Versorgungsnetzen sogenannte HGÜ1 -Kurzkupplungen zum Einsatz. Den Kern dieser HGÜ-Station
ohne Übertragungsstrecke“bilden die Stromrichterbrücken. Früher wurden
”
hierfür ausschließlich Quecksilberdampf-Stromrichterventile verwendet welche später durch Thyristorventile verdrängt wurden. Heute ermöglichen moderne Umrichter mit leistungsstarken IGBT-Schaltern die Erzeugung einer
variablen Frequenz [46] [47]. Große Fortschritte in der Leistungselektronik
seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts haben dazu geführt, dass bei Neuelektrifizierungen eine Reduzierung der Frequenz für den Bahnbetrieb nicht
mehr favorisiert wird.
Nun rückt vielmehr die Frage in den Vordergrund, warum an den historisch
entstandenen Frequenzen festgehalten werden soll. Diese Überlegung kann
auch auf die Energiekabelnetze angewandt werden. Die Auswirkungen ei1
HGÜ – Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
2 STAND DER TECHNIK
12
ner veränderten Netzfrequenz auf die Übertragungeigenschaften, sollen im
Folgenden untersucht werden.
2.3 Elektrisches Übertragungsverhalten von Energiekabeln
Bei großen Übertragungsstrecken, die mit Kabeln überbrückt werden, lässt
sich das Betriebsverhalten nicht mehr auf Grundlage konzentrierter Bauelemente einwandfrei bestimmen [48][49][50]. Spannungen und Ströme sind
Funktionen des Ortes und der Zeit. Das Kabel muss so als Hintereinanderschaltung von infinitesimalen Leitungselementen der Länge dz betrachtet
werden. Solange die in der Praxis stets zutreffende Bedingung erfüllt ist,
dass der Abstand der stromführenden Leiter klein ist im Vergleich zur Wellenlänge, gilt für ein solches Leitungsstück der Länge dz die Ersatzschaltung
in Bild 2.1.
Rdz
L dz
i + ∂i · dz
∂z
i
Gdz
u
C dz
dz
z
u + ∂u · dz
∂z
z + dz
Bild 2.1: Ersatzschaltbild eines Leitungselements der Länge dz
einer verlustbehafteten homogenen Leitung
Die für die Leitungselemente benötigten Größen R’, L’, C’ und G’ werden
als Leitungsbeläge bezeichnet. Bei harmonischer Anregung mit der Kreisfrequenz ω führt die Anwendung der Maschen- und Knotenpunktsgleichung
auf die folgenden Gleichungen, welche einen Zusammenhang zwischen den
Eingangs- und Ausgangsgrößen herstellen:
2.3 Elektrisches Übertragungsverhalten von Energiekabeln
Aus einem Maschenumlauf in Bild 2.1 folgt
∂u
∂i
u− i·R +L ·
dz = u +
· dz.
∂t
∂z
13
(2.1)
Da Quellenfreiheit vorausgesetzt werden muß, ergibt sich für eine Hülle um
das Leitungselement
∂i
∂u
i − u · G +C ·
dz = i +
· dz.
(2.2)
∂t
∂z
Hieraus ergibt sich der Längsspannungsfall
∂u
∂
= − R +L ·
·i
∂z
∂t
(2.3)
sowie der Querstromverlust
∂i
∂
= − G +C ·
· u.
∂z
∂t
(2.4)
Bei Annahme einer sinusförmigen Stromquelle als Erregung sowie unter
Anwendung der Phasoren
für Spannung u(t, z) = Re U(z) · ejωt und Strom
i(t, z) = Re I(z) · ejωt erhält man für die Gleichungen 2.3 und 2.4 im Frequenzbereich
dU(z)
= − R + jωL · I(z)
dz
(2.5)
dI(z)
= − G + jωC ·U(z).
dz
(2.6)
und
Eliminierung von U(z) bzw. I(z) in den Gleichungen 2.5 und 2.6 liefert die
Telegraphengleichungen im Frequenzbereich
2 STAND DER TECHNIK
14
d2U(z)
= Z ·Y ·U(z)
2
dz
(2.7)
d2 I(z)
= Z ·Y · I(z) .
2
dz
(2.8)
und
Die komplexen Größen für Spannung und Strom in den Gleichungen 2.7
und 2.8 sind nun nur noch Funktionen der Ortskoordinate z. In den Wellengleichungen bedeutet Z die auf die Länge bezogene Längsimpedanz der
Leitung, Y die zugehörige längenbezogene
Queradmittanz.
Mit dem
Wellenwiderstand ZW = Z /Y und dem Übertragungskoeffizienten γ = Z ·Y der Leitung ergibt sich die Lösung (z.B. nach [129] [130])
der Wellengleichung bei sinusförmiger Erregung im Frequenzbereich zu
U(z) = A · e γz + B · e−γz
(2.9)
und
I(z) =
1 A · e γz − B · e−γz .
ZW
(2.10)
Nach einer Bestimmung der unbekannten komplexen Konstanten aus den
Randbedingungen am Leitungsende (z = 0) erhält man für die komplexen
Amplituden von Strom und Spannung am Ort z auf einer verlustbehafteten
Leitung:
und
1
1
U(z) = (U 2 + I 2 · Z W ) · e γz + (U 2 − I 2 · Z W ) · e−γz
2
2
(2.11)
U
1 U2
1
2
+ I 2 · e γz −
− I 2 · e−γz .
I(z) =
2 ZL
2 ZL
(2.12)
In den Leitungsgleichungen 2.11 und 2.12 ist zu erkennen, dass sich Spannung und Strom aus einer in positiver und einer in negativer z-Richtung
2.4 Thermisches Verhalten von Energiekabeln
15
fortpflanzenden Welle zusammensetzen. Die Realteilfunktion des Übertragungskoeffizienten γ wird als Dämpfungskoeffizient α(ω), die Imaginärteilfunktion β(ω) als Phasenkoeffizient bezeichnet. Setzt man die Beziehung
γ = α + jβ in die Gleichungen 2.11 und 2.12 ein, ist zu erkennen, das die
Amplituden der Wellen um den längenabhängigen Faktor e−αz gedämpft
werden. Der Faktor e±jβz beschreibt die längenabhängige Phasenlage der
sich ausbreitenden Wellen.
Jeder dieser Teilwellen kann nach den Gleichungen 2.11 und 2.12 eine exponentielle Übertragungsfunktion zugeordnet werden. Die Ausbreitung dieser Teilwellen mit den Effekten der Dispersion und Dämpfung für hin- oder
rücklaufende Wellen auf der Strecke wird durch diese Übertragungsfunktion
G(∆ z) beschrieben:
G(∆ z) = e−γ∆ z =
U(z ± ∆ z) I(z ± ∆ z)
=
.
U(z)
I(z)
(2.13)
Der auf eine Strecke ∆ z bezogene, zur Basis 10 logarithmierte und mit
(−20) multiplizierte Amplitudengang der Übertragungsfunktion entspricht
dem in Dezibel ausgedrückten Dämpfungskoeffizient:
20dB
log G(∆ z) .
(2.14)
∆z
Der Phasenkoeffizient geht in zwei weitere charakteristische Größen einer
elektromagnetischen Welle ein, die Phasengeschwindigkeit ν = ω/β und
die Wellenlänge λ = ν · T = 2π/β. Das Verhältnis aus Wellenlänge λ und
geometrischer Länge l des Kabels ist schließlich maßgebend dafür, ob es
sich bei der Kettennachbildung um eine elektrisch kurze oder lange Leitung
handelt. Dabei bezeichnet man Leitungen mit l ≤ λ/30 als elektrisch kurze
Leitungen; diese lassen sich in der Regel durch konzentrierte Elemente hinreichend genau nachbilden. Leitungen mit l ≥ λ/30 werden als elektrisch
lange Leitungen bezeichnet; auf diese muss ein komplettes Kettenleiter-Ersatzschaltbild mit n verteilten Einzelelementen angewendet werden.
αdB (ω) = −
2.4 Thermisches Verhalten von Energiekabeln
Bei dem Betrieb von Energiekabeln werden in den Leitern, in den übrigen metallenen Aufbauelementen und umgebenden Metallteilen sowie in der
16
2 STAND DER TECHNIK
Isolierung Verluste hervorgerufen. Diese Verluste führen zu einer Erwärmung
und somit zu einem Temperaturanstieg im Kabel und dessen Umgebung.
Selbst wenn kein Verbraucherwiderstand am Kabel angeschlossen ist, das
Kabel also im Leerlauf betrieben wird, müssen die Leiter einen Strom führen,
der die Summe aller Verschiebungsströme darstellt. Beträgt die Leitungslänge
weniger als ein Viertel der Wellenlänge der anliegenden Spannung, wird
der Leiterstrom am Anfang der Leitung um so größer, je länger die Leitung ist. So wird alleine durch den Verschiebungsstrom ab einer Grenzlänge
lmax die zulässige Grenze des Leiterstroms erreicht, obwohl das Kabel im
Leerlauf betrieben wird. Damit die Funktionsfähigkeit der elektrischen Isolierung nicht beeinträchtigt wird, darf die Temperatur an dieser Stelle eine
maximal zulässige Temperatur nicht überschreiten. Die Temperatur in der
Isolierung ist von der im Kabel freigesetzten Wärmemenge und von der Abfuhr dieser Wärmeleistung abhängig.
Die im Kabel auftretenden Verluste können unterschieden werden in stromunabhängige, dielektrische Verluste in der Isolierung und in stromabhängige
Verluste in den metallenen Kabelaufbauelementen. Die dielektrischen Verluste werden durch die Nennspannung des Kabels, das zur Isolierung verwendete Material und seinen Abmessungen festgelegt. Die stromabhängigen Verluste sind von den Leiterströmen und von der Wahl, Anordnung
und Schaltung metallener Aufbauelemente abhängig. Bei einigen Kabelaufbauten werden ferromagnetische Materialien verwendet. Neben den in diesen Aufbauelementen hervorgerufenen Verlusten ist insbesondere ihre Wirkung auf das von den Leiterströmen verursachte Magnetfeld und damit die
Erhöhung der Verluste in allen anderen Aufbauelementen zu beachten. Die
Permeabilität in den ferromagnetischen Aufbauelementen stellt sich nach
der dort vorliegenden Induktion ein.
Die Abfuhr der Verlustwärme erfolgt bei natürlich gekühlten Kabeln über
die Kabelumgebung. Liegen die Kabel im Erdboden, erfolgt diese Abfuhr
zur Erdoberfläche. Wird die Temperatur im Erdboden über eine Grenztemperatur hinaus erhöht, so kann eine irreversible Austrocknung des Erdbodens auftreten. Ausgetrockneter Erdboden weist gegenüber feuchtem Erdboden eine deutlich geringere Wärmeleitfähigkeit auf. Diese Absenkung der
Wärmeleitfähigkeit führt zu einer spürbaren Erhöhung des äußeren thermischen Widerstandes und erschwert die Wärmeabfuhr[51][52].
2.5 Frequenzabhängigkeit der Leitungsparameter
17
Die Rückwirkung der Temperaturerhöhung auf die Verluste erfolgt durch die
Senkung der elektrischen Leitfähigkeit in den metallenen Aufbauelementen.
Dies führt zu einer Steigerung der Verluste gegenüber einem nicht erwärmten Kabel.
Die Begrenzung der Verluste auf das Maß, welches sich durch die maximal zulässige Temperatur in der Isolierung ergibt, wird üblicherweise durch
eine Begrenzung der Leiterströme vorgenommen. Der höchstzulässige Leiterstrom ist derjenige Strom, der bei symmetrischem Betrieb eine Erhöhung
der Temperatur in der Isolierung gerade auf die höchstzulässige Temperatur
bewirkt. Bei der Bestimmung des maximal zulässigen Leiterstromes müssen
die oben aufgeführten Abhängigkeiten beachtet werden. Bei Kabeln mit ferromagnetischen Aufbauelementen ist insbesondere die Beachtung der nichtlinearen Materialeigenschaften erforderlich.
2.5 Frequenzabhängigkeit der Leitungsparameter
Bei der Bestimmung des elektrischen Übertragungsverhaltens wurden in
Kapitel 2.3 die Leitungsbeläge R, L ,C und G eingeführt. Diese im allgemeinen frequenzabhängigen Beläge können entweder an einem kurzen Leitungsstück direkt gemessen oder aus dem Kabelaufbau und den Materialeigenschaften der einzelnen Aufbauelemente berechnet werden. Im Folgenden
soll kurz auf die Frequenzabhängigkeit der Leitungsparameter eingegangen
werden.
2.5.1 Widerstandsbelag
Die Verluste in den metallenen Aufbauelementen des Kabels werden durch
den Widerstandsbelag R erfasst. Aus den Leiterabmessungen, dem Leitermaterial und der Leitertemperatur lässt sich der Gleichstromwiderstandsbelag R0 bestimmen. Der Wechselstromwiderstandsbelag R nimmt infolge des
Skineffekts mit steigender Frequenz zu.
Der komplexe Widerstand eines zylindrischen Leiters mit dem Durchmesser d = 2 · ri setzt sich aus dem Wirkwiderstand R und dem Blindwiderstand
2 STAND DER TECHNIK
18
ω · Li zusammen. Hierbei bezeichnet Li die innere Induktivität des Leiters.
Mit dem Gleichstromwiderstand erhält man aus der Reihenentwicklung der
Besselschen Funktionen Näherungen für kleine und große Argumente von x
[53][54].
Für x < 1 ergibt sich:
und
R
1
= 1 + · x4
R0
3
(2.15)
ω · Li
x4
2
= x · 1−
R0
6
(2.16)
mit der Abkürzung
x=
d
d
π · κ · µ0 µ · f =
4
4·α
(2.17)
und der äquivalenten Leitschichtdicke
1
.
π· f ·µ·κ
(2.18)
R
3
1
= x+ +
R0
4 64 · x
(2.19)
ω · Li
3
3
+
=
x
−
.
R0
64 · x 128 · x2
(2.20)
α= √
Für x > 1 ergibt sich:
und
Bei Kabeln mit metallenen Mänteln oder Schirmen tragen neben den Verlusten in den stromführenden Leitern, die Wirbelstromverluste im Mantel/
Schirm (Hülleneffekt) und in den benachbarten Leitern (Nähewirkungs- oder
Proximityeffekt) zu den Gesamtverlusten bei. All diese zusätzlichen Verlustwiderstände sind frequenzabhängig und müssen bei einer Berechnung des
Widerstandsbelages berücksichtigt werden.
2.5 Frequenzabhängigkeit der Leitungsparameter
19
2.5.2 Ableitungsbelag
Der Ableitungsbelag G fasst die dielektrischen Verluste sowie die Koronaverluste in der elektrischen Isolierung zwischen den Leitern zusammen.
Anstelle des stark frequenzabhängigen Ableitungsbelages wird oft auch der
Verlustfaktor
G
tanδ =
ω ·C
(2.21)
angegeben. Hierbei beschreibt der Verlustwinkel δ den Winkel zwischen
dem um 90 ◦ voreilenden Blindstrom eines idealen verlustfreien Kondensators und dem durch die verlustbehaftete Isolierung fließenden Stromes. Für
ein Drehstromsystem ergeben sich damit die dielektrischen Verluste zu
Pd = 3 ·U02 · ω ·C · tanδ
(2.22)
Pd = E 2 0 · ω · ε0 · εr · tanδ .
(2.23)
oder
Der Verlustfaktor hängt, wie aus den Gleichungen 2.22 und 2.23 zu erkennen, vom verwendeten Isolierstoff und dessen Permitivität, vom Aufbau der
Isolierung, von der Frequenz und durch die Temperaturabhängigkeit der Materialparameter des Isolierstoffes von der Temperatur ab. Bei einer VPEIsolierung kann der Verlustfaktor tanδ beispielsweise von 0, 35 · 10−3 bei
20 ◦ C auf 0, 65 · 10−3 bei 90 ◦ C ansteigen. Um die dielektrischen Verluste so
gering wie möglich zu halten, sollte bei allen Energieübertragungssystemen
der tan δ sowie die Permittivität εr möglichst klein und konstant sein.
Die Frequenzabhängigkeit des Ableitungsbelages spielt besonders bei der
Betrachtung hochfrequenter Ausgleichsvorgänge eine große Rolle. In Kapitel 4.2 wird auf diese Eigenschaft näher eingegangen.
2.5.3 Kapazitätsbelag
Die elektrischen Eigenschaften eines Kabels werden zu einem großen Teil
von seinem Betriebskapazitätbelag C bestimmt. Dieser ist eine Funktion der
2 STAND DER TECHNIK
20
Leitungsgeometrie sowie der Permittivität der Isolierung. Für ein Radialfeldkabel1 kann der Kapazitätsbelag zwischen Leiter und geerdetem Schirm
nach folgender Formel berechnet werden:
Cb =
2 · π · ε 0 · εr
.
ln ra /r i
(2.24)
Die Größe der Permittivität εr eines Isolierstoffs wird durch die Stärke der
Polarisation bestimmt. Liegt nur eine Verschiebungspolarisation vor (Elektronen- oder Ionenpolarisation), so ist die Permittivität klein und beträgt z. B.
bei den Polymeren, wie sie für Kabelisolierungen verwendet werden, etwa
zwei bis vier.
Durch die Temperaturabhängigkeit der Permittivität ist die Betriebskapazität
ebenfalls temperaturabhängig. Für die üblichen Betriebstemperaturen von
Energiekabeln kann dies jedoch vernachlässigt werden. Eine starke Temperaturabhängigkeit kann man jedoch bei Mischungen aus PVC und Ruß
feststellen [55][56].
Ebenso ist die Frequenzabhängigkeit der Permittivität für PE- und VPEisolierte Kabel zu vernachlässigen. Bei der Betrachtung von transienten Ausgleichsvorgängen muss diese jedoch besonders bei PVC-Mischungen berücksichtigt werden [57][58].
2.5.4 Induktivitätsbelag
Der Induktivitätsbelag L setzt sich aus der nahezu2 frequenzunabhängigen
äußeren Induktivität La und der frequenzabhängigen inneren Induktivität Li
zusammen.
Die äußere Induktivität La wird von der Geometrie des Kabelaufbaus und
der Kabelanlage bestimmt. Soweit die verwendeten Materialien nicht ferromagnetisch sind, bleibt die äußere Induktivität stromunabhängig.
1
2
Radialfeldkabel – Kabel mit einzeln geschirmten Adern sowie einem konzentrischen Aufbau von Leiter, Isolierung und Schirm
Durchsetzt das äußere Magnetfeld Aufbauelemente, wie z. B. Stahlrohre aus einem magnetischen Material, ergibt sich auch ein frequenzabhängiger Teil für die äußere Induktivität.
Dieser ist jedoch für den Großteil der Anwendungen vernachlässigbar.
2.6 Frequenzabhängiges Übertragungsverhalten
21
Die innere Induktivität Li entsteht durch die im Leiter auftretenden Magnetfelder. Li wird mit zunehmender Frequenz geringer, da durch die anwachsende Stromverdrängung der Leiterquerschnitt mehr und mehr feldfrei wird
(siehe Gleichung 2.20).
2.6 Frequenzabhängiges Übertragungsverhalten
Wie im vorangegangenen gezeigt wurde, wird das Übertragungsverhalten
der Kabel von einer Reihe von Parametern beeinflusst, welche von der Betriebsfrequenz abhängig sind. So ist es möglich, das Übertragungsverhalten
von Energiekabeln über eine veränderte Betriebsfrequenz (bezogen auf die
übliche Netzfrequenz von 50 Hz) zu beeinflussen. Die nachfolgenden Punkte erläutern das Prinzip einer frequenzreduzierten Energieübertragung sowie
die Auswirkungen auf die Betriebsparameter eines Kabelsystems.
