2 Strahlenschutz und Dosimetrie

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2 Strahlenschutz und Dosimetrie
2
Strahlenschutz und Dosimetrie
Strahlenbelastung
Physikalische, chemische und biologische Vorgänge
in einer Zelle nach Bestrahlung
Einheiten im Strahlenschutz
∗ Aktivität einer radioaktiven Substanz:
„Bequerel [Bq]“ = 1 s-1
- ein Bequerel ist gleich einem Kernzerfall pro Sekunde
1 Ci (Curie) = 3,7 x 1010 Bq
∗ Energiedosis:
„Gray“ 1 Gy = 1 J/kg
- ist gesamte absorbierte Strahlungsenergie pro Masseneinheit
∗ Äquivalentdosis:
„Sievert“ 1 Sv
- ist das Produkt aus Energiedosis und Bewertungsfaktor
[Bewertungsfaktor ist das Produkt aus Qualitätsfaktor (linearem Energieübertragungsvermögen der jeweiligen Strahlenart abhängig) und anderen modifizierenden Faktoren (z.B. äußere oder innere Bestrahlung)]
Qualitätsfaktor für Röntgen-, Gamma- und Betastrahlung 1, bei Alphastrahlung
bis 20, Einheit nur im Strahlenschutz gültig
Definitionen
-
Energiedosis
- die bei Kernumwandlungen auftretenden Strahlen sind ein
Energiestrom
- die Energiedosis einer ionisierenden Strahlung gibt die pro
Masse des durchstrahlten Stoffes abgegebene Energie an
Energiedosis =
-
Einheit der Energiedosis
besonderer Einheitsname: Gray
1 J / kg
1 Gy = 1 J / kg
frühere Bezeichnung: Rad (radiation absorbed dose)
kg = 10-2 Gy
-
10-2 J /
in Wasser bzw. in tierischem Gewebe entspricht die
Energiedosis von 1 J / kg einer Temperaturerhöhung von < 0,001
°C, kann schon Strahlenschäden bewirken
Äquivalentdosis
-
für die biologische Wirkung ionisierender Strahlung ist nicht nur von der pro
Masse absorbierten Energie, sondern auch von weiteren Faktoren abhängig:
* Strahlenart
* Strahlenenergie
* räumlicher und zeitlicher Umfang
* Beschaffenheit des biologischen Objekts
-
um Maß für die biologische Strahlenwirkung zu erhalten, wird die Energiedosis
mit einem Qualitätsfaktor multipliziert
-
Qualitätsfaktor ist aus experimentellen Daten gefundener Erfahrungswert
Äquivalentdosis
H
-
=
=
Energiedosis
D
=
=
vereinbarungsgemäß: Röntgenstrahlung von 200 kV,
Beschleunigungsspannung ist Q = 1
Qualitätsfaktor
Q
Einheit und Qualitätsfaktor der Äquivalentdosis
-
SI-Einheit
Sievert (Sv) 1 Sv = 1 J / kg, da Qualitätsfaktor eine dimensionslose Zahl ist
frühere Einheit: REM (röntgen equivalent man) 1 rem = 10-2 J / kg = 10-2 Sv
Strahlung
Qualitätsfaktor Q
Röntgenstrahlen / Gammastrahlen
1
Beta- und Elektronenstrahlen
1
Thermische (langsame Neutronen)
2,3
Schnelle Neutronen und Protonen
10
Alpha-Strahlen
20
Schwere Rückstoßkerne (Richtwert)
20
Strahlenschutzgrenzwerte
-
in Gesetzen und Verordnungen niedergelegt
-
Strahlenschutzgrundsätze und Regelungen von
internationalen Gremien (IAEO, WHO, EURATOM) basieren
meist auf Empfehlungen der Internationalen
Strahlenschutzkommission (International Commission on
Radiological Protection, ICRP)
-
Weg zu Grenzwerten
- 1925 bei Röntgenpersonal, 1 % der Dosis innerhalb von 30
d die eine Hautrötung hervorrufen
- 1934 ICRP 0,2 Röntgen (2 m Sv) pro Tag
- 1950 ICRP 0,6 Rem / Woche (6 mSv / Woche oder 0,5 Sv / a)
für Haut, andere Organe (z. B. Gonaden, Augenlinse
