Die Evolution der karnivoren Pflanzen - Wolf

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Die Evolution der karnivoren Pflanzen - Wolf
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Wolf-Ekkehard Lönnig
15. /16. 3. 2010; LAST UPDATE 9. August 2011, Inhaltsübersicht pp. 268-271.
Kommentare zur vorliegenden Arbeit pp. 272-273; Utricularia: Superlatives p. 274.
Die Evolution der
karnivoren Pflanzen:
Was die Selektion nicht leisten kann
– das Beispiel Utricularia (Wasserschlauch)
TEIL 1
Generelle Zusammenfassung
Der folgende Beitrag beschäftigt sich zunächst mit der von Martin Neukamm, Stefan Schneckenburger und
Johannes Sikorski verfassten Einleitung zum Kapitel IX des Buches Evolution im Fadenkreuz des
Kreationismus. Darwins religiöse Gegner und ihre Argumentation (2009, hrsg. von M. Neukamm, abgekürzt
MN), Titel des Kapitels: "Was die Selektion angeblich nicht leisten kann. Diskussion von drei
Paradebeispielen." Anschließend wird Punkt für Punkt des von MN verfassten Unterkapitels "1: Die Saugfalle
des Wasserschlauchs Utricularia" (pp. 240-250, vgl. http://www.evolution-im-fadenkreuz.info/KapIX_1.pdf) diskutiert.
Damit möchte ich u. a. weiter dem Anliegen des Autors in der ersten Diskussion des Themas entsprechen,
nämlich der nachdrücklich vorgetragenen Bitte, "Punkt für Punkt" seiner Argumentation zu behandeln.
Anhand der Analyse von insgesamt 177 Einzelpunkten (112 plus 38 aus der ersten Diskussion mit MN, 12 Punkte aus U.
wird gezeigt, dass die heutigen Evolutionstheorien nicht in der Lage sind
– weder im Prinzip noch im Detail – den Ursprung und die Entwicklung der karnivoren Pflanzen (und damit im
weiteren Sinne auch nicht den Ursprung der Lebensformen überhaupt) naturwissenschaftlich überzeugend zu
erklären. Auch hier erweist sich das Wort von Richard Smalley (Nobelpreis für Chemie 1996) als zutreffend:
"…it is clear that [biological] evolution could not have occurred." Daraus ergeben sich zahlreiche neue
Forschungsaufgaben zu den Möglichkeiten und Grenzen einer naturgesetzlichen Klärung der Evolutionsfrage.
Kutschera im Teil 2 sowie 15 zu MN im Teil 4)
Entgegen der Zielrichtung des von MN herausgegebenen Buches ("The real message … is that there is no
God, that he is unnecessary [to generate any forms of life on earth]") weisen sowohl die Entstehung des Lebens
als auch die Entstehung der primären Arten (Grundtypen) auf eine intelligente Ursache, einen absolut genialen
Designer hin, d. h. in diesem erweiterten Sinne auf "einen bewussten intelligenten Geist" (Max Planck), "an
incromprehensible power or force with limitless foresight and knowledge" (Nobelpreisträger Christian B.
Anfinsen) oder in den Worten von Eccles "…we are all in this together – all life and, of course, all human
beings, and that they [the naturalists] are part of the great creation plan" (John Eccles, Nobelpreis für Medizin
1963). 1 Im Sinne der Designtheorie lassen sich die Daten zu den karnivoren Pflanzen zu einem kohärenten Bild
vereinigen, welches – oft im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie – in weiten Bereichen testbar ist
(Stichworte: specified und irreducible complexity, Mutationen und komplex-synorganisierte Organe, predictions
concerning the discontinuity of the fossil record and in biological systematics, ganz unterschiedlich hoch
differenzierte Lebensformen sowie closely related species co-exist in the same area and in the same
circumstances (Bateson im Kontrast zu selektionstheoretischen Erwartungen), origin of life and
information, micro- and macroevolution, predicted problems of macroevolutionary molecular phylogeny because
of intelligently designed functional new information etc.; zur Testbarkeit von Design vgl. pp. 118, 155-157 ).
Die Frage nach dem Sinn des Lebens darf – auch rational abgesichert – wieder gestellt werden.
Spezielle Zusammenfassung zu den Karnivoren:
a) Nach evolutionstheoretischen Prämissen erfolgte die Entwicklung zur Familie der Lentibulariaceae nicht
über die häufig zum Thema Evolution der Karnivoren dargestellten Schlauchblätter (Ascidia), sondern zunächst
zu den relativ flachen Klebfallen (Flypaper-Prinzip) über zahllose Zwischenstufen wie klebrige Drüsen, klebrige
Drüsenköpfchen zunächst ohne und in weiteren Evolutionsschritten mit Produktion von Verdauungsenzymen,
dann "absorptive glands attached to tracheid elements" etc., wie sie Pinguicula aufzuweisen hat. Sämtliche
Übergangsformen fehlen jedoch zu und bei den Lentibulariaceae (Wasserschlauchgewächsen).
1
In Gegensatz zu Smalley lehnte Eccles mit dem great creation plan nicht die biologische Evolution als solche ab, wohl aber "chance and necessity" samt
Selektionstheorie als Hauptursache als und eine rein naturgesetzliche Entstehung des Lebens. Vgl. die Zusammenhänge unter http://www.weloennig.de/Nobelpreistraeger.pdf..
2
b) Die Gattungen Byblis und Roridula sind weder direkte noch 'funktionale' Vorstufen zu den
Lentibulariaceae. Es handelt sich bei diesen beiden Gattungen vielmehr um echte Karnivoren ("true
carnivores") mit "high activity of phosphatases" mit Nachweis von mineral uptake (N, P, K and Mg) von
Drosophila prey bei Roridula ohne Symbionten (vgl. p. 103: Płachno et al. 2006, 2009; Byblis:
"Verdauungsenzyme" auch nach Barthlott et al. 2004), deren Drüsen anatomisch eine Sondergestaltung aufweisen.
Byblis ist überdies eindeutig kein nächster Verwandter von Pinguicula (Müller et al. 2006) und nach Stevens (2007)
sind die "Sarraceniaceae with its pitcher traps sister to a clade containing the sticky-leaved Roridulaceae" (Ellison
und Gotelli), womit sich Roridula von Schlauchfallen ableiten würde. Für das lebende Fossil Byblis zeigt sich überdies
eine ungeheure Konstanz (seit dem Eozän), genauso wie für Aldrovanda und die Sarraceniaceae (beide Cretaceous).
c) An Roridula gorgonias und Byblis gigantea schließt MN "konstruktiv" Heliamphora tatei an (siehe Punkt
64, p. 75 und expressis verbis Punkt 88, p. 106 unten) und arbeitet dabei mit den "false facts", dass Heliamphora
tatei primitiv sei und keine Enzyme produziere. Beides ist nachweislich falsch. Der Autor arbeitet weiter mit
"false facts" indem er die Reihe mit Sarracenia purpurea und Utricularia multifida fortsetzt und – im deutlichen
Gegensatz zu den Tatsachen – behauptet, Sarracenia purpurea würde ebenfalls keine Verdauungsenzyme
produzieren und Utricularia multifida habe eine permanent geöffnete Tür (und würde ununterbrochen Wasser einsaugen
wie Genlisea – was weder für Genlisea noch für U. multifida zutrifft!) und funktioniere daher als Zwischenstufe ohne den
perfekten Saug- und Fangmechanismus der übrigen Utricularia-Arten, was Lloyd schon vor Jahrzehnten am
lebenden Material widerlegt hat. Diese Serie falscher Tatsachen belegt nach MN "auf eindrucksvolle Weise, dass
auch komplex gebaute Organe keineswegs durch eine spontane (Syn-) Organisation aller für die Funktion
wesentlichen Komponenten entstehen müssen." – No further comment.
d) Im Gegensatz zu MN (der ein Bindeglied ähnlich Sarracenia psittacina postuliert) versuchen Barthlott et
al. (2004) und weitere Autoren (vgl. Punkt 67 unten) jetzt in den Schritten (4) bis (8) mit Schritt (4), Pinguicula
agnata (selektionsproblematische Einrollung einzelner Blätter), und Schritt (5), P. utricularioides ("fast
vollständig blasenförmige eingerollte Blätter"), die gewaltige Kluft zu Genlisea zu überbrücken. Dieser Ansatz
ist ebenfalls fragwürdig, weil die normalen Laubblätter von P. utricularioides weder blasenförmig noch
eingerollt sind und die seit langem bekannten seltenen Bildungsabweichungen auch bei Pinguicula alpina
vorkommen und in den Bereich der Pflanzenteratologie gehören. Sie sind so wenig als Übergangsformen
anzusprechen, wie Mutanten mit ähnlichem Phänotyp von Pisum, Antirrhinum, Misopates und Physalis, mit
denen ich selbst gearbeitet habe. Die Schritte (6) ("Durch Herabsenken der Fangblätter ins Erdreich" könne man
sich die "Entstehung der Genlisea-Reusenfallen und Utricularia-Fangblasen vorstellen") und (7) ("Die
schraubenförmige Verdrehung und Verlängerung der vorderen Blattzipfel", die zu Genlisea geführt haben soll)
sind zur Zeit nichts als Spekulationen und der hypothetische Schritt (8) ("…der Fallentyp von Genlisea …, der
sich bei Utricularia lediglich auf die blasenförmige Verdauungskammer als Fangstruktur beschränkt") erklärt
nichts zur Entstehung der anatomischen und physiologischen Besonderheiten der Saugfalle von Utricularia.
e) Der im Widerspruch zur Synthetischen Evolutionstheorie stehende Ansatz über homöotische Mutanten ist
nicht neu, sondern mehr als 100 Jahre alt und hat bisher ebenfalls nichts zu den entscheidenden Fragen der
Entstehung des Multikomponentensystems der Saugfalle von Utricularia beigetragen (zu den Details siehe die
Punkte 96 bis 98 unten).
f) Robert Nachtweys Fragen und Einwände zur Idee der kontinuierlichen Evolution (Synthetische
Evolutionstheorie/Neo-Darwinismus) lassen sich auch auf 'Makromutationen' (wie homöotische Mutationen und
Heterotopien) anwenden und im Prinzip auch auf die bislang anvisierten sog. "Zwischenstufen". Sie sind weiter
für das Geschehen auf der molekukarbiologischen Ebene relevant (Axe, Junker/Scherer, Gauger et al.) und damit
heute aktueller denn je: "Welche richtungslose Mutation soll im normalen Blattzipfel [oder Blattgrund] zuerst
erfolgt sein und dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben? Hatte sie diesen nicht, so ging sie als belanglos
verloren. Ausdrücklich betonen die Darwinisten, dass Mutation und Selektion zusammenwirken müssen, wenn
etwas Neues entstehen soll." [Etc. siehe Punkte 68, 71, 112 ff.] … [S]elbst eine vollkommene Kastenfalle mit der
erstaunlichsten Fähigkeit, blitzschnell Tiere zu erbeuten, hätte ohne Verdauungssäfte nicht den geringsten Wert
im Daseinskampf, weil die Beute nicht verdaut würde. Was aber soll es andererseits einem gewöhnlichen
Blattzipfel [oder "a simple open trap"] nützen, wenn er noch so wirksame Verdauungssäfte ausscheidet, er
kann ja die Beute nicht festhalten, was unbedingt nötig ist. … Die gelösten Eiweißstoffe müssen ja auch
aufgesogen und in arteigenes Pflanzeneiweiß verwandelt werden. … Die Bildung des Wasserschlauchbläschens
erfordert also das vollendet harmonische Zusammenspiel vieler verschiedenartiger Gene und
Entwicklungsfaktoren. Erst mit dem Endeffekt wird der Nutzen für den Daseinskampf erreicht, nicht aber mit
irgendeiner Entwicklungsstufe" (von Nachtwey kursiv).
g) Die Selektionstheorie scheitert u. a. daran, dass die notwendigen Mutationen zur Bildung komplexer neuer
Strukturen nicht auftreten und dass sowohl viele ganz nahe verwandte als auch völlig unterschiedliche
Karnivoren unterschiedlichster Differenzierungshöhe im selben Lebensraum zusammen mit zahlreichen weiteren
Pflanzenspezies ("primitiven" und höchst entwickelten) auftreten, im Gegensatz zu Darwins Prognose: "..each
new form will tend ... to take the place of, and finally exterminate, its own less improved parent-form..."
(Kutscheras Behauptung von 2003, dass der Wasserschlauch "gerade wegen seiner bizarren Fresskünste, zu den
3
Paradebeispielen – für die Kräfte der Evolution" zähle (siehe Teil 2), ist ein naturalistisches Glaubensbekenntnis
ohne naturwissenschaftliches Fundament; vgl. weiter die Anmerkung zu Willmann im Literaturverzeichnis).
h) Intelligentes Design ist bisher der einzige Ansatz, der mit den Tatsachen voll übereinstimmt. Auch werden
unten zahlreiche weitere testbare wissenschaftliche Fragestellungen unter diesem Gesichtspunkt vorgeschlagen.
Anmerkung: Alle Hervorhebungen im Schriftbild (außer den Kapitälchen der Autoren- und kursiv der
Pflanzennamen in den zitierten Texten) sind – wenn nicht anders vermerkt – von mir.
Leitgedanken, die ich den Leser bitte, beim Studium der folgenden
Abhandlung im Sinn zu behalten:
"Die Behauptung, gewisse Eigenschaften seien durch Selektion erklärt, ist ebenso naiv, wie wenn jemand auf
die Frage, warum ein Baum Blätter habe, antworten wollte, weil sie der Gärtner nicht abgeschnitten hat (Nägeli).
Selektion setzt also erst da ein, wo nützliche und schädliche Varianten schon vorhanden sind, erklärt diese aber nicht.
...Bei einem Eisenbahnunglück wird nicht derjenige überleben, der die stärksten Knochen hat, sondern der den
günstigsten Sitz einnimmt."
Carl von Nägeli und Oskar Kuhn
"…die Gegner seiner [Darwins] Evolutionstheorie ließen sich nicht lange von dieser Selektionstheorie
blenden. Sie fragten bald: Kann denn der Kampf ums Dasein schaffen? Er kann und muß ja ausmerzen, also töten. Aber
er kann nichts neuschaffen. Ebenso wie ein Sieb keine neuen Körner schaffen kann, nur die vorhandenen sieben kann."
Heribert Nilsson
"Die Mannigfaltigkeit der Organbildung ist nach unserer Auffassung größer als die Mannigfaltigkeit der
Lebensbedingungen." [Das heißt, die Vielfalt der Organbildung übersteigt die Möglichkeiten der Selektion.]
Theo Eckardt und Karl Goebel
"Die Ähnlichkeit der organischen Naturformen erklärte man durch Entwicklung, diese wieder bewies man
durch die abgestufte Ähnlichkeit. Daß man hier einem Zirkelschluß zum Opfer fiel, wurde kaum bemerkt; das, was man
beweisen wollte, daß nämlich Ähnlichkeit auf Entwicklung beruhe, setzte man einfach voraus und machte dann die
verschiedenen Grade, die Abstufung der (typischen) Ähnlichkeit, zum Beweis für die Richtigkeit der Entwicklungsidee.
… Ähnlichkeit kann aber auch auf einen Plan zurückgehen, und ... Morphologen wie Louis Agassiz, einer der größten
Morphologen aller Zeiten, haben die Formenähnlichkeit der Organismen auf den Schöpfungsplan, nicht auf
Abstammung zurückgeführt."
Oskar Kuhn
"Bereits in den Tagen Darwins warnte Galton vor einer solchen Fehlkonstruktion [morph. Ähnlichkeit =
Abstammungsbeweis], als er darauf hinwies, dass alles in kontinuierlichen Serien angeordnet werden kann, e. g.
Feuerwaffen und Porzellangeschirr und dass Vorsicht beim Umgang mit demselben Phänomen in der Biologie
notwendig ist." [Es sind die Unterschiede, die erklärt werden müssen.]
Nach Francis Galton und Heribert Nilsson
"Neue Arten sind experimentell weder durch die schrittweise Anhäufung von Genmutationen noch durch die
Induzierung einzelner progressiver Mutationen hergestellt worden."
Werner Gottschalk
"Das Leitziel der praktischen Pflanzenzüchtung, mit Hilfe der Mutationsauslösung neue Möglichkeiten einer
schrittweisen und stetig fortgesetzten Verbesserung bewährter Zuchtsorten zu erschließen, konnte ... nicht verwirklicht
werden." [Und speziell zu dem neodarwinistischen Konzept der "Mikromutationen"]: "Auch das abgewandelte Konzept
einer direkten züchterischen Nutzung sogenannter "Mikromutationen" blieb ohne Erfolg, weil die damit erzielbaren
Zuchtfortschritte deutlich hinter der züchterisch nutzbaren Variabilität zurückblieben, die sich aus dem breiten Strom
konventioneller Kombinationszüchtung entwickeln ließ." [Relevant für Darwins Ansatz und Beweismittel aus der
Züchtungsforschung.]
G. Fischbeck, G. Röbbelen, D. Stutzer
"Es passen auf ihre Vertreter die Worte, die einst K. E. von Baer den Deszendenztheoretikern seiner Tage
entgegengehalten hat: daß sie sich etwas ausdenken, was als möglich erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen
Wirklichkeit zu schließen." ["Denkbar" ist jedoch sehr viel mehr, als die Realität zuläßt.]
Wilhelm Troll
"Was die Erklärung von Utricularia angeht: natürlich könnte ich mir dazu eine schöne plausible
Evolutionsgeschichte ausdenken, die Sie dann nach Belieben glauben oder auslachen können. Ich hoffe nämlich, dass
die Evolutionsforscher inzwischen gelernt haben, dass plausible Geschichten bestenfalls Hypothesen sind, die testbar
sein sollten."
Prof. V.
"The Darwinian doctrine has thus been used, not as a working hypothesis, in the strict sense of the word, but
rather as an explanatory principle, which it is sufficient to illustrate by examples, rather than to verify. The role of the
Darwinian theory in biology is therefore essentially that of a philosophical doctrine."
W. R. Thompson
4
Vorbemerkung zu den Zitaten und Einleitung
Einleitend kurz eine direkte Frage und ihre Beantwortung: Kann man heute noch
Albert Einsteins Arbeiten von 1905 zitieren? Oder Mendel (1866) und Kepler (1609 2,
1619 3) sowie Galilei (1632)? Und wie steht es mit Isaac Newtons Beiträgen von 1687
und 1713 4? Können uns ältere Biologen wie Darwin, Wallace, Galton, Nägeli,
Nilsson, Kuhn, Troll und andere heute noch etwas Wesentliches sagen? Die Antwort
lautet eindeutig: Aber selbstverständlich! Ich bin nach wie vor der festen
Überzeugung, dass es neben Modeerscheinungen, Fehlern und Unvollkommenheiten
als Dokumenten der Zeit, auch eine sichere und unumstößliche Komponente in den
Naturwissenschaften gibt: die exakte Konstatierung von Tatsachen, Gesetzlichkeiten
und darauf basierende zutreffende Schlussfolgerungen.5 In diesem Sinne zitiere ich in
dem folgenden Beitrag zahlreiche jüngere (zeitgenössische) und ältere Autoren.
Diese Zitate sollen selbstverständlich keinen "Autoritätsbeweis" bilden. Es geht hier
vielmehr um, wie ich meine, hochrelevante Aussagen, die – wenn ein Leser
berechtigte Einwände dazu hat – aber auch in Frage gestellt werden können. Wer
meine Arbeiten kennt, wird auf mehrere ihm schon bekannte, jedoch auch in dem
vorliegenden neuen Zusammenhang wieder sehr aufschlussreiche Aussagen großer
Biologen stoßen (repetitio est mater studiorum – Wiederholung ist die beste
Lehrmeisterin). Ich arbeite mit solchen Statements gleichsam als "Mosaiksteinchen".
Mehr als 90% der Zitate dürften aber in der vorliegenden Arbeit neu sein.
Außerdem möchte ich auch mit dem vorliegenden Beitrag dem neutralen und wahrheitssuchenden Beobachter
wieder einige Schlüssel-Kriterien zur adäquaten Beurteilung solcher Texte exemplarisch in die Hand geben
(vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf). Man kann solche Texte tatsächlich nur dann im Detail und als Ganze
völlig korrekt beurteilen, wenn man sich der sehr aufwändigen Mühe unterzieht, sie Satz für Satz und Punkt für
Punkt genauestens auf ihre Voraussetzungen und Intentionen sowie auf ihre sachliche Richtigkeit und ihren
Wahrheitsgehalt zu untersuchen. Mit dieser ohne Frage anstrengenden, aber immer wieder erfolgreichen
Methode wird die oft suggestive Eigendynamik der nicht zutreffenden Aussagen von Neukamm,
Schneckenburger und Sikorski gesprengt, so dass wir uns der Wahrheit, d. h. den realhistorischen (wirklichen)
Ursachen und Abläufen zum Ursprung der Lebensformen, nähern können (search for "the truth, the whole truth
and nothing but the truth"). In diesem Sinne hoffe ich dem Leser eine Hilfestellung auch für die Analyse weiterer
Behauptungen und Arbeiten zu bieten, Arbeiten, die ihm – meist im Gegensatz zu den biologischen Tatsachen 6
– die Richtigkeit der Synthetischen Evolutionstheorie oder anderer Evolutionstheorien aufoktroyieren wollen.
2
Das 1. und 2. Keplersche Gesetz.
Das 3. Keplersche Gesetz.
4
U. a. das Gavitationsgesetz. Newton ist seit Einstein jedoch in einigen anderen Punkten stark umstritten – zu Unrecht, wie einige
kenntnisreiche Autoren zu dieser Frage behaupten (vgl. Dellian 2007).
5
Es gibt selbstverständlich auch von Darwin richtige Beobachtungen und zutreffende Schlussfolgerungen – auch wenn seine
Selektionstheorie in wesentlichen Punkten falsch ist. Wie ich an anderer Stelle schon erwähnt habe, gibt es jedoch Zeitgenossen, die nur noch
druckfrischen Ergebnissen einen gewissen Stellenwert einzuräumen bereit sind, aber alles, was ein paar Jahre alt ist, schon nicht mehr gelten
lassen wollen. So gesehen können wir die gesamte Wissenschaft sein lassen, denn alles, was heute publiziert wird, wäre dann in ein paar
Jahren nur noch "Schrott". In meiner Artbegriffsarbeit habe ich "Zu den Zitaten" weiter Folgendes zu bedenken gegeben: "Vielleicht ist dem
einen oder anderen Leser die Methode des direkten Zitats etwas ungewohnt. Ich bevorzuge jedoch das direkte Zitat aus folgenden Gründen:
Bei Fachkollegen stoße ich immer wieder auf die Meinung, dass heutzutage ein Autor allein ein solches Thema gar nicht mehr bewältigen
könne. Dieses Misstrauen kann durch direkte Zitate insofern abgebaut werden, als nicht ich das beschreibe, was eine Vielzahl von Autoren
zu den unterschiedlichen und weit verzweigten Themen erforscht hat, sondern die Autoren selbst (es wird fast durchweg die Weltspitze der
Forschung zitiert!). Außerdem bleiben dadurch die Feinheiten der ursprünglichen Aussagen erhalten.Was beweisen Zitate? In manchen
Fällen dokumentieren sie nur die Auffassung des zitierten Autors zu einem bestimmten Thema. Soweit es sich nur um generelle theoretische
Aussagen handelt, kann die Auffassung selbstverständlich falsch sein (vgl. z.B. pp. 321, 438-440). Anders verhält es sich jedoch bei der
Dokumentation naturwissenschaftlich fassbarer und zumindest im Prinzip jederzeit reproduzierbarer Beobachtungen und Tatsachen. Zwar
kann es auch hier ab und zu vorkommen, dass ein Autor nicht gründlich genug geforscht hat. Werden aber bestimmte klar abgrenzbare
Beobachtungen und Gesetzmäßigkeiten unabhängig von mehreren Forschern und Arbeitsgruppen [nach gründlicher Forschung]
übereinstimmend festgestellt und beschrieben, dann kann man in der überwältigenden Mehrheit der Fälle von diesen Ergebnissen als feste
Basis für weitere Überlegungen ausgehen. Ich dokumentiere deshalb verschiedene Beobachtungen und Gesetzmäßigkeiten immer wieder aus
der Feder unabhängig voneinander forschender Arbeitsgruppen und gebe zusätzlich häufig noch weitere Literaturhinweise. Solche Zitate
haben natürlich eine ganz andere Beweiskraft als noch so starke generelle Behauptungen, die ohne naturwissenschaftliche Absicherung nur
den Glauben eines Forschers zum Ausdruck bringen." Siehe weitere Punkte unter http://www.weloennig.de/AesEin.html und http://www.weloennig.de/Nobelpreistraeger.pdf.
6
Wie das auch die folgende Analyse der Behauptungen von Neukamm et al. zeigt.
3
5
Der folgende Beitrag beschäftigt sich (wie in der Zusammenfassung schon erwähnt)
zunächst mit der von Martin Neukamm, Stefan Schneckenburger und Johannes
Sikorski verfassten Einleitung zum Kapitel IX des Buches Evolution im Fadenkreuz
des Kreationismus. Darwins religiöse Gegner und ihre Argumentation 7 (2009, hrsg.
von M. Neukamm). Titel des Kapitels: "Was die Selektion angeblich nicht leisten
kann. Diskussion von drei Paradebeispielen." Daran anschließend wird weiter Punkt
für Punkt das Unterkapitel "1: Die Saugfalle des Wasserschlauchs Utricularia" (pp.
240-250) behandelt.
Diskussion der einleitenden Aussagen von Neukamm,
Schneckenburger und Sikorski ("Was die Selektion angeblich
nicht leisten kann") sowie Neukamms Beitrag zu Utricularia
In medias res:
(1) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Seit DARWIN wird die Entstehung der Arten durch
das Wechselspiel von zufälliger Variation und natürlicher Selektion erklärt. Dieses Schema bildet den
allgemeinen Rahmen, in den die verschiedenen Evolutionsmodelle eingepasst werden. Seit einigen
Jahrzehnten mehren sich in der Wissenschaft jedoch die mahnenden Stimmen: Sie warnen davor, den
Eindruck zu erwecken, als sei mit den Begriffen "Mutation" und "Selektion" schon alles Wissenswerte
über die Evolution gesagt."
Zu (1): Richtig: Mahnende Stimmen "in der Wissenschaft". Der Eindruck,
dass alles Wissenswerte zum Thema Evolution schon gesagt sei, wird jedoch
weiterhin von Biologen wie Dawkins, Myers, Avise u. a. nachdrücklich
'erweckt'.
(2) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Vielmehr sei zur Erklärung von Evolution verstärkt
eine Rückbesinnung auf die Organisationsstruktur des Organismus sowie auf die bei seiner Entwicklung
vorherrschenden Gesetzmäßigkeiten und Mechanismen notwendig – auf die Mechanismen jenes
"Entwicklungsprogramms" also, das aus einer befruchteten Eizelle einen "fertigen" Organismus werden
lässt. Nur in Kenntnis dieser Faktoren ließe sich wirklich etwas über die Möglichkeiten und Grenzen
des evolutionären Gestaltwandels in Erfahrung bringen sowie über die Art und Weise, wie die im
Gensystem schlummernden Entwicklungspotenzen realisiert werden können." 8
Zu (2): Sehr treffend formuliert: "...über die Möglichkeiten und Grenzen...":
Dass es da jedoch Grenzen geben könnte, bereitet einigen Forschern schwerste
intellektuelle Schwierigkeiten. "There are no boundaries in evolution", sagte mir
ein Kollege 2003 zu meinem Poster über Misopates und Antirrhinum im
Rahmen der poster session der Institutstagung am Max-Planck-Institut für
Züchtungsforschung (2003) mit dem Untertitel "Testing the boundaries of
Kurze Anmerkung zum Titel: Versucht der Herausgeber nicht schon mit dem Buchtitel die naturwissenschaftliche Argumentation gegen
Darwin von vornherein in die (natürlich unglaubwürdige) religiöse Ecke zu stellen und damit abzuwerten? Es sind jedoch keineswegs nur
"Kreationisten" und religiös motivierte Wissenschaftler, die naturwissenschaftliche und historische Sachargumente gegen Darwins Theorie
vorbringen (siehe die zahlreichen evolutionstheoretisch orientierten Forscher unten, und schon von den 13 Verfassern der oben zitierten
Leitgedanken sind 9 Evolutionsbiologen, aber auch Kuhn und Troll lehnten die Theorie nicht grundsätzlich ab - bleiben nur Nilsson, den
man mit seiner Emikationstheorie allerdings auch nicht als "Kreationisten" einstufen kann, und Thompson (FRS), von dem mir nicht bekannt
ist, ob er die Deszendenztheorie generell ablehnte). Würde man einen Buchtitel wie "Schöpfung im Fadenkreuz des Evolutionismus. Die
atheistischen Gegner von Intelligent Design und ihre Argumentation" (der also mit Begriffen wie "Evolutionismus" und "atheistische
Gegner" arbeiten würde), nicht vielleicht schon als tendenziös einstufen?
7
8
Wieso wissen dann aber schon so viele Autoren im Wesentlichen und so absolut sicher Bescheid, dass sie sogar dazu neigen, alle
Andersdenkenden zu beschimpfen, wie etwa Dawkins (2008 im Film Expelled – No intelligence allowed): "It is completely right to say that
since the evidence for evolution is so absolutely totally overwhelming, nobody who looks at it could possibly doubt that if they were sane."
6
evolution". 9
(3) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Dieser Einsicht sind inzwischen viele fruchtbare
Erklärungskonzepte und Forschungsprogramme entwachsen (s. Kap. VI)."
Zu (3): Die jedoch nicht hielten, was sich viele Vertreter der Evolutionstheorie
davon versprochen hatten (vgl. Fehrer 2003, Junker 2008, auch
http://www.genesisnet.info/pdfs/Evo-Devo.pdf, 2009a, 2009b, 2010a, 2010b, 2010c). Überdies
entwuchsen diese Forschungsprogramme im Widerstand zu den immer noch
maßgeblich den Ton angebenden darwinistischen Hardlinern, die weitere
Erklärungskonzepte und Forschungsprogramme über die Synthetische
Evolutionstheorie hinaus für völlig überflüssig halten. 10
Denn, so wird immer noch behauptet, keine andere Lehre habe sich "so restlos als wahr erwiesen
wie die Abstammungslehre Ch. Darwins" (Lorenz) und dass "die natürliche Auslese jede bekannte
Lebensform erklären konnte" (Huxley). Immerhin "the Darwinian theory command[s] superabundant
power to explain" (Dawkins) und "Every aspect of the "wonderful design" so admired by the natural
theologians could be explained by natural selection … Darwin's theory of natural selection made any
invocation of teleology unnecessary" (Mayr, ähnlich Futuyma und viele weitere Autoren) (vgl. Details und
volle Zitate unter http://www.weloennig.de/Utricularia.html und http://www.weloennig.de/Popper.html sowie Lönnig 2010). 11
Wozu in aller Welt waren darüber hinaus noch "viele fruchtbare
Erklärungskonzepte und Forschungsprogramme" notwendig? Zeigt eine solche
Notwendigkeit nicht, dass die soeben zitierten darwinistischen Behauptungen
irreführend und unwahr sind?
(4) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Doch wird die (berechtigte) Kritik an der
Unvollständigkeit der Selektionstheorie...."
Zu (4): Sehr gut formuliert: "...die (berechtigte) Kritik an der Unvollständigkeit
der Selektionstheorie", und zwar "in der Wissenschaft" (siehe oben).
(5) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "...auch von ihren weltanschaulichen Gegnern
aufgegriffen..und geschickt dazu benutzt, den falschen Eindruck zu erwecken,...."
Zu (5): Hier wird nach meinem Verständnis von den drei Autoren nun
tatsächlich ein falscher Eindruck zur Selektionstheorie erweckt: Denn wer sind
"ihre weltanschaulichen Gegner"? Gemäß den drei Autoren sind das diejenigen,
die "eine teleologische Komponente" für die Makroevolution für vernünftig und
9
Der volle Titel lautete: Misopates orontium and Antirrhinum majus: Testing the boundaries of evolution: to what extent can the differences
between closely related genera be bridged by mutagenesis? Siehe http://www.weloennig.de/MisopatesAntirrhinum.pdf (3,26 MB).
10
Dass es sich bei der Synthetischen Evolutionstheorie trotz weiterer Erklärungsansätze nach wie vor um das herrschende Paradigma
handelt, zeigt allein schon die Tatsache, dass praktisch alle heutigen molekularbiologischen Arbeiten, in denen Sequenzunterschiede als
"Evidence for Positive Selection" interpretiert werden (siehe z. B. Jobson et al. (2004) zum Punkt (31) unten) - und das dürften
inzwischen Tausende sein - von der Richtigkeit des Neodarwinismus ausgehen. Nach wie vor gilt also die Aussage von G. T. Joyce:
[Almost] "All of biology rests on the foundation of neo-Darwinism, drawing on the principles of population biology and molecular
genetics"(Nature 346, p. 806, 1990).
11
Wilhelm Troll hat dagegen Folgendes eingewandt: "Nach ihm [Darwin] ist das Phänomen der "Einheit des Typus", über die
Gemeinsamkeit der Abstammung hinaus, eine Anpassungserscheinung der Organismen an die Umwelt und somit durchaus
als Wirkung der Umwelt zu verstehen, was D. H. SCOTT (117) noch prägnanter ausspricht, wenn er geradewegs sagt: "All the
characters which the morphologist has to compare are, or have been, adaptive." Der Darwinismus erklärt sich damit selbst als
teleologisches System, wobei es schon gleichgültig ist, ob die Probleme der organischen Gestalt nach Endursachen, d. h. die
Zweckmäßigkeit der Organe gleichsam vorkonstruierenden Ursachen, oder nach einem Mechanismus beurteilt werden, der
zweckmäßige Strukturen schafft. Jedenfalls nimmt es sich geradezu grotesk aus, wenn DARWIN im 14. Kapitel seines Hauptwerkes
eine Betrachtung nach Endursachen, die für ihn identisch mit der Schöpfungstheorie ist (118), mit den Worten ablehnt: "Nothing
can be more hopeless than to attempt to explain this similarity of pattern in members of the same class, by utility or by the doctrine
of final causes", wo doch sein ganzes System auf dem Nützlichkeitsgesichtspunkt aufgebaut und von NÄGELI (110) geradezu als
"Nützlichkeitslehre" bezeichnet wurde." (Vgl. das vollständige Zitat im Anhang; siehe dort auch die ähnlichen Ausführungen
Thompsons mit ausführlicher Begründung der Aussage: "It has frequently been pointed out that the Darwinian explanation of
organic structure is of an essentially finalistic type.")
7
wissenschaftlich begründet halten (siehe unten).
Gehe ich fehl in der Annahme, dass dem Leser von vornherein der Eindruck
vermittelt werden soll, dass die Kritiker der Selektionstheorie generell (1) keine
Naturalismusvertreter sind, sondern (2) nur 'Teleologen' und (3), dass diese
'Teleologen' die von Neukamm, Schneckenburger und Sikorski oben
eingeräumte berechtigte Kritik zur Selektionstheorie "geschickt" dazu benutzen,
einen "falschen Eindruck zu erwecken"? D. h. soll mit dieser Unterstellung
unlauterer Methoden nicht von vornherein ein Schatten auf die Kritiker
geworfen werden, eine Art a priori-Disqualifizierung der teleologisch
arbeitenden Biologen?
Die Autoren fahren fort:
(6) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "...als sei die Selektion (im Wechselspiel mit
entwicklungsgenetischen Mechanismen) generell nicht in der Lage, in mehreren Etappen die
Neubildung komplexer Merkmale zu begünstigen;
Zu (6): Selektion ist – wie oben zitiert – nicht mehr als ein Sieb, welches
nichts Neues schaffen kann. Tatsächlich ist die Argumentation gegen die
Selektionstheorie so vernünftig und eindeutig wissenschaftlich fassbar, dass
auch ausgezeichnete naturalistische Biologen und weitere Forscher die
Selektionstheorie entweder ganz ablehnen oder zumindest für unzulänglich für
entscheidende Etappen der Neubildung komplexer Organe und Organsysteme
im Sinne des Gradualismus halten (z. B. Goldschmidt 1940, 1961, 1980; Nilsson
1953; Wartenberg 1965; Lamprecht 1966, 1974; Eldredge and Gould 1972;
Grassé 1977/1985; Raup 1979; Schwabe 1986, 2001, 2002, 2004, 2008;
Schwabe and Warr 1984; Schwabe and Büllesbach 1998; Lima de Faria 1988,
1999, 2008; Gould 1996, 2002; Briggs and Walters 1997; Margulis and Sagan
1997; Jablonsky et al. 2000; Erwin 2000, 2004; Müller and Newman 2003;
Valentine and Jablonski 2003; Valentine 2004; Theißen 2005, 2009, Fodor and
Piatelli-Palmarini 2011 und viele andere). Dennoch sei nicht verschwiegen, dass
es sich insgesamt gesehen zur Zeit um eine Minderheit handelt. 12
(7) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "...vielmehr werde eine teleologische Komponente in
der Erklärung benötigt."
Zu (7): Nach genauesten geprüften wissenschaftlichen und erkenntnistheoretischen Kriterien (vgl. z. B. Lönnig und Meis 2006; Meyer 2009) wird für
den Aufbau komplexer biologischer Information mit Sicherheit "eine
teleologische Komponente in der Erklärung benötigt". Und auch dafür lassen
sich ganz ausgezeichnete Biologen und viele weitere zeitgenössische Forscher
zitieren (Axe, Behe, Denton, Gene, Junker, Sanford, Scherer, Seelke, Swift,
Wells und viele andere; siehe dazu die meisten der mehr als 800
Naturwissenschaftler und Mathematiker, die das Dokument A Scientific Dissent
From Darwinism 13 unterschrieben haben). Diese Autoren argumentieren
12
"Was ist Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn. Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen" - Schiller.
"We are skeptical of claims for the ability of random mutation and natural selection to account for the complexity of life. Careful
examination of the evidence for Darwinian theory should be encouraged.” http://www.discovery.org/scripts/viewDB/filesDBdownload.php?command=download&id=660. Siehe
auch http://www.dissentfromdarwin.org/: "We know intuitively that Darwinism can accomplish some things, but not others. The question is what is that
boundary? Does the information content in living things exceed that boundary? Darwinists have never faced those questions. They've never
asked scientifically, can random mutation and natural selection generate the information content in living things." Dr. Michael Egnor
13
8
wissenschaftlich redlich und 'erwecken' entsprechend den richtigen Eindruck.
(8) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Im vorigen Kapitel wurde anhand allgemeiner
Überlegungen erörtert, warum diese Form der Argumentation mehr als nur fragwürdig ist."
Zu (8): Tatsächlich ist die Argumentation für eine teleologische Komponente
so vernünftig, wissenschaftlich fassbar und so gut fundiert, dass die Zahl ihrer
Befürworter in der Wissenschaft immer größer wird.
(9) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Da jedoch selbst Biologielehrer den
Paradebeispielen der Evolutionsgegner oft hilflos gegenüberstehen, sollen im Folgenden drei populäre
Beispiele etwas ausführlicher diskutiert werden."
Zu (9): Wenn der Chemieingenieur MN den oft hilflosen Biologielehrern in
seinem Beitrag tatsächlich erfolgreich Nachhilfe zu Utricularia geben kann,
dann wollen wir das gerne akzeptieren (siehe dazu auch die Fußnote 27, p. 19).
Man vergleiche dazu bitte jedoch meine bisherige Diskussion mit MN zu Utricularia unter
(1999), in der er die Blätter als Wurzeln gedeutet hat und den
Fangmechanismus von Utricularia von Wurzelknöllchen ableitet. Der Vergleich mit der ersten Diskussion ist
insofern sehr aufschlussreich als der Autor zwar den Inhalt seiner Ableitungen drastisch revidiert, nach meinem
Verständnis jedoch nicht die unzureichende evolutionäre Argumentationsmethode selbst geändert hat.
http://www.weloennig.de/Wasserschlauch.html
Wir wollen jedoch unten anhand seines Textes von 2009 im Detail analysieren, ob der Autor – wovon er
offensichtlich überzeugt ist – jetzt die zutreffende evolutionäre Lösung vorschlagen kann.
(10) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Dabei soll keineswegs der Eindruck vermittelt
werden, als seien die Fragen hinsichtlich des "Wie" und "Warum" der Entstehung der betreffenden
Merkmale bereits hinreichend beantwortet.
Zu (10): Ich schließe daraus, dass die Fragen nach dem "Wie" und "Warum"
in wesentlichen Bereichen wissenschaftlich offen bleiben (siehe dazu ausführlich
die Diskussionspunkte unten) – und doch ist das nach meinem Verständnis
mitnichten der Eindruck, den das Buch als Gesamtes und das hier zu
diskutierende Kapitel dem Leser vermitteln soll.
(11) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Aufgrund der praktischen Unmöglichkeit, ein
Erklärungsprogramm völlig abzuschließen, gelingt es dem Evolutionsgegner stets mühelos, eine Menge
bislang ungelöster Detailprobleme vorzulegen."
Zu (11): Hier wird dem Leser nun tatsächlich ein völlig falscher Eindruck
nicht nur zur Selektionsfrage, sondern auch zu den "Evolutionsgegnern"
vermittelt, und zwar in dreifacher Hinsicht: (1) Wie oben hervorgehoben, sind
es zahlreiche Vertreter des Naturalismus und Befürworter der Evolutionstheorie
selbst, die die Selektionstheorie in Frage stellen. (2) Es geht überhaupt nicht um
die "praktische Unmöglichkeit, ein Erklärungsprogramm völlig abzuschließen",
sondern um die prinzipielle Frage, was Mutation und Selektion tatsächlich
leisten und weiter, ob es eine wissenschaftlich brauchbare Alternative zur
heutigen Evolutionstheorie gibt. (3) Ginge es bei der Frage nach der Richtigkeit
oder Unrichtigkeit einer Theorie grundsätzlich darum, ein Erklärungsprogramm
völlig abzuschließen, könnte überhaupt keine Theorie widerlegt (falsifiziert)
professor of neurosurgery and pediatrics at State University of New York, Stony Brook
9
werden, denn auch die Protagonisten sämtlicher falscher Theorien könnten im
Falle einer Widerlegung immer einwenden, dass es sich doch nur um "ungelöste
Detailprobleme" handeln würde (damit könnte man selbst heute noch das
ptolemäische [geozentrische] Weltbild mit seinen Epizyklen verteidigen). Eine
entscheidende Frage ist vielmehr, wie sowohl umfassende Probleme
("Massenprobleme", Gesamtprobleme) als auch ungelöste Detailprobleme an
den Tatsachen orientiert am besten erklärt werden können.
Statt Falsifikationskriterien im Sinne Poppers zu nennen (vgl.
http://www.weloennig.de/Popper.html), versuchen die drei Autoren mit dem Punkt (11) die
Selektionstheorie auf eine Weise zu immunisieren, dass sie sowohl praktisch als
auch theoretisch völlig unwiderlegbar wird. Sie haben sie damit aus dem
Bereich der Naturwissenschaft herausgenommen.
Im Rahmen der Naturalismusdiskussion haben wir (Lönnig und Meis 2006, p.
307; siehe auch http://www.weloennig.de/RSGID1.html) diesen Punkt wie folgt veranschaulicht:
"Wohin aber führt diese verabsolutierte Methodik, wenn eine postulierte Transformation durch Mutation und Selektion
oder andere naturalistisch faßbare Faktoren niemals stattgefunden hat? Man kann ja auch dann noch weiter (und zwar "bis in
alle Ewigkeit") behaupten, daß wir vielleicht in 10 000 Jahren oder in 100 000 Jahren usw. alles das naturalistisch schlüssig
und testbar erklären werden, was wir "bisher nicht" erklären können. In der Zwischenzeit werden dazu fast endlos weitere
nicht testbare (d. h. nicht empirisch überprüfbare) naturalistische Modelle der Entstehung des Lebens und der Lebensformen
im Sinne des Zitats nach Wilhelm Troll oben ersonnen. Zu welchen Ergebnissen führt uns nun die Methode, wenn die
realhistorischen Ereignisse zum Ursprung des Lebens und der Lebensformen sowohl im Ablauf als auch in ihren Ursachen
über die materialistischen Möglichkeiten und Grenzen hinausgehen? Doch zu völlig falschen Antworten! Es erhebt sich in
diesem Zusammenhang somit die Frage nach der Falsifizierbarkeit einer solchen Methodik. Welche Bedingungen müssen für
ihre Befürworter erfüllt sein, damit die Methode als begrenzt erkannt und die Frage nach einem komplementären Ansatz
gestellt werden darf?
Wir sind zwar mit Gutmann und Warnecke der Auffassung, daß man offen sein sollte für die Möglichkeit der Entdeckung
neuer physikochemischer Fakten und/oder Erklärungen, aber wir fügen hinzu, daß man sich nicht auf ihre Existenz berufen
kann, so als hätte man sie schon gefunden oder als würde man sie unabdingbar erhalten, insbesondere wenn der Trend der
Entdeckungen zu einer Frage wie der Ursprungsfrage in den entscheidenden Punkten zunehmend gegenläufig wird."
(12) Neukamm, Schneckenburger und Sikorski: "Doch gerät er zusehends in Schwierigkeiten, will er
entgegen des wachsenden Detailwissens seine These rechtfertigen, die Evolution bestimmter Merkmale
sei aus funktionellen oder morphologischen Gründen unplausibel oder gar unmöglich."
Das genaue Gegenteil ist seit 150 Jahren der Fall: Mit dem zunehmenden
Detailwissen haben sich die Schwierigkeiten für die Selektions- und
Evolutionstheorie immer weiter akkumuliert (selbst für Utricularia – siehe
Darwin unten), aber auch die wissenschaftlich-mathematischen Argumente für
einen intelligenten Ursprung der Lebensformen (siehe unten und zu
mathematischen Ansätzen z. B. Wittlich 1991a und b, Meis 2002, 2003, Axe
2009, Sewell 2000, 2001, 2010; der letztere Autor hat übrigens völlig
unabhängig von Goebel, Nachtwey, Schmucker und Linnemann und vielen
weiteren Autoren (siehe Punkt 17 unten) die Problematik von Utricularia für die
Synthetische Evolutionstheorie erkannt, vgl. Sewell 1985 und 2010, pp. 59/60
und 75/76).
Zur Veranschaulichung, worum es bei der Saugfalle von Utricularia u. a. geht, lade ich den
interessierten Leser ein, sich zunächst den Kurzfilm von Roland Slowik anzuschauen http://www.unserauge.de/utricularia-vulgaris/Utricularia-vulgaris-20w.html sowie die folgende Schemazeichnung im Sinn zu behalten:
10
Utricularia. "Längsschnitt durch die Blase. Schematisiert, zum
Teil nach Lloyd. Klappe (zur Verdeutlichung) etwas angehoben
gezeichnet; Gefäßbündel nicht gezeichnet. M Mündung bzw.
Blaseneingang; K Verschlußklappe; V abdichtendes Velum; Sch
Schwelle (Widerlager); B Borsten; A Antenne; H1 vierarmige
Haare [Drüsen]; H2 Drüsenköpfchen." Aus Schmucker und
Linnemann 1959.
Unterkapitel: "1. Die Saugfalle des Wasserschlauchs Utricularia
MARTIN NEUKAMM"
(13) MN: "Einige Beachtung haben in Deutschland die Wasserschläuche der Gattung Utricularia
gefunden (Lentibulariaceae, Wasserschlauchgewächse). "
W-EL zu (13): Sehr erfreulich. Die Arbeitsgruppe von W. Barthlott (Bonn)
hat in den letzten Jahren dazu beachtliche Forschungsergebnisse erzielt (zum
Beispiel Genlisea und Utricularia: geringste Genomgrößen unter den
Angiospermen; vgl. Greilhuber et al. 2006 14). Falls meine kritischen
Kommentare zur heutigen Evolutionstheorie etwas dazu beigetragen haben
sollten, Utricularia weiter zu erforschen (wie das beim Thema Giraffe der Fall
ist, vgl. p. 24 von http://www.weloennig.de/Giraffe_Erwiderung.1a.pdf), würde sich auch hier wieder
zeigen, wie wissenschaftlich notwendig und fruchtbar eine solche Kritik sein
kann.
(14) MN: "Der Mythos von der grundsätzlichen Nicht-Erklärbarkeit ihrer Evolution hält sich bis heute
hartnäckig und wird von Evolutionsgegnern auch eifrig propagiert."
W-EL zu (14): Starke Behauptungen, die die grundsätzliche Erklärbarkeit im
Sinne der heutigen Evolutionstheorie durch Mutation und Selektion "hartnäckig"
und letztlich beweislos (siehe unten) implizieren, aber keine Falsifikationskriterien
nennen. Und überhaupt: Von welchen "Evolutionsgegnern" wird denn "der
Mythos" noch "eifrig propagiert"? (Es werden keine Autoren dazu aufgeführt.) Könnte
der Mythos nicht eher in den Erklärungen des Neodarwinismus selbst liegen?
14
"In the highly specialized carnivorous plant family Lentibulariaceae now three taxa have been found that exhibit significantly lower values
[than Arabidopses thaliana: 1C-value 157 Mbp]: Genlisea margaretae with 63 Mbp, G. aurea with 64 Mbp, and Utricularia gibba with 88
Mbp. The smallest mitotic anaphase chromatids in G. aurea have 2.1 Mbp and are thus of bacterial size (NB; E. coli has ca. 4 Mbp). … The
highest 1C-value known from species of Lentibulariaceae was found in Genlisea hispidula with 1510 Mbp, and results in about 24-fold
variation for Genlisea and the Lentibulariaceae” – Greilhuber et al. 2006, p. 770.
11
(15) MN: "Selbst in der Biologie hat die Frage nach der Evolution der Pflanze mancherorts beträchtlich
Verwirrung gestiftet."
W-EL zu (15): Bei wem in der Biologie soll denn die Frage "beträchtliche
Verwirrung" gestiftet haben? (Was ist "mancherorts"?) Ganz im Gegenteil:
Klarheit ist vermittelt worden, dass das Erklärungssystem der heutigen
Evolutionstheorie unzureichend ist.
Mir ist nur außerhalb der Biologie ein Fall bekannt, in dem – wie oben schon
erwähnt – bei Utricularia die Blätter als Wurzeln 15 gedeutet wurden und man
die Saugfalle von Wurzelknöllchen abgeleitet hat. Das darf man allerdings eine
"beträchtliche Verwirrung" nennen.
(16) MN: "Bereits der Bremer Zoologe Richard NACHTWEY glaubte an ihr ein analyseresistentes
Merkmal entdeckt zu haben, welches "die Ohnmacht der Darwinschen Theorie" beispielhaft
demonstriere (NACHTWEY 1959)."
W-EL zu (16): Erstens war Nachtwey kein Gegner der Evolutionstheorie.
Zweitens hielt er Utricularias Saugfalle keineswegs für ein "analyseresistentes
Merkmal". Er hat vielmehr selbst eine Analyse vorgenommen und ist gut
begründet zu einem von der Synthetischen Evolutionstheorie deutlich
abweichenden Ergebnis gekommen. Drittens suggeriert MN mit seinem Begriff
"analyseresistent" bereits die Richtigkeit der heutigen Synthetischen
Evolutionstheorie: Denn seiner Meinung nach kann nur in ihrem Sinne etwas
sinnvoll analysiert werden, und zwar bestätigend.
Er setzt also das, was zu beweisen ist, bereits als alternativlos bewiesen
voraus. Mit anderen Worten: Der Autor schließt von vornherein aus, dass eine
Analyse Utricularias auch zu ganz anderen Ergebnissen führen könnte als im
Sinne der heutigen Evolutionstheorie. Ist es übertrieben, eine solche
Vorgehensweise "dogmatisch" zu nennen?
(17) MN: "JUNIPER et al. (1989) diskutieren die Evolution der fleischfressenden (karnivoren) Pflanzen
zwar schon recht detailliert, doch die Entstehung von Utricularia bezeichnen sie mangels vergleichbarer
Formen noch immer als "widerspenstiges Problem"."
W-EL zu (17): Nicht nur die Evolutionstheoretiker R. Nachtwey (1959), und
B. E. Juniper, R. J. Robins und D. M. Joel (1989) kommen nach gründlicher
Analyse "noch immer" zu einem solchen Ergebnis ("intractable problem" oder
sind zumindest der Auffassung, dass die entscheidenden Fragen bisher noch
nicht wissenschaftlich geklärt sind), sondern weiter auch die
Evolutionsbiologen 16 sensu lato Charles Kingsley(?) (1871), indirekt A. R.
Wallace (1875; vgl. p. 145), Karl Goebel (1928-33), Francis E. Lloyd (1942/2007),
T. Schmucker und G. Linnemann (1959), A. Slack (1986, 2001), Pierre Jolivet
(1987), Peter Taylor (1989/1994), A. Remane, V. Storch und U. Welsch (1989),
D'Amato (1998, p. XIX: "…how these species actually evolved is still the deepest
15
Selbst die einzige mir bisher bekannte scheinbare Ausnahme in der Biologie, Rutishauser und Isler, halten die Blätter von Utricularia
nicht für Wurzeln, sondern interpretieren sie als 'exogenous leaf formation by transformed roots' (Details und Einwände dazu siehe unten).
16
Auf die Tatsache, dass es sich bei den meisten der Kritiker um Evolutionstheoretiker handelt, habe ich den Autor auch schon in der
Diskussion am 22. 11. 1999 aufmerksam gemacht (siehe die erste Diskussion, die unten wiedergegeben ist).
12
of mysteries"), J. und P. Pietropaolo (1986/2001) 17, F. Rivadavia, K. Kondo, M.
Kato and M. Hasebe (2003, p. 123: "…the evolution of leaves with trap systems
from noncarnivorous ones is mysterious, and there are no widely accepted
hypotheses"), Lecoufle (2006), Rice (2006), Fleischmann (2010, p. 1143: "...the
evolutionary origins of the Utricularia trap remain incompletely understood";
siehe unten auch p. 233) und ("natürlich" – könnte der eine oder andere Leser jetzt sagen) die
Darwin-Kritiker Lönnig und Becker (2004/2007) (siehe Literatur u. a. unter
http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf). Zu A. Slack (2001) haben wir angemerkt:
"…even authors preferring 'gradual evolutionary change through unimaginable aeons of time' (Slack, 2001, p.
19) admit the depth of the origins problem for carnivorous plants: 'Unfortunately this is a question which we
cannot hope to answer without suitable fossil evidence, and one can offer a mere hypothesis' (Slack pp. 18/19).”
U. Kutschera stellt zu unserem Kenntnisstand in der Utricularia-Forschung
2004, p. 290, Folgendes fest:
"Sowohl die Mechanismen der Ontogenese (Individualentwicklung) als auch die der Phylogenese
(Stammesentwicklung) der Utricularia-Blattentwicklung sind bis heute ungeklärt (Ellison und Gotelli 2001)."
Er wirft damit die empirischer Forschung unmittelbar zugängliche
Individualentwicklung (Ontogenese) mit der prinzipiell nicht reproduzierbaren
Phylogenese (Stammesgeschichte) in einen Topf. Seiner Meinung nach handelt
es sich in beiden Fällen nur um "Wissenslücken", die sein materialistisches
Weltbild in keiner Weise tangieren können (vgl. weiter die Anm. zu Willmann im Literaturverzeichnis).
Wissenslücken: Das kann auf die Ontogenese als unmittelbar erforschbaren Entwicklungsprozess immer
zutreffen. Es dürfte jedoch ein Unterschied sein, ob man Strukturen und Prozesse untersucht, die jederzeit
reproduzierbar sind (und zu denen man entsprechende Tatsachenbeschreibungen vornimmt), oder ob man
behauptet, dass die uns als Tatsache direkt zugängliche Individualentwicklung in nie beobachteten Vorfahren
durch nie beobachtete genetisch-physiologische Ursachen ("Differenzierungsmutationen sind unbekannt" – Remane et al.), über
nie beobachtete tausend und noch mehr morphologisch-anatomische Zwischenstufen zu dem geworden ist,
was sie heute ist. Wenn jemand die biologisch unmittelbar gegebenen Tatsachen – was das "Erwiesensein"
betrifft – auf dieselbe Stufe stellt wie seine phylogenetischen Hypothesen, – bekommen dann nicht diese
Hypothesen hinsichtlich ihrer existentiellen Aussagekraft religiösen Charakter? Unbewiesene und unbeweisbare
Hypothesen werden als letzte Wahrheiten ("Tatsachen") verkündet, an denen man seit 150 Jahren nicht mehr
zweifeln darf (ähnlich Lönnig: Archaeopteryx). Wir wollen unten darauf zurückkommen, inwieweit es sich bei dieser
Sachlage um ein grundsätzliches Problem für die heutige Evolutionstheorie handeln könnte.
Übrigens: Die vielleicht originellste, aber mehr rhetorische Frage zu den
Karnivoren hat Gérard Blondeau (2001, p. 9) unter der Überschrift DEVENIR
CARNIVORES gestellt, aber er glaubt irrigerweise, dass Anpassung keine
Grenzen kennt:
"Comment les plantes en sont-elles arrivées la? Quel mauvais démon les a poussées à devenir chasseresses et
á dévorer ces insectes avec lesquels elles s'entendaient si bien pour leur fécondation? …. Décidément,
l'adaptation n'a pas de limites!” 18
17
"The evolution of carnivorous plants is speculative due to the paucity of the fossil record” (p. 6 ) – dieser Gedanke, dass die Evolution hier
spekulativ oder hypothetisch ist "due to the paucity of the fossil record" – ist mir regelmäßig zu dieser Frage in der Karnivoren-Literatur
begegnet; siehe gleich darunter das Zitat nach Slack oder ähnlich Barthlott et al. 2004, p. 57 (was natürlich viele Autoren nicht davon abhält,
in oft äußerst fragwürdiger Weise zu "spekulieren”), Lecoufle 2006, p. 19 ("…un mystère en raison du manque d'exemplaires fossiles").
"The paucity of the fossil record" – das Argument ließe sich allerdings auch auf weitere evolutionäre Fragen in der Botanik anwenden.
18
Vgl. zu den Grenzen der Anpassung http://www.weloennig.de/Loennig-Long-Version-of-Law-of-Recurrent-Variation.pdf und zum Schmerzempfinden der Insekten
http://www.weloennig.de/JoachimVetter.pdf sowie das folgende aufschlussreiche Interview (Casey Luskin interviewed Prof. Michael Flannery im August
2009 zu Wallace): http://intelligentdesign.podomatic.com/entry/eg/2009-08-05T17_20_50-07_00. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht auch nicht uninteressant, dass
Peroutka et al. (2008) die Frage stellen (Titel der Arbeit): "Utricularia: a vegetarian carnivorous plant?" Plant Ecology 199, 153-162: "We
observed that algae of 45 genera form up to 80% of the total prey; algae were found frequently in traps without animal prey" (p. 153). Sie
diskutieren die unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten und lassen wesentliche Fragen offen, aber immerhin (p. 162): "Cyanol staining of
dead algae in this study gave evidence that the plasmalemma of dead algae became completely permeable. Thus, their cytoplasm can be
expected to be attacked by those enzymes” [proteases and acid phosphatases even in unfed Utricularia traps]. T. Carow erwähnt (2009, p. 41),
"dass die hauptsächliche "Beute” [einheimischer Pinguicula-Arten] oft der sehr nährstoffhaltige Blütenpollen anderer Pflanzen ist” (Blätter im
13
Die meisten der oben zitierten kritischen Biologen haben auch selbst über
karnivore Pflanzen gearbeitet, aber wir wollen unten weiter diskutieren, ob diese
Forscher etwas Wichtiges übersehen haben und ob MN zum UtriculariaProblem jetzt die neodarwinistische Lösung gefunden hat.
(18) MN: Was hat es mit dieser unscheinbaren Pflanze auf sich, die nach Meinung einiger Kritiker die
Potenz dazu habe, die Biologie zu revolutionieren?
W-EL zu (18): "…nach Meinung einiger Kritiker": MN "unterschlägt" (um einmal
die freundliche Terminologie des Autors zu gebrauchen; vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf), dass es
sich um Repräsentanten der Crème der Carnivorous-Plants-Forscher handelt
und dass alle aufgeführten Autoren Befürworter der Evolutionstheorie sind.
(19) MN: "Die karnivore Pflanze mit lateinischem Namen Utricularia vulgaris wächst in Moorgräben
und hat, wie WILLMANN plastisch darlegt, ein trickreiches Fallensystem zum Beutefang aufgebaut
(Abb. 44):
"Unter der Wasseroberfläche erbeutet das Grünzeug kleinste Wassertiere, und zwar mithilfe Tausender kleiner Bläschen. Paddelt
ein Zweighornkrebschen daher [...] und streift dabei eines der feinen Sinneshaare des Wasserschlauchs, ist es bereits verloren.
Mitsamt dem Umgebungswasser wird das Beutetier in die Falle geschlürft. Zwei Millisekunden nachdem der Winzling das
Sinneshärchen berührt hat, ist die Klappe wieder zu. Das Grünzeug pumpt das Wasser ab, spritzt über Drüsenschläuche
Verdauungssäfte auf die Beute und verdaut sie wie ein tierischer Magen (WILLMANN 2003).""
W-EL zu (19): Von Willmann stammt ohne Frage die originellste
Beschreibung des Fangvorgangs. Zu den Moorgräben: Es ist ein weit
verbreitetes Missverständnis, dass die karnivoren Pflanzen nur an
stickstoffarmen Biotopen vorkommen. In unserem Beitrag von 2005/2007, p. 1
haben wir dazu angemerkt:
"Although most carnivorous plant species prefer or even depend on acid, peaty and boggy (low-nutrient) soils, their victims providing
especially nitrogen, several species are also found in other environments. Utricularia vulgaris, for example, lives in meso-eutrophic waters
(pH between 5 and 8) of the northern hemisphere and 'in both Africa and India some Utricularia species are commonly found in rice
cultivations' (Taylor, 1989, p. 45), and thus may even be considered as invaders of a more or less artificial nonoligotrophic environment.
Pinguicula avoids extremely poor soils and occurs also in mineral rich habitats. Drosophyllum is restricted to dry locations" (Lönnig und
Becker).
Zur Veranschaulichung der häufigsten Missverständnisse greife ich auf die
frühere Diskussion mit MN zurück, in der er davon ausging, dass Utricularia in
"nährstoffarmen Flachmooren" vorkommt, worauf ich ihn auf folgende Punkte
aufmerksam machte:
Flachmoore sind im Gegensatz zu Hochmooren in der Regel nährstoffreich:
"Die F l a c h m o o r e setzten sich entsprechend ihrer Bildung in nährstoffreichem Wasser vorwiegend aus nährstoffreichen Torfarten
zusammen. Auch als Vegetationsdecke der Flachmoore finden sich heute anspruchsvolle Pflanzenvereinigungen. Der Kalkgehalt der
Flachmoore beträgt über 2%, häufig sogar über 4% der Trockensubstanz. Ferner zeichnen sich die Flachmoore durch hohen Stickstoffgehalt
aus, der sie in landwirtschaftlicher Beziehung zu besonders wertvollen Kulturböden macht. Nach erfolgter Entwässerung zersetzen sich die
oberen Moorschichten ziemlich rasch, das Moor "vererdet" gut. ... Im Gegensatz dazu setzen sich die Hochmoore aus den als nährstoffarm
gekennzeichneten Torfarten zusammen. Auch der Kalkgehalt ist…gering, meist unter 0,2%. Im Naturzustand sind die Hochmoore oft dicht
mit anspruchlosen Holzgewächsen und Heidekraut bestanden, die auf dem nährstoffarmen Standort noch ihr Fortkommen finden. Die
landwirtschaftliche Nutzung der Hochmoore setzt die Zuführung der fehlenden Nährstoffe voraus" (O. Heuser: Der Kulturboden, seine
Charakteristik und seine Einteilung; 1931, p. 26; E. Blanck (Hrsg): Handbuch der Bodenkunde, Bd. VIII; Springer).
Flachmoore [Niedermoore] "sind meist nährstoffreich (eutroph) und werden
auch Reich-Moore genannt" (Brockhaus 1991, Bd. 15, p. 89; siehe auch
Strasburger: Lehrbuch der Botanik 1998).
Sommer dann mit Pollenschicht bedeckt). "Die Pflanzen ernähren sich so, zumindest in bestimmtem Monaten, hauptsächlich vegetarisch."
"...Nepenthes ampullaria derives more than one third of its nitrogen from capturing leaf litter dropped from the forest canopy, and may be
abandoning carnivory for vegetarianism" (Rice 2006, p. 121).
14
Dazu ergänzend die Charakterisierung der Standorte der sechs von sieben in Deutschland
heimischen Arten, zitiert nach Casper und Krausch (1980) 19 (Hervorhebungen im Schriftbild wieder von mir; die
siebente Art ist übrigens U. stygia, für welche K. und B. Dierssen 2008, pp. 84/85 "basenreiche Niedermoor-Schlenken" angeben):
U. vulgaris L.:
Vorkommen in "Altwassern, Weihern, Teichen, Tümpeln, Gräben, Torfstichen, Kiesgruben und Schlenken."
"...vorzugsweise über Humus-Gyttja-Böden ["Halbfaulböden"] in kalkarmem bis kalkreichem ... meso- bis
eutrophem Wasser ...; ... eine gewisse Eutrophierung ertragend und an derartigen, von Viehweiden,
Viehställen und Abwassereinleitungen beeinflussten, ammoniumreichen Standorten besonders üppig und
großschläuchig, bei stärkerer Wasserverschmutzung jedoch verschwindend;" 20 U. vulgaris f. platyloba GLÜCK:
... meist ohne Schläuche oder mit Schlauchrudimenten" (vgl. die Kümmerform bei U. australis).
U. australis R. Brown: 21
Vorkommen in "Seen, Teichen, Sümpfen, Gräben, in Altwassern, Moortümpeln, Torfstichen, an
Sickerwasserquellen, in Felsentümpeln;" 22 " ... oft zusammen mit Potamogeton natans L. 23, besonders über
Gyttja-Böden und über dyartigem Torfschlamm im mehr oder weniger nährstoffreichen bis mäßig
nährstoffarmen, eutrophen bis mesotrophen ...[hier Angaben über weite pH-Amplitude] ... Wasser." 24
"Schwerpunkt in Wasserlinsen- und Froschbissgesellschaften ..." "U. australis f. platyloba MEISTER...
Kümmerform mit fehlenden oder lediglich einzelnen Schläuchen ..." 25
U. intermedia Hayne:
Vorkommen in "Moorschlenken, Moortümpeln, Torfstichen und Moorgräben, vor allem im Bereich von
Zwischenmooren, ..." " ... in mäßig nährstoffreichem, mesotrophem Wasser über Torfschlamm oder Humusund Kalkgyttja;"
U. ochroleuca R. HARTMANN:
Vorkommen in "Torfstichen, Torfgräben, Schlenken und Moortümpeln;" " Im ... mehr oder weniger
nährstoffarmen, kalkfreien, ... Wasser." 26
U. minor L.
Vorkommen in "Buchten der Seen und Teiche, in Torfschichten, Torflöchern und Kolken, in Moorschlenken
und –tümpeln, in Heidetümpeln und flachen Bergbau-Restgewässern, in schlammigen Sumpfgräben, in
Quellhorizonten;" "...über organogenen, mäßig nährstoffreichen (meso- bis semi-eutrophen) Torfschlammböden
..."
U. bremii HEER IN KOELLIKER:
" ... vorwiegend im Bereich von Flach- oder Zwischenmooren;"
" ... mäßig nährstoffreichem (mesotrophem) Wasser über Torfschlammböden;"
Für alle Arten geben Casper und Krausch (1980) terrestrische Formen an, die
dann nur 0-2 Schläuche entwickeln. Da die meisten Wasserpflanzen als
ursprüngliche Landpflanzen angesehen werden, die sich sekundär an das Leben
im Wasser angepasst haben (Wiegleb 1991), nehmen mehrere Autoren
angesichts der zahlreichen terrestrischen Arten und Formen (s. oben) an, dass
19
Zit.: CASPER, S. J.. UND H.-D. KRAUSCH (1980): Pteridophyta und Anthophyta, Teil 1 – In: Ettl, H., Gerloff, J. & Heynig, H.:
Süßwasserflora von Mitteleuropa, Bd. 23 u. 24 – G. Fischer Verlag, Stuttgart, New York, 403 S.
20
Einzelne Wasserpflanzenarten wie z. B. Potamogeton coloratus Hornemann, Potamogeton polygonifolius Pourret, Sparganium minimum
Wallroth oder Juncus subnodulosus Schrank meiden strikt nährstoff- oder abwasserbelastete Standorte (Schneider 2000). In dieser
Eigenschaft dienen sie der Indikation nährstoffarmer Gewässer (Kohler 1982, Melzer et al. 1986, Melzer 1988, Kohler & Schneider 2003).
Laborexperimente von Glänzer et al. (1977) konnten zeigen, dass Potamogeton coloratus durch hohe Ammoniumkonzentrationen (5-25mg-1)
geschädigt wird.
21
"U. australis ist vegetativ leicht mit U. vulgaris zu verwechseln."
22
Die Art ist nach den Beobachtungen eines erfahrenen Feldbotanikers fast als "Gänseblümchen der Stillgewässer" zu bezeichnen.
23
Potamogeton natans ist schwerpunktmäßig mesotraphent (Melzer 1988, Schneider 2000).
24
Nach Wiegleb (1978) indifferent gegenüber den meisten hydrochemischen Umweltfaktoren und wahrscheinlich deshalb von Melzer aus
dem Makrophyten-Trophie-Index genommen, wo sie in die mittlere der neuen Indikatorpflanzen-Gruppen eingeordnet war (siehe
Schwoerbel 1993).
25
"Ob "großschläuchig" (s. U. vulgaris) oder mit stark reduzierten Schläuchen (U. australis f. platyloba) ist offenbar direkt
proportional mit den im Wasser gelösten Nährstoffen! Kann die Selektion hier tatsächlich funktionieren?" (Jäger)
26
"Von U. ochroleuca gliedert man die Art U. stygia Thor 1988 ab."
15
sich die Schläuche (Fallen) auf dem Land entwickelt haben. (Wir möchten unten
auf die Bedeutung der terrestrischen Formen und Arten noch zurückkommen.)