2.6.1 Betrieb von Kabeln bei reduzierter Betriebsfrequenz
Im Folgenden wird der Einfluss der Betriebsfrequenz zum einen auf die
im Kabel entstehenden Verluste und zum anderen auf die Betriebsgrößen
erläutert. Zu den frequenzabhängigen Verlusten zählen die Leiterverluste,
die Verluste in den Aufbauelementen, die Verluste in der Isolierung und die
Generatorverluste bei der Energieerzeugung. Zu den Betriebsgrößen zählen
die Längsspannung, der Querstrom, die Stabilität (Phasenlage) sowie die
Spannungsfestigkeit.
Frequenzabhängige Verluste
Leiterverluste
Der durch die Leiter fließende Wechselstrom erzeugt in den Leitern und ihrer
Umgebung ein magnetisches Wechselfeld, das zu Stromverdrängungseffekten und so zu einer Widerstandserhöhung führt.
22
2 STAND DER TECHNIK
Verluste in Aufbauelementen
In den Schirmen und Metallmänteln werden bei Betrieb mit Wechsel- oder
Drehstrom Spannungen induziert, die unter anderem proportional zur Betriebsfrequenz sind. Bei der üblichen beidseitigen Erdung verursachen die
induzierten Spannungen Ströme, die an den Gesamtverlusten des Systems
einen großen Anteil haben können. Die magnetischen Wechselfelder verursachen zusätzliche Verluste durch Wirbelströme in metallenen Hüllen und
durch Ummagnetisierung in ferromagnetischen Materialien. Eine reduzierte
Betriebsfrequenz verringert die Verluste in den äußeren Aufbauelementen in
allen oben aufgeführten Fällen.
Verluste in der Isolierung
In den Isolierungen der Kabel treten bei Wechselspannungen dielektrische
Verluste auf. Diese können mit sinkender Betriebsfrequenz verringert werden.
Neben der Verringerung der frequenzabhängigen Verluste im Kabel hat eine
reduzierte Betriebsfrequenz auch bei der Energieerzeugung einen positiven
Einfluss auf den Wirkungsgrad:
Betriebsgrößen
Längsspannung/ Querstrom
Das Verringern der Betriebsfrequenz hat direkte Auswirkung auf die Längsspannungen sowie die Querströme der Übertragungsstrecke. Mit sinkender
Frequenz verringert sich die Reaktanz der Längsinduktivität, wohingegen
sich die Reaktanz der Querkapazität vergrößert. Diese Effekte haben zur
Folge, dass induktiver Spannungsfall oder kapazitiver Spannungsanstieg (in
Abhängigkeit vom Laststrom) stark reduziert werden und der ohmsche Widerstand für die Längsspannung dominierend wird. Die Verringerung des
Querstroms führt zusätzlich zu einem erhöhen der Längenbegrenzung aufgrund des niedrigeren kapazitiven Blindstromes.
2.6 Frequenzabhängiges Übertragungsverhalten
23
Stabilität
Der problemlose Betrieb der durch Synchrongeneratoren gespeisten Netze
ist nur gewährleistet, wenn der Synchronismus in allen Betriebsfällen aufrecht erhalten wird. Dazu darf die Spannung längs der Leitung nur innerhalb eines bestimmten Bereiches in der Phasenlage gedreht werden. Durch
Frequenzumrichter mit Spannungszwischenkreis am Anfang und Ende der
Übertragungsstrecke sind Wirk- und Blindleistung entkoppelt und unabhängig regelbar. So kann ohne Stabilitätsprobleme sowie ohne eine Erhöhung
der Kurzschlussleistung auch in Netze ohne Eigenerzeugung eingespeist werden [60][61].
Spannungsfestigkeit
Die für die Isolierungen von Gleichspannungskabeln zulässigen elektrischen
Betriebsfeldstärken liegen spürbar über denen bei Wechselspannungsbeanspruchung. Probleme bei der Gleichspannungsbeanspruchung treten durch
in die Isolierung diffundierende Raumladungen und die stark temperaturabhängige Leitfähigkeit der Isolierung auf.
Untersuchungen an VPE-isolierten Modellkabeln zeigen einen deutlichen
Anstieg der Stehspannung bzw. Durchschlagfeldstärke mit geringer werdender Betriebsfrequenz [81][82][83]. In Bild 2.2 ist die Stehspannung für die
untersuchten Modellkabel in einem Frequenzbereich von 1 Hz bis 10000 Hz
aufgetragen. Die Ergebnisse zeigen bei 1 Hz eine Stehspannung von 160 kV,
was einem Anstieg von 40 kV oder 33 % gegenüber der 50-Hz-Stehspannung
entspricht.
So kann durch eine gegenüber 50 Hz verringerte Betriebsfrequenz eine Anhebung der Spannungsfestigkeit erreicht werden und so zusätzlich zur Frequenzreduktion genutzt werden, um auf das Betriebsverhalten einzuwirken.
Als wichtigste Besonderheiten einer frequenzreduzierten Übertragung können
folgende Punkte angeführt werden:
• Es tritt nur ein geringer Ladestrom auf; die maximal zulässigen Kabellängen werden durch die niedrigere thermische Belastung stark erhöht.
2 STAND DER TECHNIK
24
200
kV
150
100
US
50
0
1
10
100
1000
Hz
10000
f
Bild 2.2: Frequenzabhängigkeit der Stehspannung von VPEModellkabeln [83]
• In der Isolierung treten mit abnehmender Frequenz die dielektrischen
Verluste vor der wesentlich geringeren ohmschen Ableitung in den
Hintergrund.
• Stromverdrängung und Mantelspannungsinduktion werden reduziert,
so dass die Mantel-, Schirm- und Leiterverluste stark reduziert werden
können.
• Der Wirkungsgrad der Stromerzeugung im Generator wird durch die
geringere Blindleistungsaufnahme der Kabel verbessert.
2.6 Frequenzabhängiges Übertragungsverhalten
25
2.6.2 Prinzip der Energieübertragung bei reduzierter Betriebsfrequenz
Für eine Energieübertragung mit reduzierter Betriebsfrequenz sind Modifikationen bei Energieeinspeisung und -entnahme an der Übertragungsstrecke
nötig. Am Anfang der Übertragungsstrecke kann die Betriebsfrequenz z. B.
auf 10 Hz gesenkt werden. Durch diese Frequenzreduktion werden, wie später gezeigt, erheblich verbesserte Übertragungseigenschaften der Kabel erzielt.
Um die reduzierte Frequenz bereitzustellen, muss die übliche Betriebsfrequenz am Anfang der Übertragungsstrecke z. B. über Umrichter gesenkt
werden [62]. Alternativ wäre auch eine direkt reduziert eingespeist Frequenz, wie dies z. B. im deutschen Bahnstromnetz geschieht, denkbar. Überlegungen zu einer direkten Anbindung eines Windparks bei reduzierter Betriebsfrequenz wurden bereits in [63] veröffentlicht. Hier zeigten sich besonders große Synergieeffekte durch einen einfacheren Aufbau des Getriebes zwischen Rotor und Generator einer Windkraftanlage. Zusätzlich zeigen
sich verbesserte Übertragungseigenschaften für die verwendeten Kabel und
Freileitungen bei der Anbindung eines Offshore-Windparks an das Hochspannungsnetz in Küstennähe.
Aber auch eine direkte Versorgung spezieller industrieller Abnehmer mit
einer reduzierten Frequenz ist denkbar. Bild 2.3 zeigt zwei Anwendungsbeispiele einer frequenzreduzierten Energieübertragung. So können z. B. nach
Bild 2.3 a große Distanzen mit herkömmlichen Drehstromkabeln überbrückt
werden oder nach Bild 2.3 b die Übertragungseigenschaften bestehender Streckenabschnitte im Netz so verbessert werden, dass sie gestiegene Leistungsanforderungen erfüllen.
Wird am Ende der Übertragungsstrecke wieder in das 50-Hz-Netz eingespeist, muss die ursprüngliche Netzfrequenz über Umrichter bereitgestellt
werden. Möglich wäre dies etwa durch Umrichter mit Spannungszwischenkreis (VSC), welche heute schon für hohe Spannungen (bis 300 kV) und
Leistungen (300 MW) verfügbar sind [64][65].
Diese mit einer Pulsweitenmodulation und IGBT-Technik ausgerüsteten Umrichter haben günstige Betriebseigenschaften, die sie für diesen Einsatz prädestinieren. So sind sie in der Lage, den Phasenwinkel sowie die Ausgangs-
2 STAND DER TECHNIK
26
a) Zweipunkt-Übertragung über große Entfernungen
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50 Hz
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50 Hz
b) Umrüstung kurzer Übertragungsstrecken im Netz
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Bild 2.3: Schematische Darstellung zweier Einsatzmöglichkeiten
einer frequenzreduzierten Energieübertragung
a) Überbrückung großer Distanzen mit herkömmlichen
Drehstromkabeln z. B. bei der Anbindung von Offshore
Windparks oder Ölplattformen
b) Umrüstung kurzer Übertragungsstrecken im Netz
zur Anhebung der Übertragungsleistung oder zur Entlastung thermisch stark beanspruchter Gebiete
spannung (bis zu einer bestimmten Höhe) durch ein Verändern der Pulsmuster zu steuern. Die PWM-Steuerung ermöglicht dadurch eine unabhängige
Kontrolle der Wirk- und Blindleistungsregelung in jeder Richtung (sog. 4Quadranten-Betrieb) [66][67].
Die VSC-Umrichter zeichnen sich zudem durch einen sehr störunanfälli-
2.7 IEC-Publikation 287/ 60287
27
gen Betrieb aus. So kann etwa durch die Stromregelung des VSC ein Kurzschlussstrom, hervorgerufen z. B. durch einen Erdschluss im dreiphasigen
System, schnell auf ein ungefährliches Maß reduziert werden. Der Aufwand für zusätzliche Betriebsmittel wie z. B. Filter ist bei diesem Umrichterprinzip klein, so dass Stationen klein und platzsparend aufgebaut werden
können.
Negativ wirken sich bei einer ersten Betrachtung die Umrichterverluste aus.
Diese können aber, wie noch gezeigt wird, durch die verbesserten Übertragungseigenschaften auf der Übertragungsstrecke kompensiert werden [30]
[31][32].
2.7 IEC-Publikation 287/ 60287
Die IEC-Publikation 287/ 60287 [39] ist das internationale Standardwerk zur
Berechnung der Belastbarkeiten von Energieübertragungssystemen.
Der erste Teil der IEC 287/ 60287 befasst sich mit der Stromtragfähigkeit
von Hochspannungs-Energiekabeln. Bei deren Berechnung werden der Temperaturanstieg, der Leiterwiderstand, die Verluste sowie die thermischen Widerstände des Kabels und seiner Umgebung berücksichtigt.
Teil zwei liefert Formeln zur Berechnung des thermischen Widerstandes des
Kabels sowie der Kabelumgebung. Bei der Kabelumgebung wird ein Legung in Luft, Erdboden oder Rohren berücksichtigt.
Teil drei befasst sich mit der Angabe von länderspezifischen Referenzwerten wie den maximalen Lufttemperaturen, minimalen und maximalen Erdbodentemperaturen, dem thermischen Widerstand des Erdbodens sowie der
landesüblichen Legetiefe der Kabel im Erdboden. Weiter werden im dritten
Teil Formeln für die Auslegung von Kabelsystemen vor dem Hintergrund
ökonomischer Gesichtspunkte angegeben.
Die folgende Auflistung zeigt noch einmal kurz die drei Bereiche der IEC
287/ 60287:
1. Gleichungen zur Strombelastbarkeit sowie zur Verlustberechnung
• Allgemeine Berechnungen
2 STAND DER TECHNIK
28
• Berechnung der Wirbelstromverluste (Schirmverlustfaktor)
2. Thermischer Widerstand
• Berechnungen zum thermischen Widerstand
• Berechnung des Reduktionsfaktors für Kabelhäufungen bei Luftverlegung und Schutz vor direkter Sonnenstrahlung
3. Betriebsbedingungen
• Referenzwerte für die Betriebsbedingungen von Energieübertragungssystemen sowie üblicher Kabeltypen
• Ökonomische Kabelauslegung
Alle im folgenden durchgeführten Berechnungen zum Übertragungsverhalten unterschiedlicher Kabelsysteme stützen sich auf die Berechnungsvorschriften dieser IEC-Publikation.
29
3 Untersuchungen bei reduzierter Frequenz
Die folgenden Untersuchungen zeigen die Auswirkung einer reduzierten
Betriebsfrequenz auf das Übertragungsverhalten von Energiekabeln. Dabei
werden im ersten Teil der Untersuchungen die Auswirkungen auf vier unterschiedliche Kabeltypen in drei verschiedenen Spannungsebenen gegenübergestellt. Im Folgenden werden die frequenzabhängigen Übertragungseigenschaften von Rohrkabeln untersucht. Hierfür wurde ein Gasaussendruckkabel mit einem Stadtkabel verglichen. Schließlich werden die veränderten Übertragungseigenschaften einer frequenzreduktion in Verteilnetzen betrachtet.
3.1 Gegenüberstellung unterschiedlicher Kabelsysteme
Für alle Kabelsysteme wird die frequenzabhängigkeit der Stromtragfähigkeit, der Kabeltemperatur, der Wechselstromverluste, der maximale Übertragungsentfernung sowie der Blindleistungsbedarf berechnet und dargestellt.
Um den maximal erzielbare Nutzen einer reduzierten Betriebsfrequenz zu
verdeutlichen, werden die Betriebseigenschaften bei den beiden Frequenzen
50 Hz und 1 Hz berechnet und gegenübergestellt.
3.1.1 Untersuchte Kabelsysteme
Für die Untersuchung wurden folgende vier Kabeltypen ausgewählt: ein
30-kV-VPE-Einleiter-Kabel, ein 110-kV-VPE-Rohrkabel (Stadtkabel) [69],
ein 400-kV-Niederdruck-Einleiter-Ölkabel und ein 400-kV-VPE-EinleiterKabel. Bei allen Kabeln wurde als Leitermaterial Kupfer angenommen.
Als Metallmantel der 400-kV-Kabel wurde ein gewelltes Aluminiumrohr mit
einer Wandstärke von 3 mm und einer Welltiefe von 6,5 mm betrachtet. Alle
Einleiterkabel befinden sich in einer Einebenen-Anordnung. Der Erdboden
wurde mit einem spezifischen thermischen Widerstand von 1 mK/W angenommen. In Tabelle 3.1 sind einige Parameter sowie Daten zur Legung der
untersuchten Kabelsyteme aufgeführt.
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
30
Um die zeitlichen Schwankungen des Verbrauchs elektrischer Energie zu
berücksichtigen, wurde bei dem Mittelspannungskabel mit einem Belastungsgrad von m = 0, 7 gerechnet. Bei den Hochspannungskabeln wurde mit einem Belastungsgrad von m = 1, 0 gerechnet. Hier wurde der Volllastfall
gewählt, da die Energieversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen zunehmend eine gleichmäßige Auslastung der Anlagen erreichen wollen.
-Ka
bel
abel
-kV-
-kV400
VPE
Öl-K
-Ro
VPE
400
mm2
nF/m
µH/m
Ω
MVA
MVA
—
mm
mm
—
-kV-
Leiternennquerschnitt
Kapazitätsbelag
Induktivitätsbelag
Wellenwiderstand
Natürliche Leistung
therm. Grenzleistung
Belastungsgrad
Legetiefe
lichter Aderachsabstand
Schaltungsart
500
0,4
0,39
31
29
37
0,7
700
70
beidseit.
Erdung
1200
0,42
0,35
29
417
144
1,0
1200
300
beidseit.
Erdung
1600
0,27
0,57
46
3478
630
1,0
1200
300
CrossBond.
2000
0,2
0,56
53
3023
956
1,0
1200
300
CrossBond.
110
Einheit
30-k
Größe
V-V
P
E-K
abel
hrK
abel
Zahlenwert
Tabelle 3.1: Parameter der betrachteten Kabelsysteme sowie deren Legeumgebung
3.1 Gegenüberstellung unterschiedlicher Kabelsysteme
31
3.1.2 Steigerung der Stromtragfähigkeit
Ein Verringern der Betriebsfrequenz führt wegen der verringerten Stromverdrängungseffekte zu einer Reduzierung der Stromwärmeverluste sowie,
durch die kleiner werdende Admittanz der Isolierung Y = R1 + ωC zu einem geringeren Querstrom und somit zu geringeren dielektrischen Verluste
im Kabel. Dies hat eine geringere thermische Auslastung bei sonst gleichen
Leistungsdaten zur Folge, d. h. die maximale Stromtragfähigkeit erhöht sich.
Bild 3.1 zeigt die Veränderung der maximal übertragbaren Leistung der
vier betrachteten Kabelsysteme. Dargestellt ist jeweils die 50-Hz- sowie die
1-Hz-Übertragungsleistung bei Dauerlast (die Auslastung bei Mittelspannung wird mit m = 0, 7 angenommen). Die prozentualen Angaben geben die
Veränderung der Stromtragfähigkeit im Vergleich zu einem 50-Hz-Betrieb
an.
Erkennbar sind die starken Zuwächse in der thermischen Grenzleistung von
bis zu 51% bei dem 30-kV-VPE-Kabel. Hier wirkt sich die Verringerung der
induzierten Längsströme in den beidseitig geerdeten Kabelschirmen besonders stark aus.
Mit dem im Stahlrohr verlegten 110-kV-VPE-Rohrkabel kann eine 38 %ige
Steigerung der Übertragungskapazität erreicht werden. Hierbei wirkt sich
die Frequenzreduzierung besonders positiv auf die Stahlrohr- und Schirmverluste aus. Ein Cross-Bonding der Kabelschirme ist bei einer Stahlrohrlegung nicht möglich, so dass die Kabelschirme zum vermeiden hoher induzierter Spannungen, beidseitig geerdet werden.
Der große Leistungszuwachs von 49 % erklärt sich bei dem 400-kV-Ölkabel in erster Linie aus dem Rückgang der dielektrischen Verluste in der bei
diesem Kabeltyp verwendeten Papierisolierung.
Das VPE-isolierte Kabel erreicht hingegen bei gleicher Spannungshöhe und
größerem Leiterquerschnitt nur eine Steigerung von 17 %. Durch den ohnehin niedrigen dielektrischen Verlustfaktor tanδ der VPE-Isolierung lassen
sich nicht so hohe Zuwächse wie bei einer Öl-Papier-Isolierung erzielen.
32
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
1200
1000
+ 17 %
+ 49 %
MVA
800
600
+ 38 %
400
+ 51 %
Smax
200
0
1
2
3
4
Bild 3.1: Thermische Grenzleistung Smax der untersuchten Kabel
bei den Frequenzen 50 Hz (dunkelgrau) und 1 Hz (hellgrau).
1: 30-kV-VPE-Kabel
2: 110-kV-VPE-Rohrkabel
3: 400-kV-Ölkabel
4: 400-kV-VPE-Kabel
3.1.3 Reduzierung der Kabeltemperatur
Eine Reduzierung der Kabeltemperatur kann für den Betrieb einer Kabelstrecke aus unterschiedlichen Gründen gefordert werden:
• Eine Bodenaustrocknung, aufgrund zu hoher Kabeltemperaturen, verschlechtert die Wärmeleitfähigkeit und somit die natürliche Kühlung
des Kabels, so dass eine niedrige Kabeltemperatur zu deren Vermeidung gefordert wird [70][71][72][84][73].