geringer)
- heute: ICRP 0,5 mSv / a für Bevölkerung resultierend aus
Einsatz ionisierender Strahlung nicht zu überschreiten
Voraussetzungen für Strahlenschutzempfehlungen
-kein Umwelteinfluss, der Spätschäden verursachen kann, ist so genau
untersucht wie die Einwirkung ionisierender Strahlung
-Erfahrungen der Strahlenschädigungen auf Menschen sind bei hoher Dosis
gemacht worden, Vorbehalt bei Tier-Mensch-Übertragung
-im Dosisbereich der natürlichen Strahlenexposition konnten keine statistisch
gesicherten Auswirkungen bei unterschiedlichen Belastungen gemacht werden
(BRD: 500 – 800 μGy / a Indien Kerala (Monazit CePO4, [Th]) 10 mGy / a durch
terrestrische Strahlung)
... im 1980 erschienenen Bericht des Komitees zur Beurteilung biologischer Effekte
durch ionisierende Strahlung der nationalen Akademie der Wissenschaften in den
Vereinigten Staaten von Amerika zum Problem
niedriger Dosis: „Das Komitee weiß nicht, ob Gamma- oder Röntgenstrahlung von etwa
1 mGy pro Jahr für den Menschen schädlich ist. Jede somatische Wirkung bei dieser
Dosisrate würde von Umwelt- und anderen Faktoren überdeckt, die dieselbe
somatische Wirkung wie ionisierende Strahlen hervorrufen können. Für höhere
Dosisraten, beispielsweise einige zehn
mGy / a über eine lange Zeitspanne, könnte sich ein erkennbarer karzinogener Effekt
manifestieren.“
Bezüge zu Gesetzen und Verordnungen
-
Atomgesetz:
§ 9 a: Verwertung radioaktiver Reststoffe und Beseitigung radioaktiver Abfälle
(1) Wer Anlagen, in denen mit Kernbrennstoffen umgegangen wird, ... betreibt ...,
hat dafür zu sorgen, dass anfallende radioaktive Reststoffe ... schadlos verwertet
oder als radioaktive Abfälle geordnet beseitigt werden (direkte Endlagerung).
(2) Wer radioaktive Abfälle besitzt, hat diese an eine Anlage nach Absatz 3
abzuliefern ...
(3) Die Länder haben Landessammelstellen für die Zwischenlagerung der
radioaktiven Abfälle, der Bund hat Anlagen zur Sicherstellung der Endlagerung
radioaktiver Abfälle einzurichten ...
-
Strahlenschutzverordnung
Vierter Teil: Ablieferung radioaktiver Abfälle
§ 81 Ablieferung an Anlagen des Bundes
§ 82 Ablieferung an Landessammelstellen
§ 83 Ausnahme und Befreiung von der Ablieferungspflicht
§ 86 ... bis zur Inbetriebnahme der Anlagen des Bundes § 81 Zwischenlagerungspflicht
Ionisierende Strahlung
-
Strahlung ausgehend von radioaktiven Nukliden, Röntgenanlagen und
Teilchenbeschleunigern vermag beim Durchgang durch Stoffe, Atome und Moleküle
anzuregen und zu ionisieren Æ Ionisierende Strahlung
-
direkt ionisierend
geladene Teilchen mit nicht vernachlässigbarer Ruhemasse
kinetische Energie reicht aus, um durch Stoß Ionen zu erzeugen
α-, β+-, β—Teilchen, p
-
indirekt ionisierend
ungeladene Teilchen mit nicht vernachlässigbarer Ruhemasse (Neutronen) oder
Photonen (Quanten der Röntgen und γ-Strahlung) mit Ruhemasse 0, die im
durchstrahlten Stoff energiereiche Teilchen freisetzen oder Kernumwandlungen
auslösen
-
Wechselwirkungsprozess
Strahlung erleidet Energieverlust und Streuung
Energie wird auf Stoff übertragen, Auftreten von Erwärmung oder / und Veränderung