Weiter MN:
(20) MN: "Doch wo nahm die Evolution dieser erstaunlichen Falle ihren Ursprung? Soll, so
NACHTWEYs rhetorische Frage, "die Bildung mit dem Entstehen der Kastenfalle beginnen oder mit
der Produktion der Verdauungssäfte? [...] Selbst eine vollkommene Kastenfalle mit der erstaunlichsten
Fähigkeit, blitzschnell Tiere zu erbeuten, hätte ohne Verdauungssäfte nicht den geringsten Wert [...],
weil die Beute nicht verdaut würde. Was aber soll es andererseits einem gewöhnlichen Blattzipfel
nützen, wenn er noch so wirksame Verdauungssäfte ausscheidet, er kann ja die Beute nicht festhalten,
was unbedingt nötig ist. Aber selbst wenn Kastenfalle und Verdauungssäfte zusammenwirken, so ist für
den Daseinskampf noch nichts gewonnen [...] Die gelösten Eiweißstoffe müssen ja auch aufgesogen
und in arteigenes Pflanzeneiweiß verwandelt werden [...] Die Bildung des Wasserschlauchbläschens
erfordert also das vollendet harmonische Zusammenspiel vieler verschiedenartiger Gene und
Entwicklungsfaktoren. Erst mit dem Endeffekt wird der Nutzen [...] erreicht, nicht aber mit irgendeiner
Entwicklungsstufe" (NACHTWEY 1959, zit. nach LÖNNIG 2007).
Abb. 44 Links: Eine von mehreren tausend Fangblasen von Utricularia (Zeichnung von DARWIN).
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von John VAN WYHE ed., The Complete Work of Charles
Darwin Online (darwin-online.org.uk). Rechts: Querschnitt durch die Fangblase. A: Bereich des
Falleneingangs. B: Sinneshaare (nicht bei allen Spezies vorhanden). Bei Berührung der Härchen springt
die Tür auf und saugt das umgebende Wasser samt Inhalt in die Falle. C: Geschlossene Fallentür. D:
Unteres Scharnier. E: Oberes Scharnier. F: Position der geöffneten Fallentür. Nachdem das Wasser
eingesaugt wurde, schließt sich die elastische Klappe wieder. G: Widerstand. Er hindert die Tür daran,
ohne Berührung der Tasthaare aufzuspringen. H: Zwei- und vierarmige Saugdrüsen. Sie pumpen das
Wasser ab und schütten Verdauungsenzyme in das Falleninnere. Nach der Verdauung der Beute werden
die Nährstoffe aufgesogen. Von Nick MATZKE, verändert nach LLOYD (1942)."
W-EL zu (20): MN lässt unerwähnt (wie übrigens auch Kutschera 2004), dass
Darwin gar nicht erkannt hatte, dass es sich um einen aktiven Fangvorgang
handelt. Darwin schreibt vielmehr (1875, Insectivorous Plants pp. 405, 406,
409, vgl. http://darwin-online.org.uk/content/frameset?viewtype=text&itemID=F1217&pageseq=1):
"Animals enter the bladders by bending inwards the posterior free edge of the valve, which from being
highly elastic shuts again instantly.” " … As I felt much difficulty in understanding how such minute and weak
animals, as are often captured, could force their way into the bladders, I tried many experiments to ascertain how
this was effected.” – Worauf die ausführliche Beschreibung seiner vielen Versuche dazu folgt. Ergebnis: "To
ascertain whether the valves were endowed with irritability, the surfaces of several were scratched with a needle
or brushed with a fine camel-hair brush, so as to imitate the crawling movement of small crustaceans, but the
valve did not open. Some bladders, before being brushed, were left for a time in water at temperatures between
80° and 130° F. (26°.6-54°.4 Cent.), as, judging from a widespread analogy, this would have rendered them
more sensitive to irritation, or would by itself have excited movement; but no effect was produced. We may,
therefore, conclude that animals enter merely by forcing their way through the slit-like orifice; their heads
serving as a wedge. … It is difficult to conjecture what can attract so many creatures, animal- and vegetablefeeding crustaceans, worms, tardigrades, and various larvae, to enter the bladders. Mrs. Treat says that the larvae
just referred to are vegetable-feeders, and seem to have a special liking for the long bristles round the valve, but
this taste will not account for the entrance of animal-feeding crustaceans. Perhaps small aquatic animals
habitually try to enter every small crevice, like that between the valve and collar, in search of food or
16
protection.” – (Zu Fragen und zur Reaktion von Alfred R. Wallace (1875) auf Darwins UtriculariaBeschreibung siehe unten p. 145.)
Die – soweit bekannt – ersten Beschreibungen Utricularias als karnivore
Pflanze stammen von Lobel (1591) und Holland (1868). James and Patricia
Pietropaolo (2001, p. 123) kommentieren die Historie der Entdeckung des
Fangmechanismus von Utricularia wie folgt:
"The elucidation of the carnivorous plant habit of this genus began to unfold when Cohn, in 1857, discovered
that they captured Perch fry. Both Cohn and Darwin thought that the prey pushed the trap door open,
entered, and when the door was closed found themselves entrapped. It was Mary Treat, who in 1876,
discovered that the prey did not swim into the trap, but rather were sucked in when the trap was set off and
thereby captured.”
Der Fangvorgang ist also wesentlich komplexer als sich das Darwin seinerzeit
vorgestellt hatte. Entsprechend steigt auch der Schwierigkeitsgrad einer
adäquaten Erklärung (vgl. http://www.weloennig.de/Utricularia.html und vor allem zur
hochkomplexen Anatomie der Struktur der Verschlussklappe von Utricularia
sowie
deren
Funktion
gemäß
den
Studien
Guttenbergs
http://www.weloennig.de/Utricularia_H_von_Guttenberg.pdf). (Zur Entdeckungsgeschichte vgl.
weiter Fleischmann 2010, pp. 1167 ff.)
Unter Punkt (21) sei für einen leichteren Anschluss an MNs Ausführungen
noch einmal verkürzt sein Text zur Abb. 44 aufgeführt:
(21) MN: "Bei Berührung der Härchen springt die Tür auf und saugt das umgebende Wasser samt Inhalt
in die Falle. C: Geschlossene Fallentür. D: Unteres Scharnier. E: Oberes Scharnier. F: Position der
geöffneten Fallentür. Nachdem das Wasser eingesaugt wurde, schließt sich die elastische Klappe
wieder. G: Widerstand. Er hindert die Tür daran, ohne Berührung der Tasthaare aufzuspringen. H:
Zwei- und vierarmige Saugdrüsen. Sie pumpen das Wasser ab und schütten Verdauungsenzyme in das
Falleninnere. Nach der Verdauung der Beute werden die Nährstoffe aufgesogen. Von Nick MATZKE,
verändert nach LLOYD (1942)."
W-EL zu (21): In dieser sehr konzentrierten Darstellung fehlen jedoch viele
Details, die für die Selektionsfrage hoch interessant sein dürften (siehe unten).
(22) MN: "In Anlehnung an NACHTWEY lesen wir bei LÖNNIG:
Diese Fangapparate bestehen aus vielen Teilen und Strukturen, die bereits vorhanden als auch
genau aufeinander abgestimmt sein müssen. Erst dann ist eine biologische Funktion gegeben.
Ihre Entstehung kann nicht mit zufälliger Mutation und Selektion über tausende kleine
Entwicklungsstufen erklärt werden, da erst mit dem Endeffekt ein Nutzen gegeben ist
(LÖNNIG 2006)."
W-EL zu (22): "..lesen wir bei Lönnig", worauf das (auch) im Originaltext des
Buches optisch deutlich abgesetzte Zitat folgt. Ich war etwas überrascht, dieses
verfremdete Zitat von mir zu lesen; es ist jedenfalls kein Direktzitat. Außerdem
habe ich die Schlussfolgerung Nachtweys, dass bei Utricularia erst mit dem
Endeffekt ein Nutzen gegeben ist, nicht in dieser Weise verallgemeinert.
(23) MN: "Diese Einschätzung überrascht, liegen doch seit vielen Jahren Erkenntnisse vor, die entgegen
LÖNNIGs Einschätzung das Utricularia-Problem evolutionär handhabbar erscheinen lassen. So muss
der Fachmann gar nicht lange suchen, um ein Wasserschlauchgewächs ausfindig zu machen, dessen
Falle weniger komplex strukturiert ist als diejenige von Utricularia vulgaris, gleichwohl aber einen
Nutzen hat: Die Gattung Genlisea…"
17
W-EL zu (23): I. "…entgegen Lönnigs Einschätzung": Das ist nicht nur
meine
"überraschende"
Einschätzung,
sondern
auch
die
vieler
Evolutionstheoretiker (siehe oben; also richtig könnte es z. B. heißen:
"…entgegen der Einschätzung zahlreicher Evolutionsbefürworter").
II. Sollten all die oben aufgeführten Evolutionsbiologen und zumeist Experten
auf dem Gebiet der karnivoren Pflanzen die bekannte Genlisea als eine Art
Vorstufe tatsächlich übersehen haben, eine Vorstufe überdies, "die seit vielen
Jahren … das Utricularia-Problem evolutionär handhabbar erscheinen" lassen
soll? Das wäre doch zumindest erstaunlich, zumal darunter viele Koryphäen
sind, die über beide Gattungen gearbeitet haben und somit mit beiden Formen
bestens vertraut waren oder sind. (Siehe Abbildungen zu den beiden
unterschiedlichen Fallentypen unter Punkt (25).)
So kommentiert z. B. Thomas Carow (2009, p. 90):
"Genlisea ist eng verwandt mit Utricularia, besitzt jedoch eine ganz andere Fallenstrategie."
Adrian Slack zu Genlisea im Vergleich zu Utricularia (2001, p. 92):
"This is a curious genus, bearing traps of complex structure quite unlike those in any other genus. It
belongs to the same family as the Butterworts or Bladderworts. It is indeed a close cousin of the latter, bearing
very similar flowers, but it employs a totally different technique in catching its prey: that of the lobster pot, or
as Darwin put it, like 'the eel trap, though more complex'.”
Ganz ähnlich betont Pierre Jolivet die Unterschiede (1987, p. 43):
"Les fleurs sont voisines de celles d'Utricularia, mais la technique de capture de la proi est totalement
differente: il s'agit de la technique de la nasse…” [worauf das obige Darwin-Zitat folgt].
Wilhelm Barthlott, Stefan Porembski, Rüdiger Seine und Inge Theisen stellen
(2004, pp. 130/131, engl. u. franz. Ausgaben 2008) überdies zur Karnivorie von Genlisea
fest:
"Trotz intensiver Bemühungen konnten niemals Insekten als Beute gefunden werden, stets wurde lediglich
eine schwärzliche, undefinierbare Masse in den blasenförmig angeschwollenen Abschnitten der Rhizophylle
beobachtet. Erst vor kurzem konnte experimentell nachgewiesen werden, dass es sich bei den Rhizophyllen von
Genlisea um unterirdische Fallen für Protozoen handelt, die mithilfe eines noch nicht identifizierten
Lockstoffes in die als Reusenfallen fungierenden Rhizophylle gelockt werden (BARTHLOTT et al. 1998). Genlisea ist
somit der bisher einzige dokumentierte Fall innerhalb der Karnivoren, der eine hochspezialisierte
Protozoenfalle besitzt, die ihre Opfer unterirdisch mit einem Lockstoff in das Verderben lockt."
Porembski und Barthlott (2006, p. 738):
"The Lentibulariaceae … are clearly diffentiated with regard to their trapping system (Genlisea,
Pinguicula, and Utricularia; Fischer et al. 2004).”
Fischer et al. (2004, p. 279):
"The most striking character of Lentibulariaceae is their carnivorous habit. Three types of trap mechanisms
(Fig. 31) are found in the family, i.e. adhesive or flypaper traps (Pinguicula), eel-traps (Genlisea) and suction
traps (Utricularia); the latter two are unique in the plant kingdom.”
Płachno et al. (2007, p. 195) nach Hinweis auf die Fallen von Pinguicula und
Utricularia:
18
"In Genlisea a third special kind of trap has evolved – eel (lobster-pot) traps (Lloyd, 1942; Heslop-Harrison,
1975).”
D'Amato 2002, p. 286:
"Corksrew plants … are closely related to Pinguicula and particularly Utricularia, although the traps of
Genlisea are unlike those of any other carnivorous plant in the world.”
Und Darwin selbst (1875, p. 451):
"We thus see that animals are captured by Genlisea, not by means of an elastic valve [auch wenn das nur die halbe
as with the foregoing species [Utricularia], but by a
contrivance resembling an eel-trap, though more complex.”
Wahrheit ist, sah er doch schon entscheidende Unterschiede],
Soweit einige Zitate zur Dokumentation der Sonderstellung der Genlisea-Falle
gemäß Autoren, die sich intensiv mit der Frage beschäftigt haben, wie Darwin,
Slack, Jolivet, Barthlott et al., Porembski und Barthlott, Fischer et al., Płachno et
al., D'Amato sowie in den von ihnen aufgeführten weiteren Literaturhinweisen.
Als Ausnahme von der Beurteilung der Genlisea-Falle als "quite unlike those in
any other genus" oder dass sie eine "totally different technique in catching its
prey" einsetzt etc. schreibt Braem (1992, p. 87):
"Ein ähnlicher Mechanismus [wie bei Utricularia] hat sich bei der Gattung Genlisea ausgebildet". Er
schränkt jedoch gleich anschließend ein, dass die Falle dieser Gattung "allerdings keine Tür hat" und weiter: "Es
kann also nicht mit Unterdruck gearbeitet werden. Wie die Saugwirkung hier entsteht, ist noch nicht ganz
geklärt." Der Verfasser bemerkt eine Seite weiter zum Stand der Forschung Anfang der 1990er Jahre: "Der
Fangmechanismus von Genlisea ist noch nicht bekannt, denn die Fallenfunktion ist niemals an lebenden
Pflanzen untersucht worden. … Vor allem ist nicht ganz klar, wie die Saugfalle ohne Tür funktioniert."
Auch die Wikipedia (30. 12. 2009) enthält noch diesen Irrtum und wir selbst, d. h. Lönnig und Becker, haben
in unserer 2003 verfassten und 2004/2007 publizierten Arbeit Carnivorous Plants in Anlehnung an J. und P.
Pietropaolo (2001) und weiteren Autoren noch – wenn auch vorsichtig – zu Genlisea angemerkt: "Suction
appears to be involved in drawing in the prey and soil particles" (wieder alle Hervorhebungen im Schriftbild von
mir). Aber selbst in diesem Falle wäre der Reusenfangapparat von Genlisea noch einzigartig unter den
Karnivoren und sogar völlig einzigartig mit einer kontinuierlichen Saugwirkung ohne wasserdichte Tür. (Leider
haben wir die Arbeit von Adamec von 2003 – siehe unten – seinerzeit noch nicht gekannt. Im Nachhinein
erscheint eine solche kontinuierliche Saugvorkehrung übrigens auch energetisch viel zu aufwendig und daher
fragwürdig.)
Der Forschungsstand in Punkto Genliseas "Saugfalle" hat sich inzwischen
grundlegend geändert. Braem und andere gingen noch von der unzutreffenden
Vorstellung aus, dass es sich bei Genliseas Fangapparat um eine echte Saugfalle
handelt, und unter dem Begriff "Saugfallen" hat Braem dann auch die Gattung
zusammen mit Biovularia, Polypompholyx und Utricularia eingeordnet (nach Taylor
1989/1994, pp. 77 ff. und 686 ff. gehören jedoch Biovularia und Polypompholyx ebenfalls zu Utricularia).
Über den Beitrag von Barthlott et al. hinaus hat Adamec (2003) die Arbeit
"Zero water flows in the carnivorous genus Genlisea" (Carnivorous Plant
Newsletter 32) publiziert. Und auch Barthlott et al. bemerken (2004/2008, p. 131)
im Anschluss an das obige Zitat: "Die früher vielfach geäußerte Vermutung,
dass die Fallen von Genlisea Saugfallen darstellen, ließ sich dagegen nicht
bestätigen."
Barry Rice, der Urheber der Saugfallenhypothese zu Genlisea, kommentiert
(2005, revised March 2007): "I suggested a long time ago that it is possible that
19
Genlisea traps may be active, and constantly draw fluid through the traps by
pumping water out of the utricle, through the utricle walls. The bulk of current
evidence suggests that this is not the case…” Aber er kann sich immer noch
nicht ganz von seiner Lieblingshypothese trennen, wenn er fortfährt: "...but I
still wonder" (http://www.sarracenia.com/faq/faq5320.html).
Im Jahre 2005, revised March 2009, bemerkt derselbe Autor: "Suction traps –
the only genus that does this is Utricularia.” (Vgl. http://www.sarracenia.com/faq/faq1045.html.)
III. "So muss der Fachmann gar nicht lange suchen…": MN ist kein
Fachmann. 27
IV. "…gleichwohl aber einen Nutzen hat": Vgl. zum Thema "Nutzen" und
Teleologie die Einwände von Wilhelm Troll und W. R. Thompson oben und die
vollen Zitate im Anhang:
"Nach ihm [Darwin] ist das Phänomen der "Einheit des Typus", über die Gemeinsamkeit der Abstammung
hinaus, eine Anpassungserscheinung der Organismen an die Umwelt und somit durchaus als Wirkung der
Umwelt zu verstehen, was D. H. SCOTT (117) noch prägnanter ausspricht, wenn er geradewegs sagt: "All the
characters which the morphologist has to compare are, or have been, adaptive." Der Darwinismus erklärt sich
damit selbst als teleologisches System,…" (Troll).
"It has frequently been pointed out that the Darwinian explanation of organic structure is of an essentially
finalistic type" (Thompson).
Darüber hinaus ist die Frage nach dem Nutzen (Vorteil und Anpassung
Selektionstheorie) für viele karnivore Pflanzen tatsächlich umstritten:
im Sinne
der
"The conventional view is that carnivorous plants are clearly benefiting from digestion of small invertebrates
and fish fry. This, however, could not be corroborated by recent painstaking investigations in Utricularia
purpurea. The return of nitrogen and phosphorus from an overall investment of 25-50% in bladder formation
proved to be less than 1% in the cases investigated” (Richards 2001, vgl. Lönnig und Becker 2004/2007, Nature
Encylopaedia of Life Sciences).
S. Porembski und W. Barthlott fassen (2006, p. 737) mehrere Arbeiten zur
Problematik des Nutzens (und damit des Selektionsvorteils am Standort) wie
folgt zusammen:
"Usually carnivory is interpreted as an adaptive trait in environments where relevant nutrients are scarce and
light is not limiting. The cost-benefit model (Givnish et al., 1984) for the evolution of carnivorous plants postulates a
trade-off [Kompromiss] between photosynthetic costs of carnivorous structures and photosynthetic benefits accrued
through additional nutrient acquisition. Based on this model it can be predicted that carnivorous plants have
an energetic advantage over non-carnivorous plants when nutrients are scarce but neither light nor water is
limiting. In his review Ellison (2006) surveys published data on photosynthesis and nutrient limitation in
carnivorous and non-carnivorous plants to test predictions of the cost-benefit model. He concludes that
carnivorous plants are at an energetic disadvantage compared to non-carnivorous plants in similar
habitats due to, e.g, a lower efficiency of photosynthetic nutrient use. Instead of being an optimal solution to
the lack of nutrients, carnivory of plants seems to include a limited set of responses constrained by both
phylogenetic history and harsh environmental conditions.
Laakkonen et al. (2006) deal with the evolution of carnivorous plants and their photosynthetic costs and
benefits in nutrient-poor habitats. Trapping structures that are often less or non-photosynthetic may stress
carnivores in terms of carbon production. The cost-benefit model (Givnish et al. 1984) for the evolution of
carnivorous plants claims that carnivory is advantageous via higher photosynthetic rates in moist, sunny
habitats. It is, however, doubtful whether this assumption holds true for active trapping systems where
energy is required for active ion transport processes. … [Darauf folgt Hinweis auf COX I: siehe Diskussion unten.]
Carnivorous plants face the problem of what proportion of their biomass can be invested in building
27
Im Gegensatz zu U. Kutschera, der ununterbrochen behauptet, dass nur ausgewiesene Evolutionsbiologen berechtigt seien, etwas zum
Thema Evolution zu sagen, bin ich der Auffassung, dass auch sog. Außenseiter zu Wort kommen dürfen, nur sollten deren Aussagen auch
zutreffend sein (siehe weitere Punkte unter http://www.weloennig.de/mendel.htm).
20
and maintaining trapping structures. The contribution of Adamec (2006) deals with the energetic costs of
carnivory in aquatic Utricularia species. In this case net photsynthetic rate and respiration in bladders and
leaves/shoot segments were measured. The results obtained clearly show that bladders have a very low
photosynthetic efficiency and thus require considerable maintenance costs.”
Die Hinweise, dass die Karnivorie in zwei Pflanzenfamilien sekundär verloren
gegangen ist ("Interestingly carnivory was lost secondarily in Dioncophyllaceae (except Triphyophyllum)
and Ancistrocladaceae" – Porembski und Barthlott 2006, p. 738 nach Heubl et al. 2006), scheinen die
Fragwürdigkeit eines deutlichen Selektionsvorteils der Karnivoren an ihren
Standorten im Vergleich zu anderen zu denselben Planzengesellschaften
gehörenden Pflanzenarten noch weiter zu bestätigen – siehe unten auch die
Diskussion zu COX I und den angenommenen Verlust des Cys-113-Cys114
Motivs bei Genlisea-Arten. Zu zahlreichen molekularen DegenerationsBeispielen, sogar mit stringenter Selektion, vgl. Behe 2010: Experimental
evolution, loss-of-function mutations und "the first rule of adaptive evolution".
Die Karnivoren sind selektionstheoretisch gleichwertig mit den zahlreichen
nichtkarnivoren Arten am selben Standort – wie im Falle von U. vulgaris in
Mitteleuropa z. B. mit folgenden Pflanzenarten:
Die Dreifurchige Wasserlinse (Lemna trisulca), die Kleine Wasserlinse (L. minor), die Vielwurzelige
Teichlinse (Spirodela polyrhiza), der Froschbiss (Hydrocharis morsus-ranae), die Steifborstige Armleuchteralge
(Chara hispida ssp. rudis), die Vielstachlige Armleuchteralge (C. aculeolata [Syn. C. pedunculata], ssp.
papillosa), die Krebsschere (Stratiotes aloides), die Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), die Weiße Seerose
(Nymphaea alba), der Tannenwedel (Hippuris vulgaris), das Quirlige Tausendblatt (Myriophyllum
verticillatum), das Ährige Tausendblatt (M. spicatum), das Schwimmende Laichkraut (Potamogeton natans), das
Grasblättrige Laichkraut (P. gramineus), das Rauhe Hornbblatt (Ceratophyllum demersum) und – vor allem
weltweit gesehen – noch viele andere (vgl. zu den Pflanzengesellschaften z. B. Casper in Hegi 1975, Slobodda
1988, Runge 1990, siehe auch Lang und Walentowski 2007/2010: Handbuch der Lebensraumtypen
http://www.lfu.bayern.de/natur/biotopkartierung_flachland/kartieranleitungen/doc/lrt_handbuch_201003.pdf
Wenn man sich näher mit der Pflanzensoziologie beschäftigt, so fällt immer
wieder auf, dass oft ganz nah verwandte Arten nebeneinander am selben Biotop
vorkommen. Das trifft auch auf eine ganze Reihe von Utricularia-Arten zu (vgl.
z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/Osterseen). Casper, 1975, p. 547, erwähnt zu den
Begleitpflanzen von U. minor auch U. intermedia.
Desgleichen berichtet Jäger (2007) von U. australis und U. intermedia, die im
selben nährstoffarmen (mesotrophen? Nach Rücksprache mit J.) Gewässer in der Nähe des
Bodensees vorkommen und dort mit acht weiteren Arten von Wasserpflanzen
vergesellschaftet sind. Bei Untersuchungen in anderen Jahren konnte in diesem
Gewässer auch U. minor festgestellt werden (Jäger, pers. Mitteilung).
Zu meiner Frage nach den Begleitpflanzen schreibt er:
"Von Feldarbeiten kenne ich U. australis, U. minor und U. intermedia. U. australis kommt in den
Talniederungen überall in den Stillgewässern vor. U. intermedia und U. minor habe ich nur an einer Stelle
gefunden und da zusammen mit U. australis – in einem nährstoffarmen [mesotrophen?] Stillgewässer. Begleitarten waren da
Nitella syncarpa, Nitella confervacea, Chara vulgaris, Potamogeton gramineus, Nymphaea alba (Kümmerform),
Alisma plantago-aquatica, Sparganium erectum und noch Phragmites australis und Typha latifolia. U. australis
ist mit allem Möglichen vergesellschaftet. U. australis wird gerne mit U. vulgaris verwechselt – wirklich
auseinander halten kann man sie nur anhand der Blütenstände. Die Standortansprüche sind in etwa gleich."
Für "Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation vom Typ Magnopotamion
oder Hydrocharition" werden zur Wasserbewertung (FFH-Lebensraumtypen in
Brandenburg, 2004) folgende charakteristische Pflanzenarten aufgeführt:
21
"Callitriche palustris, Ceratophyllum submersum, Chara contraria, Chara delicatula, Chara globularis, Chara tomentosa, Elodea
canadensis, Fontinalis antipyretica, Hottonia palustris, Hydrocharis morsus-ranae, Lemna minor, L. trisulca, Myriophyllum spicatum,
Myriophyllum verticillatum, Najas marina, Nitellopsis obtusa, Nuphar lutea, Nymphaea alba, Polygonum amphibium, Potamogeton alpinus,
P. acutifolius, P. compressus, P. crispus, P. gramineus, P. lucens, P. natans, P. obtusifolius, P. pectinatus, P. perfoliatus, P. praelongus,
P. pusillus agg., P. trichoides, Ranunculus aquatilis, Ranunculus circinatus, Ranunculus trichophyllus, Riccia fluitans, Ricciocarpus natans,
Salvinia natans,Stratiotes aloides, Spirodela polyrrhiza, Trapa natans, Utricularia vulgaris, U. australis, Zannichellia palustris u. a.” 28
Wenn wahrscheinlich auch nur mit unterschiedlich umfangreichen Teilmengen
des aufgeführten Arteninventars in den vielen natürlichen eutrophen Seen
Brandenburgs zu rechnen ist, so wird doch immer wieder berichtet, dass
mehrere nah verwandte Spezies "in the same area and in the same
circumstances" zusammen vorkommen (siehe Bateson, unten). Ganz
besonders auffällig ist das für viele Potamogeton-Arten.
Zum gemeinsamen Auftreten mehrerer Utricularia-Arten am selben Standort
berichtet Peter Taylor (1989/1994, pp. 44/45) unter anderem über Richardsons
ökologische Studien der Aripo-Savanna von Trinidad Folgendes 29:
"He records 11 species of Utricularia as growing in the area of about 267 ha, but several additions have been made since that date and 16
species are now known to occur in the locality. ... The vegetation is largely open and herbaceous, dominated by Gramineae and Cyperaceae, which
represent about 9 and 13% of the total species present. Utricularia accounts for almost 7%. Other herbaceous families represented include
Orchidaceae, Polygalaceae, Xyridaceae, Burmanniaceae, Droseraceae. Some woody plants are there at low density, mostly shrubs not more
than 30 cm tall. The whole area or parts of it are frequently burnt." [Frequently burnt areas sind meist nährstoffreich (eutroph).]
Und ein paar Punkte aus Taylors eigenen Studien:
"At the time I visited the area ... I saw 12 species of Utricularia. U. myriocista and U. cucullata both occured as suspended aquatics in the deeper
pools. U. benjaminiana (a completely cleistogamous form) as an affixed aquatic, entirely submerged in flowing water ... Mixed with the latter but
apparently not flowering was U. olivacea. Affixed at the margins of the deeper pools was U. viscosa. In the shallow puddles (a few millimetres to a
few centimetres deep) among the hummocks, several species grew more or less intimately mixed, the vegetative parts forming a mal of small
leaves. These were U. juncea, U. subulata (both species with chasmogamous and cleistogamous forms) and U. guyanensis. On more open drier areas
were U. adpressa and U. pusilla, while in the marginal areas at the edge of the surrounding swamp forest and among a denser, taller grass cover were
U. hispida and U. amethystina, the latter apparently more shade-tolerant and extending, beside tracks and openings, a short way into the
surrounding forest. The other species recorded from the area but not seen by me are U. trichophylla (the cleistogamous form only), U. triloba, U.
tenuissima and U. gibba. Thus we have representatives of ten sections all growing in a relatively very small area. ...
In northern Australia I spent some time in a number of areas... In shallow (a few mm to a few cm deep) water in the depressions among
the hummocks were U. dunstaniae, U. lasiocaulis, U. circumvoluta, U. holtzei, U. hamiltonii, U. capilliflora, U. quinquedentata and U.
kamienskii. Among the taller, denser grasses and sedges towards the edge of the surrounding woodland were U. chrysantha, U. odorata, U.
caerulea and U. subulata (in its cleistogamous form only). It is quite possible that other species were present as at least 5 others are known to occur
within a few km and were seen in similar habitats (U. limosa, U. dunloii, U. kimberleyensis, U. triflora and U. wmulissima). The 14 species are
distributed in 7 sections.
Die Probleme für die Selektionstheorie gehen im Zusammenhang mit den
Beispielen nahverwandter Arten im selben Lebensraum jedoch noch viel tiefer.
William Bateson – einer der Pioniere auf dem Gebiet der Vererbungsforschung
und Gegner jeglicher intelligenter Schöpfung – hat die Selektionsfrage im
Rahmen seiner Veronica-Studien mit drei nahverwandten Arten, die Seite an
Seite "over a vast area of the temperate regions" auftreten (V. tournefortii, V.
agrestis und V. polita), studiert und ist nach gründlichen Überlegungen zu
folgendem Schluss gekommen, – eine Schlussfolgerung, die im Prinzip auch auf
die Selektionsfrage der Karnivoren (sowohl der nahverwandten Arten als auch
der übrigen) anzuwenden ist und damit Darwins Theorie ebenso dort in Frage
stellt [1913/1979, pp. 17/18]):
"When we see these various Veronicas each rigidly reproducing its parental type, all comfortably surviving
28
http://www.brandenburg.de/cms/media.php/2338/3150.pdf
29
Vollständige Zitate siehe im Anhang.
22
in competition with each other, are we not forced to the conclusion that tolerance has as much to do with
the diversity of species as the stringency of Selection? Certainly these species owe their continued existence
to the fact that they are each good enough to live, but how shall we refer the distinctions between them
directly or indirectly to the determination of Natural Selection? The control of Selection is loose while
the conformity to specific distinction is often very strict and precise, and no less so even when several
closely related species co-exist in the same area and in the same circumstances.”
Siehe die zusammenhängende Detailargumentation und weitere Beispiele
Batesons im Anhang. Man wende einmal seine Argumente gegen die
Stringenz der Selektion im Darwinschen Sinne 30 für 2 bis 3 nahe verwandte
Arten auf die von Taylor oben referierten Beispiele von Utricularia mit bis
zu mindestens 8 Arten an, die "side by side" im selben Lebensraum
vorkommen ("how shall we refer the distinctions between them directly or
indirectly to the determination of Natural Selection?").
Welchen Selektions- und Anpassungsvorteil soll nun z. B. U. minor gegenüber U. intermedia
haben, oder U. australis gegenüber U. vulgaris? Und wenn die eine Art an ihren Lebensraum besser
angepasst ist als die andere - warum kommen sie dann zusammen am selben Standort vor? (Man
wende diese Fragen ebenso auf Taylors Berichte und Beobachtungen für mehrere Utricularia-Arten
"in the same area and in the same circumstances" [Bateson] an.)
Und welchen Selektions- und Anpassungsvorteil sollen weiter diese beiden Utricularia-Arten, U.
minor und U. intermedia, in der angenommenen Konkurrenz gegenüber den Armleuchteralgen Nitella
syncarpa, Nitella confervacea, Chara vulgaris sowie den Blütenpflanzen Potamogeton gramineus,
Nymphaea alba, Alisma plantago-aquatica, Sparganium erectum, Phragmites australis und Typha
latifolia haben? Und wenn sie einen Anpassungsvorteil hätten – warum kommen sie dann zusammen
mit den anderen Arten am selben Standort vor, ja sogar zusammen mit Armleuchteralgen wie Chara
vulgaris, die – was die Differenzierungshöhe anlangt – im Verhältnis zu den Angisospermen auf der
Evolutionsskala weit unter den anderen steht?
Batesons Ansatz verdeutlicht sehr gut die Befunde und die Schlussfolgerung
von Karl von Goebel und Theo Eckardt, dass die Mannigfaltigkeit der
Organbildung und der Formenvielfalt wesentlich größer ist als die
Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen – es gibt also sehr viel mehr
Unterschiede und 'Extravaganzen' als der Selektion überhaupt nur zugeschrieben
werden können. 31
30
Darwin zur Wirksamkeit der Selektion bei der Enstehung des Auges: "…further we must suppose that there is a power, represented by
natural selection or the survival of the fittest, always intently watching each slight alteration in the transparent layers; and carefully
preserving each which, under variied circumstances, in any way or in any degree, tends to produce a distincter image." Mein Kommentar:
Die natürliche Zuchtwahl wird ja hier fast mit göttlicher Allwissenheit gleichgesetzt ("intently watching each slight alteration"; "carefully
preserving each which..in any way or in any degree tends to produce a distincter image".) Ist dieser Glaube an die absolute Wirksamkeit
der Selektion gerechtfertigt? Tatsachen (Science Digest, Jan. 1961, pp. 61 - 63): "Von 120 000 befruchteten Eiern des Laubfrosches
überleben nur zwei Individuen. Sollen wir annehmen, daß diese beiden Frösche von 120 000 durch die Natur ausgewählt wurden, weil sie die
tüchtigsten gewesen seien; oder vielmehr.., daß die natürliche Auslese nichts anderes als eine blinde Mortalität ist, die gar nichts ausliest?"
Das ist das andere Extrem; die Wahrheit liegt gewöhnlich dazwischen. Gegen eine Verabsolutierung der Selektion im Darwin'schen Sinne
gibt es zahlreiche Beispiele, die seit Darwins Zeit in Hunderten von Arbeiten gesammelt und publiziert worden sind. (Aus:
http://www.weloennig.de/AuIAbII.html.) Und an anderer Stelle habe ich hinzugefügt: Similar questions may be raised for the 700 billion spores of
Lycoperdon, the 114 million eggs multiplied with the number of spawning seasons of the American oyster, for the 28 million eggs of salmon
and so on. King Solomon wrote around 1000 BC: "I returned, and saw under the sun, that the race is not to the swift, nor the battle to the
strong,...but time and chance happeneth to all of them" (KJV 1611). If only a few out of millions and even billions of individuals are to
survive and reproduce, then there is some difficulty believing that it should really be the fittest who would do so. Strongly different abilities
and varying environmental conditions can turn up during different phases of ontogenesis. Hiding places of predator and prey, the distances
between them, local differences of biotopes and geographical circumstances, weather conditions and microclimates all belong to the
repertoire of infinitely varying parameters. Coincidences, accidents, and chance occurrences are strongly significant in the lives of all
individuals and species. (Vgl. http://www.weloennig.de/NaturalSelection.html.)
31
Hier helfen auch gern gebrauchte Begriffe wie "Einnischung" oder Annidation als Spezialisierung einer Art auf eine ökologische Nische
nicht mehr weiter.
23
Es ließe sich eine umfangreiche Arbeit zur Variabilität und Unterschiedlichkeit morphologischer Merkmale (rhizoids, stems, tubers, stolons, air shoots,
leaves, turions, traps, inflorenscences, bracts, bracteoles and scales, calyx,
stamens, pollen, gynoeceum, capsules, seeds und andere) der mehr als 220 Arten
Utricularias verfassen, von denen ein Teil möglicherweise als Adaptation
(Anpassung im Sinne einer nicht-darwinistischen Evolution oder Eingepasstsein
in oder Geschaffensein für den jeweiligen spezifischen Lebensraum) verstanden
werden kann; aber es gibt den größeren Rest, der sich einer Selektionsinterpretation praktisch völlig entzieht (vgl. dazu den Einwand p. 164 unten).
Generell zur Variabilität der Blattformen:
'Betrachten wir nur einmal die Vielfalt der Blattformen: Welchen Vorteil sollte eine Pflanze mit ganzrandigen
Blättern gegenüber einer mit gezähnten oder eine Pflanze mit gezähnten gegenüber einer mit gesägten oder
doppelt gesägten Blättern usw. haben? – Eine Antwort ist mir bisher jeder Selektionstheoretiker schuldig
geblieben! Dutzende von Beispielen ähnlicher Art in den Arbeiten K. Goebels, W. Trolls, St. Vogels u.v.a.' …
'Nach Aufführung verschiedener Beispiele (Verlauf der Laubblattnervatur, Vielfalt der Gestalt bei Desmidiaceen
und Diatomeen) folgert der Göttinger Botaniker E. Pringsheim (1970, p. 398): "Diese und ähnliche
Erscheinungen bedeuten eine starke Einschränkung des Darwinschen Gesichtspunktes der Artentstehung."'
(Weitere Beispiele unter http://www.weloennig.de/AuIAbII.html..)
Einige Blattformen Utricularias lassen sich dagegen eventuell als Anpassung
interpretieren (vgl. p. 142), andere wiederum überhaupt nicht. Weitere Beispiele:
Variabilität des Öffnungsmechanismus der Samenkapseln Utricularias
Zu den unterschiedlichen Typen der Öffnungsmechanismen von Utricularias
Samenkapseln habe ich noch nie auch nur den Versuch einer
selektionstheoretischen Erklärung gehört. Im Folgenden gebe ich die erste Reihe
der Unterschiede nach Taylor pp. 26/27 von A bis F wieder (die Serie geht bis
N.: "Circumscissile, dehiscing equatorially, a type restricted to, but not
universal in, section Utricularia"):
T a y l o r, p. 27: "A.. In a few species the capsule is apparently indehiscent. This type is most frequently found in some of what are presumed
to be the more advanced species. The seeds (or seed, as one species apparently always has only one) are presumably released by an eventual rotting
of the capsule wall. In the one-seeded species (U. olivacea) the seed appears to be adnate to the thin capsule wall.
B. In order of complexity the next type dehisces by a longitudinal ventral slit which extends from the base of the persistent style almost to the
base of the capsule, the capsule wall being of a uniform structure and thickness and usually membranous.
C. This is like B but with a similar slit on the dorsal side also. On dehiscence the slits either extend only to the base of the style or the latter may
also rupture, the capsule thus being laterally bivalvate.
D. Rarely, in only a few species, the capsule at length splits also laterally and becomes four-valvate but it is not clear whether there really
are sutures in the lateral positions.
E. The most frequent type, in which the capsule wall is thickened, or at least composed of cells which are different from those of the rest of
the capsule wall, on either side of the single ventral suture, the area of different cells being mostly more of less ovate or elliptic in outline and
extending either over more or less the whole length of the suture or only pari of it.
F. This is the same as E but with a dorsal suture similarly marginally thickened.”
24
Zu Genlisea bemerkt Taylor p. 28: "O. In section Genlisea, which comprises the majority of
the genus, with representatives in both America and Africa (and Madagascar) the capsule
dehisces in a unique and most remarkable manner which can only be described as multiplecircumscissile (see Stopp 1958, Fromm-Trinta 1979, 1981,1984). Here the capsule splits, not
only at the equator but also at one or two other latitudes between the equator and the distal
pole.
P. In section Tayloria, with two representatives in South America, the capsule is longitudinally
valvate, with four or possibly eight valves.
Q. According to Casper (1966), the dehiscence in Pinguicula is consistently laterally bivalvate,
and it certainly is in the few species that I have examined.”
Und jetzt könnte man wieder eine ganze Serie von Fragen zu den
hypothetischen Selektionsvorteilen der unterschiedlichen Öffnungsweisen der
Samenkapseln von Utricularia und Genlisea stellen: Welchen Selektionsvorteil
soll z. B. eine Kapsel mit einem "longitudinal ventral slit" (B) im Vergleich zu
einer ganz ähnlichen Kapsel, aber mit einem zusätzlichen "similar slit on the
dorsal side also" (C) haben? Oder die wenigen Arten, zu deren Kapsel Taylor
feststellt: "the capsule at length splits also laterally and becomes four-valvate"?
(D) Und so weiter und so fort. Bei (A) könnte man eher an einen
Genfunktionsverlust denken als an einen Selektionsvorteil (es geht eben auch
ohne Öffnung). 32
Und welchen Selektionsvorteil soll bei Genlisea die "multiple-circumscissile"
Öffnungsweise gegenüber der "longitudinally valvate"-Methode haben? Und
wenn es Selektionsvorteile gäbe, warum gibt es die verschiedenen
Öffnungsweisen Utricularias und Genliseas dann heute noch und z. T. sogar
noch nebeneinander am selben Standort? Trifft hier nicht vielmehr wieder das
Wort Goebels zu, dass die Mannigfaltigkeit der Organbildung größer ist als die
Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen?
Komplexität/Differenzierungshöhe und Selektion:
Oben hatte ich mit Taylor erwähnt, dass zu den Begleitpflanzen Utricularias
Arten aus folgenden Angiospermenfamilien gehören können: Gramineae
Cyperaceae, Orchidaceae, Polygalaceae, Xyridaceae, Burmanniaceae,
Droseraceae. Dazu kommen Algen, Moose und Farne, d. h. wir finden am selben
32
Obwohl man sich auch hier wieder mit viel Fantasie endlos mehr oder weniger plausible, aber prinzipiell nicht testbare Szenarien
ausdenken könnte, was einmal mehr die Nicht-Falsifizierbarkeit und damit den metaphysischen Character der Selektionstheorie zeigen
würde.
25
Standort und unter gleichen Lebensbedingungen ganz unterschiedlich hoch
differenzierte Pflanzenformen, was selbst noch auf die Karnivoren zutrifft – etwa
Drosera neben Utricularia.
Dazu eine nicht vollständige Liste der Begleitpflanzen (Familien) Utricularias
allein für Mitteleuropa (Dr. D. Jäger, pers. Mitteilung Januar 2010):
Chlorophyta (Grünalgen): Characeae; Bryopsida (Moose): Sphagnaceae: Sphagnum;
Sphenopsida (Schachtelhalmgewächse): Equisetaceae; Angiospermen (bedecksamige
Blütenpflanzen): Monocotyledoneae (Einkeimblättrige): Poaceae, Cyperaceae, Juncaceae,
Typhaceae, Potamogetonaceae, Najadaceae, Zannichelliaceae, Alismataceae, Hydrocharitaceae,
Lemnaceae, Iridaceae, (Orchidaceae); Dicotyledoneae (Zweikeimblättrige): Polygonaceae,
Nymphaeaceae,
Ceratophyllaceae,
Ranunculaceae,
Brassicaceae,
Haloragaceae,
Hippuridaceae, Apiaceae.
Nach der Selektionstheorie waren zahlreiche z. T. stark unterschiedlich hoch
differenzierte Formen am selben Standort jedoch nicht zu erwarten, denn die
weiterentwickelten (höheren) Formen sollten ja die niederen verdrängt haben
("each new form will tend ... to take the place of, and finally exterminate, its own
less improved parent-form..." – Darwin, vgl. p. 2). Das sollte der Motor der
kontinuierlichen Höherentwicklung sein. Folgende Ausführungen dürften Licht
auf diese Frage werfen:
Die natürliche Selektion ist insofern ein biologisches Faktum, als dadurch weniger konkurrenzfähige Formen
ausgemerzt werden können. Wovon hängt aber die Konkurrenzfähigkeit ab? Doch nicht von der
Differenzierungshöhe, sondern es hängt, wie es G. E. Hiorth (1963, p. 164) für den selektiven Wert einer
Mutation aufführt, von "vier Faktoren ab, der Vitalität im engeren Sinne (Wuchsgeschwindigkeit, Lebensdauer,
Resistenz gegen Faktoren des nichtlebenden Milieus...), der Fertilität, der Konkurrenzfähigkeit gegen andere
Genotypen oder andere Arten und der Resistenz gegen Parasiten." Vitalität im weiteren Sinne
(Durchsetzungsvermögen gegenüber Faktoren des nichtlebenden und lebenden Milieus) und Fertilität haben mit
der Differenzierungshöhe der Arten nichts zu tun. Die Vitalität hängt z.B. wesentlich davon ab, wie robust ein
Organismus in Bezug auf seine physiologische Konstitution ist. Diese physiologische Konstitution, das
physiologische Gleichgewicht, wird um so anfälliger, je höher der Differenzierungsgrad eines Organismus ist,
generell je feiner ein System in allen Teilen aufeinander abgestimmt und je größer die Anzahl der zu einem
Ganzen integrierten Teilprozesse ist. Bergson sagte dazu treffend, dass die Entfaltung des Lebens nicht aus der
Materie und ihren mechanischen Gesetzen abgeleitet werden kann. "Sie geht vielmehr gegen diese, gegen
Trägheit und Zufall, zu immer höheren, gewagteren, freieren Formen." (Nach Störig 1963, p. 495.) Und dass
weiter die Fertilität nichts mit dem Differenzierungsgrad eines Organismus zu tun hat, braucht hier kaum
aufgeführt zu werden. Sind doch gerade die niederen Organismen im allgemeinen fertiler als die höheren. Man
vergleiche nur einmal die Fertilität von Bakterien (Generationsdauer, Zuwachsrate) oder Pilzen mit der
Samenproduktion von höheren Pflanzen, Blütenpflanzen – oder bei den 'Wirbeltieren' die Fertilität des Herings
mit der des Menschen! Zum Thema Selektion ist festzustellen, dass eine wie auch immer geartete Selektion
prinzipiell nichts Neues schaffen, sondern immer nur bereits Vorhandenes aussieben kann, – worauf schon die
Pioniere der Genetik wie de Vries, Bateson und Johannsen mit großem Nachdruck hingewiesen haben.
Künstliche Selektion führt zu Grenzen (García-Dorado/López-Fanjul 1983). Kimura hat (1968, 1983) auf
biochemisch-mathematischer Ebene gezeigt, dass die Allel-Vielfalt und -Zahl die Möglichkeiten der Selektion
weit übersteigt und die Theorie der 'Neutralen Evolution' ausgearbeitet. K. von Goebel begründete um die
Jahrhundertwende (1898 - 1901) und in darauf folgenden Arbeiten, 'daß die Mannigfaltigkeit der Organbildung
größer ist als die Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen'. 33
Jakob von Uexküll hat das darwinistische Missverständnis der kontinuierlichen Vervollkommnung wie folgt geklärt:
33
Aus Lönnig 1971 und 2002.
26
"Man sah in der Tierreihe den Beweis für eine stufenweise ansteigende Vervollkommnung von der
einfachsten zur mannigfaltigsten Struktur. Nur leider vergaß man dabei das eine, daß die
Vollkommenheit der Struktur gar nicht aus ihrer Mannigfaltigkeit erschlossen werden kann. Kein
Mensch wird behaupten, daß ein Panzerschiff vollkommener sei als die modernen Ruderboote der
internationalen Ruderklubs. Auch würde ein Panzerschiff bei einer Ruderregatta eine klägliche Rolle
spielen. Ebenso würde ein Pferd die Rolle eines Regenwurms nur sehr unvollkommen ausfüllen. –
Dasselbe gilt selbstverständlich für die Botanik. Ein Alpenveilchen würde eben die Rolle eines
Schimmelpilzes "nur sehr unvollkommen ausfüllen", ebenso eine Pfingstrose die Rolle eines
Knöllchenbakteriums. Die Mannigfaltigkeit der Struktur und der Differenzierungsgrad der
Lebensformen sagen also noch nichts über ihre biologische Vollkommenheit im Sinne von
Existenzfähigkeit aus. Andernfalls müssten ja all die weniger differenzierten "unvollkommeneren"
Formen längst ausgestorben sein; sagt doch Darwin: "As natural selection acts solely by the
preservation of profitable modifications 34, each new form will tend in a fully-stocked country 35 to take
the place of, and finally to exterminate, its own less improved parent-form and other less-favoured
forms with which it comes into competition. Thus extinction and natural selection go hand in hand.” 36
Der Paläontologe Oskar Kuhn hat sich ziemlich kategorisch zu dieser Frage
wie folgt geäußert 37:
"Eine Amöbe ist adaptiv gesehen ebenso zweckmäßig, ja sogar zweckmäßiger als der
differenzierteste Organismus; denn was dort Billionen Zellen leisten, besorgt hier eine einzige. Und
diese einzige Zelle lebt, ernährt sich, pflanzt sich fort, reagiert auf äußere Reize usw., ja sie ist
potentiell unsterblich. Die höheren Lebewesen aber haben durch die Differenzierung ihres Körpers in
Soma und Geschlechtszellen nur den Tod eingetauscht; dennoch sind die Leistungen ihrer Zellen im
Prinzip die selben geblieben wie bei den niedersten Lebewesen auch."
Der Selektion fehlt somit der Antriebsmotor zur morphologisch-anatomischen
"Höherentwicklung" 38 (von den fehlenden Differenzierungsmutationen einmal
ganz abgesehen). Auch bei den Karnivoren finden wir bis auf den heutigen Tag
eine ganze Reihe recht unterschiedlich hohe Differenzierungsstufen, und diese
teilweise sogar nebeneinander im selben Lebensraum (d. h. also nach der
Selektionstheorie "new and improved forms" neben weniger konkurrenzfähigen
"less improved" ones).
Fazit: Die Selektionstheorie kann weder die Unterschiede der nahverwandten
Arten im gleichen Lebensraum befriedigend erklären noch die
Differenzierungsstufen innerhalb und zwischen den höheren systematischen
Kategorien (wie Familien, Ordnungen und Klassen). Darüber hinaus liefert die
Theorie auch keine überzeugende Erklärung für die Konstanz der Formen in
Raum und Zeit (vgl. Living Fossils http://www.weloennig.de/mendel20.htm).
Wilhelm Troll – der größte Pflanzenmorphologe des 20. Jahrhunderts –
34
Heute würde man von Mutation statt Modifikation sprechen. Darwin glaubte noch, dass alle Variabilität erblich sei und damit auch
Modifikationen erblich wären (vgl. http://www.weloennig.de/mendel06.htm).
35
Darwin, Origin: "Owing to the high geometrical rate of increase of all organic beings, each area is already fully stocked with inhabitants;”
– vgl. dazu http://www.weloennig.de/mendel24.htm.
36
Darwin, Origin: "...the very process of natural selection almost implies the continual supplanting and extinction of preceding and
intermediate gradations.” (Er versucht die Situation jedoch zu retten, indem er zuvor behauptet, die Selektion "will act, at any one time, only
on a very few forms” – was jedoch seiner globalen Selektionshypothese widerspricht: "intently watching each slight alteration"; "carefully
preserving each which..in any way or in any degree tends to produce..." siehe Fußnote oben) "…we shall then see how Natural Selection
almost inevitably causes much Extinction of the less improved forms of life.” "…old forms will be supplanted by new and improved
forms" (Vgl. http://darwin-online.org.uk/).
37
Kuhn 1951, Die Deszendenztheorie, p. 61.
38
Die Selektion selbst kann – im Gegensatz zu Ernst Mayrs Antwort auf meine Frage nach einer intelligenten Ursache für die ungeheuer
komplexen Strukturen der Organismenwelt: "Die Selektion ist die Intelligenz" – nach den obigen Ausführungen ebenfalls nicht mit diesem
"Antriebsmotor" identifiziert werden.
27
referiert die Forschungsergebnisse und Kritik Goebels zur Selektionstheorie
ebenfalls positiv (wie Eckardt oben), wenn er schreibt (1984, pp. 11/12):
"Nach Darwin besteht die Wirkung des natürlichen Ausleseprozesses kurz darin, daß er alle im
Evolutionsvorgang auftauchenden Merkmale, die ihre Träger anderen gegenüber an die Lebensbedingungen
weniger vollkommen angepaßt und dadurch weniger lebenstüchtig erscheinen lassen, ausmerzt. Das Ergebnis
muß sein, daß nur zweckmäßige Eigenschaften sich erhalten. Lange Zeiträume vorausgesetzt wird also die
Selektion dahin führen, daß die Organismen nach Bau und reaktivem Verhalten die in ihren Wohnräumen
herrschenden Lebensbedingungen mehr oder weniger getreu widerspiegeln (15). 39
Hier setzt Goebels auf breiter Basis durchgeführte Kritik ein, die in der auch auf das Tierreich zu
übertragenden doppelten Feststellung gipfelt, daß 1. die Mannigfaltigkeit der Organbildung bei den Pflanzen
größer ist als die Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen und daß 2. viele pflanzliche
Gestaltungsverhältnisse gar nicht für Anpassungen erklärt werden können, weil sie ihrer ganzen Art nach
in keiner nachweisbaren Beziehung zur Umwelt stehen. Es können darnach die zahllosen besonderen
Merkmale, durch die die einzelnen Pflanzenformen sich unterscheiden, auch nicht das Ergebnis eines bloßen
Adaptationsprozesses nach darwinistischem Muster sein.
Noch weniger trifft das selektionistische Erklärungsschema auf die Gefügemerkmale zu, die Nägeli in seiner
"Kritik der Darwinschen Theorie von der natürlichen Zuchtwahl" (16) auch als "Organisationsmerkmale" bzw.
als "rein morphologische" Charaktere bezeichnet hat, unter betontem Hinweis darauf, daß sie, obwohl sie "sich
den äußeren Verhältnissen gegenüber gleichgültig verhalten", doch "die Hauptzüge an dem Gebäude ausmachen,
welches die Entwicklungsgeschichte des Pflanzenreiches darstellt und an dem die nützlichen Anpassungen die
Ausführung im einzelnen und die Verzierung bilden." Welchen Vorteil soll z. B. im Kampf ums Dasein die
allorhize Bewurzelung der Samenpflanzen gegenüber der homorhizen Radikation der Pteridophyten gewähren?
Und gesetzt, es wäre für sie ein entscheidender Nutzen nachzuweisen, so bliebe doch wieder unverständlich,
wieso zahlreiche Samenpflanzen, obwohl typisch allorhiz bewurzelt, sekundär zur Homorhizie zurückkehren. Ist
ferner die große Gruppe der Angiospermen ausnahmslos charakterisierende Bedecktsamigkeit der
Nacktsamigkeit der Gymnospermen überlegen? Man wird wohl nur sagen können, daß sie eine erhebliche
Komplikation der gesamten Fortpflanzungsvorgänge mit sich bringt, nicht aber, daß sie einen selektiven Wert
besitzt. Sonst müßten ja die Gymnospermen, die den Höhepunkt ihrer Entwicklung schon im Erdmittelalter
hatten, längst verdrängt und ausgestorben sein. Tatsächlich aber besiedeln sie heute noch weite Räume der
Erdoberfläche, vielfach zusammen mit angiospermen Bäumen, woraus man ersieht, daß beide
Organisationsmerkmale den gegebenen Bedingungen entsprechen. Diese Beispiele, die sich um eine beliebige
Zahl anderer vermehren ließen, lehren zur Genüge, daß uns das Zuchtwahlprinzip die Existenz der Organisationsmerkmale nicht verständlich machen kann (17). 40
Es bleibt also bloß übrig, Gestalthaftigkeit und Planmäßigkeit der organischen Körper als Fakta
anzuerkennen, die mit den der Genetik derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln nicht erklärt werden
können. Der Morphologe erblickt in ihnen Eigenschaften, die mit dem Dasein der Lebewesen gegeben sind. Für
ihn stellt sich der Organismus dar als "geprägte Form, die lebend sich entwickelt" (Goethe), wobei wir
Entwicklung als eine aus der "Logik" der Gestalt heraus erfolgende Änderung, d. h. als Entfaltung der im Bauplan liegenden Möglichkeiten definieren."
Zum Zuchtwahlprinzip, welches "die Existenz der Organisationsmerkmale
nicht verständlich machen kann", möchte ich im Folgenden anhand der Gattung
Veronica (Ehrenpreis) einige aufschlussreiche Tatsachen erwähnen. Oben haben
wir mit Bateson drei nahe verwandte Veronica-Arten erwähnt, die Seite an Seite
"over a vast area of the temperate regions" auftreten – ein Phänomen, das von
der Selektionstheorie nicht überzeugend erklärt werden kann.
Die Scrophulariaceen-Gattung Veronica bietet überdies ein weiteres geradezu
schlagendes Beispiel dafür, dass die Organisationsmerkmale das
Selektionsprinzip übersteigen. Worum geht es? Weltweit zählt man etwa 250
Spezies inklusive vieler "Kleinarten". Für die 32 europäischen Ehrenpreis-Arten
39
Hervorhebungen im Schriftbild von Troll gesperrt.
Dazu merkt Troll auf Seite 158 an, dass sich zu dieser Frage "neuerdings in gleichem oder ähnlichem Sinn sehr entschieden" die Zoologen
O. Buchner und R. Woltereck geäußert haben. Ich meine etwas Ähnliches vor einigen Jahren bei Rupert Riedl gelesen zu haben, konnte
jedoch die Literaturstelle trotz intensiver Suche nicht wiederfinden. Für einen Hinweis aus der Leserschaft wäre ich sehr dankbar.
40
28
werden – bei grundsätzlich gleichem Bauplan – "an dem die nützlichen
Anpassungen die Ausführung im einzelnen und die Verzierung bilden" folgende
Vorkommen aufgeführt (Reihenfolge nach und Hauptpunkte z. T. in wörtlicher
Anlehnung an D. Hartl in Hegi, pp. 156-236):
Um kurz einen kleinen Eindruck zu vermitteln, wie die Blüten der Gattung Veronica ausssehen können, hier ein Foto von G. D. Carr von
Veronica cusickii (vgl. http://www.botany.hawaii.edu/Faculty/Carr/images/ver_cus.jpg) (es handelt sich gemäß dem Autor um eine stärker
vom Typus abweichende Art, und doch kann man die Gattung unmittelbar erkennen). Siehe weiter den Überblick über unsere einheimischen
Arten unter http://www.blumeninschwaben.de/Artenverzeichnis/lat_u_vh.htm.
1. Veronica alpina (Alpen-Ehrenpreis), tritt häufig zusammen mit (2.) auf. 41
Vorkommen: "Meist gruppenweise in der subalpinen bis alpinen (nivalen) Stufe des Hochgebirges (gewöhnliche Höhenlage
1500-2500 m),..." "...in der Schweiz (Piz Languard) werden 3252 m erreicht."
2. Veronica bellidioides (Maßliebchen-Ehrenpreis), zusammen mit (1.)
Vorkommen: "Gruppenweise in Magerrasen der alpinen Höhenstufe von der Waldgrenze bis an den Schnee. Zuvor merkt Hartl p.
168 an: "V. alpina soll sich mit V. bellidioides (s. 169) mischen können (vgl. v. ANDREÁNSZKY, 1939); der betreffende
Blendling wird als V. x mixta KLASTERSKÝ (1924) (V. x sekkauensis v. ANDR.) bezeichnet.
Veronica fruticulosa (Halbstrauch-Ehrenpreis): An meist nach Süden gerichteten, besonnten Stellen des Hochgebirges
3.
4. Veronica fruticans (Felsen-Ehrenpreis): Ähnlich (3.)
5. Veronica serpyllifolia (Quendel Ehrenpreis): Fettweiden
und -wiesen, an Ufern, Wegrändern, lichten Wäldern und alpinen
"Läger"-Gesellschaften.
6. Veronica acinifolia (Kölme Ehrenpreis): In Zwergbinsengesellschaften der Ackerfurchen und -ränder warmer Lagen.
7. Veronica praecox (Früher Ehrenpreis): Sonnige Standorte mit geringer wasserhaltender Kraft des Bodens, die sich im Frühjahr
rasch erwärmen (frühe Blütezeit).
8. Veronica triphyllos (Dreiblatt-Ehrenpreis): Gesellig an besonnten warmen Stellen (Frühjahrswärme!) der Getreideäcker und
Wegränder.
9. Veronica arvensis (Feld-Ehrenpreis):
In lückigen Unkrautbeständen der Äcker, selten an Wegrändern, in Waldschlägen, auf
Schuttplätzen.
10. Veronica verna (Frühlings-Ehrenpreis): Gruppenweise in stark besonnten und sich stark erhitzenden lückigen Pionierrasen auf
Sandfeldern, Dünen, Felsköpfen, Trockenrasen, Kiefern-Schonungen, auch an Rainen und Äckern.
Wächst wie V. verna gruppenweise in stark besonnten und sich stark erhitzenden
Pionierrasen auf Sandfeldern, Dünen, Felsköpfen, Trockenrasen, Kiefern-Schonungen, auch an Rainen und Äckern.
Veronica peregrina (Ausländischer Ehrenpreis): Zuweilen massenhaft in offenen, wärmeliebenden Pioniergesellschaften an
Ufern, Wegen, Rainen in unterschiedlichen Pflanzengesellschaften.
Veronica polita (Glanz-Ehrenpreis): Alte Kulturbegleiterin, in lückigen Unkrautfluren, vor allem auf gehackten Äckern
(Gartenland, Weinberge, Obstgehölze).
11. Veronica dillenii (Heide-Ehrenpreis):
12.
13.
41
Es wäre noch einmal eine umfangreiche Aufgabe, alle Veronica-Arten einzeln aufzulisten, die zusammen mit welchen anderen am selben
Standort vorkommen. Aus den Angaben zum Vorkommen kann man jedoch schon einige Schlussfolgerungen ziehen.
29
14. Veronica opaca (glanzloser Ehrenpreis): In lückigen Unkrautfluren gehackter Äcker, in Obstpflanzungen und in Gärten.
15. Veronica agrestis (Acker-Ehrenpreis): Bevorzugt die in feuchterem Klima (Lokalklima) gelegenen Hackfruchtäcker,
Obstpflanzungen und Gärten.
16. Veronica persica (Persischer Ehrenpreis):
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
Zwischen anderen 'Unkräutern' in gehackten Äckern, in Weinbergen,
Obstpflanzungen, Gärten, auf Grasflächen von Städten (Parks), ab und zu auch in Getreidefeldern und an Wegrändern.
Veronica filiformis (Faden-Ehrenpreis): Gern an etwas beschatteten, luftfeuchten Stellen im Zierrasen von Gartenanlagen, in
Fettweiden, an grasigen Wegrändern und Kanalufern.
Veronica hederifolia (Efeu-Ehrenpreis): An sonnigen bis halbschattigen aber meist warmen (wintermilden) Stellen in lückigen
Unkrautfluren der Äcker, Weinberge und Gärten, auch an Hecken, in Auwäldern, auf Kahlschlägen in Laubwäldern, an Wegen,
Mauern und auf Schuttplätzen.
Veronica prostrata (Liegender Ehrenpreis): In sommerwarmen Trockenrasen auf flachgründigem oder feinerdearmem,
basenreichem, meist kalkhaltigem Boden aus Schotter, Kies oder Sand (Lös).
Veronica teucrium (Großer Ehrenpreis): An besonnten, sommerwarmen Stellen von Gebüsch- und Waldrändern, von
Halbtrockenrasen und lichten Eichen- und Kiefernwäldern.
Veronica austriaca (Österreichischer Ehrenpreis): Sonnige Stellen von Magerrasen steiniger Hänge, Dünen und
Wegrändern.
Veronica chamaedrys (Gamander-Ehrenpreis): An besonnten oder halbschattigen, meist sommerwarmen Stellen von
Wiesen, Straßen-, Weg- und Waldrändern, Hecken und Gebüschsäumen und lichten Eichen-Trockenwäldern.
Veronica montana (Berg-Ehrenpreis): Gesellig an schattigen oder halbschattigen Quellen und Wegen in BuchenMischwäldern und Eschen-Auwäldern auf sickerfeuchtem, nährstoffreichem, im Süden des Florengebiets meist kalkarmem,
mäßig sauer bis neutral reagierendem Grund.
Veronica scutellata (Sumpf-Ehrenpreis): An besonnten, zeitweise überschwemmten Stellen in Quell- und Flachmooren, in
Verlandungsgürteln verschiedener Gewässer, in sickernassen Wiesen.
Veronica urticifolia (Nessel-Ehrenpreis): An schattigen Stellen krautreicher Mischwälder, vor allem der Schluchtwälder des
Gebirges, auch in Gebüschen.
Veronica officinalis (Wald-Ehrenpreis): An sonnigen bis halbschattigen, sommerwarmen Stellen in Laub- und Nadelwäldern
(Waldwege, Holzschläge, Brandstätten, Waldränder), Heiden und Magerweiden.
Veronica aphylla (Nacktstiel-Ehrenpreis): In offenem Stein- und Magerrasen, im Schwemmland von Bächen und in
schattigen Felsritzen der subalpinen bis alpinen Stufe des Hochgebirges, hin und wieder in schneefreien Gratlagen der nivalen
Stufe.
Veronica anagallis-aquatica (Ufer-Ehrenpreis): An nassen und zeitweilig überfluteten (bis 2 m hoch) Bach- und
Grabenrändern, Fluss-, See-, Teichufern, gelegentlich auch ständig mit Wasser bedeckten Stellen, und dann oft gänzlich
untergetaucht (submerse Formen). Oft zusammen mit V. beccabunga. Letztere zeigt jedoch größere ökologische Amplitude.
Veronica catenata (Wasser-Ehrenpreis): Zumeist wie V. anagallis-aquatica an nassen, zeitweilig überfluteten (bis 2 m)
Bach- und Grabenrändern, Fluss-, See- und Teichufern, gelegentlich auch an ständig mit Wasser bedeckten Stellen und dann oft
in submerser Form.
Veronica anagalloides (Schlamm-Ehrenpreis): Pionier an nassen, zeitweilig oder ständig überfluteten Uferstellen meist
stehender Gewässer.
Veronica scardica (Balkan-Ehrenpreis): An ähnlichen Stellen wie V. beccabunga (siehe dort), jedoch nur an besonders
warmen und niedrigen Lagen. Darüber hinaus verträgt V. sardica relative hohe Salzkonzentrationen und kommt auf Salzwiesen
vor.
Veronica beccabunga (Quellen-Ehrenpreis): Pionierpflanze in Quellfluren oder im Verlandungsbereich (Ufersaum) meist
fließender und klarer Gewässer. Sie liebt einen flach überschwemmten oder sickernassen, sonnigen bis halbschattigen Standort. 42
Wir wollen zunächst auf die ersten beiden Arten V. alpina und V. bellidioides
die oben für Utricularia gestellten Fragen anwenden:
V. alpina ist Klassencharakterart des Salicetum herbaceae. Sie kommt zusammen mit der Krautweide (Salix
herbacea), mit dem zweiblütigen Sandkraut (Arenaria biflora), dem Zwergruhrkraut (Gnaphalium supinum),
dem Alpen-Gelbling (Sibbaldia procumbens), dem Bürstenmoos (Polytrichum sexangulare) und zahlreichen
weiteren Pflanzenarten am selben Standort vor.
Welchen Selektions- und Anpassungsvorteil soll nun z. B. der Alpen-Ehrenpreis gegenüber dem
Maßliebchen-Ehrenpreis und diese beiden in der angenommenen Konkurrenz und Anpassung sowohl gegenüber
den anderen Angiospermen als auch dem Bürstenmoos (wieder einer im Verhältnis zu den Bedecktsamern weit
unten auf der evolutionären Skala stehenden Pflanzenart) haben? Und falls es solche Selektionsvorteile gibt –
warum kommen dann sowohl sehr ähnliche als auch grundlegend verschiedene Pflanzenarten (zahlreiche
Differenzierungsstufen, z. T. sogar innerhalb der Angiospermen) an gleichen Standorten vor?
Solche und ähnliche Fragen könnte man nun für viele weitere Ehrenpreisarten
stellen. Viele dieser Arten haben übrigens ein gigantisches Verbreitungsgebiet
42
Wie oben schon angedeutet findet der daran interessierte Leser sehr schöne Farbabbildungen zu den einheimischen Veronica-Arten mit
Darstellung der morphologischen Variabilität unter http://www.blumeninschwaben.de/Artenverzeichnis/lat_u_vh.htm.
30
(siehe die ausführlichen Daten und Darstellungen bei D. Hartl) 43.
Der Grundbauplan von der Gattung über die Familie 44 bis zur Klasse der
Magnoliopsida 45 (bedecktsamige Blütenpflanzen) bleibt von allen
Anpassungserscheinungen unberührt – von der Anpassung an die alpinen
Höhenstufen (bis 3252 m) über Fettweiden und Magerrasen, über Äcker,
Weinberge und Gärten, über Sandfelder, Dünen, und Felsköpfe, über EichenTrockenwälder, an schattigen oder halbschattigen Quellen in BuchenMischwäldern, Eschen-Auwäldern und Nadelwäldern, auf Salzwiesen etc. bis
hin zu nassen und zeitweilig überfluteten (bis 2 m hoch) Bach- und
Grabenrändern, Fluss-, See-, Teichufern, und gelegentlich auch an ständig mit
Wasser bedeckten Stellen, und dann oft gänzlich untergetaucht (submerse
Formen) und in Flachmooren. (Böden: eutroph, mesotroph, oligotroph.)
D. h. die zumeist physiologischen Anpassungen könnte man vielleicht noch
selektionstheoretisch deuten 46, nicht aber den konstant beibehaltenen Bauplan
der Gattung und auch nicht die Variation in den morphologischen Merkmalen
innerhalb der Gattung, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen.
43
Zur Veranschaulichung nehmen wir dazu die erste der oben aufgeführten Arten, V. alpina: "Die allgemeine Verbreitung ist arktischozeanisch mit Einschluss der westsibirischen Eismeerküste und der höheren Lagen der gemäßigten Zone (Schottland, Sierra Nevada,
Pyrenäen, Korsika, Auvergne, Jura, Alpen, Riesengebirge, Karpaten, Abruzzen, Kaukasus, Korea. In der westlichen Gebirgskette Amerikas
stößt eine auch als selbständige Art aufgefasste Sippe (V. wormskjoldii RÖM. et SCHULT.) sogar fast bis in die Tropen hinab, was um so
mehr auffällt, als sie andererseits noch auf der Nugsuak-Halbinsel in Westgrönland (700 42') vorkommt" (Hartl, p. 168).
44
Hier widersprechen sich interessanterweise wieder einmal die molekularen und die morphologischen Analysen; ich beziehe mich hier auf
die Letzteren.
45
46
"5. Klasse: Magnoliopsida (Angiospermen, Blütenpflanzen, Bedecktsamer)" nach Strasburger 35. Auflage 2002, p. 795.