• Eine nachträgliche Bebauung der Kabelumgebung (Erdoberfläche) reduziert die natürliche Kühlung und führt so zu einer höheren thermi-
3.1 Gegenüberstellung unterschiedlicher Kabelsysteme
33
schen Belastung. Nur eine Reduzierung der Kabeltemperatur kann den
weiteren störungsfreien Betrieb gewährleisten .
• Zusätzliche Kabelsysteme oder Fernwärmerohre werden in der Kabelumgebung installiert und verändern den Wärmestrom in der Umgebung, so dass bei gleichen Leistungsdaten die Kabeltemperatur ihren maximal zulässigen Wert übersteigt. Eine Frequenzreduzierung
und die damit verbundene geringere Verlustleistung im Kabel kann
die Kabeltemperatur wieder auf die zulässigen Grenzen reduzieren
[74][75][76].
• Höhere Grundlasten, Spitzenlasten oder Überlasten verändern den bei
der Planung angenommenen Belastungsgrad des Kabels. Es kann so
zu einer höheren thermischen Belastung, welche im Extremfall den
Betrieb der Kabelstrecke gefährdet, kommen. Um den gestiegenen Belastungsgrad problemlos, ohne eine gefährlich höhere Kabeltemperatur zu bewähltigen, kann die Kabeltemperatur durch eine Frequenzreduktion gesenkt werden.
• Veränderte Umweltschutzbestimmungen erfordern eine niedrigere thermische Belastung bei gleichem oder gestiegenem Belastungsgrad der
Kabelanlage.
Alle Szenarien können so zu Bereichen auf der Kabeltrasse führen, in denen
die Kabeltemperatur die maximal zulässigen Werte erreicht oder übersteigt
und zu einer thermischen Schädigung des Kabels führt. In Bild 3.1 ist die
Differenz ∆ϑM zwischen Mantel- und Umgebungstemperatur (ϑU = 15◦ C)
für die thermische Grenzleistung bei 50-Hz sowie 1-Hz aufgetragen. Für
die VPE-isolierten Kabel wurde eine maximale Isolierungstemperatur von
90 ◦ C, für die Öl-Papier-Isolierung von 85 ◦ C zugrundegelegt.
Die Reduzierung der Manteltemperatur erreicht Werte zwischen 41% für das
400-kV-VPE-Kabel und 74% für das 30-kV-VPE-Kabel, was einer Absenkung der Temperatur um 25 ◦ C bzw. um 52 ◦ C hin zur Umgebungstemperatur entspricht.
Für die in Bild 3.9 mit 1, 2 und 3 bezeichneten Kabel lässt sich die Manteltemperatur so weit reduzieren, dass diese an der unteren Grenztemperatur ei-
34
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
ner Bodenaustrocknung liegt. So kann eine durch die hohen Manteltemperaturen bewirkte Bodenaustrocknung bei Übertragung der thermischen Grenzleistung im 50-Hz-Betrieb in einem frequenzreduzierten Betrieb verhindert
werden.
80
◦C
70
60
− 41 %
50
20
1
2
− 71 %
30
− 69 %
∆ϑM
− 74 %
40
10
0
3
4
Bild 3.2: Differenz ∆ϑM zwischen Mantel- und Umgebungstemperatur (ϑU = 15◦ C) der untersuchten Kabel bei den
Frequenzen 50 Hz (dunkelgrau) und 1 Hz (hellgrau).
1: 30-kV-VPE-Kabel
2: 110-kV-VPE-Rohrkabel
3: 400-kV-Ölkabel
4: 400-kV-VPE-Kabel
3.1.4 Reduzierung der ohmschen Wechselstromverluste
Eine Verringerung der Betriebsfrequenz bewirkt eine Reduzierung der Stromwärmeverluste. Skin- und Proximityeffekt sowie Verluste durch induzierte
Längsströme treten nur noch in sehr geringem Maße auf. Bild 3.3 zeigt den
3.1 Gegenüberstellung unterschiedlicher Kabelsysteme
35
Stromwärmeverlustbelag der Übertragungssysteme bei 50 Hz und 1 Hz. Die
übertragene Leistung bei reduzierter Betriebsfrequenz entspricht der thermischen Grenzleistung bei 50 Hz.
90
− 33 %
W
m
− 62 %
30
− 56 %
PV
− 65 %
60
0
1
2
3
4
Bild 3.3: Verlustleistungsbelag PV der untersuchten Kabel bei
den Frequenzen 50 Hz (dunkelgrau) und 1 Hz (hellgrau)
1: 30-kV-VPE-Kabel
2: 110-kV-VPE-Rohrkabel
3: 400-kV-Ölkabel
4: 400-kV-VPE-Kabel
Es ist eine starke Abhängigkeit der Übertragungsverluste von der Frequenz
erkennbar. So ist bei den hier untersuchten Kabeln [mit Ausnahme des 400kV-VPE-Kabels (- 33 %)] eine Reduzierung der Verluste von über 50 % erreichbar. Dies erscheint vor dem Hintergrund des sehr guten Wirkungsgrades
von Übertragungsstrecken noch nicht besonders attraktiv, da nur bei langen
Übertragungsstrecken die Wechselstromverluste einen großen Anteil an den
Betriebskosten haben. Jedoch fallen die damit verbundenen Effekte wie Steigerung der Belastbarkeit und Überlatsbarkeit der Kabel oder eine thermische
Entlastung des Kabelgrabens stark ins Gewicht. Die bei der Übertragung ein-
36
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
gesparten Verluste müssen mit denen der Frequenzumrichter aufgerechnet
werden, was ab bestimmten Übertragungslängen zu einer positiven Verlustleistungsbilanz für eine frequenzreduzierte Übertragungsstrecke führt.
3.1.5 Steigerung der maximalen Übertragungsentfernung
Eine 50-Hz-Energieübertragung mit Kabeln stößt hinsichtlich der maximal
überbrückbaren Entfernung auf technische und wirtschaftliche Grenzen. Die
folgenden Punkte zeigen die unterschiedlichen Restriktionen der Leitungslänge eines Drehstrom-Kabelsystems:
• Mit zunehmender Leitungslänge (bei einseitiger Erdung der Kabelschirme) steigen die Schirmspannungen schnell an, so dass ein beidseitiges Erden der Kabelschirme notwendig wird. Um die sehr hohen
Schirmverluste bei dieser beidseitigen Erdung zu verringern, ist ein
aufwendiges Cross-Bonding nötig, da ansonsten die Übertragungsleistungen stark verringert werden.
• Die Längsspannung auf der Strecke stellt eine begrenzende Größe dar.
So darf die Spannung die vorgeschriebenen Grenzen am Ende der
Übertragungsstrecke nicht über- oder unterschreiten.
• Die Ladeleistung reduziert die Übertragungsleistung des Systems bei
langen Kabelstrecken stark.
• Die Phasenlage der Spannung darf längs der Leitung nur innerhalb
bestimmter Grenzen gedreht werden.
• Der Wirkungsgrad der Übertragung wird mit zunehmender Leitungslänge kleiner, so dass die Betriebskosten ansteigen.
Unter der Vorgabe, dass die Betriebsspannung maximal um ± 10 % abweichen darf, ergibt sich der kritischste stationäre Betriebszustand für ein offenes Kabelende bzw. bei einem Betrieb der Kabelstrecke ohne Last.
Bei bekannten Wellenwiderständen sowie Phasen- und Dämpfungskoeffizienten zeigt sich für die maximale Übertragungsstrecke ausschließlich eine
3.1 Gegenüberstellung unterschiedlicher Kabelsysteme
37
Frequenzabhängigkeit. Für den oben beschriebenen kritischen Betriebszustand eines offenen Kabelendes zeigt Bild 3.4 die maximale Übertragungsentfernung l, bezogen auf die maximale Übertragungsentfernung im 50-HzBetrieb.
10
8
6
l
l50Hz
4
2
0
0
10
20
30
40
Hz
50
f
Bild 3.4: Maximale Übertragungsentfernung l, bezogen auf die
maximale Übertragungsentfernung bei 50 Hz l50Hz der
untersuchten Kabel (siehe Tabelle 3.1) als Funktion der
Frequenz f
Deutlich wird, dass bei einer Frequenz von 25 Hz eine Verdopplung der
Übertragungsstrecke möglich ist und für weiter darunter liegende Frequenzen noch größere Steigerung der Übertragungslänge erreichbar sind. Bei der
hier gewählten Darstellungsweise sind die prozentual erzielbaren Steigerungen in der Übertragungsentfernung für alle Kabeltypen gleich.
In den vermaschten Netzen der BRD sind die im 50-Hz-Betrieb erreichbaren Übertragungslängen in aller Regel ausreichend. In dünn besiedelten Gebieten oder bei Seekabelverbindungen, etwa der Anbindung von OffshoreWindparks oder der Versorgung von Ölplattformen stößt man jedoch an die
Grenzen der maximalen Übertragungslänge [77][78]. Hier kann eine fre-
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
38
quenzreduzierte Übertragung eine Alternative zu einer sonst erforderlichen
Gleichstromübertragung sein.
Ein wirtschaftlicher Kabelbetrieb ist allerdings nur möglich, wenn die aufgenommene Leistung am Kabelanfang zu einem überwiegenden Teil an die
Last auch wirklich abgegeben werden kann. So gilt als Richtwert, dass unter
thermischer Volllast mindestens 80 % des eingespeisten Stromes dem Verbraucher am Kabelende zur Verfügung gestellt werden soll [79].
4
MVar
km
1
0
2
-4
Q
3
-8
4
-12
-16
0
20
10
30
40
Hz
50
f
Bild 3.5: Auf die Kabellänge bezogene Ladeleistung (Blindleistung) Q der untersuchten Kabel als Funktion der Frequenz f . Die Kabel werden bei ihrer thermischen 50Hz-Grenzleistung mit einem cos ϕ = 1 betrieben.
1: 30-kV-VPE-Kabel
2: 110-kV-VPE-Rohrkabel
3: 400-kV-Ölkabel
4: 400-kV-VPE-Kabel
— Nennstrom – – ohne Last
Bild 3.5 zeigt den längenbezogenen Blindleistungsbedarf Q’ der Kabelsysteme in Abhängigkeit von der Betriebsfrequenz unter thermischer Volllast.
3.2 Auswirkungen auf Rohrkabel
39
Deutlich erkennbar wird der große Blindleistungsbedarf des 400-kV-Ölkabels bei 50 Hz. Hauptursache hierfür ist neben der hohen Betriebsspannung
die hohe Permittivität der Öl-Papier-Isolierung von 3,5. Die niedrigere Permittivität des 400-kV-VPE-Kabels von 2,3 wirkt sich hier auf den Blindleistungsbedarf günstiger aus. Eine Frequenzreduktion kann den Blindleistungsbedarf und damit den hohen Ladestrom am Kabelanfang stark verringern.
3.2 Auswirkungen auf Rohrkabel
Im vorherigen Kapitel ist gezeigt worden, dass Drehstrom-Energiekabel gravierende Vorteile erlangen, wenn ihre Betriebsfrequenz gesenkt wird. Insbesondere bei Kabeln in Stahlrohren, können die Verluste erheblich vermindert
werden.
Ein in Deutschland häufig verwendeter Kabeltyp ist das Gasaußendruckkabel. Bei diesem Kabeltyp wird die Isolierung hohlraumfrei imprägniert
und dann als dreiadriges Kabel in ein Stahlrohr eingezogen. Durch den im
Stahlrohr erzeugten Betriebsdruck und die damit verbundene komprimierende Wirkung auf die Aderumhüllung wird die Isolierung auch bei thermisch
bedingten Ausdehnungsvorgängen hohlraumfrei gehalten.
Im Zuge der Erneuerung dieser Kabelsysteme bietet sich ein Retrofitting
an. Hierunter versteht man das Entfernen der Gasaußendruckkabel aus den
Stahlrohren und das anschließende Einziehen eines VPE-isolierten Kabels
in die im Erdboden verbleibenden Stahlrohre. Diese sogenannten Stadtkabel können durch eine Frequenzreduktion in ihren Übertragungseigenschaften stark verbessert werden. Besonders das bei der Stahlrohrlegung nicht
realisierbare Cross-Bonding und die damit verbundenen Schirmverluste sowie die zusätzlichen Stahlrohrverluste liefern ein großes Einsparpotential für
einen frequenzreduzierten Betrieb.
Wie weit die maximal möglichen Übertragungsleistungen bei Gasaußendruck- und Stadtkabeln durch eine Herabsetzung der Betriebsfrequenz gesteigert oder bei konstant gehaltener Übertragungsleistung die Verluste gesenkt werden können, wird im Folgenden untersucht.
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
40
3.2.1 Gesteigerte Stromtragfähigkeit von Gasaußendruckkabeln
Für die Berechnung der Stromtragfähigkeit von Gasaußendruckkabeln wurden einerseits zwei übliche Kabel, ein 110-kV-Kabel mit 400 mm2 Kupferleiter und ein 110-kV-Kabel mit 800 mm2 Kupferleiter ausgesucht. Andererseits wurden zwei für die 110-kV-Ebene noch nicht gebräuchliche Leiterquerschnitte gewählt, 1200 mm2 und 1600 mm2 . Die Ergebisse der Berechnungen sind in Bild 3.6 dargestellt.
250
MVA
200
1
2
150
3
100
Smax
4
50
0
0
10
20
30
40
Hz
50
f
Bild 3.6: Thermische Grenzleistung Smax eines 110-kVGasaußendruckkabels als Funktion der Frequenz f
für die Leiterquerschnitte: 1: 1600 mm2 ; 2: 1200 mm2 ;
3: 800 mm2 ; 4: 400 mm2
Es wird erkennbar, dass durch die Herabsetzung der Frequenz große Leistungssteigerungen möglich sind. Diese fallen um so stärker aus, je größer die
Leiterquerschnitte sind. So kann beispielsweise bei einem Leiterquerschnitt
3.2 Auswirkungen auf Rohrkabel
41
von 800 mm2 die thermische Grenzleistung von 109 MVA bei 50 Hz auf 145
MVA bei 10 Hz gesteigert werden. Dies entspricht einem Anstieg um 33 %.
Für einen größeren Leiterquerschnitt von 1600 mm2 beträgt die Steigerung
schon 67 %.
3.2.2 Erhöhung der Übertragungsleistung von Stadtkabeln
Für diese Berechnungen wurden ebenfalls die vier schon oben betrachteten
Leiterquerschnitte herangezogen. Trotz gleichbleibendem Leiterquerschnitt
müssen bei den VPE-Kabeln gegebenenfalls größere Rohrdurchmesser eingesetzt werden. Dies liegt daran, dass bei den in den Stadtkabeln eingesetzten VPE-Kabeln zwar eine auf 10 mm reduzierte Isolierungsdicke gewählt
wird, die Isolierungsdicke also genau so groß ist wie bei den Gasaußendruckkabeln, dafür aber die Leiterglättung und die Abschirmung bei den
VPE-Kabeln dicker ist. Dies wurde bei den Berechnungen berücksichtigt.
Wie bei den vorher betrachteten Gasaußendruckkabeln ist durch die Herabsetzung der Frequenz eine Leistungssteigerungen möglich (siehe Bild 3.7).
So kann beispielsweise bei einem Leiterquerschnitt von 800 mm2 die thermische Grenzleistung von 100 MVA bei 50 Hz auf 152 MVA bei 10 Hz gesteigert werden. Dies entspricht einem Anstieg um 52 %. Für einen größeren
Leiterquerschnitt von 1600 mm2 beträgt die Steigerung bereits 81 %.
Aus einem Vergleich der beiden Bilder 3.6 und 3.7 geht hervor, dass die
Stadtkabel hinsichtlich der Leistungssteigerung geringfügig besser auf eine Herabsetzung der Betriebsfrequenz reagieren als Gasaußendruckkabel.
Ganz allgemein können für beide Kabelsysteme durch eine frequenzreduzierte Übertragung erhebliche Steigerungen in der übertragbaren thermischen Grenzleistung erzielt werden.
So bietet das Retrofitting in Form einer frequenzreduzierten Energieübertragung für beide Kabelsysteme die Möglichkeit, Leistungen auch oberhalb
ihrer ursprünglichen thermischen Grenzleistung zu übertragen. Zusätzliche
Kabelsysteme zur Deckung des gestiegenen Übertragungsbedarfs können so
durch eine fequenzreduzierte Energieübertragung entfallen. Die Baumaßnahmen reduzieren sich auf den Anfangs- und Endpunkt der Übertragungsstrecke und nicht wie bei einer Neulegung auf die gesamte Kabelstrecke.
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
42
250
MVA
200
1
2
150
3
100
4
Smax
50
0
0
10
20
30
40
Hz
50
f
Bild 3.7: Thermische Grenzleistung Smax eines 110-kVStadtkabels als Funktion der Frequenz f für die
Leiterquerschnitte: 1: 1600 mm2 ; 2: 1200 mm2 ; 3: 800
mm2 ; 4: 400 mm2
Weiterhin ermöglicht die höhere thermische Grenzleistung im frequenzreduzierten Betrieb eine Leistungsübernahme benachbarter Kabelsysteme, infolge von Revisions- oder Reparaturarbeiten. Auf diesen Anstieg in der übertragbaren Dauerlast unter Berücksichtigung eines Notbetriebs wird weiter
unten noch eingegangen.
3.2.3 Vergleich des Verlustleistungsbelages beider Kabelsysteme
Für einen Verlustleistungs-Vergleich zwischen Stadtkabel und dem Gasaußendruckkabel wird als Beispiel eine Übertragungsleistung von 100 MVA
angenommen. Diese Leistung kann bei einer Betriebsfrequenz von 50 Hz
3.2 Auswirkungen auf Rohrkabel
43
sowohl von einem 110-kV-Gasaußendruckkabel mit einem (bereits realisierten) Leiterquerschnitt von 800 mm2 als auch von einem Stadtkabel mit demselben Leiterquerschnitt übertragen werden. In Bild 3.8 ist dargestellt, wie
die Verluste mit sinkender Frequenz zurückgehen.
Beachtenswert ist außerdem, dass die Oberflächentemperatur beider Kabel
unter die Austrocknungstemperatur des Bodens fällt, wenn die Frequenz
kleiner als 20 Hz gehalten wird. Es wird also keine Bodenaustrocknung auftreten, so dass die Kabelumgebung bei niedrigen Frequenzen thermisch weit
weniger belastet wird. So können z. B. in der Nachbarschaft liegende Kabel
in ihrer Belastbarkeit angehoben werden.
75
W/m
50
PV
25
0
0
10
20
30
40
Hz
50
f
Bild 3.8: Verlustleistungsbelag PV eines 110-kV-Gasaußendruckkabels (graue Kennlinie) und eines 110-kV-Stadtkabels
als Funktion der Frequenz f
Übertragungsleistung 100 MVA
Leiterquerschnitt 800 mm2
Im Hinblick auf eine Gesamtbilanz der Verlustleistungen muss jedoch fol-
44
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
gendes beachtet werden. Die in den Kabeln eingesparten Verluste stehen
den zusätzlichen Verlusten in den Frequenzumrichtern gegenüber. Ein Teil
der Verluste in den Frequenzumrichtern fällt auch dann an, wenn die Übertragungsleistung der Kabel gegen Null tendiert. Der größte Teil der Verluste
in den Frequenzumrichtern ist aber von der Höhe des Übertragungsstromes
abhängig. Eine Einsparung an Verlustleistung gegenüber dem Betrieb mit
50 Hz ist also erst bei einer entsprechend langen Kabelstrecke erreichbar.
Andererseits können die Verluste der in der Regel vorhandenen Frequenzumrichter in Form von Wärme abgeführt und (gegebenenfalls mit Hilfe von
Wärmepumpen) genutzt werden. In Tabelle 3.2 ist angegeben, wie groß dann
die Mindestlängen der Kabel sein müssen, um eine positive Verlustleistungsbilanz, d. h. weniger Verluste als bei einem 50-Hz-Betrieb, zu erzielen.
