Wer braucht IMS und warum?

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Wer braucht IMS und warum?
NETZE
Wer braucht IMS und warum?
Der vielversprechende IMS-Architekturansatz soll die drei Techniken TDM,
Softswitch und SIP auf einer komplexen Plattform inkl. einer Konnektivität
zu 3G-Systemen zusammenführen
(s.a. NET 7-8/06, S. 30). Läßt sich diese Hyperkonvergenz auch ohne IMS
realisieren? Und kann IMS ohne Konvergenz überhaupt existieren?
Eine Podiumsdiskussion mit Vertretern
von Herstellern, Carriern und Systemintegratoren während der VON Europe in Berlin beleuchtete die Herausforderungen und Visionen dieser Architektur. Rebecca Copeland, Consultant für Huawei Technologies, vergleicht IMS mit einem zweischneidigen Schwert und zählte dafür gleich
mehrere Gründe aus Sicht der Beteiligten auf:
• Großer Mobilfunknetzbetreiber: IMS
ist eine neue Verschwörung, um
meine moderne Ausrüstung demnächst veraltet aussehen zu lassen.
• Fest- und Mobilnetzbetreiber: Mit
IMS steht eine vielversprechende
Möglichkeit zur Verfügung, mit der
die kombinierten Betriebskosten
verringert werden können.
• Festnetzbetreiber: Wenn wir IMS
nicht integrieren, sehen wir unsere
Existenz gravierend bedroht.
• Hersteller: Das ist nicht nur ein neuer Protokoll-Stack, der implementiert werden muß.
• Startup: Lohnt es sich für mich, auf
dieses neue Modewort zu setzen?
• Investor: Ist IMS schon die endgültige Lösung?
• Anwender: Wie heißt der nächste
Reklametrick?
Noch viele Hürden
Die IMS-Implementierung ist keinesfalls einfach und erfordert eine sorgfältige Planung. Claire Paponneau,
EVP International Wholesale Solutions, France Telecom, erläuterte, wie
die fragmentierte Organisation der
Gruppe das Thema NGN-IMS anpackt. Im Rahmen einer Neuorganisation wurden alle Marketingaktivitäten
in einer einzigen Gruppe zusammen30
gefaßt. Künftig gibt es nur eine IT-Abteilung, ein einziges Netz und ein dediziertes IMS-Team mit Vertretern aus
allen Abteilungen. Für die Umsetzung
der IMS-Implementierung sind streng
koordiniert sechs parallel agierende
Arbeitsgruppen verantwortlich:
• Marketing: definiert neue Dienste
und füllt die Lücke zwischen heutiger und einer vollen IMS-Architektur durch sanfte Migration;
• Terminals: stellt Verfügbarkeit von
neuen Endgeräten sicher;
• Interconnection: kümmert sich um
die Zusammenschaltung der Netze
von Partnern und Wettbewerbern;
• Ausschreibung: erstellt Pflichtenhefte für die erforderlichen Einrichtungen und Lösungen;
• IT Transformation: überdenkt IT-Infrastruktur und erarbeitet neue Betriebsarten und Dienste;
• Generalisierung: sucht nach flexiblen Möglichkeiten für Realisierung
und Betrieb einer IMS-Lösung.
Die erklärte Zielsetzung besteht in der
Vermarktung konvergenter Dienste –
ein IMS-Feldversuch wurde bereits
2006 gestartet. Als strategische Partner wurden Alcatel, Ericsson, Nortel
und Siemens ausgewählt.
Den Ausführungen von France Telecom schloß sich Etienne Pipers, Product Manager VoIP bei Belgacom International Carrier Services, inhaltlich
voll an und ergänzte die Motivation
zur IMS-Einführung um den Aspekt
der Kostensenkung.
IMS wird auch aus der Sicht eines ITSystemintegrators als die Plattform für
die Netztransformation gesehen. „Mit
der Automatisierung von Geschäftsprozessen werden neue Wege für die
Nutzung von Informationen beschritten”, so Bernd Wunderlich, Network
Architekt, IBM Global Business Services. Den Schlüssel zum Erfolg sieht er
in einer leistungsfähigen, nicht standardisierten Service Delivery Platform
(SDP), die sich vielmehr auf existierende Standards wie eTOM, SID, SOA
und SPDE abstützt und deshalb von
den verschiedenen Herstellern spezifisch realisiert wird.
Weitere Aspekte
Eine gewichtige Rolle bei der Entwicklung von IMS-Komponenten fällt den
Herstellern von integrierten Schaltungen zu. Majid Foodeei, Director of
Strategic and Technical Marketing bei
Centillium Communications, sieht
dafür die Bereitstellung von IMS auf
einem Chip (SoC) als unabdingbare
Vision der IMS-Wunderwelt: Kommunikation
über jedes Terminal – zu jeder Zeit an jedem Ort
über jedes Netz
(Quelle: IBM Corporation)
Voraussetzung, u.a., weil mit diesen
IMS-SoCs die Entwicklung von Bausteinen wie z.B. Access-, Medien-,
Wireless- und Trunking-Gateways,
Softswitch, DSLAM und DSL-Modem
beschleunigt werden kann. Da alle
Chips über die gleiche Software verfügen, werden die jetzigen und künftigen Eigenschaften schon heute bereitgestellt.
Für den Entwickler von IMS-Lösungen
sind leistungsfähige Meßgeräte unabdingbar. Das IMS Forum wird im Januar 2007 ein erstes Plug-Fest veranstalten, bei dem die Hersteller ihre Produkte auf Kompatibilität testen können. Die IMS-Entwicklungsplattform
Hammer DEX von Empirix wurde
dafür quasi als Eichnormal ausgewählt.
Bereits vier Wochen nach der VON
wurde anläßlich der Broadband Week
die gewichtige Rolle von IMS bestätigt. Der schwedische Hersteller Tilgin wurde mit seiner IMS@Home-Lösung mit dem von Ericsson gesponserten Award für die innovativste Lösung
ausgezeichnet. Mit IMS@Home können künftig Triple-Play-Dienste für
den privaten Anwender standardkonform offeriert werden.
Gerhard Kafka,
freier Journalist in Egling
NET 1-2/07