der physikalischen, chemischen und biologischen Stoffeigenschaften
Wechselwirkung geladener Teilchen mit Atomen
-
geladene Teilchen können mit Hüllenelektronen oder Atomkernen in Wechselwirkung
treten, wobei alle vier Wechselwirkungsarten zur Abbremsung beitragen:
-
unelastische Stöße mit Hüllenelektronen
Anregung oder Ionisation der Atome (Abbremsung der Teilchen =
Ionisationsbremsung, Energieverlust = Ionisationsverlust der Teilchen,
Richtungsänderung der Teilchenbahnen)
-
Elastische Stöße mit Hüllenelektronen
spielen nur bei kleinen Teilchenenergien eine Rolle, Teilchenenergie wird gering
verändert
-
Unelastische Stöße mit Atomkernen
durch Wechselwirkung mit Coulombfeldern Änderung der Teilchengeschwindigkeit
nach Betrag und Richtung, Teilchen emittieren eine elektromagnetische Strahlung =
Bremsstrahlung, Energieverlust infolge von Photoemission = Bremsstrahlverlust
-
Elastische Stöße mit Atomkernen
Ablenkung der Teilchen aus ihren Teilchenbahnen, infolge Impulsübertragung
verlieren die Teilchen einen Teil ihrer Energie
Energieverlust geladener Teilchen
-
Ionisationsbremsung
schwere geladene Teilchen (p, d, α-T, FP) verlieren Energie durch
Ionisationsbremsung = durch sehr große Anzahl unelastischer Stöße Abgabe von
kleinen Energieteilbeträgen
Elektronen und Positronen verlieren ebenfalls durch unelastische Stöße mit den
Hüllenelektronen ihre Energie, werden aber aufgrund ihrer kleinen Masse abgelenkt
-
Strahlungsbremsung
Energieverlust durch Bremsstrahlung:
geladene Teilchen mit Masse m und Kernladungszahl z erfahren im Coulombfeld der
Atomkerne Richtungsänderungen
es wird elektromagnetische Strahlung emittiert „Bremsstrahlung“
der auftretende Energieverlust je Wegelement ist proportional der Beschleunigung
und steigt mit der Teilchenenergie an,
-
Bremsstrahlverluste müssen nur bei Elektronen mit Energien E > meco2
berücksichtigt werden, bei schweren Teilchen spielen diese keine Rolle
Emission von Cerenkov-Strahlung
Strahlungsbremsung (Fortsetzung)
-
Energieverlust durch Cerenkov-Strahlung
bewegen sich Teilchen mit der Ladung (zeo) durch ein dielektrisches Medium, indem
die Phasengeschwindigkeit des Lichtes (co/n) (n = Brechzahl) kleiner als die
Teilchengeschwindigkeit v ist so erleiden sie zusätzlich zum Ionisations- und
Bremsstrahlverlust einen Energieverlust infolge der Emission einer
elektromagnetischen Stoßwelle
Cerenkov-Strahlung fällt z. T. in den sichtbaren Spektralbereich, optisches Analogon
zur Machschen Kopfwelle bei Überschallgeschwindigkeit in Luft, Intensitätsmaximum
im Blau oder nahen UV
bleibt auf Kegel beschränkt
Lichtemission ist auf die unsymmetrische Polarisation des Dielektrikums in nächster
Umgebung der Teilchenbahn beschränkt (Abb.) ist 1/100 bis 1/1000 des gesamten
Energieverlustes
Wechselwirkung von ungeladenen Teilchen mit Atomen (I)
-
Neutronen
sie verlieren keine Energie durch Ionisations- oder Strahlungsbremsung, sondern
ausschließlich durch Wechselwirkungsprozesse mit Atomkernen, erst dadurch
werden geladene Sekundärteilchen erzeugt
-
Elastische Streuung