Zu den physiologischen Anpassungen, die man 'vielleicht noch selektionstheoretisch' (d. h. durch Auslese hypothetischer positiver
Mutationen – positiv im Sinne des Aufbaus letztlich völlig neuer funktionaler DNA-Sequenzen) deuten könnte, gibt es jedoch eine
empirisch begründete Alternative. Ich möchte im Folgenden an das Schlusskapitel meiner Artbegriffsarbeit erinnern:
Mit dem Nachweis fortschreitenden mutativen Abbaus genetischen Potentials bei den Arten wird auch Licht auf das alte, bisher ungelöste
genetische Problem der sogenannten Parallelinduktion geworfen. "Parallelinduktion soll heißen, daß parallel zum Soma auch die Gene
gleichsinnig abgeändert werden. ...Wenn also in einem bestimmten Falle die Wirkung extremer Bedingungen gleichzeitig direkt die
Reaktionskurve der Ausbildung eines Außencharakters beeinflußt und zugleich auch ein Gen in den Keimzellen quantitativ mutieren läßt, so
wäre das Parallelinduktion. Das Unverständliche dabei bleibt, daß gerade das Gen mutiert, dessen Reaktion auch modifikatorisch
beschleunigt wird. ...Es ist wohlbekannt und seit den klassischen Arbeiten von NÄGELI viel diskutiert, daß Pflanzen, die in ein andersartiges
Habitat gebracht werden, ihre Charaktere entsprechend ändern (Beispiel Ebenen- und Alpenformen); die Änderungen sind aber nicht erbliche
Modifikationen. Andererseits gibt es in der gleichen Art Formen, die in verschiedenem Habitat erblich verschieden sind, und den für viele
oder alte Formen des Habitats charakteristischen Typus zeigen, z.B. den Halophyten-, Dünen-, alpinen Typus. Die moderne Erklärung dafür
ist, daß hier nicht etwa eine Vererbung erworbener Eigenschaften vorliegt, sondern eine Präadaptation. Das heißt, daß unter den zufälligen
Mutanten der Stammform sich auch solche befinden, die im Gegensatz zu der Stammform die Bedingungen eines besonderen Habitats
ertragen konnten und deshalb imstande waren, dort einzuwandern. In jüngster Zeit hat sich TURESSON ausführlich mit diesem Problem
befaßt und kommt zu dem Schluß, daß diese Erklärung nicht ausreiche, sondern daß man annehmen müsse, daß die betreffenden
Mutationen eine direkte Reaktion des Keimplasmas auf die spezifischen Außenbedingungen des Habitats seien. Damit ständen wir wieder
vor dem alten Rätsel der Verursachung nützlicher Mutanten ohne Selektion" (Goldschmidt 1928, p. 549).
Was ist nun des Rätsels Lösung?
Stubbe wies im Rahmen seiner Antirrhinum-Studien (1966, p. 154) darauf hin, "daß [fast] alle umweltbedingten Modifikationen des
Phänotyps auch mutativ bedingt sein können." Weiter ließ sich zeigen, "daß zahlreiche, aber nicht alle mutativ bewirkten Phäne auch als
nicht erbliche Modifikationen, als Phänokopien, auftreten können. Mit anderen Worten läßt sich zeigen, daß [fast] alle modifikativen
Veränderungen, die durch Umweltverhältnisse verschiedener Art bedingt sind, auch als Mutanten bekannt wurden, daß aber nicht alle
Erscheinungsformen von Mutanten als umweltbedingte Modifikationen phänotypisch wiederholt werden können" (Hervorhebung im
Schriftbild von mir, "fast" ergänzt, da mir Ausnahmen davon bekannt sind). Goldschmidt ist zu den gleichen Ergebnissen vor allem bei
seinen Phänokopiestudien [Drosophila] gekommen (1935 a und b, 1961). Die ursprünglichen Arten verfügten mit ihrem größeren
genetischen Potential über eine weite Anpassungsfähigkeit an alle möglichen Umweltverhältnisse. Im Laufe der Zeit wurde diese weite
Anpassungsfähigkeit durch Anreicherung schwach nachteiliger Allele (sowie Totalverlusten von am Standort redundanten
Genfunktionen) an den jeweiligen Arealen immer weiter eingeschränkt (mit Ausnahme natürlich des für die spezielle
Umweltbewältigung notwendigen Teils). Andere Linien und Formen derselben Art sind jedoch noch nicht soweit degeneriert und verfügen
entsprechend noch über eine größere Anpassungsfähigkeit. Durch den mutativen Abbau genetischen Potentials werden die Modifikationen
mit der Zeit "erblich''. - Das hat jedoch, so merkwürdig das zunächst vielleicht klingt, nichts mit der Vererbung erworbener Eigenschaften zu
tun. Denn die Eigenschaften sind nicht evolutionistisch erworben worden, sondern waren von Anfang an mit der größeren
Anpassungsfähigkeit gegeben. Aus diesem Anpassungspotential sind bei vielen Arten nur die für die jeweiligen Umweltbedingungen
notwendigen Bereiche erhalten geblieben. Der 'Rest' ist durch Mutationen (Anhäufung schwach nachteiliger Allele) verloren gegangen Bildung sekundärer Arten. Durch Rekombination kann ein Teil des verlorengegangenen Potentials wiedergewonnen werden (vgl. p. 126 f.).
Mutationen und Transposonaktivitäten steuern bei den sekundären Arten zur Variabilität und Mikroevolution bei.
31
So könnte man serienweise Fragen nach dem Selektionsvorteil einzelner morphologischer
Merkmale der verschiedenen Ehrenpreis-Arten stellen: Welchen entscheidenden Anpassungsund damit Selektionsvorteil sollen z. B. die Blattform(en) von V. hederifolia im Vergleich zu
V. triphylla und V. arvensis und diese zu allen übrigen (oder umgekehrt) haben? (Vgl. Hartl,
p. 181.) 47 Welchen entscheidenden Anpassungsvorteil sollte eine stumpf vierkantige
Hauptachse (V. alpina, V. anagallis-aquatica, V. anagalloides, V. scutellata 48) in Konkurrenz
zu stielrunden Hauptachsen der meisten übrigen Ehrenpreisarten aufweisen? (Und bei V.
catenata ist die Hauptachse "stumpf vierkantig bis fast stielrund", Hartl, p. 228). Welchen
Selektions- und Anpassungsvorteil sollte ein vierzähliger Kelch gegenüber einem
fünfzähligen haben? Welche Vorteile ein fast kugeliger, isodiametrischer Fruchtknoten mit je
2 Samenanlagen pro Fach, ohne transversale Rille, am Griffelansatz kaum ausgerandet, die
Blumenkrone 2 - 6 mm breit (V. hederifolia) im Vergleich zu einem eiförmigen Fruchtknoten
mit 6- bis 9-samigen Fächern, der transversal nur mäßig abgeflacht und etwas gedunsen ist,
mit transversaler Rille, am Griffelansatz auf 1/8 ihrer Länge spitzwinklig ausgerandet, die
Blumenkrone 5 - 7 mm breit (V. praecox)? Seitenweise lassen sich weiter solche Fragen zu
morphologischen Merkmalen stellen (etwa zu zahlreichen Details der Blüten- und
Infloreszenzmorphologie und zur Form der Samen, des Pollens und des Wurzelwerks), fast
alles Merkmale, die man vielleicht hin und wieder mit selektionstheoretischen Spekulationen,
aber nicht anhand überzeugender Daten und Untersuchungen beantworten könnte.
Offenbar unabhängig von den mitteleuropäischen Botanikern wie Goebel,
Troll, Eckardt, Weber, Hartl und vielen anderen sind bedeutende englische und
US-amerikanische Botaniker wie John Christopher Willis (FRS) (1868-1958),
unter anderem Direktor des Botanischen Gartens von Rio de Janeiro, und
Arthur John Cronquist (1919-1992), New York Botanical Garden, zum gleichen
Ergebnis gekommen. 49 J. C. Willis begann seine Karriere als 'gläubiger
Darwinist' 50 und lehnte später allein aufgrund seiner empirischen Studien die
Selektionstheorie mit vielen Argumenten ab. So ergänzt er unsere VeronicaStudien mit zahlreichen weiteren Beispielen. In seinem Werk The Birth and
47
Hartl zur Variabilität der Blattformen Veronicas, p. 157: "Spreite schmal lanzettlich bis breit herzförmig; Rand meist fein bis grob gesägt,
gezähnt oder gekerbt, seltener tief gebuchtet, zerschlitzt, fiederteilig, doppelt fiederteilig oder glatt." Selektionsvorteile für die einzelnen
Formen und Unterschiede?
48
"Im unteren Teil stumpf vierkantig..." (Hartl, p. 217).
49
"ADAPTATION , or suitableness, with an implied meaning of having been suited by some particular agency, is a subject that has
been as much discussed as any in biology, and especially since the publication of the theory of natural selection, which is essentially
based upon it. Under that theory a new organism only comes into existence because it is an adaptational improvement upon that
from which it is derived. In other words, improvement in adaptation is the only reason for which new organisms evolved. But the only
thing that shows that they are new organisms is a structural or morphological difference between them and other forms, even if the
latter be obviously closely related to them. It was, therefore, taken for granted (it could hardly be otherwise) that the morphological or
structural characters were the expression of the adaptation that had gone on, and therefore had, themselves, a greater or less adaptational value.
Once this was fully realised, there was a great rush into the study of adaptation, especially during the 'eighties and early 'nineties
of …[the 19 th ] century. But in spite of all the work that was put into it, no one ever succeeded in showing that even a small
percentage of the structural characters, that were the reason why plants were divided into so many families, genera and species,
had any adaptational meaning or value whatever. No value could be attributed to opposite as against alternate leaves (or vice
versa), to dorsal against ventral raphe, to opening of anthers by pores or by slits, and so on” (Willis 1940/1974, p. 52).
Zu Cronquist: [He] "is unable to see significant selective advantages correlated with taxonomically significant differences in such features as
foliar structure (e.g., simple and compound leaves, pinnate and palmate venation, alternate, opposite, and whorled leaves), stomatal apparatus,
nodal anatomy, phloem arrangement, vascular bundle arrangement, flower sexuality (e.g., perfect or unisexual), number and arrangement of
perianth parts, number and distribution of germ furrows and germ pores of pollen gains, placentation, carpel number, and endosperm
ontogeny.”49
50
"He was quite familiar with Darwin's work and personally associated with Darwin's son, Sir Francis. Willis adopted a Darwinist viewpoint
early in his career, but largely rejected it during his years in Ceylon (1896-1911), where he gained expert knowledge of tropical flora and the
remarkable plant family Podostemaceae (Willis, 1902)" W. W. Moos und A. E Schuyler 1974, p. XI. Und Willis über sich selbst: "...though
brought up in its [natural selection's] strictest school, soon began to feel very doubtful about it, and a few years of experience with tropical
vegetation made him realise that selection could not be responsible for evolution" (Willis 1940/1974, p. XV). Weiten Kreisen bekannt
wurde Willis durch sein A Dictionary of the Flowering Plants and Ferns; First published 1897, 8th Edition 1966/1973, revised by H. K. Airy
Shaw, Royal Botanic Garden, Kew, Cambridge University Press.
32
Spread of Plants (1949, 561 pp.) lesen wir über Ranunculus (p. 12):
"The current theory, that dispersal is due to adaptation acquired by gradual structural evolution, uses what
termed "the verbal anodynes [schmerzstillende Mittel] by which the discomfort of ignorance is dulled",
but cannot explain the facts. To what is Ranunculus, or any of its species, really adapted? Reference to a
couple of British floras shows that they inhabit "ponds, ditches, running streams, deep still waters, rivers,
marshes, salt-marshes, wet places, sandy shores of lakes, bogs, thickets, pastures, meadows, cornfields,
waste places, woods, bushy places, and most of all cultivated places and slovenly [vernachlässigte] farms.” [Die
HUXLEY
Gattung kommt also ebenfalls auch in oligotrophen Lebensräumen vor.]
Und zwei Seiten weiter zu den Gattungen Clematis, Thalictrum, Anemone,
Myosurus, Caltha, Helleborus, Trollius, Aquilegia, Aconitum und Actaea 51:
"It is of interest to note that the other ten British genera make up a list of localities not much inferior
to Ranunculus itself – woods, open woods, moist copses [Gestrüpp, Wäldchen], thickets, hedges, cornfields,
chalk and limestone pastures, stony pastures, mountain pastures, parks, riverbanks, moist meadows, the
sides of ditches, marshes, alpine bogs, sandy shores, chalk hills, dry limestone soils, waste places, old
walls, ruins, &c. Similar variety may be found in other large families and genera in BRITAIN.”
Zu den bog plants und water plants, die uns im Rahmen der KarnivorenFrage besonders interessieren, bemerkt er im Vergleich zu den Xerophyten
(1940/1974, pp. 53/54) (Hervorhebungen im Schriftbild wieder von mir): 52
"…as one went downwards to either extreme [of the mesophytes], to the water plants (hydrophytes) on the one side, or
to the plants growing in dry climates (xerophytes) on the other, one began to find characters more or less individual to
the species, that had something definite to do with the mode of life of the plants, and which therefore might be
called adaptive characters. On the one side [water plants] one found the somewhat negative characters of absence
of strengthening tissue and absence of stomata, with diminution or absence of the roots 53; on the other side one
found the more positive characters such as sinking of the stomata in pits, hairy or waxy leaves, and in the most
extreme cases, such as the cacti, of storage of water in the tissues. But few of all these characters, of whichever
group, though they might make great changes in the general look of the plants, were of great importance in the
separation of plants into species, or into genera, and still less into families. There is little evidence that even such
great adaptations as are involved in the development of hydrophytes or of xerophytes can cause such great
morphological or structural differences as actually exist between plants. A mere glance at the composition of any
ecological group of plants that are suited to any given situation is sufficient to show the truth of this. Take, for
example, the plants that occur in boggy places in Britain,… There are about twenty genera represented, of which
eight are Monocotyledons,… Though the differences between them and the Dicotyledons are about the most
important structural differences that occur, there is no evidence to show that they have any adaptational value
whatever. The bog plants also show both alternate and opposite leaves, superior and inferior ovaries, capsules
that are septicidal and loculicidal, and that open by lids, that are divided into several loculi or have only one,
whilst there are also achenes, follicles, berries, drupes, and schizocarps among the fruits. The twelve genera of
Dicotyledons belong to ten different families, including both Polypetalae and Sympetalae, and so on. In Ericaceae,
where two genera occur, one has a berry, the other a capsule. Nowhere is there any indication that the supposed
structural adaptation had anything to do with the fact that they all live in bogs, and must therefore be adapted,
or suited at any rate, to that mode of life. Other British ecological groups of plants – those of chalk-downs,
mountains, and dunes, etc. – will show similar results. "
Willis begründet seine Schlussfolgerungen weiter wie folgt, wobei mir das
Beispiel von Sedum villosum ganz besonders aufschlussreich erscheint (pp.
53/54):
"Everywhere one finds that there are plants showing the important characters of classification and distinction, and
even showing, in many cases, both members of the contrasting pairs that are given in the list of family characters
51
Reihenfolge nach Unterfamilien und Häufigkeit der Arten der verschiedenen Gattungen in Watsonian vice-counties of Britain.
52
Einleitend zu diesem Abschnitt stellt er zunächst fest: "In the characters of the plants of average moist climates (often called mesophytes,
as occupying the middle position), it was very difficult to find anything that could be called in any way adaptive, except those general
characters, which are common to most of the higher plants and occur in almost every kind of conditions, such as roots (which are adapted to
taking up food), leaves (adapted to forming food by aid of the energy of light taken in), flowers, fruits, seeds, etc." Zu den flowers z. B.
könnte man natürlich Einiges an Anpassungen zitieren und auch in vielen Fällen wieder in Frage stellen.
53
Werfen wir in diesem Zusammenhang auch kurz einen Blick auf die Moose, die statt Wurzeln allgemein nur Rhizoide besitzen.
"Wassermoose zeichnen sich durch das Fehlen von speziellen morphologischen Anpassungen aus. Sie besitzen weder Leitstränge noch
Papillen, weder eingerollte Blätter noch lamellierte Rippen" - Frahm 2001, p. 167 (lediglich Fließwasserarten weisen besondere Strukturen
auf).
33
(Appendix I). These characters show no relation whatever to any of the ecological features that may give the
character to the locality. Almost any family or genus, if large … may be found in almost any kind of locality
represented by some of its species. For example, in the bog flora just mentioned, there occurs Sedum villosum, a member
of a large genus of 450 species usually xerophytic. And not only so, but it is a hairy species, bearing a character usually
specially associated with xerophytism. 54 Morphologists have long maintained that structural characters have nothing
to do, directly, with the life or functions of the plant, and it would appear that they are right in this contention, which
violently contradicts the supposition of selection as a chief cause in evolution. The evolution that has produced
more than 12,000 genera and 180,000 [300,000] species has not been, primarily, an adaptational evolution, as the writer
tried to show twenty-five years ago in the case of the Podostemaceae.”
D'Amato erwähnt für Pinguicula ("pings") folgende Standorte (1998, p.
192, ähnlich McPherson 2008, pp. 287-288):
"Since pings grow on nearly half of our planet, their climates obviously differ greatly. In the north, their habitats are
often frozen or frosty in winter, and they can sometimes be found accompanied by sundews and pitcher plants. But in
the more tropical countries of Mexico and the Caribbean, butterworts have adapted to survive long periods of
drought. Some, found growing in alkaline dry areas of Mexico, are even companions of cacti and other succulents.
There are also species that grow epiphytically on trees (as do the tillandsia air plants), and a species has been found
growing in mossy patches near glaciers in the Arctic.
Zur Veranschaulichung: Pinguicula moctaezumae aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pinguicula_moctezumae
Wenn ich die Abbildung richtig interpretiere, hat Pinguicula hier am Standort kaum etwas gefangen.
Casper, der zu dieser Gattung eine Monographie und viele weitere Arbeiten
verfasst hat, kommt auf zahlreiche Details der geographischen Verbreitung von
Pinguicula zu sprechen und stellt zu den etwa 80 Arten u. a. fest (1975, pp.
54
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang daran, dass Werner Rauh (1913-2000), Direktor des Instituts für Pflanzensystematik und
Pflanzengeographie (Geobotanik) in Heidelberg und Direktor des Heidelberger Botanischen Gartens, in einem Seminarvortrag um 1980 in
Bonn ebenfalls von Pflanzen mit den scheinbar typischen Anpassungsmerkmalen der Xerophyten im tropischen Regenwald berichtete. Der
Versand Haage bietet unter vielen anderen "seltene Species der Kakteen aus dem Regenwald" an. Zum Kakteen-Buch von H.-F. Haage
(2008) lesen wir: "Allerdings sind ihre Ansprüche so verschieden wie ihre natürlichen Standorte - vom brasilianischen immerfeuchten
Regenwald bis in die kalten und trockenen Hochanden, von den küstennahen Nebelwüsten bis ins angenehme Klima der Karibik, Mittelund Nordamerikas" (vgl. http://www.biothemen.de/Buch/gartenbuch_gartenpflanzen/kakteen-haage.html, Zugriff am 13. 1. 2010).
34
510/511, die Artenzahlen sind inzwischen zum Teil nach oben zu korrigieren):
"Im Norden dringt die Gattung mit P. vulgaris L. auf Grönland bis etwa 73° N vor, den Südpunkt markiert P. antarctica VAHL unter etwa
56° S in Feuerland und auf Staten-Island. Im eurasiatischen Teilareal liegen die südlichsten Fundorte in Nordwestafrika unter etwa 35° N (P.
vulgaris L.) und in Südwestchina unter etwa 26° N (P. alpina L.).
Die flächenmäßig gewaltige Ausdehnung des Verbreitungsgebietes in der nördlich gemäßigten Zone geht im wesentlichen auf die Existenz von
nur drei weit verbreiteten Arten (P. vulgaris L., P. villosa L. und P. alpina L.) zurück. Das eigentliche Massenzentrum liegt im nördlichen Teil
der Neotropis, wo 19 Arten beheimatet sind, von denen 6 Endemiten der Großen Antillen und 11 Bewohner der mexikanischen Bergländer sind.
In den nordöstlich benachbarten Coastal Plains des südöstlichen Nordamerika siedeln weitere 6 Arten, so daß die Region rund um den Golf von
Mexiko nicht weniger als 25 Arten beherbergt. Demgegenüber nimmt sich das Artenzentrum im europäischen Teil der Holarktis mit seinen 12 Arten
recht bescheiden aus. Diese zu beiden Seiten des Atlantik gelegenen Häufungszentren bedingen den ausgeprägt bizentrischen Charakter des
Areals.
(…) Das Substrat k a n n Sand, Feinschutt, Lehm oder Humus, es m u s s locker, porenreich und leicht durchfeuchtbar sein. Die Reaktion
der Böden kann sauer, neutral oder basisch sein; extrem arme Standorte werden gemieden; Mineralböden gelegentlich bewachsen: die Gattung
ist ziemlich bodenvag. Siedelt sie auf nacktem Fels, so ist dieser von einer dünnen Verwitterungskrume, von detritischem Abfall oder von
Algenlagern überzogen. Zwei Arten sind echte Epiphyten."
Das Areal der Gattung Pinguicula L. (nach Casper 1975, p. 511, Abb. verkleinert wiedergegeben); ganz
ähnlich McPherson 2008, p. 288, der übrigens 92 Arten (p. 285) aufführt.
"Derartige Wohnstätten sind in allen Klimazonen und Höhenstufen gegeben, doch offensichtlich in Gebirgen häufiger als in Tiefländern.
Die höheren und mittleren Lagen der Bergländer sind die bevorzugten Heimstätten der Fettkräuter. 36 Arten siedeln in Höhen über 800 m
und nur 10 kommen in der planaren Stufe vor. Im Himalaja steigt P. alpina L. bis zu 4100 m auf, in den andinen Paramos erreichen P.
calyptrata H. B. K. und P. elongata BENJ. 4100 m bzw. 4000 m, während in den andinen Yungas P. involuta Ruiz et PAV. bei 3 800 m
zurückbleibt. In der südspanischen Sierra Nevada wird P. nevadensis (LINDBG.) CASPER noch in 3000 m Höhe gefunden, und auch P.
leptoceras RCHB. dringt in den Alpen bis in diese Höhen vor.
Die Sippen der subtropischen Gebirge Mexikos und Zentralamerikas sind überwiegend in den mesophytischen Kiefern-EichenMischwäldern der Tierra Templada oder in den immergrünen Nebel- und Höhenwäldern der Tierra Fria zu Hause. In den
südamerikanischen Tropen werden die über der Waldgrenze gelegenen Paramos und Yungas bevorzugt, im chilenischen Teilareal dringen
die Sippen in die Hochmoore und Rieselflure der patagonisch-feuerländischen Regenwälder vor. Reich an Fettkräutern sind die Flach- und
Zwischenmoore, die Rieselflure und Quellhorizonte der montan bis nivalen Stufen oder auch die tropf- und sickerwasserfeuchten Felswände
der montan-subalpinen Mischwaldstufen Eurasiens. Die neuweltlichen Tieflandsippen sind an die Kiefernsavannen ("pine-flatwoods",
"pine-lands") der Küstenregionen gebunden, die zirkumpolare P. villosa L. bewohnt die Zwergstrauchmoorsiedlungen der Tundra und P.
lusitanica L. die atlantischen Heiden."
Wenn es also darum geht, die Evolution von Gattungsmerkmalen durch
Anpassung und Selektion zu demonstrieren, dann würde man erwarten, dass die
Gattung Pinguicula an den verschiedensten Stellen ihres gewaltigen Areals
kontinuierliche Übergangsserien zu anderen (neuen) Gattungen (vielleicht zu
Genlisea) zeigen würde. Statt dessen ist sie jedoch – wie das ja auch generell bei
den Genera der Fall ist – klar und deutlich von allen anderen Pflanzengattungen
unterscheidbar. Übergangsserien zu anderen Gattungen existieren nirgends.
35
Noch zahlreicher sind übrigens die Standorte der etwa 220 Utricularia-Arten (aquatisch [frei schwebend, "affixed"
semiaquatisch, terrestrisch [auch als Lithophyten und Epiphyten] und Utricularias Areal übertrifft
noch deutlich das von Pinguicula – und wieder gibt es nirgends Übergangsserien zu anderen Pflanzengattungen.
und als Rheophyten],
In welchen Schwierigkeiten sich die Anhänger der Anpassungstheorie
befinden, zeigt sich unter anderem darin, dass sie zu Behauptungen Zuflucht
nehmen, die zumeist weder verifizierbar noch falsifizierbar sind:
"Mayr (1963) claimed that "one can never assert with confidence that a given structure does not have
selective significance.” And Simpson (1953) argued that "the fallibility of personal judgements as to the adaptive
value of particular characters...is notorious”, – referring especially to features of animals quite unlike any now
living. Dobzhansky (1975) asserted that "not even a biologist of Grassé's experience can judge reliably which
characters are useful, neutral, or harmful in a given species.” These statements may illustrate the frequency and
depth of the problem. Yet the perceptive reader may wonder whether such statements can ever be falsified
(Grassé 1977; Brady 1982; ReMine 1993; Wesson 1997; Müller and Newman 2003)." 55
Zum Thema Adaptation sind Venditti et al. (2010) 56 mit einem völlig anderen
Ansatz zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen wie die oben zitierten kritischen
Autoren.
"The Red Queen describes a view of nature in which species continually evolve but do not become better
adapted. … We find that the hypotheses that speciation follows the accumulation of many small events that act
either multiplicatively or additively found support in 8% and none of the trees, respectively. A further 8% of
trees hinted that the probability of speciation changes according to the amount of divergence from the ancestral
species, and 6% suggested speciation rates vary among taxa. By comparison, 78% of the trees fit the simplest
model in which new species emerge from single events, each rare but individually sufficient to cause
speciation. This model predicts a constant rate of speciation, and provides a new interpretation of the Red
Queen: the metaphor of species losing a race against a deteriorating environment is replaced by a view linking
speciation to rare stochastic events that cause reproductive isolation." 57
In diesem Zusammenhang sei kurz auf die Einwände der neutralen Theorie
der molekularen Evolution zum Absolutheitsanspruch der Adaptations- und
Selektionstheorie hingewiesen (was eigentlich ein ganzes Thema für sich ist).
In Scitable by Nature Education (2010) 58 lesen wir:
"Neutral theory claims that the overwhelming majority of evolutionary changes at the molecular level are
not caused by selection acting on advantageous mutants, but by random fixation of selectively neutral or very
nearly neutral mutants through the cumulative effect of sampling drift (due to finite population number) under
continued input of new mutations." Matoo Kimura (1991): The neutral theory of molecular evolution: a review
of recent evidence. Jpn J Genet 66, 367-386.
Ohta hob (1980, p. 120) hervor, dass dieser Ansatz totally against the neoDarwinian view of evolution ist 59:
"In 1968, Kimura (1968) proposed a neutral theory of molecular evolution which states that the majority of
amino acid substitutions in evolution must be neutral with respect to natural selection and due to random genetic
drift at reproduction. In the next year, King and Jukes (1969) advocated the theory from the more biochemical
55
56
Lönnig et al. 2007, p. 26.
Nature 463, 349-352 (2010).
57
Ich möchte an dieser Stelle nicht diskutieren, ob Schlussfolgerungen wie "constant rate of speciation" tatsächlich zutreffen, sondern hier
nur hervorheben, dass das Adaptationsdogma auch von ganz anderer Seite in Frage gestellt wird.
58
A free science library and personal learning tool brought to you by Nature Publishing Group, the world's leading publisher of science.
http://www.nature.com/scitable/definition/neutral-theory-of-evolution-141
59
Ich hebe hier die folgenden Punkte hervor, weil von Seiten der Synthetischen Evolutionstheorie immer wieder versucht wird, nach
verlorener Schlacht den Kontrast zwischen ihr und der neutralen Theorie der Evolution herunterzuspielen (vgl.
http://www.weloennig.de/AesV3.html).
36
standpoint in the name of "non-Darwinian evolution". Since this hypothesis is totally against the neo-Darwinian
view of evolution 60, it met strong criticisms and objections in the subsequent years (see Kimura 1979 for
review). Although the original theory needed a few modifications (Ohta 1974), it has survived and much data
have suggested its correctness.”
Ähnlich Kimura 1980, p. 1:
"I believe that the traditional paradigm of neo-Darwinism needs drastic revision... ”
Und im Jahre 1983 begründete Kimura seine Auffassung wie folgt:
(p. 306:) "Unlike the traditional synthetic theory (or the neo-Darwinian view) the neutral theory claims that the
great majority of evolutionary mutant substitutions are not caused by positive Darwinian selection but by
random fixation of selectively neutral or nearly neutral mutants. (p. 307:) Against the neutral theory, strong
opposition and criticism have been leveled by the 'selectionists' who adhere to the traditional synthetic theory.
They consider evolutionary mutant substitutions must be adaptive and caused by positive Darwinian selection.
They also regard protein polymorphism as adaptive and claim that it is maintained in the species by some form
of balancing selection. In other words, they invoke two different kinds of selection to explain these two
phenomena."
Die Substitutionen sind allerdings derart zahlreich, dass keine Adaptationsund Selektionstheorie diese noch in den Griff bekommen kann.
Mit allem Nachdruck ist die Schule von Stephen Jay Gould 61 in den letzten
Jahrzehnten dem Absolutheitsanspruch der Adaptations- und Selektionstheorie
entgegengetreten. 62 Im Zusammenhang mit der Entstehung des menschlichen
Gehirns schreibt er zum Beispiel (2002, p. 1264):
"A failure to appreciate the central role of spandrels, and the general importance of nonadaptation in the
origin of evolutionary novelties, has often operated as the principal impediment in efforts to construct a proper
evolutionary theory for the biological bais of universal traits in Homo sapiens – or what our vernacular calls
"human nature” .”
60
Crow kommentierte (1981, p. 9): "..the "neutral" theory of Ohta, and now of Kimura, has become a theory of substitution of mildly
deleterious genes, especially in smaller populations. This may seem like an unsatisfying assumption to many. It is as if evolution were
steadily running downhill, as if gene functions were being successively inactivated. It is hard to think of oneself as an inactivated amoeba.”
61
Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Stephen_Jay_Gould. Der Artikel zeigt zum Teil deutliche neodarwinistische Tendenzen. Richtig ist
jedoch zum Beispiel das Folgende: "Gould's greatest contribution to science was the theory of punctuated equilibrium which he developed
with Niles Eldredge in 1972.[1] The theory proposes that most evolution is marked by long periods of evolutionary stability, which is
punctuated by rare instances of branching evolution. The theory was contrasted against phyletic gradualism, the popular idea that
evolutionary change is marked by a pattern of smooth and continuous change in the fossil record.”
62
Gould gehört übrigens für mich zu den sympathischsten und geistreichsten Atheisten (ob das von seiner Seite mir gegenüber auch der Fall
gewesen wäre, weiß ich nicht, aber immerhin konnte selbst der "young earth creationist" Kurt Wise bei Gould [sogar] promovieren), denen
ich jemals – fast hätte ich gesagt – begegnet bin. Tatsächlich hatte ich eine Chance zu einem Gespräch mit ihm, nachdem er in Tübingen eine
Laudatio auf seinen Kollegen Adolf Seilacher gehalten hatte. Aus irgendeinem mir selbst nicht verständlichen Grund habe ich diese
Gelegenheit nicht wahrgenommen – was mich an die bittere Wahrheit erinnert, dass es in diesem Leben manchmal nur eine einzige Chance
gibt, die, wenn man sie nicht wahrnimmt, niemals wiederkommt.
Wenn ich auch viele seiner Beiträge geradezu "verschlungen" habe, so möchte ich doch erwähnen, dass ihn seine Abneigung gegen einen
intelligenten Ursprung der Lebensformen manchmal in erstaunliche Widersprüche verstrickte. Casey Luskin schreibt "In a famous
admission, the leading evolutionary paleontologist Stephen Jay Gould stated that "[t]he absence of fossil evidence for intermediary stages
between major transitions in organic design, indeed our inability, even in our imagination, to construct functional intermediates in many
cases, has been a persistent and nagging problem for gradualistic accounts of evolution.”… In his earlier quote, Gould plainly admitted that
"transitions between major groups are characteristically abrupt” but then later, during the heat of political battles with creationists in the early
1980s, he alleged that transitional forms are "abundant between larger groups.” Which Gould are we to believe? The answer is clear: Gould's
scientific partner in promoting the punctuated equilibrium model, Niles Eldredge, concurs with the former Gould that "[m]ost families,
orders, classes, and phyla appear rather suddenly in the fossil record, often without anatomically intermediate forms smoothly interlinking
evolutionarily derived descendant taxa with their presumed ancestors.” Elsewhere, Eldredge again validates the former Gould, stating that
"the higher up the Linnaean hierarchy you look, the fewer transitional forms there seem to be.” It seems very clear which Gould we should
believe – and it is not the one who made his statements in the heat of political battles with young earth creationists” (vgl.
http://www.ideacenter.org/contentmgr/showdetails.php/id/1473).
37
Es wäre eine umfangreiche Aufgabe für sich, Goulds Auffassungen, die die
Selektionstheorie und den Adaptionismus deutlich kritisieren und relativieren
und dennoch zugleich umfassen, differenziert darzustellen (er nannte sich z. B.
selbst einen Darwinisten) sowie seine zutreffenden Aussagen herauszuarbeiten.
Der wichtigste Punkt zu unserer Diskussion ist vielleicht die folgende
Kurzdarstellung seiner Auffassung zum Thema Evolutionary Progress
(Wikipedia, last modified on 29 January 2010) mit Anmerkungen in eckigen
Klammern von mir:
"Gould favored the argument that evolution has no inherent drive towards long-term progress. Uncritical
commentaries often portray evolution as a ladder of progress, leading towards bigger, faster, and smarter
organisms [wie MN im Falle von Pinguicula, Genlisea und Utricularia und anderen karnivoren Pflanzen]. The
assumption being that evolution is somehow driving organisms to get more complex, and ultimately more like
humankind. Gould argued that evolution's drive was not towards complexity, but towards diversification.
Because life is constrained to begin with a simple starting point, any diversity resulting from this left wall will be
perceived to move in the direction of higher complexity. But life, Gould argued, can easily adapt towards
simplification, as is often the case with parasites.”
Einige Punkte aus Goulds Argumentation zum Thema centrality of spandrels 63
and nonadaptation in evolutionary theory (2002, pp. 1258):
"I think that spandrels pass the first test [their engagement with conventional theory in a challenging way
that suggests potentially important changes or expansions in our general understanding of evolution] in a
robust manner, for their existence at high relative frequency (the claim of the second test) would challenge a
key procedure of the adaptationist program that has long served as the day-to-day working methodology of
Darwinian biologists engaged in the explanation of particulars. At the most basic level, we simply cannot gain
an adequate evolutionary explanation for a trait by elucidating, however elegantly, however experimentally,
and however quantitatively, its contribution to the fitness of the organisms or populations in which it now
resides. Purely adaptationist analysis therefore cannot resolve history for two major reasons:
1. Through the principle of quirky functional shift, and Nietzsche's discordance between reasons for current
utility and sources of historical origin, our understanding of how a current trait works cannot elucidate its
mode of origin – an ineluctably and logically central task of evolutionary explanation, and one of the most
interesting questions that any historical science can pose.
2. Adding insult to injury, even the most sophisticated documentation of adaptive value in a current
feature gives us no right to assert similar adaptational control over its past states — even admitting the
principle of quirky functional shift, and the possibility of strikingly different past usages, with current
functions emerging as exaptations. Rather, the principle of spandrels suggests that a high percentage of traits
now contributing in important ways to fitness arose for no adaptive reason at all, but rather as automatic side
consequences of other forces (usually selection on other aspects of the organism to be sure 64, but with no
direct selection on the trait under study). The adaptationist program cannot provide a full accounting of
evolutionary change if a high percentage of traits originated as nonadaptive spandrels.”
Der zoologische Systematiker R. E. Blackwelder stellte schon vor Jahren fest,
63
"A spandrel (less often spandril or splaundrel) is the space between two arches or between an arch and a rectangular enclosure”
(Wikipedia). "The general architectural term for such "spaces left over" is spandrel— a lovely name derived from the primordial
human tool of measurement, the span of our own hand (or of the corresponding feature in an anthropomorphized divine architect—as
in Isaiah's God (40:11-12) "who hath measured the waters in the hollow of his hand, and meted out heaven with the span"). Classical
spandrels are two-dimensional spaces left over (Figure 11-9) including the vertical boards between steps of a staircase, the triangular
spaces between arches arrayed in a linear row, and the flat horizontal Stretches (called "spandrel courses") on large office buildings,
located between the tops of Windows on the floor below and the bottoms of Windows in the next story just above” Gould 2002, p. 1250).
64
Mit dem Hinweis "usually selection on other aspects of the organism to be sure” versucht Gould zwar implizit (1.) das Problem der
selektiven Vorteile nicht funktionierender Stadien in den Anfangsphasen der Entwicklung neuer Strukturen zu umgehen (wie
übrigens schon Darwin in der Auseinandersetzung mit Mivart), (2.) gleichzeitig die Existenz heute nicht überzeugend adaptiv
deutbarer Phänomene zu erklären und (3.) vielleicht auch das Problem der Finalität der Evolution zu mildern. – Verschiebt er aber
damit nicht die Selektions- und Anpassungsfrage nur auf kaum oder nicht mehr testbare Weise? Denn egal wie die Situation heute
aussieht, man kann dann immer behaupten, der zu untersuchende Merkmalskomplex sei ein Nebenprodukt einer unbekannten
Adaptation – also auch ein Nebenprodukt letztlich doch finalistischer Evolution im Sinne Trolls und Thompsons. Dennoch spricht
Gould mit seiner obigen Kritik ganz wesentliche Schwachpunkte des Adaptionismus an.
38
dass man von Strukturen unterschiedlicher Komplexität nicht auf deren Evolution
schließen kann. Er schreibt z. B. über die Wirkung der Darwinschen
Evolutionstheorie auf die Morphologie 65:
"Accordingly, the morphologists experienced a revolution. Their work was given direction and a definite goal, and they spent
nearly half a century to unravel evolution by means of structure. It has often been forgotten that this effort ended in failure.
Anatomy and embryology were not able to explain or prove evolution, even after the fields became largely experimental,
because they were trying to infer from static phenomena (the intimate structure of the body) the dynamic relations in a course
of events (organic evolution). This was a hopeless task, as was pointed out by Raymond Pearl, in spite of the fact, that it was
bolstered by certain plausible ideas that were mistaken for natural laws. Among these was the idea of ontogenetic recapitulation
of phylogeny and the belief in an objective basis for homology. It would be doubtless more accurate to say that the search for
morphological proof of evolutionary theory was the result of belief in these things."
Zum Punkt (23), dass nach MN die Gattung Genlisea "das UtriculariaProblem evolutionär handhabbar erscheinen" lassen soll, mit der Begründung,
dass deren Falle "weniger komplex strukturiert ist" als die Utricularias,
"gleichwohl aber einen Nutzen hat" 66 können zur Widerlegung der
evolutionären Deutung zusammenfassend folgende Tatsachen und Fragen
aufgeführt werden:
(a) Auch nach Einschätzung vieler Evolutionstheoretiker handelt es sich bei
den Fangapparaten von Utricularia und Genlisea um grundsätzlich
unterschiedliche Systeme, die nicht voneinander ableitbar sind. Utricularia:
Aktive Saugfalle vor allem für Kleinkrebse im Kontrast zu Genlisea mit ihrer
passiven Protozoen-Reusenfalle ("la technique de capture de la proi est
totalement differente" etc.). Die einst angenommene Saugfunktion von Genlisea
ist widerlegt.
(b) Die Höhe der Komplexität korreliert in der Regel nicht mit dem Grad und
Erfolg der Anpassung, so dass die Selektionstheorie keine Erklärung für die
unterschiedlichen Differenzierungsstufen im Organismenreich liefert:
Utricularia und Genlisea können am selben Standort vorkommen ("both are commonly found
growing sympatrically" - Fleischmann 2010, p. 1143), an dem weiter auch so erstaunlich
unterschiedlich hoch differenzierte Formen wie Algen, Moose, Farne und zahlreiche (weitere)
Blütenpflanzen auftreten. Und selbst bei den Blütenpflanzen finden wir noch scheinbar "primitive"
neben "weiter- und höher entwickelten" Arten, Gattungen und Familien. Wenn die Pflanzenformen –
während sie immer komplexer wurden und damit die evolutionäre Stufenleiter erkletterten – auch
immer angepasster und überlebensfähiger geworden sind, warum sind dann die angeblich weniger
angepassten (inferioren) Algen, Moose und Farne nicht schon längst ausgestorben? Warum treten sie
statt dessen zusammen mit Utricularia, Genlisea und zahlreichen weiteren Angiospermen-Arten auf?
Mit anderen Worten: Warum also finden wir die "new and improved forms" zusammen mit den
angenommenermaßen weniger angepassten und damit weniger konkurrenzfähigen "less improved"
ones Seite an Seite und sogar "closely related species [that] co-exist in the same area and in the
same circumstances"? Warum können überdies mehrere Utricularia-Arten am selben Standort
auftreten, wenn die eine jeweils besser als die andere daran angepasst ist? Wir erinnern uns: "As
natural selection acts solely by the preservation of profitable modifications each new form will tend ...
to take the place of, and finally to exterminate, its own less improved parent-form and other lessfavoured forms with which it comes into competition. Thus extinction and natural selection go hand
in hand” (Darwin).
65
1962, p. 2; Survey of Biological Progress 111. Blackwelder gilt als "distinguished coleopterist". Er war Mitbegründer und 1952 Herausgeber
der Systematic Biology und ist auch Verfasser des Guide to the Taxonomic Literature of Vertebrates, 1972.
66
Oder ganz wörtlich: "So muss der Fachmann gar nicht lange suchen, um ein Wasserschlauchgewächs ausfindig zu machen, dessen Falle
weniger komplex strukturiert ist als diejenige von Utricularia vulgaris, gleichwohl aber einen Nutzen hat: Die Gattung Genlisea…"
39
Willis (1940/1974, p. 88): "But many of the "lower" things, the seaweeds, the
lichens, the smaller ferns, the insects, etc., have not been killed out, but have
also increased very greatly in number. This has always been difficult to explain
upon the current theory, but is perhaps more easy of explanation if we consider
that evolution was not altogether a matter of continuous improvement in
adaptation..." (Siehe weiter die Anmerkung zu Willis auf der Seite 165.)
(c) Die Karnivoren sind selektionstheoretisch gleichwertig sowohl mit den
zahlreichen nichtkarnivoren Arten am selben Standort (wie oben schon hervorgehoben)
als auch miteinander (nahe verwandte 67 als auch völlig unterschiedliche Arten:
etwa Utricularia mit Pinguicula, Drosera und Sarracenia 68). Zu den Letzteren
könnte man einwenden, dass diese bezüglich ihrer unterschiedlichen
"Essgewohnheiten" z. T. zumindest unterschiedliche ökologische Nischen 69
innerhalb ihres Lebensraums besetzt haben (vgl. pp. 72, 79, 95, 103 mit
Fußnoten). Das erklärt jedoch nicht deren Entstehung. Pinguicula beispielsweise
bräuchte 'nur' ihre langgestielten, klebrigen Schleim produzierenden
Drüsenköpfchen weiter verlängern und vergrößern, um damit die Fangnische
(größere Insekten) von Drosera zu besetzen – abgesehen einmal von der Frage,
inwieweit der Insektenfang tatsächlich von so weittragend-absoluter Bedeutung
für das Überleben am Standort ist, wie ihr nach der Selektionstheorie allgemein
zugeschrieben wird. Pinguicula caduca, Drosera caduca und Triphyophyllum
peltatum sind nur temporäre Karnivoren, da die Blätter älterer Pflanzen nicht
mehr für den Insektenfang ausgerüstet werden, von dem Verlust der Karnivorie
in den übrigen Arten der Dioncophyllaceae, zu welcher Familie Triphyophyllum
gehört, und bei den Ancistrocladaceae ganz abgesehen. Überdies mahnen die
meisten der mir bekannten Züchter den vielleicht überraschten Käufer
karnivorer Pflanzen zum Punkt "Zufütterung" zur Vorsicht.
"Keine der Arten [von Pinguicula] tritt an Stellen auf, die durch extremen Mineralstoffmangel
gekennzeichnet sind, und nicht wenige Arten scheinen ebensogut mit wie ohne tierische Nahrung zu gedeihen"
(Slack 1985, p. 113).
So zeigt sich die selektionstheoretische Gleichwertigkeit über die erwähnten
Utricularia-Arten am gleichen Standort hinaus sehr schön auch bei nicht näher
verwandten Karnivoren mit ähnlichen Fangmethoden unterschiedlicher
Komplexität:
"Am einfachsten geschieht das beim Fettkraut (Pinguicula vulgaris). Die klebrige Blattoberfläche sieht wie
mit Butter bestrichen aus. Sehr kleine Insekten bleiben dort kleben, größere können sich problemlos wieder
67
Dietmar Jäger, pers. Mitteilung Januar 2010: "In einem nährstoffarmen Kleingewässer eines Niedermoors im Bodenseeraum konnten die
drei Utricularia-Arten U. australis (häufig), U. intermedia (verbreitet) und U. minor (selten) miteinander vergesellschaftet vorgefunden
werden. Begleitarten waren Nitella syncarpa, Chara vulgaris, Chara globularis, Potamogeton gramineus, Nymphaea alba, Alisma plantagoaquatica, Sparganium erectum, Phragmites australis und Typha latifolia." Auch sind Potamogeton-Arten häufig miteinander
vergesellschaftet. Anmerkung von W-E L: Niedermoore gehören generell zu den "sehr nährstoffreichen Standorten": http://de.wikipedia.org/wiki/Moor.
Sind in echten Hochmooren ("Armmoor" im Gegensatz zum Nieder- oder "Reichmoor") neben Drosera nicht noch viele Karnivoren-"Stellen" frei?
68
69
Siehe Beispiele unten.
Bei genauer Betrachtung handelt es sich beim Begriff der "ökologischen Nische" um einen teleologischen Begriff, so als wären die
Organismen für bestimmte Nischen prädestiniert. Zum Gebrauch teleologischer Termini in der Biologie vgl. die kritischen Ausführungen
von Rammerstorfer 2010.
40
befreien. Drüsen auf den Blättern produzieren eiweißzersetzende Stoffe, die gefangene Insekten abtöten und
zusätzlich verdauen …
Die Sonnentau-Arten (Drosera-Arten) haben eine kompliziertere Methode entwickelt, um Insekten zu fangen.
Die Blätter besitzen zahlreiche klebrige Tentakel, die an der Spitze in einem drüsigen Köpfchen enden. Berührt
ein Insekt, angelockt durch die glänzenden Sekrettröpfchen, ein oder mehrere Blätter, so klebt es daran fest und
wird von weiteren Tentakeln umschlossen. Das Blatt mit dem gefangenen Insekt rollt sich ein, und
Verdauungssekrete werden ausgeschüttet. Nach einigen Tagen öffnet sich das Blatt wieder und entläßt die
unverdaulichen Reste" (Nicholson 1991, p. 35).
Und doch können beide Arten "in the same area and in the same
circumstances” koexistieren. Eine Weiterentwicklung eines PinguiculaTypus zur komplizierteren Fangmethode von Drosera war also zum
Überleben an (auch von Drosera isolierten und daher von ihr nicht
besetzten) Biotopen selektionstheoretisch überhaupt nicht notwendig (vgl.
auch Slack unten p. 215), auch keine Evolution zu "Schlauchpflanzen" und
noch weniger zu terrestrischen Utricularia-Arten, mit denen die beiden erstgenannten Arten ebenfalls zusammen vorkommen können (siehe pp. 72, 79).
Überdies zeigen serienweise Beispiele (von Veronica über Ranunculus bis Sedum), dass die Anpassung
an die Standorte Utricularias auch völlig ohne zusätzliche Stickstoffquelle durch Karnivorie ("usually...
interpreted as an adaptive trait in environments where relevant nutrients are scarce") und ohne die Bildung
neuer Organe, Gattungen und Baupläne bestens und höchst erfolgreich funktioniert – und das
hundertfach unabhängig voneinander. Darüber hinaus kommen einige Arten wie U. vulgaris
schwerpunktmäßig gar nicht an oligotrophen (nährstoffarmen) Standorten vor, sondern an meso-eutrophen
und anderen (siehe oben). Der angenommene Selektionsdruck in Richtung Karnivorie entfällt damit (von
den nie beobachteten Mutanten zum Aufbau komplexer Organe einmal ganz abgesehen). Um so
erstaunlicher ist die Tatsache, dass auch nach phylogenetischen Voraussetzungen gemäß allen bisherigen
Befunden molekularer und morphologischer Analysen die Karnivorie mehrmals unabhängig voneinander
entstanden ist. Dieser Gedanke erschien jedoch einigen Abstammungstheoretikern derart unwahrscheinlich
und bedrückend, dass sie versucht haben, alle Karnivoren von einer gemeinsamen Vorfahrengruppe
abzuleiten:
Although the carnivorous nature of Roridula sp., Paepalanthus bromelioides and Brocchinia reducta is still
doubted by some authors, most writers agree that the nine fully substantiated families belonging to six different
plant orders already clearly show that carnivory in plants must have arisen several times independently of each
other. In a scenario of strong convergence based on morphological data the pitchers might have arisen seven times
separately, adhesive traps at least four times, snap traps two times and suction traps possibly also two times.
Nevertheless, such conclusions have been questioned by some authors as perhaps 'more apparent than real' (Juniper
et al., 1989, pp. 4, 283), discussing the origin of all carnivorous plant families from one basic carnivorous stem
group (Croizat had already dedicated a larger work to this hypothesis in 1960). The independent origin of complex
synorganized structures, which are often anatomically and physiologically very similar to each other, appears to
be intrinsically unlikely to many authors so that they have tried to avoid the hypothesis of convergence as far as
possible. Yet, molecular comparisons have corroborated the independent origin of at least five of the carnivorous
plant groups. However, Dionaea and Aldrovanda, which according to most morphological investigations were
thought to have arisen convergently, are now placed very near each other 'and this pair is sister to Drosera'
(Cameron et al., 2002, p. 1503). 70
(d) "Gleichwohl einen Nutzen": Abgesehen vom finalistischen Ansatz (vgl.
Troll und Thompson) vergisst MN beim Nutzen sowohl die Kosten zum Bau,
Unterhalt und Funktion der Fallen, die in mehreren Fällen so hoch zu sein scheinen,
dass eine besondere Anpassung ('Vorteilsanpassung' gegenüber anderen Arten)
im Sinne der Selektionstheorie fragwürdig wird (siehe die Details oben), als
auch die schon wiederholt erwähnte selektionstheoretische Gleichwertigkeit
mit allen anderen an den jeweiligen Standorten vorkommenden nichtkarnivoren
Pflanzenarten – von den Algen bis zu den Angiospermen (vgl. auch Nachtwey
70
Lönnig und Becker 2004, p. 5.
41
im Anhang p. 167). Für fast jeden Fall gilt das Wort Goebels: "Es geht so, aber
es ginge auch anders". Darüber hinaus zieht der schon erwähnte Verlust der
Karnivorie in zwei Pflanzenfamilien (Dioncophyllaceae und Ancistrocladaceae) die selektionstheoretische Deutung noch weiter in Frage.
V. Mit Genlisea, die das Utricularia-Problem schon seit vielen Jahren
handhabbar erscheinen lassen soll, bedient sich MN einer schon im Prinzip
naturwissenschaftlich fragwürdigen (da zirkelschlüssigen) Ähnlichkeitsargumentation, zu der ich wieder an Kuhns Einwand erinnern möchte (siehe
auch die weiteren Punkte der eingangs zitierten Autoren):
"Die Ähnlichkeit der organischen Naturformen erklärte man durch Entwicklung, diese wieder bewies man
durch die abgestufte Ähnlichkeit. Daß man hier einem Zirkelschluß zum Opfer fiel, wurde kaum bemerkt;…
Ähnlichkeit kann aber auch auf einen Plan zurückgehen,..." (siehe oben).
VI. Eine überzeugende Evolutionstheorie hätte die Aufgabe, die Entstehung
der zahlreichen Unterschiede zwischen Genlisea und Utricularia theoretisch
und experimentell in ihrem Sinne zu klären. Dass die meisten
Evolutionstheoretiker an den grundlegenden Unterschieden der Organismen
wenig Interesse zeigen und statt dessen seit 150 Jahren die 'homologen'
Ähnlichkeiten überbetonen, um damit "die Evolution" der gesamten Menschheit
als "wissenschaftliche Tatsache" zu vermitteln, ist zugleich das Eingeständnis,
dass sie die eigentliche Aufgabe, nämlich die Erklärung der Unterschiede, nicht
im Sinne ihres Erklärungsmodells in den Griff bekommen haben (in Abwandlung einiger
Ausführungen aus http://www.weloennig.de/mendel22.htm).
VII. Wenn die Selektion weder die Konstanz der Baupläne noch die
morphologischen Unterschiede 71 zwischen nah verwandten Arten, noch deren
gemeinsames Auftreten im selben Lebensraum erklärt (Bateson), und wenn sie
auch nicht zwischen den unterschiedlichen Komplexitätsgraden der Organismen
differenzieren kann (siehe die Kommentare von Goebel über Uexküll und Gould
bis Venditti 2010), – und wenn sie nicht einmal in der Lage ist, unterschiedliche
Blattformen wie "schmal lanzettlich bis breit herzförmig, Rand meist fein bis
grob gesägt, gezähnt oder gekerbt, seltener tief gebuchtet, zerschlitzt, fiederteilig,
doppelt fiederteilig oder glatt" als "Anpassung" verständlich zu machen, (und
wenn sie nur überleben kann, indem sie die extrem seltenen Ausnahmen von
diesen Regeln zum Gesetz erhebt) – wie hätte sie dann die zahlreichen
hypothetischen Blattformen "erkennen" und erhalten können, die nach der
Theorie in einer realgenetischen Abfolge über Tausende von Zwischenstufen
schließlich zu Genlisea und Utricularia geführt haben sollen? (Von den
unbekannten Differenzierungs-mutationen wieder ganz abgesehen.)
VIII. Der Leser urteile bitte weiter selbst, ob das einleitende Zitat von Wilhelm
Troll "... daß sie [die Deszendenztheoretiker] sich etwas ausdenken, was als
71
Und umgekehrt, wenn physiologische Anpassung an stark unterschiedliche Lebensräume mit weitgehender morphologischer Konstanz
einhergehen kann (Beispiele siehe oben).
42
möglich erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen Wirklichkeit zu
schließen" auch auf die folgenden Ausführen MNs zutrifft. (Es sei wieder daran
erinnert, dass "denkbar" auch vieles Unrichtige und Unmögliche ist, d. h.
"denkbar" ist sehr viel mehr, als die Realität zulässt.)
IX. Der Leser prüfe bitte auch meine Aussage, dass MN weiter in der gesamten
folgenden Argumentation sein fragwürdiges materialistisches Weltbild
unbegründet als einzig Richtiges und Wahres voraussetzt und entsprechend von
daher argumentiert und ob somit Thompsons Wort aus den Leitgedanken (siehe
oben) auch weiterhin zutrifft: "The Darwinian doctrine has ... been used, not as a
working hypothesis ... but rather as an explanatory principle, which it is
sufficient to illustrate by examples, rather than to verify. The role of the
Darwinian theory in biology is therefore essentially that of a philosophical
doctrine"
(24) MN: "Die Gattung Genlisea bildet keine Fangblasen,…"
W-EL zu (24): Richtig. Behalten wir also weiterhin fest im Sinn, dass die
Gattung Genlisea keinerlei Fangblasen bildet.
(25) MN: "…sondern eine Art Mund mit gegabelten, spiralig gedrehten, mit inneren Reusen versehenen
Ausläufern (Abb. 45)."
W-EL zu (25): Genauer einen "Hauptmund" und dazu Dutzende von
"Zusatzmündern" in den beiden Spiralarmen, die allesamt zu einem einzigen
"Magen" führen.
Weiter MN (26): "Abb. 45 [links] Reusenfalle von Genlisea. Die unterirdischen Fallen (Reusenblätter
oder Rhizophylle) haben die Form eines Ypsilons; die beiden Ausläufer sind korkenzieherartig
verzwirbelt. Sie weisen zahlreiche Öffnungen auf, eine Art "Fallenmund mit Lippen", durch den auf den
saisonal feuchten Böden Fadenwürmer und andere kleine Bodenbewohner ins Falleninnere gelangen.
Im Innern hindern zahlreiche Sperrhaare die Beute am Entkommen und dirigieren sie in eine
birnenförmig verdickte Verdauungskammer (nicht im Bild). Elektronenmikroskopische Aufnahme des
Rhizophylls von G. margaretae. Bild von W. BARTHLOTT (Universität Bonn); Abdruck mit
freundlicher Genehmigung des Autors."
W-EL zu (26): Rechts neben MNs Abbildung 45 (Genlisea) habe ich den
Fangmechanismus von Utricularia wiedergegeben:
"Längsschnitt durch die Blase. Schematisiert, zum Teil nach LLOYD. Klappe (zur Verdeutlichung) etwas
43
angehoben gezeichnet; Gefäßbündel nicht gezeichnet. M Mündung bzw. Blaseneingang; K Verschlussklappe; V
abdichtendes Velum; Sch Schwelle (Widerlager); B Borsten; A Antenne; H1 vierarmige Haare; H2
Drüsenköpfchen" (aus Schmucker und Linnemann 1959).
In der folgenden Tabelle werden einige grundlegende Unterschiede zwischen
den beiden Gattungen aufgeführt:
Einige grundlegende Unterschiede zwischen Genlisea und Utricularia
insbesondere in den Fangapparaten
Genlisea
Passiver Fangmechanismus
Reusenfalle
Utricularia
Aktiver Fangmechanismus
Saugfalle
Vorkommen: Semiaquatisch, terrestrisch.
Nur in den Tropen, etwa 21 Arten
Vorkommen: Aquatisch, semiaquatisch,
terrestrisch. Fast weltweit (Kosmopolit),
etwa 220 Arten
Form: Langgestreckte Reusenblätter
2,5 bis 15 cm; kein mit der Utricularia- Falle
vergleichbarer Stiel
Aufbau (bis e nach Slack): (a) Runder
Basalstengel geht über in (b) zitronenförmige
Blase, die ihrerseits in (c) ein zylindrisches
Halsstück übergeht. Am Ende (d) schlitzartiger
Mund. An dieser Stelle (e) Y-förmige Gabelung in
zwei schraubig gewundene Äste. (f) In den Ästen
zahlreiche schmale Öffnungen 400 mym breit, 180
mym hoch (nach Barthlott et al. 2004) und (g)
einwärts gerichtete Haarreihen, bestehend aus bis
zu 50 Haaren. Rückhaltevorgang nur durch
Reusenhaare und Schleim.
Keine (wasserdichte) Abdichtung
Keine Reaktionskaskade
Form: Eiförmige Fangblasen (0,2 bis 1,2
cm) sitzen auf kurzem Stiel
Aufbau nach völlig anderem Prinzip: +/- eiförmige
Fangblase (Ähnlichkeit mit Mikrokrustazeen) mit
wasserdichter Tür (hydraulisch-mechanische
Klappe), die auf hufeisenförmigem Widerlager
ruht, mit abdichtendem Velum, Klappe kann nur
nach innen öffnen. Fallen meist an Blättern.
Wenn fangbereit: Steht unter Unterdruck (negative
hydrostatic pressure), Seitenwände eingedellt,
Bei Berührung der Antenne springt Tür auf und
das umgebende Wasser samt Beutetier wird in die
Falle gerissen. Pumpmechanismus befördert Wasser
wieder nach draußen, Verdauungsvorgang folgt.
Reaktionskaskade: Over a dozen separate things
occur when a bladder catches prey (Satz verändert
nach D'Amato).
Innen: "Sessile hairs"– Płachno et al. 2007
(Weitere Unterschiede in der Tabelle von Plachno zum Punkt (77)
unten).
Farbe der Falle: Farblos, keine Fotosynthese
Außen: mucilage producing glands;
auch external stalk glands
(Funktionen erst z. T. bekannt, jedoch nicht
zum H2O-Abtransport etwa wie bei Utricularia)
Innen: Vierarmige und zweiarmige Drüsen. "…most
complicated terminal cell in the digestive hairs in the
family” – Płachno et al. 2007
Farbe der Falle: In der Regel grün (Chloroplasten
mit Fotosynthese)
Außen: viele "Anhängsel" (meist: Antenne, slender
elongated bristles in wechselnder Anzahl bei den
unterschiedlichen Arten), auf der gesamten
Außenfläche kugelige Drüsenköpfchen
Beute: Protozoen, vielleicht auch
Copepoden und Nematoden
Beute: vor allem Copepoden, Cladoceren
und Ostracoden
Blütenstand: Rispen
Blütenstand: Trauben (Racemes)
In unserer Arbeit haben wir (Lönnig und Becker 2004/2007) die beiden so
unterschiedlichen Typen der Fangmechanismen wie folgt beschrieben:
"Another type of aquatic trap is found in Genlisea, the 'corkscrew plant'. Its design and hunting technique are
different from both the aquatics 72 Aldrovanda and Utricularia, the latter being one of Genlisea's close relatives
(see below). At their distal end the trap of Genlisea consists of a two-pronged fork leading to a slitlike mouth
between the branches, the mouth continuing in a spiral the full length down each branch. Upwards a necklike
72
Der Begriff "aquatics" ist hier nur auf das unmittelbare Medium bezogen.
44
cylinder leads into a hollow bulb constituting the digestive chamber which in turn is connected with the proximal
cylindrical footstalk (Figure 4). …
Highly specialized suction traps as depicted in Utricularia (Figure 5) are also adapted to water as surrounding
medium. The trap is set by negative hydrostatic pressure. Glandular structures outside and inside the bladder
were shown to be involved in water transport from the lumen to the surrounding medium. When a potential prey
(e.g. a copepod, cladoceran, ostracod) stimulates the antennae of the trap door, the latter is opened and the trap
walls, being under negative pressure, expand rapidly sucking in water through the door opening. The prey is
sucked in concomitantly and the door quickly returns to its former state. The opening process is estimated to take
less than 2 ms and the entire firing process – stimulation, door opening, and closing – lasts about 30 ms and is
thus one of the fastest movements in the plant kingdom.”
Die passiv funktionierende Genlisea-Falle zeigt also im Vergleich zu dem
aktiven Fangmechanismus Utricularias eine in allen wesentlichen Punkten
völlig andere Konstruktion.
In unserer Arbeit über Carnivorous Plants ist übrigens Genlisea (mit "Magen"/Verdauungskammer) über
Utricularia dargestellt: der gewaltige Unterschied zwischen den beiden Typen der Fangmechanismen wird auch
dadurch unmittelbar evident.
(27) MN: "Auch sie ist in der Lage, ihre Beute leidlich festzuhalten und in die Verdauungskammer zu
dirigieren."
W-EL zu (27): Die Art die Beute festzuhalten und in die
"Verdauungskammer" zu dirigieren ist grundverschieden: Bei Utricularia eine
genial konstruierte, auf einem hufeisenförmigen Widerlager ruhende anatomisch
und physiologisch hoch komplex strukturierte, wasserdichte "Tür", die sich nur
nach innen öffnen kann (vgl. die erstaunlichen Details wieder unter
http://www.weloennig.de/Utricularia_H_von_Guttenberg.pdf) und bei Genlisea im deutlichen
Kontrast dazu nur die nach innen gerichteten Reusenhaare (keinerlei "Tür") und
vielleicht "mucilage…acting as a lubricant" (Slack). Und selbst die Beute
scheint noch grundlegend unterschiedlich zu sein (siehe oben).
(28) MN: "Es ist einsichtig, dass ein Selektionsdruck die Ausbildung eines Saugmechanismus
begünstigt, um den Verlust an Nahrung zu verringern."
W-EL zu (28): Ist das wirklich einsichtig? Dazu möchte ich zunächst an den
anfangs zitierten Leitgedanken erinnern:
"Die Behauptung, gewisse Eigenschaften seien durch Selektion erklärt, ist ebenso naiv, wie wenn jemand
auf die Frage, warum ein Baum Blätter habe, antworten wollte, weil sie der Gärtner nicht abgeschnitten
hat (Nägeli). Selektion setzt also erst da ein, wo nützliche und schädliche Varianten schon vorhanden sind,
erklärt diese aber nicht. ...Bei einem Eisenbahnunglück wird nicht derjenige überleben, der die stärksten
Knochen hat, sondern der den günstigsten Sitz einnimmt."
"…Selektionsdruck…Saugmechanismus begünstigt": MN setzt hier also
bereits voraus, dass definitionsgemäß richtungslose Genmutationen auftreten,
die zu einem Saugmechanismus führen. Den Beweis dafür bleibt er uns schuldig.
Meines Wissens sind in den Milliarden und Abermilliarden Mutationen in der
Mutationszüchtung (vgl. http://www.weloennig.de/Loennig-Long-Version-of-Law-of-Recurrent-Variation.pdf)
sowie der sonstigen Mutationsforschung solche "Saug-"Mutanten nicht bekannt
geworden. (Zum ebenso vorausgesetzten Selektionsdruck siehe die Diskussion
unten, insbesondere Punkt 29 (c).)
Oben hatte MN zu den Fangapparaten zu verstehen gegeben, dass ihre
45
Entstehung sehr wohl "mit zufälliger Mutation und Selektion über tausende
kleine Entwicklungsstufen" erklärt werden könne (siehe u. a. das von MN
verfremdete Zitat unter Punkt 21). Was das genau heißt, haben unter vielen
anderen Autoren Mayr und Darwin beschrieben.
According to Darwin and the present modern synthesis a gradual evolution from small normal leaf formation
to Utricularia is thought to have happened in a multistep process by mutations with "slight or even invisible
effects on the phenotype" (Mayr), or, to put it in Darwin's prose with added emphasis, by "innumerable slight
variations" or "extremely slight variations" as well as "infinitesimally small inherited variations”, and again, to
adequately emphasize one of Darwin's central ideas on evolution, by "infinitesimally small changes",
"infinitesimally slight variations" and "slow degrees", i. e. "steps not greater than those separating fine
varieties", "insensibly fine steps" and "insensibly fine gradations", "differences absolutely inappreciable by an
uneducated eye”, "for natural selection can act only by taking advantage of slight successive variations; she can
never take a leap, but must advance by the shortest and slowest steps" and "the transition [between species]
could, according to my theory, be effected only by numberless small gradations" (Darwin 1859, 1868,
1877/1896; check also van Wyhe, 2002-2009: The Complete Works of Charles Darwin Online). 73
Zu neodarwinistischen Autoren (Vertreter der Synthetischen Evolutionstheorie) mit im Prinzip gleicher Auffassung vgl. Stebbins 1950, 1971, 1974,
1992; Simpson 1953, 1984; Heberer 1959; Tax 1960; Mayr 1963, 1970, 1999,
2001, 2002, 2004a, 2004b; Gottschalk 1971, 1994; Dobzhansky 1975;
Dobzhansky et al. 1977; Dawkins 1997, 2003, 2004; Sauer and Rehfeld 1999;
Slack 2001; Coyne and Orr 2004; Futuyma 2007; Kutschera 2008; McPherson
2008; Coyne; 2009; Shubin 2009, Avise 2010; Fleischmann 2010 (siehe dazu
weiter die Zitate und die Fußnote zum Neodarwinismus als dem weiterhin herrschenden
evolutionären Paradigma zum Punkt (3), p. 6).
Zahlreiche Biologen haben gegen diese Idee Darwins und seiner modernen
Nachfolger eingewandt, dass "infinitesimally small inherited variations"
zunächst gar keinen Selektionswert gehabt hätten und dass eine solche
kontinuierliche Entwicklung nicht die unterscheidbaren Arten der Systematik
73
S. J. Gould hat die Frage, warum sich Darwin und seine Nachfolger bis auf den heutigen Tag mit ihrer Selektionstheorie fast
ausschließlich auf "infinitesimally small variations” etc. konzentrieren, 2002, pp. 94, überzeugend wie folgt beantwortet: "Darwin, in his
struggle to formulate an evolutionary mechanism … had embraced, but ultimately rejected, a variety of contrary theories—including
saltation, inherently adaptive variation, and intrinsic senescence of species…. A common thread unites all these abandoned approaches: for
they all postulate an internal drive based either on large pushes from variation (saltationism) or on inherent directionality of change.
Most use ontogenetic metaphors, and make evolution as inevitable and as purposeful as development. Natural selection, by contrast,
relies entirely upon small, isotropic, nondirectional variation as raw material, and views extensive transformation as the accumulation of
tiny changes wrought by struggle between organisms and their (largely biotic) environment. Trial and error, one step at a time, becomes
the central metaphor of Darwinism.”
Und pp. 143/144: "SMALL IN EXTENT. If the variations that yielded evolutionary change were large—producing new major features,
or even new taxa in a single step—then natural selection would not disappear as an evolutionary force. Selection would still function
in an auxiliary and negative role as headsman—to heap up the hecatomb of the unfit, permit the new saltation to spread among
organisms in subsequent generations, and eventually to take over the population. But Darwinism, as a theory of evolutionary change,
would perish—for selection would become both subsidiary and negative, and variation itself would emerge as the primary, and truly
creative, force of evolution, the source of occasionally lucky saltation. For this reason, and quite properly, saltationist (or
macromutational) theories have always been viewed as anti-Darwinian—despite the protestations of de Vries …, who tried to retain the
Darwinian label for his continued support of selection as a negative force. The unthinking, knee-jerk response of many orthodox
Darwinians whenever they hear the word "rapid" or the name "Goldschmidt," testifies to the conceptual power of saltation as a cardinal
danger to an entire theoretical edifice.
Darwin held firmly to the credo of small-scale variability as raw material because both poles of his great accomplishment required
this proviso. At the methodological pole of using the present and palpable as a basis, by extrapolation, for all evolution, Darwin longed to
locate the source of all change in the most ordinary and pervasive phenomenon of small-scale variation among members of a population—
Lyell's fundamental uniformitarian principle, recast for biology, that all scales of history must be explained by currently observable causes
acting within their current ranges of magnitude and intensity. "I believe mere individual differences suffice for the work," Darwin writes
(p. 102). At the theoretical pole, natural selection can only operate in a creative manner if its cumulating force builds adaptation step
by step from an isotropic pool of small-scale variability. If the primary source of evolutionary innovation must be sought in the occasional
luck of fortuitous saltations, then internal forces of variation become the creative agents of change, and natural selection can only help to
eliminate the unfit after the fit arise by some other process.” Und "some other process” barg die Gefahr einer teleologischen Interpretation,
die Darwin und seine Nachfolger unbedingt und entsprechend zielgerichtet vermeiden wollten (vgl. weiter Kommentar zum Punkt (51) unten).