In dem Maße, in dem die Wirkungsgrade der Frequenzumrichter gegenüber
dem vorliegenden Entwicklungsstand (η ≈ 98 %) weiter erhöht werden, verringern sich die Mindestlängen zur Verlustleistungseinsparung von Stadtkabeln.
3.2.4 Vergleich eines Stadtkabels mit einem supraleitenden Kabel
Die technologischen Fortschritte im Bereich der Hochtemperatur-Supraleiter
bringen supraleitende Energiekabel immer wieder in den Mittelpunkt des Interesses. So lässt der derzeitige Entwicklungsstand eine mittelfristige Nutzung ihrer Vorteile hinsichtlich Übertragungsleistung, Abmessungen, Gewicht, Platzbedarf und Umweltfreundlichkeit erwarten. Ein wirtschaftlicher
Einsatz supraleitender Kabelsysteme ist bisher allerdings durch den hohen
technologischen Aufwand der Anlagen noch nicht gegeben.
Im Folgenden wird der Betrieb eines Stadtkabels mit dem eines supraleitenden Kabels hinsichtlich Ihrer Verlustleistung verglichen. Es ist zu beachten,
dass bei einem supraleitenden Kabel je Längenelement selbst bei einer sehr
guten thermischen Isolierung rund 0,5 W/m als Wärme aus der Umgebung
in das Kabel einfallen. Diese Verlustwärme muss abgeführt werden, um das
Kabel auf der tiefen Temperatur halten zu können. Die Rückkühlung des
Kühlmittels erfolgt am Kabelende mit einem geringen Wirkungsgrad von
3.2 Auswirkungen auf Rohrkabel
45
Wirkungsgrad des
einzelnen Frequenzumrichters
%
Wirkungsgrad
der Wärmerückgewinnung
%
Mindestlänge des
Kabels zur Verlustleistungseinsparung
km
98
98
98
99
99
99
99,5
99,5
99,5
0,0
50,0
90,0
0,0
50,0
90,0
0,0
50,0
90,0
160
80
16
80
40
8
40
20
4
Tabelle 3.2: Notwendige Mindestlängen (bezogen auf 50 Hz) von
Stadtkabeln zur Verlustleistungseinsparung bei 10
Hz unter Berücksichtigung einer Wärmerückgewinnung in den Umrichtern.
etwa 10 %. Damit ergibt sich je Ader ein Verlustleistungsbelag von circa
5 W/m, in der Summe aller Adern also von 15 W/m. Diese Verluste fallen
auch dann an, wenn das Kabel keine Leistung überträgt.
Durch den Einsatz eines Stadtkabels mit herabgesetzter Betriebsfrequenz,
können die Verluste in dieselbe Größenordnung gelangen, insbesondere dann,
wenn das Kabel lang wird. Zur Unterschreitung der Verlustbilanz eines supraleitenden Kabels wird es aber vermutlich nicht ganz reichen. Dennoch
überwiegen deutlich die Vorteile des Stadtkabels:
• das Einschalten der Kabelanlage ist unmittelbar nach der Montage
möglich, da kein Abkühlprozess abzuwarten ist,
• das Stadtkabel benötigt für sich keinerlei Wartung,
46
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
• eine notwendige Reparatur kann ohne Zeitverzögerung erfolgen, da
das Kabel nicht erst erwärmt werden muss und
• es sind erheblich geringere Investitionskosten erforderlich und
• wegen der fehlenden Tiefkühleinrichtungen wird die Störanfälligkeit
des Systems nicht erhöht.
Aufgrund der oben aufgeführten Punkte werden diese Kabel bei herabgesetzter Betriebsfrequenz ernsthafte Konkurrenten gegenüber den für die Zukunft für Ballungsräume und enge Trassen diskutierten supraleitenden Kabeln sein.
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
47
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
Energieübertragung bei Mittelspannung erfolgt überwiegend mit erdverlegten Kabeln. Der Wirkungsgrad der Leistungsübertragung bei dieser nied”
rigen“ Betriebsspannung und den daraus resultierenden hohen Betriebsströmen ist im Vergleich zur Hoch- und Höchstspannungsbene gering. Besonders zum Tragen kommen die hohen Leiter- und Schirmverlusten. Durch
eine reduzierte Betriebsfrequenz können daher in dieser Spannungsebene
große Vorteile auf der Übertragungsstrecke erreicht werden. Für die folgenden Untersuchungen in dieser Spannungsebene sollen 30-kV-VPE-Kabel
sehr großer Leiterquerschnitte betrachtet werden. Die einzelnen Daten der
Kabel sind in Tabelle 3.3 beschrieben.
Größe
Leitermaterial
Leiterquerschnitt
Leiterfüllfaktor
höchstzulässige Leitertemperatur
Dicke der inneren Leitschicht
Dicke der äußeren Leitschicht
Dicke der Isolierung
Dielektrizitätszahl
Dielektrischer Verlustfaktor
Spezifischer thermischer Widerstand der Isolierung
Cu-Schirm
Dicke des Korrosionsschutzes
Spezifischer thermischer Widerstand des Korrosionsschutzes
Tiefe h
Lücke zwischen den Kabeladern
Einheit
—
mm2
—
K
mm
mm
mm
—
—
K·m
W
Zahlenwert
Kupfer
500, 1000, 2000
0,886
363
0,6
0,8
7,5
2,5
10−3
3,5
mm2
mm
K·m
W
50
3
5
m
mm
0,7
70
Tabelle 3.3: Eigenschaften der betrachteten Kabel
48
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
Zusätzlich zu den Auswirkungen einer Frequenzreduzierung wird bei den
30-kV-VPE-Kabel eine Anhebung der Betriebsspannung im frequenzreduzierten Betrieb mit in die Betrachtungen einfließen (siehe Kapitel 2.6.1). Einige Vorteile einer Spannungsanhebung bei unveränderter Betriebsfrequenz
in der Niederspannungsebene wurde bereits in [80] veröffentlicht.
3.3.1 Thermische Grenzleistung
Die thermische Grenzleistung der Kabel kann durch eine Reduzierung der
Betriebsfrequenz erhöht werden. Besonders deutlich wird diese Leistungssteigerung bei Kabeln mit beidseitiger Schirm-/ Mantelerdung, wie sie in
Mittelspannungsnetzen üblicherweise angewendet wird. Bild 3.9 zeigt die
thermische Grenzleistung eines 30-kV-VPE-Kabels bei 50 Hz und 1 Hz.
140
MVA
120
100
80
S
60
40
0
500 mm2
1000 mm2
a
b
c
a
b
c
a
b
c
20
2000 mm2
Bild 3.9: Thermische Grenzleistung S der untersuchten Kabel bei
den Frequenzen 50 Hz (dunkelgrau) und 1 Hz (hellgrau) sowie bei unterschiedlichen Spannungsanhebungen. Spannungsanhebung: a) 10 % b) 20 % c) 30 %
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
49
Es ist erkennbar, dass durch eine Frequenzreduzierung erhebliche Steigerungen der Übertragungsleistung erreichbar sind. Bei zusätzlicher Anhebung
der Übertragungsspannung kann die Übertragungsleistung bei bei allen drei
Leiterquerschnitten fast verdoppelt werden. Erhebliche Steigerungsraten gegenüber dem 50-Hz-Betrieb zeigen sich aber auch ohne eine solche Spannungsanhebung. Durch die erhöhte Übertragungsleistung kann der frequenzreduzierte Betrieb einer bestehenden Übertragungsstrecke eine Alternative
zu einer zusätzlichen Übertragungsstrecke liefern.
3.3.2 Verlustleistung
Bild 3.10 zeigt für die drei betrachteten Leiterquerschnitte den Stromwärmeverlustbelag des Übertragungssystems bei 50 Hz und 1 Hz. Mit der Betriebs90
W
m
70
60
50
PV
40
30
20
0
500 mm2
1000 mm2
a
b
c
a
b
c
a
b
c
10
2000 mm2
Bild 3.10: Verlustleistungsbelag PV der untersuchten Kabel bei
den Frequenzen 50 Hz (dunkelgrau) und 1 Hz (hellgrau) sowie bei unterschiedlichen Spannungsanhebungen. Spannungsanhebung: a) 10 % b) 20 % c) 30 %
50
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
frequenz verringern sich die Kabelverluste durch Skin- und Proximityeffekt
sowie Verluste durch induzierte Längsströme treten nur noch in sehr geringem Maße auf. Die vorgegebene Leistung bei reduzierter Betriebsfrequenz
entspricht der thermischen Grenzleistung bei 50 Hz. Deutlich zu erkennen ist
die starke Frequenzabhängigkeit der Übertragungsverluste : Eine Reduktion
der Verluste um 50 % und mehr ist in fast allen Fällen möglich.
3.3.3 Oberflächentemperatur des Kabels
Wie in den vorhergehenden Kapiteln gezeigt, beeinflusst die Oberflächentemperatur eines erdverlegten Kabels den umgebenden Erdboden. So kann
sich ab einer bestimmten Temperaturdifferenz zwischen Kabel und Umgebung ein Gebiet mit Bodenaustrocknung ausbilden [84]. Durch diesen Effekt
veränderte thermische Eigenschaften des Erdbodens müssen bei der Auswahl der Kabel und den geforderten Übertragungsleistungen berücksichtigt
werden, da eine nicht beachtete Bodenaustrocknung zur thermischen Überlastung der Kabel führen kann. In Bild 3.11 ist die Temperatur der heißesten
Kabelader eines 30-kV-VPE-Mittelspannungskabels unter Berücksichtigung
der Bodenaustrocknung für die Betriebsfrequenzen 50 Hz und 1 Hz über
dem Leiterquerschnitt aufgetragen.
Durch die Frequenzreduktion stellen sich stark verringerte Oberflächentemperaturen ein, die meist unterhalb der Temperaturen für eine Bodenaustrocknung liegen (gestrichelter Bereich in Bild 3.11). Wie im nächsten Abschnitt
gezeigt wird resultiert hieraus ein größerer Zeitraum für Überlasten.
3.3.4
Überlastbarkeit
Betriebsstörungen, bedingt durch den Ausfall eines Versorgungsstranges im
Netz oder durch Revisionen, können erhöhte Betriebsströme verursachen.
Eine begrenzende Größe für einen solchen Notbetrieb stellt die einzuhaltende, höchstzulässige Leitertemperatur dar. Eine kurzzeitig höhere Belastung ist bei geringer thermischer Vorbelastung der Umgebung im Notbetrieb möglich, wobei das transiente Verhalten des Systems bis zum Erreichen
der maximalen Leitertemperatur berücksichtigt werden muss [85][86].
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
51
80
◦C
70
60
50
40
∆ϑM
30
+ 10 %
+ 20 %
+ 30 %
0
+ 10 %
+ 20 %
+ 30 %
10
+ 10 %
+ 20 %
+ 30 %
20
500 mm2
1000 mm2
2000 mm2
S = 30, 6 MVA S = 37 MVA S = 43, 6 MVA
Bild 3.11: Manteltemperatur ∆ϑM (bezogen auf die Umgebungstemperatur ϑU = 15◦ C) bei Übertragung der
thermischen 50-Hz-Grenzleistung S von 30-kV-VPEMittelspannungskabeln; Parameter: Leiterquerschnitt
Der Bereich zwischen den gestrichelten Linien kennzeichnet die Temperaturspanne, ab der es zu einer Bodenaustrocknung kommen kann
In Bild 3.12 ist die für eine Woche übertragbare Dauerlast im Notbetrieb aufgetragen. Als Vorlast wurden 50 % dieser übertragbaren Dauerlast im Notbetrieb vorausgesetzt, so dass die Leistung einer zweiten, gleichartig aufgebauten Kabelstrecke bei einem Störfall vom Kabel für eine Woche übernommen
werden kann.
Für den frequenzreduzierten Betrieb sind erhebliche Steigerungen der Überlastbarkeit erkennbar. So kann die übertragbare Dauerlast im einwöchigen
Notbetrieb bei einer zusätzlichen Spannungsanhebung in fast allen Fällen
52
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
verdoppelt, bei einem Leiterquerschnitt von 2000 mm2 fast verdreifacht werden.
90
MVA
f = 50 Hz
f = 1 Hz
f = 1 Hz; UB 60
+50 % UB
+30 % UB
+10 % UB
S
30
0
500 mm2
1000 mm2
2000 mm2
Bild 3.12: Übertragbare Dauerlast S unter Berücksichtigung eines einwöchigen Notbetriebes mit doppelter Übertragungsleistung
Soll ein Kabel, welches mit der thermischen Grenzleistung im 50-Hz-Betrieb
belastet wird, die Leistung anderer Kabel für einen einwöchigen Notbetrieb übernehmen, so bietet auch hier eine frequenzreduzierte Übertragung
Lösungen an.
Wird für den frequenzreduzierten Betrieb anstelle von 50 % der übertragbaren Dauerlast im Notbetrieb die thermische Grenzleistung im 50-Hz-Betrieb
zugrunde gelegt, ergibt sich eine zulässige Dauerlast bei einem einwöchigen
Notbetrieb wie in Bild 3.13 dargestellt.
Bei einer zusätzlichen Spannungsanhebung von 30 % ist für den Leiterquerschnitte von 1000 mm2 eine Verdopplung der übertragbaren 50-Hz-Dauerlast
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
53
von 26,2 MVA auf mehr als 52 MVA möglich. Mit einer Spannungsanhebung von 10 % f ür den Leiterquerschnitt von 2000 mm2 ist ebenfalls eine
Verdopplung der übertragbaren 50-Hz-Dauerlast von 31,4 MVA auf 63,5
MHz möglich. Beide Kabelsysteme sind somit in der Lage die thermische
50-Hz-Grenzleistung einer gleichartig aufgebauten Kabelstrecke bei einem
Störfall oder Revisionsarbeiten für eine Woche zu übernehmen.
So können auch Kabelsysteme, welche bei 50 Hz an ihrer thermischen Leistungsgrenze betrieben werden, im frequenzreduzierten Betrieb wichtige Leistungsreserven für einen Notbetrieb liefern.
200
%
f = 1 Hz
f = 1 Hz; UB 150
Sü,1Hz
S50Hz
100
+50 % UB
50
+30 % UB
+10 % UB
0
500 mm2
1000 mm2
2000 mm2
Bild 3.13: Überlastbarkeit (eine Woche) bei frequenzreduziertem
Notbetrieb bei einer Vorlast die der thermische Grenzleistung bei 50 Hz entspricht
54
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
3.3.5 Magnetfelder
Den niederfrequenten elektromagnetischen Felder und deren Auswirkungen auf den Menschen wird in den letzten Jahren zunehmend Beachtung
geschenkt. Da das elektrische Feld bei einer geschirmten Kabelanlage und
dem hier betrachteten Frequenzbereich auf den Bereich zwischen Leiter und
Schirm begrenzt ist, soll im Folgenden nur das magnetische Feld, welches
auch Einfluss auf die Kabelumgebung hat, betrachtet werden.
Zwei Richtlinien, in denen die Grenzwerte zum Schutz der Allgemeinheit
in der Umgebung von Hoch- und Niederfrequenzanlagen festgelegt werden
sind: Die 26. BImSchV [87]1 auf nationaler Ebene sowie die CENELEC EN
50166-1 [88]23 auf europäischer Ebene.
Die Höhe der magnetischen Flussdichte an der Erdoberfläche der oben betrachteten Kabelsysteme soll mit den niedrigeren Grenzwerten der BImSchV
verglichen werden, die für eine Dauerexposition bei 50 Hz mit 100 µT und
für 16 2/3 Hz mit 300 µT angegeben sind (300 µT werden hier auch für 1 Hz
zugrunde gelegt). Bild 3.14 zeigt die maximale magnetische Flussdichte an
der Erdoberfläche, bezogen auf die nach [87] zulässigen Grenzwerte für den
Expositionsbereich II (unkontrollierte Bereiche).
Für die drei betrachteten Leiterquerschnitte wurden die Berechnungen jeweils unter Berücksichtung von Bodenaustrocknung sowie eines thermisch
stabilisierten Kabelgrabens durchgeführt, um unterschiedliche Belastungszustände und damit verbundene Stromstärken zu berücksichtigen [70][71]
[90][89]. Durch die höhere Belastbarkeit des thermisch stabilisierten Kabelgrabens ergeben sich im Vergleich zu den Berechnungen mit Bodenaustrocknung höhere magnetische Flussdichten in der Kabelumgebung. Die
zulässigen 100 µT bei 50 Hz werden hier nur von dem Kabel mit 2000 mm2
überschritten. Durch eine frequenzreduzierte Übertragung können jedoch
die zulässigen Grenzen der magnetischen Flussdichte B wieder eingehalten
werden.
1
2
3
BImSchV – Bundesimmisionsschutzverordnung
CENELEC – Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung
EN – Europäische Norm der CENELEC
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
55
1,2
1,0
0,8
B
Bzul
0,4
0
500 mm2
1000 mm2
2000 mm2
Bild 3.14: Verhältnis der magnetischen Flussdichte B zur zulässigen magnetischen Flussdichte Bzul (Expositionsbereich II, unkontrollierte Bereiche) bei Übertragung der
50-Hz-Grenzleistung
fB = 50 Hz mit Bodenaustrocknung
fB = 1 Hz mit Bodenaustrocknung
Thermisch stabilisierter Kabelgraben
Für alle hier betrachteten Kabelsysteme lässt sich feststellen, dass durch eine Frequenzreduktion die zulässigen Grenzwerte weit unterschritten werden
können, was für zukünftige, möglicherweise niedrigere Grenzwerte von Bedeutung sein kann.
Neben den Auswirkungen der magnetischen Feldstärke auf den Menschen
bildet die elektromagnetische Beeinflussung (EMV) von elektrischen Anlagen einen weiteren wichtigen Schwerpunkt bei der Betrachtung magnetischer Felder. Die Beeinflussung der Funktion von elektrischen und elektronischen Betriebsmitteln ändert sich mit sinkender Betriebsfrequenz. Störend
56
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
oder gefährdend wirkende Störspannungen aufgrund induktiver Kopplungen
können so verringert werden. Eine induzierte Störspannung in einer Kommunikationsleitung, hervorgerufen durch ein parallel geführtes Energiekabelsystem kann so frequenzproportional verringert werden. Unter Umständen
kann eine sonst aufwendige Schirmung der magnetischen Felder durch eine
frequenzreduzierte Übertragung entfallen.
3.3.6 Steigerung der Systemlänge
Wird längs des Kabels eine maximale Spannungsdifferenz von ± 10 % zugelassen, so ergeben sich — wie in Bild 3.15 abgebildet — höchstzulässige Systemlängen. Die durchgezogene Kurve zeigt die höchstzulässige Systemlänge bei Übertragung der 50-Hz-Grenzleistung bei einer Verbraucherleistung von 33 MVA, einem cos ϕ = 1 und einer konstanten Verlustleistung Pv = 3, 6 MVA = f(f). Die gestrichelte Kurve zeigt die höchstzulässige
Systemlänge bei verringerter Betriebsfrequenz und Übertragung der thermischen Grenzleistung.
Bild 3.15 weist aus, dass durch eine frequenzreduzierte Energieübertragung
Übertragungsstrecken mit herkömmlichen Drehstromkabeln realisiert werden können, die bisher nur mit Gleichspannungskabeln zu überbrücken waren. So ist es möglich die zu Anfang bereits besprochenen Vorteile, wie etwa
die Verwendung handelsüblicher Drehstromkabel anstelle von Gleichstromkabeln, und den damit verbundenen Kostenvorteil zu nutzen.