führt zur Änderung der Bewegungsrichtung und Energie der Neutronen (Summe
Neutronen und Energie des Kernes bleibt konstant)
-
Unelastische Streuung
Veränderung der Energie und Richtung der Neutronen, Kernanregungen führen zu
Energieverlusten, angeregte Kerne kehren unter Emission von γ-Strahlung in den
Grundzustand zurück
-
Neutronenabsorption
Neutronen können in Atomkerne des absorbierenden Mediums eindringen und
Kernreaktionen verursachen (Einfang-, Austausch- und Spaltungsreaktionen
Wechselwirkung von ungeladenen Teilchen mit Atomen (II)
-
Photonen
Wechselwirkungspartner der Photonen (Quanten der Röntgenund Gammastrahlung) sind die Elektronen der Atomhülle, die
Coulombfelder im Atom und die Nukleonen des Kernes
-
die wichtigsten Wechselwirkungsprozesse sind:
* Photoeffekt
* Comptoneffekt
* Paarbildungseffekt
* Kernphotoeffekt
Schematische Darstellung des Photoeffektes
Photoeffekt
-
bei dieser Wechselwirkungsart wird die gesamte Energie des Photons Eγ = h x f auf ein
Hüllenelektron übertragen, niederenergetische Photonen mit Atomen mit hohem Z
-
das Elektron wird aus der Hülle herausgeschlagen und das Photon vollständig absorbiert
und das Atom ionisiert
-
Photonenenergie muss die Bindungsenergie der Elektronen der Elektronen in den
jeweiligen Schalen (K, L, M ...) übertreffen
-
Photonenimpuls wird beim Photoeffekt immer von zwei Partnern aufgenommen: vom
Photoelektron, vom ionisierten Atom
-
kinetische Anfangsenergie des Photoelektrons Ee = Eγ – EK, L, M ...
-
Bindungsenergie wächst mit steigender Ordnungszahl Z und zunehmender Kernnähe (ist
Photonenenergie größer als die Bindungsenergie der Elektronen in der K-Schale werden
ca. 80 % der Photonen in dieser Schale absorbiert und ca. 20 % in äußerer
Elektronenschale)
-
nachfolgend auf die Photonenabsorption erfolgt die Auffüllung der Lücke durch
Elektronen höherer Schalen
a) die freiwerdende Energie ist charakteristische Röntgenfluoreszenzstrahlung
b) strahlungslos, aus L-Schale wird Elektron (Auger-Elektron) emittiert mit der kinetischen
Energie
EAuger = EK – 2 EL
Schematische Darstellung des Comptoneffektes
Comptoneffekt
-
mit zunehmender Photonenenergie (Eγ > EK, L, M...) gibt das
Photon nur einen Teil der Energie auf ein lockeres oder freies
Elektron ab und erfährt selbst eine Richtungsänderung
-
das Rückstoßelektron (Comptonelektron) bewegt sich mit hoher
Geschwindigkeit
-
die Gesamtenergie und der Gesamtimpuls bleiben beim
Comptoneffekt erhalten
-
die Wahrscheinlichkeit für den Comptoneffekt ist bei Elementen
mit kleinen Ordnungszahlen zwischen 50 keV und 15 MeV und
bei Elementen mit hoher Ordnungszahl zwischen 0,5 MeV und 5
MeV sehr hoch
Schematische Darstellung des Paarbildungseffektes
Wirkungsbereich von Photoeffekt, Comptoneffekt und
Paarbildungseffekt
Wechselwirkung ionisierender Strahlung mit Materialschichten
Wechselwirkung von ungeladenen Teilchen
Photonen:
Durchdringt ein schmales Photonenstrahlungsbündel einheitlicher Energie eine Materialschicht
der Dicke x so verringert sich durch Wechselwirkungsprozesse mit den Atomen des Materials die
Photonenflussdichte φ.