46
hervorbringen würde, sondern vielmehr ein Chaos unbestimmbarer ineinander
fließender Formen.
"Beginning with the founder of embryology, Karl Ernst von Baer, many biologists have raised basic
objections against the idea of gradual evolution (although Huxley had already expressed some dissatisfaction
with gradualism as the almost exclusive mode of evolution before). Von Baer inferred that – "if small steps
would have led to essential changes, these continuous alterations could only have been caused by continuous
effects and that the accumulation of small changes would have generated a chaos of indeterminable forms”, thus
disorder and confusion would be specifying the objects of taxonomy (von Baer 1886, see also Lamprecht 1966,
1974). However, von Baer submitted many arguments that "most species are very clearly delimitted” and
"provocatively constant”. Moreover, von Baer contested the idea that the initial "insensibly fine steps” could
already have clear selective advantages. Like Dollo, von Baer postulated discontinuous evolution, but from a
combination of [different] viewpoints…” (See Lönnig, Stüber, Saedler, Kim 2007, p. 24).
Es wäre jetzt eine umfangreiche Aufgabe für sich, alle Biologen aufzulisten,
die seit von Baer und Mivart den Einwand erhoben haben, dass solche
minimalen Veränderungen (die übrigens von Modifikationen bei weitem
überspielt werden (vgl. http://www.weloennig.de/NaturalSelection.html), gar nicht selektiert worden
wären).
Nun sind überdies in den letzten 150 Jahren wesentliche Fortschritte gemacht
worden, die uns erlauben, auch quantitative Ansätze auf der Gen- und
Proteinebene zu solchen Fragen zu verfolgen. Junker und Scherer haben in
ihrem ganz ausgezeichneten Werk Evolution – Ein kritisches Lehrbuch (2006,
pp. 159-163) im Zusammenhang mit dem Ursprung des Bakterienmotors die
Frage (a) nach der "Entstehung eines neuartigen Proteins aus einem
Vorläuferprotein" und weiterer Proteine für den Motor diskutiert sowie (b) den
"experimentellen Funktionswechsel von Proteinen durch computergestütztes
Protein-Design". Zum Punkt (a) kommen sie zum Ergebnis, dass veränderte
Proteine für alle fünf der von ihnen diskutierten Fähigkeiten vorhanden sein
müssen, "damit ein erster Motor funktionieren kann" (p. 160), d. h. vorher kann
eine Optimierung des Motors durch Selektion gar nicht stattfinden. 74
Ihr Ergebnis zum Punkt (b) lautet (p. 161):
"Aus den beiden oben beschriebenen experimentellen Studien geht hervor, dass die Konstruktion
einer ganz neuen enzymatischen Aktivität eine Reihe von Änderungen in der Proteinstruktur benötigt,
die alle gleichzeitig zusammenkommen müssen, damit eine entsprechende Funktion und damit
Selektion möglich ist" (Hervorhebung von mir). (Siehe auch die weiteren Studien von Junker 2008
http://www.genesisnet.info/pdfs/Irreduzible_Komplexitaet.pdf und 2009 http://www.weloennig.de/Podiumsdiskussion.pdf sowie Scherer 2008).
Die Autoren stellen weiter fest, dass aufgrund der beschriebenen
Untersuchungen für den Fall einer ganz neuen enzymatischen Aktivität auf "eine
ungefähre Zahl von 10 notwendigen Veränderungen" zu schließen ist. Im
Zusammenhang mit der Entstehung des bakteriellen Rotationsmotors bemerken
Junker und Scherer dazu außerdem (p. 161): "Die Veränderung einer
enzymatischen Aktivität ist je nach Ausgangsprotein allerdings noch ein
74
Es geht um veränderte Proteine zum Erwerb der Fähigkeit "(1) an eine neue Winkelstruktur zu koppeln, (2) an ein Antriebsprotein zu
koppeln, (3) die für die Rotation notwendige Energie dadurch aufzunehmen, (4) zu rotieren, (5) bei hoher Geschwindigkeit stabil zu bleiben"
(Nummerierung von mir); Übersicht der Lehrbuchthemen und Ergänzungen siehe http://www.evolutionslehrbuch.info/vorwort.html. Die
gegen Einwände wie die von K. E. von Baer formulierte Immunisierungsstrategie Darwins und der Synthetischen Evolutionstheorie mit
"different functions" und "redundancy" kann in solchen Fällen nicht mehr greifen.
47
vergleichsweise einfacher Vorgang. Im Fall der Evolution von Motorproteinen
geht es aber nicht in erster Linie um enzymatische Aktivitäten, sondern um
Strukturveränderungen von teilweise erheblichem Umfang. Es gibt gute Gründe
anzunehmen, dass dafür sehr viel mehr Veränderungen als in den oben
beschriebenen Beispielen notwendig sind." Siehe weiter Scherer 2010a und b.
Zur Selektionsfrage neuer Enzyme folds kommt D. Axe zu folgendem Schluss
(2009, vgl. http://www.weloennig.de/Podiumsdiskussion.pdf , p. 9), der auch peer-reviewed im Journal
of Molecular Biology unter dem Titel Estimating the prevalence of protein
sequences adopting functional enzyme folds (2004) publiziert wurde:
"To determine how much functional information is required for even a weakly functional sequence, we begin
by isolating a sequence with enough errors that it just barely works. Then we randomize a section of this
sequence to produce a great variety of altered sequences, most of which won't work at all. Some fraction of these
randomized sequences will work, though. By measuring that fraction after several sections of sequence have
separately been randomized, one can estimate the fraction that would have worked if the entire sequence had
been randomized. And from this one can calculate the amount of functional information. The fraction itself
conveys how unlikely working sequences are. For one protein subjected to this kind of experiment, the
conclusion was that working sequences are as rare as one in a trillion trillion trillion trillion trillion trillion.
In other words, they are far too rare to be stumbled upon by any unguided search, such as a Darwinian search.
Some will still see this as a negative result in that it precludes unguided searches. But since we do in fact
encounter meaningful sentences every day, we know that intelligence is fully capable of producing what
chance simply cannot produce. So we ought also to see this as a positive result — one that confirms the design
explanation just as decisively as it refutes the Darwinian one.” (Siehe weiter Axe 2010, Gauger et al. 2010.)
Fazit: Es ist naturwissenschaftlich nicht nachvollziehbar, dass ein erfundener
Selektionsdruck, der (fast) unendlich viele kleine Veränderungen gar nicht
wahrnehmen kann – zumal solche Veränderungen meist weder auf der Gennoch auf der Proteinebene eine neue Funktion hätten – die Ausbildung eines
Saugmechanismus' begünstigt, der dann in tausend weiteren kleinen (für eine
Selektion meist auch nicht wahrnehmbaren) Mutationsschritten perfektioniert
worden sein soll.
Um überhaupt einen Saugeffekt bei der Nahrungsaufnahme zu haben, – und
zwar einen Saugeffekt, der nach der Selektionstheorie dazu führen soll, dass
jeder neue Zustand des Fangapparats "millionenfach vervielfältigt" und dass
jede Mutation "so lange erhalten wird, bis eine bessere hervorgebracht ist, dass
dann aber alle alten [Formen] zerstört werden" (in Anlehnung an Darwin, vgl. Punkt X unter
http://www.weloennig.de/AuIAbII.html) – müsste dieser Effekt überdies in heftigster Konkurrenz
und deutlicher Überlegenheit zu allen übrigen Individuen der Art so markant in
Erscheinung treten, dass er sich in der jeweiligen gesamten Population relativ
schnell ausbreiten und damit alle Individuen, die diese Mutation nicht
aufweisen, ersetzen könnte (von der dadurch sich anbahnenden ökologischen Katastrophe für die übrigen Pflanzenarten
und -familien am selben Standort und des Gesamtökosystems einmal ganz abgesehen). Und das gilt für jeden
weiteren einzelnen Schritt der postulierten Entwicklung über die tausend
angenommenen Zwischenstufen (vgl. dazu weiter die Schwierigkeiten und
Probleme gemäß Haldane's Dilemma http://www.weloennig.de/Der_Lederbergsche_I.html#Haldane und
http://users.minn.net/science/Haldane.htm.)
(29) MN: "So gibt es [a] Indizien, die darauf hindeuten, dass [b] der gemeinsame Vorfahr von
48
Utricularia und Genlisea [c] keine geschlossene Kammer, gleichwohl aber einen Saugmechanismus
besaß, der später [d] in der Linie zu Genlisea (zumindest teilweise) wieder zurückgebildet wurde
(JOBSON et al. 2004)."
W-EL zu (29): Wir beginnen mit (b) und setzen den Punkt (a) an den Schluss
von (29), weil (a) eine etwas ausführlichere Betrachtung notwendig macht.
Zunächst zu (b) "…der gemeinsame Vorfahr von Utricularia und
Genlisea…": Mit der oben erwähnten Zirkelschlussmethode wird hier wieder
das vorausgesetzt, was erst noch zu beweisen wäre ("der gemeinsame Vorfahr").
Selbst nach Auffassung einiger rein naturalistisch geprägter Evolutionsforscher
wie Nilsson (1953), Kerkut (1965), Wartenberg (1965), Schwabe und Warr
(1984) Schwabe (2001, 2002, 2004, 2008) sind die beiden Gattungen jedoch
völlig unabhängig , d. h. ohne gemeinsamen Vorfahren, voneinander entstanden.
(d) "…keine geschlossene Kammer, gleichwohl aber einen Saugmechanismus
besaß,…" Hier stellt sich die Frage nach der Funktion und Effektivität eines
Saugmechanismus bei offener Kammer, von der energetischen Frage
(Aufwand) einmal ganz abgesehen. Zu Genlisea erinnere ich an die neuesten
Forschungsergebnisse (siehe oben): "Zero water flows in the carnivorous genus
Genlisea"… "Die früher vielfach geäußerte Vermutung, dass die Fallen von
Genlisea Saugfallen darstellen, ließ sich dagegen nicht bestätigen."… "I
suggested…that Genlisea traps may constantly draw fluid through the traps by
pumping water out of the utricle, through the utricle walls. The bulk of current
evidence suggests that this is not the case…”
(c) Eben haben wir noch gelesen, es sei "einsichtig, dass ein Selektionsdruck
die Ausbildung eines Saugmechanismus begünstigt, um den Verlust an Nahrung
zu verringern". Und doch soll die Selektion "in der Linie zu Genlisea" den
Saugmechanismus "(zumindest teilweise) wieder zurückgebildet" haben?
Warum nur, wenn der Saugmechanismus im Kampf ums Dasein selbst beim
postulierten primitiven Stammvater schon so hilfreich war, dass er einen
entscheidenden Selektionsvorteil lieferte ("um den Verlust an Nahrung zu
verringern")? Und wieso sollte sich jetzt ein Nachkomme den Verlust an
Nahrung ohne Selektionsnachteil leisten können? Ist das alles wirklich
"einsichtig"?
Nun zum Punkt (a) "...Indizien, die darauf hindeuten…"
Sehen wir uns die Indizien, die nach Jobson et al. (2004) auf einen
aquatischen 75 gemeinsamen Vorfahren mit offener Kammer hindeuten sollen,
näher an. Die Autoren behaupten u. a. (p. 18064):
(30) Jobson et al. (2004): "We demonstrate that a dramatic molecular evolutionary rate increase in
subunit I of cytochrome c oxidase (COX) from an active-trapping lineage of carnivorous plants is
caused by positive Darwinian selection.”
75
Im Gegensatz übrigens zu mehreren anderen Autoren ("The MRCA [most recent common ancestor] of Lentibulariaceae most likely was a
terrestrial plant,…" Müller et al. 2006) – vgl. die Ausführungen zum Punkt (106) unten.
49
W-EL: Auch Jobson et al. setzen dabei die bislang völlig unbewiesene "activetrapping lineage of carnivorous plants" durch Mutation und Selektion ganz
einfach als gegeben voraus. Die starken Unterschiede in der Sequenz und
Funktion
der
Untereinheit
I
der
Cytochrome-c-Oxidase
(vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Cytochrom-c-Oxidase) werden als "dramatic molecular evolutionary
increase" interpretiert – der Nachweis dafür fehlt. Was sind außerdem ihre
Beweise für eine positive Selektion? Antwort (p. 18066):
(31) Jobson et al. (2004): "Evidence for Positive Selection. The most common method for detecting
positive selection in nucleotide sequences is to demonstrate that the rate of synonymous substitution
(dS) is greater than that of nonsynonymous changes (dN), such that dN/dS >1."
W-EL: Wir finden bei Jobson et al. damit die gleiche Methode, die auch MN
praktiziert: Sowohl die postulierte Gesamtevolution als auch die darwinistische
positive Selektion werden im Sinne des 'Ähnlichkeitsbeweises' in der
Interpretation der Daten schlicht und einfach als gegeben vorausgesetzt. Damit
werden alle funktionalen Sequenzunterschiede (Änderung der Aminosäurerestsequenz) als Substitutionen in den postulierten, aber nie nachgewiesenen
Linien über Tausende von Zwischenformen durch Mutation und Selektion
gedeutet (nicht-funktionale Unterschiede hingegen meist als neutrale
Evolution/genetische Drift). Kann beim DNA- und Proteinvergleich die
angenommene Rate der nicht-synonymen Substitutionen als größer interpretiert
werden als die der synonymen Veränderungen, dann werden die Daten als
Ergebnis positiver Selektion interpretiert (siehe dazu den Nachtrag p. 167).
Würde ein Gentechnologe heute zwei ähnliche, aber doch so unterschiedliche Sequenzen
synthetisieren, dass dN/dS >1 wäre, so würden die meisten Vertreter der Synthetischen
Evolutionstheorie in Unkenntnis des wahren Sachverhalts dieses Ergebnis intelligenter
Synthese sofort als durch einzelne Punktmutationen ermöglichte "positive selection in
nucleotide sequences" deuten (vgl. auch die ähnliche Veranschaulichung bei Rammerstorfer
2006 und 2010). Im Umkehrschluss könnte man folgern, dass Sequenzunterschiede, die
evolutionär als Ergebnis positiver Selektion gedeutet werden, in der Regel auf intelligentes
Design zurückzuführen sind.
Eine unabhängige Entstehung der Gattungen und Sequenzen im Sinne einer intelligenten
Programmierung ist jedoch im darwinistischen Weltbild nicht einmal entfernt als Möglichkeit
vorgesehen.
Was kann unter diesen Voraussetzungen, die die Autoren in keiner Weise hinterfragen,
anderes herauskommen als Evolution und positive Selektion? Was beweisen also diese
"Indizien" oder was können sie uns auch nur nahelegen? Sind sie nicht völlig von den
unbewiesenen Voraussetzungen abhängig?
Die Autoren berichten zu ihren Forschungsergebnissen u. a. weiter (p. 18066):
(32) Jobson et al. (2004): "Positively Selected COX I Residues. Along the COX I subunit, we
identified twelve putatively positively selected amino acids that were confined to the
Genlisea/Utricularia lineage (Table 2)."
W-EL: Sollen diese 12 Aminosäurerest-Substitutionen tatsächlich durch
zufällige Nukleotid-Substitutionen an entsprechend maximal 36 möglichen, aber
50
lokal jeweils deutlich eingegrenzten, unterschiedlichen Positionen der DNA
entstanden sein? Hatte tatsächlich jede einzelne der angenommenen nichtneutralen Substitutionen einen so entscheidenden Selektionswert wie oben unter
Punkt (28) postuliert und diskutiert? Oder war eine deutliche funktionale
Veränderung erst nach mehreren 'Substitutionen' gegeben? (– Nach der Auswertung
der experimentellen Ergebnisse gemäß Junker und Scherer oben in der Regel etwa 10; siehe auch Gauger et al.
2010, Gauger und Axe 2011)
Die durch Mutation und Selektion angenommenen 12
Substitutionen der Aminosäurereste verteilen sich wie folgt: Amino acid residue
22, 64, 78, 113, 114, 164, 194, 263, 334, 458, 478, 492 76). In diesem
Falle hätte die Selektion bis dahin nicht den geringsten Ansatzpunkt gehabt.
Jobson et al. fahren fort (2004, p. 18066):
(33) Jobson et al.: "Of particular interest was an otherwise conserved Leu-113-Ser-114 motif replaced
by a radical Cys-113-Cys-114 change across all examined Utricularia species. Pinguicula species
did not vary at either site relative to Asteridae outgroup taxa (refs. 10 and 12; see Pfam PF00115),
whereas Genlisea was found to have the Cys-113-Cys-114 changes in only one of three species
examined. Two other Genlisea species have either Leu-113-Ser-114 or Cys-113-Ser-114, suggesting a
full or partial loss of the Cys-113-Cys-114 motif after the Genlisea-Utricularia divergence (Fig. 1)."
W-EL: Mit einer inzwischen widerlegten Saugwirkung (siehe die
Dokumentation oben), auf die die Autoren implizit hinaus möchten (vgl. Punkt
44 unten), können diese Unterschiede nach dem gegenwärtigen Stand des
Wissens jedoch nichts zu tun haben. Wir zählen etwa 21 Genlisea-Arten. Die
weitere Forschung wird uns hoffentlich bald zeigen, wie es bei den übrigen
aussieht. Nach den bisherigen Daten können diese Unterschiede
selektionstheoretisch jedoch kaum entscheidend sein. Warum sonst könnten und
sollten sich zwei Genlisea-Arten in diesem Motiv 'zurückentwickelt' haben?
(34) Jobson et al. (2004): "As a further control, we obtained new COX I sequences to demonstrate that
the Cys-113-Cys-114 motif does not occur in any other genus of carnivorous plants, excluding the
possibility that the changes could be part of the general carnivorous plant habit (Table 3, which is
published as supporting information on the PNAS web site). Indeed, the gnetalean gymnosperm
Welwitschia mirabilis, a relict member of an ancient seed plant lineage that inhabits one of Earth's
driest environments (35), was the only other organism found to have the Cys-113-Cys-114 motif in the
entire Pfam COX 1 database (PF00115) >14,500 sequences (see, e.g., Table 3)."
W-EL: Die Zahl von mehr als 14 500 Sequenzen ist zwar beeindruckend, aber
bei mehr als den geschätzten 300 000 Arten allein der Angiospermen könnten
im Zuge der weiteren Forschung vielleicht doch noch weitere solche Motive
gefunden werden. Die Frage ist überdies, ob sich die Autoren in ihrer
Diskussion berechtigt auf das Cys-113-Cys-114 Motiv beschränken können,
oder ob nicht doch mehrere 'Substitutionen' (vielleicht um die 10
Veränderungen) für eine deutliche Funktionsänderung und -gewährleistung von
COX I notwendig sind.
Übrigens hat nach Tabelle 3 der Autoren (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC539784/bin/pnas_101_52_18064__4.html) auch ein Mollusk,
Hypselodoris orsinii (vgl. http://www.nudipixel.net/species/hypselodoris_orsinii/) ein ähnliches Motiv. Die Autoren kommentieren "Note that
the mollusc Hypselodoris orsinii, representative of a small group of sequences, has a motif including Cys-114,
76
Vgl. die Tabelle 2 unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC539784/bin/pnas_101_52_18064__3.html.
51
whereas Genlisea aurea (see Results and Discussion and Table 1) has apparently lost Cys-113 of the ancestral
Utricularia/Genlisea Cys-113-Cys-114 motif.”
Weiter die Autoren:
(35) Jobson et al. (2004): "COX Evolution in Bladderworts and Corkscrew Plants. …. In
bladderworts, both the uniquely present and positively selected residues of COX I helix 3 and the C
terminus of COX VIIa are likely in close structural proximity to the cytochrome c docking base.
W-EL: "…likely" – wie sicher ist das?
(36) Jobson et al. (2004): "This structural disposition of the Cys-113-Cys-114 motif would seem highly
unlikely to have arisen by chance alone, and therefore very likely to be correlated to the demands of
cellular respiration. Future structural analyses of bladderwort and model-plant COX holoenzymes
should confirm the molecular interactions underlying the bladderwort key physiological innovation."
W-EL: "…cellular respiration” ist ein weites Feld. Die Frage der genauen
Funktion ist also noch zu erforschen.
(37) Jobson et al. (2004): "Our hypothesis for trap form evolution in bladderworts and corkscrew
plants is that it was reinforced by altered cellular energetics.”
W-EL: Unter dieser Voraussetzung wäre es verblüffend, dass eine nahezu
identisch veränderte zelluläre Energetik zu drastisch verschiedenen Ergebnissen
im Zuge der trap form evolution geführt hätte und dass Welwitschia (sowie die
im Bauplan völlig anders strukturierte Hypselodoris mit ihrem Cys-114-Motiv)
keinerlei 'Fallenkonstruktion' aufweist und nur eine der drei untersuchten
Genlisea-Arten das von den Autoren als zentral bewertete Cys-113-Cys-114
Motiv aufzuweisen hat. Eine direkte kausale Verbindung zur Anatomie und
Morphologie der Fallen erscheint mir daher mehr als fragwürdig. Aber im
Sinne der anatomisch-physiologischen Synorganisation der Systeme könnte die
veränderte Energetik – zusätzlich zum wahrscheinlich unabhängig kodierten
morphologisch-anatomischen System – sehr wohl eine koadaptive Funktion in
der Gesamtphysiologie haben (welche genau, das ist noch eine offene Frage;
"active water pumping" scheint dabei eine inzwischen widerlegte Option zu
sein). Wäre dieser zusätzliche physiologische Baustein in der Synorganisation
Genliseas jedoch von entscheidender Bedeutung für Form und Funktion der
Falle (mit entsprechendem Selektionsvorteil), dann bliebe unverständlich, dass
es offenbar genauso gut ohne dieses Motiv geht, d. h. warum die Genlisea-Arten
ohne Cys-113-Cys-114 nicht schon längst verschwunden sind.
(38) Jobson et al. (2004): "In simple open traps, essential prey-derived nutrients would be expected to
quickly flow back out into the environment."
W-EL: Welchen Selektionswert und -vorteil hätte eine solche "Falle", die die
"essential prey-derived nutrients" direkt wieder verliert? Welch ein sinnwidriger
Aufwand in der Produktion von Verdauungssäften, die sich unkonzentriert in
der wässrigen Lösung verlieren ("quickly flow back out into the environment")!
– Können diese stark verdünnten Verdauungsenzyme überhaupt zu "essential
prey-derived nutrients" führen, geschweige denn diese aufnehmen und für den
52
eigenen Stoffwechsel, das eigene Wachstum und die eigene Fortpflanzung
nutzbar zu machen? Wäre ein solch völlig unzulängliches System, das seine
Energie funktionslos vergeudet, in Konkurrenz mit 'sparsameren' Arten nicht
vielmehr sofort gegenselektioniert worden und untergegangen, statt
"millionenfach vervielfältigt" etc. zu werden (siehe Punkt 28)? Genau wegen
solcher Schwierigkeiten stellt Nachtwey die folgenden Fragen, die im Prinzip
auch auf die "simple open traps" anzuwenden sind:
"Soll die Bildung mit dem Entstehen der Kastenfalle beginnen oder mit der Produktion der Verdauungssäfte?
[Diese werden in der obigen Aussage von Jobson et al. übrigens schon undiskutiert als gegeben vorausgesetzt]
Sobald wir dies überlegen, zeigt sich die...Ohnmacht der Darwinschen Theorie, denn selbst eine vollkommene
Kastenfalle mit der erstaunlichsten Fähigkeit, blitzschnell Tiere zu erbeuten, hätte ohne Verdauungssäfte nicht
den geringsten Wert im Daseinskampf, weil die Beute nicht verdaut würde. Was aber soll es andererseits
einem gewöhnlichen Blattzipfel [oder "a simple open trap"] nützen, wenn er noch so wirksame
Verdauungssäfte ausscheidet, er kann ja die Beute nicht festhalten, was unbedingt nötig ist. Aber selbst
wenn Kastenfalle und Verdauungssäfte zusammenwirken, so ist für den Daseinskampf noch nichts gewonnen. …
Die gelösten Eiweißstoffe müssen ja auch aufgesogen und in arteigenes Pflanzeneiweiß verwandelt werden. …
Die Bildung des Wasserschlauchbläschens erfordert also das vollendet harmonische Zusammenspiel vieler
verschiedenartiger Gene und Entwicklungsfaktoren. Erst mit dem Endeffekt wird der Nutzen für den
Daseinskampf erreicht, nicht aber mit irgendeiner Entwicklungsstufe" (von Nachtwey kursiv).
(39) Jobson et al. (2004): "This result may have been a functional difficulty for the prototypical
Genlisea/Utricularia trap, which we hypothesize was an open bladder system that overcame this
problem with active water pumping (Fig. 1)."
W-EL: Nach selektionstheoretischen Erwägungen wäre mit dieser "functional
difficulty" die Linie zur prototypischen Genlisea/Utriculara-Falle erst einmal
restlos untergegangen und damit die Entwicklung – wenn sie überhaupt soweit
gekommen wäre – zu Ende gewesen. Und "active water pumping" in "an open
bladder system" wäre, wie oben schon erwähnt, allein schon aus energetischen
Gründen äußerst fragwürdig (abgesehen von den bislang völlig unbekannten und
offenbar wenig wahrscheinlichen (definitionsgemäß richtungslosen) Genmutationen, die die
Saugfunktion generieren sollen und der Selektion, die die gedachten Anfänge
dazu kaum oder gar nicht wahrnehmen konnte und das über viele
Zwischenstufen). Leider haben wir zur Zeit noch keine Kenntnis über die
Genetik des Saugapparates von Utricularia.
(40) Jobson et al. (2004): "In Genlisea, long, tube-like traps that may reduce the rate of nutrient
diffusion from the digestive bulb to the outside environment (11, 13) have probably evolved secondarily."
W-EL: Das ginge nun wirklich auch einfacher als mit "long, tube-like
traps" (die ganze unwahrscheinliche Geschichte soweit vorausgesetzt: einfach
den Eingang verkleinern, so dass fast nur noch Protozoen Zugang haben). Man
könnte sich überdies fast endlos weitere nicht naturwissenschaftlich-empirisch
testbare Szenarien ausdenken. Das ist jedoch keine Stärke der Theorie, sondern
ihre Achillesferse: Der Darwinismus wird damit unwiderlegbar (Popper) und
gehört folglich in die Metaphysik. "Ich hoffe…, dass die Evolutionsforscher
inzwischen gelernt haben, dass plausible Geschichten bestenfalls Hypothesen
sind, die testbar sein sollten" (siehe die Leitgedanken oben). Und "…tube-like
53
traps…probably evolved secondarily”: Wie wollte man die beiden Hypothesen
von Jobson et al. naturwissenschaftlich testen?
(41) Jobson et al. (2004): "Apart from the unlikely possibility of parallel Cys-113-Cys-114 evolution
within the Lentibulariaceae, …”
W-EL: Unter Punkt (39) habe ich aufgrund der bisherigen empirischen
Befunde der Mutationsgenetik von "wenig wahrscheinlichen Genmutationen"
zur Entstehung der Saugfunktion gesprochen. – Die Autoren bestätigen diesen
Punkt insofern als sie allein schon von der "unlikely possibility of parallel Cys113-Cys-114 evolution within the Lentibulariaceae" reden. Wie Welwitschia
zeigt, können sie jedoch eine solche Konvergenz unter ihren Voraussetzungen
nicht völlig ausschließen.
(42) Jobson et al. (2004): "….further evidence for the derived status of the passive "lobster-pot”
trapping strategy relates to the Utricularia suction bladder requiring a sealed trap door to create a
negative pressure: a hermetic trap without active water removal would not function for prey capture,
necessitating the pumping feature to have evolved first (Fig. 1).
W-EL: Bei "further evidence for the derived status of the passive "lobster-pot”
trapping strategy" setzen die Autoren ebenfalls wieder ihre gesamte zutiefst
unwahrscheinliche Evolutionsgeschichte als gegeben voraus. Sie argumentieren
dann in einem non-sequitur wie folgt: Da ohne "active water removal" und ohne
eine hermetisch abgeschlossene (wasserdichte) Tür Utricularias Saugfalle, die
mit Unterdruck arbeitet, nicht funktionieren kann, war es notwendig, dass sich
die Saugvorrichtung zuerst entwickelte ("necessitating the pumping feature to
have evolved first"). Nun ist jedoch – wie oben unter den Punkten (38) und (39)
schon genauer diskutiert – eine offene Saugfalle allein schon aus selektionstheoretischen Überlegungen denkbar fragwürdig. Um einige Hauptpunkte zu
wiederholen:
Welchen Selektionswert hätte eine solche "Falle", die die "essential prey-derived nutrients" direkt wieder
verliert? Welch ein sinnwidriger Aufwand in der Produktion von Verdauungssäften, die sich unkonzentriert in
der wässrigen Lösung verlieren ("quickly flow back out into the environment")! Können diese stark verdünnten
Verdauungsenzyme überhaupt zu "essential prey-derived nutrients" führen, geschweige denn diese aufnehmen
und für den eigenen Stoffwechsel, das eigene Wachstum und die eigene Fortpflanzung nutzbar machen? Wäre
ein solch völlig unzulängliches System, das seine Energie funktionslos vergeudet, in Konkurrenz mit
'sparsameren' Arten (siehe Punkt (4) zu den nichtkarnivoren Begleitpflanzen) nicht vielmehr sofort gegenselektioniert
worden, statt "millionenfach vervielfältigt" etc. zu werden (siehe auch Punkt 28)? Nach selektionstheoretischen
Erwägungen wäre mit dieser "functional difficulty" die Linie zur prototypischen Genlisea/Utriculara-Falle erst
einmal restlos untergegangen und damit die Entwicklung – wenn sie überhaupt soweit gekommen wäre – zu
Ende gewesen. Und "active water pumping" in "an open bladder system" mit darauf folgender weiterer
Evolution wäre, wie oben schon erwähnt, allein schon aus energetischen Gründen äußerst fragwürdig.
Ich schließe aus diesen grundsätzlichen Schwierigkeiten, dass es weder die
Evolution zu einer "prototypical Genlisea/Utricularia trap" gegeben hat, noch
die weitere Evolution zu diesen Gattungen selbst. Die Tatsache der
Synorganisation (Utricularia: sealed trap door, active water removal, negative pressure etc. – siehe die Tabelle zum Vergleich
mit Genlisea zum Punkt (26) oben) bestätigt weiter – ganz im Sinne Nachtweys und der
weiteren oben zitierten Biologen – die grundlegende Schwierigkeit einer
Entwicklung im Sinne der Synthetischen Evolutionstheorie "mit zufälliger
54
Mutation und Selektion über tausende kleine Entwicklungsstufen". Denn solche
neue komplexe Strukturen schaffenden positiven Zufallsmutationen sind nie
nachgewiesen worden, und die Selektion würde die meisten nicht optimal
funktionierenden "Monster" direkt wieder verschwinden lassen.
(43) Jobson et al. (2004): "As active pumping of water became less essential for trap function during
Genlisea evolution, a relaxation on COX selective changes could then have allowed them to be lost (Fig. 1).”
W-EL: Wir haben diesen Punkt oben schon ausführlich angesprochen (vgl. 29
c). Wieso sollte "active pumping of water” in der Genlisea-Evolution "less
essential” werden, wenn (vgl. 29 (c)) "ein Selektionsdruck die Ausbildung eines
Saugmechanismus begünstigt, um den Verlust an Nahrung zu verringern".
Wie erörtert, soll die Selektion "in der Linie zu Genlisea" den Saugmechanismus "(zumindest teilweise)
wieder zurückgebildet" haben. 'Warum nur, wenn der Saugmechanismus im Kampf ums Dasein selbst beim
postulierten primitiven Stammvater schon so hilfreich war, dass er einen entscheidenden Selektionsvorteil
lieferte ("um den Verlust an Nahrung zu verringern")? Und wieso sollte sich jetzt ein Nachkomme den Verlust
an Nahrung ohne Selektionsnachteil leisten können?'
(44) Jobson et al. (2004): "To summarize our model, we propose that an accelerated rate of respiration
was adaptively reinforced by specific amino acid changes in Genlisea/Utricularia COX I (e.g., residues
Cys-113-Cys-114), and we attribute the probable loss of these changes in Genlisea to the loss of active
ion pumping (Fig. 1)."
W-EL: Diese Aussage impliziert, dass bei der einen Genlisea-Art, die (noch?)
die residues Cys-113-Cys-114 aufweist, nicht dieser Verlust "of active ion
pumping" und somit eine Saugwirkung zu konstatieren wäre. Soweit bisher
bekannt, trifft das nicht zu (siehe die Details oben).
(45) Jobson et al. (2004): "Likewise, Welwitschia plants have a very high transpiration rate with little
water storage capacity and therefore must satisfactorily intake limited ground or atmospheric moisture
(35), a process that may require active water transport."
W-EL: Mit der Entwicklung oder Weiterentwicklung eines Fangmechanismus
hat die Tatsache, dass Welwitschia das Cys-113-Cys-114 Motiv aufweist,
offenbar nicht das Geringste zu tun. Verwechseln die Autoren nicht
möglicherweise notwendige mit hinreichenden Bedingungen?
Soviel erst einmal zu MNs fragwürdigen und z. T. auch in sich
widersprüchlichen "Indizien", die darauf hindeuten sollen, "dass der
gemeinsame Vorfahr von Utricularia und Genlisea keine geschlossene
Kammer, gleichwohl aber einen Saugmechanismus besaß, der später in der Linie
zu Genlisea (zumindest teilweise) wieder zurückgebildet wurde." Wie die
folgende Diskussion zeigt, dienen ihm diese unzureichenden Indizien als eine
bedeutende Grundlage seiner weiteren Argumentation.
Weiter im Text von MN:
(46) MN: "Wie die oben stehenden Abbildungen zeigen, ist die Struktur und Funktion der Fallen von
Genlisea und Utricularia zwar deutlich verschieden, aber nicht so verschieden, dass sich keine
realgenetische Verwandtschaft rekonstruieren ließe."
W-EL: Unter der Voraussetzung der Abstammungslehre (der Theorie des
realgenetischen Zusammenhangs aller Lebensformen durch Abstammung von einer aus unbelebter Materie
55
hervorgegangenen ersten Zelle allein aufgrund der uns bekannten materiellen Gesetzlichkeiten)
lässt sich
selbstverständlich immer eine realgenetische Verwandtschaft konstruieren. MN
meint hier offenbar eine nähere evolutionäre Verwandtschaft. Mit der
Voraussetzung wird jedoch weder diese Art der Verwandtschaft bewiesen noch
werden damit die zahlreichen gravierenden Unterschiede erklärt.
"…verschieden, aber nicht so verschieden, dass": Ist das nicht die pure
evolutionäre Subjektivität – pures phylogenetisches Wunschdenken?
(47) MN: "Immerhin bemerken JUNIPER et al. (1989, 72), dass die Entwicklung beider Gattungen
ungemein ähnlich verläuft ("closely resemble each other")…"
W-EL: MN lässt bisher sämtliche Unterschiede unberücksichtigt und
evolutionstheoretisch unerklärt und bedient sich weiter des zirkelschlüssigen
"Ähnlichkeitsbeweises", um evolutionistische Thesen aufzustellen ("ungemein
ähnlich"). In der Ontogenese der deutlichen Unterschiede muss sich jedoch die
Entwicklung in entscheidenden Phasen auch ganz ungemein unterscheiden, d. h.
ganz "ungemein unähnlich" werden (siehe die Details unten pp. 148/149).
(48) MN: "…und dass die "Lippen" des Fallenmunds von Genlisea der Fallentür von Utricularia
homolog sind."
W-EL: "Homolog", d. h. auf gemeinsame Abstammung zurückzuführen sind.
Wird jedoch mit dem Homologiebegriff nicht abermals das vorausgesetzt, was
erst noch zu beweisen wäre? Junker und Scherer bemerken zum
Homologiebegriff 2006, pp. 170/171, unter anderem:
"Der Homologie-Begriff wurde bereits 1843 (vor DARWIN!) von dem Anatomen Richard OWEN definiert und von dem der Analogie klar
abgegrenzt. Bis dahin wurden beide Begriffe ohne deutliche Unterscheidung benutzt. OWEN sah die Homologie als Teil des göttlichen
Schöpfungsplanes an. Bemerkenswert ist auch, dass die in V.11.6.2 erwähnte Homologie zwischen dem Kiefergelenk der Reptilien und
Amphibien und den Gehörknöchelchen der Säuger bereits 1838 von REICHERT festgestellt wurde. Die Feststellung von (analytisch definierten)
Homologien war hier (und ist wohl allgemein) unabhängig von der jeweiligen Vorstellung über ihre Ursache (Evolution oder Schöpfung).
…Um einen Bezug zur Evolution der Lebewesen herzustellen, werden Homologien häufig historisch definiert:
Homolog sind Strukturen mit gleicher stammesgeschichtlicher Herkunft.
Diese Definition bietet allerdings keine Handhabe, wie Homologien erkannt werden können. Dazu muss auf die vergleichend-biologischen
Homologiekriterien zurückgegriffen und eine Merkmalsanalyse durchgeführt werden. Die Auswertung der so gewonnenen Daten erfolgt
heute computergestützt. Die Merkmalsanalyse offenbart dabei regelmäßig Widersprüche – oft in großer Zahl. Das heißt: Je nachdem,
welche Merkmale zugrundegelegt werden, resultieren verschiedene Dendrogramme (Ähnlichkeitsbäume; vgl. V.10.2). Man kommt dann
nicht um die Schlussfolgerung herum, dass manche nach den biologischen Kriterien ermittelten Homologien gar nicht als Indikatoren auf
gemeinsame Abstammung gelten können, sondern Konvergenzen darstellen, wie dies oben am Beispiel der Federschweifflieger gezeigt
wurde (Abb. 10.4, 10.5). Daraus folgt, dass nicht sicher feststellbar ist, ob Homologien überhaupt Indizien für gemeinsame Abstammung
sind.
Bei Stammbaum-Rekonstruktionen wird in dieser Situation nach dem Sparsamkeitsprinzip verfahren. Danach wird diejenige
Stammbaumvariante bevorzugt, welche die geringste Anzahl von Konvergenzen erfordert. Daraus ergibt sich dann die Bestimmung
der phylogenetischen Homologien (vgl. Abb. 10.13). Das Sparsamkeitsprinzip wird damit begründet, dass Konvergenzen evolutionstheoretisch als unwahrscheinlich gelten.
Insgesamt folgt: Homologien können zwar nach bestimmten Vorschriften (Homologiekriterien) erkannt werden, doch ob sie auf gemeinsame Vorfahren zurückzuführen sind, ist damit kausal nicht zu klären. Dazu muss ein hypothetischer Stammbaum ermittelt
werden, und aus dessen Merkmalsverteilungen ergibt sich nach dem Sparsamkeitsprinzip die Bestimmung von Homologien und
Konvergenzen. Da Evolution als Ursache von Homologien vorgegeben wird, können Homologien nicht gleichzeitig als unabhängige
Belege für Evolution gelten."
(49) MN: "Phylogenetische Untersuchungen zeigen, dass Genlisea und Utricularia nächstverwandte
Arten (Schwestergruppen) sind (MÜLLER et al. 2004).
W-EL: D. h. "nächstverwandte Arten und Schwesterngruppen" im Sinne der
Deszendenztheorie. So setzen auch diese phylogenetischen Schlussfolgerungen
wieder das gesamte evolutionäre Weltbild voraus, d. h. der evolutionäre
56
"Ähnlichkeitsbeweis" wird auf molekulare Strukturen ausgedehnt und man
ordnet nun die als realgenetisch gedachten Verwandtschaftsbeziehungen
ebenfalls gemäß der abgestuften molekularen Ähnlichkeit. Das führt jedoch
häufig zu völlig neuen Problemen, die oben von Junker und Scherer z. T. schon
angesprochen und die z. B. auch von C. Luskin 77 und anderen hervorragend
herausgearbeitet wurden. Auch wir haben den Begriff "Verwandtschaft" in
unserem Beitrag Carnivorous Plants gebraucht ("Utricularia…being one of
Genlisea's close relatives…"). Verwandtschaft wird jedoch in der
Naturwissenschaft nicht nur im genealogischen Sinne gebraucht, sondern kann
auch konstitutionelle Verwandtschaft bedeuten. Man denke etwa an das
Periodensystem der Elemente. 78
(50) MN: "Demzufolge besaß der gemeinsame Vorfahre von Genlisea und Utricularia wohl eine
einfache Reusenfalle." [Dazu Fußnote 1: Diese Reusenfalle besaß sicher noch keine spiralförmigen
Ausläufer ("Arme"), wie wir sie bei Genlisea beobachten (Abb. 45). Letztere lassen sich wahrscheinlich
von Anhängen ableiten, die der "Kobrazunge" der Schlauchpflanze Darlingtonia ähneln (MATZKE,
pers. comm.)].
W-EL: Es gibt bislang keinerlei Beweise, dass es den gemeinsamen Vorfahren
von Genlisea und Utricularia überhaupt jemals gegeben hat. Eine einfache
Reusenfalle entfällt damit als Vorfahr.
Links: Darlingtonia californica aus http://www.grassroutestravel.us/images/blog_images/Darlingtonia_californica12.JPG
Rechts Genlisea violacea aus http://bestcarnivorousplants.com/CP_Photos/Genlisea_violacea_giant_Copyright_L_Adamec_CzEPS.jpg
77
Vgl. A Primer on the Tree of Life: http://www.discovery.org/a/10651 Dort vier weitere aufschlussreiche Artikel und zahlreiche
Literaturnachweise.
78
Vor längerer Zeit hatte ich dazu Folgendes angemerkt: Natürlich wird heutzutage mit dem Zauberwort Evolution auch auf
chemischem Gebiet operiert. Aber dass die Elemente jeder einzelnen der acht Gruppen auseinander hervorgegangen sind bzw. jeweils
auf einen gemeinsamen ihnen ähnlichen (nur noch nicht gefundenen) Vorfahren zurückgehen sollen, wird schon aufgrund des Aufbaus der
Elektronenschalen nirgends behauptet. Weder der sich unter ungeheurer Energieeinwirkung abspielende Prozess der Kernfusion (z.B.
Bethe-Weizsäcker- oder Kohlenstoffzyklus in Sonne und Sternen, Voraussetzung: 20 Mio. Grad Celsius) samt Massendefekt noch die
natürlichen Zerfallsreihen sind mit den in der Biologie gebräuchlichen Begriffen "Mutation" und "Evolution" recht vergleichbar. So
kann bei der Kernfusion beispielsweise aus drei Heliumatomen direkt ein Kohlenstoffatom, also ein völlig neues Element entstehen. Auf die
Biologie übertragen hieße das in etwa, daß durch "Verschmelzung" des Erbguts von drei, sagen wir, parenchymatischen 'Würmern' z.
B. direkt ein Schmetterling entstünde. Mit den Zerfallsreihen steht es noch schlechter. Wer die Herkunft der Ordnung im Bereich des
Lebendigen erklären möchte, könnte sich schlecht auf den Zerfall von Elementen berufen. Obwohl in der organischen Chemie eher
anwendbar (z. B. Kondensation und Polymerisation), sind die in der Biologie praktizierten Entwicklungsvorstellungen auch hier schon
recht hinderlich gewesen. Siehe Beispiel bei Nultsch 1968, p. 221: Die Purin- und Pyrimidinkörper werden nicht über intermediäre
Zwischenstufen aufgebaut, sondern Zug um Zug zusammengesetzt.
Siehe zum Periodensystem der Elemente weiter http://www.weloennig.de/VavilovLawofVariation.pdf, insbesondere die Folie 5 dieses Beitrags über
Vavilov (2006).
57
Die 'wahrscheinliche' Ableitung der spiralförmigen Arme Genliseas von Anhängen, die
"der 'Kobrazunge' der Schlauchpflanze Darlingtonia ähneln" ist pure Spekulation. Die
lebende Schöpfung ist jedoch so unfassbar reich und vielgestaltig, dass Intentionen
evolutionärer Ableitung fast immer irgendwelche Ansatzpunkte finden (siehe die
Ableitung von Utricularias Falle von Wurzelknöllchen unten). Ich erinnere wieder an den
obigen Leitgedanken K. E. von Baers, dass sich die Deszendenztheoretiker "etwas
ausdenken, was als möglich erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen Wirklichkeit zu
schließen." 79 ["Denkbar" ist jedoch sehr viel mehr, als die Realität zulässt.]
(51) MN: "Wie aber könnte ein funktioneller Übergang von einer Reusenfalle zu einer Saugfalle
stattgefunden haben?"
W-EL: Wer der bisherigen Argumentation (inklusive der eingangs zitierten
Leitgedanken) gefolgt ist, wird verstehen, dass es sich bei den Ausführungen
von MN und Jobson et al. zur Evolution der beiden Gattungen Genlisea und
Utricularia durch Mutation und Selektion in allen wesentlichen Punkten um
nichts als Spekulationen gemäß unbewiesenen Voraussetzungen handelt. Man
darf jedoch fragen, ob es weise war, dass Wilhelm Troll in seiner Morphologie
der Pflanzen (Bd.1) das folgende Wort Goethes auf die evolutionären
Metaphysiker seiner Zeit bezogen hat, wie den Tübinger Botaniker Walter
Zimmermann (Stichwort "Telomhypothese"):
"Ich sag es dir: ein Kerl der spekuliert,
Ist wie ein Tier auf dürrer Heide,
Von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt,
Und rings umher liegt schöne grüne Weide."
Zimmermann hat sich natürlich dagegen verwahrt. Zu einer eventuellen
Annäherung der Standpunkte in der Diskussion hat das Zitat nichts beigetragen.
Aber worum geht es MN und vielen anderen Autoren wie Kutschera,
Dawkins, Matzke, Harris und Hitchens bei ihren endlosen evolutionären
Spekulationen tatsächlich? Ich möchte an dieser Stelle an das folgende Wort
Jakob von Uexkülls erinnern: "[Der Darwinismus] ist weiter nichts als die
Verkörperung des Willensimpulses, die Planmäßigkeit auf jede Weise aus der
Natur loszuwerden." Oder noch direkter: "The real message of this belief is that
there is no God, that he is unnecessary." 80 In diesem Sinne versucht MN selbst
gegen Ende seines Beitrags den Gedanken an einen "göttlichen Designer" noch auf
eine Weise abzuwerten, die nach meinem Verständnis die Grenzen der vernünftigen
wissenschaftlichen Argumentation überschreitet (siehe unten, Punkte (101)/(102)). An der
eigentlichen Biologie haben solche Autoren zumeist nur sekundäres Interesse. 81
79
Oder zumindest ein Problem erst einmal für erledigt zu betrachten.
Deutsche und weitere Übersetzungen: "Durch diese Anschauung soll in Wirklichkeit der Gedanke vermittelt werden, es gäbe keinen Gott
und es brauche ihn auch nicht zu geben." "En réalité, le véritable message qui se cache derrière cette croyance, le voici: Dieu n'existe pas; il
ne sert à rien." "El verdadero mensaje de esta creencia es que no hay ningún Dios, que Dios es innecessario." (Insgesamt in 37 Sprachen,
Auflage mehr als 41 603 000 Exemplare: Life - How did it get here?....)
80
81
Als ich z. B. MN das Folgende vorschlug: "Feine, zerschlitzte Blätter kommen übrigens bei zahlreichen ganz unterschiedlichen Gattungen
von untergetaucht lebenden Blütenpflanzen vor (vgl. Kopie der Abb. 5.7 aus Sculthorpe 1967, S. 106). Im Botanischen Garten von München
dürften solche und auch Utricularia vulgaris-Pflanzen vorhanden sein. Am besten, Sie sehen sich einmal solche Pflanzen dort näher an
(Blütezeit von Utricularia ist von Juni bis August)" - zeigte er daran keinerlei Interesse. Auch Matzkes und Dawkins' Motivation liegt vor
allem in der Verbreitung der "frohen Botschaft" des Atheismus.
58
(52) MN: "Interessanterweise variieren die Fallen auch innerhalb der Gattung Utricularia deutlich."
W-EL: Aber nicht auf eine Art und Weise, die MN für die entscheidenden
Fragen seiner neodarwinistischen Argumentation überzeugend einsetzen könnte.
"Der Aufbau der Fallen geht auf ein einheitliches Prinzip zurück:..." 82 – Barthlott
et al. 2006, p. 139. Schmucker und Linnemann sprechen von der "ungeheuren
Mannigfaltigkeit im einzelnen bei gleichem Grundplan und gleicher Funktion"
oder: "Alle Utricularia-Arten besitzen Blasen (engl. trap Falle) von
grundsätzlich gleichem Bau" (siehe weiter Richter 1990, Braem 1992, Slack
2001 und Fleischmann 2010, die sich im gleichen Sinne geäußert haben). Die
Falle von Utricularia multifida (ehemals Polypompholyx multifida) wird jedoch
irrtümlicherweise neuerdings als "missing link" zwischen Genlisea und den
übrigen Utricularia-Arten angesprochen (vgl. die Ausführungen zum Punkt
(57b) unten; siehe jedoch schon F. X. Lang 1901).
Weiter im Text von MN.
(53) MN: "Etliche Arten, wie z. B. Utricularia globulariaefolia, verfügen noch über eine Reihe zur
Fallentür einwärts gerichteter Haare. Diese Haare erzeugen einen den Reusenfallen ähnlichen Effekt, indem
sie die Beute an der Flucht hindern und dabei helfen, sie zur Fallentür zu dirigieren."
W-EL: Gibt es auch bei U. vulgaris (siehe unten). MN arbeitet fortlaufend mit
dem zirkelschlüssigen "Ähnlichkeitsbeweis" unter Vernachlässigung sämtlicher
evolutionär zu erklärenden anatomischen und physiologischen Unterschiede.
"Utricularia globulariaefolia": Der korrekte Artname lautet nach den geltenden botanischen
Nomenklaturregeln Utricularia tricolor (vgl. Taylor 1989/1994, pp. 294-298) und der überholte, aber vor allem
noch in der spanischen und portugiesischen Literatur verwendete Artname globulariaefolia lautet richtig U.
globulariifolia (auch wenn selbst Lloyd 1942 noch globulariaefolia 83 geschrieben hat). Wichtiger erscheint mir
jedoch die Beschreibung der Falle von U. tricolor gemäß Taylor, p. 295:
"Traps moderately numerous on the rhizoids and stolons, stalked, broadly ovoid, 1.5-2 mm long, the mouth
basal, with 2 narrowly deltoid, acute, dorsal appendages and usually with a distinct swelling at the distal end
of the stalk, the inner surface of the appendages and the distal end of the stalk densely covered with very fine,
distally inflexed, gland-tipped hairs."
"Gland-tipped": das sieht eher nach einer chemischen Lockfunktion aus. Inwieweit die
sehr feinen Härchen in diesem Falle die Beute tatsächlich an der Flucht hindern können, bleibt
wohl noch genauer zu untersuchen ("distally inflexed" dürfte aber auf eine solche Funktion
hindeuten). Härchen mit Drüsen an den Enden kommen jedoch in der Reusenfalle von
Genlisea gar nicht vor (d. h. die einwärts gerichteten Haarreihen der Rhizophylle tragen keine
Drüsenköpfe).
Das Prinzip bleibt dennoch richtig: Barthlott et al. erwähnen (2006, p. 143) dafür U.
multifida und U. livida, deren Anhängsel "eine reusenartige Struktur aus[bilden]".
Den experimentellen Nachweis für Capture Enhancement in a Carnivorous Plant:
82
Worauf die Beschreibung folgt: "Sie besteht aus einem ovalen Hohlraum mit einer Länge von 0,2 mm bis 1,2 cm. ... Die Falle sitzt auf
einem mehr oder weniger langen Stiel und hat eine Öffnung, die von einer Tür oder Klappe und einem Häutchen (Velum) verschlossen ist."
Siehe die ausführliche Darstellung zu Form und Funktion der Utricularia-Falle bei den Autoren pp. 139-145. Im Satz vor dem Hinweis auf
das einheitliche Prinzip wird übrigens auch U. multifida erwähnt, und auf Seite 61, dass 6 Wochen alte Keimlinge von U. multifida "bereits
voll funktionsfähige Fangblasen" zeigen – Einschränkungen im Sinne Reifenraths et al. (2006) werden dazu nicht gemacht. – "Die Fallen
von Utricularia sind Saugfallen. Dieser Fallentyp ist allein auf diese Gattung beschränkt und kann mit einigem Recht als der raffinierteste
Fangmechanismus karnivorer Pflanzen bezeichnet werden" (p. 142).
83
D. Hartl merkt zu dem ähnlich gelegenen Fall Veronica hederifolia ("hederaefolia") an: "lat: efeublättrig; wegen der Ähnlichkeit der
frondosen Deckblätter mit Hedera helix. Nach den Nomenklaturregeln muß der von LINNÉ mit einem falschen Verbindungsvokal gebildete
Artname im Sinne des klassischen Lateins verbessert werden" (p. 201).
59
Function of Antennae and Bristles in Utricularia vulgaris haben Meyers und Strickler
1979 (Science 203, pp. 1022-1025) publiziert. Die Autoren scheinen jedoch an
Konvergenz (unabhängige Entstehung) und nicht an eine Ableitung von Genlisea
gedacht zu haben (die sie gar nicht erwähnen), wenn sie schreiben (p. 1024): "In water
dwelling 84 species like U. vulgaris these structures are thought to be an elaboration of
the trapping mechanism (2, 4, 9), thus reinforcing Darwin's [funnel] hypothesis." 85
Das Reusenprinzip ist übrigens bei den karnivoren Pflanzen auch nach
phylogenetischen Voraussetzungen mehrfach unabhängig voneinander
entstanden:
Nepenthes (gehört zur Gruppe der Caryophyllidae, Nelkenartigen): "Eine
starke Behaarung, die Tiere in Richtung der Fallenöffnung drängen könnte,
findet sich auf der Deckelunterseite von Nepenthes lowii" (Barthlott et al. p.
157). Bei N. villosa (Abb. p. 149) und weiteren Nepenthes-Arten enden die
Rippen des Peristoms in Zähnen nach dem Reusenfallenprinzip (p. 157).
Über die zu den Droseraceae gehörende Aldrovanda (auch Nepenthales, aber
wahrscheinlich unabhängig von Nepenthes entstanden) bemerken J. und P.
Pietropaolo pp. 2001, pp. 142/143:
"In Aldrovanda the hairs point down into the trap. When the trap closes, the spikes intermesh as they do in
Dionaea. This mechanism is external with Dionaea, but it is internal in the Aldrovanda trap. The intermeshed
spikes serve as a sieve or strainer to keep the prey in the trap as it closes and water is forced out.”
Bei Darlingtonia (Sarraceniaceae, Ordnung Ericales) 86 befinden sich in der
Zone 1 "Haare…, die der potentiellen Beute den Weg zur Fallenöffnung weisen"
und in Zone 4 epikuticulare Wachse und "dicht stehende, abwärts gerichtete
Haare", und in Zone 5 sind "die abwärts gerichteten Haare am dichtesten
angeordnet" (Barthlott et al. p. 169). Ähnliches finden wir bei der zur selben
Familie gehörenden Heliamphora ("schmaler peripherer Bereich, der dicht mit
nach unten gerichteten Haaren besetzt ist", p. 171) und bei der verwandten
Sarracenia (Haube mit nach innen gerichteten Haaren, p. 175; S. psittacina: die
im Inneren zum Fallenboden hin gerichteten Reusenhaare versperren den
gefangenen Tieren aus den horizontal dem Boden anliegenden Schlauchblättern
den Rückweg und verhindern ein Entkommen", p. 178).
Im Zusammenhang mit dem Moos Colura zoophaga sprechen Barthlott et al.
ebenfalls von einer Art Reusenmechanismus (p. 181, aber Karnivorie ist hier
nicht bewiesen). Außerdem gibt es Reusenhaare bei Arum maculatum.
Darüber hinaus findet sich das Reusenfallenprinzip wahrscheinlich bei
Mikrocrustaceen 87 und sicher bei den Flamingos 88, Pterosauriern 89 und
84
Die von Barthlott et al. erwähnten U. multifida und U. livida mit ihrer "reusenartigen Struktur" sind jedoch beides terrestrische Arten (vgl.
Taylor, pp. 82 und 224).
85
Sechsmal wird die Bestätigung von Darwin's funnel hypothesis in diesem Artikel lobend hervorgehoben. Dass Darwin aber gar nicht
erkannt hatte, dass es sich bei Utricularia um einen aktiven Fangvorgang handelt, lassen sie hingegen weg.
86
also wiederum unabhängig von den übrigen Karnivoren entstanden.
87
Aus den Cirripedia-Studien von Darwin, woher sich wohl auch seine Begriffsbildung zu Utricularia ableitet: "...they have their inner
surfaces clothed with spines, sometimes divided into an upper and lower group, and occasionally separated by a deep notch: there are often
long bristles outside. They are furnished with at least two muscles; in sessile Cirripedes I have seen that they are capable of a rapid to and fro
movement, and I have no doubt that their function is to brush any small creature, caught by the cirri, towards the maxillæ, which are well
adapted to aid in securing the prey, and so I may here mention, as showing the connexion of these bristles with the opercular membrane, that
similar bristles occur in B. perforatus. Meyers und Strickler (1979, p. 1022): "Darwin, in his classic treatise Insectivorous Plants, termed the
60
Bartenwalen 90.
Selbst noch nach evolutionären Voraussetzungen ist also das Prinzip des
Reusenapparats an ganz verschiedenen Stellen der Organismenwelt völlig
unabhängig voneinander verwirklicht worden (mehrfach konvergent) – wieso
sollte das dann nicht auch bei den ansonsten völlig unterschiedlichen
Fallentypen von Genlisea und Utricularia möglich sein? Aber in diesem Falle
könnte MN seine philosophical doctrine (Thompson) hier nicht mehr
illustrieren.
"Etliche Arten ... verfügen [bei Utricularia] noch": Das "noch" ist wieder
evolutionäre Interpretation/Spekulation und impliziert, dass bei den übrigen
Arten die einwärts gerichteten Haare mit Reusenfalleneffekt verloren gegangen
sind. Aber warum in aller Welt sollte die Selektion den Verlust einer
Einrichtung bevorzugen, der die Beute an der Flucht hindert und überdies
dabei hilft, sie zur Fallentür zu dirigieren? Oder noch einmal: Warum sollte
der Verlust an Nahrung einen Selektionsvorteil bieten?
Mit anderen Worten: Erst sollte es "einsichtig" sein, "dass ein Selektionsdruck die
Ausbildung eines Saugmechanismus begünstigt [der bei Genlisea gar nicht existiert], um
den Verlust an Nahrung zu verringern", und jetzt soll die Selektion durch schrittweisen
Abbau einer hochwirksamen Reuseneinrichtung zum Verlust der Nahrung beitragen?
Aber vielleicht könnte man sich zu diesem Widerspruch ebenfalls "eine schöne plausible
Evolutionsgeschichte ausdenken" (vgl. Prof. V. oben), dann diese widerlegen, um sich
anschließend eine weitere neue einfallen zu lassen usw. – was letztlich nur die prinzipielle
Nichtfalsifizierbarkeit der Selektionstheorie zeigen würde (Metaphysik). Ohne (oder bei
einschränkter Wirksamkeit der) Selektion bzw. bei einem nicht der Selektion
unterworfenen Toleranzspielraum für Formabweichungen wäre ein solcher Verlust jedoch
wesentlich verständlicher. Ich erinnere in diesem Zusammenhang erneut an die Familien
der Dioncophyllaceae and Ancistrocladaceae, in denen die Karnivorie verloren gegangen
ist – wozu man sich selbstverständlich auch wieder eine unendliche Selektionsgeschichte
ausdenken könnte.
(54) MN: "Dies deutet darauf hin, dass durch Einfaltung der Lippe des Fallenmunds eines Vorfahren
von Genlisea zunächst die Reusenfallen-Technik optimiert wurde."
W-EL: Wie aber kommt es überhaupt zur spezifischen Einfaltung der Lippe
des Fallenmundes? Wird hier nicht erneut das als gegeben vorausgesetzt, was
erst noch zu erklären ist?
(55) MN: "War auf diese Weise erst einmal eine Art Klappe entstanden, waren weitere Optimierungen
stufenlos möglich."
multicellular, branched extensions arising from the top corners of the trapdoor arch "antennae," and the unbranched, filamentous projections
occurring in sets on either side of the door frame "bristles" (8). He used these terms, still in use today (4, 7, 9), because a trap and its
associated structures reminded him of an aquatic microcrustacean.”
88
Flamingos: "Sie schlabbern das Wasser samt Algen und kleinen Krebschen ein und drücken es dann mit Bewegungen der kräftigen Zunge
durch einen Reusenapparat am Schnabelrand wieder raus", erklärt Gabriele Ismer ( http://tierfilm.wordpress.com/2009/04/22/flamingos/)
89
Pterosaurier: Der Schädel von Pterodaustro war 23,5 Zentimeter lang und endete in einem 20 Zentimeter langen, nach oben gebogenen
Schnabel, dessen Unterkiefer mit annähernd 1000 langen, bürstenartigen und wohl auch elastischen "Zähnen" besetzt war. Auf einen
Zentimeter kamen 24 Zähne. Zusammen bilden sie einen reusenartigen Filterapparat, der vielleicht zum Fang von Kleinkrebsen im Wasser
benutzt wurde, ähnlich wie es Flamingos heute tun. Darum wird die Gattung mitunter als "Flamingo-Flugsaurier" bezeichnet.
90
Sie haben kein Gebiss, sondern filtrieren Plankton mit den als Reusenapparat ausgebildeten hornartigen Barten.
61
W-EL: Woher kommt denn jetzt plötzlich auch noch "eine Art Klappe"?
Sarracenia flava mit "Klappe” aus http://www.mondocarnivoro.it/images/cartoline/sarracenia_flava.jpg
Auch die Entstehung der Klappe soll gemäß der Idee der kontinuierlichen
Evolution durch "zufällige Mutation und Selektion über tausende kleine
Entwicklungsstufen erklärt werden" (MN), d. h. durch die Selektion von
Mutationen mit "slight or even invisible effects on the phenotype" (Mayr). Jetzt
stelle man sich diese Spekulation einmal plastisch vor (soweit man sich "invisible
effects" überhaupt so vorstellen kann): Da war zunächst ein winziger Ansatz, eine
genetisch bedingte kaum oder gar nicht wahrnehmbare Vorwölbung an dem
'Schlauch' oder 'Trichter'. (Im rechten Winkel zur längsten Vertikalen oben? Wenn überhaupt, dann hätte es dafür fast
unendlich viele weitere Möglichkeiten in der räumlichen Anordnung gegeben: unten, an den Seiten, dazwischen, nach außen etc.).
Welche Selektion sollte denn dort mit der unterstellten unfehlbaren Sicherheit
("intently watching each slight alteration” … "carefully preserving each which…in any way or in any degree…”) angreifen und
sodann Darwins Wort erfüllen: "…each new form will tend to take the place of,
and finally to exterminate, its own less improved parent-form and other lessfavoured forms with which it comes into competition?”
Möglicherweise könnten an dieser Stelle einige unserer Evolutionstheoretiker
mit Tertullian sagen: Credo quia absurdum.
"…waren weitere Optimierungen stufenlos möglich." Man darf in der Regel
davon ausgehen, dass "stufenlos" ("invisible effects") von der Selektion nicht
berücksichtigt werden kann. Überdies müssten die dazu notwendigen
'Mikromutationen' letztlich von Generation zu Generation (zufällig?) immer
wieder räumlich und zeitlich präzise koordiniert in der Individualentwicklung
(Ontogenese) an der gleichen Stelle ansetzen (und alle anderen untergehen), um
eine solche Optimierung zu garantieren. Wie wahrscheinlich ist das?
Zu beachten ist weiter, dass die angenommene Optimierung von MN und
62
anderen in solchen Fällen auf ein Ziel hin (hier die Utricularia-Falle) gedacht
wird, sie verläuft damit gewissermaßen "teleologisch". Nun könnte so "eine Art
Klappe" ja auch stören (der Zugang wird immer enger und immer weniger
Beutetiere kommen in die zukünftige (noch gar nicht richtig funktionierende)
Falle hinein oder der Eingang wird übersehen, was zum selben Ergebnis führt)
und die hypothetische Optimierung wäre damit in genau die umgekehrte
Richtung verlaufen. D. h.: Ohne Ziel kann man sich Optimierungen in zahllose
Richtungen ausdenken.
"The supporters of this theory did not begin—this was indeed an impossibility—by showing that a given
variation, able to confer a certain definite advantage, must necessarily subsist and then observe that it did subsist,
while the individuals in which it was lacking were eliminated. What they did was to justify a posteriori certain
characters already existing by an argument designed to show that they are useful. This amounts to saying that
they are useful because they have persisted, not to the demonstration that, being useful, they have determined the
subsistence of their possessors and the elimination of individuals in which they were absent. The ensemble of these
discussions has thus somewhat the appearance of an immense vicious circle where one takes for granted the
thing that has to be proven." 91
MNs Aussage zum Punkt (55) erinnert mich wieder an von Baers Äußerung
"…daß sie [die Deszendenztheoretiker] sich etwas ausdenken, was als möglich
erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen Wirklichkeit zu schließen."
(56) MN: "Sinneshaare wurden anfangs offenbar nicht benötigt (einigen rezenten Arten fehlen sie
völlig),…"
W-EL: Das wird als sekundärer Verlust mit bisher unbekannter Kompensation
gedeutet (Taylor). Zu den prinzipiellen Erklärungsschwierigkeiten der
Selektionstheorie beim Verlust wichtiger funktionaler Strukturen vgl. die
Kommentare zu Punkt (53).
(57a) MN: "…und auch die Fallentür musste u. a. aufgrund des Saugmechanismus nicht von Beginn an
geschlossen gewesen sein, um ihrem Besitzer einen selektiven Vorteil zu bescheren."
W-EL: Der Saugmechanismus ist frei erfunden (siehe die Details oben) – also
entfällt auch der selektive Vorteil innerhalb dieses Interpretationsrahmens. Und
überhaupt verkehrt sich der angenommene selektive Vorteil gegenüber den
zahlreichen nichtkarnivoren Arten am selben Standort in das genaue Gegenteil,
wenn man an die Kosten, die bei der schrittweisen Entwicklung von (über weite
Strecken zunächst noch) gar nicht und später (über zahlreiche weitere Stufen der
angenommenen Evolution) nur sehr unvollkommen funktionierenden Fallen
denkt – alles Kosten, die all die anderen Arten, von den Algen bis zu den
Angiospermen "in the same area and in the same circumstances", gar nicht
aufbringen müssen. Damit wird vielmehr den Letzteren der entscheidende
Selektionsvorteil gewährt, so dass die Entwicklung der Karnivoren frühzeitig
abgebrochen werden müsste.
(57b) MN: "Elektronenmikroskopische Untersuchungen deuten darauf hin, dass Utricularia multifida
lediglich eine Art Tunnel mit permanent geöffneter Tür besitzen könnte, der in den Verdauungstrakt
führt (REIFENRATH et al. 2006). Wie es derzeit scheint, sind sich die Fallentechniken von U. multifida
und Genlisea am ähnlichsten."
91
M. Caullery zitiert nach W. R .Thompson 1965, p.153.
63
W-EL: Die Interpretation der Falle von Kerstin Reifenrath et al. ist
nachweislich falsch (vgl. die Details unter http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf). Ihre
elektronenoptischen Untersuchungen sind gut, aber das tote (präparierte)
Material wird bedauerlicherweise von ihr (und den Koautoren?) falsch
interpretiert. Die These, U. multifida hätte eine von allen übrigen UtriculariaArten abweichende, permanent geöffnete Tür und würde ein Bindeglied zu
Genlisea bilden, wird damit unter Umständen zu einem "false fact" 92 ("False
facts are highly injurious to the progress of science, for they often endure long;"
– Darwin). Die Arbeit von Lloyd (1932), in der ihm der gleiche Fehler
unterlaufen ist wie Reifenrath et al. 2006, wird nicht zitiert. Lloyd hatte
seinerzeit noch keinen Zugang zu lebendem Material. Nach seinen ausführlichen
Studien am lebenden Material (1936 in Australien) hat er diesen Punkt jedoch
unmissverständlich korrigiert (Lloyd 1942/2007, p. 262):
"...it was difficult to study the trap in action, and especially to photograph it. Nevertheless the attempt
succeeded (24 — 8). When the trap is set, the door shows a simple curve, along the sagittal line from the upper
hinge, which is very thick and does little bending, to the edge which lies just within the ridge of the pavement.
When relaxed, just after discharge, the lower two-thirds of the door is convex, the upper hinge showing little
movement — a slight bending in its distal zone only. It is evident that the very deep cells of the outer course of
this tissue exert a strong tangential pressure on the lower parts of the door, ensuring a tight application of the
selvage to the pavement when the door is relaxed and a still tighter application when the trap is set.”
Diese Arbeit wird von Reifenrath et al. zitiert, aber auf das revidierte Ergebnis
wird nicht Bezug genommen. In meinem Beitrag zu Polypompholyx habe ich
dazu u. a. folgende Punkte nach Taylor und Lloyd, den weltweit besten Kennern
der Materie, herausgearbeitet:
The trap of Utricularia multifida, subgenus Polypompholyx, is – closely investigated – certainly not
something akin to a "missing link” between the trap mechanism of the remaining ca. 220 Utricularia
species and that of the protozoa-trapping genus Genlisea, which displays a very different trap
mechanism (for the details, see Juniper, Robins and Joel 1989, Barthlott et al. 1998, Barthlott et al.
2004, Fischer et al. 2004, Lönnig and Becker 2004/2007, Płachno et al. 2007), so much so that Taylor,
after noting that Genlisea's trap "is relatively simple when compared with that of Utricularia”,
comments on the Utricularia trap (1989/1994, p. 40):
"It does not seem possible to me to say, of the Utricularia trap, which of the many types could be judged primitive or
advanced. An apparently simple or complex exterior gives us, or at least me, no inkling as to how this evolved or
perhaps more importantly, why the extraordinary diversity we see was necessary. However I cannot, unlike Charles
Kingsley (1872, p. 314), dismiss the idea of evolution and accept that, in all their complexity, they were simultaneously
created.”