Als weitere begrenzende Größe der Systemlänge von Kabeln sind die Investitions- und Betriebskosten der Übertragungsstrecke zu nennen und mit konkurrierenden Systemen zu vergleichen. Diese Kosten hängen stark von den
Verlusten des Systems ab, so dass aus wirtschaftlicher Sicht kurze Übertragungsstrecken mit einem hohen Wirkungsgrad die optimale Lösung darstellen. Ab welcher Kabellänge der Wirkungsgrad einer frequenzreduzierten Energieübertragung denjenigen einer herkömmlichen Drehstromübertragung übersteigt, wird im nächsten Abschnitt dargestellt.
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
57
120
km
A
80
B
lGrenz
40
0
0
10
162/3 20
30
40
Hz
50
f
Bild 3.15: Höchstzulässige Systemlängen des 30-kV-VPEKabels bei Berücksichtigung eines Spannungsfalls
von 10 % in Abhängigkeit von der Betriebsfrequenz
A: Übertragung der 50-Hz-Grenzleistung; Verbraucherleistung 33 MVA;
B: Übertragung der thermischen Grenzleistung bei
reduzierter Frequenz
3.3.7 Erhöhung des Wirkungsgrades
Voraussetzung für eine Erhöhung des Wirkungsgrades durch einen frequenzreduzierten Betrieb ist eine positive Verlustleistungsbilanz aus den eingesparten Verlusten auf der Kabelstrecke und den zusätzlich in den Frequenzumrichtern entstehenden Verlusten. In Bild 3.16 sind die Mindestübertragungslängen für das 30-kV-VPE-Mittelspannungskabel (1000 mm2 ) dargestellt, ab denen die Verlustleisungsbilanz positiv für eine frequenzreduzierte
Übertragung ausfällt.
58
3 UNTERSUCHUNGEN BEI REDUZIERTER FREQUENZ
50
ohne Wärmerückgewinnung
km
25
1 ·UB
1, 5 ·UB
lM
1 ·UB
mit 30 % Wärmerückgewinnung
1, 5 ·UB
0
97
98
%
99
η
Bild 3.16: Mindestübertragungslänge
für
eine
positive
Verlustleistungsbilanz
der
frequenzreduzierten
Übertragung als Funktion des Umrichterwirkungsgrades. Parameter: Wärmerückgewinnung (30 %)
(hellgrau); ohne Wärmerückgewinnung (dunkelgrau);
Spannungsanhebung 1, 5 ·UB
30-kV-VPE-Kabel, 1000 mm2 , S = 37 MVA.
Bei der Berechnung des Wirkungsgrades wurde neben dem Umrichterwirkungsgrad sowie einer Spannungsanhebung auch die Möglichkeit einer Wärmerückgewinnung von 30 % der in den Umrichtern entstehenden Verlustwärme betrachtet.
Bei den verwendeten Kabeln und den Umrichterstationen ist ein Umrüsten
unter dem Aspekt einer Wirkungsgradsteigerung erst ab einigen Kilometern
Systemlänge energetisch interessant. So ergibt sich eine Mindestübertragungslänge ohne Wärmerückgewinnung bei einem Umrichterwirkungsgrad
3.3 Auswirkungen in Verteilnetzen
59
von η =97 % bei 44 km, für 99 % sind es nur noch 14,7 km. Mit Wärmerückgewinnung ergeben sich bei η =97 % 30 km und bei η =99 % 9,5 km. Diese geringen Übertragungslängen lassen sich mit einer Spannungsanhebung
noch weiter reduzieren. So liegt die niedrigste Mindestübertragungslänge
bei 7,3 km unter Nutzung von Wärmerückgewinnung, Spannungsanhebung
sowie einem Umrichterwirkungsgrad von η =99 %.
60
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
4 Transientes Übertragungsverhalten
Im folgenden Kapitel wird das Übertragungsverhalten von Energiekabeln in
einem Frequenzbereich oberhalb der üblichen Netzfrequenz betrachtet. Hintergrund dieser Untersuchungen ist die ansteigende Belastung des Energienetzes mit hochfrequenten Spannungen/Strömen. Ursachen dieser hochfrequenten Spannungen und Str öme waren in der Vergangenheit beispielsweise
das Ein- und Ausschalten von Leitungen, Laständerungen an Generatoren
und Verbrauchern oder auch Störungen, etwa in Form eines Blitzschlages
auf einer Freileitung.
Durch die großen Fortschritte in der Leistungselektronik werden heute zunehmend flexible Lösungen in der Antriebstechnik und Energieübertragung
eingesetzt, so dass diese Quelle für hochfrequente Spannungen und Ströme
mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Moderne Leistungselektronik wie
z. B. Frequenzumrichter mit Spannungszwischenkreis und schnell schaltenden IGBT’s erzeugen Spannungsimpulse im kHz-Bereich. Die sehr kurzen
Anstiegs- bzw. Stirnzeiten dieser Impulse im Bereich von 10−6 bis 10−9 s
sowie die hohen Schaltfrequenzen können Wanderwellenvorgänge hervorrufen, die an Stoßstellen wie Leitungsenden, Einspeisungen oder Abzweigungen zu hohen Spannungsbeanspruchungen f ühren [91][92][40]. Diese durch
die Leistungselektronik hervorgerufenen leitungsgebundenen Störungen liegen im Frequenzbereich einiger kHz bis MHz [33].
Ein anderer Bereich mit abweichenden Spannungsformen ist die PowerlineKommunikation. Hierbei werden Daten über das Energieversorgungsnetz in
einem Frequenzbereich bis 30 MHz übertragen [35]. Für ein verwertbares
Ausgangssignal ist der Einfluss von Dämpfung und Inhomogenitäten auf der
Übertragungsstrecke von wesentlicher Bedeutung [93].
Vor dem Hintergrund dieser neuen Technik und den damit verbundenen
Betriebszuständen soll im Folgenden das transiente Übertragungsverhalten
untersucht werden. Dabei soll das Dämpfungsverhalten von Energiekabeln
sowie Ausgleichsvorgänge hervorgerufen durch VSC-Umrichter betrachtet
werden.
4.1 Ausgleichsvorgänge auf Leitungen
61
4.1 Ausgleichsvorgänge auf Leitungen
Während die Spannungs- und Stromänderung auf räumlich kleinen Gebilden (konzentrierten Bauelementen) als gleichzeitig geschehend angesehen
werden kann, breiten sich auf räumlich ausgedehnten Gebilden, also insbesondere auf Leitungen, Spannungs- und Stromänderungen in Form von
Wellen aus (siehe auch Kapitel 2.3). Die Lage der Wellenfront ist orts- und
zeitabhängig und die Betriebsmittel können durch Reflektion, Brechung und
Überlagerung von Teilwellen mit einem Mehrfachen der Nennspannung beansprucht werden. Die sichere Voraussage der möglichen Höhe von Überspannungen ist somit wesentlicher Bestandteil der Isolationskoordination.
Aufgrund der großen Bedeutung für die Energietechnik wurde den Wellenvorgängen auf Leitungen bereits früh Aufmerksamkeit geschenkt. Die analytische Betrachtung dieser Ausgleichsvorgänge führt zu der sogenannten
Telegraphengleichung bzw. Wellengleichung, die Strom und Spannung an
jedem Ort zu jeder Zeit beschreibt.
Da zum einen die Telegraphengleichung in den wenigsten Fällen geschlossen lösbar ist, zum anderen aber auch die Berechnung von Ausgleichsvorgängen mit Hilfe von Sprungwellen schnell unübersichtlich wird, werden
nach Möglichkeit numerische Verfahren eingesetzt. Diese Verfahren nutzen
Ersatzschaltbilder oder laufzeitberücksichtigende Netzwerkmodelle, wobei
die Lösungen vielfach mit Hilfe matrizieller Methoden im Zeit- oder Frequenzbereich gesucht werden [94][95][96][97].
Ohne näher auf die unterschiedlichen Berechnungsverfahren eingehen zu
wollen, ist festzuhalten, dass alle Berechnungsverfahren die Kenntnis der
Parameter der Betriebsmittel voraussetzen. Hierbei ist zu beachten, das alle
Parameter eine Frequenzabhängigkeit aufweisen.
4.2 Dämpfungsverhalten von Energiekabeln
Das Dämpfungsverhalten von Energiekabeln ist bei vielen Problemstellungen der Energietechnik von großem Interesse. So können Blitz- oder Schaltspannungen durch Überspannungen an energietechnischen Anlagen große
62
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
Schäden hervorrufen. Durchlaufen diese Spannungen eine Kabelstrecke, erfahren sie eine frequenzabhängige Dämpfung, welche proportional zur Kabellänge ansteigt. Bei sehr langen Kabelstrecken kann die Spannungshöhe
und Anstiegszeit stark gedämpft werden und so zu einer geringeren Beanspruchung führen [98][99][100][101].
Des Weiteren werden Energiekabel bewusst immer häufiger mit Spannungsformen beaufschlagt, die von den üblichen sinusförmigen 50-Hz-Wechselspannungen abweichen. Dies ist, wie oben bereits beschrieben, auf die rasanten Entwicklungen auf dem Gebiet der Leistungselektronik und die Nutzung
des Versorgungsnetzes für Kommunikationsaufgaben zurückzuführen.
Für ein verwertbares Ausgangssignal bei der Datenübertragung oder bei der
Berechnung von Überspannungen durch den Einsatz von Leistungselektronik ist der Einfluss von Dämpfung und Inhomogenitäten auf der Übertragungsstrecke von wesentlicher Bedeutung.
Um die Übertragungseigenschaften von Energiekabeln bei hohen Frequenzen nachbilden zu können, muss die Frequenzabhängigkeit der einzelnen
Leitungsparameter berücksichtigt werden [104][102][105][106]. Neben dem
Skineffekt in Leiter und Schirm ist ein besonderes Augenmerk auf den Aufbau des Dielektrikums und seine feldbegrenzenden Leitschichten zu legen
[107]. Die verwendeten Ruß-Polyethylen-Schichten und rußgefüllten Papierbänder/ Quellfliese beeinflussen durch ihre Leitfähigkeit stark das Dämpfungsverhalten bei hohen Frequenzen. Am Beispiel eines 20-kV-EinleiterVPE-Kabels wird im Folgenden gezeigt, wie aus messtechnisch gewonnenen Verläufen das Dämpfungsverhalten theoretisch erklärt werden kann.
4.2.1 Meßobjekt
Zur Untersuchung des Dämpfungsverhaltens stand ein 20-kV-Einleiter-VPEKabel NA2XS2Y mit einem Leiterquerschnitt von 150 mm2 Aluminium
(RM 25) zur Verfügung (s. Tabelle 4.1/ Bild 4.11). Die vom Hersteller üblicherweise angegebenen Materialparameter wie Permittivität µr , Verlustfaktor tan δ und Leitfähigkeit κ sind für Leitermaterial, Schirmmaterial und Isolierstoff bekannt. Für die halbleitenden Schichten auf dem Leiter und unter
4.2 Dämpfungsverhalten von Energiekabeln
Größe
Leitermaterial
Leiterquerschnitt
Leiterfüllfaktor
Leiteraufbau
Dicke der inneren Leitschicht
Dicke der äußeren Leitschicht
Dicke der halbleitenden
Papierschicht
Dicke der Isolierung
Permittivitätszahl
Dielektrischer Verlustfaktor
Cu-Schirm
Dicke des Korrosionsschutzes
Leitfähigkeit Aluminium
Leitfähigkeit Kupfer
Leitfähigkeit Isolierung
Leitfähigkeit der RußPolyethylen-Leitschichten (dc)
63
Einheit
—
mm2
—
—
mm
mm
Zahlenwert
Aluminium
150
0,97
rund (Einzeldrähte)
0,3
0,3 – 0,6
mm
mm
—
—
mm2
mm
S/m
S/m
S/m
Ωm
Ωm
0,25
5,5
2,4
< 0,0005
50
0,3
36 · 106
56 · 106
1 · 10−14
23 ◦ C : < 1
90 ◦ C : < 10
Tabelle 4.1: Eigenschaften des 20-kV-Einleiter-VPE-Kabel
dem Schirm ist die Gleichstromleitfähigkeit bei zwei Temperaturen angegeben. Materialparameter über die leitfähige Papierschicht unter dem Schirm
stehen nicht zur Verfügung.
4.2.2 Messtechnische Bestimmung der Dämpfung
Zur messtechnischen Bestimmung der Dämpfung wurde ein Netzwerkanalysator (NWA) der Firma Rohde & Schwarz (Modell ZVRE) verwendet.
Der NWA ermöglicht Messungen in einem Frequenzbereich von 9 kHz bis 4
GHz. Um den 50-Ω-Ausgang des NWA an den Prüfling anzupassen, wurden
sowohl eingangs- als auch ausgangsseitig Widerstände in die Prüfschaltung
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
64
1 Al-Leiter
6 CU-Schirm
4 Äußere
Leitschicht
1
4
2
3
6
5
8 PEAußenmantel
8
7
2 Innere
3 VPE5 Leitfähiges
Isolierung
Band
Leitschicht
7 Trennschicht
Bild 4.1: Aufbauelemente des betrachteten 20-kV-VPE Kabels
eingebracht. Ihre Größen ergeben sich aus der Forderung nach reflexionsfreiem Abschluss der Anordnung für hin- und rücklaufende Wellen. Hierfür
wird der Wellenwiderstand des Kabels in dem betrachteten Frequenzbereich
benötigt, der mit einer Transmissionsmessung am NWA bestimmt werden
kann. Die Kontaktierung des Kabels an die koaxiale Anschlusstechnik des
NWA wurde durch Aufsteckhülsen aus Aluminium vorgenommen. Ein Einfluss dieser Kontaktierung auf die Messergebnisse konnte ausgeschlossen
werden. Bild 4.2 zeigt eine Prinzipskizze des Messaufbaus.
4.2.3 Theoretisches Modell der Kabeldämpfung
Die Dämpfung eines Einleiter-VPE-Kabels setzt sich aus mehreren Anteilen
zusammen:
1. Der Ohmsche Widerstand, welcher durch den Skineffekt stark fre-
4.2 Dämpfungsverhalten von Energiekabeln
65
NWA
Rs
Kabelstrecke
Rp
a
Ra
b
Bild 4.2: Messaufbau zur Dämpfungsmessung an einem 20-kVVPE-Kabel mit reflexionsfreien Abschlüssen (a,b) an
Kabelanfang und -ende
quenzabhängig ist, bewirkt im Leiter und Schirm des Kabels eine Dämpfung einlaufender Wellen.
2. Die zur Feldsteuerung aufgebrachten Schichten auf dem Kabelleiter
und unter dem Kabelschirm rufen durch ihre Leitfähigkeit weitere Verluste hervor.
3. Die dielektrischen Verluste der Isolierung tragen ebenfalls zur Dämpfung bei, sind allerdings bei dem hier betrachteten Frequenzbereich
und Kabeltyp zu vernachlässigen.
In der Vergangenheit gab es einige wenige Untersuchungen zum Dämpfungsverhalten von VPE-isolierten Kabeln mit halbleitenden Schichten. In
[57] wurde die Auswirkung einer halbleitenden Schicht über dem inneren
Leiter auf die Dämpfung des Kabels gezeigt. Dabei wurde unter Betrachtung
66
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
der Feldverteilung in einem koaxialen Kabelaufbau der komplexe Ausbreitungskoeffizient und somit die Dämpfung der leitfähigen Schicht bestimmt.
Mit einem erweiterten Modell des Admittanzbelages eines Kabels wurde in
[58] und [109] eine gute Übereinstimmung von Messungen und theoretischen Betrachtungen erzielt. In [110] wurden Messungen der Dämpfung an
unterschiedlichen Mittelspannungskabeln in einem weiten Frequenzbereich
vorgenommen. Theoretische Untersuchungen über den Einfluss der Permittivitätszahl und der Leitfähigkeit der halbleitenden Schichten auf die Dämpfung eines Hochspannungskabels wurden in [111] vorgenommen. Ein Verfahren zur Berücksichtigung einer leitfähigen Schicht auf dem Kabelleiter
mit dem Simulationsprogramm ATP/EMTP wurde in [112] vorgestellt.
4.2.4 Analytische Berechnung des Dämpfungskoeffizienten
Im Folgenden sollen die in [57] und [58] entwickelten Modelle erweitert und
auf das hier untersuchte Kabel angewendet werden. Der aus diesen theoretischen Modellen erhaltene Dämpfungsverlauf soll dann mit dem gemessenen
Dämpfungsverlauf verglichen werden.
Um die einzelnen Schichten des Bereiches zwischen Leiter und Schirm theoretisch zu erfassen, soll das ESB in Bild 4.3 verwendet werden.
Die Queradmittanz ergibt sich bei diesem Kabelaufbau aus vier Bereichen.
Neben dem Kapazitätsbelag C und Ableitungsbelag G der Isolierung werden die leitfähigen Schichten aus rußgefülltem Polyethylen auf dem Leiter
und unter dem Schirm sowie die leitfähige Papierschicht zwischen KupferSchirm und leitfähiger Polyethylen-Schicht hinzugefügt. Für alle Schichten
wird ein Ableitungs- sowie ein Kapazitätsbelag eingeführt.
Aus der Leitungstheorie lässt sich der Übertragungskoeffizient γ des betrachteten Kabelsystems bestimmen. Dieser setzt sich aus dem Dämpfungskoeffizienten α und dem Phasenkoeffizient β zusammen. Für den Dämpfungskoeffizienten erhält man mit den Leitungsbelägen R , L , G und C √
α = Re γ = Re
Z Y = Re
(R + jωL )(G + jωC ) .
(4.1)
4.2 Dämpfungsverhalten von Energiekabeln
67
PE-Außenmantel
Cu-Schirm (Draht+Band)
leitfähiges Band
äußere Leitschicht
VPE-Isolierung
innere Leitschicht
Al-Leiter
R1 ,C1
R2 ,C2
R3 ,C3
R4 ,C4
Bild 4.3: Ersatzschaltbild des Kabelaufbaus zwischen Leiter und
Schirm. Unterteilung der Queradmittanz in vier Bereiche, bestehend aus Ableitungs- und Kapazitätsbelag
Der Längsimpedanzbelag Z ergibt sich unter Berücksichtigung des Skineffektes [9] zu
1
Z = R + jωL =
2πr1
ra
ω µ0
ω µ0
ω µ0
1
ln
+j
+
κ1
2π
ri
2πr2
κ2
(4.2)
mit ra dem inneren Schirmradius und ri dem Leiterradius.
Für die Queradmittanz Y erhält man mit dem Ansatz eines verlustbehafteten
Kondensators
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
68
C =
2πε0 (εr − jεr )
ln(ra /ri )
(4.3)
den Ausdruck
n
Y = G + jωC = jω ∑
i=1
2πε0 (εr − jεr )
.
ln(ra /ri )
(4.4)
Nach Bild 4.3 müssen vier Schichten zwischen Leiter und Schirm in die
Queradmittanz aufgenommen werden. Hieraus ergibt sich mit dem Index 1
für die innere halbleitende Schicht, 2 für die Isolierung, 3 für die äußere
halbleitende Schicht und 4 für die leitfähige Papierschicht:
− jε
− jε
− jε
− jε ε
ε
ε
ε
r
r
r
r
r
r
r
r4
3
1
1
2
Y = j2πε0 ω
+ 2
+ 3
+ 4
. (4.5)
ln(ra1 /ri1 ) ln(ra2 /ri2 ) ln(ra3 /ri3 ) ln(ra4 /ri4 )
Werden die Gleichungen 4.3 und 4.5 in Gleichung 4.1 eingesetzt, kann so
die Dämpfung für das angegebene Ersatzschaltbild berechnet werden.