-
Schwächung von Photonenstrahlen
Schwächungsgesetz (für β-Strahlen nur für kleine Schichtdicken erfüllt, für schmale
Photonenstrahlbündel voll erfüllt)
-
allgemeines Schwächungsgesetz:
φ(x) = φ(0)e-Nσx
N: Anzahldichte der Atome, σ: totaler atomarer Wirkungsquerschnitt
Nσ: linearer Schwächungskoeffizient μ
φ(x) = φ(0)e-μx
(auch Umrechnung unter Verwendung des Massen-Schwächungskoeffizienten)
Da maximale Reichweitenangabe nicht möglich, wird häufig Halbwertsschichtdicke benutzt
Schwächung eines schmalen und eines breiten
Strahlenbündels durch einen Absorber
Photonen
für Photonen maximale Reichweite nicht angebbar
Halbwertschichtdicke (HWS) = x½ = ln 2/μ
- Linearer Schwächungskoeffizient setzt sich aus drei Anteilen zusammen:
dem Photoabsorptionskoeffizienten,
dem Schwächungskoeffizienten des Comptoneffektes,
dem Paarbildungskoeffizienten
μ = μPh + μc + μpaar
Schwächung abhängig von Photonenenergie und Ordnungszahl des
Wechselwirkungsmaterials
Durch jede Halbwertschicht wird die Strahlungsintensität um den Faktor 2
geschwächt (schematische Darstellung: Streuung nicht berücksichtigt)
Da Reichweite von Photonenstrahlen nicht angebbar, deshalb Charakterisierung durch
Halbwertsschichtdicke
Halbwerts- und Zehntelwertschicht für Gammaquanten
unterschiedlicher Energie
Bremsung/Schwächung von Neutronen
-
z.B. radioaktive Neutronenquellen und Neutronengeneratoren
emittieren primär schnelle Neutronen
-
durchdringen Neutronen eine Substanz, so verlieren sie infolge
von elastischen Streuprozessen an den Atomkernen schrittweise
ihre kinetische Energie, bis die thermische Energie erreicht ist
- Wasser bremst schnelle Neutronen stärker als Graphit
Grundsätzlicher Aufbau eines
Neutronenschildes
Schnelle Neutronen
verlieren Energie durch
Stöße und werden thermalisiert
Paraffin, Kunststoffen, Wasser
als Moderator
Entstanden durch
Kernreaktion
Unterschiedliche Absorption von Alpha-, Beta- und
Gammastrahlung
Aktivitätsbestimmung
K = 540/217 = 2,488
Durch die Glaswand des Zählrohres gelangen nur die Gammaquanten und die
energiereichen Betateilchen. Bei reinen Alphastrahlen oder reinen Betastrahlen muss ein
anderes Messverfahren gewählt werden.
Nutzbare Effekte zur Strahlungsmessung
Ionisierende Strahlung → ruft Wechselwirkung hervor, diese stark abhängig von
Strahlungsart und -energie
Strahlungsart
Wechselwirkung
α
Ionisation
Anregung
β
Ionisation
Anregung
Bremsstrahlung
Streuung
γ
Photoeffekt
Comptoneffekt
Paarbildung
Nicht nur Bestimmung der gesamten Strahlung von Interesse, sondern Art und Herkunft,
deshalb Spektrometrie – Unterscheidung der Strahlungsenergie notwendig
- erzeugte Ladungsträger und Energie -
Messung radioaktiver Strahlung
-
in den letzten 50 Jahren sind verschiedenste Detektoren
entwickelt worden
-
Nachweis der radioaktiven Strahlung beruht auf Ionisations- oder
Anregungsprozessen, die in Gasen bzw. in festen Stoffen durch
die Strahlung ausgelöst werden
-
Prozesse führen in Gasen und Halbleitern zur Erzeugung
beweglicher elektrischer Ladung
-
Kristalle, Gase und Lösungen können auch Lumineszenzlicht
emittieren
-
ungeladene Teilchen (Photonen, Neutronen) lassen sich nur
über die im Wechselwirkungsmaterial gebildeten geladenen