In a similar vein, Lloyd comments (1942/2007, p. 7):
"It is not without interest to note that among the Lentibulariaceae we find examples of the simplest traps (Pinguicula),
the most complex of the pitfall type, (in the lobster pot of Genlisea), and the incomparable trap of Utricularia, whose
only rival is that of Dionaea. Which of the two is the more "wonderful" (I refer now to Darwin's statement that he
thought Dionaea the "most wonderful plant in the world") will perhaps be a matter of opinion, but the evidence seems
to favor Utricularia.
…About the origin and evolution of the carnivorous plants, however much these questions may intrigue the mind, little
can be said, nor have I attempted to discuss them. …The fact that they have originated at two or more distinct points in
the phylogenetic tree is of major importance. How the highly specialized organs of capture could have evolved seems to
defy our present knowledge.” (Vgl. weiter http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf.)
92
Siehe zum Beispiel http://www.sarracenia.com/faq/faq5604.html, http://www.sarracenia.com/faq/faq1340.html, http://www.sarracenia.com/faq/faq5580.html
Nicht uninteressant erscheint mir übrigens auch der Kommentar von Barry Rice 2005/2008 zur Entstehung der Falle Utricularias unter
http://www.sarracenia.com/faq/faq1345.html: "How suction traps evolved is a matter of great uncertainty, but that is not to say that it confounds
evolutionary theory. It is easy to develop plausible hypotheses of how they could have evolved - we just don't know if such theories are
right.” Mein Kommentar: Under these presuppositions, nothing can confound evolutionary theory because it is almost always easy "to
develop plausible hypotheses of how they could have evolved”. But a theory which cannot be falsified does not belong to science (Popper).
64
Die für MN höchst ungewöhnlich vorsichtige Ausdrucksweise ("deuten darauf
hin",… "dass … könnte", … "Wie es derzeit scheint") 'deutet darauf hin', dass er
meinen Beitrag zu U. multifida (vgl. wieder http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf) vor
Veröffentlichung seines Buches schon kannte, aber nicht zitierte, da es seinem
"explanatory principle, which it is sufficient to illustrate by examples"
(Thompson) nicht förderlich war (philosophical doctrine). Zumindest sollte er
die Arbeit von Lloyd (1942) gekannt haben, denn er führt sie in seiner
Literaturliste auf. 93
In seiner weiteren Argumentation geht MN von der irrigen These Reifenraths
et al. als Tatsache aus ("false fact") und setzt U. multifida als strukturelles
Bindeglied zu Genlisea ein (siehe unten). 94
(58) MN: "Aus welchem Fallentyp sich die Reusenfalle der Gattung Genlisea ableiten lässt, darüber
kann die stammesgeschichtlich weiter entfernte Schlauchpflanze Sarracenia psittacina Aufschluss
geben."
W-EL: MN führt damit seine zirkelschlüssige Ähnlichkeitsargumentation mit
"examples" im Sinne Thompsons unter allen seinen völlig unbewiesenen, aber
unwissenschaftlicherweise niemals in Frage gestellten Voraussetzungen weiter
aus.
Sarracenia psittacina
aus http://www.sarracenia.com/photos/sarracenia/sarrapsi (Siehe auch die Abbildung zu Punkt (75) unten)
93
Meine Arbeit war seit 13. August 2008 online, das von MN herausgegebene Buch erschien am 16. September 2009, sein Vorwort ist auf
"Dezember 2008" datiert, mehrere seiner Zugriffe auf meine Internetseiten auf den 29. August 2008.
94
Entgegen den Beobachtungen, Forschungsergebnissen und der Dokumentation von Lloyd wollen wir jetzt einmal der Argumentation
halber kurz annehmen, bei Utricularia multifida (Polypompholyx) sei die Tür tatsächlich 'permant geöffnet' – ähnlich wie sich das Darwin
und andere (vgl. jedoch p. 205, Fußnote 298) einst vorgestellt hatten. Wie (genetisch) und selektionstheoretisch "warum" sollte sich daraus
die geschlossene Tür samt Saugmechanismus der übrigen Utricularia-Arten entwickelt haben? Wenn es selbst heute noch bei U. multifida
funktional bestens ohne geschlossene Tür ginge und U. multifida sich zusammen mit weiteren Utricularia-Arten am gleichen Standort über
Millionen von Jahren behaupten konnte – welchen Selektionsvorteil sollte dann eine weitere Evolution beinhaltet haben? Wozu die
Entwicklung eines weiteren hochkomplexen, synorganisierten Mechanismus, wenn es auch bestens ohne diesen geht? Wenn es unter diesen
Voraussetzungen umgekehrt einen klaren Selektionsvorteil gegeben hätte – warum ist dann U. multifida nicht schon längst durch die anderen
weiter entwickelten Formen ersetzt worden? ("…old forms will be supplanted by new and improved forms" – Darwin.)
Selbstverständlich kann man sich auch zu diesen Einwänden wieder eine oder auch viele "schöne Evolutionsgeschichten" einfallen lassen –
in diesem Sinne wäre dann die Selektionstheorie wieder unfalsifiable, und zwar ad infinitum. Aber vielleicht könnte man an dieser Stelle
auch einmal Occam's Razor ansetzen.
Überdies gibt es tatsächlich Utricularia-Fallen, die nicht richtig funktionieren, so bei den oben erwähnten "Kümmerformen", und dieses
Phänomen ist sogar bei U. vulgaris festgestellt worden ( " ... meist ohne Schläuche oder mit Schlauchrudimenten (vgl. die Kümmerform bei
U. australis)" – Casper und Krausch 1980). Von einem evolutionstheoretischen Ansatz an dieser Stelle ist mir jedoch nichts bekannt.
65
Aber selbst unter diesen Vorannahmen darf man sich wundern, warum MN auf eine
"stammesgeschichtlich weiter entfernte Schlauchpflanze" wie Sarracenia psittacina
zurückgreifen muss, um uns seinen vermeintlichen Aufschluss zur Ableitung der Reusenfalle
Genliseas zu liefern. Dazu ist zunächst einmal anzumerken, dass Sarracenia auch nach
stammesgeschichtlichen Voraussetzungen sehr weit von Genlisea entfernt ist. 95
Viel wichtiger erscheint mir jedoch die Frage, warum die von MN anvisierten (Schlauch-)
Zwischenstufen zu Genlisea bei den Lentibulariaceen (unseren Wasserschlauchgewächsen) so
völlig fehlen, wenn sie doch bei den Krugpflanzen (Cephalotaceae: 1 Spezies),
Kannenpflanzen (Nepenthaceae: ca. 98 Spezies) und Becher- oder Schlauchpflanzen
(Sarraceniaceae: 8 Spezies) bis heute in zahlreichen systematischen Arten und Unterarten
erhalten sind? Und wenn Sarracenia sogar in Europa eingebürgert ist (einige Stellen in Irland,
England, Schottland, Schweiz und in Deutschland im Bayerischen Wald 96).
Natürlich kann unter den unbewiesenen evolutionären Vorannahmen wieder endlos darüber
spekuliert werden, warum die Zwischenstufen bei den Lentibulariaceae fehlen, aber in
anderen nicht verwandten Familien erhalten geblieben sind. Dennoch bleibt ein ungeklärter
Rest von Fragen bestehen, den ich in Anlehnung an einen Absatz im Schöpfungsbuch, p. 84,
für die drei Gattungen der Familie, Pinguicula, Genlisea und Utricularia, wie folgt
formulieren möchte:
Vom Standpunkt der Evolutionstheoretiker aus gesehen ist es befremdend, dass bei den Lentibulariaceae
heute eine so deutliche Kluft zwischen Genlisea und Utricularia einerseits und dem "primitiven" PinguiculaTypus andererseits besteht. Sie vertreten die Meinung, die Pflanzen seien, während sie die evolutionäre
Stufenleiter erkletterten, immer überlebensfähiger geworden ("each new form will tend ... to take the place of,
and finally exterminate, its own less improved parent-form ..."- etc. Darwin, siehe oben). Warum sind dann die
"untergeordneten" Pinguicula-Arten noch am Leben, aber nicht eine einzige der vermuteten Zwischenstufen, die
in ihrer Entwicklung angeblich weiter fortgeschritten waren? Heute sehen wir Pinguicula, Genlisea und
Utricularia, aber keine der angenommenen Zehntausende von Bindegliedern zwischen ihnen ("…the number of
intermediate varieties, which have formerly existed on the earth, [must] be truly enormous" – Darwin 1859). Ist es wahrscheinlich,
daß jedes einzelne der jüngeren und angeblich fortschrittlicheren "Bindeglieder" zwischen der jetzigen
Pinguicula und Genlisea sowie Utricularia ausgestorben ist, der "primitive" Pinguicula-Typus jedoch nicht? 97
Die "falsche Tatsache", d. h. die Fehldeutung von U. multifida als strukturelles
Bindeglied zu Genlisea, die auch MN für seine weitere Argumentation
bedenkenlos einsetzt (siehe unten), zeigt übrigens deutlich, dass die
Selektionstheoretiker bis heute solche lebenden Zwischenformen erwarten.
"Wahre Tatsache" ist jedoch, dass die oben ausführlich behandelte
selektionstheoretische Gleichwertigkeit für unterschiedlich hoch differenzierte
Formen selbstverständlich auch für die "Schlauchpflanzen", Pinguicula,
Genlisea und Utricularia gilt, womit sich die Frage eigentlich erledigt. Könnte
es vielleicht sein, dass es bei den Lentibulariaceae (Wasserschlauchgewächsen)
die evolutionär-selektionstheoretisch erwarteten Vorfahren in Form von
sarraceenähnlichen Fallen und die zehntausend weiteren Zwischenformen
95
(Genlisea gehört zur Familie der Lentibulariaceen, die morphologisch meist an die Scrophulariaceen angeschlossen werden, Ordnung
Lamiales, und Sarracenia gab den Namen für die Familie der Sarraceniaceen ("Becherpflanzen"), die zu der Ordnung Ericales zählt (wohin
auch die Primeln und Heidekräuter gehören). "Mit den meisten fleischfressenden Pflanzen sind die Becherpflanzen nicht näher verwandt"
(bis auf die Roridulaceae) Barthlott et al. 2004, p. 166, kursiv etc. wieder von mir).
96
[S. purpurea, ssp. purpurea] "...in the latter part of the eighteenth century Thomas Collinson referred to Sarracenia flowering in the
greatest profusion he ever saw in wet rocky ground at the Duke of Atholl's estate at Dunkeld in Scotland.... Early this [20th]century] it was
introduced into the Bernese Jura of Western Switzerland where it is now firmly established in several bogs. In 1906 Benjamin St George
Lefroy introduced plants to various in Roscommon and Westmeath in Ireland. In some of these the plants have prospered and are now to be
found in vast quantities. In 1930 Mr. J. G. D. Lamb introduced three of the Westmeath plants to a bog in County Offaly. These soon seeded
themselves over the area, where there are now countless numbers" Slack 2001, pp.49/50.
97
Die Abwesenheit von Sarracenia-ähnlichen Formen bei den Lentibulariaceae könnte die Selektionstheorie mit ihrer ExterminationsHypothese vielleicht noch erklären, aber (auch) nicht mehr überzeugend die Anwesenheit solcher "Schlauch"-Formen am gleichen Standort
mit weiterentwickelten Karnivoren.
66
niemals gegeben hat? Ganz im Sinne Einhorns: "Eingebildete Arten, die zu einer
eingebildeten Zeit auf einem eingebildeten Raume lebten, das ist das
Tatsachenbewußtsein der Deszendenztheorie"? (Zur weiteren Idee einer
sprunghaften Evolution siehe die Ausführungen unten.)
(59) MN: "Sie lebt vorwiegend in Überschwemmungsgebieten und besitzt schlauchartige, bedeckelte
Blätter."
W-EL: Die Arten der Gattung Sarracenia sind alle miteinander kreuzbar und
die Hybriden sind ebenfalls fertil. J. und P. Pietropaolo (2001, pp. 34/35) leiten
ihre Liste der Kreuzungen mit dem Satz ein: "Since Sarracenia hybrids cross
very easily with each other, producing viable seed, there are numerous crosses
between hybrids and between hybrids and species." 98 Die folgende Liste nach
D'Amato (1998, p. 89) J. und P. Pietropaolo (2001, p. 35) und Schnell (2002, p.
228): 99
S. alata
S. alata
S. alata
S. flava
S. flava
S. flava
S. flava
S. flava
S. flava
S. flava
S. leucophylla
S. leucophylla
S. leucophylla
S. leucophylla
S. minor
S. oreophila
S. oreophila
S. oreophila
S. oreophila
S. oreophila
S. oreophila
S. purpurea
S. purpurea
S. purpurea
S. purpurea
S. purpurea
S. rubra
S. rubra
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
S. minor
S. psittacina
S. rubra
S. alata
S. leucophylla
S. minor
S. oreophila
S. purpurea
S. psittacina
S. rubra
S. alata
S. minor
S. psittacina
S. rubra
S. psittacina
S. alata
S. leucophylla
S. minor
S. purpurea
S. psittacina
S. rubra
S. alata
S. leucophylla
S. minor
S. rubra
S. psittacina
S. minor
S. psittacina
Gemäß dem genetischen Artbegriff handelt es sich damit um eine einzige
Ähnlich D'Amato (1998, p. 87): "…the species can readily be hybridized, and these offspring are not sterile… In the wild, where two or
more species are found together [sie sind auch durch unterschiedliche flowering times nicht vollständig voneinander getrennt] … the result
may be scattered hybrid offspring or the occasional hybrid swarm.” Schnell erwähnt (2002, pp. 216/217 und 220): "The maps showing the
distributions of Sarracenia indicate that many species grow in the same or overlapping ranges. In the field, two or more species often grow
in the same bog or savanna. As a result, crosses or hybrids between the various overlapping species may be frequent. … Not only can
nearly all conceivable crosses be found in the field or made in the greenhouse, the hybrids are fertile. Sarracenia hybrids are capable of
making additional crosses with a third species or with each other, and they can effect compley backcrosses with one or both parent species.
… The frequency of hybridization between species of Sarracenia caused a great deal of difficulty among early botanists. That, combined
with a lack of ready communication or rules of nomenclature, such as our modern ICBN, resulted in near chaos."
98
99
Die reziproken Kreuzungen werden hier nicht extra vermerkt; es scheinen auch hier keinerlei Barrieren zu bestehen.
67
polymorphe Art (vgl. Lönnig: Artbegriff http://www.weloennig.de/AesIV3.html), die hier dem
Grundtypus von Scherer (1993) und Junker und Scherer (2006) entspricht, d. h.
bei der Gattung Sarracenia sind genetischer Artbegriff und Grundtypus
identisch.
Wie der umfangreiche Erfahrungsschatz mit Milliarden von Mutationen an
unterschiedlichsten Organismen zeigt – von Drosophila bis zur Gerste, Reis
und Mais – , würden auch beim systematischen Durchmutieren des gesamten
Sarracenia-Genoms (saturation mutagenesis) niemals völlig neue in der Natur
beständige Arten entstehen. (Vgl. dazu das empirisch prinzipiell jederzeit
überprüfbare
Gesetz
der
Rekurrenten
Variation
unter
http://www.weloennig.de/Gesetz_Rekurrente_Variation.html
und
http://www.weloennig.de/Loennig-Long-Version-of-Law-of-Recurrent-
). Vor diesem Hintergrund erscheint die Idee einer durch
Zufallsmutationen und Selektion bewerkstelligten genetischen Transformation
eines Sarracenia-Bauplans in einen Typus, der Genlisea oder Utricularia gleicht
und sich "in the wild", d. h. in der freien Natur, durchsetzen könnte, völlig
absurd.
Variation.pdf
Der Bauplan der Grundtypen (der primären Arten 100) ist konstant. Und diese
Aussage gilt ebenso für die Grundtypen in der Vergangenheit.
Einen schlagenden Beweis dafür liefert die fossile Überlieferung karnivorer
Pflanzen: Das Alter des Sarracenia-Typus wird mit Archaeamphora 101 zur Zeit
auf 124, 6 Millionen Jahre datiert.
H. Li berichtet in seinem Artikel Early Creataceous sarracenian-like pitcher
plants from China zur Datierung (2005, p. 228):
"The fossil-bearing beds are considered to be the lower part of the Yixian Formation that is about 124.6
mya (Swisher et al., 1999). Currently, the two oldest fossil Angiosperm genera, Archaefructus (Sun et al., 1998,
2001, 2002) and Sinocarpus (Leng & Friis, 2003), are found from the Yixian Formation."
Und ein paar Hauptpunkte aus der Beschreibung der Archaeamphora-Funde
(2005, pp. 227/228 und 230):
"The plants are herbaceous and similar to modern sarraceniaceans in having spirally arranged
developed/underdeveloped pitchers and phyllodia-like leaves that have parallel major veins and reticulate
meshes, distinctive honey-spoon-like structures and porous glands. The intimately associated seeds are
reticulatetuberculate and winged, resembling sarraceniacean seeds. The unique pitcher and characteristic seed
suggest a relationship to Sarraceniaceae. … The Archaeamphora plants are morphologically similar to modern
Sarracenia purpurea in having spirally arranged pitchers and phyllodia-like tubular leaves with parallel major
veins. They also resemble Heliamphora in having pitchers/leaves spirally arranged on stems and pitchers with a
long neck and upright lid. Especially, the thick semicircular structure on the lid margin is comparable to the
honey spoon on Heliamphora heterodoxa var. exappendiculate (based on Andrea Wistuba's material). The round
thick concave areas on each side of the tank also resemble the concave honey spoon. The strong golden-yellow
fluorescence suggest the cavity area could have produced some cuticular or waxy substance like that found in
modem pitcher plants. The Archaeamphora glands with droplet remnants are identical with the carnivorous
plant digestive glands that have innumerous microscopic pores (cuticular gaps) to secret mucilaginous drops
100
Vgl. Artbegriff, Evolution und Schöpfung: http://www.weloennig.de/Artbegriff.html
Der zumeist als Suggestivterminus für evolutionäre Vorstellungen eingesetzte Begriff "Archae-" ändert dabei übrigens nichts an dem
völlig modernen Erscheinungsbild der Funde.
101
68
with enzyme and cuticularized material, and also absorb nutrients from the digested insects (Juniper et al., 1989).
So, morphologically Archaeamphora resemble to both Sarracenia purpurea and Heliamphora very much." 102
Diese Beschreibung erinnert weiter an heutige Arten und Formen wie
Heliamphora sarracenioides, die zu einigen Diskussionen Anlass gegeben
hat. 103
Weitere Funde sind gemacht worden. Li berichtet in seinem oben genannten
Beitrag außerdem (p. 230):
"Another type of pitcher is found (not reported here) without an expanded tank and a narrow neck, but simply
gradually expanded from the petiole tip upwards into a hollow trumpet-like shape. It should be a different
species. An intermediate type (with a wider neck) between the trumpet-like like species and Archaeamphora
longicervia is also found from the same flora. These suggest that the pitcher plants were diversified during
the Early Cretaceous already."
Die These, dass Sarracenia und Heliamphora zum selben Grundtyp gehören,
scheint auch durch mehrere molekularbiologische Befunde gestützt zu werden,
die Ellison und Gotelli für Sarracenia wie folgt zusammenfassen (2009, p. 24):
"Recent genetic analyses have revealed perhaps the most taxonomic surprises in the American pitcher plants
(Sarraceniaceae). Three sets of phylogenetic reconstructions, one based only on the chloroplast rbcL gene
(Albert et al., 1992), another that used rbcL along with two nuclear ITS regions of rDNA (Bayer et al., 1996),
and a third that used ITS-2 along with the 26S rRNA gene (Neyland and Merchant, 2006), have all supported the
monophyly of the Sarraceniaceae. Older analyses of biogeographical (Croizat, 1960; McDaniel, 1971;
Maguire, 1978), palynological (Thanikaimoni and Vasanthy, 1972), and morphological Macfarlane, 1893;
deBuhr, 1977; Maguire, 1978; Juniper et al., 1989) data have traditionally grouped the North American genera
Sarracenia and Darlingtonia together and posited that the South American genus Heliamphora was either sister
to, or derived from, a Sarracenia–Darlingtonia clade. In contrast, all of the molecular data suggest that
Darlingtonia is sister to a derived Sarracenia–Heliamphora clade. This result is concordant with Renner's
(1989) hypothesis that modern-day Sarraceniaceae are derived from a widespread common ancestor (or
ancestral stock).
In diesem Sinne ("modern-day Sarraceniaceae are derived from a widespread
[Sarracenia-like] common ancestor"), zumal bei Kombination der "klassischen”
und der molekularen Daten, könnte auch Darlingtonia zum selben Grundtyp
(zur selben primären Art) gehören, auch wenn sie sich vom "ancestral stock"
molekular weiter entfernt hat.
Über Kreuzungsversuche zwischen Darlingtonia, Sarracenia und Heliamphora ist mir bisher jedoch nichts
bekannt. Bedenkt man aber, dass auch die morphologisch unterschiedlichsten Arten der Gattung Sarracenia
noch fertile Nachkommen miteinander aufweisen, so wäre hier eine zukünftige genetische Forschungsarbeit
vielleicht nicht ganz uninteressant.
Die über Jahrmillionen dauernde Konstanz karnivorer Formen 104 wird weiter
durch die schon seit langem bekannten Aldrovanda-Funde bestätigt:
102
Li 2005, p. 230: "The existence of sarraceniacean-like pitcher plants in the Yixian Formation is also supported by the associated seeds that
have their unique reticulate-tubercles exclusively identical to seeds of Sarraceniaceae (McDaniel, 1971; Maguire, 1978), especially the seeds
of Sarracenia (Fig. 15). Both have the same size range (1.1-2.2 mm), similar sized warts on surface, and a lateral inconspicuous ridge
(McDaniel, 1971; Maguire, 1978)."
103
Einige Diskussionsteilnehmer neigen dazu, in dieser Art eine direkte Verbindung zu Sarracenia zu sehen, andere tendieren zur
Auffassung: "Evolutionary convergence, rather than a direct link might be a possibility." Vgl. http://www.cpukforum.com/forum/lofiversion/index.php/t25787.html
104
Dazu vielleicht nicht unpassend die folgenden Kommentare zum Thema stasis in der Paläontologie:
Ernst Mayr (2001, p. 195): "The complete standstill or stasis of an evolutionary lineage for scores, if not hundreds, of millions of years is
very puzzling."
Donald R. Prothero (2007, p. 81): Evolution: what the fossils say and why it matters. "Some biologists tried to explain away stasis with
mechanisms such as stabilizing selection (selection against the extremes of a population, reinforcing the mean tendency), but this does not
explain how some fossil populations persist unchanged through millions of years of well-documented climatic change (surely a strong
69
"The oldest traces of the Waterwheel Plant [Aldrovanda] in Europe are seeds and pollen from the Upper
Cretaceous (85 - 75 MYA) and Eocene (55 - 38 MYA), respectively (Knobloch & Mai, 1991; Huber, 1961)." 105
"Seeds like those of modern Aldrovanda are documented from the Upper Eocene onwards in Europe (Mai,
1985a; Chandler, 1964). Seeds from the Maastrichtian 106 of Europe were assigned to Palaeoaldrovanda by
Knobloch und Mai (1986)." 107
Mehr als 26 nur fossil bekannte Aldrovanda-Arten wurden beschrieben
(Degreef 1997).
selection pressure), as documented by Prothero and Heaton (1996) and Prothero (1999). As Gould (1980a, 2002) pointed out, the persistance
of fossil species through millions of years of intense selection pressure suggests that they are not infinitely malleable by selection, but
instead have an integrety of some sort of internal honeostatic mechanism that resist most external selection." Prothero betont weiter, dass
diese These "still hotly controversial" ist und dass sie von Seiten der Vertreter der Synthetischen Evolutionstheorie zumeist nicht akzeptiert
wird ("…many biologists are unconvinced that the fossil record can't be explained by some Neo-Darwinian mechanism (see chapter 4))."
An dieser Stelle scheint es mir nicht unpassend, an folgende Ausführungen zu den lebenden Fossilien zu erinnern (Lönnig 1998/2001;
vgl. http://www.weloennig.de/mendel20.htm): Wenn wir die Bildung der Lebensformen und die eventuelle Frage, inwieweit Formen konstant sein
können, mit der 'Anpassung an die Umgebung' beantworten, dann würden wir alles erwarten, - nur keine lebenden Fossilien, d. h. Formen,
die allen Umweltunterschieden zum Trotz, ja im schärfsten Gegensatz zu sämtlichen größeren (und kleineren) Umweltveränderungen sogar
über Hunderte von Jahrmillionen hinweg konstant bleiben! Das jeweils plötzliche Auftreten (siehe Zitate im Schöpfungsbuch oben) und die
Konstanz der Baupläne, der Klassen, Ordnungen und die Vielzahl lebender Fossilien (praktisch alle heute lebenden Tier- und
Pflanzengattungen sind "lebende Fossilen"!) beweisen eindeutig, dass diese Fragen nicht mit der 'Anpassung an die Umgebung'
(wissenschaftlich überzeugend und hinreichend) zu beantworten sind! Die Formenkonstanz besteht nachweislich unabhängig von der
Anpassung an die (erdgeschichtlich und geographisch ununterbrochen wechselnde) Umgebung. Die Evolutionslehre, die die Entstehung aller
Lebensformen als Anpassungserscheinungen erklären wollte (insbesondere Darwinismus und Synthetische Evolutionstheorie) ist damit
nachweislich falsch. …
Soviel dürfte jedoch schon an Hand der bisherigen Ausführungen deutlich und klar geworden sein: Die lebenden Fossilien zeigen eine
"innere" Konstanz, die sie weitgehend unabhängig von den wechselnden Umweltbedingungen geologischer Zeiträume und
geographischer Distanzen macht. Diese innere Konstanz der Formen aber dürfte nach der Evolutionstheorie überhaupt nicht existieren!
Steven M. Stanley (1981, p. XV): "The record now reveals that species typically survive for a hundred thousand generations, or even a
million or more, without evolving very much. … After their origins, most species undergo little evolution before becoming extinct."
Stephen Jay Gould (2002, p. 749) "[T]he tale [of the correspondence between Darwin and Falconer] itself illustrates the central fact of the
fossil record so well – geologically abrupt origin and subsequent extended stasis of most species. …Most importantly, this tale exemplifies
what may be called the cardinal and dominant fact of the fossil record…: the great majority of species appear with geological abruptness in
the fossil record and then persist in stasis until their extinction. Anatomy may fluctuate through time, but the last remnants of a species look
pretty much like the first representatives. In proposing punctuated equilibrium, Elderdge and I did not discover, or even rediscover, this
fundamental fact of the fossil record. Paleontologists have always recognized the longterm stability of most species, but we had become
more than a bit ashamed by this strong and literal signal, for the dominant theory of our scientific culture told us to look for the opposite
result of gradualism as the primary empirical expression of every biologist's favorite subject – evolution itself."
(P. 755:) "[...]George Gaylord Simpson, the greatest and most biologically astute paleontologist of the 20th century (and a strong
opponent of punctuated equilibrium) acknowledged the literal appearance of stasis and geologically abrupt origin as the outstanding general
fact of the fossil record and as a pattern which would "pose one of the most important theoretical problems in the whole history of life" if
Darwin's argument for artifactual status failed."
"...stasis is data... Say it ten times before breakfast every day for a week, and the argument will surely seep in by osmosis: "stasis is data;
stasis is data"..." (p. 759.)
Niles Eldredge (1998, p. 157): "It is a simple ineluctable truth that virtually all members of a biota remain basically stable, with minor
fluctuations, throughout their duration.. (Remember that by "biota" we mean the commonly preserved plants and animals of a particular
geological interval…)"
Noch einmal Donald R. Prothero (1992, p. 41): "Eldredge and Gould not only showed that paleontologists had been out-of-step with
biologists for decades, but also that they had unconsciously trying to force the fossil record into the gradualistic mode. The few supposed
examples of gradual evolution were featured in the journals and textbooks, but paleontologists had long been mum about their "dirty little
trade secret:" most species appear suddenly in the fossil record and show no appreciable change for millions of years until their
extinction." http://chaos.swarthmore.edu/courses/SOC26/PunctEquil.pdf
Tom S. Kemp (1985, pp. 66-67): "As is now well known, most fossil species appear instantaneously in the record, persist for some
millions of years virtually unchanged, only to disappear abruptly - the 'punctuated equilibrium' pattern of Eldredge and Gould."
105
106
http://www.carnivorousplants.org/cpn/samples/NatHist263Aldro.htm
"It spanned from 70.6 ± 0.6 Ma to 65.5 ± 0.3 Ma (million years ago)”, Wikipedia.
107
M. J. Benton (Ed.) (1993): The Fossil Record 2, p. 819. Dazu wird weiter angemerkt: "This early record should be trated with caution in
view of the absence of intervening examples." Diese Anmerkung erscheint mir wenig überzeugend, denn es gibt zahlreiche anerkannte
Beispiele trotz "absence of intervening examples" – Musterbeispiel dafür sind sicher die Funde der Quastenflosser: "Ihr Fossilbericht setzt im
Unterdevon vor etwa 409 Millionen Jahren ein und bricht in der späten Oberkreide vor mehr als 70 Millionen Jahren ab. Daher ging man bis
zur Entdeckung des rezenten Komoren-Quastenflossers (Latimeria chalumnae) 1938 im Indischen Ozean vor Südafrika davon aus, dass die
Quastenflosser das Massenaussterben am Ende der Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren nicht überstanden hatten. 1997 wurde vor der
indonesischen Insel Sulawesi eine zweite Art, der Manado-Quastenflosser (Latimeria menadoensis) entdeckt. Fossil sind etwa 70 Arten in 28
Gattungen bekannt." http://de.wikipedia.org/wiki/Quastenflosser
70
Aus John D. Degreef 1997 Fossil Aldrovanda. Figure by B. Meyers-Rice and J. Schlauer; hier neu bearbeitet.
Carnivorous Plant Newsletter 26: 93-97 (1997) 108 (siehe auch Übersicht bei Mai 1995, p. 181)
Zum Einwand Degreefs ("These are fossils from seeds and pollen: but what did
the plants that produced these look like? We have no idea, and it is very
improbable that leaf fossils from Aldrovanda will ever be found” – Degreef
1997), könnte man anmerken, dass inzwischen immerhin "one case of a fossil
leaf" bekannt geworden ist 109 und dass man nach dem Cuvierschen
Korrelationsgesetz doch einige Schlussfolgerungen ziehen kann, denn:
"Every organized being constitutes a whole, a single and complete system, whose parts mutually correspond
and concur by their reciprocal reaction to the same definitive end. None of these parts can be changed without
affecting the others; and consequently each taken separately indicates and gives all the rest.”
http://aleph0.clarku.edu/huxley/comm/ScPr/Falc.html
110
Darüber hinaus ist "A fossil Byblidaceae seed from Eocene South Australia”
(Conran und Christophel 2004) bekannt geworden – hier sind also ebenfalls
gewaltige Zeiträume anzusetzen. 111
"Im Jahre 2004 wurde in Südaustralien ein einzelner fossiler Same aus dem mittleren Eozän gefunden; ein
Abgleich mit heutigen Byblis-Arten belegte die enge Verwandtschaft der Pflanze mit dem Byblis liniflora108
109
110
http://bestcarnivorousplants.com/aldrovanda/papers_online/Fossil.htm
http://www.sarracenia.com/faq/faq5045.html
"Tout être organisé forme un ensemble, un système unique et clos, dont les parties se correspondent mutuellement, et concourent à la
même action définitive par une réaction réciproque. Aucune de ces parties ne peut changer sans que les autres changent aussi; et par
conséquent chacune d'elles, prise séparément, indique et donne toutes les autres" (Cuvier 1825). http://records.viu.ca/~johnstoi/cuvier/cuvierf12.htm.
Gould schreibt unter Voraussetzung seines atheistischen Weltbilds und der Evolution (2002, p. 1259): "As Geoffroy and other formalist
thinkers recognized from the inception of evolutionary studies in biology, organisms are integrated entities, not hodge-podges of
independent attributes each dedicated to a separate function. For two major reasons, this evident and venerable notion implies a great
importance and high relative frequency for spandrels [siehe oben]. First, any change in one part of the body must propagate correlated
alterations to other parts. Selection may generate the original change for adaptive reasons, but many automatic consequences will probably
be spandrels. Second, any adaptive feature of one organ will also express inherent and ineluctable attributes that must rank as spandrels.
Most of these sequelae, although surely more numerous than adaptive aspects of the same feature, will probably remain forever irrelevant
to evolutionary success of the lineage."
111
"Das Eozän begann vor etwa 55,8 Millionen Jahren und endete vor etwa 33,9 Millionen Jahren…" http://de.wikipedia.org/wiki/Eoz%C3%A4n
71
Komplex." (Seitenblick auf Roridula: "The age of Roridulaceae is ca. 90 million years", bisher aber nur nach molekularen Uhren.a)
Was sich somit auch für die zu den "lebenden Fossilien" zählenden Gattungen
Byblis und Aldrovanda abzeichnet, ist eine geradezu ungeheure Konstanz der
Formen über große Zeiträume, die für Aldrovanda nach den bisherigen Funden
schon fast an das Alter der Sarraceniaceae heranreicht.
Und auch für Nepenthes ("Lower Miocene, Borneo", maximal 23,03 +/- 0,05 Mio.
Jahre) und Utricularia ("Utricularia minor type. Graham, 1976, Upper Miocene
[Maximal 11,6 Mill. Jahre], Mexico; Miocene, Senegal") 112 liegen einige Daten vor,
aber bedauerlicherweise bisher keine megafossils.
Diese für die verschiedensten Lebensformen immer wieder festgestellte
Konstanz ist auch trotz der oft stark wechselnden Umweltbedingungen der
Erdgeschichte zu beobachten (siehe dazu weiter die Ausführungen und
Diskussion zum Thema lebende Fossilien und Anpassung unter
113
http://www.weloennig.de/mendel20.htm und Gould, p. 878 ff. ). Das genaue Gegenteil
war von der Evolutionstheorie erwartet worden.
Außerdem soll gemäß Darwin und seinen Nachfolgern die angenommene Evolution als
Vervollkommnungsprozess auch ohne Veränderungen der Umwelt ununterbrochen weiterlaufen! Und die
Ursache dafür soll die "ewige" intra- und interspezifische Konkurrenz sein ('Struggle for Existence' und 'Survival
of the Fittest'): Die andauernde Entstehung und Selektion von neuen und weiterentwickelten Varianten, –
Varianten, die ihrerseits wieder fortschrittlichere Varianten hervorbringen und der Selektion anbieten usw. usf.:
D. h., nach der Theorie bleibt die Evolution niemals stehen. Nichts bleibt konstant. Alles wandelt und verändert
sich ununterbrochen. Alles entwickelt sich weiter und höher, wird immer besser und komplexer. "Alles fließt"
(Heraklit) in Kombination mit dem viktorianischen Fortschrittsglauben. Auch diesem Grundgedanken der
Evolutionstheorie widersprechen die 'lebenden Fossilien' deutlich und drastisch. Eine Gattung wie Byblis müsste
sich demnach längst weiterentwickelt haben.
Kommen wir damit zur Selektions- und Anpassungsfrage zurück:
Ähnlich wie Veronica, Utricularia und viele weitere Gattungen, kommt
Sarracenia nicht nur in einem einzigen Ökosystem vor, sondern "in bogs,
swamps, low wetland, open pinelands and sometimes in wooded areas" (J. und
P. Pietropaolo, p. 25), saure Böden werden bevorzugt, aber einzelne S.
purpurea-Populationen findet man auch auf alkalischem Grund (Braem, p. 79)
und sie ist – wie oben erwähnt – in mehreren europäischen Ländern eingebürgert.
Wie in den Fußnoten oben schon angedeutet, kann Sarracenia psittacina zusammen mit S.
alata, S. flava, S. leucophylla, S. minor, S. oreophila, S. purpurea, S. rosea, S. rubra sowie
mit zahlreichen Hybriden "in the same area and in the same circumstances” 114
a
Die beiden Zitate nach Wiki sowie Warren and Hawkins 2006:
http://www.mobot.org/mobot/research/apweb/orders/ericalesweb.htm
M. J. Benton (Ed.) (1993): The Fossil Record 2, pp. 824 und 827.
113
Wie ich bedauerlicherweise erst im Rahmen dieser Arbeit festgestellt habe, ist Gould zu z. T. identischen Schlussfolgerungen wie ich
gekommen, wenn er 2002, p. 878 zum Beispiel fragt: "As often emphasized in this chapter, if stasis merely reflects excellent adaptation to
environment [by stabilizing selection], then why do we frequently observe such profound stasis during major climatic shifts like ice-age
cycles (Cronin, 1985), or through the largest environmental change in a major interval of time (Prothero and Heaton, 1996). More
importantly, conventional arguments about stabilizing selection have been framed for discrete populations on adaptive peaks, not for the
totality of species – the proper scale of punctuated equilibrium – so often composed of numerous, and at least semi-independent,
subpopulations." (P. 879: "Developmental constraint. This proposal veers more towards heterodoxy in ascribing stasis to an internally
specified inability to change (thereby implying frequent suboptimality of adaptation), rather than to lack of adaptive impetus or change due to
current optimality (explanation one) or flexibility within a current constitution (explanation two)." Wir finden bei den Karnivoren beides,
flexibility within a current constitution und frequent suboptimality of adaptaion.
112
114
http://www.bonap.org/BONAPmaps2010/Sarracenia.html
72
koexistieren – was uns wieder auf Batesons Einwände zur Selektionstheorie führt:
"Certainly these species owe their continued existence to the fact that they are each good
enough to live, but how shall we refer the distinctions between them directly or indirectly to
the determination of Natural Selection?"
Darüber hinaus kommt Sarracenia psittacina auch zusammen mit mehreren
Pinguicula-, Drosera- und Utricularia-Arten am selben Standort vor. 115 Ich
erinnere wieder an den Kontrast solcher Phänomene zu den Voraussagen der
Selektionstheorie: "...the very process of natural selection almost implies the
continual supplanting and extinction of preceding and intermediate gradations.”
"…old forms will be supplanted by new and improved forms" – Darwin. (Zur
Annidationsfrage siehe weiter die Fußnote zum Punkt (73) unten.)
(60) MN: "Die Pflanze ist dort auch zeitweise komplett unter Wasser und kann sowohl Wassertiere als
auch fliegende und kriechende Insekten erbeuten."
W-EL: Welche Selektion und Mutation sollten dann einen solchen Typus noch
weiter in Richtung von Bauplänen wie Genlisea oder Utricularia116 evolvieren,
mit welch letzterer S. psittacina zusammen am selben Standort vorkommt? "This
is a perfect design for capturing crawling or aquatic prey" (Schnell 2002, p.
215 zu S. psittacina). Wie sollte das perfekte Design dann noch weiter in
Richtung Tierfang perfektioniert werden?
(61) MN: "Dazu kombiniert sie die Reusenfallen- mit der Gleitfallentechnik."
W-EL: Es handelt sich um Techniken, die auch nach abstammungstheoretischen Voraussetzungen mehrfach unabhängig voneinander gebildet
wurden. "Die neuweltlichen Sarraceniaceae haben insektenfangende
Kannenblätter, die in erstaunlicher Konvergenz 117 zu den sehr ähnlichen
Blättern der Nepenthaceae und Cephalotaceae entstanden sind" (Kadereit in
Strasburger 2002, p. 847, ähnlich p. 829). Eine Ableitung solcher Strukturen von
einem gemeinsamen Vorfahren erscheint daher grundsätzlich nicht notwendig
und die Reusentechnik kann auch gemäß evolutionstheoretischen Annahmen bei
Genlisea und Utricularia völlig unabhängig voneinander entstanden sein.
Dennoch sollte ein schweres evolutionstheoretisches Problem in diesem
Zusammenhang nicht übersehen werden: MN muss zusammen mit anderen
Evolutionstheoretikern der neodarwinistischen Schule postulieren, dass sich
auch bei den Lentibulariaceen – ganz unabhängig von den soeben erwähnten
erstaunlichen Konvergenzerscheinungen –, noch einmal eine sehr ähnliche
Evolution über Kleb- und Schlauchfallen mit Tausenden von Übergangsformen
115
"….Pinguicula planifolia, P. primuliflora, and P. ionantha generally grow in very wet areas, with P. primuliflora having been recorded as
growing under water along the edges of streams. Pinguicula planifolia along ditch, typical scenario to see P. planifolia growing with
sundews (D. capillaris 'northern' form and not seen in this picture D. filiformis var. tracyi). Sarracenia psittacina also occurs in the same
area” http://www.pinguicula.org/A_world_of_Pinguicula_2/Pages/pinguicula_planifolia.htm Stefan Ippenberger über Florida. Ähnlich Donna J. Carley: Plants Of The
Okefenokee Swamp http://www.valdosta.edu/~tmanning/hon399/donna.htm: "Some of the more unusual plants that can be found in and around the Okefenokee
include the insectivorous plants - pitcher plants, sundews, butterworts, and bladderworts.” Keine der Formen, auch nicht P. primuliflora,
ist dabei, sich zu einem neuen Pflanzentypus zu entwickeln.
116
oder sonst eine Richtung.
117
"Unter dem Begriff "Konvergenz" werden alle Struktur- und Formähnlichkeiten bei denjenigen Organismen zusammengefasst, die man
nicht stammesgeschichtlich verwandt ansieht" – H. Kahle 1998, p. 99.
73
abgespielt hat (die fragwürdige Selektion mit den zahlreichen
unwahrscheinlichen Mutationen dabei vorausgesetzt). "Nun stellt gerade das
Phänomen der Konvergenz den Neodarwinismus vor weitere große Probleme.
Denn wenn schon die einmalige Entstehung vollkommen "angepasster" Organe
oder Merkmale durch Auslese zufälliger Mutationen kaum erklärbar ist, so
entzieht sich die mehrfache Ausbildung gleichartiger Organe noch weiter der
neodarwinistischen Interpretation" (Henning Kahle 1998, p. 99).
(62) ) MN: "Die Insekten gleiten auf dem glatten Trichtereingang ab und bleiben im engen Schlauch
gefangen. Auf der Schlauchinnenseite sitzen in Richtung Schlauchende gebogene Härchen, was dem
Opfer auch im Wasser eine Flucht nahezu unmöglich macht. Dieser Schlauch wird bei vorhandenen
Insekten mit Verdauungssekreten gefüllt."
W-EL: Im Schlauch sind fast immer Verdauungssekrete vorhanden, aber
"digestive acids and enzymes are produced more heavily as more insects are
caught" (D'Amato 1998, p. 74). Das ist ein zumindest gradueller Unterschied zu
Utricularia und Dionaea.
(63) MN: "[1] Eine Ausnahme ist S. purpurea, die keine Verdauungssäfte herstellt. [2] Dort
übernehmen Bakterien (!) die Verdauung."
W-EL: Zunächst eine kleine Korrektur zu [2]: Bakterien sind bei allen
Sarracenia-Arten an der Verdauung beteiligt: "In Sarracenia it is usually a
combined process involving bacterial decay and the action of acids and enzymes
secreted by the digestive glands in Zone 3" (Slack 2001, p. 30).
Sarracenia purpurea
Links aus http://www.duke.edu/~jspippen/plants/sarracenia-purpurea050529-3773selmaz.jpg, photo by Jeffrey S. Pippen,
rechts aus http://www.hcp4.net/mercer/inbloom/images/feb2002/SarraceniaPurpureaCarn-lg.jpg, photo by Suzzanne Chapman
Zu [1]: "Keine Verdauungssäfte" in S. purpurea: Hier wird dem Leser
74
bedauerlicherweise noch eine weitere "falsche Tatsache" vermittelt ("false
fact", wie schon zu U. multifida). "Wahre Tatsache" ist vielmehr, dass auch für
S. purpurea "intrinsic pitcher fluid and enzyme production" festgestellt wurden
(Schnell 2002, p. 127; Gallie und Chang 1997). Aber MNs falsche Tatsache
zeigt einmal mehr, dass Selektionstheoretiker – im Gegensatz zu den Prognosen
ihrer Theorie - möglichst noch mit vielen unvollkommenen Zwischenstufen
rechnen und argumentieren möchten. Dabei beweisen solche "Zwischenstufen"
doch das genaue Gegenteil, nämlich dass die Selektion gar nicht so stringent
sein kann, wie immer wieder behauptet wird, und dass ihr damit auch nicht die
entscheidende Funktion für den Ursprung der Arten zukommt. 118
Was nun die Produktion von Verdauungsenzymen betrifft, so zeigten die
Untersuchungen von Gallie und Chang das folgende intelligente Design bei
Sarracenia purpurea, ssp. purpurea (1997, pp. 1462, 1465):
"Hydrolytic activities [proteases, RNAses, nucleases, phosphatases] appeared in the trap fluid
commensurate with the opening of a trap and, in the absence of nutrient stimulus, expression decreased
substantially within two weeks."
Sie beobachteten "the reduction in the expression of RNAse, nuclease,
phosphatase, and protease activities in the first 6 weeks after the opening of the
trap" und untersuchten daraufhin die Frage, ob damit die Karnivorie-Periode zu
Ende sei oder ob danach noch die Produktion der Verdauungsenzyme
induzierbar wäre. Ergebnis (p. 1466):
"Protease activity was induced in traps in which RNA, DNA, or protein had been added, with BSA having the
greatest inducing effect on protease expression (Fig. 6C), followed by DNA (Fig. 6B), and finally RNA (Fig. 6A). In
contrast to the results demonstrating that the protease, RNase, and nuclease activities are induced by the addition
of RNA, DNA, or protein to a trap, phosphatase activity was induced only after feeding with BSA compare Fig. 6,
F to D and E). Induction of phosphatase activity was observed 4 d after the addition of protein to a trap (Fig. 6F, d
4), but the highest level of activity did not occur until 6 d (Fig. 6F, d 6-8). These data demonstrate that pitcher
traps are competent to respond to the presence of signals present in the trap fluid, even after the initial expression
of the hydrolases had substantially decreased in the absence of prey.”119
Zur Produktion der Verdauungssäfte finden wir also ein ökonomisch bestens
austaxiertes System bei Sarracenia purpurea. Andere Merkmale scheinen
jedoch nicht so optimal zu funktionieren: "hood erect" (es kann also
hineinregnen) und "the purple pitcher plant [nicht nur ssp. venosa] ... is a poor
insect catcher compared to other species in the genus" (D'Amato 1998, p. 76).
Wie erklären sich dann aber folgende Befunde und Beschreibungen zu dieser
Art selektionstheoretisch: [It is] "a prostrate plant which is the most wide
ranging in the Sarracenia genus" (Camilleri 1998, p. 42). "[It] has the widest
118
119
Im Gegensatz zu Mayrs Behauptung oben kann die Selektion eben nicht die ursprüngliche teleologische Intelligenz ersetzen.
"Several secreted hydrolase activities, including RNases, nucleases, phosphatases, and proteases, were used as marker enzymes to
follow the regulation of carnivory during the development of traps or in response to the presence of resources in trap fluid. Hydrolase
secretion commenced upon the opening of a trap and continued to accumulate for approximately l week. … In the absence of prey,
however, hydrolase expression eventually declines and reaches a low level of expression within a few weeks after the opening of a
trap. Nevertheless, nonactive traps that express low to nondetectable levels of hydrolases remain competent to resume carnivory
through the induction of hydrolase expression in response to the presence of the appropriate chemical signals within the fluid of the
trap” (p. 1470).
75
range of any American pitcher plant" (D'Amato, 1998, p. 74). "The northern
purple pitcher plant, S. purpurea, ssp. purpurea, is the only species found north
of Virginia. Its habitat is primarily wet, acidic sphagnum bogs found in scattered
areas of north-eastern North-America and throuout much of Canada. Ironically,
in the Great Lakes aerea, this plant is also found in wet marly, alkaline
wetlands" (D'Amato 1998, p. 72).
Auch Barthlott et al. weisen (2004, p. 176) darauf hin, dass 'zwischen den
einzelnen Sarracenia-Arten große Unterschiede hinsichtlich der Effektivität
ihres Beutefangs' bestehen ("over 50% of pitchers [of S. purpurea] caught nothing" – Cresswell 1991).
Wieso trifft dann Darwins Wort "each new form will tend ... to take the place
of, and finally exterminate, its own less improved parent-form ..." auf die Arten
mit sehr geringem Beutefang nicht zu? Insbesondere auch nicht auf die südliche
Subspezies venosa, die dort in Konkurrenz zu zahlreichen "weiterentwickelten"
Sarracenia-Arten stehen soll?
Wenn ein "poor insect catcher" ohne helmförmige Haube das weiteste
Verbreitungsgebiet von allen Sarracenia-Arten aufweist sowie sich zusammen
mit vielen anderen Sarracenia-Arten "in the same area and in the same
circumstances" erfolgreich behaupten kann (und sie obendrein noch in Konkurrenz mit
zahlreichen weiteren Pflanzenarten, Karnivoren und Nichtkarnivoren unterschiedlicher Differenzierungshöhe,
auch in Europa sesshaft geworden ist; siehe Punkt 58, Fußnote 96)
– wozu dann noch die weitere
Evolution einer solchen Form zu letztlich einem morphologisch-anatomisch
ganz neuen Typus vielleicht wie Genlisea und Utricularia? Und wozu
selektionstheoretisch auch nur eine Weiterentwicklung der Haube?
Erinnern wir uns aber an die beiden oben erwähnten Pflanzenfamilien, in
denen die Karnivorie verloren gegangen ist, dann könnte man im Falle von S.
purpurea bezüglich der aufrechten Haube und dem mäßigen Fangerfolg im
Vergleich zu anderen Arten der Gattung auch an Degeneration statt Evolution
denken ("The control of Selection is loose" – Bateson, siehe oben).
(64) MN: "Innerhalb der Gruppe der Sarraceniaceae lassen sich die Schlauchfallen konstruktiv
wiederum aus passiven Fallgruben (Gleitfallen) herleiten. Rezente Vertreter dieses Typs sind
beispielsweise die Sumpfkrüge (Heliamphora)."
W-EL: "…beispielsweise die Sumpfkrüge (Heliamphora)": Für seine
konstruktive Reihe nennt MN expressis verbis unten H. tatei (vgl. Punkt 88).
Zur allgemein unterstellten "Primitivität" von Heliamphora wendet Barry Rice
(2005/2007) folgende Punkte ein:
"It is common for people to think of Heliamphora as a genus of "primitive" pitcher plants, but I think this is
an unfair characterization based on four unfair tenets. 120 First, Heliamphora pitchers do not have the large lids
typical in other pitcher plants. This doesn't impress me, because the pitchers of Heliamphora instead have a
complicated little structure called a nectar roll (or nectar spoon) that varies from species to species. 121 Second,
Heliamphora pitchers apparently do not produce digestive enzymes. Well, neither does Darlingtonia
californica 122 but no one calls that plant primitive! Also, there is some evidence that Heliamphora tatei does
120
Rice hätte auch sagen können: "…unfair evolutionary tenets".
Nach den Beobachtungen von Thomas Carow geht von den nectar spoons ein für Insekten betäubender Geruchsstoff aus.
122
Auch dieser Punkt ist wohl zu korrigieren: "Until recently bacterial action was thought to be solely responsible for digestion in
121
76
produce its own enzymes. Third, for a long time photographs of Heliamphora plants in the wild and in
cultivation tended to show specimens that were all green, and not very attractively pigmented. This made them
look boring. Newer photography of plants in the wild show plants of spectacular pigmentation patterns.” …
"Heliamphora pitchers have marvellous adaptations to avoid being overfilled by the excessive rainfall on the
tepui-tops. The pitchers have a small pore or slit (depending upon the species) which acts as an overflow spout.
No other pitcher plant genus has this feature." 123
Oben Heliamphora tatei; unten Heliamphora ionasii (aus: Siehe Fußnote) 124
Auch die übrigen anatomischen Strukturen und physiologischen Funktionen der
Falle Heliamphoras sind hochkomplex (~5 differenzierte Zonen innerhalb der
Darlingtonia, but it was discovered that at least one enzyme is secreted by the pitchers into the fluid bath” (J. und P. Pietropaolo 2001, p. 61).
123
http://www.sarracenia.com/faq/faq5360.html
124
http://www.drosophyllum.com/deutsch/heliamphora2.htm
77
Schlauchblätter ähnlich Sarracenia (doch auch Unterschiede); zur hochkomplexen
Synorganisation der extrafloralen Nektarien vgl. Płachno et al. 2007 b).
Generell gilt (vgl. unten p. 220): "…despite a deceptively simple leaf shape, the complexity of Heliamphora traps
is greater than that of Darlingtonia and Sarracenia" [and all other pitcher plant genera] – Fleischmann 2010, p. 100.
In ihrer Originalarbeit Carnivory in pitcher plants of the genus Heliamphora
(Sarraceniaceae) stellen Jaffe et al. (1992, pp. 740/741) unter anderem fest:
"Closed pitchers of Heliamphora tatei contain a viscous fluid, rich in protein hydrolytic activity (Fig. 8).
The amount of fluid varies with the size of the pitcher (1-10ml) and it is diluted about five times (i.e. to 5-50 ml)
with rain water when the picher opens, causing a reduction in hydrolytic activity (Fig. 8b). Hydrolytic activity
rises again in mature leaves and declines in older ones. The second peak, observed in leaves (Fig. 8c), may be
due to enzymes secreted by the plant or by bacterial contaminants. This proteolytic activity could not be
demonstrated in plants growing in the laboratory.”
Obige Figure 8 zur proteolytischen Aktivität aus Jaffe et al. 1992, p. 742.
Obwohl in den übrigen von Jaffe et al. untersuchten Arten der Gattung
Heliamphora (H. nutans, H. minor, H. heterodoxa und H. ionasii) bisher keine
proteolytischen Enzyme nachgewiesen wurden, wäre es wünschenswert, wenn
sowohl diese als auch die übrigen 11 Arten (und neue kommen immer noch
dazu) mit den inzwischen feineren Nachweismethoden untersucht würden (vgl.
Płachno et al., 2006, zu Byblis and Roridula, bei denen sie inzwischen high
activity of phosphatases in both species nachweisen konnten).
Über den oben erwähnten Fall von Heliamphora tatei hinaus werden sehr
wahrscheinlich noch weitere Heliamphora-Arten entdeckt werden, die
Verdauungsenzyme produzieren (vielleicht wie oben für Sarracenia purpurea
aufgeführt – geniales Design). Bedauerlicherweise scheinen in den letzten (fast)
2 Jahrzehnten keine weiteren Untersuchungen dazu publiziert worden zu sein.
Aber es sieht immer wieder so aus, als müsste man die Enzyme nur systematisch
78
und gründlich genug und mit den besten Nachweismethoden suchen, um bisher
für die Evolutionstheorie im Sinne Darwins und der modernen Synthese, völlig
unerwartete Ergebnisse zu erzielen. 125 "Aber wer nichts sucht, der findet
bekanntlich auch nichts" (siehe MN unten).
Als 'konstruktives' Bindeglied zu Sarracenia ist die Gattung Heliamphora
nicht nur nicht zu gebrauchen, sondern für die Selektionstheorie aus den oben
aufgeführten Gründen selbst problematisch. 126
In diesem Zusammenhang dürften weiter noch folgende Punkte
aufschlussreich sein. J. and P. Pietropaolo (2001, p. 68) beschreiben das sehr
ungewöhnliche Habitat und die erstaunliche Isolation der Gattung Heliamphora
wie folgt:
"Heliamphora are native to and grow only on the summits of the "tepui" or mesas of the Guayana Highlands of
southern Venezuela, Guayana, and northern Brazil. The mesas are very high 5,000-10,000 ft. (1,524 to 3,048 m), flattopped features isolated from one another by deep valleys with steep walls. One of the largest mesas called Auyantepui has an area of 286 sq. miles (750 sq. km.). Angel Waterfalls, the highest in the world, plummets 3,300 ft. (1,006 m)
down the sheer wall of Auyan-tepui. The "tepui" form islands of vegetation which are adapted to much lower
temperatures than the tropical jungles at their bases. The Guayana Highlands have an extremely high annual rainfall,
often exceeding 100 in. (254 cm). The mesas are often shrouded by clouds and mist which keeps the humidity high.
Weathering and erosion have carved valleys and canyons on the mesa tops and walls. The plateaus are remote and
extremely difficult to reach, therefore, few people have seen Heliamphora plants growing in their native habitat.
So isolated is the area that it was almost 100 years after the discovery of the first species before others were found.
The plants are confined to the top of sheer-sided mesas where they grow in acid soils in swampy savannahs exposed
to the brilliant equatorial sun."
(Ähnlich viele weitere Autoren, u. a. Fleischmann 2010, der jedoch darauf hinweist, dass einige fragmented
populations auch im lowland vorkommen und der die außerordentlich stark divergierenden Evolutionstheorien
zu Heliamphora diskutiert und dabei nachdrücklich und mit vielen überzeugenden Argumenten und Tatsachen
die unterstellte Primitivität dieser Gattung zurückweist [Fleischmann 2010, pp. 96-103].)
125
Damit stellen sich für die Arten von Heliamphora u. a. folgende Forschungsaufgaben: Die Frage nach der Produktion eigener Enzyme
sollte mit derselben Gründlichkeit untersucht werden wie bei Sarracenia purpurea. Sollten einige Arten keine Enzyme produzieren, dann
wäre weiter zu untersuchen, ob hier nicht Fälle von sekundären Genfunktionsausfällen vorliegen (Degeneration), im Prinzip vergleichbar
mit folgenden Beispielen: "In contrast to the wild A. majus, there is a clear tendency to autogamy in M. orontium. Although the flowers of
wild Misopates plants are diligently visited by different species of bees in the experimental field as well as in the wild, if cross-fertilization is
prevented, they invariably set seeds by autogamy, self-fertilization beginning rather early in anthesis, roughly one to two days before normal
petal development is finished and when the flower is still closed but the pollen sacs are already opening. Hence, in Misopates the series of
multiple alleles for ensuring self-sterility so characteristic of almost all wild Antirrhinum species appears to be absent or non-functional in
the former (see also Kusaba et al. 2001, and Nasrallah et al. 2002 on Arabidopsis thaliana as a case of loss of selfincompatibility in the
Cruciferae). However, most A. majus culture varieties and the (further) mutants derived from them, are self-fertile as well. Yet in Antirrhium
seed set due to autogamy is decidedly weaker than in Misopates and to guarantee full seed production in the former, A. majus culture
varieties and mutants are usually selfed. Nevertheless, on the loss of function level the two species appear to approach each other again.
(Loss of functional self-sterility alleles appears to have also occurred in the wild species Antirrhinum siculum). As for seed development
without fertilization, see below the points under "seed formation due to apomixis.". … "We predict that – as in Arabidopsis (Kusaba etal.
2001; Nasralla et al. 2002) – the inactivated self-sterility alleles will be found by further molecular investigations" (Lönnig et al. 2007, pp.
7/8 und 22). Vgl. weiter http://www.weloennig.de/AesV1.1.Droa.html ("Zur von Kupzow und Lamprecht zitierten Weißblütigkeit vieler
Kulturformen im Kontrast zu den farbigen Stammlinien sei noch einmal (vgl. p. 123) angemerkt, dass auch viele Beispiele von farbigen und
weißblütigen Wildarten in der Natur vorkommen (manchmal sogar nebeneinander), so dass der Strukturabbau im Anthozyansystem bei
diesen Arten auch bei Wildformen - wahrscheinlich aufgrund unterschiedlicher Pleiotropiespektren - noch verkraftet wird (zum Abbau bei
Wilderbsen, jedoch nie bis zum völligen Funktionsausfall des Anthozyansystems, vgl. p. 193/194") und das Kapitel Degeneration im
Organismenreich http://www.weloennig.de/AesV1.1.Dege.html.
126
Nicht unproblematisch scheint mir jedoch die folgende Hypothese von Jaffe et al. zu sein, die sie im Anschluss an die Erwähnung der von
Heliamphora gefangenen Arten vortragen (1992, p. 744): "2. H. tatei is the only Heliamphora species which does not capture ants almost
exclusively. This species attracts and traps flying insects, whereas the other Heliamphora species, thanks partly to their smaller size, and
perhaps also to specific odours, attract and trap mainly ants. This may suggest that the carnivorous habit evolved by first trapping ants
and then developing more sophisticated mechanisms for trapping other insects. If this is true, we could imagine an evolutionary path to
carnivory in plants which starts with the habit of attracting ants such as those found in ant-fed plants, then proceeds to plants specialized
to capture ants, and then to plants further specialized in trapping and (producing enzymes) digesting larger insects such as
Lepidoptera and Coleoptera (H. tatet)." Das würde implizieren, dass Heliamphora möglicherweise konvergent zu Sarracenia entstanden
ist (sicher jedenfalls die letzten Schritte der angenommenen Evolution). Eine konvergente Evolution über tausend Zwischenstufen –
obwohl auch von weiteren Autoren in ihren Darstellungen impliziert – ist jedoch aufgrund des allgemeinen Insektenmangels auf den
Tepuis und weiterer Schwierigkeiten und Tatsachen (siehe mehrere Punkte dazu unten) denkbar unwahrscheinlich. Aber die Autoren selbst
haben diese Hypothese ja schon sehr vorsichtig formuliert:, wenn sie schreiben: "If this is true, we could imagine an evolutionary path to
carnivory…." etc. Der oben erwähnte Degenerationsansatz dürfte der Realität näher kommen.
79
Aus: http://www.botany.wisc.edu/courses/botany_422/Lecture/pdf/SkyIslands.pdf (dort weitere Abbildungen und Informationen)
Hinzu kommt für Heliamphora noch die Tatsache, dass die Tepui-Inselberge
"not rich with insects" sind, die den Pflanzen als zusätzliche Stickstoffquelle zur
Verfügung stehen könnten, – von den massenhaft auftretenden Fröschen, die den
Pflanzen die wenigen Insekten auch noch buchstäblich vor dem 'Magen'
"wegschnappen", ganz zu schweigen. Überdies treten die Heliamphora-Arten
häufig zusammen mit Vertretern der Gattungen Drosera und Utricularia auf
sowie mit der insektivoren Bromelie Brocchinea reducta (vgl. D'Amato 1998,
p. 113 und 111/112). 127 Auch Genlisea 128 ist auf den Tepuis vertreten.
Entsprechend ist der magere Insektenbefund in den Fallen, den ein Kenner wie
Thomas Carow (2009, p. 66) wie folgt zusammenfasst:
"An den Naturstandorten findet man in den Fallen kaum Insekten, da auf den Tafelbergen in Venezuela
generell nur sehr wenige davon beobachtet werden." 129
Es sei in diesem Zusammenhang erneut hervorgehoben, dass im selben
Lebensraum selbstverständlich auch wieder zahlreiche weitere nicht karnivore
Pflanzenarten unterschiedlicher Differenzierungshöhe leben, was auf einen Teil
der im Folgenden erwähnten Arten zutrifft:
"There is an extraordinary degree of species richness on these isolated mountaintops, and they host some of
the highest plant endemism in northern South America. Of the 2,322 species of vascular plants in 630 genera in
the floristic province, 766 are endemic to the province, and 65 are restricted to the Guayana Shield." 130
"Curiously, the tepui mountains are not rich with insects for the plants to catch, and the plants may be competing for the few insects that
are available with the many frogs also found on the mountains" "Vegetation is sparse on the mountain tops, and ideally suited for carnivores.
Since the rains carry away the few minerals that exist, bladderworts and some sundews can often be found growing with the sun pitchers
[Heliamphora], as can the insect-eating bromeliad Brocchinea reducta." Für Mesas von Gran Sabana erwähnt Thomas Carow (2009, p. 139)
Heliamphora heterodoxa zusammen mit Drosera communis, welch letztere übrigens auch vorübergehend unter Wasser existieren kann.
127
128
Genlisea roraimensis: "Diese südamerikanische Art findet man in Brasilien, Guayana und Venezuela. Sie wächst in sehr hohen Lagen der
Tepuis (Roraima, Kukenan Tepui, Cerro Marahuaka)." http://de.wikipedia.org/wiki/Genlisea_roraimensis. Weitere Genlisea -Arten kommen
auf den Tepuis vor. Interessant erscheint mir auch, dass "in der Natur … Genlisea und Utricularia oft vergesellschaftet" sind und deshalb
die Kultur sehr ähnlich ist (vgl. Thomas Carow (http://www.falle.de/scripts/index.php?i=5,6).
129
Ähnlich ein weiterer Kenner, Joachim Nerz 2004, p. 115(?), zu seinen Studien zu Heliamphora elongata (Ilu-Tepui und Tramen-Tepui):
"It is remarkable that so few insects were found in the pitchers, however insects are quite rare at the tops of tepuis." Volker Arzt (2009, p.
39) berichtet von einer Expedition zu den Tepuis u. a.: "Einen geschlagenen Nachmittag lang warteten wir darauf, dass die fleischfressende
Pflanze [Sonnenamphore, Heliamphora] endlich Fleisch fressen würde. Nichts. Dann kam der Regen. ... Als unsere Sonnenamphore auch am
nächsten und übernächsten Tag kein einziges Insekt erbeuten konnte, gaben wir auf - zuviel stand noch auf dem Programm."
130
"Five vegetation types are found on the summits: 1. forests of tall or dwarfed trees, including riverine forests; 2. epiphytes in forest
associations; 3. shaded crevices of rocks, bluffs, and ledges; 4. wet or dry open savanna without rock outcrops; and 5. exposed rock outcrops,
open sandy or rocky areas. Some summit endemics occur on most or all mountains, such as the insectivorous species Drosera roraimae and
Urticularia humboldtii. Others are highly localized, occurring only on a single summit; 18 of these endemic taxa have been identified on the
Tepuis." http://www.eoearth.org/article/Tepuis
80
Die folgende Abbildung gibt davon einen kleinen Einblick:
Foto aus: Joachim Nerz (2004): Heliamphora elongata (Sarraceniaceae),
a new species from Ilu-Tepui. Carnivorous Plant Newsletter 33: 111-116
Angesichts der oben erwähnten hohen Kosten für die Karnivorie, des kargen
Bodens und der starken UV-Einstrahlung, der zahlreichen karnivoren und nichtkarnivoren 'Konkurrenten' am selben Standort, sowie der wenigen kaum
Stickstoff- und Phosphorverbindungen liefernden Insekten, wundert man sich
vielleicht, dass Heliamphora auf den Tepuis überhaupt existieren kann 131, und
das sogar in einer beträchtlichen Anzahl von Arten 132. Nach
evolutionstheoretischen Voraussetzungen ist daher ein besonderer
Anpassungsvorgang – ausgehend vom "widespread common ancestor (or
ancestral stock)" (siehe oben) – für Heliamphora an die ungewöhnlichen
Lebensumstände auf den Tepuis zu postulieren, eine Anpassung, die jedoch
nach dem soeben Gesagten wenig mit der Karnivorie als solcher zu tun haben
kann. 133 Die Arten Heliamphoras erweisen sich danach als hochspezialisierte
Formen mit entsprechend speziellen anatomischen und physiologischen
Merkmalen und Fähigkeiten, die dieser Gattung einen adaptiven Sonderstatus
zuweisen, der auch "konstruktiv" nichts mit einer hypothetischen evolutionären
Vorform zu Sarracenia zu tun hat, zumal auch Heliamphora aktiv sein kann.
Als Alternative zu einem langwierigen mikroevolutionären Anpassungsvorgang könnte man
im Sinne des Grundtypkonzepts (Junker und Scherer) oder im Sinne des genetischplasmatischen Artbegiffs (Lamprecht, Lönnig 134) eine ursprünglich polyvalente Art
postulieren, die sich durch ein entsprechend großes Anpassungspotential auszeichnete. In
diesem Falle brauchte Heliamphora am ungewöhnlichen Ort nur den Teil des
131
Man könnte beinahe auf den Gedanken kommen, dass Heliamphora dort nicht wegen, sondern trotz der Karnivorie lebt.
Bisher sind mehr als 18 Spezies beschrieben und "One thing is sure - my number of entries on my Heliamphora species list will increase
in the future!” (Berry 2005/2007).
133
Natürlich kann man sich auch zu dieser Frage wieder mehr oder weniger "plausible" Szenarien ausdenken, um die Selektionstheorie für
die Karnivorie von Heliamphora zu retten, und wenn diese wiederum als unzulänglich erkannt werden, sich weitere neue einfallen lassen –
ad infinitum: Es handelt sich bei dieser Verfahrensweise um prinzipiell nicht falsifizierbare Metaphysik.
134
Primäre Arten; vgl. Lönnig http://www.weloennig.de/Artbegriff.html
132
81
Adaptationspotentials zu exprimieren, der für ihr Überleben und Gedeihen notwendig war.
Ein Teil des ursprünglichen Potentials könnte in geologischen Zeiträumen verloren gegangen
sein (Degeneration): Angesichts der kaum vorhandenen Insekten wäre es z. B. energetisch
und damit auch selektionstheoretisch höchst kontraproduktiv, ununterbrochen
Verdauungsenzyme zu sezernieren, so dass diese Fähigkeit entweder zeitlich nur ganz gezielt
eingesetzt wird oder tatsächlich durch Mutationen eingeschränkt oder bei einigen Arten
vielleicht sogar ganz verloren gegangen ist – beides Hypothesen, sie sehr gut molekular
testbar sein dürften.
Übrigens scheinen auch die Insektenfunde in den Fallen Darlingtonias
durchweg sehr mager auszufallen, so dass hier hinsichtlich der Produktion von
Verdauungsenzymen womöglich eine ähnliche Situation vorliegt wie bei
Heliamphora. Ellison und Farnsworth berichten (2009, p. 1612):
"Our data on N : P ratios of common prey for Darlingtonia (N : P = 14; A. M. Ellison, unpublished data), and
the very low rate of prey capture at all our study sites (Dixon et al., 2005) suggest that prey are not a significant
source of P for these plants. Thus, the high and variable N : P ratios of pitchers at the different sites most likely
reflects differences among sites in soil and water nutrient availability. Photosynthesis, leaf N, and plant size of
Darlingtonia are highly sensitive to N availabilities, and photosynthetic rates in carnivorous plants are more
responsive to additions of inorganic N (Ellison and Gotelli, 2002) than to additions of prey (Mendéz and
Karlsson, 1999; Wakefield et al., 2005). All these studies suggest that in the field, the majority of foliar N is
derived from substrate sources rather than carnivory, but absolute concentrations in soil and surface water are
extremely low (Table 1)."