Einen anderen Ansatz zur Dämpfungsberechnung liefert eine Betrachtung
der Feldverteilung zwischen Leiter und Schirm. Hierbei ergibt sich für den
komplexen Übertragungskoeffizienten unter Berücksichtigung einer halbleitenden Schicht auf dem Leiter mit einer relativen Permittivität εrs und einer
Leitfähigkeit κs [57]:
ln(1 + s/ri )
1
√
γs = jω εrs ε0 µ0
mit ∆ =
.(4.6)
1 − [∆/(1 + jωεrs ε0 /κs)]
ln(ra /ri )
Erweitert man diesen Ansatz unter Zugrundelegung unterschiedlicher Permittivitäten der halbleitenden Schichten und der Isolierung sowie auf mehrere halbleitende Schichten zwischen Leiter und Schirm, erhält man für den
komplexen Ausbreitungskoeffizienten
4.3 Materialparameter der halbleitenden Schichten
√
γs = jω εi ε0 µ0
69
1
ln(1 + s/ri )
mit ∆i,a =
.(4.7)
εi ε0 ω
ln(ra,i /ri,a )
1 − [∆i,a(1 − εs ε0 ω−jκs )
In Gleichung 4.7 steht ∆i für die halbleitende Schicht auf dem Leiter und
∆a für die halbleitende Schicht unter dem Schirm. Der Dämpfungskoeffizient α lässt sich so (siehe Gleichung 4.1) für alle Schichten zwischen Leiter
und Schirm bestimmen. Die durch die halbleitenden Schichten hervorgerufene Dämpfung ergibt sich aus der Summe der Dämpfungen der einzelnen Schichten. Zusätzlich muss der durch Leiter und Schirm hervorgerufene
Anteil betrachtet werden. Dazu wird von einem idealen Isolator und von einer endlichen Leitfähigkeit von Leiter und Schirm ausgegangen. Aus Gleichung 4.1 und 4.2 folgt für den Dämpfungskoeffizienten α für Leiter und
Schirm:
1
1
1
1
α=
.
εi ε0 ω/2 √
+√
2
κi ri
κa ra ln(ra /ri )
(4.8)
Um die gesamte Dämpfung zu erhalten, hervorgerufen aus der Dämpfung
von Leiter und Schirm sowie aus den halbleitenden Schichten, müssen die
einzelnen Anteile aus den Formeln 4.7 und 4.8 addiert werden.
4.3 Materialparameter der halbleitenden Schichten
Zur Berechnung der Dämpfung aus den oben vorgestellten theoretischen Ansätzen müssen die noch unbekannten Materialparameter der halbleitenden
Schichten bestimmt werden. Die hierzu durchgeführten Messungen werden
im Folgenden erläutert.
4.3.1 Ruß-Polyethylen-Mischung
Die Leitfähigkeit des ansonsten sehr schlecht leitenden Polyethylen wird
bei der Herstellung feldbegrenzender Schichten im Kabelaufbau vor allem
70
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
durch die Zugabe von Ruß erreicht. Durch die unterschiedlichen dielektrischen Eigenschaften der beiden Komponenten Ruß und Polyethylen entsteht
so ein inhomogenes Dielektrikum. Mit zunehmender Füllstoffkonzentration
nimmt die Leitfähigkeit bis zu einem bestimmten Füllgrad; der Perkulationsschwelle, nur schwach zu, um dann in einem engen Bereich um viele, z. B.
zehn Zehnerpotenzen anzusteigen. Dieses Verhalten wird durch die Ausbildung von Strompfaden aufgrund einer zunehmenden Anzahl sich berührender Füllstoffteilchen erklärt [113][114][115].
Bild 4.4 zeigt die Raster-Elektronen-Mikroskop-Aufnahme einer Ruß-Polyethylen-Mischung, wie sie zur Herstellung der Leitschichten in Kabeln benutzt wird. In der Polyethylenmatrix sind die leitenden Rußpartikel von unterschiedlicher Form und Größe gut zu erkennen. Der Rußgehalt dieser Mischung beträgt etwa 38 %. Es wird ein Furnaceruß1 verwendet, sogenannte
P-Typen. Dieser Ruß bildet kleine kugelförmige Partikel, die zu Ketten agglomerieren. Die Ketten bilden ihrerseits Agglomerate. Durch die Berührung
der einzelnen Teilchen bilden sich so leitfähige Pfade im Isolierstoff aus.
Untersuchungen über die Materialeigenschaften in Abhängigkeit von Füllgrad und Füllstoffart wurden unter anderem in [11] vorgenommen.
4.3.2 Messverfahren
Zur Untersuchung der Materialeigenschaften wurde ein Messverfahren, wie
es in [116] vorgestellt wurde, verwendet. Bei dem Messverfahren wird der
Transmissionskoeffizient einer Übertragungsstrecke, in welche eine Messzelle eingebracht ist, gemessen. Die vollständige Kalibrierung erfolgt an
zwei bekannten Impedanzen. Das Verfahren ist breitbandig und berücksichtigt alle Fehlanpassungen von Übertragungsleitung und Messzelle.
In Bild 4.5 ist der schematische Messaufbau zur Bestimmung der Impedanz eines Plattenkondensators abgebildet. Die Messzelle besteht aus der
Abschirmung AS und dem Plattenkondensator, der seriell in eine KoaxialÜbertragungsleitung geschaltet ist. Zwischen den beiden runden Kondensatorplatten P befindet sich eine zylinderförmige Materialprobe M, deren
1
Die technische Herstellung von Furnacerruß erfolgt durch eine unvollständige Verbrennung
von sog. Rußölen
4.3 Materialparameter der halbleitenden Schichten
71
Bild 4.4: Oberfläche der Ruß-Polyethylen-Mischung durch ein
Raster-Elektronen-Mikroskop betrachtet. Gut sind die
dunklen Rußpartikel in der Polyethylene-Matrix zu erkennen.
komplexe dielektrische Funktion über die Bestimmung der Impedanz ermittelt werden soll.
Die Platten P des Kondensators sind flächig ausgebildete Elektroden. Eine
Spannungsquelle Q liefert ein sinusförmiges Signal der Frequenz f , welches über einen Leistungsteiler LT in den Probenarm, mit der darin befindlichen Messzelle sowie in den Referenzarm gegeben wird. Gemessen wird
das Spannungsverhältnis an den Abschlussimpedanzen im Proben- und Referenzarm nach Betrag und Phase. Die Detektoren DT stellen auch die Abschlussimpedanz der Übertragungsstrecke dar.
4.3.3 Innere und äußere Leitschicht
Die Ruß-Polyethylen-Mischung (hergestellt von Borealis), welche bei der
Herstellung der inneren und äußeren Leitschicht verwendet wird, stand als
30 x 20 cm große Platte mit einer Dicke von 2,2 mm zur Verfügung. Hieraus
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
72
Referenzarm
DT
Q
LT
Messzelle
P M P
DT
Probenarm
AS
Bild 4.5: Schematischer Messaufbau zur Bestimmung der Impedanz eines Plattenkondensators
AS : Abschirmung der Messzelle, DT : Detektor
LT : Leistungsteiler, P : Kondensatorplatte
M : Materialprobe, Q : Spannungsquelle
wurden Proben mit einem Durchmesser von 13 mm angefertigt, welche auf
der Ober- und Unterseite mit Silberleitlack kontaktiert wurden. Eine dieser
Proben in der Messzelle zeigt Bild 4.6. Die Ergebnisse der Messungen für
die komplexe Leitfähigkeit sind in Bild 4.7 b dargestellt.
Für den Realteil der komplexen Leitfähigkeit kann in dem betrachteten Frequenzbereich eine konstante Leitfähigkeit von etwa 17 S/m bis 30 MHz
bestimmt werden. Bei isolierenden Proben liegt die Auflösungsgrenze des
Messverfahrens bei εr1 /εr2 > 0, 0005; je höher aber die Leitfähigkeit des zu
untersuchenden Materials ist, desto kleiner wird das Auflösungsvermögen.
Für die Leitfähigkeit ergibt sich daraus: κ1 /κ2 < 0, 052 und somit die Auflösungsgrenzen zu ±0, 9 S/m.
Berechnet man aus dem Betrag von κ2 die relative Permittivität εr1 über
κ2 = (εr1 − 1) · ε0 · ω , ergibt sich der Verlauf nach Abbildung 4.7 a.
4.3 Materialparameter der halbleitenden Schichten
73
Bild 4.6: Foto der Messzelle zur Bestimmung der Impedanz eines
Plattenkondensators mit eingelegter Ruß-PolyethylenProbe
Es zeigt sich ein stark frequenzabhängiger Verlauf der relativen Permittivität. Ähnliche Verläufe wurden auch in [13] veröffentlicht. Dennoch liefern
diese Messdaten aufgrund der oben angegebenen Auflösungsgrenzen keine verlässlichen Werte über die tatsächliche relative Permittivität in diesem
Frequenzbereich: theoretisch sind alle Werte unterhalb der Auflösungsgrenze möglich, so dass das Messergebnis nur als obere Schranke angegeben
werden kann.
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
74
10 5
a)
10 4
εr
10 3
10 2
εr
10 1
10 0
20
S/m
b)
15
κ1
10
κ
5
κ2
0
-5
0
5
10
15
20
25 MHz 30
f
Bild 4.7: Materialparameter der halbleitenden Ruß-PolyethylenMischung über der Frequenz bei Raumtemperatur
a) Realteil εr der komplexen Permeabilität
b) Real- κ1 und Imaginärteil κ2 der komplexen
Leitfähigkeit
4.3 Materialparameter der halbleitenden Schichten
75
4.3.4 Leitfähiges Papierband
Das leitfähige Papierband stand als 60 mm breiter und 0,2 mm dicker, aufgewickelter Streifen zur Verfügung. Die Proben wurden zur besseren Kontaktierung mit einer Goldschicht bedampft. Die Messergebnisse für die komplexe relative Permittivität εr und die komplexe Leitfähigkeit κ in einem
Frequenzbereich bis 30 MHz sind in Abbildung 4.8 dargestellt. Für die Permittivität des halbleitenden Papiers zeigen die Messungen einen leicht abfallenden Verlauf von εr1 = 8, 6 bei 5 MHz zu εr1 = 7, 5 bei 30 MHz. Eine
starke Frequenzabhängigkeit im Realteil der Permittivität wie bei der RußPolyethylen-Mischung ist hier nicht zu erkennen. Die Leitfähigkeit steigt
von 0,054 S/m bei 9 kHz auf 0,058 S/m bei 30 MHz an und liegt weit unter
der gemessenen Leitfähigkeit der Ruß-Polyethylen-Mischung.
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
76
10 5
a)
10 4
10 3
εr2
10 2
εr
εr1
10 1
10 0
b)
0,1
S/m
0,08
κ1
0,06
0,04
κ
κ2
0,02
0
0
5
10
15
20
25 MHz 30
f
Bild 4.8: Messergebnisse der Impedanzbestimmung an den rußgefüllten Papier-Proben
a) Real- εr1 und Imaginärteil εr2 der komplexen Permeabilität
b) Real- κ1 und Imaginärteil κ2 der komplexen
Leitfähigkeit
4.4 Berechnung der Dämpfung aus den Materialparametern
77
4.4 Berechnung der Dämpfung aus den Materialparametern
Setzt man die erhaltenen Messergebnisse in das oben vorgestellte theoretische Modell der Kabeldämpfung unter Berücksichtigung der leitfähigen
Polyethylen-Schichten und der leitfähigen Papierschichten ein, so ergeben
sich die Dämpfungsverläufe in Bild 4.9.
5
dB
100 m
4
a
3
c
a
2
b
1
0
0
5
10
15
20
25 MHz 30
f
Bild 4.9: Theoretisch berechnete Dämpfungsverläufe a für ein
20-kV-VPE-Kabel sowie gemessene Werte, aufgetragen
über der Frequenz f
a) gemessene Dämpfung
b) Dämpfung nach den Formeln 4.1- 4.5
c) Dämpfung nach den Formeln 4.6- 4.8
d) theoretisch berechnete Dämpfung unter Vernachlässigung der Leitschichten und Beibehaltung der
Kabelkapazität
e) theoretisch berechnete Dämpfung bei einem Kurzschließen der Leitschichten
78
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
Zum Vergleich sind auch die Dämpfungsverläufe unter Berücksichtigung
der in [7] gemachten Vorschläge: 1. ein Vernachlässigen der halbleitenden
Schichten unter Beibehaltung der Kabelkapazität oder 2. ein Kurzschließen
der halbleitenden Schichten aufgetragen.
Aus Bild 4.9 ist zu entnehmen, dass die beiden Modelle unter Berücksichtigung der halbleitenden Schichten im Frequenzbereich oberhalb von 8 MHz
eine deutlich bessere Anpassung an den gemessenen Verlauf liefern. Ein
Vernachlässigen der halbleitenden Schichten ist in diesem Frequenzbereich
nicht möglich.
Ein Hinzunehmen der halbleitenden Schichten zur Isolierung mit einer Umrechnung der Permittivität auf die neue Isolierungsdicke führt bei dem hier
betrachteten Kabel zu einer etwas zu hohen Dämpfung und liefert nur in
einem Frequenzbereich von 6-9 MHz eine gute Übereinstimmung. Die Betrachtung der halbleitenden Schichten als Kurzschluss liefert hingegen bis
etwa 4 MHz eine gute Übereinstimmung.
Erst in einem höheren Frequenzbereich müssen bei dem hier betrachteten
Kabel die halbleitenden Schichten berücksichtigt werden.
Die Kabelabmessungen spielen bei einer Dämpfungsbetrachtung der halbleitenden Schichten eine große Rolle. So wird mit zunehmender Isolierungsdicke (bei gleich bleibendem Leiterquerschnitt) der Widerstand der äußeren
Leitschicht immer geringer.
Bild 4.10 zeigt die Dämpfung in Abhängigkeit der Isolierungsdicke. Die
Berechnungen wurden mit dem oben vorgestellten Modell sowie den in [7]
vorgeschlagenen Vereinfachungen zur Berücksichtigung der halbleitenden
Schichten im Dämpfungsverlauf durchgeführt. Die Dämpfungsverläufe sind
jeweils für 1, 10 und 30 MHz aufgetragen.
Ein starkes Abnehmen der Dämpfung mit zunehmender Isolierungsdicke ist
bei allen Frequenzen deutlich zu erkennen. Bei einer Frequenz von 1 MHz ist
eine Abweichung der Berechnungen nur bei sehr kleinen Isolierungsdicken
spürbar. Ab einer Isolierungsdicke von 2 mm stimmen die berechneten Werte der 3 Modelle überein. Bei 10 MHz zeigt sich ein Abweichen der Modelle
bis etwa zu einer Isolierungsdicke von 6 mm. Für eine Frequenz von 30 MHz
weichen die Modelle aus [7] stark von dem hier vorgestellten ab.
4.4 Berechnung der Dämpfung aus den Materialparametern
79
16
dB
14
100 m
12
30 MHz
10
8
20 MHz
a
6
10 MHz
4
2
0
0
2
4
6
8
mm 10
dI
Bild 4.10: Dämpfungsverlauf für Isolierwandstärken dI von 1-10
mm bei einem Leiterquerschnitt von 150 mm2 , RußPolyethylen-Schichten von 0,5 mm Dicke und einer
zweilagigen Papierschicht von 0,35 mm Dicke. Parameter: Frequenz
—— Dämpfungsverlauf unter Berücksichtigung
der Leitschichten
– – – Dämpfungsverlauf bei einem Kurzschließen
der Leitschichten
· · · · · Dämpfungsverlauf unter Einbeziehung der
Leitschichten zur Isolierung
Nur eine genaue Betrachtung des Kabelaufbaus mit seinen halbleitenden
80
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
Schichten kann für diesen Frequenzbereich eine gute Nachbildung der Dämpfung liefern. Ein Modell mit kurzgeschlossenen halbleitenden Schichten oder
das Umrechnen der Permittivität kann bei dieser Frequenz nicht mehr angewandt werden.
Bei den in der Energietechnik auftretenden Spannungsbeanspruchungen durch
Blitz- oder Schaltstoßspannungen liegen die höchsten Amplituden im Frequenzspektrum in einem Frequenzbereich bis etwa 1 MHz, so dass die in
[7] gemachten Vereinfachungen für die meisten energietechnischen Aufgabenstellungen als ausreichend angesehen werden können. Für Spannungsimpulse mit höheren Frequenzanteilen, z. B. Teilentladungen oder bei einer
Nutzung des Energiekabels für Kommunikationsaufgaben1 muss die Queradmittanz des Kabels mit in die Betrachtung eingehen.
4.4.1 Experimentelle Untersuchungen
Um die Abhängigkeit zwischen der Dämpfung eines Spannungsimpulses
und der halbleitenden Schichten in einem koaxialen Aufbau zu untersuchen,
wurde ein Messaufbau erstellt. Dieser Messaufbau besteht aus einem koaxialen Rohrsystem mit einem Edelstahl-Innenleiter und aus einem AluminiumSchirm (siehe Bild 4.11 links). Der Außenradius des Innenleiters beträgt
21,25 mm, der Innernradius des Schirms beträgt 47 mm. Die Abmessungen
ergeben so einen Wellenwiderstand der Anordnung von 50 Ω (eine Anpassung an die Impulsquelle sowie an die verwendete Messtechnik kann somit
entfallen).
Auf dem Leiter wurden für die Untersuchungen unterschiedliche Anzahlen
von halbleitenden Ruß-Papier-Lagen aufgebracht. Diese wurden mit einer
Überlappung von 50 % gelegt (siehe Bild. 4.11 rechts).
Bild 4.12 zeigt die Auswirkungen einer unterschiedlichen Anzahl von RußPapier-Lagen auf die Dämpfung a der Anordnung. Erkennbar ist die zunehmende Dämpfung mit steigender Lagenzahl. Die Auswirkung unterschiedlicher Lagenzahlen bzw. der damit verbundenen Dämpfungsänderung auf die
1
z. B. Powerline Kommunikation in einem Frequenzbereich bis 30 MHz
4.4 Berechnung der Dämpfung aus den Materialparametern
81
Anstiegszeit eines Spannungsimpulses zeigt Bild 4.13. Nach dem Durchlaufen einer Strecke von 6 m ohne Papierlagen auf dem Innenleiter beträgt
die Anstiegszeit 12 ns. Werden vier Lagen aufgebracht, erhöht sich die Anstiegszeit auf 14 ns. In Tabelle 4.2 sind die Messergebnisse für 4, 8, 12 und
16 Papierlagen aufgeführt.
Anzahl der
Ruß-Papier-Lagen 4
8
12
16
Anstiegszeit
14 ns 19 ns 25 ns 41 ns
Tabelle 4.2: Anstiegszeit (10-90 %) für eine unterschiedliche Anzahl von Papierlagen
Bild 4.11: Links: Aufbau des Koaxialsystems bestehend aus
Innen- und Außenleiter sowie den Abstandshaltern
Rechts: Aufbringen der Ruß-Papiere auf den Innenleiter des Koaxialsystems mit einer Überlappung von
50 % je Lage
4 TRANSIENTES ÜBERTRAGUNGSVERHALTEN
82
30
16 Lagen
dB
100 m
20
12 Lagen
10
a
8 Lagen
4 Lagen
ohne
0
0
5
MHz
10
15
f
Bild 4.12: Dämpfungsverlauf a des Koaxialsystems in Abhängigkeit der Frequenz und einer unterschiedlichen Anzahl
von halbleitenden Ruß-Papier-Lagen auf dem Innenleiter
8
ohne
V
6
12 Lagen
4 Lagen
4
16 Lagen
u
8 Lagen
2
0
0
10
20
30
40
50
60 ns 70
t
Bild 4.13: Anstiegsflanke eines Spannungsimpulses am Ende des
Koaxialsystems für eine unterschiedliche Anzahl von
Ruß-Papier-Lagen auf dem Innenleiter
83
5 Überspannungen auf Kabeln
Bereits in den vorangegangenen Kapiteln wurde der zunehmende Einsatz
moderen Frequenzumrichter mit Spannungszwischenkreis in energietechnischen Anlagen angesprochen. Durch die aus Einzelimpulsen zusammengesetzte Ausgangsspannung dieser Umrichter, wirken sie als Quellen transienter Spannungen im Netz [117][118]. So führt der gestiegene Einsatz in der
Steuerungs -und Regelungstechnik sowie in der Energieübertragung immer
häufiger zu einer elektromagnetischen Beeinflussung der Funktion von elektrischen und elektronischen Betriebsmitteln [119]. Um diese unter dem Begriff EMV1 zusammengefassten Auswirkungen zu reduzieren, sind oft kostenintensive Lösungen wie Filter oder speziell geschirmte Kabel notwendig
[123].