Sekundärteilchen nachweisen (bei Neutronen, Protonen, αTeilchen; bei Photonen Photo-, Compton-, Paarelektronen)
-
Klassifizierung in drei Gruppen:
* Ionisationsdetektoren (Gasdetektoren)
* Szintillationsdetektoren
* Halbleiterdetektoren
Ionisationsdetektoren
-
bei diesen Detektoren wird die Ionisation in Gasen
ausgenutzt
-
drei grundsätzliche Arbeitsweisen solcher Zähler in
Abhängigkeit des Druckes und der Art des Gases, des Baues
und der Bauweise (z. B. Feldstärke)
* Ionisationskammer
* Proportionalitätszählrohr
* Auslösezählrohr (Geiger-Müller-Zählrohr)
Wirkungsweise der Ionisationsdetektoren
-
an Elektroden wird eine langsam ansteigende Spannung angelegt, dadurch
gelangen die durch radioaktive Strahlung gebildeten Ionen zunehmend an die
entsprechenden Elektroden Æ Erreichen eines Sättigungsstromes, wenn alle Ionen
bei anliegender Spannung an Elektroden
= Arbeitsbereich der Ionisationskammer (Messung von α-Strahlung)
-
wird Feldstärke weiter erhöht, Effekt, dass Elektronen auf ihrem Weg zur Anode so
stark beschleunigt werden, dass durch „Stoßionisation“ weitere Ionenpaare (Faktor
103 – 105) erzeugt werden (Durchflusszähler, Präparat in Zähler) Æ durch radioaktive
Strahlung erzeugtes Ionenpaar wird vervielfacht (Messung von α- und β-Strahlung)
= Arbeitsbereich des Proportionalitätszählers
-
wird Spannung weiter erhöht, wird der Auslösebereich erreicht, Entladung breitet
sich lawinenartig über den Zähler aus, neben vielfacher Stoßionisation auch
Ionisation des Zählgases möglich (Messung energiereicher β-Strahlung nur ca. 1 %
der γ-Quanten) Æ Entladungserscheinungen müssen gelöscht werden, bei nicht
selbstlöschenden Zählern Abschaltung (500 μs) durch elektronische Einheit, bei
selbstlöschenden Löschgas Methanol, Brom z. B., Totzeit zwischen 100 – 400 μs)
= Arbeitsbereich des Geiger-Müller-Zählrohres
Impulshöhe als Funktion der Feldstärke
Gasgefülltes Zählrohr (Schnitt)
Kammer- und Elektrodenmaterial von
Art der nachzuweisenden Strahlung abhängig,
(Al, Cu, Messing, Graphit,
e-leitende Kunststoffe)
Füllgas:
Luft, Wasserstoff, Argon, Kohlendioxid,
Bortrifluorid
Isolierung:
sehr wichtig, hoher Widerstand
Bernstein, Quarz, Polystyren, Keramik
Szintillationszähler
-
Nutzung der von angeregten Atomen oder Molekülen fester
oder flüssiger Körper emittierten Fluoreszenzlichtblitze
(Szintillationen), Vorteil hohe Nachweiseffektivität
-
Hauptbestandteil: Szintillator (nachzuweisende Strahlung
erzeugt Fluoreszenzlicht) und
Sekundärelektronenvervielfacher –SEV- (Umwandlung der
Lichtblitze in elektrische Impulse
-
eignen sich gut für γ-Strahlen (dicke Kristalle, z. B. Nal/Th)
und energiearme β-Strahlung (Tritium, Kohlenstoff-14), αStrahlung (dünne Schichten)
-
Szintillatorabmessungen so dimensionieren, dass Strahlung
voll absorbiert wird
Szintillationszähler
Szintillatoren:
- Anorganische Kristall- und Glasszintillatoren:
Nal/Th, ZnS/As, Csl/Tl
- Organische Kristallszintillatoren:
Antracen
- Organische Lösungen:
Lösungsmittel, Touluen, Xylen werden geringe Mengen Substanz zugesetzt:
p-Terphenyl, (A) 1,4-Bis(5-phenyloxazol-2yl)benzen (POPOP) (B)
- Organische Plastszintillatoren:
polymerisierte Kunststoffe (Polystyren)
A
B
α-, β-Spektrometrie