Was nun die Ableitungen und Übergangsformen/Zwischenglieder generell
betrifft, so ist zu den hier erwähnten Familien der Karnivoren festzustellen, dass
bei den Lentibulariaceen weder Gleitfallen noch Schlauchfallen 135 noch
Klappfallen vorhanden sind. Bei den Droseraceae fehlen sowohl die Gleitfallen
als auch die Schlauch- und Saugfallen. Dafür stehen dort die so ungeheuer stark
unterschiedlichen aktiven Kleb- (Drosera) und Klappfallen (Dionaea und
Aldrovanda) übergangslos nebeneinander, und die Gattung der Familie der
Cephalotaceae (zu den Sauerkleegewächsen gestellt, und sensu lato auch zu den
Rosen) steht mit ihrer komplexen Gleitfalle völlig isoliert da (Kleb-, Schlauch-,
Klapp- und Saugfallen fehlen); siehe zu Cephalotus auch Fleischmann 2010, pp.
117/118:
"The absence of fossils and all other forms of evidence makes it impossible to speculate how, where or when
Cephalotus evolved. On the basis of its unique morphology, it is clear that Cephalotus does not share a common
ancestry with any other extant genus of carnivorous plants. It is not known whether Cephalotus evolved from a
sticky-leaved insect-eating plant, or from an ancestor with water filled, ascidiate leaves."
Zu den weiteren Familien vgl. man die einschlägige Literatur.
Es müssten also gemäß dem Szenario der kontinuierlichen Evolution Darwins
und der modernen Synthetischen Evolutionstheorie (Neodarwinismus)
Tausende von Bindegliedern untergegangen sein, und für die vorliegenden
Differenzierungsstufen stellen sich im Prinzip auch wieder die brennenden
Fragen, die unter Punkt (58) auf der Seite 65 aufgeführt sind: "Vom Standpunkt
der Evolutionstheoretiker aus gesehen ist es befremdend, dass…" Sind die
vielen unterschiedlichen Differenzierungsstufen am selben Standort tatsächlich
alle mit der Selektionstheorie vereinbar? Und falls ja, was ist dann der Motor zur
Entwicklung immer störanfälligerer und oft weniger fertil werdender "höherer,
135
Zu den Begriffen Schlauch- und Gleitfallen ist anzumerken, dass die aufgrund der neueren Befunde an Heliamphora und weiteren
Gattungen eine Kategorisierung der lebenden Formen in diese beiden Typen schwierig geworden ist.
82
gewagterer und freierer Formen" (Bergson)?
Natürlich kann man sich zu mehreren der oben aufgeführten Fragen auch die
erstaunlichsten selektionistisch mehr oder weniger plausiblen Szenarien ad
infinitum einfallen lassen (siehe unten die Ableitung des UtriculariaFangapparates von Wurzelknöllchen), die jedoch in vielen Fällen kaum oder gar
nicht mehr überprüfbar sein dürften. Nur kann dann die Selektionstheorie mit
Sicherheit nicht mehr erklären, warum sie grundsätzlich alles erklären kann
und dabei niemals zur Metaphysik wird. Falls nun prinzipiell alles mit der
Selektionstheorie vereinbar ist – was erklärt sie uns dann wirklich?
(65) MN: "Bei diesen Vertretern kann man noch genau erkennen, wie sich ein normales Laubblatt zu
einem Schlauchblatt umformte (Abb. 46)."
W-EL: Aber doch nicht "von selbst", d. h. durch Mutation und Selektion.
Überdies hat kein Vertreter der idealistischen Morphologie jemals die Ableitung
der Gleit- und Schlauchfallen vom Blatt bestritten. Im Gegensatz zu den
Vertretern der Synthetischen Evolutionstheorie geht es dieser Schule jedoch um
die ideelle Ableitung, nicht um eine realgenetische, für die es weder die
selektionstheoretische Notwendigkeit noch eine überzeugende AnpassungsRechtfertigung noch entsprechend positive Mutationen gibt (vgl. weitere wichtige
Aspekte zu Heliamphora unten p. 220). Zur Frage, was unintelligent processes leisten
können, fasst Behe folgende Punkte zusammen (2007, p. 162, kursiv von Behe):
"Indeed, the work on malaria and AIDS demonstrates that after all possible unintelligent
processes in the cell – both ones we've discovered so far and ones we haven't – are at best of extremely
limited benefit, since no such process was able to do much of anything. It's critical to notice that no
artificial limitations were placed on the kinds of mutations or processes the microorganisms could
undergo in nature. Nothing – neither point mutation, deletion, insertion, gene duplication,
transposition, genome duplication, self-organization, self-engineering nor any other process yet
undiscovered – was of much use.”
Dazu eine kleine (wenn auch grobe) Veranschaulichung aus dem
menschlichen Bereich zur Frage, was der Zufall (auch) nicht leisten kann, auch
wenn man am Ergebnis der intelligenten Tätigkeit vielleicht einige
Schlussfolgerungen über die Entstehung wagen darf: Anhand der Nähte kann
man oft "noch genau erkennen", wie sich ein normaler Stoff zu einem Kleid
"umformte". Oder wurde der Stoff nicht vielmehr durch den Einsatz von
Intelligenz "umgeformt" (Passiv)? Ein Strickkleid beispielsweise zeigt in der
Regel weniger Nähte. Man wird jedoch kaum sagen können, dass das eine Kleid
"primitiver" ist als das andere oder das eine sei eine Vorstufe für das andere.
Zu unseren karnivoren Pflanzen: Die Ontogenese der Schlauchblätter setzt ein
geniales genetisches Programm voraus, dessen komplexe Information nur durch
Intelligenz zu erklären ist.
(66) MN: "Doch auch innerhalb der Gruppe der Wasserschlauchgewächse (Lentibulariaceae) ist die
Ableitung der Reusenfalle aus einem Schlauchblatt wahrscheinlich."
W-EL: Nur kommen dort überhaupt keine Schlauchbätter als Fangorgane
83
vor. 136 Bei den Lentibulariaceae fehlen überdies sämtliche Übergangsformen
vom normalen Blatt zur Klebfalle Pinguiculas sowie die hypothetische
kontinuierliche Serie von solchen Fallen zu Schlauchblättern und von diesem
Bautyp wiederum zu der "ganz anderen" ["totally different"] und im
Pflanzenreich jeweils völlig einzigartigen Fallenstrategie von Genlisea und
Utricularia. 137 Überdies finden wir Reusenhaare schon bei vielen
Schlauchpflanzen (siehe oben). MN setzt bei seiner "wahrscheinlichen" Aussage
wieder alles voraus, was er eigentlich beweisen müsste. Der Faktenlage
entsprechend umformuliert könnte man wohl zutreffender sagen: 'Innerhalb der
Gruppe der Wasserschlauchgewächse (Lentibulariaceae) ist die realgenetische
Ableitung der höher differenzierten ("weiterentwickelten") Reusenfalle aus
einem Schlauchblatt durch Mutation und Selektion denkbar unwahrscheinlich,
so dass es höchste Zeit wird, sich nach einer besseren Erklärung umzusehen.
Weiter im Text von MN:
(67) MN: "Schlauchartige Blätter sind im Pflanzenreich sehr weit verbreitet und können durch
einfachste Mutationsschritte entstehen (BARTHLOTT et al. 2004)."
W-EL: Im Gegensatz zu den Vorstellungen der Synthetischen
Evolutionstheorie würde es sich damit um "Großmutationen" handeln (vielleicht
"hopeful monsters" im Sinne Goldschmidts). MN setzt jedoch alles daran, den
Neodarwinismus und die Selektionstheorie mit ihren unzähligen kleinen
Schritten zu verteidigen und die Behauptung zu widerlegen, dass die
Entstehung der Fallen "nicht mit zufälliger Mutation und Selektion über
tausende kleine Entwicklungsstufen erklärt werden" kann; siehe Punkt (22) oben.
Barthlott et al. (2004, pp. 58/59) haben z. T. sehr unterschiedliche
Evolutionswege zu den Gleit-, Klapp- und Saugfallen im Visier 138 (vgl. weiter
Müller et al. 2006 139, Heubl et al. 2006 140, McPherson 2008, Fleischmann 2010).
Nach Barthlott et al. soll die hypothetische Evolution bei den Lentibulariaceen
in den folgenden 8 Schritten verlaufen sein (2004, pp. 59, 60, 198): (1) Klebrige
Drüsen (wie beim Tabak, Nicotiana tabacum, Familie Solanaceae), (2) klebrige Drüsenköpfchen
ohne Produktion von Verdauungsenzymen (wie bei Ibicella, Famile Martyniaceae), (3) mit
Enzymen ausgestattete Drüsenköpfchen auf der Blattoberfläche (Pinguicula)
136
Siehe auch die Fragen gemäß Schöpfungsbuch zu Punkt (58) oben.
Und doch gilt auch hier Darwins Wort unter Voraussetzung der Richtigkeit seiner Theorie´: "…the number of intermediate varieties,
which have formerly existed on the earth, [must] be truly enormous" – ähnlich Blondeau 2001, Slack 2001.
138
"Die mögliche Evolution der Gleitfallen-Karnivorie lässt sich bei den Sarraceniaceae erahnen" (p. 59 – sehr schön vorsichtig formuliert,
falls es diese Evolution durch Mutation und Selektion überhaupt gegeben hat), worauf die in populären Schriften üblichen, aber z. T.
verfehlten Hinweise auf Heliamphora und die Bromelien folgen. Die Klappfallen von Dionaea und Aldrovanda wollen Barthlott et al.
realgenetisch "von den mit Klebedrüsen ausgestatteten Drosera-Arten" ableiten und nicht etwa von schlauchartigen Blättern. Zu ihren
Ableitungsversuchen der Lentibulariaceae vgl. die Diskussion oben.
139
Zu den sog. Protokarnivoren vgl. Müller et al. unten zum Schritt 3 und zum Punkt (81).
140
"Based on reliable tree topologies it is hypothesized that pitfall traps of Nepenthes and snap traps typical for Aldrovanda and Dionaea
were derived from a common ancestor with adhesive flypaper traps" (Heubl et al. 2006, p. 821). D. h. auch bei den Nepenthaceae und
Droseraceae (Letztere wie Barthlott et al. 2004) soll die Evolution demnach mit adhesive flypaper traps beginnen, nicht mit Schlauchblättern.
Fleischmann kommentiert eine Abbildung zu Drosera falconeri (2010, p. 88): "The leaves of Drosera falconeri are superficially similar in shape
137
to the foliage of Dionaea. Although the two plants are not drectly related, it is easy to image a similar sticky-leaved insect-eating plant evolving to
become a snap-trap." Vgl. dazu wieder p. 3 das Zitat nach Karl Ernst von Baer und Wilhelm Troll: "...daß sie sich etwas ausdenken, was als
möglich erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen Wirklichkeit zu schließen." Wie aber könnte man diese Hypothese, diese "schöne
plausible Evolutionsgeschichte", testen? (vgl. dazu p. 3 das anschließende Zitat nach Prof. V.). Wie sollte die Selektion eine solche Transformation
bewerkstelligen, wenn doch die Drosera-Fallen bis auf den heutigen Tag perfekt funktionieren? Welche Serie von Mutationen mit "slight or
even invisible effects on the phenotype" (Mayr) sollte hier schrittweise selektiert worden sein? Is it really scientifically easy to imagine?
84
sowie "absorptive glands" (Müller et al. 2006), (4) gelegentlich schlauchförmig
ausgebildete Blätter (Beispiel Pinguicula agnata), (5) die mexikanische
Pinguicula utricularioides soll "fast vollständig blasenförmige eingerollte
Blätter" besitzen ("nur als Herbarbeleg bekannt"), (6) "Durch Herabsenken der
Fangblätter ins Erdreich" könne man sich die "Entstehung der GenliseaReusenfallen und Utricularia-Fangblasen vorstellen", (7) "Durch schraubenförmige Verdrehung und Verlängerung der vorderen Blattzipfel lässt sich der
Fallentyp von Genlisea erklären (s. Abb. 104), der sich [(8)] bei Utricularia
lediglich auf die blasenförmige Verdauungskammer als Fangstruktur beschränkt
(Abb. 122-124)".
Diskussion der 8 hypothetischen Evolutionsschritte der Lentibulariaceae:
Zunächst ist erst einmal festzustellen, dass die ersten beiden als Vorstufen
gedachten Schritte (1) und (2) bei den Lentibulariaceae völlig fehlen.
Vielleicht neigt der eine oder andere Leser dazu, diese beiden Schritte als "selbstverständlich gegeben" zu
betrachten. Einer Pflanzenspezies, in deren Genom weder klebrige Drüsen noch klebrige Drüsenköpfchen
vorgesehen sind, diese Fähigkeiten durch zufällige Mutationen zu vermitteln, dürfte jedoch schon eine Aufgabe
sein, an der das Experiment und im weiteren Sinne die Evolution scheitern könnten. Hier werden die Theoretiker
jedoch einwenden, dass sie von einer hypothetischen Vorform ausgehen, die beide Fähigkeiten schon hatten
(was jedoch nicht deren Fähigkeiten erklärt). (Siehe weiter die Anmerkung pp. 167/168.)
Zum Schritt (3), zur Bildung der Verdauungsenzyme in den Drüsenköpfchen
sowie der Fähigkeit, das tierische Eiweiß auch zu absorbieren und in arteigene
Proteine umzusetzen (eigentlich gleich eine ganze Anzahl unwahrscheinlicher
Schritte durch Mutation und Selektion) – dazu fehlen nun wieder die zahlreichen
Übergangsformen sowohl bei den Lentibulariaceae als auch bei den
Blütenpflanzen überhaupt. Müller et al. beschreiben diesen komplexen Schritt
wie folgt (2006, p. 750):
"After screening the morphology of the various gland types in Lentibulariaceae and other families of
Lamiales, it appears that one of the key inventions of the most recent common ancestor (MRCA) of
Lentibulariaceae was absorptive glands attached to tracheid elements, consisting of one epidermal cell
supporting an endodermoid cell and glandular head cells occurring in multiples of two (Müller et al., 2004).
By means of digestive enzymes, the glands can absorb organic substances such as amino acids and nucleotides
that are released during the decomposition of insects and other organic matter (Dixon et al., 1980; Lüttge,
1983), thus supplementing the energetically expensive reduction of nitrogen oxides by direct uptake of Ncontaining organic molecules (e.g., amino acids) and ammonium from prey."
Dass dieser "Schritt" (3) noch viel weniger eine leichte Aufgabe für die Faktoren
Mutation und Selektion sein kann als schon die ersten beiden Schritte, zeigt zum einen
das seltene (5 bis 7 mal konvergente) Auftreten der Karnivorie vor dem Hintergrund
von geschätzten 350000 Angiospermenarten überhaupt und zum anderen solche
Phänomene wie der Farn Elaphoglossum glutinosum, der am gleichen Standort wie
Pinguicula calyptra weit mehr Insekten fängt als dieser, aber trotz Millionen Jahre
länger währender Evolution diese nicht auswerten kann (und offenbar auch nicht
braucht, um dort zu leben). Das Beispiel zeigt übrigens wieder die
selektionstheoretische Gleichwertigkeit der beiden so unterschiedlich hoch
differenzierten Formen mit und ohne Karnivorie "in the same area and in the same
85
circumstances" (Bateson), und das nach geologischem Maßstab schon über große
Zeiträume. 141 Man darf sich überhaupt darüber wundern, dass es nach den
Voraussetzungen der Evolutionstheorie keine karnivoren Farne und auch keine
karnivoren Gymnospermen gibt.
Aus diesen Gründen sowie nach allen empirischen mutationsgenetischen
Ergebnissen und den bisherigen Wahrscheinlichkeitsansätzen auf molekularer
Ebene (vgl. Axe und andere zum Punkt 28 oben) könnte der Schritt (3)
außerhalb der Möglichkeiten der Synthetischen Evolutionstheorie liegen.
Als Schritt (4) visieren Barthlott et al. (2004, p. 60) Pinguicula agnata an,
bei welcher die Blätter "gelegentlich sogar schlauchförmig ausgebildet sein
können".
Als Genetiker würde ich zunächst die Frage untersuchen, ob es sich bei
diesen gelegentlich schlauchförmig ausgebildeten Blättern überhaupt um
Mutationen und nicht nur um (definitionsgemäß nicht erbliche und damit für
die Evolutionsfrage zunächst wenig brauchbare) Modifikationen handelt. In
mehr als 30jähriger Erfahrung als Mutationsgenetiker habe ich immer wieder
die Erfahrung gemacht, dass einzelne Formabweichungen in individuellen
Pflanzen nicht erblich waren. Die im Folgenden abgebildete Blattanomalie von
Physalis war dagegen erblich (betraf praktisch alle Blätter):
Links: Blattmutante von Physalis pubescens, ssp. floridana (220Gy/1900). Rechts daneben: Cochleata-ähnliche
Mutante von Misopaptes orontium (Katzenmaul). Beides sind Funktionsverlustmutanten aus dem
Mutantensortiment von W-EL. Man beachte die einwärts gerollten Blätter, insbesondere bei der PhysalisMutante – auf dem Weg zu karnivoren Pflanzen? Sehr unwahrscheinlich.
Aber nehmen wir an, es gäbe solche Mutationen bei P. agnata und alle
Blätter würden jetzt schlauchförmig ausgebildet werden (könnte vielleicht als
Genfunktions-Verlustmutante möglich sein) – welcher Selektionsvorteil sollte
141
Ganz abgesehen von der Frage, warum die "ursprünglichen Fettkräuter" (Barthlott et al. 2004, p. 60) darüber hinaus noch zusammen mit
Drosera und Sarracenia auftreten können.
86
nun mit der starken Verringerung der direkt zugänglichen klebrigen Oberfläche
verbunden sein? Fast nur noch die Insekten an den Randpartien der Blätter
würden gefangen und verdaut werden, was nach der Theorie eine
Einschränkung der Nährstoffzufuhr und damit einen starken Selektionsnachteil
bedeuten würde. Außerdem wird die Fotosynthesefläche reduziert.
Zu Pinguicula agnata: Wenn deren gelegentlich ausgebildete
schlauchförmige Blätter einen deutlichen Funktions- und damit
Selektionsvorteil gegenüber den fast flachen Blättern der eigenen Art und der
etwa 90 weiteren Pinguicula-Arten hätten, warum dominieren dann all die
"Flachblätter" heute noch in sämtlichen Pinguicula-Populationen zu über
99,99% weltweit? 142 Warum haben die "Schlauchblätter" die Flachblätter nicht
längst verdrängt? 143
Schritt (5) in dieser morphologischen Serie soll die mexikanische Pinguicula
utricularioides bilden, die "fast vollständig blasenförmige eingerollte Blätter
besitzt".
Da ich gern genauer wissen wollte, was dieses "fast vollständig" hier bedeutet
und wie "blasenförmig/eingerollt" konkret aussieht, begab ich mich auf die
Suche nach Fotos und Abbildungen dieser Spezies. Erste Überraschung: Diese
Art ist (merkwürdigerweise) "nur als Herbarbeleg bekannt" (Barthlott et al.
2004, p. 60 und p. 198).
Und zweite Überraschung: So sieht das
Herbarexemplar aus:
Photos: Ed Read http://www.pinguicula.org/pages/plantes/pinguicula_utricularioides.htm
Das heißt, die unmittelbar und deutlich als Blätter zu identifizierenden Organe
sind weder blasenförmig noch eingerollt, sondern insgesamt flach wie bei den
anderen Pinguicula-Arten auch (vielleicht "an den Rändern meist mehr oder
weniger eingeschlagen oder seltener zurückgeschlagen" – Casper 1975, p. 510,
zu Pinguicula allgemein).
Laurent Legendre bemerkt zu Pinguicula utricularioides (1996, retrieved
2010):
142
Zu der scheinbaren Ausnahme Pinguicula utricularioides vgl. die folgende Diskussion.
Da überdies "schlauchartige Blätter im Pflanzenreich sehr weit verbreitet sind und durch einfachste Mutationsschritte entstehen können"
(Barthlott et al. und MN), müssten sie nach dem Gesetz der rekurrenten Variation im Laufe der Erdgeschichte auch bei Pinguicula
Tausende von Malen 'konvergent' aufgetreten sein, was unsere Frage noch einmal verstärkt: Warum sind dann die primitiven
"Flachblätter" Pinguiculas nicht längst von den weiterentwickelten "Schlauchblättern" verdrängt worden (innerhalb der Art und in der
angenommenen Konkurrenz mit allen übrigen "ursprünglichen Fettkräutern" sowie mit den zahlreichen weiteren nichtkarnivoren
Pflanzen am selben Standort)?
143
87
"Three years back I applied for receiving a herbarium specimen of this species. If I remember well, there
are 3 worldwide and Dr. Zamudio made his descriptions on the dried materials only. I wrote to the 3
places and 1 replied to me positively. It was from MEXU and labelled Instituto de Ecologia centro
regionale del Bajio. The specimen number is 082041. I looked at the specimen carefully under the
microscope. There are 3 plants on the sheet and a long series of detached leaves. The flowers are very
much like the ones pictured by Ed. The rosettes show similar leaves except for a couple very long, thin
petiole leaves that extend outside the rosette and show the pitcher phenotype on their tip. From a distance,
they look like hollow, pointed, seed capsules without sepals.” 144
Photo on the left by Laurent Legendre. Photograph in the midst by Eric Partrat: Accidental pitcher shape leaf on
an aborted flower stalk of Pinguicula moranensis. Right Pinguicula crassifolia in culture showing strange
petiolate leaves from the winter rosettes. Photo: F. Rivadavia
Fernando Rivadavia berichtet über seine Exkursion durch Chiapas and Oaxaca
(2004):
"We were very excited to drive past the Serra Azul in E Oaxaca state. This is the type location of
P.utricularioides, the biggest oddball in the genus Pinguicula. This species is only known from a single
collection from the 1950's. It supposedly had huge scarlet red flowers with an elongated corolla tube like
P.laueana. Arising from winter rosettes were a few strange leaves [that is two] with long petioles and
rounded lamina, which gave the plant its name because of their supposed resemblance to Utricularia traps.
Curiously, something similar has happened in cultivation to another member of section Longitubus, P.
crassifolia. My friend Ruben in Mexico City had a plant that put out strange petiolate leaves from the
winter rosettes (see picture). Maybe these are equivalent to those strange leaves of P.utricularioides.” 145
Löffelförmige Modifikationen und auch Funktionsverlust-Mutanten mit
dem gleichen Phänotyp sind überhaupt nichts Neues. Ich kenne mehrere solcher
Mutanten auch aus meinen eigenen Versuchen mit Antirrhinum, Misopates (vgl.
Abb. zum Schritt (4) oben) und Physalis. Zur cochleata-Mutante von Pisum
habe ich einen kleinen Beitrag publiziert (Lönnig 1981). Meines Wissens hat
kein Genetiker in den cochleata-Mutanten jemals einen Schritt in Richtung
der karnivoren Pflanzen gesehen und schon gar nicht zu Utricularia.
144
145
http://www.pinguicula.org/pages/plantes/pinguicula_utricularioides.htm
http://www.pinguicula.org/A_world_of_Pinguicula_2/Pages/Postcard_14_3.htm
88
Physalis-Blattmutanten (Letal- und Funktionsverlust-Mutanten) aus eigenen Versuchen:
Entwicklungsstadien der Letalmutante 260 Gy/1215 (2005): Oben: 2 Reihen Keimlinge. Darunter: Keimlinge vergrößert (Originalgröße
etwa 0,5 bis 1 cm). Links darunter: Älteres Stadium: Die kaum gewachsenen Mutanten fangen an, im unteren Teil gelblich zu werden.
Rechts daneben: Die Mutanten gehen - trotz intensivster Pflege durch die Gärtner - ein (sie werden gelb, kippen um, gehen ein).
Unten: Weitere Physalis-Funktionsverlust-Mutanten (rezessive Merkmale): Man beachte die nach oben eingerollten Blätter.
Prediction zu den Mutanten: Daraus werden niemals karnivore Pflanzen, zumal es bei den Solanaceae ohnehin keine gibt; die
Blattmutante unten rechts (240 Gy/2616) ist unabhängig von der ein paar Seiten zuvor schon abgebildeten Mutante 220Gy/1900 entstanden.
89
Siehe weiter die Arbeit von Weir et al. (2004) und die Anmerkung p. 168 unten.
Zurück zu Pinguicula: Legendre schreibt zu den beiden very long petiole leaves
von Pinguicula utricularioides:
"They do not look like the champagne cup phenotype that sometime appear on some Pinguicula in
cultivation. No insect inside. Nothing of the appendages of current Utricularia pitchers. No door, door step.
Because only 2 leaves presented this phenotype, I could not see enough to have a realistic view of their exact
shape. I could not discard the idea that they could be the remains of under-developed summer leaves that could
have a bit of resemblence with P. parvifolia / P. acuminata.... The flower is more P. laueana type. It also bears a
modern Pinguicula shape which, to me, is the hardest [strongest] evidence that it may not be the missing link!"
Die very long petiole leaves von Pinguicula utricularioides gehören
offensichtlich zu den Bildungsabweichungen, die Casper im Hegi für Pinguicula
schon 1975 aufgeführt hat (p. 514):
"Bei P. alpina L. wurde ein Laubblatt beobachtet, das einen 15 mm langen Stiel besaß, der im oberen
Teile in eine schlauchartige Bildung überging, die eine Länge von 5 mm hatte und etwas ausgebaucht
war."
Man könnte demnach Pinguicula alpina ebensogut als Übergangsform zu
Utricularia zitieren und sie für diese Zwecke mit der falschen Benennung
("misnomer") f. "utricularioides" versehen.
Wie absurd ein solches Unterfangen wäre, zeigen jedoch die weiteren
Bildungsabweichungen bei Pinguicula (nach Casper), bei denen man dann
konsequenterweise ähnlich verfahren müsste:
"Gelegentlich traten Staubblattkreise aus 5 entwickelten Staubblättern, von denen 4 gut entwickelte Antheren
besaßen, auf, außerdem auch solche mit 2 fertilen und 3 sterilen Staubblättern. – Ein Fall der Ausbildung von 5
Stigmenlappen, die den Petalen superponiert waren, ist bekannt geworden. – Mehrfach wurde von
Knospenverwachsungen berichtet: Kelch achtzipfelig, 4 Kronoberlippen, je 2 Unterlippenseitenlappen, 2 Sporen
und 1 vergrößerter Mittellappen, 4 Staubgefäße, 3 Narbenscheiben und 2 kleine Oberlippenzähne (P. vulgaris L.). –
Im Kiental im Berner Oberland wurde P. alpina L. mit gefüllten Blüten (32-34 Kronblätter; Petalomanie) 146
beobachtet."
Aus fast jeder dieser einzelnen Bildungsabweichungen ließen sich nun
"Missing Links" zu zahlreichen anderen Pflanzengattungen konstruieren – ein
Unterfangen, das mit der Realität ebenso wenig zu tun hätte wie die
evolutionären Fehldeutungen zu Pinguicula utricularioides (man kann daher
diesen Artnamen wohl zu Recht als irreführenden "misnomer" betrachten).
Das Phänomen der beiden aberranten Blätter von insgesamt etwa 60
Blattorganen der Herbarexemplare von Pinguicula utricularioides gehört nach
den bisherigen Daten in den Bereich der Pflanzenteratologie (Missbildungen)
und nicht in die Evolutionsbiologie.
Außerdem treffen wir auch hier wieder auf ganz entscheidende Einwände zur
Selektionstheorie. "Note that S Mexico (P. utricularioides was found near
Niltepec in Oaxaca) is close to areas where all three genera [of the
Lentibulariaceae] occur together even nowadays (with none of the allegedly
most primitive members of Utricularia, however) 147", also wieder
146
Der Phänotyp entspricht der bekannten plena-Mutante (gefüllte Blüten), einer Mutante, die bei fast allen Arten der Angiospermen
(bedecktsamigen Blütenpflanzen) in der Natur hin und wieder auftritt und zu den häufigsten Erscheinungen in der Zierpflanzenzüchtung
gehört. Ich selbst habe mit solchen Mutanten von Antirrhinum und Misopates gearbeitet (vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf, pp.
41 und 45) und http://www.weloennig.de/Dollo-1a.pdf.
147
Jan Schlauer 1996, ebenfalls unter http://www.pinguicula.org/pages/plantes/pinguicula_utricularioides.htm (der Autor spekuliert
90
"ursprüngliche” mit "weiterentwickelten" Formen ("each new form will tend ...
to take the place of, and finally exterminate, its own less improved parent ..." –
vgl. Darwin oben. Offenbar trifft hier vielmehr wieder das Wort Batesons zu:
"…the control of Selection is loose").
Kommen wir nun zum Schritt (6) nach Barthlott et al.: "Durch Herabsenken
der Fangblätter ins Erdreich kann man sich die Entstehung der GenliseaReusenfallen und Utricularia-Fangblasen vorstellen" (p. 60). Das erinnert mich
wieder an den oben zitierten Leitgedanken nach Troll und Nägeli, dass sich die
Deszendenztheoretiker "etwas ausdenken [vorstellen], was als möglich
erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen Wirklichkeit zu schließen".
Ich habe jedoch mit dieser Vorstellung einige biologische Schwierigkeiten: Im
Erdreich wird es mit der Fotosynthese bekanntlich etwas schwieriger als im
hellen Sonnenlicht – und Pinguicula gehört generell zu den Lichtpflanzen (selbst
die wenigen zu den tropisch-epiphytischen (Halb-)Schattenpflanzen gehörenden Pinguicula-Arten gedeihen
nicht ohne Licht).
Ja, im Boden gibt es Nematoden, Rotatorien und Ciliaten etc. (Was
gibt es da sonst noch im Moorboden und in den anderen Böden? Vgl. p. 33) – aber nicht nur als
Beutetiere, sondern auch als 'Schädlinge', für die die im Boden vermodernden
Blätter das gefundene "Fressen" sein könnten. Ende der Weiterentwicklung!
(Vgl. Versuch p. 223.)
Weiter geht's mit Schritt (7): "Durch schraubenförmige Verdrehung und
Verlängerung der vorderen Blattzipfel lässt sich der Fallentyp von Genlisea
erklären (s. Abb. 104),…" – Darf man solche "Erklärungen" noch als
wissenschaftliche Hypothese bezeichnen oder doch besser als Spekulation? 148
Und überdies reicht eine "schraubenförmige Verdrehung und Verlängerung
der vorderen Blattzipfel" bei weitem nicht aus, um die Reusenfalle Genliseas
mit allen ihren anatomischen und physiologischen Besonderheiten von der
Klebfalle Pinguiculas abzuleiten. Hier nur einer der vielen anatom. Unterschiede:
Links Reusenfalle Genliseas 149, rechts Blattoberseite von Pinguicula emarginata. 150
ansonsten ziemlich stark in Richtung "missing link" – seine Ausführungen dazu sind jedoch aus den oben genannten Gründen unzutreffend).
148
Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, wie sich ein Elefant von einem Hund ableitet: Die Hundenase wird immer länger und beweglicher,
die Ohren des Hundes vergrößern sich immens (Schlappohren haben viele Rassen ohnehin schon), die Beine werden dicker und säulenförmig
und entsprechend der ganze Körper größer etc. etc. – aber wäre das noch Wissenschaft?
149
Aus: http://www.biologie.uni-rostock.de/abt/botanik/inselbergs/1_10-Dateien/genlis_ragr.jpe
150
Aus: http://www.bguz.uzh.ch/content/index.php?option=com_content&view=article&id=115&Itemid=82 (Botanischer Garten
Universität Zürich).
91
Und schließlich (Schritt 8) im Satzzusammenhang: "Durch schraubenförmige
Verdrehung und Verlängerung der vorderen Blattzipfel lässt sich der Fallentyp
von Genlisea erklären (s. Abb. 104), der sich bei Utricularia lediglich auf die
blasenförmige Verdauungskammer als Fangstruktur beschränkt (Abb. 122124)."
Und mit diesen Behauptungen soll die Entstehung sowohl von Genlisea als
auch Utricularia evolutionstheoretisch erklärt sein?
An dem Punkt nun, an dem es für unsere Fragestellung tatsächlich spannend
wird, – an dem Punkt, an dem die kontinuierliche Evolution zu Genlisea und
Utricularia mutationsgenetisch und selektionstheoretisch überzeugend
verständlich gemacht werden soll, an dem für Genlisea die Entstehung der
Reusenfalle mit allen Details und für Utricularia die Saugfalle (Entstehung des
Saugmechanismus, der wasserdichten Verschlussklappe mit allen ihren
Raffinessen 151, des hufeisenförmigen Widerlagers mit Velum, die Entstehung
der bifids und quadrifids mit ihren Besonderheiten etc.) evolutionstheoretisch
erklärt werden soll, – hört die gesamte Diskussion auf und dennoch wird dabei
der Gedanke vermittelt, dass diese Evolution ohne Ziel und Plan stattgefunden
habe. 152
Nun könnte man vielleicht einwenden, dass wir zwar schon viel über die
Anatomie und manches auch über die Physiologie der LentibulariaceenGattungen wissen, dass aber viele Fragen – insbesondere auf der genetischen
Ebene – noch offen sind. Richtig! Aber schon aufgrund der bisherigen
Kenntnisse haben sich die Erklärungsprobleme für die Synthetische (und
andere) Evolutionstheorie(n) immer weiter vergrößert 153 – woher wollen dann
deren Vertreter schon im Voraus wissen, dass die weitere Forschung die Lücken
in ihrem Sinne ausfüllen wird? Wenn wir, überspitzt formuliert, "nichts wissen",
woher wissen die Materialisten dann grundsätzlich immer schon, dass die
Bildung aller komplexen Information, aller neuen Strukturen auf
morphologisch-anatomischer, physiologischer und genetischer Ebene, völlig
ohne Intelligenz, Geist und Plan abgelaufen ist?
(68) MN: "Es gibt z. B. Mutanten des Wegerichs (Plantago), die Schlauchblätter mit verblüffender
Ähnlichkeit mit den Blättern des Sumpfkrugs Heliamphora ausbilden. Plantago ist mit den
Lentibulariaceae relativ nahe verwandt."
W-EL: (a) Es handelt sich hier entweder wieder um Modifikationen oder um
"Großmutationen" – beide sind für die Verteidigung der Synthetischen
Evolutionstheorie unbrauchbar. Ich möchte im Zusammenhang mit der Frage
nach der Bedeutung von Makromutationen und des Saltationismus noch einmal
an die treffenden Aussagen Goulds erinnern und den Leser bitten, sich die
151
Vgl. wieder http://www.weloennig.de/Utricularia_H_von_Guttenberg.pdf)
Übrigens endet hier die Diskussion genauso am entscheidenden Punkt wie die Behauptungen zur Entstehung der Langhalsgiraffe; vgl.
http://www.weloennig.de/Giraffe_Erwiderung.1a.pdf
153
Vgl. z. B. Darwins Vorstellungen zu Utricularia oben und die erste Diskussion, die anschließend an diese Ausführungen wiedergegeben
ist.
152
92
folgenden Punkte zur Beurteilung unserer Fragen fest einzuprägen:
"Darwin, in his struggle to formulate an evolutionary mechanism … had embraced, but ultimately rejected,
a variety of contrary theories—including saltation, inherently adaptive variation, and intrinsic senescence of
species…. A common thread unites all these abandoned approaches: for they all postulate an internal drive
based either on large pushes from variation (saltationism) or on inherent directionality of change. Most use
ontogenetic metaphors, and make evolution as inevitable and as purposeful as development. Natural
selection, by contrast, relies entirely upon small, isotropic, nondirectional variation as raw material, and views
extensive transformation as the accumulation of tiny changes wrought by struggle between organisms and their
(largely biotic) environment. Trial and error, one step at a time, becomes the central metaphor of Darwinism."
Das trifft genauso auf den Neodarwinismus (Synthetische Evolutionstheorie)
zu. Denn durch genetisch prädestiniert-autonome "Großmutationen" im Sinne
des Saltationismus würde hinterrücks der emotional abgelehnten, ja verhassten
Teleologie wieder Tür und Tor geöffnet werden.
"The unthinking, knee-jerk response of many orthodox Darwinians whenever they hear the word
"rapid" or the name "Goldschmidt," testifies to the conceptual power of saltation as a cardinal danger to
an entire theoretical edifice" (Gould, siehe oben).
Mayr qualifiziert den Saltationismus u. a. mit folgenden Worten ab (1998, pp.
186/187):
"The three major non- or anti-Darwinian theories were saltationism, teleological theories, and
Lamarckian theories.
Saltationism—a consequence of the typological thinking 154 prevailing in the pre-Darwinian period –
was supported by T. H. Huxley and Kölliker among Darwin's contemporaries, by the Mendelians (Bateson,
De Vries, Johannsen), and by a few others (Goldschmidt, Willis, Schindewolf) right into the period of
the evolutionary synthesis. It was finally abandoned when population thinking was more widely adopted and
when virtually no evidence for such a process of speciation could be found. A saltational origin of new species
occurs in sexually reproducing organisms only through polyploidy and some other forms of chromosomal
restructuring, and these are relatively rare forms of speciation.”
Nachtweys Einwände sind also völlig berechtigt:
"Wie wir im vorigen Kapitel gesehen haben, lehrt der moderne Darwinismus, dass alle organischen
Bildungen durch "Mikroevolution" entstanden seien. Dabei wird ausdrücklich betont, dass winzigste
Mutationen das Material für die natürliche Selektion liefern. Ludwig betont, dass die Kleinstmutationen
ohne oder fast ohne erkennbaren Effekt sind. "Unter diesen Kleinstmutationen wird man den Hauptteil der
evolutorisch verwertbaren Mutationen zu suchen haben, und nur sehr selten sind günstige Großmutationen
zu erwarten."
… "Nun mögen uns die Darwinisten erklären, wie man sich die Bildung des Wasserschlauchbläschens
aus einem Blattzipfel vorstellen soll. Welche richtungslose Mutation soll im normalen Blattzipfel zuerst
erfolgt sein und dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben? Hatte sie diesen nicht, so ging sie als
belanglos verloren. Ausdrücklich betonen die Darwinisten, dass Mutation und Selektion zusammenwirken
müssen, wenn etwas Neues entstehen soll."
(b) Weiter zur "verblüffenden Ähnlichkeit", die auch von Barthlott et al.
behauptet wird: Zum "Ähnlichkeitsbeweis" erinnere ich wieder an den oben
zitierten Leitgedanken (Zirkelschluss). (c) Die verblüffenden Unterschiede
werden dabei übersehen. (d) Die äußerliche und nur partielle Ähnlichkeit
("Schlauchform") könnte bei Plantago genetisch andere Ursachen haben als bei
Heliamphora (ist noch zu untersuchen – Ergebnis darf jedoch nicht
vorweggenommen werden). (e) Die Schlauchbildungen der beiden Gattungen
154
Dabei denkt er selbst "typologisch" vgl. http://www.weloennig.de/AuIIMoIII.htm
93
unterscheiden sich sowohl ontogenetisch als auch anatomisch voneinander. (f)
Zur Anatomie von Heliamphora: Gesamtpflanze und Falle: Siehe Abbildungen
aus Pietropaolo pp. 69 und 71, Text zum Aufbau p. 70 (ähnlich Barthlott et al.
2004, p. 171/172, und viele weitere Autoren). Eine direkte Gegenüberstellung
Plantago-Mutante/Heliamphora-Falle sollte ich vielleicht noch nachreichen.
(g) Plantago Pollen ist aus dem Late Middle Miocene (14,6 – 11 Mio. Jahre)
bekannt, d. h. die Gattung ist mehr als 10 Millionen Jahre alt (Schwarzbach 2004).
Im Lehrbuch der Paläobotanik von Walther Gothan und Hermann Weyland
lesen wir 1973, p. 519: "Als Plantaginopsis FONT. werden aus der
Potomacformation Nordamerikas [Lower Cretaceous to Upper Cretaceous strata,
auf 145,5 bis 65,5 Mio. Jahre datiert] den Plantago-Arten äußerlich ähnliche
Blattrosetten mit Blütenständen beschrieben." 155
Auch wenn nur das jüngere geologische Datum zutreffen sollte, dürfte doch
diese Mutation (angenommen es sei eine) schon millionenmal aufgetreten und
wieder untergegangen sein (
). Sie hat(te) also keinerlei
positiven Selektionswert, so dass Nachtweys Einwände sogar auf diesen Typ der
"Makromutation" zutrifft ("Welche richtungslose Mutation soll im normalen
Blattzipfel zuerst erfolgt sein und dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben?
Hatte sie diesen nicht, so ging sie als belanglos verloren"). Fazit für Plantago
und weitere Spezies: Selbst diese Makromutation geht seit Millionen von Jahren
"als belanglos verloren"! Und die Voraussage, dass Plantago niemals zur
Karnivorie übergehen wird, dürfte wohl nicht allzu gewagt sein.
vgl. http://www.weloennig.de/ShortVersionofMutationsLawof_2006.pdf
Da schließlich solche "Schlauchblattmutanten" in mehreren Pflanzenfamilien
auftreten können, ist die Aussage, dass Plantago mit den Lentibulariaceae
relativ nahe verwandt ist, hier irrelevant (zumal die Evolution zu Pinguicula gar
nicht mit Schlauchblättern beginnt) genauso wie die Ähnlichkeit mit den
Blättern des systematisch weit entfernt stehenden Sumpfkrugs Heliamphora.
(69) MN: "Neben Utricularia und Genlisea zählen auch die Fettkräuter (Pinguicula) zur Gruppe der
Wasserschlauchgewächse. Pflanzen dieser Gattung gelten heute als [a] die ursprünglichsten unter den
Wasserschlauchgewächsen; sie besitzen [b] lediglich Drüsen mit Klebesekreten und
Verdauungsenzymen auf ihren Blättern (Abb. 47)."
W-EL: (a) Warum gibt es sie dann heute noch? Die ursprünglichsten Formen
müssten doch durch die weiterentwickelten längst ersetzt worden sein – das ist
ja die Triebfeder des Darwinismus und der Synthetischen Evolutionstheorie.
Darwin, Origin: "...the very process of natural selection almost implies the continual supplanting and extinction of preceding and
intermediate gradations." "…old forms will be supplanted by new and improved forms" (vgl. http://darwin-online.org.uk/).
(Siehe zu dieser Frage die ausführliche Diskussion zum Versagen der
Selektionstheorie oben.)
(b) "…lediglich Drüsen mit Klebesekreten und Verdauungsenzymen": Das ist
155
W. N. Steward erwähnt Plantaginopsis für "Zone I… which is roughly equivalent to the Barremian – Aptian stages (Fig. 27.5)" Paleobotany and the Evolution of Plants 1983/1990, p. 370, d. h. 112-130 Mio. Jahre.
94
anatomisch und mutationsgenetisch schon sehr viel (vgl. die Punkte im Anhang
pp. 167/168). Nach den bekannten Daten werden Pflanzenarten, die weder
Drüsen mit Klebesekreten noch Verdauungsenzyme besitzen und in deren
Erbgut das Potential dafür nicht von vornherein dafür gegeben ist, auch bei
Sättigungsmutagenese (saturation mutagenesis) nichts dergleichen produzieren.
Überdies kann Pinguicula noch mehr: Sie kann die tierische Zusatznahrung auch
verwerten.
Nach Punkt (66) von MN (vgl. p. 82) soll "auch innerhalb der Wasserschlauchgewächse" die Ableitung der
Reusenfalle aus einem Schlauchblatt wahrscheinlich sein. Ausgangspunkt: Pinguicula. MN erklärt uns jedoch
nicht, wie Pinguicula mit ihrem synorganisierten Fang- und Verdauungssystem anatomisch und physiologisch
über "tausende kleine Entwicklungsstufen" entstanden sein soll. Er setzt also Pinguicula einfach voraus.
(70) MN: "Auch Pinguicula kann gelegentlich tütenförmige Blätter ausbilden, die als Vorstufen zu den
Reusenfallen angesehen werden können (BARTHLOTT et al. 2004, 61)."
W-EL: Ich habe oben ausführlich begründet, warum die "tütenförmigen
Blätter von Pinguicula" keinesfalls als evolutionäre Vorstufe im Sinne der
Synthetischen
Evolutionstheorie
zu
den
Reusenfallen
überleiten
(Makromutation, die für den Neodarwinismus nicht in Frage kommt, völlig
andere Anatomie der Klebfalle im Kontrast zur Reusenfalle Genliseas und zur
Saugfalle Utricularias, nach der Theorie ist Gegenselektion durch weitgehenden
Verlust der als Klebfalle funktionierenden Oberfläche zu erwarten, weiter
"Verlust an Nahrung" auch durch die verringerte Fotosynthesefläche).
(71) MN: "NACHTWEYs Frage, ob die Evolution zuerst mit den Verdauungsdrüsen oder mit einer
Kastenfalle begann, ist demnach längst beantwortet."
W-EL: Nachtwey stellte zunächst die Frage: "Welche richtungslose Mutation
soll im normalen Blattzipfel zuerst erfolgt sein und dann irgendeinen
Auslesewert gehabt haben?" Etc. (siehe oben) – und zwar im Sinne der
Synthetischen Evolutionstheorie mit ihrer kontinuierlichen Entwicklung "über
tausende kleine Entwicklungsstufen". Diese Frage lässt sich im Prinzip auch auf
die Entstehung des komplex-synorganisierten Fang- und Verdauungssystems
von Pinguicula anwenden (wie sind z. B. ihre Verdauungsdrüsen entstanden?).
Der Autor geht statt dessen – und zwar ganz im Gegensatz zu seinen originären
Intentionen gemäß Buch- und Kapiteltitel und ohne Klärung der PinguiculaFrage – für die angenommene weitere Evoution von einer "Schlauch"Makromutation mit fragwürdigen Selektionsvorteilen aus.
Barthlott et al. (2004) versuchen hingegen die Pinguicula-Frage mit den
Schritten (1) bis (3) zu beantworten (siehe oben), wobei die ersten beiden
Schritte bei den Lentibulariaceae gar nicht vorkommen und der Schritt (3) selbst
aus mehreren Teilschritten besteht. Keiner der 3 Schritte kann
mutationsgenetisch und selektionstheoretisch einfach als gegeben betrachtet und
vorausgesetzt werden. Nachtweys Frage bleibt demnach unbeantwortet, zumal
Pinguicula selbst als Ausgangspunkt für Utricularia problematisch bleibt.
(72) MN: "Ohne hier weiter auf die Details eingehen zu können, zeichnet sich mehr und mehr ein
gangbarer Evolutionsweg zur Saugfalle von Utricularia ab."
W-EL: Und genau auf diese Details kommt es an, wenn man herausfinden
95
möchte, ob "der Evolutionsweg" überhaupt "gangbar" ist. Hier "unterschlägt" 156
MN die wichtigsten Punkte.
Also genau an der Stelle, an der es nun für Darwin und die Selektionstheorie
wieder spannend wird, an der die kontinuierliche Evolution von Utricularias
Saugfalle mutationsgenetisch und selektionstheoretisch überzeugend dargelegt
werden müsste (wieder die Fragen nach der Entstehung des Saugmechanismus, der wasserdichten
Verschlussklappe mit allen ihren Raffinessen 157, des hufeisenförmigen Widerlagers mit Velum, die Entstehung
der bifids und quadrifids mit ihren Besonderheiten etc.),
hört die Diskussion auf (wie schon bei
Barthlott et al. 2004, siehe oben), und dennoch wird dem Leser dabei sehr nachdrücklich
der Gedanke vermittelt, dass diese Evolution ganz sicher ohne Intelligenz, Ziel
und Plan stattgefunden habe (denn es "zeichnet sich mehr und mehr ein
gangbarer Evolutionsweg… ab"). Ich nenne das eine Irreführung des Publikums.
(73) MN: "Den Pflanzen bieten sich einfach zu viele Möglichkeiten und Techniken, Beute zu fangen
und die Nährstoffe für sich nutzbar zu machen."
W-EL: Wenn sich den Pflanzen "einfach zu viele Möglichkeiten und
Techniken" der Karnivorie bieten – warum fehlen dann die erwarteten
gleitenden Übergangsserien zwischen Pinguicula und Genlisea und Utricularia?
Warum finden wir statt dessen die gewaltigen Unterschiede (die großen
morphologisch-anatomischen und physiologischen Abstände) zwischen diesen
Gattungen? Warum sollte die Selektion nur diese drei klar voneinander
abgegrenzten Gattungen bei den Lentibulariaceae übriggelassen haben, wenn
Pinguicula doch zusammen mit "weiterentwickelten" Formen wie Drosera und
Sarracenia etc. (siehe oben) am selben Standort auftreten und sich dort auch
bestens behaupten kann? 158 Und warum schaffen Mutationen auch bei
Sättigungsmutagenese nicht annähernd solche komplexen Systeme? Warum ist
die Mutationszüchtung fast weltweit zusammengebrochen, wenn die (Zufalls-)
Mutationen doch so neuschaffend sein sollen, wie die Synthetische
Evolutionstheorie es behauptet und das Rohmaterial u. a. auch für die
Karnivoren geliefert hätten? Könnte es vielleicht sein, dass 99,99 % der von der
Synthetischen Evolutionstheorie postulierten zahlreichen Übergangsformen
überhaupt niemals existiert haben? (Siehe ergänzend den Kommentar p. 168.)
(74) MN: "Die verschiedenen Fallentypen treten in mannigfacher Variation in Erscheinung und
kombinieren teilweise sogar verschiedene Techniken, was zeigt, dass funktionierende Zwischenformen
problemlos möglich sind."
W-EL: Wenn "funktionierende Zwischenformen problemlos möglich sind" –
wo sind dann die "tausenden kleinen Entwicklungsstufen" (vgl. MN Punkt (22)
oben) bei den Lentibulariaceae und den anderen Familien der Karnivoren? Ich
möchte von MN (oder einem anderen Vertreter der Synthetischen
Evolutionstheorie) nur einmal eine testbare Erklärung dafür hören, wie sich die
Struktur
der
Verschlussklappe
von
Utricularia
(vgl.
wieder
156
Um wieder seinen Jargon zu gebrauchen; vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf
Vgl. wieder http://www.weloennig.de/Utricularia_H_von_Guttenberg.pdf)
158
Der Fang der Beutetiere ist zu einem beträchtlichen Teil überlappend, aber selbst wenn er ganz deutlich voneinander abgesetzt wäre,
würde das sowenig die intelligenzlose Entstehung der Formen und Funktionen erklären wie etwa die Feststellung, dass Automobile ganz
unterschiedlich mit Benzin, Diesel, Wasserstoff oder mit Strom angetrieben werden können und deswegen von selbst enstanden seien.
157
96
) über tausend Bindeglieder entwickelt
haben soll und so Utricularias Tür über viele kleine Zwischenstufen
wasserdicht geworden ist, und weiter welche entscheidenden Selektionsvorteile
mit den jeweils 'problemlos möglichen Zwischenformen' verbunden gewesen
sein sollen.
http://www.weloennig.de/Utricularia_H_von_Guttenberg.pdf
(75) MN: "Die Evolution der Saugfalle lässt sich von der Klebfalle (z. B. Pinguicula) über eine Art
Klebreuse (durch seitliches Einrollen der Blattfläche), eine Schlauchfalle mit Reusenhaaren (ähnlich
Sarracenia psittacina), eine Reusenfalle (Genlisea) und eine Reusenfalle mit kombinierter SaugfallenTechnik (U. multifida, U. globulariaefolia) konstruktiv nachvollziehen (MATZKE 2005; Abb. 49; G.
HEILMANN, pers. comm.)."
W-EL: "Konstruktiv" vielleicht – oder vielleicht eher "konstruiert" als
weitgehende Spekulation, für die man bisher keine andere Kraft als die
"Gedankenkraft" (Nilsson) mobilisieren konnte – aber diese Spekulationen
lassen sich weder mutationsgenetisch noch selektionstheoretisch nachvollziehen.
"Eine Art Klebreuse…" – ist für Pinguicula konstruktiv und selektionstheoretisch ein Widerspruch in sich: Die Insekten wären zumeist am Eingang
kleben geblieben und nicht weiter gekommen etc. (siehe weiter die Serie von
Fakten, die gegen eine Klebreuse im Sinne MNs und Barthlotts et al. 2004
sprechen, und zwar zu den Schritten (4) und (5) zum Punkt (67) oben). Kein
Wunder, dass daher bei den Lentibulariaceen eine abgestufte Übergangsserie
derartiger Klebreusen als Bindeglieder zu anderen Formen ähnlich Sarracenia
völlig unbekannt ist. 159 Der Begriff "Klebreuse" existiert übrigens bisher nur in
der Terminologie MNs.
Von einer solchen funktionsproblematischen Pinguicula-"Klebreuse" will MN nun "eine
Schlauchfalle mit Reusenhaaren (ähnlich Sarracenia)" ableiten. Bei Sarracenia klebt allerdings
nichts mehr, sondern ist alles vollkommen glatt und rutschig – ein völlig anderes Fangprinzip [and
no mucilage]. Und das soll "mit zufälliger Mutation und Selektion über tausende kleine
Entwicklungsstufen" erklärt werden? (Vgl. MN Punkt (22).) Als Übergangsformen sind
selbstverständlich viele Szenarien "denkbar" – und es kann fast wieder endlos spekuliert werden;
vgl. den Einwand von K. E. von Baer und W. Troll oben. Auch eine Singularität wie Nepenthes
inermes hilft hier kaum weiter (völlig andere Schleimproduktion im Rahmen eines deutlich
unterschiedlichen synorganisierten Vielkomponentensystems zur effektiven Karnivorie im
Hochland Sumatras: in diesem Fall tatsächlich an gleicher Stelle "klebrig und rutschig", jedoch
ohne Reusenhaare [das Beispiel wurde bisher (11. 5. 2011) von meinen Kritikern nicht genannt]; vgl. die Korrektur und
ausführliche Anmerkung p. 169). Es ist wohl erneut kein Wunder, dass die meisten
Zwischenstufen weder existieren noch jemals existiert haben.
Überdies divergieren an diesem Punkte die "Gedankenkräfte" von MN (in
Anlehnung an Matzke und Heilmann) und Barthlott et al. ganz entscheidend:
Nach MN verläuft die weitere Entwicklung über Formen "ähnlich Sarracenia" –
das wäre wahrhaftig eine reichlich umständliche Evolution – und nach Barthlott
et al. verläuft sie über vermeintliche Bindeglieder wie Pinguicula utricularioides
und eine Serie weiterer völlig unbekannter Zwischenformen, die mehr oder
weniger funktionswidrig ihre Blätter ins Erdreich herabsenken, direkt zu
Genlisea ("Durch Herabsenken der Fangblätter ins Erdreich kann man sich die
159
Nur als seltene ("gelegentliche") teratologische Erscheinung bei einem einzelnen Blatt mit wahrscheinlich negativem Funktions- und
Selektionswert wie bei Pinguicula agnata.
97
Entstehung der Genlisea-Reusenfallen und Utricularia-Fangblasen vorstellen").
Von einer "Schlauchfalle mit Reusenhaaren (ähnlich Sarracenia psittacina)"
soll es nach MN, Matzke und Heilmann weiter zum Typ der Reusenfalle
Genliseas gehen. Fehlen nur wieder die tausend "problemlos funktionierenden
Zwischenformen" (siehe MN oben) sowohl bei den Lentibulariaceae (die nicht
einmal eine Sarracenia-ähnliche Gattung aufweist) als auch bei den Karnivoren
überhaupt. Man braucht nur einmal die beiden Gattungen nebeneinander zu
stellen und sich die Unterschiede anzusehen, um sich die Fragwürdigkeit dieser
Ableitung durch Mutation und Selektion über viele Zwischenstufen zu
vergegenwärtigen:
Links Sarracenia psittacina 160 mit normalerweise 'oberirdischen' röhrenförmigen Schlauchblättern
(Stichworte: Gleitfallen, "perfect design", Öffnung wird von einer wasserabweisenden Haube überragt, Haube
mit Nektardrüsen versehen, Rand mit Nektardrüsen und Haaren, Gleitzone dicht mit Wachsen und Drüsen
bedeckt: absolut glatt, keinerlei Halt für Insekten, daran anschließend Verdauungszone: Enzyme produzierende
Drüsen, Reusenhaare, Bakterien), rechts Genlisea violacea 161 mit der in zahlreichen Punkten und dem
Gesamterscheinungsbild völlig andersartigen Konstruktion der gegabelten 'unterirdischen' Reusenfallen
(Stichworte: Rhizophylle in Ypsilonform, Ausläufer "korkenzieherartig verzwirbelt" – "terminating in an
opening, a mouth", one of the arms twists clockwise, the other counter clockwise … usually hangs downward in
the water" 162, zahlreiche Öffnungen in den Ausläufern, Reusenhaare in mehreren Querreihen hintereinander
angeordnet; siehe Abbildung zu Punkt (25) oben, hollow bulb als 'Magen', schwerpunktmäßig Protozoenfalle).
(76) MN: "Waren für die evolutionären Umwandlungsschritte aber nicht gewaltige genetische
Innovationen erforderlich? Dies scheint nicht der Fall zu sein."
W-EL: Pure Subjektivität und evolutionistische Spekulation. Die
"evolutionären Umwandlungsschritte" müssen jedenfalls genetisch derart
innovativ sein, das keine Sättigungsmutagenese (saturation mutagenesis)
bislang auch nur etwas Ähnliches zustande bringen konnte (von den Ergebnissen der
übrigen 100 Jahre Mutationsforschung einmal ganz abgesehen). Siehe weiter Winkler (2010) zum
Thema Waisengene – was Lebewesen unterscheidet (Abstract in der Lit. unten).
(77) MN: "Praktisch alle Strukturen der karnivoren Pflanzen wie Kannen, Sinneshärchen, Reusenhaare,
Tentakeln, Drüsenhaare, Schleimdrüsen, Transportsysteme usw. lassen sich durch Funktionswechsel
bereits vorangepasster Strukturen wie Blättern, Blatthaaren, Hydathoden, Spaltöffnungen, ATPabhängige Ionenpumpen usw. ableiten."
160
Nach http://images.bidorbuy.co.za/user_images/651/390Sarracenia_psittacina9a.jpg
Aus http://en.wikipedia.org/wiki/File:Genlisea_violacea_giant.jpg
162
J. und P. Pietropaolo 2001, p. 138.
161
98
W-EL: Die beiden Evolutionstheoretiker und erfahrenen Karnivoren-Forscher
Schmucker und Linnemann (1959, p. 276) haben mit dem Pionier der
Organographie der Pflanzen, Karl Goebel, solche Daten wie folgt beurteilt
(Hervorhebungen im Schriftbild wieder von mir):
"GOEBEL [3] hat darauf hingewiesen, daß Honigabsonderung auf Blättern und lebhafte Färbung von solchen
auch anderwärts nicht selten sei; daß gerade Pflanzen luftfeuchter Standorte oft genug Hydathoden
besitzen; daß es besonders unter den Wasserpflanzen viele Arten mit starker Schleimausscheidung gebe;
daß Wasserbehälter schon bei Lebermoosen auftreten und Kannen auch bei nichtinsectivoren Pflanzen
(Dischidia); daß Enzyme verschiedener Art in Keimungen, Milchsäften usw. vorkommen, desgleichen
Ameisensäure; daß (nach SPRUCE) der Farn Elaphoglossum glutinosum weit mehr Insekten fängt als Pinguicula calyptra am gleichen Standort, aber nicht auswertet [Selektionsfrage siehe oben!]. GOEBEL hat auch
gezeigt, daß die aktiven Bewegungen von Drosera, Dionaea usw. nichts völlig Neues sind, sondern
Wiederholungen der Entfaltungsbewegungen ([5]; Ergänzungsband). Aber man braucht nur an eine NepenthesKanne zu denken (Kanne an sich, ihre Randgestaltung, die Färbung, die Gleitvorrichtungen, die Digestionsdrüsen usw.) oder an ein Dionaea-Blatt (Blattgestalt, Fühlborsten, Reizleitung, Bewegungsmechanismus,
Digestionsdrüsen, Enzyme usw.), um zu erkennen, daß damit zwar Material 163 für eine Erklärungsmöglichkeit
gegeben ist, aber kein rechter Weg dafür. F. v. WETTSTEIN hat auf moderner genetischer Basis einen Erklärungsversuch für die zahllosen grundsätzlich ähnlichen Fälle (z. B. auch in der Blütenbiologie) gewagt, auf der
Basis der Anreicherung rezessiver Gene im diploiden Zustand, eines Recessivenanstaues. Er hat sicherlich
nicht angenommen, daß damit das letzte oder auch nur das entscheidende Wort gesprochen sei 164, aber eine
andere reale Erklärungsmöglichkeit für dieses so naheliegende, dringliche Problem ließ sich nicht finden.
Nach alledem bleibt noch heute, wohl noch lange und vielleicht für immer zu Recht bestehen, was
GOEBEL [3] vor mehr als 60 Jahren schrieb: "Wie wir uns indessen das Zustandekommen der
merkwürdigen, dem Insektenfang dienenden Einrichtungen denken sollen, bleibt freilich unklar.""
"Nichts völlig Neues": Kann sein, aber diese doch etwas nivellierende
Formulierung zu den aktiven Bewegungen mehrerer Karnivoren scheint mir die
Besonderheiten und die Einzigartigkeit der Dinge zu verschleiern. Die Tür von
Utricularia öffnet sich in weniger als 1/1000stel Sekunde ("die schnellste Pflanze
der Welt", V. Arzt 2009), die Entfaltungsbewegungen dauern Stunden und Tage.
Welche zufälligen (und unabhängig voneinander auftretenden) schrittweisen
Genmutationen mit jeweils entscheidenden Selektionsvorteilen sollten denn bei
Utricularia einen wasserdichten Öffnungsmechanismus installiert haben und
dann die Tür sich immer schneller öffnen lassen (in ...1 Sekunde, 1/2 Sekunde,
1/3 Sekunde, 1/10…, 1/50…, 1/100…, 1/200…, 1/500..., 1/1000 Sekunde)? 165
Beispiele aus der Technik können die die eigentliche Problematik vielleicht verdeckende Formulierung, dass
hier "nichts völlig Neues" zu verzeichnen sei, recht gut veranschaulichen:
So ist z. B. auch die Magnetschwebebahn (bis 500 km/h bei herkömmlicher Trassierung) "nichts völlig
Neues": Elektromagneten werden fast überall in der Technik eingesetzt (z. B. in jedem Transformator). 166 Jede
163
Bei solchen Beispielen zeigen viele Abstammungstheoretiker die Tendenz zur Annahme, mit der Existenz der Bausteine auch
schon das fertige Gebäude erklärt zu haben. Das ist einer der folgenschwersten Irrtümer in der ganzen Biologie: Das konkrete
Problem, wie denn die Bausteine zum realen 'Schloß' einer komplexen biologischen Apparatur zusammengefügt werden, wird durch
evolutionistische Luftschlösser ersetzt: "Wir glauben, daß es schon irgendwie so gelaufen ist, wie wir uns das vorstellen." Und: "Wir
wollen glauben" - sagte auf meine Einwände ein überzeugter Materialist in einer Frühstücksrunde in Bonn, ein Forscher, der später
Professor an der Münchner Universität (TU) wurde. Das darf er selbstverständlich, nur sollte er seinen gegen alle Wahrscheinlichkeit
und gegen zahlreiche Fakten aufrechterhaltenen Glauben nicht mit Wissenschaft verwechseln.
164
Das hat er sicher damit nicht. Dennoch finde ich es sehr erstaunlich, dass Utricularia das kleinste Genom aller Blütenpflanzen hat (vgl.
Greilhuber et al. 2006).
165
Forschungsaufgabe: Wahrscheinlich gibt es in der Geschwindigkeit des Öffnungsmechanismus bei den unterschiedlichen UtriculariaArten auch Variabilität (z. T. vielleicht durch Degeneration) sogar am selben Standort – was nur wieder zeigen würde, dass die Selektion
nicht die Bedeutung hat, die ihr vom Darwinismus und der modernen Synthetischen Evolutionstheorie zugeschrieben wird und ein weiteres
Mal Batesons Schlussfolgerung bestätigen würde: "The control of Selection is loose" (Bateson, siehe oben). Zur Geschwindigkeit vgl.
auch die Fußnote 272 (p. 189).
166
Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnet
99
Elektrolokomotive im Wechselstrombetrieb arbeitet mit einem Haupttransformator 167 und natürlich vielen
weiteren Bauteilen (vgl. dazu z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrolokomotive). Man könnte jetzt eine fast uferlose
Aufzählung sämtlicher Ähnlichkeiten zwischen einem Intercity-Express (ICE, maximale Geschwindigkeit 320
km/h) und einer Magnetschwebebahn mit ihren 500 km/h aufführen und dabei vergessen, dass die Letztere in
der Kombination ihrer Bauteile und zahlreichen Funktionen sich ganz erheblich von den übrigen elektrisch
betriebenen 'Hochgeschwindigkeits-Triebzügen' und auch allgemein "sehr stark von den bisherigen Eisenbahnen
unterscheidet" und insofern eben doch "etwas völlig Neues" bietet (u. a.): "Die Magnetschwebebahn hat keine
Räder, Achsen, Getriebe und Oberleitungen. Sie rollt nicht, sondern sie schwebt. An die Stelle von Rad und
Schiene bei der herkömmlichen Eisenbahn tritt beim Transrapid ein berührungsfreies elektromagnetisches – und
daher nahezu verschleißfreies – Trage-, Führungs- und Antriebssystem." 168
Die Tendenz zeitgenössischer Evolutionstheoretiker, mit der Entdeckung der
Bausteine ohne weiteres auch schon das fertige Gebäude zu implizieren und dabei
die spezifischen komplexen Neuerungen zu übersehen oder unterzubewerten, ist
tatsächlich einer der folgenschwersten methodischen Irrtümer der modernen
Biologie (siehe Fußnote zum obigen Zitat nach Schmucker und Linnemann).
Nichts kann darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei den Fallen von Pinguicula,
Genlisea, Utricularia, Dionaea und anderen um ganz unterschiedliche
synorganisiert neue komplexe Systeme handelt, die für die Synthetische
Evolutionstheorie mit größten Erklärungsproblemen verbunden sind.
Schmucker und Linnemann heben zur Evolutionsproblematik der Karnivoren
einleitend und ergänzend zu ihren oben zitierten Ausführungen folgende
Schwierigkeiten, Kernpunkte und entscheidende Tatsachen hervor (pp.
275/276):
"Schließlich wird man die Frage erörtern wollen, wie die Insectivorie phylogenetisch entstanden sei. Daß
man sich dabei auf ein bedeutsames, aber sehr problematisches Gebiet begibt, ist klar. Jedenfalls ist die
Insectivorie, wie wir gesehen haben, im Laufe der Stammesgeschichte der Blütenpflanzen mehrmals
aufgetreten, scheint also keine ganz außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegende Entwicklungsrichtung zu
sein? 169 Für jeden Erklärungsversuch, der im Sinne DARWINS mit Selektion rechnet — gibt es derzeit eine
andere Möglichkeit? 170 —, besteht die große Schwierigkeit in der Tatsache, daß eine ganze Reihe von
morphologischen und physiologischen Sonderbarkeiten erst in ihrer Gesamtheit ein funktionstüchtiges
Ganzes ergeben. Selbst die fertige Einrichtung hat mindestens in manchen Fällen keinen entscheidenden
Selektionswert; wieviel weniger hat die einzelne Abwandlung einen solchen, vor allem nicht in noch
primitiver Ausprägung.
Selbst wenn man den Mutationen im Zusammenhang mit sehr langen Zeiträumen auf Grund des Gesetzes
großer Zahlen gewaltige Möglichkeiten zuschreibt, so bleiben doch sowohl "harmonische" polyphäne
Genmutationen ebenso problematisch, wie die Annahme des zufälligen Zusammenpassens getrennter Mutationen zu einer komplizierten Apparatur. Natürlich kann man auch annehmen, die eine Veränderung bewirke
eine andere korrelativ-kausal zwangsläufig; verständlicher ist das sicher auch nicht. Das schwierige Problem
der Entstehung komplexer, erst in ihrer Komplexion wirksamer Strukturen, steht auch hier vor uns. Es
167
"Er besteht aus einem magnetischen Kreis, der meist von einem Ferrit- oder Eisenkern gebildet wird, und um den Leiter zweier
verschiedener Stromkreise so gewickelt sind, dass der Strom jedes Stromkreises mehrfach um den Kern herumgeführt wird. …
Hauptanwendungsgebiet von Transformatoren ist daher die Erhöhung beziehungsweise die Reduktion von Wechselspannungen. Für die
Stromversorgung sind sie unverzichtbar, da elektrische Energie nur mittels Hochspannungsleitungen über weite Entfernungen wirtschaftlich
sinnvoll transportiert werden kann, der Betrieb von Elektrogeräten aber nur mit Niederspannung praktikabel ist. Netztransformatoren
befinden sich in nahezu allen Elektronikgeräten, bei denen die Betriebsspannung von der Netzspannung verschieden ist"
http://de.wikipedia.org/wiki/Transformator
168
169
http://leifi.physik.uni-muenchen.de/web_ph10/umwelt-technik/09transrapid/transrapid.htm
Das ist eine Deduktion aus dem evolutionistischen Weltbild. An den Tatsachen orientiert würde man viel eher wie folgt argumentieren:
Da das einmalige Auftreten der Insektivorie durch Zufallsmutationen und Selektion schon denkbar unwahrscheinlich ist, kommt ein
mehrfaches unabhängiges Auftreten durch diese Mechanismen überhaupt nicht mehr in Frage!
170
Eindeutig JA! Vgl. Behe 1996/2006, Dembski und Wells 2007, Meyer 2009, Lönnig 2010 und viele weitere Autoren.
100
ist fast leichter, sich vorzustellen 171, schon die Stammform der drei nahverwandten, habituell aber sehr
verschiedenen Gattungen Pinguicula, Genlisea und Utricularia sei bereits insectivor gewesen und die weitere
Formentwicklung wäre, schon im Besitz dieser Eigenart, in verschiedene Richtungen gegangen. Sonst müßte
man annehmen, alle drei hätten die Absonderlichkeit der Insectivorie selbständig "erfunden". Letzteres wäre
auch dann kaum begreiflich, wenn man annimmt, die nicht insectivore Stammform hätte bereits eine gewisse,
vielleicht partielle Eignung für die Weiterentwicklung zur Insectivorie besessen. Einen inneren Drang dafür
verantwortlich machen, hieße derzeit kaum mehr, als unsere Unkenntnis zu umschreiben. Im übrigen gibt es
kaum genügende Argumente dafür, ob die einzelnen Insectivorengruppen als solche phylogenetisch alt oder
jung sind (vgl. indessen KIRCHHEIMER für Aldrovanda)."