Die Auswirkungen einer, in der Umrichtertechnik häufig verwendeten, pulsweitenmodulierten Spannung auf die im Kabel auftretenden Überspannungen sollen im Folgenden untersucht werden. Insbesondere bei Systemen mit
langen Kabelstrecken werden Spannungen gemessen, die über dem 3- bis
4-fachen der Eingangsspannung liegen [92][7][124][125]. Viele Berichte zu
diesen transienten Überspannungen weisen aus, dass die Überspannungen
von einer großen Zahl unterschiedlicher Parameter abhängen [126][127].
Drei wesentliche Parameter sollen hier näher betrachtet werden: der Eingangswiderstand des Umrichters, die Kabellänge und die Taktfrequenz.
Anhand von Messungen an einer Umrichter-Kabel-Anordnung und mit Hilfe
des Simulationsprogrammes ATP-EMTP werden die Ursachen für kritische
Betriebszustände mit extremen Überspannungen und Möglichkeiten zu deren Vermeidung vorgestellt.
5.1
Überspannungen durch VSC-Umrichter
Der Einsatz von Frequenzumrichtern ohne geeignete Filter führt zu einer
Ausbreitung von Spannungsimpulsen mit steilen Anstiegsflanken und kurzen Impulsbreiten auf der Leitung zwischen Umrichter und Last. Diese Wan1
EMV – Elektro-Magnetische-Verträglichkeit
84
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
derwellen werden an der Last reflektiert und führen zu Spannungen, die weit
höher sind als die Eingangsspannung am Umrichter.
Ein einzelner Spannungsimpuls kann so unter Annahme einer idealen Leitung, das heißt ohne Dämpfung und Dispersion, zu einer Verdoppelung der
Spannung am Kabelende führen [91]. Voraussetzung hierfür ist ein Wellenwiderstand der Last, welcher größer ist als der der Kabelstrecke. Der
ungünstigste Fall tritt bei einem offenen Kabelende auf.
Voraussetzung für diese Überspannung ist weiter, dass die Kabellänge zwischen Umrichter und Last als elektrisch lang angesehen werden kann [128],
was bedeutet, dass die Wellenlaufzeit auf dem Kabel größer ist als die Anstiegszeit des Spannungsimpulses. Ist die Wellenlaufzeit kürzer, wird der
Faktor zwei am Kabelende nicht mehr erreicht [91] .
Wird statt eines einzelnen einlaufenden Spannungsimpulses die Taktfolge
des Umrichters betrachtet, so kann die Spannung am Kabelende den Faktor zwei der Eingangspannung spürbar ubersteigen [92][7][10]. Es entstehen
Multiplen-Reflektionen zwischen der Last und dem Frequenzumrichter, die
in Abhängigkeit von der Kabellänge, dem Kabelaufbau, der Taktfrequenz,
der Pulsform und dem Eingangswiderstand des Umrichters sowie der Last
zu hohen Spannungsbeanspruchungen am Kabelende führen können.
5.2 Entstehung von Überspannungen
Liegt die Anstiegszeit des Spannungsimpulses am Anfang der Kabelstrecke
nicht über der Laufzeit der Kabelstrecke, so entsteht auf dem Kabel-/ Last-/
Umrichter-System ein Wanderwellenvorgang. Die einlaufenden Spannungsimpulse werden an der Last reflektiert, laufen zum Umrichter zurück und
werden dort ebenfalls reflektiert (siehe Bild 5.1 a-d).
Aufgrung des hohen Wellenwiderstandes eines Motors (ZW ≈ 300 Ω) oder
eines offenen Kabelendes (ZW → ∞) und den geringeren Wellenwiderstand
des Kabels (ZW ≈ 30 Ω) liegt der Reflektionsfaktor bei r L ≈ 1.
5.2 Entstehung von Überspannungen
7
0
a)
t/τ L = 0, 25
Ue = 0 ·U0
b)
t/τ L = 0, 75
Ue = 2 ·U0
c)
t/τ L = 1, 25
Ue = 2 ·U0
d)
t/τ L = 1, 75
Ue = −2 ·U0
e)
t/τ L = 2, 25
Ue = −2 ·U0
f)
t/τ L = 2, 75
Ue = 4 ·U0
g)
t/τ L = 4, 75
Ue = 6 ·U0
Bild 5.1: Spannungsverteilung auf der Leitung bei einer getakteten Eingangsspannung von U0 , einem Umrichter Innenwiderstand ZU ≈ 0 Ω und einem offenen Kabelende
(ZW → ∞), t: Zeit; τL : Impulsbreite
85
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
86
Umgekehrt sind die Verhältnisse am Kabelanfang. Der Innenwiderstand eines aus Leistungshalbleitern aufgebauten Umrichters mit Spannungszwischenkreis liegt um mehrere Zehnerpotenzen unter dem Wellenwiderstand
des Kabels. So kommt es am Kabelanfang zu einem Reflektionsfaktor von
rC ≈ −1. Zurücklaufende Wellen werden somit am Kabelanfang über den
Umrichter kurzgeschlossen und laufen mit negativem Vorzeichen zur Last
zurück. Dieser Wanderwellenvorgang zwischen Umrichter und Last wird
durch die Kabeldämpfung sowie durch Verluste in Umrichter und Last gedämpft.
Wird während des noch nicht abgeklungenen Wanderwellenvorgangs ein
neuer Spannungsimpuls auf das Kabel aufgeschaltet, so kann dies am Kabelende zu Spannungen führen, die die Zwischenkreisspannung um den Faktor zwei übersteigen. Besonders hohe Spannungen am Kabelende entstehen,
wenn der neue Spannungsimpuls gerade dann zugeschaltet wird, wenn eine
negative Wanderwelle vom Kabelende zum Umrichter läuft und dort durch
den Reflektionsfaktor (-1) positiv dem neuen Impuls überlagert wird (siehe
Bild 5.1 e-g).
Bei einer Laufzeit des Kabels τC = l · (L · C )−1/2 ergeben sich so mit der
Impulsbreite td kritische Kabellängen nach der Formel:
lkrit =
t
td · c0
√d
= √
2 · L ·C 2 · µr · εr
(5.1)
mit c0 als Vakuumlichtgeschwindigkeit. Für eine äquidistante Impulsfolge
ergibt sich der Verlauf der kritischen Kabellänge über der Taktfrequenz nach
Bild 5.2.
Bei den heute üblichen Taktfrequenzen von 8, 12 oder 20 kHz ergeben sich
so kritische Kabellängen von 3 km, 2 km bzw. 1,2 km. Bei den in Zukunft
angestrebten Taktfrequenzen von 32 kHz oder 64 kHz würden sich die kritischen Kabellängen auf 750 m bzw. 380 m verkürzen. Diese Kabellängen
liegen zum Beispiel in der Größenordnung der Kabellängen innerhalb großer
Windparkanlagen. Ungünstige Netzkonfigurationen könnten so zu extremen
Spannungsbelastungen der Betriebsmittel führen.
Dieser Effekt der Multiplen-Reflektionen wird im Folgenden näher betrachtet. Besonders der Einfluss der Parameter Kabellänge, Eingangswiderstand
5.3 Aufbau der Messanordnung
87
6
km
4
3
lkrit
2
1
0
0
20
40
60
80 kHz 100
fd
Bild 5.2: Kritische Kabellänge als Funktion der Taktfrequenz
und Taktfrequenz des Umrichters auf die Höhe der Spannungsbeanspruchung wird untersucht.
5.3 Aufbau der Messanordnung
Zur messtechnischen Erfassung von Multiplen-Reflektionen in einem Umrichter-Kabel-System wird der in Bild 5.3 dargestellte Versuchsstand verwendet. Als Impulsquelle stand ein selbstentwickelter einphasiger Umrichter mit Spannungszwischenkreis zur Verfügung (siehe Bild 5.4). Um einen
möglichst geringen Innenwiderstand des Umrichters zu gewährleisten, wurden Leistungshalbleiter (Power-MOSFETs) mit einem Drain-Source Widerstand von 50-100 mΩ gewählt. Um unterschiedliche Eingangswiderstände
simulieren zu können, befinden sich vor den Leistungsschaltern weitere zuschaltbare Widerstände. Einen Schaltplan des Umrichters mit Ansteuerelektonik und Spannungszwischenkreis zeigt Bild 5.5
Als Kabel stand ein 20-kV-VPE-Einleiterkabel NA2XS2Y 12/20 kV (siehe
Tabelle 4.1) auf zwei Kabeltrommeln mit jeweils 440 m Länge zur Verfügung.
88
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
Bild 5.3: Messaufbau bestehend aus: Umrichter, Energiekabel
und Messequipment zum Erfassen von Strom und Spannung am Kabelanfang und -ende
Bild 5.4: Fotografie des Umrichters mit Ansteuerelektronik und
Spannungszwischenkreis zur Erzeugung äquidistanter
Spannungsimpulse in einem Frequenzbereich bis 100
kHz
5.4 Messergebnisse
Ansteuerelektronik
89
Kabel
Umrichter
Spannungszwischenkreis
Bild 5.5: Schaltplan des Umrichters mit Ansteuerelektonik und
Spannungszwischenkreis zur Erzeugung von Spannungsimpulse mit einem äquidistanten Abstand für
einen Frequenzbereich bis 100 kHz
Der Umrichter liefert äquidistante Spannungsimpulse in einem Frequenzbereich bis ca. 100 kHz bei einer Zwischenkreisspannung von ±5 V. Diese
Impulse wurden zwischen Leiter und Schirm des Kabels aufgeschaltet. Die
Messpunkte für Spannung und Strom befanden sich am Kabelanfang und
-ende.
5.4 Messergebnisse
Im Folgenden werden die mit dem oben beschriebenen Messaufbau erlangten Ergebnisse dargestellt. Bei den Messungen wurde die Abhängigkeit von
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
90
Impulsfrequenz und Innenwiderstand des Umrichters auf die Spannung am
Kabelende untersucht.
Bild 5.6 zeigt diese Ausgangsspannung für die Frequenzen 28 kHz, 50 kHz
und 55,4 kHz bei einem Innenwiderstand des Umrichters von ca. 360 mΩ.
Um die Auswirkungen des Innenwiderstandes zu verdeutlichen wurde auch
einen Verlauf mit einem zusätzlichen Widerstand von 1 Ω aufgenommen.
Deutlich ist das starke Ansteigen der Spannung am Kabelende zu erkennen,
je näher sich die Frequenz der ersten Eigenfrequenz des Kabels nähert. So
steigt die Ausgangsspannung vom doppelten Wert (±20 V) der Eingangsspannung bei 28 kHz auf das Fünfzehnfache (±150 V) der Eingangsspannung bei 55,4 kHz an.
160
f = 55, 4 kHz
Ri = 0, 36 Ω
V
80
f = 50 kHz
Ri = 0, 36 Ω
f = 55, 4 kHz
Ri = 1, 36 Ω
0
U
Eingangsspannung
f = 28 kHz
Ri = 0, 36 Ω
-80
-160
0
10
20
30
40
µs
50
t
Bild 5.6: Spannung am Kabelende für unterschiedliche Taktfrequenzen und Innenwiderstände bei einer Eingangsspannung von ±10 V. Die Verläufe zeigen eine starke Überhöhung (Faktor 15) bei einer Frequenz von
55,4 kHz und einem Innenwiderstand von 0,36 Ω
Wird bei dieser maximalen Ausgangsspannung der Innenwiderstand des Um-
5.5 Simulation
91
richters um 1 Ω erhöht, verringert sich die Spannung durch den veränderten
Reflexionsfaktor auf das Vierfache der Eingangsspannung. Hier zeigt sich
deutlich der große Einfluss des Umrichter- Innenwiderstandes auf die Ausgangsspannung.
5.5 Simulation
Der eigens für diese Arbeit entwickelte Umrichter sowie die zur Verfügung
stehenden Kabellängen ermöglichten für die Untersuchung von MultiplenReflektionen nur einen einphasigen Aufbau. Um die oben beschriebenen Effekte auch für ein dreiphasiges System untersuchen zu können, wurde mit
dem Simulationsprogramm ATP-EMTP [120] ein dreiphasiger Umrichter
simuliert. Am Modell war es dann auch möglich, die realen Spannungsverläufe in Form von PWM-Signalen zu simulieren.
In einem ersten Schritt wurde der einphasige Aufbau nachgebildet, um Simulation und Messung vergleichen zu können. Mit der in ATP-EMTP gegebenen Routine Cable Constants wurde das 20-kV-VPE-Einleiterkabel nachgebildet [121][109][112].
Die erlangten Simulationsergebnisse sind in Bild 5.7 dargestellt und zeigen
eine gute Übereinstimmung zu den Messergebnissen aus Bild 5.6.
Im nächsten Schritt wurde ein dreiphasiger Umrichter nachgebildet. Bild 5.8
zeigt den mit ATPDraw1 [122] entworfenen Umrichter mit Ansteuerelektronik, Spannungszwischenkreis, Leistungsschaltern und dreiphasigem Kabelsystem.
Die Ausgangsspannung eines realen, dreiphasigen Umrichters besteht nicht
mehr aus äquidistanten Spannungsimpulsen: vielmehr werden zur Erzeugung eines sinusförmigen Stromes die Leistungshalbleiter mit pulsweitenmodulierten (PWM) Signalen angesteuert. So verändern sich der Abstand
und die Breite der einzelnen Spannungsimpulse betriebsabhängig, und es
kann der Ausgangsspannung keine einzelne Taktfrequenz mehr zugeordnet
werden. Zur Untersuchung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit einer
1
ATPDraw – Grafischer Preprozessor für die ATP-Version des EMTP Programms
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
92
160
V
80
0
U
-80
-160
0
10
20
30
40
µs
50
t
Bild 5.7: Simulation der Spannung am Kabelende in ATP-EMTP.
Parameter siehe Bild 5.6
PWM-Eingangsspannung wurde eine Kabellänge von 3800 m und eine interne Taktfrequenz zur Modulation von 12 kHz gewählt.
Das Ergebnis dieser Simulation zeigt Bild 5.9 a. Deutlich wird das starke Ansteigen der Spannung am Kabelende. Bei dieser Konfiguration von
Kabellänge, Taktfrequenz und Innen-/Abschlusswiderständen zeigt sich ein
maximaler Anstieg der Ausgangsspannung gegenüber der Eingangsspannung
um den Faktor 7. Weiter ist ein Pulsieren dieser Spannungsmaxima am Kabelende zu erkennen, welches auf die nicht mehr äquidistanten Spannungsimpulse zurückzuführen ist.
Bild 5.9 b zeigt in einer Ausschnittsvergrößerung das Ansteigen der Ausgangsspannung bis zur Mitte der ersten positiven Halbschwingung. In diesem Bereich liegt die Taktfrequenz des PWM-Signals in der Nähe der ersten
Eigenfrequenz des Kabels. Nach ca. 2,5 ms wird der Abstand zwischen den
Spannungsimpulsen so gering, dass die Spannung am Kabelende wieder in
der Größenordnung der Eingangsspannung liegt. Dieser Vorgang wiederholt
5.5 Simulation
93
Ansteuerelektronik
3-φ-Kabelsystem
Gleichrichter
Zwischenkreiskondensator
Leistungsschalter
Bild 5.8: Aufbau eines dreiphasigen Umrichters mit Kabelsystem in ATP-EMTP, bestehend aus Ansteuerelektronik,
Gleichrichter, Zwischenkreis, Leistungsschaltern und
einem dreiphasigen Kabelsystem
sich für die positive Halbschwingung etwa ab 5 ms, für die negative ab 10
ms bzw. 15 ms.
Die Untersuchungen zeigen, dass wie bereits im einphasigen auch im dreiphasigen System hohe Spannungsbeanspruchungen am Kabelende entstehen
können. Diese Spannungen können ein Vielfaches der Eingangsspannung
am Kabelanfang erreichen und so für das Kabel bzw. für die angeschlossenen Verbraucher eine Lebensdauerverringerung oder Zerstörung bedeuten.
Daraus folgt, dass bei einem Betrieb langer Kabelstrecken ohne eine entsprechende Anpassung an den Widerstand des Umrichters oder Verbrauchers die
oben aufgezeigten kritischen Kabellängen (siehe Abschnitt 5.2/ Bild 5.2) unter allen Umständen zu vermeiden sind.
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
94
a)
8
Ausgangsspannung
4
0
u
u0
-4
Eingangsspannung
Ausschnitt
siehe b)
-8
0
10
5
ms
15
20
t
b)
8
Ausgangsspannung
4
0
u
u0
-4
Eingangsspannung
-8
0
0,5
1
1,5
2
ms
2,5
t
Bild 5.9: Spannungsverlauf am offenen Kabelende (Ausgangsspannung) bei Speisung mit einer nach dem Pulsweitenverfahren modulierten Eingangsspannung
a) Darstellung einer vollen Schwingungsperiode
b) Ausschnittsvergrößerung zu a)
5.6 Überspannungen in umrichtergespeisten Netzen
5.6
95
Überspannungen in umrichtergespeisten Netzen
Viele Anwendungen z.B. in der Gebäudetechnik erfordern den Einsatz eines
zentralen Umrichters bei mehreren angeschlossener Verbraucher. So werden
Lüfteranlagen zur Gebäudeklimatisierung oder Antriebe mit Fließbändern
oft von einem Umrichter zentral versorgt und gesteuert. Der hierbei zu betrachtende Aufbau besitzt die Struktur eines Strahlennetzes, wobei die einzelnen Verbraucher an unterschiedlich langen Versorgungsleitungen angeschlossen sind. Damit stellt sich die Frage, welchen Einfluss die Kabellänge
sowie die Anzahl der angeschlossenen Verbraucher auf die Spannungsbeanspruchung am Kabelende hat.
In Bild 5.10 ist eine Netzkonfiguration dargestellt, welche über unterschiedliche Kabellängen l1 bis l5 je fünf Verbraucher versorgt. Selbst wenn hierbei
die kritischen Kabellängen, bei denen es zu den im vorangegangenen Kapitel betrachteten Multiplen-Reflektionen kommen kann, nicht erreicht werden, können durch Impulsüberlagerungen Überspannungen hervorgerufen
werden.
Rücklaufende Spannungsimpulse, hervorgerufen durch Reflektionen an den
Verbrauchern V1 bis V5 , werden am VSC-Umrichter mit dem Reflektionsfaktor r = −1 reflektiert. Diese reflektierten Spannungsimpulse überlagern
sich im Netz mit bereits auf den Kabeln befindlichen Spannungsimpulsen
und können diese vermindern oder erhöhen. So kann die Spannung am Verbraucher stark erhöht werden und zu einer Beanspruchung der Isolierung
führen, welche die zulässigen Grenzwerte übersteigt [132].