Szintillationsprozess
● homogenes Gemisch aus Probe und Szintillations-Cocktail
● Szintillations-Cocktail wird durch β- oder a-Teilchen zur Emission von
Lichtquanten angeregt:
- Lösungsmittel (z. B. Touol, Benzol, Xylol, Diisopropylnaphtalin)
kinetische Energie des Kernzerfalls regt p-Elektronen an: 200-300 nm
- primärer Szintillator (z.B. Oxazole, Oxadiazole, Benzooxazole,
Pyrazoline, 2,5 Diphenyloxazol PPO ca. 10-2 m)
Energieübertragung durch Molekülzusammenstöße, Strahlung,
Dipol-Dipol-Wechselwirkung: 340-400 nm
- sekundärer Szintillator (ähnliche Struktur wie primäre aber längerwelliges
Fluoreszenzmaximum, z.B. p-bis-(o-Methylsteryl)-benzol ca. 10-4 m)
absorbiert das Licht vom primären Szintillator und gibt es als
Fluoreszenzlicht weiter – „Wellenlängenschieber“ 400-470nm
α-Spektrometrie
Typische α-Spektren
244
Am
241
Np
237
6
1.0x10
Cm
6
1.2x10
5
Impulse
8.0x10
5
6.0x10
5
4.0x10
5
2.0x10
0.0
4500
5000
5500
6000
Energie in keV
α-Standard Probe
Mit 241Am kontaminierter Bauschutt
β- Spektrometrie
Typische β- Spektren mittlerer Energie
lineare Energieachse
14C: 156,5 keV maximale β-Energie
logarithmische Energieachse
350
120
300
14
C
100
150
100
50
0
14
C
80
200
Impulse
Impulse
250
60
40
20
0
20
40
60
80
100
Energie in keV
120
140
0
0
200
400
600
Kanal
800
1000
Messung der Gammaenergie mittels Halbleiterdetektor I
-
bei Bestimmung der Gesamtaktivität kann man nicht angeben, welche Radionuklide
die Strahlung verursacht haben
-
die meisten Radionuklide senden aber bei Kernumwandlung Gammaquanten
bestimmter Energie aus – Energiewert(e) = Radionuklid
-
Bestimmung mittel Szintillationszähler oder Halbleiterdetektor
Radionuklid
Energie der Gammaquanten in keV
24Na
1275
60Co
1331, 1173...
40K
1461
134Cs
605, 796, 569 ...
137Cs / 137mBa
662
131I
364, 637, 284
16 N
6129, 7115
226Ra
186 (262 ...)
238U
(50)
90Sr
kein γ
Messung der Gammaenergie mittels Halbleiterdetektor II
-
Halbleiterdiode, die in Sperrrichtung betrieben wird
-
dringt ein Gammaquant in die Sperrschicht ein, werden Elektronen-Loch-Paare
erzeugt (bei Si 3,23 eV, Ge 2,84 eV)
-
der hervorgerufene geringe Strom führt zu einem Spannungsabfall an einem
Arbeitswiderstand, der elektronisch verarbeitet wird
-
jedes Gammaquant erzeugt einen Spannungsimpuls, der gezählt wird, die Amplitude
des Impulses ist proportional zur Energie, die das Quant an das Halbleitermaterial
abgegeben hat
-
wird die gesamte Energie an das Halbleitermaterial abgegeben, ist die Höhe des
Spannungsimpulses der Energie des Quants proportional
-
mittels „Computer“ werden die Impulse nach ihrer Höhe „elektronisch sortiert“
x-Achse: Gammaenergie (in Form von Kanälen)
y-Achse: Anzahl der Impulse, die von Quanten bestimmter Energie erzeugt werden
(Spektrum)
-
Kühlung der Detektoren (Verhinderung der unkontrollierten ElektronenLochpaarbildung durch Wärme), Abschirmung der Probe gegen
Umgebungsstrahlung
Versuchsaufbau zur Gammaspektrometrie
(vereinfachte Darstellung)
γ-Spektrometrie
Schematischer Aufbau des γ-Spektrometers
Bleiabschirmung
Probe
Ge-Detektor
Vorverstärker
Hauptverstärker
Vielkanalanalysator
Spektrenauswertung
Hochspannung
Einfüllstutzen
Entlüftung
Dewargefäß
Flüssiger N2
Isolierung