Und als Empiriker 172 möchte ich schließlich einmal zum Punkt (77)
wenigstens einige der entscheidenden positiven Mutationen mit "slight or even
invisible effects on the phenotype" sehen (soweit da etwas zu sehen wäre), die
"durch Funktionswechsel bereits vorangepasster Strukturen wie Blättern,
Blatthaaren, Hydathoden, Spaltöffnungen, ATP-abhängige Ionenpumpen usw."
"alle Strukturen der karnivoren Pflanzen wie Kannen, Sinneshärchen,
Reusenhaare, Tentakeln, Drüsenhaare, Schleimdrüsen, Transportsysteme"
erzeugen sollen – und das über tausend und mehr voneinander unabhängige
Schritte und Zwischenstufen mit jeweils deutlichen Selektionsvorteilen.
Hier liegt tatsächlich noch ein großer Forschungsbedarf zur Frage vor,
inwieweit Mutationen einen solchen Funktionswechsel überhaupt
bewerkstelligen können. Eine kritische Haltung in dieser Frage führt demnach
zu weiterer wissenschaftlicher Forschung; denn fest steht bisher, dass der
Begriff "Funktionswechsel" nach der Synthetischen Evolutionstheorie ein
mutationsgenetisches und selektionstheoretisches Geschehen impliziert, das in
praktisch allen Fällen völlig unbewiesen ist. Andernfalls sollte die oben
erwähnte Forderung nach einer testbaren Erklärung der Evolution der
Verschlussklappe von Utricularia 173, d. h. wie Utricularias Tür über "tausende
kleine Zwischenstufen" mit jeweils entscheidenden Selektionsvorteilen
wasserdicht geworden sein soll, doch leicht theoretisch – und was die
Makromutationen betrifft, mit denen MN hier schon wiederholt gearbeitet hat,
auch empirisch – nachzuweisen sein, zumal "funktionierende Zwischenformen
problemlos möglich" sein sollen (siehe Punkt (74) oben).
Der Begriff "Funktionswechsel" verschleiert überdies die Tatsache, dass mit
den angenommenen Funktionswechseln durch Mutation und Selektion auch
zahlreiche neue anatomische und physiologische Strukturen auftreten, die in
dieser spezifischen synorganisierten Form und Funktion sonst im Pflanzenreich
eben nicht anzutreffen sind.
Die Evolutionstheoretiker Płachno et al. berichten im Rahmen ihrer Studien
zum Thema Functional ultrastructure of Genlisea (Lentibulariaceae) digestive
171
An solchen Stellen arbeiten viele Evolutionstheoretiker wieder mit unrealistischen "Vorstellungsmöglichkeiten". Siehe dazu den
Leitgedanken oben und die Überlegungen von Klaus Wittlich und Frieder Meis zur Wahrscheinlichkeitsfrage auf der DNA-Ebene. Viele
weitere Punkte zu dem Thema findet der interessierte Leser in meiner Schrift zur Entstehung des Auges.
172
"My advice to those who wish to learn the art of scientific prophecy is not to rely on abstract reason, but to decipher the secret language of
Nature from Nature's documents, the facts of experience" – Max Born, zitiert nach H. Nilsson. "The principle of science, the definition
almost, is the following: The test of all knowledge is experiment. Experiment is the single judge of "truth""- Richard Feynman.
173
Vgl. wieder http://www.weloennig.de/Utricularia_H_von_Guttenberg.pdf.
101
hairs (2007, pp. 195, 200, 201) über die Ähnlichkeiten und Unterschiede
zwischen den Gattungen Pinguicula, Genlisea und Utricularia u.a.:
"Both Pinguicula and Utricularia develop active traps, but both the physiology and functioning of the traps
differ much between these genera. Pinguicula are active 'flypapers' with slightly modified leaves for carnivory,
but Utricularia form suction bladders (reviewed by Lloyd, 1942; Juniper et al., 1989; Legendre, 2000). In
Genlisea a third special kind of trap has evolved – eel (lobster-pot) traps (Lloyd, 1942; Heslop-Harrison, 1975)."
(P. 200:) "… Besides having a similar architecture (basal cell, middle cell and secretory cells), the digestiveabsorptive hairs of the Lentibulariaceae present morphological and ultrastructural differences (Table 2). For
example, the middle cell in all three genera has a Casparian strip-like lateral wall, which is an apoplastic barrier,
but this cell has a highly developed wall labyrinth only in Utricularia. This is associated with rapid water
transport during removal of water from Utricularia bladders (Fineran and Lee, 1975; Fineran, 1985)."
Table 2 nach Płachno et al. 2007, p. 200:
"Comparison of some fine-structural features of digestive hairs in Lentibulariaceae (after Vintéjoux, 1974;
Beltz, 1975; Fineran and Lee, 1975; Fineran, 1985; Heslop-Harrison and Heslop-Harrison, 1981; Juniper et al.,
1989; Plachno, 2006; and the present results)":
Pinguicula
Genlisea
Utricularia
Shape
Plano-convex or concavo-convex
Cylindrical with broadened terminal parts, almost
Discoid
covered by the glandular head
Wall labyrinth
Absent
Absent
Well developed
Lateral wall
Vacuole
Casparian strip-like
Large
Casparian strip-like
Large, with osmiophilic deposits
Casparian strip-like
Inconspicous, bigger only in old hair
Protein crystal in
nucleus
Present
Absent
Absent
Shape
Forming head
Forming head
Consists of stalk terminated by arm
projecting into trap lumen
Wall labyrinth
Developed
Developed in species of subgenus Tayloria
Absent; only small wall ingrowths occur
Vacuole
Large, with osmiophilic content
Large, with one or few spherical inclusions
In the arm, large with crystal
Protein crystal in
nucleus
Present or absent
Absent
Absent
Plastids
Very large, ramifying leucoplast invested by
Small, with small starch grains
endoplasmic reticulum
Mitochondria
Numerous, with well-developed cristae
As in Pinguicula
As in Pinguicula
Discontinuous, lacking well-formed pores
Well developed, with true pores visible in both
TEM and SEM
The open structure, lacking well-formed
pores
Middle cell
Terminal cells
Cuticle
Not very conspicous
(P. 201:) "Taking together previously published work on Lentibulariaceae hairs (Fineran and Lee, 1975;
Heslop-Harrison and Heslop-Harrison, 1981; Fineran, 1985) and the present results, it is clear that the most
complicated terminal cell in the digestive hairs of this family has evolved in Utricularia. In contrast to the
sessile hairs in Pinguicula and Genlisea, in Utricularia the quadrifid and bifid terminal cells not only play a
role in secretion and absorption but also partially take over the function of the middle cell.” 174
Unter Punkt (28) haben wir mit Junker und Scherer festgestellt, dass für den Fall einer ganz
neuen enzymatischen Aktivität "eine ungefähre Zahl von 10 notwendigen Veränderungen"
notwendig ist (siehe weiter Gauger et al. 2010, Gauger and Axe 2011) und dass für die
Entstehung des bakteriellen Rotationsmotors die 'Veränderung einer enzymatischen Aktivität
je nach Ausgangsprotein noch ein vergleichsweise einfacher Vorgang ist'. "Im Fall der
Evolution von Motorproteinen [und des Fangmechanismus von Utricularia] geht es aber nicht
in erster Linie um enzymatische Aktivitäten, sondern um Strukturveränderungen von teilweise
erheblichem Umfang. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass dafür sehr viel mehr
Veränderungen als in den oben beschriebenen Beispielen notwendig sind."
174
Weitere Unterschiede: P. 201: "In mature traps of Genlisea, digestive hairs are stimulated continuously, because prey enter opened traps
all the time. Enzyme secretion occurs in the absence of prey in plants from in vitro sterile culture (Płachno, 2006; Płachno et al., 2006). For
these reasons, we suggest that digestive enzymes are continuously secreted to the trap interior (continuous digestive activity). Mucilage has
been observed inside Genlisea traps (Studnicka, 2003a; Płachno et al., 2005b). Thus, digestive pools of viscous fluid occur in Genlisea.
However, unlike in the secretory cells of mucilage glands of Drosophyllum, Drosera, Utricularia and Pinguicula (Schnepf, 1961, 1963;
Vintejoux and Shoar-Ghafari, 1997, 2005) hypertrophy of dictyosomes and large vesicles containing mucilage were not observed in
Genlisea."
102
Und zur Selektionsfrage neuer Enzyme folds kam D. Axe im peer-reviewed Journal of
Molecular Biology unter dem Titel Estimating the prevalence of protein sequences adopting
functional enzyme folds (2004) zu folgendem Schluss: "For one protein subjected to this kind
of experiment [randomize a section of this sequence to produce a great variety of altered
sequences etc., siehe oben], the conclusion was that working sequences are as rare as one in a
trillion trillion trillion trillion trillion trillion” (2009, vgl. http://www.weloennig.de/Podiumsdiskussion.pdf , p. 9).
Es bleibt also noch gründlich zu untersuchen, ob solche von MN und anderen
Autoren im Sinne des Neodarwinismus einfach vorausgesetzten und geglaubten
"Funktionswechsel", die ja nicht nur die digestive hairs betreffen, sondern nur
im Rahmen der Synorganisation der gesamten Utriculariafalle verständlich sind
(Saugmechanismus, wasserdichte Tür etc.), überhaupt noch innerhalb der
Reichweite des Faktorensystems der modernen Synthetischen Evolutionstheorie
liegen. Nach meinem bisherigen empirischen und theoretischen Forschungsstand
liegen sie deutlich außerhalb der Mutations-Selektions-Theorie.
(78) MN: "Selbst Duftstoffe und klebrige Polysaccharide sind vielfach präadaptiert."
W-EL: Sie müssen "nur" in der jeweiligen Pflanzenspezies zur richtigen Zeit
am richtigen Orte in der richtigen Menge produziert und eingesetzt werden
(entsprechend präzise raumzeitliche Expression von Regulator- und
Targetgenen). Und das alles durch Zufalls-Mutationen mit fast oder ganz
unsichtbaren Wirkungen auf den Phänotyp, die jeweils mit entscheidenden
Selektionsvorteilen verbunden gewesen sein sollen? Und überhaupt: Kommen in
Verbindung allein mit den Duftstoffen bei den Karnivoren nicht auch neue
anatomische Strukturen und Funktionen ins Spiel, die in dieser speziellen
Synorganisation unabhängig von anderen Pflanzengruppen entstanden sind und
somit nur bei ihnen auftreten (siehe z. B. zu den extrafloralen Nektarien von
Heliamphora wieder Płachno et al. 2007 b: http://www.ib.uj.edu.pl/abc/pdf/49_2/12_plachno.pdf)? 175
(79) MN: "Klebrige Drüsenhaare zur Abwehr von Schadinsekten finden sich schon bei nichtkarnivoren
Pflanzen, etwa bei Roridula. Diese Pflanze hält die Insekten mittels eines klebrigen Sekrets fest. Doch
sie kann die Insekten nicht verwerten, da Verdauungssäfte fehlen (ELLIS/MIDGLEY 1996; Abb. 48).2
An deren Stelle scheinen sich Blindwanzen der willkommenen Nahrung zu bedienen. Und siehe da –
die Formen existieren trotzdem, was nach LÖNNIG und NACHTWEY gar nicht der Fall sein dürfte!"
W-EL: Was vielmehr nach der Selektionstheorie, nach MN, Matzke,
Heilmann und Barthlott et al. "gar nicht der Fall sein dürfte". Denn Roridula
kommt selbstverständlich ebenfalls zusammen mit zahlreichen weiteren
Pflanzenarten (mit und ohne klebrige Sekrete) in Südafrika176 vor,
einschließlich "weiterentwickelter" Karnivoren (wie Drosera cistiflora, D.
175
Hier liegen noch weitere Forschungsaufgaben bereit, denn meines Wissens ist erst ein Teil der Duftstoffe chemisch gründlich analysiert
worden. Bei einem nicht unbekannten Tier, der Giraffe, wurde als Duftstoff unter anderem 3,5-androstadien-17-one entdeckt, a "compund
that has not previously been identified from a natural source" – Wood and Weldon 2002, p. 913; siehe
http://www.weloennig.de/GiraffaZweiterTeil.pdf. Aber immerhin fanden z. B. Jaffe et al. (1995) Folgendes: "Examination of Heliamphora
heterodoxa and H. tatei from the Guayana Highlands of Venezuela reveals that the enol diacetal monoterpene, sarracenin, is the major
volatile compound present in the spoon-shaped structures of leaves of the pitchers. In addition, erucamide, phenol, cinerone,
phenylacetaldehyde, and a series of methyl esters also occur in extracts of the spoon-shaped appendages of pitchers at the time during which
they attract insects." Miles et al, (1976) nannten Sarracenin "An unusual enol diacetal monoterpene". 1997 ist die Totalsynthese von +/Sarracenin gelungen (Chang et al. 1997). Es ist zu erwarten, dass im Zuge der weiteren Forschung auch bei den Karnivoren in dieser Frage
noch einige überraschende Ergebnisse erzielt werden – über viele Homologien hinaus auch neue Strukturen.
176
http://www.hartmeyer.de/pl.htm
103
capensis, D. aliciae, D. cuneifolia, D. indica, D. nidiformis, D. slackii, D. regia,
D. venusta, Utricularia bisquamata, U. sandersonii) zum großen Teil sogar am
selben Standort.177 "They grow alongside many carnivorous plants such as
Drosera, and like plants in that genus, capture bugs on their sticky leaves" –
Barry Rice 2005/2009. 178 ("...the very process of natural selection almost implies the
continual supplanting and extinction of preceding and intermediate gradations."
"…old forms will be supplanted by new and improved forms" – Darwin). 179
Weiter ist die Aussage, dass Roridula "die Insekten nicht verwerten" kann, "da
Verdauungssäfte fehlen", überholt.180 Nach den neueren Untersuchungen von
Płachno et al. (2006) produziert Roridula Phosphatasen und überdies ist mineral
uptake (N, P, K and Mg) von Drosophila prey nachgewiesen (Płachno et al. 2009).
"Byblis and Roridula are usually considered as "proto-carnivores". However, we found high activity of
phosphatases in both species. Thus, they should be classified as true carnivores” (Płachno et al. 2006, p. 813).
Überdies stellen die neueren molekulargenetischen Forschungsergebnisse die
vermuteten Abstammungsverhältnisse auf den Kopf (Stevens 2007). Der
Fangmechanismus von Roridula ist demnach auf komplexere Tierfallen
(Schlauchfallen) zurückzuführen (was zumindest sehr gut zu den schon mehrfach
erwähnten Familien passt, die die Karnivorie sekundär verloren haben:
Dioncophyllaceae und Ancistrocladaceae; dagegen sprechen jedoch u. a. die resin
glands; vgl. pp. 212/213). Ellison und Gotelli berichten zusammenfassend (2009,
pp. 22/23):
"The three remaining carnivorous dicot families – Roridulaceae, Sarraceniaceae, and Cephalotaceae –
illustrate variations on the convergent theme of trap evolution. Based on rbcL and 18S rDNA analyses, the
African endemic Roridulaceae (two species) was considered to be the sister to the American Sarraceniaceae
(three genera, 27 species) in the Ericales (Albert et al., 1992; Conran and Dowd, 1993). However, the current
placement of these two families in the overall angiosperm phylogeny (Stevens, 2007) reverses this, and has the
Sarraceniaceae with its pitcher traps sister to a clade containing the sticky-leaved Roridulaceae and the noncarnivorous Actinidicaceae. If this placement is confirmed, it would represent one instance among carnivorous
plant lineages of morphologically more complex traps (here, pitchers) being ancestral to simpler sticky traps.
Similarly, the Australian endemic Cephalotus follicularis (Cephalotaceae) has no apparent sticky-leaved ancestor
(Fig. 1)." (And p. 26): "The available phylogenetic data suggest that in all carnivorous lineages except perhaps
the Sarraceniaceae/Roridulaceae clade (Fig. 1), complex traps (pitchers, eel traps, bladders) are derived relative
to sticky-leaved, flypaper traps (Ellison and Gotelli, 2001)."
Auch die Fußnote 2 von MN dürfte damit z. T. überholt sein. 181
(80) MN: "Der daran anknüpfende Evolutionsschritt bestand ganz offensichtlich in der Differenzierung
der Drüsenhaare, wobei einige Drüsenhaare zusätzlich Verdauungssekrete absondern, um die
festsitzenden Insekten zu zersetzen (HEUBL et al. 2006, 827, Fig. 6)."
177
178
http://www.sarracenia.com/faq/faq7510e.html
http://www.sarracenia.com/faq/faq5500.html (Der Rest ist zum Teil überholt, genauso wie die Beschreibung in der Wikipedia, Zugriff 15. 3. 2010: "Roridula has a more
complex relationship with its prey. The plants in this genus produce sticky leaves with resin-tipped glands that look similar to those of larger Drosera. However, the resin, unlike mucilage,
is unable to carry digestive enzymes. Therefore, Roridula species do not directly benefit from the insects they catch. Instead, they form a mutualistic symbiosis with species of assassin bugs
that eat the trapped insects. The plant benefits from the nutrients in the bugs' feces.")
179
Wenn man hier vielleicht auch an eine sekundäre Annidation denken könnte, so stellt sich dennoch die Frage, warum die Falle nicht nur
nicht weiterentwickelt, sondern vielleicht sogar rückentwickelt wurde.
180
Und damit zum Teil auch die darauf aufbauenden Hypothesen von Barthlott et al. (2004, p. 54).
181
"Neuere molekularphylogenetische Untersuchungen legen ein Schwestergruppenverhältnis zwischen Roridula und der Gruppe der Sarraceniaceae nahe (ELLISON/GOTELLI 2001).
Nach Ansicht der Autoren scheint die Evolution aller komplexeren Fallentypen mit einer Blattfalle ihren Anfang genommen zu haben, wenngleich verschiedene Karnivoren-Gruppen
unabhängig voneinander entstanden sind (s. BARTHLOTT et al. 2004, 57)." (Die Konvergenz trifft natürlich weiterhin zu.)
104
W-EL: An eine solche Verlustmutante kann schlecht ein weiterer
"Evolutionsschritt" anknüpfen. Und falls die neueste Deutung nicht zutrifft:
Welche unwahrscheinliche Serie empirisch bisher völlig unbekannter "Kleinst"Mutationen sollte das mit jeweils entscheidenden Selektionsvorteilen
bewerkstelligt haben? Ist die Frage berechtigt, ob sich Heubl und MN hier
wieder etwas vorstellen bzw. sich wieder etwas ausdenken, "was als möglich
erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen Wirklichkeit zu schließen" (K. E.
von Baer, siehe oben)?
(81) MN: "So ist die Gattung Byblis (Regenbogenpflanze) Roridula strukturell ähnlich. Sie ist ein
nächster Verwandter von Pinguicula und kann auch funktionell als Vorstufe der Blattfalle von
Pinguicula aufgefasst werden."
W-EL: Wie zum Punkt (79) aufgeführt, wurde auch für Byblis "a high activity
of phosphatases" nachgewiesen (und weitere Verdauungsenzyme); sie kann daher
nicht als funktionelle Vorstufe zur Blattfalle von Pinguicula aufgefasst werden.
Überdies zeigt die zu den "lebenden Fossilien" zählende Byblis eine geradezu
ungeheure Konstanz der Gattung über große Zeiträume (Middle Eocene: "37 to
49 million years ago" 182) (vgl. Punkt 59 oben). Sie war damit ausgesprochen
resistent gegen jede weitere Evolution.
Sie ist weiter auch nach evolutionstheoretischen Voraussetzungen keineswegs
der "nächste Verwandte von Pinguicula". Ellison and Gotelli bringen die
neueren Untersuchungen auf folgenden Nenner (2009, p. 22).
"…contrary to Albert et al. (1992), it is clear that the other carnivorous family in this order, the Byblidaceae
(fide P1achno et al., 2006), is neither directly ancestral to the Lentibulariaceae nor even closely related to it (Fig.
1)."
Müller et al. heben dazu weiter folgende Punkte hervor (2006, p. 749):
"A recent analysis of matK could not establish the closest relatives with confidence and, using topological
tests, rejected the scenario of proto-carnivorous genera in Lamiales (Byblis or Ibicella) being closest relatives. In
consequence, the scenario of a single evolutionary gain of key components of the carnivorous syndrome in the
order was rejected, and a parallel acquisition of preadaptations to carnivory was favoured by the data (Müller et
al., 2004). Differences in gland morphology support parallel acquisition of carnivorous traits in Byblis
(Byblidaceae), Ibicella (Martyniaceae), and Lentibulariaceae. Digestive glands in all three genera of
Lentibulariaceae are attached to vessels, unlike secretory glands of Byblidaceae and Martyniaceae that rest on
at least two epidermal cells."
V o r diesen neueren Forschungsergebnissen konnte Byblis vielleicht noch
rein funktionell als Vorstufe betrachtet werden, etwa so wie ein Motorrad zum
Automobil, über eine intelligenzlose Entstehung der Blattfalle von Pinguicula
aber sagte auch diese vermeintliche "Vorstufe" noch gar nichts.
(82) MN: "Byblis produziert wie Roridula ein klebriges Sekret, besitzt aber auch Verdauungsdrüsen,
deren Sekret die Chitinpanzer der Insekten zerstören kann. Allerdings fand man in dem Sekret weder
Enzyme noch Bakterien, die einen Verdauungsprozess ermöglichen. Vielmehr scheint hier ein
symbiotischer Pilz (!) für die Verdauung der Nährstoffe zuständig zu sein."
W-EL: Selbst unter diesen Voraussetzungen wäre Byblis somit keine Vorstufe
im eigentlichen Sinne gewesen; denn wer hatte schon einen 'symbiotischen Pilz'
182
K. M. Edgar (2008): http://eprints.soton.ac.uk/65670/
105
für die Verdauung als funktionale Vorstufe vorausgesagt? Tatsächlich produziert
Byblis jedoch Phosphatasen. Auch Barthlott et al. erwähnen 2004, p. 84, für
Byblis "Verdauungsenzyme" (siehe auch unten p. 208).
(83) MN: "An diesen Fallentyp können sich sukzessive weiter Differenzierungsschritte anschließen, z.
B. solche, die eine Ausschüttung von Enzymen sowie die Nutzbarmachung der Nährstoffe mittels
Aufnahme durch die Haarspitzen zur Folge haben."
W-EL: Roridula und Byblis entfallen dafür ohnehin aufgrund ihrer speziellen
Blattanatomie (vgl. p. 214). – Rein gedanklich geht das alles völlig mühelos.
Ganz anders sieht die Situation jedoch aus, wenn das einmal mit Mutation und
Selektion empirisch verifiziert werden sollte, denn Differenzierungsmutationen
sind unbekannt (Remane). Es geht hier immerhin um die Produktion und
Ausschüttung hochkomplexer Enzyme (a) am rechten Ort (b) zur rechten Zeit (c)
in der richtigen Menge (d. h. wieder raumzeitlich koordinierte Expression von
Regulator- und Targetgenen) und überdies um (d) die Nutzbarmachung der
Nährstoffe mittels Aufnahme durch die "Haarspitzen". Dazu gehört
selbstverständlich auch ein entsprechendes, für diese Funktionen zielorientiertes,
System von Sensoren. Doch im Traumland der Evolution geht alles von selbst,
und MN und andere ziehen die spezifischen Verdauungsenzyme aus den
Blättern der Pflanzen wie der Zauberer das Kaninchen aus seinem Hut. Und
dazu auch noch gleich die Verwertung der Nährstoffe, d. h. den gesamten
Verdauungsprozess.
Ich möchte noch einmal betonen, dass für eine ernsthafte Forschung hier noch
eine Serie von Aufgaben bereitsteht, um die Möglichkeiten und Grenzen der
Theorie für diese und weitere Fragen genau auszuloten.
(84) MN: [Nach Hinweis auf Abb. 49: "Schema der verschiedenen Fallentypen. Umgezeichnet nach
Matzke 2005. "] "Ein späteres Einrollen der Blätter markierte dann vermutlich den Übergang zu einer
Art Grubenfalle usw. usf."
W-EL: "Vermutlich" – "…. dass sie sich etwas ausdenken, was als möglich
erscheint, um daraus ohne weiteres auf dessen Wirklichkeit zu schließen".
Tatsache ist jedoch Folgendes: "Neue Arten sind experimentell weder durch die
schrittweise Anhäufung von Genmutationen noch durch die Induzierung
einzelner progressiver Mutationen hergestellt worden" (Gottschalk; siehe
Leitgedanken oben).
(85) MN: "Weitere Informationen zur Phylogenie der karnivoren Pflanzen finden sich in BARTHLOTT
et al. 2004; MÜLLER et al. (2006); HEUBL et al. (2006)."
W-EL: Zu Barthlott et al., deren phylogenetische Thesen denen von MN in
mehreren Punkten widersprechen, vgl. die detaillierte Diskussion unter Punkt
(67) oben. Alle Autoren arbeiten mit zahlreichen unbewiesenen
Voraussetzungen im Sinne der herrschenden Theorie ("The ensemble of these
discussions has thus somewhat the appearance of an immense vicious circle,
where one takes for granted the thing that has to be proven" – Caullery, siehe
oben).
(86) MN: "Fazit: Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse sprechen dafür, dass eine kumulative
Evolution der karnivoren Pflanzen, einschließlich Utricularia, möglich ist."
106
W-EL: Ich habe gegen die Idee einer kumulativen Evolution "über tausend
kleine Entwicklungsschritte" bereits zahlreiche genetische, selektionstheoretische, ökologische und paläontologische Gegenargumente und Tatsachen
aufgeführt sowie Vorschläge für die weitere Forschung zu offenen Fragen
gemacht. Daher mein Korrekturvorschlag: Die aktuell vorliegenden
Erkenntnisse sprechen dafür, dass eine kumulative Evolution der karnivoren
Pflanzen, einschließlich Utricularia denkbar unwahrscheinlich ist. Hingegen
im strengen Sinne einen "Unmöglichkeitsbeweis" zu führen, liegt außerhalb der
Naturwissenschaft. Es wäre hingegen sehr aufschlussreich, von MN und
weiteren Autoren klare Falsifikationskriterien für ihre Theorie zu hören.
(87) MN: "Kein heute bekannter Befund scheint einer sich in mehreren Schritten vollziehenden
Evolution – bei voller Gewährleistung von Funktionalität und Adaptivität – im Wege zu stehen."
W-EL: Könnte man nicht vielleicht besser sagen, dass gemäß der Zielsetzung
von MN, der Rechtfertigung des atheistischen Weltbilds, kein heute bekannter
Fund seinen Evolutionsvorstellungen im Wege stehen darf? Die Realität sieht
anders aus (siehe oben). Tatsächlich stehen ganze Serien von bekannten
Befunden der Entstehung der Karnivoren durch "zufällige Mutation und
Selektion über tausende kleine Entwicklungsstufen" im Wege.
(88) MN: "Arten wie Roridula gorgonias, Byblis gigantea, Heliamphora tatei, Sarracenia purpurea
und Utricularia multifida belegen auf eindrucksvolle Weise, dass auch komplex gebaute Organe
keineswegs durch eine spontane (Syn-) Organisation aller für die Funktion wesentlichen Komponenten
entstehen müssen."
W-EL: In dieser Auflistung finden sich nun wieder nicht nur mehrere
fragwürdige Voraussetzungen, sondern auch "falsche Tatsachen" ("false facts"
im Sinne Darwins), denn: (a) Roridula zeigt "a high activity of phosphatases"
(und Nachweis von mineral uptake (N, P, K and Mg) von Drosophila prey bei Roridula ohne Symbionten)
und ihr Fangmechanismus wird gemäß Stevens 2007 auf komplexere Tierfallen
(Schlauchfallen) zurückgeführt, (b) Byblis produziert ebenfalls Phosphatasen
und weitere Enzyme und zeigt wie Sarracenia eine evolutionär völlig
unerwartete aber geradezu ungeheure Konstanz der Formen über große
Zeiträume, (c) Heliamphora tatei "does produce its own enzymes" (und ist generell
keinesweg primitiv, sondern hochspezialisiert), (d) auch Sarracenia purpurea zeigt in der
Enzymproduktion ein geniales Design ("false fact", dass S. purpurea keine
Enzyme produziert), und (e) an dieser Stelle der Aufführung geht MN davon
aus, dass Utricularia multifida nur einen Tunnel mit permanent geöffneter Tür
besitzt (another "false fact"), was bereits in den 1930er Jahren widerlegt wurde
(vgl. http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf und unten pp. 204-207).
Aber nehmen wir einmal an, es würde sich um eine Ähnlichkeitsreihe ohne
"false facts" und innerhalb ein und derselben Karnivorenfamilie handeln. Die
Fragwürdigkeit der Methode evolutionärer Beweisführung würde auch in
diesem Falle mit der folgenden Veranschaulichung deutlich werden:
107
Ableitung der Gabel vom Messer über den Löffel und Sonderentwicklung der Suppenkelle über den
Tortenheber. Man beachte besonders die schrittweise Vervollkommnung in der Gabelentwicklung von der 2zinkigen Fleischgabel (D) über die 3-zinkige Kuchengabel (E) zur 4-zinkigen Essgabel (F). Das Salatbesteck (C)
ist das Bindeglied zwischen Löffel (B) und Fleischgabel (D) (Mosaikevolution!). Man braucht nur
vorauszusetzen, dass sich alles vom primitiven Messer ableitet. Und rechts daneben als zweites Beispiel diene
uns eine als evolutionäre Serie interpretierbare Anzahl unterschiedlicher Geländewagen. 183
Überdies kann man die Evolution mit der von MN praktizierten
Ähnlichkeitsmethode auch in umgekehrter Richtung verlaufen lassen, was auch
tatsächlich schon vorgeschlagen wurde.
Ellison und Gotelli fassen diesen Punkt wie folgt zusammen (2009, p. 22):
"…Croizat (1960) asserted a common origin for all carnivorous plants and placed them close to the base of
the entire angiosperm lineage. Croizat (1960) asserted that the Lentibulariaceae, and in particular Utricularia,
was the basal angiosperm group, with morphological evolution proceeding from the relatively amorphous
Utricularia with its vestigial leaves, stems, and roots that are barely distinguishable from one another, to plants
with more differentiated characters including cladodes, shoots, and leaves. In Croizat's view, Nepenthes was
derived directly from Utricularia.” 184
Für den Ansatz des schrittweisen Abbaus komplexer Fangapparate könnte man
auch zahlreiche Beispiele von Funktionsverlust-Mutanten im Pflanzenreich
aufführen (vgl. die Ausführungen zum Punkt (64), speziell die Fußnote zum
183
Man hört hierzu regelmäßig den Einwand, dass sich die von Menschen erschaffenen Werkzeuge, Autos und kybernetischen Systeme nicht
fortpflanzen können. Dabei wird völlig übersehen, dass Mitose und Meiose selbst ungeheuer komplexe kybernetische Systeme darstellen,
deren erfolgreiche Funktion unter anderem das genauestens koordinierte Zusammenspiel von Hunderten von Genen erfordern. Das
synorganisierte Zusammenspiel einer Vielzahl von physiologischen und anatomischen Strukturen zur Fortpflanzung bei komplexeren
Organismen sei dabei nur am Rande erwähnt. Zur Mitose bemerkt J.R. Broach 1986, p. 3 (Cell 44, 3 - 4): Segregation of a complete set of
chromosomes to each daughter cell prior to cell division is a mechanistically complex but extremely faithful process. It requires the precise
assembly of several intricate structures, including mitotic chromosomes and the spindle apparatus, and an exact dynamic interplay of these
structures. The result is as beautiful to observe as it is difficult to fathom at the molecular level. Despite this complexity mitosis proceeds
with high fidelity; the frequency at which a cell fails to transmit one of the complement chromosomes is in yeast, less than once per 105 cell
divisions. Wie die Abbildung von p. 102 unten lehrt, kann selbst eine problemlose Abstufung, d.h. ohne größere Diskontinuitäten durch
starke Komplexitätszunahme innerhalb der Serie, allein noch nicht die realgenetische Abstammung beweisen. Alle nur denkbaren
Formenmannigfaltigkeiten wie Schneekristalle, geometrische Figuren, Musikinstrumente, Schreibmaschinen, Flugzeuge etc. kann man in
kontinuierliche Serien mit steigender Komplexität anordnen (worauf im Prinzip schon Galton hingewiesen hat) und mit der Anordnung die
Selbstorganisation der Formenreihe durch rein physikalische Gesetzmäßigkeiten über die Zwischenstufen postulieren. Es sind jedoch die
Transformationen selbst, die bewiesen werden müssen. Dass Organismen dynamische Systeme sind und sich fortpflanzen - ein häufig an
dieser Stelle erhobener Einwand - ändert an der Sachlage nichts (siehe auch pp. 42/43). Solange die postulierten Aufbau-, Evolutions- und
Transformationsprozesse durch Mutation und Selektion nicht nachgewiesen werden können, liegt die Evolutionsmethodik bei den eben
genannten Beispielen und den Organismen logisch auf der gleichen Ebene (vgl. http://www.weloennig.de/AuIIMoIII.html).
184
Ellison und Gotelli fahren fort (2009, p. 22): "Although the scant fossil record of carnivorous plants does suggest a long evolutionary
history for at least some taxa (Thanikaimoni and Vasanthy, 1974; Li, 2005; Heubl et al., 2006), modern phylogenetic analyses of molecular
markers and DNA sequences suggest that carnivorous plants are highly derived, polyphyletic taxa. " – Hier widersprechen sich übrigens die
oben genannten Kreide-Funde aus der Familie der Sarraceniacae (auf 124, 6 Millionen Jahre datiert) und die molekularen Befunde einer
späten Ableitung der Karnivoren.
108
Thema Degeneration). MNs Funktionsserie zur Evolutionsfrage in Kombination
mit den Ausführungen von Barthlott et al. 2004 (ohne Korrektur der "false
facts" und weiteren Fehldeutungen der Autoren, die ich oben diskutiert habe)
sähe dann wie folgt aus:
Funktionale Degenerationsstufen bei den Karnivoren:
Utricularia vulgaris → U. multifida → Sarracenia purpurea → Heliamphora
tatei → Pinguicula utricularioides → P. agnata → Byblis gigantea → Roridula
gorgonias → Plantago major 185
Dabei ist es für mich beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit Croizat die
Gattung Nepenthes von Utricularia ableitet (Croizat 1960, p. 181/182):
"The difference in all these regards between Nepenthes, and Utricularia and other lentibulariaceous genera is
in every respect one of degree, not at all one of kind. The ''runner'' which in the latter aggregate becomes by easy
steps under our own eyes ''cladode'' and ''leaf'' (cf., e.g., U. alpina/Pinguicula vulgaris) is by now fully fixed as
''foliage'' in Nepenthes… .the interrelations between ''foliage'' and ''stem'' turn out to be far more complicated in
Nepenthes than they are in the simplest forms of the Lentibulariaceae [i.e., Utricularia]." 186
Da solche Formen jedoch 124,6 Millionen Jahre konstant sein können, ist
letztlich die eine Deutung so unzureichend wie die andere, von der möglichen
Degeneration innerhalb der Grundtypen einmal abgesehen.
(89) MN: ""Halbfertige" oder suboptimale Strukturen haben vielfach schon ihren Nutzen oder werden
von der Selektion zumindest nicht per se wegrationalisiert."
W-EL: Dass suboptimale Strukturen von der Selektion nicht wegrationalisiert
werden, steht – wie oben ausführlich begründet – im kategorialen Widerspruch
zur Selektionstheorie. Tatsache ist jedoch, dass die unterschiedlichen
Differenzierungsstufen der Karnivoren zum großen Teil sogar gemeinsam am
selben Standort auftreten ("in the same area and in the same circumstances" –
Bateson) und überdies auch zusammen mit zahlreichen nichtkarnivoren
Pflanzenarten ("The control of Selection is loose"). Die Selektion kann daher
allein schon aus diesem Grund nicht die Rolle in der Artbildung spielen, die
ihr von der modernen Synthetischen Theorie zugeschrieben wird.
(90) MN: "Dass die heutigen Erkenntnisse erst einen kleinen Teil der für eine zureichende Erklärung
erforderlichen Randbedingungen liefern, ist freilich unbestritten."
W-EL: Ich bin jetzt doch etwas überrascht. Ist das der Gesamteindruck, den
der Artikel dem Leser vermittelt? Oder doch eher, dass wir (im Prinzip
zumindest) im naturalistischen Sinne schon alles wissen und dass ID daher gar
nicht in Frage kommen kann, ja völlig überflüssig ist? In seiner Rezension im
Laborjournal (12/2009, pp. 54/55) antwortet Hubert Rehm auf den Einwand einer
Bekannten, sie glaube nicht an die Evolution, "weil sie sich nicht vorstellen
könne, wie so etwas kompliziertes wie das Auge durch Zufall entstanden sein
könne" unmissverständlich: "Kann es doch!" Das heißt, das Auge kann durch
185
186
Oder andere Spezies mit normalen Laubblättern, die in Ausnahmefällen auch tütenförmig sein können.
Zitiert nach Ellison und Gotelli 2009, p. 22. Ich selbst hatte mir die Originalarbeit von Croizat vor einiger Zeit über die Fernleihe
ausgeliehen, ich habe aber meine Kopien zur Zeit verlegt.
109
Zufall entstehen und MN hat dafür die Argumente geliefert. "Alles was man
dazu braucht sind zwei Annahmen", nämlich Funktionsänderungen im Laufe der
Evolution und Doppelfunktionen (p. 54). Aber das ist nun wirklich nichts Neues,
so hat Darwin schon vor 150 Jahren argumentiert. 187
(91) MN: "Worauf die Abweichungen in Form und Funktion der verschiedenen Fallen im Einzelnen
zurückzuführen sind, ist heute noch weitgehend unklar."
W-EL: Und gerade auf die kommt es an, wenn man überzeugend
argumentieren möchte, dass die Synthetische Theorie mit Sicherheit zutrifft.
Heißt das Kapitel der Autoren denn nicht: "Was die Selektion angeblich nicht
leisten kann…."? Wieso kann die Selektion denn alles schon leisten, wenn es
heute noch weitgehend unklar ist, worauf die Abweichungen in Form und
Funktion der verschiedenen Fallen im Einzelnen zurückzuführen sind?
(92) MN: "Doch spricht vieles dafür, dass die Evolution von Utricularia im Wesentlichen auf
Änderungen der Genregulation und nicht auf radikale genetische Neuerungen zurückzuführen ist."
W-EL: Was ist "vieles"? Die Änderungen müssen jedenfalls derart "radikal"
sein, und zwar sowohl bezüglich der Regulator- als auch der Targetgene, dass
nach allen bisherigen Daten keine Sättigungsmutagenese auf dieser Welt eine
"ursprüngliche" Pinguicula-Art in einen Genlisea- oder Utricularia-Typus oder
sonst eine völlig neue in der Natur beständige Art umwandeln könnte.
(93) MN: "Eine Reihe von Konzepten liefert neue Impulse für das Verständnis der Evolution von
Utricularia, …"
W-EL: MN setzt dabei wieder das voraus, was er beweisen soll: Die
Evolution von Utricularia gemäß den uns bekannten physikochemischen
Gesetzlichkeiten. In der Reihe von Konzepten, die völlig neue Impulse für die
Entstehung Utricularias liefern, schließt MN überdies intelligentes Design von
vornherein und kategorisch aus, völlig zu Unrecht, wie die Fakten zeigen (siehe
pp. 118, 155-157).
(94) MN: "… - wie etwa der Kontinuumsansatz der "Fuzzy Arberian Morphology". Diesem Konzept
zufolge sind die Grundorgane der Sprosspflanzen wie "Blatt", "Sprossachse", "Wurzel" usw. nicht
scharf gegeneinander abgegrenzt, sondern bilden oft ein Mosaik verschiedener Strukturkategorien
(RUTISHAUSER/ISLER 2001; RUTISHAUSER 2005).
W-EL: Mit den Beiträgen von Rutishauser und Isler (2001) und Rutishauser
(2005) 188 verlässt MN nun vollends den Erklärungsmodus des Darwinismus und
der Synthetischen Evolutionstheorie, den er gemäß dem Titel des Buches und
der Kapitelüberschrift verteidigen wollte ("Darwins religiöse Gegner…"/ "Was
die Selektion angeblich nicht leisten kann…"). Von Selektion ist in den
Beiträgen von Rutishauser nicht die Rede und auf die Frage nach der Entstehung
des Fangmechanismus von Utricularia gehen die Autoren nicht ein, auch nicht
187
Man kann damit praktisch jeden noch so vernünftigen und an sich völlig richtigen Einwand zu einer Evolutionsthese mit noch
unbekannten Funktionsänderungen und/oder Doppelfunktionen immunisieren. Die Theorie wird dann jedoch unwiderlegbar und liegt in der
Anwendung dieser Methode außerhalb der Naturwissenschaft (Popper). Wo bleiben klare Falsifikationskriterien für die hier postulierte
Evolution?
188
http://www.systbot.uzh.ch/static/personen/rolf_rutishauser_assets/Misfits.pdf
110
in Rutishauser 2004 189 und Rutishauser et al. 2007190.
Mit anderen Worten: Mit dem Kontinuumsansatz 191 der "Fuzzy Arberian
Morphology" und der Auflösung der Begriffe der klassischen Morphologie wird
kein einziger von Nachtweys Einwänden konkret angesprochen.
Wir erinnern uns (jetzt nur Hauptpunkte):
"Nun mögen uns die Darwinisten erklären, wie man sich die Bildung des Wasserschlauchbläschens aus einem
Blattzipfel vorstellen soll. Welche richtungslose Mutation soll im normalen Blattzipfel zuerst erfolgt sein und
dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben? Hatte sie diesen nicht, so ging sie als belanglos verloren. …
[S]elbst eine vollkommene Kastenfalle mit der erstaunlichsten Fähigkeit, blitzschnell Tiere zu erbeuten, hätte
ohne Verdauungssäfte nicht den geringsten Wert im Daseinskampf, weil die Beute nicht verdaut würde. Was
aber soll es andererseits einem gewöhnlichen Blattzipfel [oder "a simple open trap"] nützen, wenn er noch so
wirksame Verdauungssäfte ausscheidet, er kann ja die Beute nicht festhalten, was unbedingt nötig ist. … Die
gelösten Eiweißstoffe müssen ja auch aufgesogen und in arteigenes Pflanzeneiweiß verwandelt werden. … Die
Bildung des Wasserschlauchbläschens erfordert also das vollendet harmonische Zusammenspiel vieler
verschiedenartiger Gene und Entwicklungsfaktoren. Erst mit dem Endeffekt wird der Nutzen für den
Daseinskampf erreicht, nicht aber mit irgendeiner Entwicklungsstufe" (von Nachtwey kursiv).
Darüber hinaus rechnen Rutishauser und Isler (2001) mit 'Makromutationen'
für die Ableitung der Gattung Utricularia von einem "Pinguicula-like ancestor"
(zweimal p. 1197) 192, mit denen sie den Ursprung der Falle offenbar einfach
implizieren:
"According to Jobson and Albert (2001), Utricularia features such as 'rootlessness, asymmetrical phyllotaxy
and leaf-shoot indistinction resemble phenotypes of known auxin transport mutants, suggesting that one or few
genes of large effect could underlie bladderwort developmental release'. New developmental genetic studies
may finally show whether the hypothesis of 'root loss' (as proposed again by Albert und Jobson, 2001) or that of
'exogenous leaf formation by transformed roots' best explains the evolution of the unique body plans of the
Genlisea-Utricularia clade from ancestral asterids with a typical body plan!"
Mit Nachtwey könnte man für diesen Ansatz zum Beispiel fragen: "Welche
richtungslose Makromutation soll im normalen Pinguicula-Blatt zuerst erfolgt
sein und dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben?...."
189
http://www.systbot.uzh.ch/static/personen/rolf_rutishauser_assets/Leiner.pdf
http://www.systbot.uzh.ch/static/personen/rolf_rutishauser_assets/Pub_EDB_CUP_2008.pdf
191
Dieser Kontinuumsansatz bezieht sich auf die Begriffe und scharfen Abgrenzungen der klassischen Morphologie (Achsenkörper,
Blätter, Wurzeln), nicht auf die Entstehung der Arten und Formen über eine kontinuierliche Serie von Tausenden von Zwischenformen. Für
die Typologie der klassischen Morphologie sei hier kurz Troll aus seinem Lehrbuch zitiert (1973, p. 20; Hervorhebungen im Schriftbild von
Troll): "Kennzeichnend für die Urgestalt der Samenpflanzen ist die Ausbildung von drei und nur drei Organarten, die in mannigfach
veränderter Form im Aufbau des Vegetationskörpers immer wiederkehren und deshalb Grundorgane genannt werden. Es handelt sich um
den Achsenkörper, die Blätter und die Wurzeln. Der Bauplan dieser Pflanzen ist nun durch die Art und Weise gegeben, wie sich die
Fundamentalorgane miteinander zum Ganzen der Organisation verbinden (Abb. 8 I).
[Weiter Troll] Der Achsenkörper, die sogenannte Sproßachse, kurz auch nur als Achse bezeichnet, bildet das Gerüst des ganzen Aufbaues. Die
Blätter, Organe von meist flächenhafter Gestalt, gehen aus ihm als seitliche Ausgliederungen hervor. Als Seitenorgane der Achse bilden sie
mit dieser zusammen den Sproß oder Trieb, der gewöhnlich am Licht und an der Luft vegetiert bzw. bei Wasserpflanzen ganz oder teilweise
untergetaucht lebt. Die Wurzeln endlich, die sich im Boden zu entwickeln pflegen, sind an sich achsenartig gestaltet. Darin erinnern sie
an die Sproßachse, der gegenüber sie jedoch niemals Blätter hervorbringen. Gewöhnlich geben sie den einfachen Anfangszustand frühzeitig
auf, indem sie zur Ausbildung von Verzweigungen schreiten, die im Unterschied zu ihrem Mutterorgan, der Hauptwurzel, als
Nebenwurzeln (Radicellen) bezeichnet werden; und da diese Seitenorgane der Hauptwurzel darstellen, so nennt man sie auch
Seitenwurzeln. An ihnen wiederholt sich das Verhalten der Hauptwurzel, was zur Entstehung von Nebenwurzeln zweiter Ordnung und im
Fortgang der Ramification von solchen höheren Grades führt. Insgesamt kommt auf diese Weise ein Wurzelsystem zustande, d. h. ein
Verband von Wurzeln, der auf die Verzweigung einer anfänglich einfachen Wurzel zurückgeht. Charakteristisch für die Nebenwurzeln
aller Grade ist ihr e n d o g e n e r U r s p r u n g. Sie werden nämlich im Inneren der jeweiligen Mutterwurzel angelegt, aus der sie
beim Beginn ihres Längenwachstums nach außen hervorbrechen. …. Die Grenze zwischen Achse und Primärwurzel bildet der Wurzelhals
(engl. root neck). Dessen Lage lässt sich aus der Verzweigung der Primärwurzel bestimmen. Die Seiten- und Nebenwurzeln, die mit der
Primärwurzel zusammen das Primärwurzelsystem aufbauen, reichen nämlich in ihrer Gesamtheit nicht über die Halsregion empor."
192
Sie gehen also nicht den Umweg über einen Genlisea-Typus.
190
111
In jedem Falle würde es sich um die vom Neodarwinismus vehement
abgelehnten 'Makromutationen' handeln. Die Gründe dafür haben wir oben
ausführlich diskutiert (u. a. 'Gefahr' der Teleologie). Das anatomischphysiologisch und genetisch synorganisierte System der Saugfalle Utricularias
ist jedoch (auch im doppelten Sinne) weder mit der einen noch mit der anderen
Hypothese auch nur ansatzweise erklärt ('root loss' vs. 'exogenous leaf formation
by transformed roots' und Neodarwinismus vs. Hopeful-Monster-These).
(95) MN: "Die Ursache ist eine Verlagerung von Organen an untypische Stellen im Organismus
(Heterotopie), was aufgrund der geringen Komplexität und des modularen Baus der Pflanzen allgemein
recht häufig auftritt."
W-EL: Zur "geringen Komplexität" der Pflanzen: Um nur einmal eine Idee
zur erstaunlichen Komplexität der Pflanzen zu vermitteln, gebe ich die
Abbildung "Flower Developmental Pathways" von Miguel A. Blázques aus dem
Journal of Cell Science 113, pp. 3547-3548 (2000) hier wieder:
Vgl. die Originaldaten mit der Aufführung der Namen der einzelnen Gene und Proteine sowie die References
rechts unter http://jcs.biologists.org/content/vol113/issue20/images/large/JCS8511F1.jpeg. Das Bild ist inzwischen noch komplexer
geworden. Zahlreiche Targetgene sind noch unbekannt.
Es gibt Gründe für die These, dass wir im Laufe der weiteren Forschung zum
Thema Developmental Pathways zur Entstehung der Saugfalle von Utricularia
zu einem ähnlich (wenn auch nicht ganz so) komplexen Bild gelangen werden.
Im Gegensatz zu MN schießt sein gelegentlicher Koautor A. Beyer in der entgegengesetzten Richtung über das Ziel
112
hinaus, wenn er (2007, p. 137) behauptet, dass "die meisten Pflanzen […] biochemisch komplexer als alle Tiere" seien:
"In einem einzigen, beliebigen Ackerkraut findet man eine komplexere Biochemie als in sämtlichen Tieren
zusammen." T. Syed kommentierte (2009, p. 8): "Dies kann beim besten Willen nicht mehr als "Populärwissenschaft"
entschuldigt werden: Es ist – wenn überhaupt – nur schlechte Wissenschaft."
Zurück zu MN: "Allgemein recht häufig" dürfte übertrieben sein. Aber noch einmal:
Heterotopie als bedeutende Evolutionsursache ist das Gegenteil dessen, was der
Darwinismus und die Synthetische Evolutionstheorie bis heute lehren und was MN
vorgibt zu verteidigen (Selektion über tausende kleine Entwicklungsstufen).
Und konkret: Welchen Selektionsvorteil sollte denn im Pflanzenreich die
Verlagerung von Organen an untypische Stellen im Organismus haben?
Nachtweys Fragen könnte man jetzt auf solche Mutationen anwenden: "Durch
welche blind zusammengewürfelten, richtungslosen Heterotopien soll das
Wasserschlauchbläschen entstanden sein?..." etc.
Bei den folgenden Ausführungen MNs könnte bei jemandem, der in der
Botanik bisher nicht genau bewandert ist, vielleicht der Eindruck entstehen, als
handele es sich um neuere Entdeckungen. Man vgl. dagegen zum Beispiel die
Teratologiebände von Masters (Vegetable Teratology, 1869 193) und Penzig
1890/1894 (2 Bände) und 1921/1922 (3 Bände) 194, in denen solche Phänomene
schon ausführlich beschrieben worden sind:
(96) MN: "So beobachtet man Wurzeln an Sprossen und Sprosse an Wurzeln [Sprosse an Wurzeln sind
völlig normal], Blütenbildung auf Blättern, vegetative Knospen auf Blättern, Blütenorgane, die sich
vollständig in Blätter umwandeln etc. Homöotische Mutationen, z. B. solche, die den Transport von
Wachstumsregulatoren verändern, könnten dies bewirken."
Die Phänomene waren schon Darwin selbst und genauso seinen Mitstreitern
bekannt und sie sind es ebenso den Vertretern der modernen Synthetischen
Evolutionstheorie. Darwin und seine Nachfolger haben eine besondere
Bedeutung dieser Phänomene für die Evolution immer wieder strikt abgelehnt
(vgl. Schwartz 2005). Der Begriff Homöose (homeosis) stammt übrigens von
Bateson (1894) – der der Selektionstheorie mehr als kritisch gegenüberstand.
Heterotopie und Homöose sind wahrhaftig nichts Neues! Auch die Versuche,
damit die postulierte Evolution zu erklären, reichen bis auf Bateson zurück.
Georg Klebs, seinerzeit Botanikprofessor an der Universität Heidelberg,
schreibt im Gegensatz zu den Auffassungen Darwins 1909:
"In addition to the individual variations of a species, more pronounced fluctuations occur relatively rarely
and sporadically which are spoken of as "single variations," or if specially striking as abnormalities or
monstrosities. These forms have long attracted the attention of morphologists; a large number of observations
of this kind are given in the handbooks of Masters (Masters, "Vegetable Teratology", London, 1869.) and Penzig
(Penzig, "Pflanzen-Teratologie, Vols I. and II. Genua, 1890-94.) These variations, which used to be regarded as
curiosities, have now assumed considerable importance in connection with the causes of formdevelopment.” 195
Übrigens habe ich selbst mit solchen Mutationen mehr als 30 Jahre gearbeitet
und für das erste molekular analysierte homöotische Gen im Pflanzenreich die
193
194
Vgl. http://www.zum.de/stueber/masters/F00001.html
Siehe weiter auch Goebel 1898/1901. Die älteren Autoren unterschieden bedauerlicherweise jedoch noch nicht zwischen Modifikation und Mutation, so
dass ein erheblicher Teil der beschriebenen Anomalien, die z. T. heute noch zitiert werden (wie die Ascidia) nichts als Modifikationen sein dürften.
195
http://www.stephenjaygould.org/library/modern-science/chapter13.html
113
Transposon-Tagging-Experimente mit über hunderttausend Pflanzen
durchgeführt. Auch danach war ich an der weiteren Erforschung homöotischer
Gene und Phänomene beteiligt (in allen folgenden Arbeiten geht es um
homöotische Mutanten und Gene – entweder ausschließlich oder als
Unterkapitel):
Sommer, H., J.-P. Beltrán, P. Huijser, H. Pape, W.-E. Lönnig, H. Saedler and Z. Schwarz-Sommer:
Deficiens, a homeotic gene involved in the control of flower morphogenesis in Antirrhinum majus: the protein
shows homology to transcription factors. EMBO J. 9, 605-613 (1990).
Schwarz-Sommer, Z., I. Hue, P. Huijser, P. J. Flor, R. Hansen, F. Tetens, W.-E. Lönnig, H. Saedler and H.
Sommer: Characterization of the Antirrhinum floral homeotic MADS-box gene deficiens: evidence for DNA
binding and autoregulation of its persistent expression throughout flower development. EMBO J. 11, 251-263
(1992).
Huijser, P., J. Klein, W.-E. Lönnig, H. Meijer, H. Saedler and H. Sommer: Bracteomania, an inflorescence
anomaly, is caused by the loss of function of the MADS-box gene squamosa in Antirrhinum majus. EMBO J. 11,
1239-1249 (1992).
Tröbner, W., L. Ramirez, P. Motte, I. Hue, P. Huijser, W.-E. Lönnig, H. Saedler, H. Sommer and Z. SchwarzSommer: GLOBOSA: a homeotic gene which interacts with DEFICIENS in the control of Antirrhinum floral
organogenesis. EMBO J. 11, 4693- 4704 (1992).
Lönnig. W.-E. : Goethe, Sex and Flower Genes. Plant Cell 6, 574-576 (1994).
Lönnig, W.-E. and H. Saedler: The homeotic Macho mutant of Antirrhinum majus reverts to wild-type or
mutates to the homeotic plena phenotype. Mol. Gen. Genet. 245, 636-643 (1994).
Lönnig, W.-E. and H. Saedler: Plant transposons: contributors to evolution? Gene 205, 245-253 (1997)
Kunze, R., H. Saedler and W.-E. Lönnig: Plant Transposable Elements. In: Advances in Botanical Research
27, pp. 331-470 (1997).
Cremer, F., Lönnig, W.-E., Saedler, H. and P. Huijser: The delayed terminal flower phenotype is caused by a
conditional mutation in the CENTRORADIALIS gene of snapdragon. Plant Physiology 126, 1031-1041 (2001).
Schwarz-Sommer, Z., de Andrade Silva, E., Berndtgen, R., Lönnig, W.-E., Müller, A., Nindl, I., Stüber, K.,
Wunder, J., Saedler, H., Gübitz, T., Borking, A., Golz, J.F.; Ritter, E., and A. Hudson: A linkage map of an F2
hybrid population of Antirrhinum majus and A. molle Genetics 163, 699-710 (2003).
Lönnig, W.-E., Stüber, K., Saedler, H. and J. H. Kim: Biodiversity and Dollo's Law: to what extend can the
phenotypic differences between Antirrhinum majus and Misopates orontium be bridged by mutagenesis?
Bioremediation, Biodiversity and Bioavailability 1, 1-30 (Juni 2007) (London).
Lönnig, W.-E. (2010) Mutagenesis in Physalis pubescens L. ssp. floridana: Some Further Research on Dollo's
Law and the Law of Recurrent Variation (in press). 196
Die Spekulationen, dass homeotische Mutanten eine ganz besonders wichtige
Rolle in der Evolution der Pflanzen gespielt haben, sind jetzt mehr als hundert
196
Paper by Wolf-Ekkehard Lönnig (2010): Peer-reviewed by 5 Reviewers. Some positive points (only excerpts; - of course all the
reviewers also made some/several suggestions to improve the paper and fortunately some of the proposals really did help to improve it).
Peer1: "The author demonstrates the essential contradictions between the Dollo's LAW and the current data concerning the mutation
process in Physalis (Solanaceae). The paper is satisfactory focused and contains big experimental data very well described. ... Generally,
the suggested predictive value of the major point is supported by the author."
Peer2: "I recommend publication of this MS, with changes (see below). The paper discusses several important, if controversial, questions,
and will stimulate thinking and research in evolutionary theory, comparative botany, genetics, and systematics. ... If the empirical pattern of
recurrent variation the author described in Physalis is real, and stands up under further experimentation and observation, it will find its own
name (descriptor) in due course. Using "law” to name the pattern helps to focus attention, to be sure, on its regularity, and also invites
skeptics to seek for exceptions or evidential challenges."
Peer3: "General and international interest: High, see general comments below. Scientific quality: Adequate. The experiment presented is a
very interesting one and the result of many years' work. Figures and figure legends: Easy to read and understand without reference to the
text. Acceptance/rejection: The manuscript should be published following editorial/reviewer suggestions. ... This paper has high interest due
to the size of the study and current interest in Dollo's Law (e.g. Nature 461, 515-519 (24 September 2009). It is useful for the scientific
community that unusual views are discussed, especially when they come from a well-established scientist such as Dr Lönnig, so long as they
are presented rigorously in the context of empirical data."
Peer4: "General and international interest: High. Conclusions: Properly drawn with regards to methods and data. Scientific quality: High.
Abstract/Summary or Introduction: Good. Language: Good. Clarity: Statements are clear. Tables and table headings: Easy to understand.
Formal quality (summary of entire manuscript): Very good. Acceptance/rejection: The manuscript should be published following minor
editorial/reviewer suggestions."
Peer5: "Scientific quality: High. Acceptance/rejection: The manuscript should be published in its present state... it is an interesting piece of
work and many interesting points are discussed..."
114
Jahre alt. Zwischenergebnis: Sie haben nur eine untergeordnete Rolle gespielt
(vgl. die Ausführungen dazu in den soeben zitierten Arbeiten).
(97) MN: "Auch Utricularia scheint ein Beispiel für Heterotopie bzw. Homöose zu sein
(RUTISHAUSER/ISLER 2001; RUTISHAUSER/MOLINE 2005; THEIßEN/MELZER 2007)."
W-EL: Als homöotische Zufallsmutation ist das pure Spekulation! Welches
"falsche Organ" soll denn hier an "falscher Stelle" 197 ausgebildet worden sein
und dann einen entscheidenden Selektionswert gehabt haben? Wie ist damit zum
Beispiel die Struktur der Verschlussklappe Utricularias zu erklären? Wie die
Entstehung des synorganisierten Saugmechanismus? Wie die spezifischen
Strukturen und Funktionen der bifids und quadrifids? Wie ist der
Fangmechanismus damit wasserdicht geworden? Und wenn er vorher schon
exzellent funktioniert hat, wozu war dann seine "Weiterentwicklung"
selektionstheoretisch notwendig?
Wie steht es hingegen mit einer gezielt-genialen Rekombination bekannter
developmental pathways samt Aufbau neuer Information durch intelligentes
Design? (Siehe auch pp. 118, 155-157 sowie die Links dazu.)
(98) MN: "Da die Ausläufer von Genlisea und Utricularia sowie die "Wurzeln" von Pinguicula durch
recht ähnliche Entwicklungsprozesse gebildet werden, scheint die Hypothese nahe liegend, dass infolge
(funktionaler!) homöotischer Fehlbildungen "[...] die so genannten 'Wurzeln' eines Pinguiculaähnlichen Vorfahrens 'lernten', exogene 'Blätter' auszubilden" (RUTISHAUSER/ISLER 2001, 1197;
Übersetzung M.N.)."
W-EL: Die Ähnlichkeiten übersehen wieder die "verblüffenden"
Unterschiede. Nach Aufführung der Ähnlichkeiten der Wurzeln Pinguiculas mit
den Stolonen Utricularias (keine Calyptra, keine collateralen Leitbündel, Potenz
zu geotropischem Wachstum 198) schreiben Rutishauser und Isler (p. 1197):
"Pinguicula roots arise endogenously from cortical tissue of the leaf bases and do not carry leaves (Figs 11,
34 and 35) 199 while Utricularia stolons arise as exogenous buds (e.g. Figs 24, 25 and 31) and have the
morphogenetic capacity to produce leaves from exogeneous primordia."
197
Wie eine Molekularbiologin, die sehr erfolgreich über homöotische Mutanten gearbeitet hat, zu formulieren pflegte.
Zu diesen Ähnlichkeiten ist anzumerken, dass Stolonen (Ausläufer) allgemein keine Calyptra aufweisen, kollaterale Leitbündel fehlen den
Wurzeln sowieso, und bei Wasserpflanzen ist folgende Tendenz zu beobachten: "In Stengeln einiger monokotyler Wasserpflanzen (Elodea,
Potamogeton) sind sie [die Leitbündel] zu einem zentralen (axialen) Strang vereint. Die Anordnung ist als sekundär zu betrachten, denn sie
hat sich in Anpassung an das Wasserleben entwickelt. Eine vergleichbare Organisation findet man bei manchen submers lebenden
Dikotyledonen. Die Festigkeit des Sprosses wird dadurch zwar geschwächt, die Flexibilität jedoch erhöht. Genau das wird benötigt, um den
Zugansprüchen, die durch Wasserströmungen hervorgerufen werden, gerecht zu werden. Selektion auf effizienten Wassertransport ist bei
submers lebenden Pflanzen sowieso nicht zu erwarten" – Peter von Sengbusch (2003) http://www.biologie.uni-hamburg.de/b-online/d06/06e.htm.
Zur Potenz zum geotropischen Wachstum ist anzumerken, dass möglicherweise auch die Stolonen anderer Pflanzenarten über eine solche
Möglichkeit verfügen: Wie z. B. bei der Erdbeere leicht festzustellen, biegen sich die Ausläufer nach hoizontalem Wachstum über den
Boden zur Erde zurück und beginnen dort mit der Wurzelbildung. Viele Erdsprosse reagieren plagiogravitrop, d. h. "in einem bestimmten
Winkel schräg abwärts" (Weiler in Strasburger 2002, p. 156).
Goebel (1898/1901, pp. 467/68) zum Verlust der Wurzelbildung: "Bei den Samenpflanzen haben wir oben schon Beispiele wurzelloser
Formen unter den Lentibulariaceen kennen gelernt. Es zeigte sich, daß die Gattungen Genlisea, Polypompholyx und Utricularia vollständig
wurzellos sind, die Stelle der Wurzeln wird bei den Landformen vertreten durch eigentümlich umgeformte Blattorgane, bei den untergetaucht
lebenden, frei schwimmenden Wasserformen ist das Fehlen der Wurzeln ohnedies verständlich, da hier die Aufnahme gelöster Substanzen
durch die ganze Körperoberfläche stattfindet und die Funktion des Haftorganes wegfällt. Demgemäß zeigen auch andere unter denselben
Verhältnissen lebende Wasserpflanzen Wurzellosigkeit, nämlich Ceratophyllum und Aldrovanda, ebenso die gleichfalls untergetaucht
lebende Lenmacee Wolffia welwitschii. Daß auch unter den auf dem Wasserspiegel schwimmenden Wolffien einige sehr kleine, wie W.
arrhiza, wurzellos sind, ist leicht verständlich." Inzwischen zählen wir etwa 269 Genera in 79 Familien, die aquatiache Spezies enthalten
(siehe Punkt 106 unten), so dass mit vielen weiteren Fällen des Wurzelverlustes zu rechnen ist (ich erinnere an die Feststellung von Willis
oben "On the one side [water plants] one found the somewhat negative characters of absence of strengthening tissue and
absence of stomata, with diminution or absence of the roots).
198
199
Wenn nun die Pinguicula-Wurzeln an den Blattbasen entstehen, welchen biologischen Sinn und welche Funktion sollte dann eine erneute
Blattbildung an den Wurzeln (normalerweise im Erdreich) haben? Das sieht bei den Stolonen Utricularias ganz anders aus: hier werden
Blattbildungen gebraucht.
115
Aber nehmen wir die Hypothese der homöotischen Fehlbildung einmal als
zutreffend an. Dann hätten wir exogene Blätter unten an den Wurzeln einer
Pinguicula-ähnlichen Pflanze (der "Vorfahr" wird dabei übrigens schon wieder unbewiesen
vorausgesetzt) – inwieweit soll das "funktional" sein und was sollte dann weiter
geschehen sein? Welchen entscheidenden Selektionsvorteil sollte diese
"funktionale" Fehlbildung haben, so dass die anderen (bis heute existierenden
Formen) in der Gründerpopulation untergegangen wären und sich nur noch diese
(in Konkurrenz mit den übrigen Pinguicula-Arten und zahlreichen weiteren
karnivoren und nichtkarnivoren Spezies am selben Standort) durchgesetzt hätte?
Und wenn sie einen solchen entscheidenden Selektionvorteil gehabt hätte –
warum hat sie dann nicht zumindest die übrigen Pinguicula-Arten an gleichen
oder ganz ähnlichen Standorten bei ihren Areal-Eroberungszügen im Laufe der
weiteren geographischen Verbreitung verdrängt? Warum gibt es die anderen
rund 90 Pinguicula-Spezies heute noch und sie nicht mehr? 200
Wie kommt man in der angenommenen Entwicklung mit dieser Fehlbildung
weiter zu den jeweils im Detail aufeinander abgestimmten MultikomponentenSystemen der raffinierten Reusenfalle Genliseas und der komplexsynorganisierten Saugfalle Utricularias? Kann man tatsächlich gleich mehrere
der komplexesten und unterschiedlichsten Organe im Pflanzenreich mit
homöotischen Fehlbildungen erklären? Übrigens sind praktisch alle
homöotischen Mutanten auf Genfunktions-Verluste zurückzuführen (vgl. die
oben aufgeführten Arbeiten) 201 und de facto fast immer mit starken
Selektionsnachteilen verbunden. 202 Kann man wirklich solche aus zahlreichen
genetischen, anatomischen und physiologischen genauestens aufeinander
abgestimmten Komponenten bestehenden Organbildungen, solche genialen
Multikomponentensysteme, allein oder auch nur schwerpunktmäßig mit
zufälligen Verlustmutationen erklären?
(99) MN: "Inwieweit dies zutrifft, muss die weitere Forschung erst noch zeigen."
W-EL: Die weitere Forschung könnte zum Beispiel in einer
Sättigungsmutagenese mit einer ausgewählten Pinguicula-Art bestehen, um im
Sinne des Gesetzes der rekurrenten Variation herauszufinden, worin (a) die
Möglichkeiten und Grenzen der mutativen Formabweichungen bestehen und (b)
zur Selektionsfrage untersuchen, inwieweit die zu erwartenden homöotischen
Mutationen das Gesamtgefüge der Funktionen der Spezies auf dem
Versuchsfeld/im Labor und vor allem im acid test in the wild stören. (Inwieweit
sind zum Beispiel exogene Blattbildungen bei Pinguicula ohne pleiotropschädigende Nebeneffekte möglich? Könnten sich solche Mutanten, falls sie
200
Aber vielleicht gab es da ja eine nur seinerzeit existierende biolumineszente Lichtquelle für die Fotosynthese unter Wasser oder im Boden
mit Selektionsvorteilen für exogene Wurzel-Blattbildungen, eine Lichtquelle, die nur heute nicht mehr existiert und mit der auch das Missing
Link verschwunden ist... - Es darf also endlos weiter spekuliert werden. Oder generell formuliert: Es gab immer etwas, was man meist nur
noch nicht kennt, das uns aber alles selektionstheoretsch erklärt, was man braucht, um weiterhin an die "Allmacht der Selektion" glauben zu
können (prinzipielle Nicht-Falsifizierbarkeit der Selektionstheorie), - "natural selection comes close to omnipotence" (Avise 1999, vgl.
http://www.weloennig.de/NaturalSelection.html) oder "Both the beauty and the brilliance of natural selection are reflected in its omnipotence to
explain the myriad observations of life…" – C. Exley 2009, p. 589.
201
Zu einer scheinbaren Ausnahme von der Regel vgl. Artbegriff http://www.weloennig.de/AesV1.1.Droa.html
202
Nur bei entspannter Selektion können einige dieser Formen eine zeitlang nebeneinander existieren ("Selektion is loose").
116
auftreten, in der Natur behaupten?)
Dass MN zur weiteren Forschung selbst keine konkreten Vorschläge macht,
bestätigt meines Erachtens wieder die Richtigkeit von Thompsons Statement:
"The Darwinian doctrine has thus been used, not as a working hypothesis, in the strict sense of the word, but
rather as an explanatory principle, which it is sufficient to illustrate by [possible] examples, rather than to
verify. The role of the Darwinian theory in biology is therefore essentially that of a philosophical doctrine."
(100) MN: "LÖNNIGs These jedoch, dass alle Einzelkomponenten der Saugfalle haben simultan in
einem gigantischen Schritt evolvieren müssen, hat mit der Realität nicht das Geringste zu tun."
W-EL: Nachdem MN nun selbst in der letzten Phase seines Beitrags (Punkte
(94) bis (99)) den Darwinismus und die Synthetische Evolutionstheorie drastisch
verlassen und mit homöotischen 'Makromutationen' (wenn auch nicht mit einem einzigen,
so doch für jeden Vertreter der Synthetischen Evolutionstheorie mit mehreren "gigantischen" Schritten)
gearbeitet hat, mit denen er die Entstehung der Saugfalle anvisiert und mehr
oder weniger impliziert, verwundert dieser Kommentar um so mehr. Aber
kombinieren wir seine ursprüngliche selektionstheoretische Zielsetzung mit
seinem "neuen" 'Makromutationsansatz' im folgenden Korrekturvorschlag:
"MNs These jedoch, dass alle Einzelkomponenten der Saugfalle haben nacheinander "über
tausende kleine Entwicklungsstufen" evolvieren müssen, wobei jede Stufe entscheidende
Selektionsvorteile gegenüber der vorausgegangenen gehabt hätte, hat mit der Realität
tatsächlich nicht das Geringste zu tun, genauso wenig wie sein späterer für alle anatomischphysiologischen Details der Saugfalle Utricularias völlig unbegründeter Versuch der
Ableitung über zufällige homöotische 'Makromutationen'" (siehe auch den Kommentar p. 169).