Im Folgenden soll für ein Strahlennetz, bestehend aus einem Umrichter sowie maximal drei angeschlossenen Verbrauchern, der Einfluss von Kabellänge und Anzahl der Verbraucher auf die Spannungsbeanspruchung am Kabelende untersucht werden.
5.7 Simulation eines Strahlennetzes
Um Multiple-Reflektionen in einem Strahlennetz zu untersuchen, wurde ein
System aus drei Verbrauchern und einem VSC-Umrichter in ATP-EMTP
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
96
aufgebaut. Der VSC-Umrichter erzeugt eine pulsweiten-modulierte Ausgangsspannung, welche nach einer Übertragungsstrecke von 440 m über eine Sammelschiene an die drei Verbraucher geleitet wird. Um den Einfluss mehrerer
Verbraucher auf die Höhe der Spannung am Verbraucher zu untersuchen,
wurden alle möglichen Anschlusskombinationen nachgebildet. Tabelle 5.1
l1
l2
lB
1
0
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
VSC-Umrichter
1
0
0
1
0
1
l3
l4
11
00
00
11
0
1
00
11
00
11
0
1
00
11
00
11
0
1
00
11
00
11
0
1
00
11
00
11
0
1
l5
11
00
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
11
00
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
V1
V2
11
00
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
V3
V4
11
00
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
00
11
V5
Bild 5.10: Aufbau eines Energienetzes als Strahlennetz, bestehend aus einem VSC-Umrichter und fünf Verbrauchern V1 – V5 , welche über unterschiedliche Kabellängen l1 – l5 versorgt werden.
und Tabelle 5.2 zeigen die Ergebnisse der Untersuchung für zwei unterschiedliche Taktfrequenzen des Umrichters: 1200 Hz und 400 Hz. Deutlich sind die starken Schwankungen der maximalen Spannungsamplituden
je nach Netzkonfiguration zu erkennen. So erhöht sich etwa die maximale Spannungsamplitude bei einer Taktfrequenz von 1200 Hz am Verbraucher V1 von 2,81 auf 2,96 durch das Zuschalten von Verbraucher V2 . Im
Gegensatz dazu bewirkt das Zuschalten von Verbraucher V3 ein Reduzieren der maximalen Spannungsamplitude auf 2,79 und das Zuschalten beider
Verbraucher (V2 und V3 ) ein Reduzieren auf 2,29. Jedoch bewirkt dies für
die Spannung an Verbraucher V3 die höchste Spannungsamplitude mit dem
Wert 3,2.
5.7 Simulation eines Strahlennetzes
Anordnung
B
97
Transienter Spannung am Verbraucher
AusgleichsUV/U
vorgang
kHz
Bus V1 V2
V3
V1
62,5
2,63 2,81
–
–
48,0
2,74
–
2,79
–
32,0
2,52
–
–
2,7
37,0
2,82 2,96 3,46
V3
28,0
2.41 2,79
V2
V3
27,0
2,28
V1
V2
V3
26,0
B
V2
B
V3
B
B
V1
V2
–
V1
–
3,15
2,63
3,24
2,29 2,31 2,57
3,2
B
B
–
Tabelle 5.1: Maximale bezogene Spannungsamplituden bezogen
auf die Zwischenkreisspannung sowie Frequenzen
der abklingenden Ausgleichsvorgänge hervorgerufen durch die Mehrfachreflektionen zwischen dem
Umrichter und den Kabelsystemen. (Kabellängen:
Umrichter-B 440 m, B-V1 300 m, B-V2 600 m, BV3 1000 m; Taktfrequenz des Umrichters 1200 Hz)
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
98
Anordnung
B
Transienter Spannung am Verbraucher
AusgleichsUV/U
vorgang
kHz
Bus V1 V2
V3
V1
62,5
2,22 2,39
–
–
48,0
2,07
–
2,38
–
32,0
2,27
–
–
2,24
37,0
2,06 2,49 3,16
V3
28,0
2.07 2,36
V2
V3
27,0
1,75
V1
V2
V3
26,0
B
V2
B
V3
B
B
V1
V2
–
V1
–
2,48
1,92
2,58
1,92 2,37 2,28
2,99
B
B
–
Tabelle 5.2: Maximale bezogene Spannungsamplituden bezogen
auf die Zwischenkreisspannung sowie Frequenzen
der abklingenden Ausgleichsvorgänge hervorgerufen durch die Mehrfachreflektionen zwischen dem
Umrichter und den Kabelsystemen. (Kabellängen:
Umrichter-B 440 m, B-V1 300 m, B-V2 600 m, BV3 1000 m; Taktfrequenz des Umrichters 400 Hz)
5.7 Simulation eines Strahlennetzes
99
So liefert jede Kombination andere Belastungszustände, und nur eine individuelle und vollständige Betrachtung der möglichen Netzkonfiguration gibt
Auskunft über die maximalen Spannungsbelastungen.
Da die Kabellänge einen wesentlichen Anteil an der Höhe der Spannungsbelastung hat, kann durch ihre Variation Einfluss auf stark beanspruchte Bereiche im Netz genommen werden. Die Bilder 5.12 und 5.11 zeigen für die
beiden betrachteten Taktfrequenzen die maximale Spannungsamplitude am
Verbraucher V3 .
3,4
3,3
3,2
3,1
3,0
ûmax
u0
2,9
2,8
m
50
m
10
40
m
10
30
10
20
m
m
10
10
m
10
00
m
10
0
m
m
m
99
0
98
0
97
0
96
95
0
m
2,7
l V3
Bild 5.11: Maximale bezogene Spannungsamplitude am Kabelende von Strecke V3 für Leitungslängen von 950 m
bis 1050 m und einer Taktfrequenz von 400 Hz
Um die Längenabhängigkeit der Spannungsamplitude am Kabelende untersuchen zu können, wurde die Anschlusslänge der Kabel in 10 m Abschnitten
von 950 m bis 1050 m variiert. Bei einer Taktfrequenz von 400 Hz lässt sich
durch ein Reduzieren der Kabellänge auf 950 m die Spannungsamplitude
von 2,99 auf 2,79 verringern. Ein Verlängern der Kabel führt in diesem Fall
5 ÜBERSPANNUNGEN AUF KABELN
100
ausschließlich zu einem Anstieg der Spannungsbeanspruchung.
Für eine Taktfrequenz von 1200 Hz ist nur eine Reduktion von 3,2 auf 3,03
durch eine Verkürzen der Kabellänge auf 960 m möglich. Ob eine Veränderung der Kabellänge in der Praxis zu einer geringeren Spannungsbelastung
führt, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab. Im Einzelfall muss deshalb geprüft werden, wie hoch die Spannungsbeanspruchung der Verbraucher ist und ob ein Verändern der Kabellängen Nutzen mit sich bringt. Dabei
ist jedoch immer das gesamte Netzwerk zu betrachten, um möglicherweise
gegenläufige Spannungsveränderungen an anderen Verbrauchen zu berücksichtigen.
3,4
3,3
3,2
3,1
3,0
ûmax
u0
2,9
2,8
m
50
m
10
40
m
10
30
m
10
20
m
10
10
m
10
00
m
10
0
m
m
m
99
0
98
0
97
0
96
95
0
m
2,7
l V3
Bild 5.12: Maximale bezogene Spannungsamplitude am Kabelende von Strecke V3 für Leitungslängen von 950 m
bis 1050 m und einer Taktfrequenz von 1200 Hz
101
6 Zusammenfassung
In dem überwiegenden Teil der weltweit betriebenen Elektrizitätsnetze erfolgt die Energieübertragung bei einer Betriebsfrequenz von 50 Hz bzw.
60 Hz. Diese historisch entstandenen Frequenzen sind ein Kompromiss zwischen einem geringen Reaktanzbelag für den Energietransport über größere
Entfernungen und einem guten Wirkungsgrad bei der Energieumwandlung.
Für die Übertragung hoher Leistungen über sehr große Entfernungen setzte
sich die Gleichstromübertragung durch. Besonders die Vorteile der Gleichstromtechnik im Bereich großer Übertragungsentfernungen sowie die gegenüber der Drehstrom- und Wechselstromtechnik niedrigeren ohmschen
Verluste liefern viele Anwendungen für die Gleichstromübertragung. Nachteilig wirken sich die hohen Investitionen für die Gleichrichter- und Wechselrichterstationen sowie dem im Vergleich zur Wechselspannung aufwendigeren Aufbau der Isolierungen, etwa bei der Kabelherstellung, aus.
Die großen Fortschritte der Leistungselektronik in den letzten Jahrzehnten
ebneten den Weg für eine flexible Nutzung der Frequenz in der Energietechnik. So stehen heute Frequenzumrichter mit Hochleistungsschaltern zur
Verfügung, die selbst in ein Netz ohne eigene Synchrongeneratoren mit einer beliebigen Frequenz einspeisen können. Diese heute bereits bis zu einer
Leistung von 500 MW erhältlichen Umrichter mit Spannungszwischenkreis
(VSC) ermöglichen so einen Netzbetrieb abweichend von den üblichen Betriebsfrequenzen.
Eine reduzierte Betriebsfrequenz bietet ein gezieltes Eingreifen in das Betriebsverhalten von Kabelsystemen. Die Betriebsfrequenz hat Einfluss auf
alle relevanten Betriebseigenschaften einer Energieübertragung mit Kabelsystemen, wie thermische Grenzleistung, Verlustleistung, Betriebstemperatur, Übertragungsentfernung, zulässige Überlastdauer sowie die elektromagnetische Beeinflussung der Kabelumgebung. Durch eine Frequenzreduzierung lassen sich bei allen aufgeführten Betriebseigenschaften Verbesserungen erzielen.
So erlaubt die Steigerung der Übertragungsleistung eine Alternative zu sonst
zusätzlich benötigten Kabelsystemen. Eine Reduzierung der Übertragungs-
102
6 ZUSAMMENFASSUNG
verluste mit der damit verbundenen thermischen Entlastung des Kabelgrabens verringert thermische Beeinflussungen, erhöht die Überlastbarkeit oder
kann zu einer Lebensdauersteigerung der Kabel führen. Ferner können große
Übertragungsentfernungen mit herkömmlichen Drehstromkabeln überbrückt
werden, wo bisher nur eine Gleichstromübertragung mit den dafür speziell
anzufertigenden Kabeln und Garnituren in Frage kommt. Schließlich werden
bei frequenzreduziertem Betrieb EMF-Probleme erheblich verringert.
Im Gegensatz zur HGÜ kann diese Technik auch zur Ertüchtigung bereits
bestehender Kabelsysteme in allen Spannungsebenen eingesetzt werden. Ein
spezieller Aufbau der Isolierung für solch eine reduzierte Frequenz ist nicht
erforderlich. Erhöhter Aufwand und zusätzliche Verluste durch den Einsatz
von Umrichtern können durch die sich bei dieser Betriebsart bietenden Vorteile kompensiert werden.
Die Kenntnis über das Übertragungsverhalten von Energiekabeln in einem
weiten Frequenzbereich ist für die Berechnung von Wellenvorgängen unerlässlich. So erfahren Spannungsimpulse, hervorgerufen durch Blitz- oder
Schaltspannungen, beim Durchlaufen langer Kabelstrecken eine Dämpfung,
die zu einer merklichen Reduzierung der Spannungsbeanspruchung führt.
Durch den Einsatz von Leistungselektronik und den damit verbundenen sehr
kurzen Spannungsimpulsen gewinnt die Kenntnis über deren Dämpfung an
Bedeutung. Des Weiteren ist das Dämpfungsverhalten bis in den hohen MHzBereich für den Einsatz moderner Kommunikationstechnik im Energienetz
von Interesse.
An einem 20-kV-Einleiter-VPE-Kabel wurde das Dämpfungsverhalten in
einem Frequenzbereich von 9 kHz bis 30 MHz gemessen. Eine theoretische Berechnung des Dämpfungsverhaltens zeigt, dass eine gute Übereinstimmung zur Messung im gesamten Frequenzbereich nur durch eine Betrachtung der halbleitenden Schichten zwischen Leiter und Schirm möglich
ist. Die hierfür benötigten Materialparameter wurden für die halbleitenden
Schichten, bestehend aus einer Ruß-Polyethylen-Mischung und einem leitfähigen Papierband, aus Messungen bestimmt.
Es zeigt sich, dass bei dem zur Verfügung stehenden Kabel für niedrige Frequenzen bis ca. 6 MHz die halbleitenden Schichten als Kurzschluss betrachtet werden können. Die Verluste durch den Verschiebungsstrom über die Iso-
103
lierungskapazität haben in diesem Frequenzbereich keinen großen Einfluss
auf das Dämpfungsverhalten. Für höhere Frequenzen müssen die halbleitenden Schichten mit in eine Betrachtung eingehen, da hier die Dämpfung nicht
mehr allein durch die Längsimpedanz des Kabels bestimmt wird. Eine Betrachtung der Dämpfung für unterschiedliche Isolierwandstärken zeigt, dass
der Einfluss der halbleitenden Schichten mit größer werdenden Wandstärken
geringer wird. Je nach betrachtetem Frequenzbereich und Kabelaufbau muss
individuell entschieden werden, ob die Vereinfachung durch die kurzgeschlossenen halbleitenden Schichten ausreicht oder das hier vorgestellte ausführliche Modell benötigt wird.
Der Einsatz von Umrichtern mit moderner Leistungselektronik kann zu Wanderwellenvorgängen auf den Übertragungsstrecken führen. Spannungsverläufe, die aus einzelnen Spannungsimpulsen unterschiedlicher Breite zusammengesetzt werden, können bei einem schlecht angepassten Kabelende zu
hohen Spannungsbeanspruchungen f ühren. Die Untersuchungen weisen aus,
dass Multiple-Reflektionen zwischen Umrichter und Last zu Spannungsbeanspruchungen führen können, welche den Faktor zwei der Eingangsspannung erheblich überschreiten. Voraussetzung hierfür ist eine Taktfrequenz in
der Nähe der ersten Eigenfrequenz des Kabels sowie ein geringer Innenwiderstand des Umrichters.
Messungen an einem Versuchsaufbau ergeben Spannungsüberhöhungen von
bis zum Fünfzehnfachen der Eingangsspannung. Bei modernen Umrichtersystemen mit Taktfrequenzen im oberen Kilohertzbereich können diese Überspannungen bereits bei Kabellängen unter 1 km auftreten. Der Einsatz von
Ableitern zur Reduzierung dieser Überspannung sowie deren Betriebsverhalten müsste noch untersucht werden. Durch Filter an der Last oder am Umrichter ist eine Reduzierung möglich, wird jedoch in der Praxis aus Kostenund Platzgründen oftmals nicht realisiert. So müssen bei der Planung umrichtergespeister Netze oder Lasten die Eigenfrequenzen des Systems berücksichtigt werden. Durch die Reduktion der Taktfrequenz oder das Verändern
der Kabellänge können mögliche, durch Multiple-Reflektionen hervorgerufene Überspannungen vermieden werden. Bei der Erweiterung bestehender
Netzkonfigurationen muss ebenfalls darauf geachtet werden, dass die Eigenfrequenz des Systems nicht in der Nähe der Taktfrequenz der Umrichter
liegt.
104
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VERWENDETE FORMELZEICHEN
117
Verwendete Formelzeichen und Abkürzungen
In dieser Arbeit wird zur Unterscheidung bestimmter Größen von Indizes
und Hochindizes Gebrauch gemacht. An dieser Stelle wird auf eine vollständige Angabe aller dadurch entstehenden Bezeichnungsmöglichkeiten verzichtet.
Lateinische Formelzeichen
a
a
B
C
c0
d
d
f
G
G
i
i
j
L
l
m
P
P
R
Q
R
r
Smax
SU
Index
Dämpfung
magnetische Flussdichte
längenbezogene Kapazität
Lichtgeschwindigkeit
Durchmesser
Wandstärke
Frequenz
längenbezogene Admittanz
Übertragungsfunktion
Strom
Index
√
= −1 imaginäre Einheit
längenbezogene Induktivität
Länge
Belastungsgrad
Verluste
Verlustleistungsbelag
Widerstand
Blindleistunge
längenbezogener Widerstand
Radius
thermische Grenzleistung
Überlastbarkeit
VERWENDETE FORMELZEICHEN
118
Lateinische Formelzeichen (Fortsetzung)
t
u
Us
UB
x
Y
y
Z
z
Zeit
Spannung
Stehspannung
Betriebsspannung
Koordinate
Admittanz
Koordinate
Impedanz
Koordinate
Griechische Formelzeichen
α
β
γ
∆
η
δ
εr
ϑ
κ
λ
µ
ν
π
τ
ϕ
ω
Dämpfungskoeffizient
Phasenkoeffizient
Übertragungskoeffizient
Präfix für Differenzen
Wirkungsgrad
Verlustwinkel
Permittivitätszahl
Temperatur
elektrische Leitfähigkeit
Wellenlänge
Permeabilität
Phasengeschwindigkeit
Kreiszahl
Impulsbreite
Winkel
Kreisfrequenz
VERWENDETE FORMELZEICHEN
119
Kennungen
A
A
Vektor
komplexe Größe
Konstanten
e
0
µ0
c0
Eulersche Zahl ( e ≈ 2,718 281)
elektrische Permittivität des Vakuums (0 ≈ 8, 854187 · 10 −12 As/Vm)
magnetische Permeabilität des Vakuums (µ0 = 4 · π · 10−7 Vs/Am)
Lichtgeschwindigkeit (c0 ≈ 299792,458 km/s)
Abkürzungen
ATP
BImSchV
CENELEC
EMTP
EN
FACTS
HGÜ
IEC
IGBT
MOSFET
PE
PLC
PVC
VPE
VSC
Alternative Transients Program
Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes
European Committee for Electrotechnical Standardization
Electromagnetic Transients Program
Europa-Norm
Flexibel AC Transmission Systems
Hochsspannungs-Gleichstrom-Übertragung
International Electrotechnical Commission
Insulated Gate Bipolar Transistor
Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor
Polyethylen
Poweline Communication
Poly-Vinyl-Chlorid
Vernetztes Polyethylen
Voltage-Source-Converter
Lebenslauf
Persönliche
Daten
Name
Geburt
Familienstand
Steinbrich, Kai Gerhard
01.12.1971 in Mülheim an der Ruhr
verheiratet mit Eva Steinbrich,
Sohn, Alexander Ference (∗ 2001)
Schulbildung
1978-1982
1982-1988
1993-1994
Grundschule M ülheim an der Ruhr
Realschule Mülheim an der Ruhr
Hans-Sachs-Berufskolleg Oberhausen
Abschluß: Fachgebundene Hochschulreife
Ausbildung
1988-1992
Ausbildung zum Kommunikationselektroniker
Fachrichtung Telekommunikation bei der
Deutschen Telekom in Duisburg
Zivildienst
1992-1993
Diakonisches Werk Mülheim
Studium
Okt. 1994
Studium der Elektrotechnik an der
Gerhard-Mercator-Universität Duisburg
Abschluß: Diplom-Ingenieur
Mai 1999
Okt. 2000
Mai 2004
Berufstätigkeit 1999-2004
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der
Fern-Universität-Hagen
Abschluß: Diplom-Wirtschaftsingenieur
Wissenschaftlicher Angestellter an der
Universität-Duisburg-Essen im
Fachgebiet Energietransport- und speicherung
seit Aug. 2004 Mitarbeiter der Stadtwerke Düsseldorf AG
im Bereich Asset Management Strom/
Netze und Anlagen