Geeignete Messanordnungen für verschiedene
Strahlungsarten
Filmdosimeter
-
Verwendung als amtliches Dosimeter
-
dünne, lichtdichte Kunststoffkassette mit zwei Filmabschnitten
-
Teile des Films sind mit verschiedenen Metallfiltern abgedeckt
-
Gammastrahlen lösen in der Kunststoffwand, den Filtern und im
Film Elektronen aus
-
Elektronen bewirken in der Silberbromid-Schicht Ionisationen, bei
Entwicklung entstehen dort Silberkörnchen, diese sind für Licht
undurchlässig und rufen eine Trübung hervor
-
Trübung ist von Energie und Menge der eingefallenen Quanten
abhängig
-
Auswertung der Trübungsunterschiede, Ionendosis mit Computer
berechenbar
-
zur Energiebestimmung Metallfilter
-
Bleifilter zur Bestimmung aus welcher Richtung Strahlung kam
(von hinten = vollständige Bestrahlung des Körpers)
Personenüberwachung
Amtliches Dosimeter Typ Gleitschattendosimeter
Einsatzgebiete: Überwachung in Gamma-(Beta)-Strahlungsfeldern
Messprinzip: Schwärzung fotografischer Film (Ionisation durch rad. Strahlung)
Absorberplatten → Aussagen über Art der Strahler → Personendosis
damit wird entsprechend den Anforderungen aus:
•StrlSchV: Anlage VI
•Richtlinie für die physikalische Strahlenschutzkontrolle zur Ermittlung der Körperdosen, Teil 1: Ermittlung der Körperdosis bei äußerer
Strahlenexposition (§§40, 41, 42 StrlSchV; § 35 RöV)
•Anforderungen an Personendosimeter, Empfehlungen der Strahlenschutzkommission vom 01.03.2002, Bundesanzeiger Nr. 112 vom 21.06.2003
die Tiefen-Personendosis Hp(10) bestimmt.
Durch das Prinzip des Gleitschattens wird der dosis-mitbestimmende Einfallswinkel
der Strahlung automatisch berücksichtigt.
→ Tragezeitraum für Mitarbeiter 3 Monate
→ Auswertung an LPS-Berlin als zugelassene Messstelle
(max. 6 mSv/a für strahlenexponierte Person Typ B)
Prinzipaufbau Filmdosimeter
Thermolumineszenzdosimeter
- Amtliches Dosimeter
- Messprinzip: Thermolumineszenz
• Thermolumineszenz beruht auf durch Strahlung hervorgerufene angeregte
Zustände (e-Lochpaare)
• beim Erhitzen (ca. 300 °C) Übergang unter Lichtemission in den
Grundzustand
• hierbei ist die emittierte Lichtintensität proportional zur empfangenen
Strahlungsdosis
Einsatz bei β-Strahlern, Photonenstrahlung
Stabdosimeter
-
arbeitet nach dem Prinzip der Ionisationskammer (Elektrometer,
Elektroskop)
-
wird an einer Spannungsquelle aufgeladen, bewegliches Fädchen
spreizt sich (Nullwert)
-
Auftreffen von Gammastrahlen, Entladung des Elektrometers, die
Spannung an ihm sinkt, Rückgang des gespreizten Fädchens
-
Messwert, Skala ist in μSv kalibriert, Äquivalentdosis ablesbar
-
solange keine Bestrahlung erfolgt, beträgt der
Spannungsrückgang durch Selbstentladung nur wenige Prozent
-
bei Messung geringenergetischer Gammastrahlung –
Kunststoffumhüllung statt Metall
Prinzipaufbau Stabdosimeter
Neutronenmessgeräte
-
keine direkte Ionisierung von Atomen, deshalb Nutzung von
Kernreaktionen / Kernspaltungen, die dabei erzeugten geladenen
Teilchen (Alphateilchen, Trümmerkerne) bewirken in der Gasfüllung
Ionisation
-
Nachweis von thermischen Neutronen:
*gasgefülltes Aluminium oder Messingrohr, Innenseite mit Bor, Lithium
oder Uran-235 ausgekleidet
-
Reaktionen:
*Bor bzw. BF3-Gas
*Lithium
*Uran-235