(101) MN: "Und während die ID-Vertreter in der allenfalls palliativ 203 wirksamen Vorstellung Zuflucht
suchen,…"
W-EL: Als würden Design-Befürworter nicht wissenschaftlich forschen! Was
mich betrifft, so möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen, dass ich mehr
als zwei Millionen Pflanzen für mutationsgenetische Fragen untersucht und
dabei zahlreiche homöotische Mutanten bei Antirrhinum, Misopates und
Physalis isoliert habe, von der mutationsgenetischen Arbeit mit Pisum einmal
abgesehen (vgl. z. B. die Literaturangaben zu Punkt (96) oben und
http://www.weloennig.de/literatur1a.html oder als weitere und viel umfangreichere Beispiele die
naturwissenschaftlichen
Publikationslisten
von
Siegfried
Scherer
http://www.wzw.tum.de/micbio/sigfried-scherer.php oder die von Henry F. Schaefer III mit zur Zeit
1220 Publikationen http://www.ccc.uga.edu/reference/pubs/allpubs.php). MN selbst hat dagegen
nichts Vergleichbares vorzuweisen. 204
203
"palliativ" "[zu spätlat. palliare = mit einem Mantel bedecken] (Med.): schmerzlindernd; die Beschwerden einer Krankheit lindernd, aber
nicht die Ursachen einer Krankheit bekämpfend: -e Mittel;…" Brockhaus Deutsches Wörterbuch 1995, Bd. 27, p. 2473.
In den Jahren 2007/2008 hatte ich zu MN und zu der in der alten Form nicht mehr existierenden AG Evolutionsbiologie zum Thema PeerReview-Publikatioen Folgendes angemerkt: Der extremste Gegensatz [zu Henry F. Schaefer III] ("He is the author of more than 1150
scientific publications" (vgl. 1 , 2 und 3), darunter auch neuere Studien zur DNA und RNA (z. B. 4). Eine Liste von 2007 führt 1155 PeerReview-Publikationen im Detail auf [inzwischen (Februar 2010) 1220 Publikationen]), dürfte beim Geschäftsführer der AG
Evolutionsbiologie liegen, der als Vorstandsmitglied mit wissenschaftlichem Anspruch ständig im Namen der AG (mit zur Zeit 64
Mitgliedern) spricht und der im Science Citation Index genau 1 (eine!) Peer-Review-Publikation (und zwar als Koautor) aufzuweisen hat,
und diese nicht zum Thema Evolution. Dagegen wäre von meiner Seite auch nichts einzuwenden (zumal es sich um einen
nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter an einem Münchner Institut für Chemie handelt), wenn dieser Geschäftsführer nicht zu
204
117
Wie schon oben unter Punkt (51) erwähnt, meine ich, dass MN mit diesem hier unter
Punkt (101) zitierten Versuch seiner polemischen Attitüde, die vermeintlichen Gegner
als Wissenschaftler und Menschen zu erniedrigen, die Grenzen einer vernünftigen
wissenschaftlichen Argumentation überschreitet. Dennoch ist solche Polemik – mit der
er sich häufig selbst im Wege steht – vielleicht noch vergleichsweise harmlos
gegenüber den Ausfällen, die er ansonsten zu bieten hat. 205
Aber ich frage mich im Anschluss an MNs obige Aussage, ob und falls ja, inwieweit nicht manche Atheisten
selbst zu "palliativ wirksamen Vorstellung[en] Zuflucht" nehmen, da sie in ihrem letzten Inneren, "in their heart
of hearts" zumindest ahnen, dass es doch eine letzte, absolut geniale Instanz gibt, die das Universum und das
Leben erschaffen hat 206, die sich durch vollkommene Weisheit, Liebe, Macht und Gerechtigkeit auszeichnet und
der sie letztlich verantwortlich sein werden? Warum arbeitet MN in seinen Beiträgen zu Utricularia serienweise
mit unbewiesenen Voraussetzungen, Zirkelschlüssen und sogar "false facts" bis zur Ableitung der Falle
Utricularias von Wurzelknöllchen in der ersten Diskussion, nur um dem Schluss auf eine intelligente Ursache
auf jeden Fall zu entgehen?
(102) MN: "…ein göttlicher Designer habe alles auf wundersame Weise ins Leben gerufen,…"
W-EL: Die mit allen Mitteln der Rhetorik 207 verfolgte Verneinung des
'göttlichen Designers' ist der Hauptpunkt, um den es MN und anderen Atheisten
wie Dawkins, Harris, Hitchens, Kutschera beim Thema Evolution letztlich
geht 208. Aber nehmen wir einen Augenblick an, die direkte Erschaffung des
Lebens und der Grundtypen sei ein Irrtum – dann wäre allerdings die Materie
selbst so genial strukturiert, dass sie die ganze Vielfalt und Komplexität des
Lebens hervorgebracht hätte. Eine solche Konstitution der Materie würde um so
evolutionskritischen Beiträgen regelmäßig behaupten würde, dass ein Autor, der keine naturwissenschaftlichen Peer-Review-Artikel zum
Evolutionsthema publiziert habe, völlig inkompetent sei, sich zu dieser Thematik zu äußern. Ein mir persönlich bekannter langjähriger
Professor für Evolutionsbiologie an einer deutschen Universität hat nebenbei bemerkt 5 (fünf) Peer-Review-Beiträge (nach SCI)
veröffentlicht - 1 davon hat Evolutionsfragen zum Gegenstand (der Mangel bzw. die gänzliche Abwesenheit experimentalwissenschaftlicher
Peer-Review-Artikel zum Thema Evolution ist übrigens auch bei einigen weiteren Mitgliedern des oben genannten Vereins festzustellen,
vom Biologen, der die Gründung der AG vorgeschlagen hat, bis zum stellvertretenden Vorsitzenden, der (gemäß hpd, FAZ.NET, WDR,
Deutschlandfunk und anderen als "Evolutionsbiologe") mit 9 biologiehistorischen Artikeln und 11 Book Reviews im SCI vertreten ist.)
205
Frieder Meis schreibt einleitend zu einer Diskussion mit MN: "Vorweg sei darauf hingewiesen, dass Herr Neukamm in seinen
Kommentaren völlig grundlos mit verletzender Polemik arbeitet. Er stellt Intelligent-Design-Theoretiker unter dem Sammelbegriff
"Kreationisten" oder "Antievolutionisten" in die Ecke der Personen mit 'ideologisch fixierten Vorurteilen' und 'schizophrener Logik', die
eine 'dogmatisch begründete Unwilligkeit zum logischen Denken' auszeichnet. Mit einer fairen "Besprechung" hat sein Artikel nichts mehr
zu tun." – Herr Georg Menting kommentiert die Methoden MNs wie folgt: "Für ihn ist die Darwinsche Evolutionstheorie eine Ersatzreligion,
die es gegen jegliche (also auch sachliche) Kritik zu verteidigen gilt. In der Wahl seiner Mittel ist er dabei nicht zimperlich. Neukamm ist
nicht nur ein tiefgläubiger Naturalist, sondern auch ein leicht reizbarer Hitzkopf. In Internetforen, wo er unter dem Nickname »Darwin
Upheaval« (~ ›Darwins Umbruch‹) agiert, neigt er dazu ausfällig zu werden, sobald ihm die Argumente ausgehen. Erst jüngst beschimpfte er
einen seiner Kontrahenten mit Formulierungen wie »geistiger Brechdurchfall«, »lebensbedrohlicher Geisteszustand« oder »hirnverbrannt«.
Für ihn ist das angemessene Streitkultur im Dienste der Aufklärung. Ob so jemand geeignet ist, die Interessen einer wissenschaftlichen
Arbeitsgemeinschaft in führender Position zu vertreten, überlasse ich dem Urteil meiner Leser" – siehe weiter Georg Menting unter
http://www.kritische-naturgeschichte.de/Seiten/briefefuerleser.html. – Vgl. auch den persönl. Kommentar eines erfahrenen Botanikers an W-EL vom 30. 3. 2010 zu
MNs Polemik unter (101) ff.:"…Wer auf diese Art und Weise Menschen angreift, um eine Sache zu retten, beweist seine intellektuelle
Inkompetenz und sein moralisches Vakuum. MN hat in allen seinen Ausführungen in dieser Arbeit schriftlich unter Beweis gestellt, dass es
ihm in dieser Diskussion an Sachwissen und ausreichendem Denkvermögen fehlt. Dazu kann er auch mit dringend erforderlichen Tatsachen
für seine Behauptungen und Geschichten nicht aufwarten. Nun stellt er auch noch unter Beweis, dass es ihm obendrein an Charakter und
genügendem Anstand fehlt. MN steht sozusagen mit dem Rücken zur Wand, wohlwissend, dass er wissenschaftlich nichts zu bieten hat. Das
ist ja gerade der Grund seiner Ohnmacht. Deswegen meint er, mit den Mitteln, die gegen Personen gerichtet sind, Terrain zu verteidigen und
dann folgt das Übliche: Diskreditierung, Herabsetzung, Beleidigung usw. … Es ist diese Art der Argumentation, die eine Sachdiskussion
über Schöpfung oder Evolution ungeheuer erschwert oder unmöglich macht." W-EL: Es bleibt selbstverständlich dem Urteil des Lesers
überlassen, ob – und falls ja – inwieweit, er sich dieser persönlichen Beurteilung anschließen möchte.
206
"Wie einleitend schon zitiert: "We must admit that there exists an incomprehensible power or force with limitless foresight and knowledge
that started the whole universe going in the first place", oder ergänzend, "In fact, there are plenty of scentists like myself and Charlie
Townes who believe in a personal God” (William D. Phillips, Nobelpreis für Physik 1997) – vgl. weiter Nobelpreisträger pro Intelligent
Design (ID) des Universums und des Lebens unter http://www.weloennig.de/Nobelpreistraeger.pdf
207
208
An dieser Stelle u. a. die alberne "wundersame Weise", auch die Wortwahl "göttlicher Designer" ist offenbar ironisierend gemeint.
Siehe auch wieder Punkt (51) oben.
118
mehr den 'göttlichen Designer' beweisen, als sie es ohnehin schon tut (vgl. zum
anthropischen Prinzip http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf, pp.39, 50, 57, 66).
(103) MN: "...forscht ein Heer von Wissenschaftlern an den kausalen Fragestellungen, die zu immer
neuen Forschungsprogrammen inspirieren."
W-EL: Der Gegensatz – hier die Design-Befürworter, dort die
Wissenschaftler, die an kausalen Fragestellungen arbeiten – ist
konstruiert/unsachlich und offenbar vor allem weltanschaulich-atheistisch
motiviert, zumal MN selbst nicht zu diesen Wissenschaftlern gehört. Wie oben
dargelegt, gehören zu dem Heer der Forscher, die an kausalen Aufgaben
arbeiten, vielmehr auch zahlreiche Design-Wissenschaftler.
Ja, und ich möchte auch an dieser Stelle wieder betonen, dass sogar die Grundlagen der modernen Biologie
von Geistesgrößen gelegt wurden, die vom intelligenten Ursprung der Lebensformen völlig überzeugt und für
ihre Forschung höchst motiviert waren, wie William Harvey, John Ray, Anthony van Leeuwenhoek, Robert
Hooke, Linné, Cuvier, von Baer, Sedgwick, Owen, Agassiz, Pasteur, Mendel, Fabre und viele andere.
Einige Hauptpunkte zum Thema A Positive, Testable Case for Intelligent Design
hat Casey Luskin, ein Geologe und Jurist 209, 2005 und 2011 exzellent wie folgt
zusammengefasst (bitte im Internet kurz auf bessere Lesbarkeit vergrößern) 210:
Table 1. Ways Designers Act When Designing (Observations):
(1) Intelligent agents think with an "end goal" in mind, allowing them to solve complex problems by taking many parts and arranging them
in intricate patterns that perform a specific function (e.g. complex and specified information): "Agents can arrange matter with distant goals
in mind. In their use of language, they routinely 'find' highly isolated and improbable functional sequences amid vast spaces of combinatorial
possibilities." (Meyer, 2004 a) "[W]e have repeated experience of rational and conscious agents-in particular ourselves-generating or causing
increases in complex specified information, both in the form of sequence-specific lines of code and in the form of hierarchically arranged
systems of parts. ... Our experience-based knowledge of information-flow confirms that systems with large amounts of specified complexity
(especially codes and languages) invariably originate from an intelligent source from a mind or personal agent." (Meyer, 2004 b.)
(2) Intelligent agents can rapidly infuse large amounts of information into systems: "Intelligent design provides a sufficient causal
explanation for the origin of large amounts of information, since we have considerable experience of intelligent agents generating
informational configurations of matter." (Meyer, 2003.) [See also Lönnig 2000/2001.] "We know from experience that intelligent agents often
conceive of plans prior to the material instantiation of the systems that conform to the plans--that is, the intelligent design of a blueprint often
precedes the assembly of parts in accord with a blueprint or preconceived design plan." (Meyer, 2003.)
(3) Intelligent agents re-use functional components that work over and over in different systems (e.g., wheels for cars and airplanes): "An
intelligent cause may reuse or redeploy the same module in different systems, without there necessarily being any material or physical
connection between those systems. Even more simply, intelligent causes can generate identical patterns independently." (Nelson and Wells,
2003.)
(4) Intelligent agents typically create functional things (although we may sometimes think something is functionless, not realizing its true
function): "Since non-coding regions do not produce proteins, Darwinian biologists have been dismissing them for decades as random
evolutionary noise or 'junk DNA.' From an ID perspective, however, it is extremely unlikely that an organism would expend its resources on
preserving and transmitting so much 'junk.'" (Wells, 2004.)
These observations can then be converted into hypotheses and predictions about what we should find if an object was designed. This makes intelligent
design a scientific theory capable of generating testable predictions, as seen in Table 2 below:
Table 2. Predictions of Design (Hypothesis):
(1) Natural structures will be found that contain many parts arranged in intricate patterns that perform a specific function (e.g. complex and
specified information).
(2) Forms containing large amounts of novel information will appear in the fossil record suddenly and without similar precursors.
(3) Convergence will occur routinely. That is, genes and other functional parts will be re-used in different and unrelated organisms.
(4) Much so-called "junk DNA" will turn out to perform valuable functions.
These predictions can then be put to the test by observing the scientific data, leading to conclusions:
Table 3. Examining the Evidence (Experiment and Conclusion):
(1) Language-based codes can be revealed by seeking to understand the workings of genetics and inheritance. High levels of specified
complexity and irreducibly complexity are detected in biological systems through theoretical analysis, computer simulations and calculations
(Behe & Snoke, 2004; Dembski 1998b; Axe et al. 2008; Axe, 2010a; Axe, 2010b; Dembski and Marks 2009a; Dembski and Marks 2009b;
Ewert et al. 2009; Ewert et al. 2010; Chiu et al. 2002; Durston et al. 2007; Abel and Trevors, 2006; Voie 2006), "reverse engineering" (e.g.
knockout experiments) (Minnich and Meyer, 2004; McIntosh 2009a; McIntosh 2009b) or mutational sensitivity tests (Axe, 2000; Axe, 2004;
Gauger et al. 2010). [In his 2005 paper C. L. mentions the bacterial flagellum, the specified complexity of protein bonds and the simplest self-reproducing cell.]
(2) The fossil record shows that species often appear abruptly without similar precursors. (Meyer, 2004; Lonnig, 2004; McIntosh 2009b.)
(3) Similar parts are commonly found in widely different organisms. Many genes and functional parts not distributed in a manner predicted
by ancestry, and are often found in clearly unrelated organisms. (Davison, 2005; Nelson & Wells, 2003; Lönnig, 2004; Sherman 2007.)
(4) There have been numerous discoveries of functionality for "junk-DNA." Examples include recently discovered surprised functionality in
some pseudogenes, microRNAs, introns, LINE and ALU elements. (Sternberg, 2002, Sternberg and Shapiro, 2005; McIntosh, 2009a.)
209
Die seltene Fächerkombination erinnert vielleicht an Charles Lyell, dem Hauptbegründer der modernen aktualistischen Geologie.
Oder direkt hier nachsehen (2005): http://www.arn.org/docs/positivecasefordesign.pdf und (2011) http://www.evolutionnews.org/2011/03/a_closer_look_at_one_scientist045311.html; dort
auch die Literaturangaben.
210
119
(104) MN: "Um zu prüfbaren, kausalen Entstehungsmodellen zu gelangen, muss man die Daten
lediglich suchen..."
W-EL: Nachdem nun MN serienweise mit unzureichenden und z. T. sogar
falschen Daten gearbeitet hat (siehe die meisten der bisherigen 103
Diskussionspunkte), gibt er ID-Forschern nun die soeben zitierte Empfehlung,
um seine materialistische Sicht der Dinge zu akzeptieren – no comment. Was
die weitere Forschung zu den karnivoren Pflanzen anlangt, so habe ich oben
schon mehrere Vorschläge vorgetragen, und zu den kausalen
Entstehungsmodellen gehört für einen undogmatischen Wissenschaftler auch
intelligentes Design (Causa/Grund/Ursache: Intelligenz). MN selbst hat uns
jedoch kein eigenes prüfbares, kausales Entstehungsmodell zum Thema der
Evolution der Karnivoren unterbreitet. Er greift vielmehr nur auf die letztlich
nicht empirisch verifizierbaren und zumeist in sich fragwürdigen und überdies
einander widersprechenden Modelle von Neodarwinisten und anderen
Evolutionstheoretikern zurück.
(105) MN: "...und kann mit etwas Scharfsinn die relevante Information daraus extrahieren."
W-EL: Völlig richtig. Mit etwas Scharfsinn und einem gründlichwissenschaftlichen Studium der einschlägigen Literatur hätte MN die meisten
der oben aufgeführten Daten lediglich suchen und die relevanten Informationen
daraus selbst extrahieren und damit viele der oben diskutierten Fehler samt
"false facts" vermeiden können.
Und zum Scharfsinn überhaupt gehört auch die grundsätzliche Offenheit für
den Intelligent-Design-Ansatz, wenn es dafür deutliche wissenschaftliche
Hinweise, Ansätze und Daten gibt (siehe z. B. A Positive, Testable Case For
Intelligent Design zum Punkt 103, p. 118 sowie unten pp. 155-157).
(106) MN: [Nach "extrahieren" seine Fußnote 3]: "Das hier vorgestellte Evolutionsmodell ist auch
testbar (bzw. prinzipiell widerlegbar), denn es ergeben sich daraus eine Reihe nachprüfbarer
Konsequenzen. So lautet eine Prognose, dass terrestrische Arten den aquatischen Spezies
vorausgehen…"
W-EL: Generell ist das zutreffend. Und das Schöpfungsmodell der Bibel legt
genau die gleiche Prognose nahe (vgl. Genesis 1:11-13) 211. Die Aussage der
Testbarkeit trifft damit auf dieses Modell genauso zu. ("…Today there are 269
genera in 79 families containing aquatic species… The evolutionary step 212
from land to water has taken place more then 100 times over the last 55 million
years” – Cook 1991, p. 157.) Für die Evolution der terrestrischen Arten von
Utricularia sieht die Situation nach Rutishauser und Isler (2001, pp. 1194 und
1197) jedoch anders aus:
"All 214 Utricularia species are provided with sucking traps (Figs 21 and 29) which only act in water, although
several species do not live as submerged aquatics (Taylor, 1989; Jobson et al., 2000). Many species are able to live as
211
"Und Gott sprach weiter: "Die Erde lasse Gras hervorsprossen, samentragende Pflanzen, Fruchtbäume, die nach ihren Arten Frucht
tragen, deren Samen in ihr ist, auf der Erde." Und so wurde es. 12 Und die Erde begann Gras hervorzubringen, Pflanzen, die Samen tragen
nach ihrer Art, und Bäume, die Frucht tragen, deren Samen in ihr ist nach ihrer Art. Dann sah Gott, daß [es] gut [war]. 13 Und es wurde
Abend, und es wurde Morgen, ein dritter Tag." Zum biblischen Begriff "Tag" vgl. Punkt [26] von http://www.weloennig.de/Dialog1a.html.
212
Nach dem Konzept der polyvalenten Grundtypen war das Anpassungspotential jedoch schon mit deren Erschaffung gegeben und es
bedurfte hier keiner besonderen (völlig neuen) Evolutionsschritte etwa im Sinne eines Millionen Jahre währenden Anpassungsvorgangs.
120
terrestrial members on moist soil (e.g. U. livida, U. sandersonii, Fig. 15; U. longifolia, Fig. 17) or as epiphytes on
trees (e.g. U. alpina, Fig. 12). The terrestrial and epiphytic species became secondarily released from the
aquatic environment (Brugger and Rutishauser, 1989; Cook, 1999). Their traps catch prey in wet soil, in waterfilled holes or even in cisterns of bromeliad rosettes (Taylor, 1989)." … "This view [amalgamation of the
developmental pathways for 'leaves', 'stems' and 'roots'], however, leads to the additional question of why
epiphytic Utricularia species, i.e. taxa that have left again the aquatic or wet terrestrial environment, still retain
some of the developmental idiosyncrasies of their aquatic ancestors."
Nach der Auffassung von Brugger und Rutishauser 1989, Cook 1999,
Rutishauser und Isler 2001, Jobson et al. 2000, 2003 und 2004 verlief die
Evolution von einem Pinguicula-ähnlichen Vorfahren 'ins Wasser', in welchem
Utricularia mit ihrer Saugfalle entstand, und dann wieder zurück 'ans Land', und
die terrestrischen Utricularia-Arten wie die oben genannten Utricularia
multifida sind unter diesen evolutionären Voraussetzungen keineswegs als
Bindeglieder zu den aquatischen Arten aufzufassen, sondern als abgeleitete
Formen (siehe jedoch zu den funktionalen und weiteren Problemen dieses
Ansatzes die Diskussion zu Jobson et al. 2004, Punkte (38) bis (45) oben).
Wie wir oben ausführlich diskutiert haben, widersprechen jedoch die
Hypothesen zur Evolution Utricularias von Barthlott et al. (2004) diesem
Ansatz diametral (vgl. die Punkte (67) ff.). Müller et al. von der Arbeitsgruppe
Barthlott schreiben dazu (2006, p. 790):
"The MRCA [most recent common ancestor] of Lentibulariaceae most likely was a terrestrial plant, since
both Genlisea and Pinguicula are terrestrial and character optimization on Utricularia phylogenies clearly
inferred the terrestrial habit as ancestral in Utricularia (Jobson et al., 2003; Müller and Borsch, 2005; Müller
et al., 2004). Aquatic, lithophytic, and epiphytic life forms in Utricularia are derived.”
Nach dieser ebenso nachdrücklich vertretenen Hypothese verlief die
angenommene Gesamtentwicklung über terrestrische Utricularia-Arten, und
unter dieser Voraussetzung wurde der Fangmechanismus von Utricularia
(Polypompholyx) multifida von Reifenrath et al. (2006) bedauerlicherweise
falsch interpretiert (vgl. dazu die Punkte (52) und (57b) oben). Ein nicht
unbekannter Forscher auf dem Gebiet der karnivoren Pflanzen, der sich bei mir
gemeldet hatte und den ich hier anonym lassen möchte, schrieb mir in einer eMail vom 28. 7. 2009 dazu Folgendes:
"Regarding a Polypompholyx/Pleiochasia relationship, the only difference in branching order between trnL-F/
rps/16 and trnK is that the former study [by Jobson et al. 2003] places the clade as sister to the other Utricularia
– this makes subgenus Utricularia paraphyletic. On the other hand, trnK data (mostly because of poor
resolution), places the clade within subgenus Utricularia. Sorry to sound nasty but I suspect the authors liked
this result because it supported the hypothesis that terrestrial bladderworts have small traps and like to eat lots
of protists – a hypothesis dispensed by… [the work of Jobson 2000 and 2001] on the ecology of terrestrial
Utricularia ([sections] Oligocista and Pleiochasia), work that was completely ignored. 213 Then, with Plancho's
213
In den untersuchten terrestrischen Formen wurden am häufigsten Copepoden und an zweiter Stelle Nematoden gefunden. In diesem
Zusammenhang erscheint mir auch folgende Feststellung von Albert et al. (2010, p. 6) recht aufschlussreich (nach den Abbildungen und
Beschreibungen von Lloyd (1942/2007), Taylor (1989/1994) und weiteren Autoren dürften mehrere der im Folgenden genannten
Strukturähnlichkeiten auch auf viele terrestrische Utricularia-Arten zutreffen): "Darwin (1875), noted yet another insight: aquatic
Utricularia bladders bear a striking resemblance to microcrustaceans. The bladder shape, surface reticulations, stalk, and especially the
antennae and bristles resemble microcrustacean anatomy. Interestingly, the bladders most closely resemble the littoral zone cladocerans
(bosminids and chydorids) that are frequently found or overrepresented in bladders (Guiral and Rougier, 2007; Alkhalaf et al., 2009); see the
silhouettes of clade-specific trap forms in Fig. 1. Moreover, experiments reveal that the cladoceran-like structures of bladders significantly
improve the capture rates of cladocerans (Meyers and Strickler, 1979; Harms, 1999; Jobson and Morris, 2001)." Siehe auch die Fußnote zum
Punkt (53) oben – Aussagen von Darwin selbst und von Meyers und Strickler 1979.
121
discovery of a meiofaunal prey capture scenario (based on real experiments) the gig was up, and the drive was
then to go with the Polypompholyx ancestral sister hypothesis saying the polpom traps are not functional as
suction bladders – again ignoring solid (but confounding) work of others such as the great Lloyd. This time
the hypothesis shifts to the Utricularia ancestor being a protist specialist (a nice way to support the protistGenlisea hypothesis!!!). How do you create this scenario when the trnK data shows the clade embedded within
Oligocista et al.?? You publish another paper, this time combining the trL-Ff/ rps/16 data, and marry it to trnK and claim the relationship for yourself [bezieht sich auf die Anmerkung zu Taylor in den References von
http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf]. The above is a lesson in how to create an hypotheis to suit. Sorry that I
seem a little annoyed, but watching this whole debacle play-out has been a bit depressing.
Thanks for clearing the Polypompholyx story up so well."
Zur Zeit werden also zum Ursprung Utricularias von führenden Vertretern der
Karnivorenforschung und Evolution mehrere sich diametral widersprechende
Abstammungshypothesen vertreten: kontinuierliche vs. sprunghafte Evolution,
Entstehung von Utricularias Fangmechanismus in terrestrischen vs. aquatischen
Vorfahren, Entwicklung über Genlisea-ähnliche Vorfahren vs. Pinguicula(-like)
direkt, Evolution über Sarracenia-ähnliche Reusenfallen zu Genlisea vs.
Theorien ohne solchen Umweg.
Zum Punkt terrestrisch vs. aquatisch: MNs "Prognose, dass terrestrische Arten
den aquatischen Spezies vorausgehen" ist also nur die halbe Wahrheit, von dem
von mehreren Autoren gleichsam unter den Teppich gekehrten bzw. überspielten
grundsätzlichen Widerspruch zwischen kontinuierlicher und sprunghafter
Evolution einmal ganz abgesehen.
Da die evolutionären Prognosen nun beides voraussagen, sowohl die
Entstehung des Fangmechanismus von Utricularia an Land als auch im Wasser,
kann die weitere Forschung die Evolution auch nur noch bestätigen – egal wie
die Lösung des Problems schließlich aussieht (eine der beiden
widersprüchlichen Voraussagen muss unter diesen Voraussetzungen schließlich
zutreffen).
Wie schon an anderer Stelle betont: Wenn es selbstverständlich auch nicht verkehrt ist, zur Lösung
eines Problems zunächst mehrere und möglichst gute Hypothesen zu bilden und die wissenschaftliche
Arbeitsweise, zumal in der Biologie, ohne Hypothesenbildung weder theoretisch noch praktisch auskommen kann (Ideen, Vermutungen, "Unterstellungen" und Konfrontation dieser mit den mit den
Sinnesorganen wahrgenommenen und untersuchten Realitäten sind integraler Bestandteil der
empirischen Verfahrensweise)214, so muss doch eine ununterbrochene Hypothesenbildung auf völlig
unzureichender Grundlage, ohne die Möglichkeit der Falsifikation (Popper), aufgrund mehrerer mit der
Realität nicht kongruenten und damit falschen Ausgangshypothesen (Kontinuität in der Idee,
Diskontinuität und "systematic gaps" in der Realität der paläontologischen Überlieferung und in der
biologischen Systematik, Zufallsmutationen als Grundlage der Entstehung aller morphologischanatomischen und physiologischen Strukturen etc.), – einer "Grundlage", die überdies mit dogmatischen
Voraussetzungen ("Even if all the data point to an intelligent designer, such a hypothesis is excluded from science because it is not
naturalistic" vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf), mit Zirkelschlüssen und sogar "false facts" ("ignoring solid (but
confounding) work of others") arbeitet, als unfruchtbar und unwissenschaftlich abgelehnt werden.
Nur noch als systematische Irreführung unter dem Deckmantel der allgemein als erfolgreich
(Technik, Medizin etc.) erachteten wissenschaftlichen Arbeitsweise ist darüber hinaus die
Tendenz zu bezeichnen, völlig unbewiesene Hypothesen, z. T. sogar solche, die in direktem
214
Vgl. dazu die Ausführungen von Klaus Wittlich unter http://www.weloennig.de/NeoVorKl.html
122
Gegensatz zu den bisher festgestellten empirischen Realitäten stehen, in der Öffentlichkeit auf
eine Weise zu proklamieren, dass mit Notwendigkeit der Eindruck entsteht, es handele sich um
wissenschaftliche Tatsachen, zu denen es keine vernünftige Alternative gibt (wie das in
Verbindung mit Abstammungshypothesen bedauerlicherweise häufig der Fall ist, – siehe dazu auch
die Fußnoten zum Punkt (59) oben).
(107) MN: "… bzw. an basaler Position im Stammbaum stehen."
W-EL: Zum Thema Stammbaum (oder tree of life) ist eine grundlegende
Differenzierung angebracht: Innerhalb eines Grundtypus oder einer primären
Art kann man nach allen Daten und Erfahrungen aus mehreren Zweigen der
Biologie (vgl. z. B. Lönnig 1986/2002, Scherer 1993, Junker und Scherer 2006)
sicher davon ausgehen, dass es Stammbäume gibt, die die Entfaltung der
Formen, der systematisch-morphologischen und sekundären Arten (oft im Zuge
einer Annidation durch Genfunktionsverluste) im Laufe der Zeit beschreiben.
Stellen wir jedoch die Frage nach dem Ursprung der höheren systematischen
Kategorien, wie z. B. Familien, Ordnungen, Klassen und Stämmen, so kann man
zwar einen durchgehenden Stammbaum für alle Lebensformen postulieren (wie
das allgemein von Seiten der Synthetischen Theorie und anderer
Evolutionstheorien heutzutage praktiziert wird), kann aber diese Makroevolution
nicht mehr stringent beweisen, so wie das für die Mikroevolution der Fall ist.
Als allgemeine Praxis in dieser Situation, d. h. in Abwesenheit der
entscheidenden Daten und Beweise, immunisiert man das Postulat der
Makroevolution gegen jedwede Widerlegung, indem man sie zur "Tatsache"
erklärt.
Wenn also MN von der Prognose spricht, "dass terrestrische Arten den
aquatischen Spezies vorausgehen bzw. an basaler Position im Stammbaum
stehen", so geht es dabei um den Stammbaum innerhalb der Gattung
Utricularia 215, deren rund 220 Arten sehr wahrscheinlich zu einem Grundtyp
gehören und sich damit von einer polyvalenten primären Art ableiten (aber auch
hier besteht selbstverständlich noch weiterer Forschungsbedarf).
Die Frage terrestrisch vs. aquatisch habe ich oben mit dem Punkt (106) zum
Teil schon angesprochen. Zu ergänzen ist, dass nach Auffassung der oben
genannten 'aquatischen Autorengruppe' die Mikroevolution in der Gattung
Utricularia ursprünglich zwar vom wässrigen Milieu zu den terrestrischen Arten
verlief, sich dann aber wieder umkehren konnte. Jobson et al. weisen unter
vielen anderen Punkten (siehe ausführliche Begründung dort) auf Folgendes hin
(2003, pp. 157, 164/65):
"The suspended aquatic habit 216 may have evolved independently within sections Utricularia and
Vesiculina."
215
Und nichts anderes hat MN an dieser Stelle behauptet, so dass ihm hier gerne zuzustimmen ist. Die Stammbaumdarstellungen sind
natürlich in evolutionären Arbeiten nicht auf den jeweiligen Grundtyp beschränkt, sondern gehen in der Regel noch weit über die
Familiengrenzen hinaus, wobei der Entstehungsmodus im Sinne der herrschenden Theorie meist impliziert wird. Über die Ursachen der
Entstehung der primären Arten, der Familien und höheren systematischen Kategorien im Sinne der Synthetischen (oder anderer)
Evolutionstheorie(n) sagen derartige Darstellungen jedoch noch nichts, da solche Stammbäume grundsätzlich auch mit intelligent
geschaffenen Werken möglich sind – siehe zum Beispiel Barbrook et al. (1998): The Phylogeny of the Canterbury Tales. Nature 394, 839.
216
Das betrifft die im Wasser "schwebenden" Arten: siehe die Terminologie nach Taylor unten.
123
"In accordance with our optimization analysis, the invasion of terrestrial Utricularia into aquatic habitats
has occurred with the rheophytic habit as well as with suspension in the water column (Taylor 1989) (Fig. 3A;
Appendix)."
"In our data, the node between the U8 and U7 clades was optimized as terrestrial (Fig. 3A; Appendix). This is
due to the juxtaposition of the subaquatic 217/terrestrial U. resupinata at the base of the U7 clade, and terrestrial
section Nelipus and other species of the U8 clade separating the suspended aquatic sections Vesiculina (including
U. olivacea) and Utricularia (Figs. 1, 3A; Appendix). This separation suggests that the suspended aquatic habit
has evolved from terrestrial ancestors independently in the U7 and U8 clades (Figs. 1, 3A; Appendix).
However, the basic vegetative ontogeny of the suspended aquatic sections Utricularia and Vesiculina seems to
be largely homologous, although overall morphologies differ (e.g., capsule dehiscence, seed shape) (Rutishauser
and Sattler 1989; Taylor 1989) (Fig. 3B; Appendix)."
Der entscheidende Punkt in dieser Betrachtung ist, dass terrestrische
Utricularia-Arten nicht nur an der Basis der molekularen Stammbäume stehen,
sondern einen Großteil überhaupt aller Spezies konstituieren und der
Stammbaum dabei wiederholt von aquatischen oder subaquatischen Arten
gewissermaßen "unterbrochen" wird. Am Ende des Stammbaums
(gewissermaßen an der "Spitze") – also mitten unter den aquatischen Arten –
stehen gemäß Jobson et al. 2003 die folgenden Sektionen der Gattung
Utricularia, von denen Spezies von Nelipus und Setiscapella auch 'ans Land'
gehen können bzw. im Falle von Setiscapella sogar mehrheitlich terrestrische
Arten enthalten – im Vergleich zur Basis des Stammbaums (siehe unten) ist es
hier umgekehrt: die terrestrischen Arten tauchen zwischen den aquatischen auf
(Beschreibung in jeweils kurzen Auszug nach Taylor):
Iperua: Small to very large terrestrials, lithophytes or 'aquatic epiphytes'.
Lecticula: Small subaquatics.
Utricularia: Suspended or +/- affixed, minute to quite large aquatics.
Nelipus: Small to quite large annual or perennial subaquatics or terrestrials.
Utricularia: Suspended or +/- affixed, minute to quite large aquatics.
Vesiculina: Small or medium sized, suspended, glandular aquatics.
Setiscapella: Small to medium sized terrestrial or subaquatics. Dazu seien
auch die einzelnen Arten kurz aufgeführt:
Utricularia physoceras: terrestrial
U. subulata: terrestrial
U. pusilla: terrestrial
U. stanfeldii: terrestrial
U. triloba: terrestrial
U. flaccida: terrestrial
U. nervosa: terrestrial
U. nigrescens: terrestrial
U. trichophylla: aquatic or terrestrial
Avesicaria: Small to medium sized rheophytes [aquatics in often swiftly
flowing water].
Taylor kommentiert die Situation und Terminologie wie folgt (1989/1994, p.
42):
"If we restrict the term aquatic to those species which are capable of growing and flowering without any part of the
plant being in contact with the ground we have only 30 species or 14% of the genus: U. tubulata in section
Pleiochasia, the three species in section Vesiculina and most of section Utricularia, but excluding U. minor, U.
intermedia and allies and U. gibba and allies, all of these having all or most of their traps borne on more or less
217
Bedeutet hier soviel wie "halb- oder semiaquatisch".
124
specialized shoots which are normally anchored in the soil or another more or less solid substrate beneath. It is true
that some at least of these species are capable of existing as freely suspended aquatics, but experience indicates that
they do not flower under such conditions. I term these aquatic but with a qualifying prefix 'affixed'.
… There is another group the members of which are clearly aquatic but grow in more or less swiftly flowing
water and must therefore be equipped with special organs which anchor the plant to the (normally solid rock)
substrate. These are admitted as aquatic and are termed rheophytes (see van Steenis, 1981, 1987).”
Man findet also auch aquatische Arten in der Sektion Pleiochasia (die nach
den molekularen Daten zur Sektion Polypompholyx gestellt werden sollte 218) mit
Utricularia tubulata ("suspended aquatic"), und weiter die "affixed aquatics”
U. volubilis, U. helix, U. hamiltonii, U. arnhemica, U. fistulosa sowie die
"affixed subaquatics or terrestrials" U. holtzei und U. rhododactylos 219 somit
ganz nahe an der Basis des Stammbaums.
Die Daten implizieren also eine Vielfachkonvergenz je nach Ausgangspunkt
vom Wasser auf das Land und wieder zurück bzw. vom Land ins Wasser und
wieder zurück. MNs "Prognose, dass terrestrische Arten den aquatischen
Spezies vorausgehen bzw. an basaler Position im Stammbaum stehen" ist also
entsprechend zu modifizieren.
Eine solche für Evolutionstheorien oft problematische Vielfachkonvergenz ist
übrigens in voller Übereinstimmung mit den Voraussagen und Erwartungen des
polyvalenten Grundtyps (d. h. der primären Arten) zum genetischen Potential
und den entsprechenden Anpassungsmöglichkeiten innerhalb von Gattungen,
Triben und Familien im Pflanzenreich.
(108) MN: "…..Wie es scheint, wurde diese Vorhersage anhand molekularer Daten für Utricularia
bereits wiederholt unabhängig bestätigt (JOBSON et al. 2003; MÜLLER/BORSCH 2005)."
W-EL: Wie es scheint, vertreten Jobson et al. (2003) und Müller und Borsch
(2005) zu dieser Frage ganz unterschiedliche Auffassungen, auch wenn in
beiden Papers nach den bisherigen Daten Utricularia multifida an der Basis
steht. Man muss sich dabei jedoch vergegenwärtigen, dass die molekularen
Daten zur Zeit einen relativ geringen Umfang haben: Die combined matrix von
Jobson et al. (2003) bestand aus 2096 sites, von denen 1051 als informativ
eingestuft wurden. Der most parsimonious tree inferred from the combined trnk
intron data set von Müller und Borsch (2005, p. 51) beruht auf 2713 characters.
Diese Datenmengen sind vor dem Hintergrund der Größenordnungen von etwa
88.000.000 bis 400.000.000 (88 bis 400 Millionen) Basenpaaren zu betrachten,
die für die bisher untersuchten, unterschiedlichen Utricularia-Arten
charakteristisch sind (Greilhuber et al. 2006, siehe auch den Kommentar von
Albert et al. 2010). 220
218
Vgl. wieder http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf
219
Von den Sektionen Polypompholyx und Pleiochasia haben Jobson et al. (2003) sowie Müller und Borsch (2005) molekular jedoch bisher
nur die Arten Utricularia multifida (Polypompholyx), U. dichotoma und U.violacaea (Pleiochasia) untersucht (U. violaceae nur von Jobson
et al.), d. h. die hier aufgeführten aquatischen Arten der genannten Sektionen noch nicht.
220
Von den etwa 220 Utricularia-Arten sind dazu bisher 15 Spezies untersucht worden. U. gibba hat 88,3 Mbp (1C) und U. prehensilis 401
Mbp – die Werte der übrigen Arten liegen dazwischen (siehe Greilhuber et al. 2006, Tabelle 1, p. 772).
125
Nun hat sich immer wieder herausgestellt, dass bei zunehmenden molekularen
Datenmengen die Situation für evolutionäre Schlussfolgerungen nicht etwa
einfacher, sondern sehr oft noch wesentlich schwieriger wurde. Diese Aussage
trifft nach meinem bisherigen Wissensstand vor allem auf Fragen der
Makroevolution, aber auch auf Beispiele der Mikroevolution zu. 221 Die weitere
Forschung wird zeigen, inwieweit das auch auf den vorliegenden Fall zutrifft.
So zeigen größere Datenmengen auch meist zunehmende Widersprüche
zwischen molekularen und morphologischen Stammbäumen. Nur ein jüngeres
Beispiel (nach Płachno et al. 2009):
"The clade Genlisea + Utricularia is sister to the genus Pinguicula, which is considered the most primitive
taxon within Lentibulariaceae. Thus we should expect the ovules of Genlisea to be more similar to those of the
221
Vgl. dazu einige sehr informative Beispiele, die der Geologe und Jurist C. Luskin (2009) hier vor allem zu makroevolutionären Fragen
aufgeführt hat (http://www.evolutionnews.org/2009/05/a_primer_on_the_tree_of_life_p_4.html, siehe dort, wie im folgenden Beitrag, die
genauen Literaturangaben): "For example, pro-evolution textbooks often tout the Cytochrome C phylogenetic tree as allegedly matching and
confirming the traditional phylogeny of many animal groups. This is said to bolster the case for common descent. However, evolutionists
cherry pick this example and rarely talk about the Cytochrome B tree, which has striking differences from the classical animal
phylogeny. As one article in Trends in Ecology and Evolution stated: "the mitochondrial cytochrome b gene implied...an absurd phylogeny
of mammals, regardless of the method of tree construction. Cats and whales fell within primates, grouping with simians (monkeys and
apes) and strepsirhines (lemurs, bush-babies and lorises) to the exclusion of tarsiers. Cytochrome b is probably the most commonly
sequenced gene in vertebrates, making this surprising result even more disconcerting.” Siehe weiter http://www.discovery.org/a/10651:
"…the tree of life is challenged even among higher organisms where such gene-swapping does not take place. As the article explains:
"Syvanen recently compared 2000 genes that are common to humans, frogs, sea squirts, sea urchins, fruit flies and nematodes. In theory, he
should have been able to use the gene sequences to construct an evolutionary tree showing the relationships between the six animals. He
failed. The problem was that different genes told contradictory evolutionary stories. This was especially true of sea-squirt genes.
Conventionally, sea squirts—also known as tunicates—are lumped together with frogs, humans and other vertebrates in the phylum
Chordata, but the genes were sending mixed signals. Some genes did indeed cluster within the chordates, but others indicated that tunicates
should be placed with sea urchins, which aren't chordates. "Roughly 50 per cent of its genes have one evolutionary history and 50 per
cent another,” Syvanen says.” Even among higher organisms, "[t]he problem was that different genes told contradictory evolutionary
stories,” leading Syvanen to say, regarding the relationships of these higher groups, "We've just annihilated the tree of life.” This directly
contradicts Hillis' claim that there is "overwhelming agreement correspondence as you go from protein to protein, DNA sequence to DNA
sequence.” Other scientists agree with the conclusions of the New Scientist article. Looking higher up the tree, a recent study published in
Science tried to construct a phylogeny of animal relationships but concluded that "[d]espite the amount of data and breadth of taxa
analyzed, relationships among most [animal] phyla remained unresolved.” Likewise, Carl Woese, a pioneer of evolutionary molecular
systematics, observed that these problems extend well beyond the base of the tree of life: "Phylogenetic incongruities [conflicts] can be
seen everywhere in the universal tree, from its root to the major branchings within and among the various taxa to the makeup of the
primary groupings themselves.” Likewise, National Academy of Sciences biologist Lynn Margulis has had harsh words for the field of
molecular systematics, which Hillis studies. In her article, "The Phylogenetic Tree Topples,” she explains that "many biologists claim they
know for sure that random mutation (purposeless chance) is the source of inherited variation that generates new species of life and that life
evolved in a single-common-trunk, dichotomously branching-phylogenetic-tree pattern!” But she dissents from that view and attacks the
dogmatism of evolutionary systematists, noting, "Especially dogmatic are those molecular modelers of the 'tree of life' who, ignorant of
alternative topologies (such as webs), don't study ancestors." 8 Striking admissions of troubles in reconstructing the "tree of life” also came
from a paper in the journal PLOS Biology entitled, "Bushes in the Tree of Life.” The authors acknowledge that "a large fraction of single
genes produce phylogenies of poor quality,” observing that one study "omitted 35% of single genes from their data matrix, because those
genes produced phylogenies at odds with conventional wisdom.” The paper suggests that "certain critical parts of the [tree of life] may be
difficult to resolve, regardless of the quantity of conventional data available.” The paper even contends that "[t]he recurring discovery of
persistently unresolved clades (bushes) should force a re-evaluation of several widely held assumptions of molecular systematics.”
Unfortunately, one assumption that these evolutionary biologists aren't willing to consider changing is the assumption that neo-Darwinism
and universal common ancestry are correct. Extreme Genetic Convergent Similarity: Common Design or Common Descent? If common
descent is leading to so many bad predictions, why not consider the possibility that biological similarity is instead the result of common
design? After all, designers regularly re-use parts, programs, or components that work in different designs (such as using wheels on both cars
and airplanes, or keyboards on both computers and cell-phones). One data-point that might suggest common design rather than common
descent is the gene "pax-6.” Pax-6 is one of those pesky instances where extreme genetic similarity popped up in a place totally unexpected
and unpredicted by evolutionary biology. In short, scientists have discovered that organisms as diverse as jellyfish, arthropods, mollusks, and
vertebrates all use pax-6 to control development of their very distinct types of eyes. Because their eye-types are so different, it previously
hadn't been thought that these organisms even shared a common ancestor with an eye. Evolutionary biologist Ernst Mayr explains the havoc
wreaked within the standard evolutionary phylogeny when it was discovered that the same gene controlled eye-development in many
organisms with very different types of eyes: "It had been shown that by morphological-phylogenetic research that photoreceptor organs
(eyes) had developed at least 40 times independently during the evolution of animal diversity. A developmental geneticist, however, showed
that all animals with eyes have the same regulator gene, Pax 6, which organizes the construction of the eye. It was therefore at first
concluded that all eyes were derived from a single ancestral eye with the Pax 6 gene. But then the geneticist also found Pax 6 in species
without eyes, and proposed that they must have descended from ancestors with eyes. However, this scenario turned out to be quite
improbable and the wide distribution of Pax 6 required a different explanation. It is now believed that Pax 6, even before the origin of eyes,
had an unknown function in eyeless organisms, and was subsequently recruited for its role as an eye organizer.""
126
more closely related genus Utricularia than to Pinguicula. Surprisingly, the ovules of Genlisea retain
characters (free funiculus, ES remaining in the ovule) in common with Pinguicula, presumably inherited from
a common ancestor. Genlisea ovules have only one main character in common with subgenus Polypompholyx
(Utricularia): a well-developed funiculus."
Vergleicht man überdies die molekularen Stammbäume von Jobson et al.
(2003) und Müller und Borsch (2005) mit der morphologisch begründeten
Reihenfolge der Sektionen von Taylor (1989/1994), für die von
evolutionistischer Seite meist auch eine phylogenetische Bedeutung impliziert
wird 222, so findet man ebenfalls zahlreiche Inkongruenzen.
(109) MN: "…. Des Weiteren sind Homologien in Bezug auf die Mechanismen der Verdauung, der
Individualentwicklung und weiterer Charakterzüge zu erwarten."
W-EL: Der Design-Ansatz arbeitet mit den gleichen Erwartungen (ich darf
wieder daran erinnern, dass der Begriff Homologie von einem "Kreationisten"
geprägt wurde) und darüber hinaus auch mit der Entdeckung weiterer
tiefgreifender Unterschiede und neuen synorganisierten Strukturen.
(110) MN: "Grundsätzlich lässt sich das Szenario auch hinsichtlich fossiler Funde überprüfen."
Aus Strasburger 2002, p. 748 (siehe auch 2008, p. 798): Entfaltung wichtiger Pflanzengruppen während
der Erdgeschichte. Nach K. Mägdefrau. (Die Lycopodiaceen sind jedoch ins Obersilur zu korrigieren und damit
in etwa gleich alt wie die Psilophyten; vgl. http://www.weloennig.de/GiraffaZweiterTeil.pdf, pp. 51, 94
und http://www.weloennig.de/Physalis1a.pdf, slide 53.)
W-EL: Die Fossilien sprechen von plötzlicher Entstehung und Konstanz der
Formen (siehe dazu die Ausführungen zum Punkt (23), insbesondere zu Gould
und zum Punkt (59) u. a. die auf 124,6 Millionen Jahre datierten Sarracenien222
Die sogenannt "primitiven” Arten am Anfang, die komplexesten am Ende der Reihenfolge.
127
Funde). Man könnte sich in diesem Zusammenhang weiter auch dem
Angiospermenproblem (Darwins "abominable mystery") und weiteren
paläobotanischen Fragen sowie dem Kambriumproblem widmen. Im Rahmen
eines Abteilungsseminars am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung am
20. März 2008 habe ich den Gegensatz zwischen den neodarwinistischen
Erwartungen und Voraussagen und den tatsächlichen bisherigen Befunden in der
Paläobotanik wie folgt dargestellt (Original größer, schärfer und z. T. in Farbe):
Composed according to M. J. Benton (Ed.): The Fossil Record 2 (mosses – on the far left – and others checked for the latest results).
Phylogenetic expectations in contrast to the present state of the art of the fossil record (the strongly curved line) – the only real historic
facts available. Incidentally, this present state of the art of the fossil record is almost 100 years old. I think this means something
extraordinarily (the present phylogenetic schemes are basically wrong). But Lycophytes were earlier: Upper Silurian to recent: Cooksonia
and Baragwanathia longifolia, dated to be 424 million years old.
(111) MN: "Weitere
(z. B. biogeographische und evolutionsökologische) Daten müssen sich zu einem kohärenten Bild
vereinigen. [Ende der Fußnote von MN.]"
W-EL: Die Daten lassen sich vielmehr zu einem kohärenten Bild im Sinne der
Designtheorie vereinigen, die – im Gegensatz zum Neodarwinismus – in weiten
Bereichen testbar ist (specified und irreducible complexity, predictions
concerning the discontinuity of the fossil record and in biological systematics,
ganz unterschiedlich hoch differenzierte Lebensformen sowie closely related
species co-exist in the same area and in the same circumstances (Bateson),
origin of life and information, micro- and macroevolution, predicted problems of
macroevolutionary molecular phylogeny because of intelligently designed
functional new information etc.; zur Testbarkeit vgl. wieder pp. 118, 155-157).
In diesem Zusammenhang sind auch einige Anmerkungen zur Testbarkeit des
Naturalismus und seiner erkenntnistheoretischen Konsequenzen überhaupt
angebracht. Ich greife dabei auf einige Ausführungen zurück, die ich am 24.
November 2009 am Staatlichen Museum für Naturkunde zum Teil vortragen
und anschließend in schriftlicher Form den daran interessierten Zuhörern
128
überreichen konnte: 223
"The irony here is that evolutionists make naturalism unscientific according to
their own criterion of testability. This is because naturalistic explanations are the
only explanations that are allowed. They therefore cannot be tested because they
are true by definition. The only testing that can be done is between different subhypotheses of naturalism. Gradualism can be compared with punctuated
equilibrium, drift can be compared with selection, and so forth” (Cornelius
Hunter, last updated 11 June 2009).
Der Absolutheitsanspruch des Naturalismus ("teleologische Ansätze sind unter
keinen Umständen erlaubt") kann nicht nur an den wahren Ursachen
vorbeigehen, sondern führt in letzter Konsequenz auch zur Verneinung der
Erkenntnisfähigkeit/Rationalität des Menschen überhaupt. Darwin spricht
diese Frage in seinem Brief vom 3. Juli 1881 an Graham wie folgt an:
"But with me the horrid doubt always arises whether the convictions of man's mind, which has been developed from the mind of the
lower animals, are of any value or at all trustworthy. Would any one trust in the convictions of a monkey's mind, if there are any convictions
in such a mind?" (Darwin: Letter to Graham 3 July 1881).
Warum aber, darf man fragen, wendet Darwin seinen horrid doubt nicht
konsequenterweise auch auf die Ableitung des menschlichen Verstandes von
dem der niederen Tiere an? Diesen Punkt spart er dogmatisch aus.
John Lennox (Professor of Mathematics at Oxford University. Inverness
Lecture, 27. Oktober 2008) führt die Frage wie folgt weiter aus:
"…what is the human mind according to [Darwin and] Dawkins [oder des Naturalismus überhaupt]? It is the human brain. There is
nothing immaterial. And the human brain is what? Well, it is a mechanism that has been produced by a mindless, unguided process, a process
incidentally, which – as he himself confesses – is geeared to reproductive success and not to truth. But, then, why should I have any reason
for thinking that such a mechanism could say anything about truth?" (John Lennox 2008).
Ähnlich kommentiert Plantinga:
"Toward the end of the book [The God Delusion], Dawkins endorses a certain limited skepticism. Since we have been cobbled together
by (unguided) evolution, it is unlikely, he thinks, that our view of the world is overall accurate; natural selection is interested in adaptive
behavior, not in true belief." (Alvin Plantinga 2007).
Daraus schließt Lennox, dass der Naturalismus die Vernunft selbst
unterminiert (2008) (vgl. dazu auch die Ergänzung zur Fußnote 223):
"Indeed, it seems to me…that Alvin Plantinga is perfectly right that Dawkins naturalism undermines rationality…. As it is put from the
evolutionary perspective the neurophysiology might well be adaptive. But why would one think for a moment that the beliefs caused by that
neurophysiology will be mostly true? And particularly, what grounds does Richard Dawkins have to believe that naturalism is true? In other
words, Dawkins' unguided evolution undermines his naturalism.”…”My biggest objection to the new atheism is that it gives no basis for
trusting the rationality on which science depends.”
Unsere Fähigkeit, die Natur zumindest zum Teil rational zu erkennen, erklärt
Lennox wie folgt:
"The rational intelligibility of the universe … sits very comfortably with the Christian worldview, which says the reason that a
mathematician in her head here can understand the universe in part out there is that the same God is ultimately responsible … for the human
mind in here as for the universe out there. Therefore we can understand it in part." [ID würde zunächst nur vom selben Designer
223
http://www.weloennig.de/Podiumsdiskussion.pdf Vielleicht zur Ergänzung ein Wort von A. Ludwig: "Honesty may be a noble ideal, but
it has little value in the life-and-death struggle for survival and security. Man has little choice in the matter. He must lie to live.” – Zitiert nach
J. Jackson 2001, p. 149). Eine Neurophysiologie, die aus Millionen von Jahren eines solchen Verhaltens resultiert – wie "wahr" kann
dann das darauf aufgebaute Weltbild sein?
129
sprechen] 224
Weiter im laufenden Text von MN: Schlusssatz:
(112) MN: "Aber wer nichts sucht, der findet bekanntlich auch nichts."
W-EL: Das Einzige, was MN nach meinem Verständnis angesichts der
obigen Diskussion 225 zu Utricularia gesucht hat, war die Rettung seines
materialistischen Weltbilds vor der Falsifikation durch komplexe biologische
Tatsachen. Das sei dem Verfasser selbstverständlich unbenommen. Wenn er mir
und anderen Autoren jedoch "selektive Wahrnehmung" vorwirft oder sein
gelegentlicher Koautor Andreas Beyer Herrn Siegfried Scherer gar "perfekten
und systematischen Selbstbetrug" unterstellt etc. (siehe Fußnote), MN dann aber
selbst – wie oben ausführlich dokumentiert – zahlreiche für eine
wissenschaftliche Fragestellung hoch relevante Tatsachen ausblendet (bzw.
durch ein mangelhaftes Studium der entscheidenden Daten gar nicht erst zur
Kenntnis nimmt) und überdies selbst noch (und wiederholt!) mit false facts
arbeitet, dann darf ich den Leser bitten, auch in diesem neuen Zusammenhang
meine Schlussfolgerung zu prüfen, ob solche Verfasser das, was sie ihren
Kontrahenten vorwerfen, möglicherweise nicht vielmehr selbst praktizieren. 226
Darüber hinaus schließt MN Design als wirksame Ursache in der Natur a
priori und prinzipiell aus. Solange man jedoch ID aus weltanschaulichatheistischer Motivation dogmatisch ausschließt, wird man es natürlich niemals
finden können 227 – weder in der lebenden Natur noch im Ursprung des
Universums – selbst wenn sich vor aller Welt herausstellt, dass das schon jetzt
und noch mehr in Zukunft so deutlich und so sicher der Fall ist, dass jeder
denkende Mensch den intelligenten Ursprung der Dinge unmittelbar (oder in
einem Studium der Naturwissenschaften) nachvollziehen und akzeptieren
kann (siehe weiter pp. 118, 155-157).
Kommen wir zu unserem Ausgangspunkt, dem Scheitern der Synthetischen
Evolutionstheorie zur Entstehung Utricularias und Nachtweys Kommentar dazu
zurück (vgl. die Punkte (16), (17), (20), (22), (38), (42), (68), (71), (79), (94),
(95)), indem wir ihn mit dem heutigen Erkenntnisstand vergleichen (RobNa:
224
Ergänzende Punkte wieder unter http://www.weloennig.de/Podiumsdiskussion.pdf , p. 14.
225
Und genauso in der unten wiedergegebenen ersten Diskussion.
Vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf (p. 100). Ich möchte dazu weiter an die Hauptpunkte von p. 4 erinnern:
Reinhard Junker und Henrik Ullrich (2007) weisen unter anderem auf eine ethisch besonders fragwürdige Methodik der Autoren dieses
Buches hin (mit Ausnahme von Leinfelder, der inzwischen die AG Evolutionsbiologie verlassen hat). Mit der "Unterstellung verwerflicher
Strategien" versucht man "die Kreationisten" wie folgt als völlig unglaubwürdig hinzustellen:
226
"Im Buch wimmelt es in einigen Passagen von Vorwürfen wie "Verschweigen", "Unterschlagen", "Vorenthalten" (relevanter Informationen), Anwendung
von "Tricks", "die für Kreationisten geradezu typisch" seien (S. 123), "führt ... systematisch hinters Licht", "doppelzüngig", Kreationisten "versuchen ...,
Verwirrung zu stiften", es gebe eine "hoch beliebte Taktik fast aller Kreationisten", Kreationisten "lamentieren ... gezielt vorbei", "zieht alle polemischen
Register" usw. Verbunden mit aus dem Zusammenhang gerissenen inhaltlichen Aussagen der kritisierten Autoren kommt dadurch ein Mix zustande, der dem
Leser suggeriert, dass (fast) alle Kreationisten nicht nur inkompetent seien, sondern regelmäßig moralisch verwerflich agieren würden. Die Autoren von
"Kreationismus in Deutschland" können nur hoffen, dass möglichst wenige Leser die kritisierten Inhalte in den Originalkontexten der kritisierten Autoren lesen
und mit ihren Darstellungen direkt vergleichen."
Der Leser prüfe bitte im Detail meine folgende Schlussfolgerung anhand des Textes unten:
Genau das, was die Autoren ihren Kontrahenten vorwerfen, praktizieren sie selbst, und zwar in einem Ausmaß, welches alles übertrifft, was
die wissenschaftlichen "Kreationisten" selbst jemals an Fehlern begangen haben. Und als Begleitmusik zu den zumeist völlig überzogenen
bzw. unzutreffenden Vorwürfen ertönt jeweils die Fanfare der moralischen Empörung über die Inkompetenz und Verwerflichkeit "der
kreationistischen Pseudowissenschaft"" (vgl. weiter auch pp. 22/23 des oben verlinkten Dokuments).
227
Siehe dazu auch Lönnig und Meis 2006 (erste Diskussionsrunde), sowie Junker 2009c, pp. 35-37.
130
Robert Nachtwey, pp. 99/100):
(a) RobNa: "Wie wir im vorigen Kapitel gesehen haben, lehrt der moderne Darwinismus, dass alle
organischen Bildungen durch "Mikroevolution" entstanden seien."
W-EL: Genau das ist bis heute der Fall. Die Synthetische Evolutionstheorie
impliziert mit der Mikroevolution die Makroevolution, d. h. die Entstehung aller
Lebensformen. 'Makromutationen' und Symbiosen spielen dabei nur eine
untergeordnete
Rolle.
Es
gibt
selbstverständlich
noch
weitere
Evolutionstheorien, die ich zum Teil oben schon erwähnt habe. Zum Thema
EvoDevo vgl. zum Beispiel die ausführlichen Beiträge von Reinhard Junker
(http://www.genesisnet.info/pdfs/Evo-Devo.pdf, 2009). Alle diese Theorien spielen jedoch nach wie
vor in der Biologie nur eine untergeordnete Rolle und der Kontinuitätsgedanke
des Darwinismus beansprucht weiterhin die führende Position.
(b) RobNa: "Dabei wird ausdrücklich betont, dass winzigste Mutationen das Material für die natürliche
Selektion liefern. Ludwig betont, dass die Kleinstmutationen ohne oder fast ohne erkennbaren Effekt sind.
"Unter diesen Kleinstmutationen wird man den Hauptteil der evolutorisch verwertbaren Mutationen zu suchen
haben, und nur sehr selten sind günstige Großmutationen zu erwarten."
W-EL: "Kleinstmutationen" meint hier mit Mayr Mutationen mit "slight or
even invisible effects on the phenotype". Für diese Auffassung ließen sich
reihenweise weitere zeitgenössische Autoren zitieren. Oben habe ich u. a. schon
Dawkins 1997, 2003, 2004; Sauer and Rehfeld 1999; Coyne and Orr 2004;
Futuyma 2007; Coyne; 2009; Shubin 2009 und Avise 2010 aufgeführt – die
Liste ließe sich fast endlos verlängern (vgl. die Punkte (3) und (28) oben).
(c) RobNa: "Nun mögen uns die Darwinisten erklären, wie man sich die Bildung des
Wasserschlauchbläschens aus einem Blattzipfel vorstellen soll. Welche richtungslose Mutation soll im normalen
Blattzipfel zuerst erfolgt sein und dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben?"
W-EL: Die von MN und anderen Autoren erwähnte 'Makromutation' der
Schlauchblätter des Wegerichs (Plantago) sind für die Frage, welche
richtungslose Mutation zur Entstehung der Saugfalle Utricularias im normalen
Blattzipfel zuerst erfolgt sein und dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben
soll, völlig irrelevant, da für den Beginn der postulierten Evolution der
Lentibulariaceae Vorstufen zu Klebfallen angenommen werden (vgl. die
detaillierten Ausführungen zum Punkt (67) oben).
Diese angenommenen Vorstufen selbst sind ausgesprochen problematisch und
können weder mutationsgenetisch noch selektionstheoretisch einfach als
gegeben vorausgesetzt werden (siehe dazu die Schwierigkeiten zu den Schritten
(1) und (2) unter Punkt (67)).
(d) RobNa: "Hatte sie diesen nicht, so ging sie als belanglos verloren. Ausdrücklich betonen die Darwinisten,
dass Mutation und Selektion zusammenwirken müssen, wenn etwas Neues entstehen soll."
W-EL: Nach geologischer Zeitrechnung gehen die Schlauchblattmutanten des
Wegerichs und anderer Spezies offenbar schon seit Millionen von Jahren "als
belanglos verloren". Andererseits scheitert eine Selektion über zahlreiche
Bindeglieder auf der DNA-Sequenzebene zu den Schritten (1) und (2) zu den
131
Klebfallen schon daran, dass die meisten dieser postulierten Zwischenstufen
weder auf der genetischen (vgl. Axe, Junker/Scherer, Gauger et al., Gauger und
Axe oben) noch auf der physiologisch-anatomischen Ebene einen deutlichen
Selektionsvorteil gehabt haben dürften. Also müßten auch solche
Zwischenstufen zumeist als belanglos verloren gegangen sein.
Aber nehmen wir der Argumentation halber für jede Punktmutation mit zunächst "slight or
even invisible effects on the phenotype" Selektionsvorteile an, die letztlich zu den Schritten
(1) und (2) geführt haben sollen, so stellen sich für diesen Ansatz immer noch folgende
Probleme:
Nach den Berechnungen des Neodarwinisten R.A. Fisher, die auch von Dobzhansky und den meisten anderen
Befürwortern der Synthetischen Evolutionstheorie akzeptiert werden, beträgt die Wahrscheinlichkeit der
Eliminierung einer Mutation (ohne oder) mit 1% Selektionsvorteil schon nach 31 Generationen über 93 % und
nach 121 Generationen über 97 %!
Tabelle nach Fisher aus Schmidt 1985:
Das heißt also, dass das mutierte Gen auch bei dem durchschnittlich erwarteten Selektionsvorteil von etwa
1% in der Regel wieder verloren geht! Selbst bei einem äußerst seltenen Selektionsvorteil von 5 % dauert es
noch 800 bis 1 000 Generationen, bis sich ein rezessives Allel in einer Population durchsetzt (Hartl 1988,
p.121). 228
(e) RobNa: (…) "Soll die Bildung mit dem Entstehen der Kastenfalle beginnen oder mit der Produktion der
Verdauungssäfte? [Wie oben erwähnt, werden diese von Jobson et al. (2004) undiskutiert als gegeben
vorausgesetzt.] – Sobald wir dies überlegen, zeigt sich die...Ohnmacht der Darwinschen Theorie, denn selbst
eine vollkommene Kastenfalle mit der erstaunlichsten Fähigkeit, blitzschnell Tiere zu erbeuten, hätte ohne
Verdauungssäfte nicht den geringsten Wert im Daseinskampf, weil die Beute nicht verdaut würde."
W-EL: Nachtwey überspringt hier – wie schon Jobson et al. (2004, siehe
Punkte (38) bis (40) oben) – die ohnehin zweifelhaften hypothetischen
Zwischenstufen (3) bis (7) nach Barthlott et al. (2004) und weiteren Autoren
(vgl. wieder Punkt (67)). Zum Schritt (3) sei an die "key inventions" erinnert,
"absorptive glands attached to tracheid elements". Dass Byblis und Roridula
weder als echte noch als funktionale Vorstufen in Frage kommen, wurde oben
schon begründet 229 ("high activity of phosphatases in both species" etc.). Die
Schritte (4) und (5), Pinguicula agnata 230 und P. utricularioides 231, sind
228
Siehe weiter http://www.weloennig.de/NeoB.Ana1.html
"High activity of phosphatases in both species" und nicht homologe Struktur der digestive glands.
230
Selektionswidrige Einrollung einzelner Blätter
231
Siehe Kommentar zu den vermeintlich "blasenförmig eingerollten Blättern" oben.
229
132
ebenfalls problematisch und die Schritte (6) 232 und (7) 233 sind zur Zeit nichts als
Spekulationen, und der hypothetische Schritt (8) 234 setzt den evolutionären
"Vorstellungen" nun die Krone auf und erklärt rein gar nichts von dem, was
eigentlich wissenschaftlich zu erklären ist (Details dazu wieder oben).
(f) RobNa: "Was aber soll es andererseits einem gewöhnlichen Blattzipfel [oder "a simple open trap"] nützen,
wenn er noch so wirksame Verdauungssäfte ausscheidet, er kann ja die Beute nicht festhalten, was unbedingt
nötig ist."
W-EL: Das erinnert an den Punkt (38) nach Jobson et al. (2004), der hier noch
einmal kurz aufgegriffen sei:
(38) Jobson et al. (2004): "In simple open traps, essential prey-derived nutrients would be expected to
quickly flow back out into the environment."
W-EL: Und ich hatte dazu angemerkt: Welchen Selektionswert und -vorteil hätte eine
solche "Falle", die die "essential prey-derived nutrients" direkt wieder verliert? Welch ein
sinnwidriger Aufwand in der Produktion von Verdauungssäften, die sich unkonzentriert in der
wässrigen Lösung verlieren ("quickly flow back out into the environment") – können diese
stark verdünnten Verdauungsenzyme überhaupt zu "essential prey-derived nutrients" führen,
geschweige denn diese aufnehmen" etc. – siehe oben.
(g) RobNa: "Aber selbst wenn Kastenfalle und Verdauungssäfte zusammenwirken, so ist für den
Daseinskampf noch nichts gewonnen. (...) Die gelösten Eiweißstoffe müssen ja auch aufgesogen und in
arteigenes Pflanzeneiweiß verwandelt werden. (…)"
W-EL: Wie schwierig dieser Schritt ist (Aufnahme der gelösten Eiweiße und
Umwandlung in arteigenes Pflanzeneiweiß), zeigte schon das Beipiel des Farns
Elaphoglossum glutinosum, der am gleichen Standort wie Pinguicula calyptra
weit mehr Insekten fängt als dieser, aber trotz Millionen Jahre länger
währender Evolution diese nicht auswerten kann (und offenbar auch nicht
braucht, um dort zu leben). Ganz im Sinne D'Amatos (1998, p. 222: "Lloyd
1942 realized that over a dozen separate things occurred when a bladder
caught prey.") schließt Nachtwey schon 1959:
(h) RobNa: "Die Bildung des Wasserschlauchbläschens erfordert also das vollendet harmonische
Zusammenspiel vieler verschiedenartiger Gene und Entwicklungsfaktoren. Erst mit dem Endeffekt wird der
Nutzen für den Daseinskampf erreicht, nicht aber mit irgendeiner Entwicklungsstufe" (von Nachtwey kursiv).
W-EL: Und nicht einmal unter diesen Voraussetzungen scheint ein
Selektionsvorteil völlig sicher zu sein (vgl. Richards 2001).
Überdies ergeben sich reihenweise weitere Probleme für die Selektionstheorie aus dem
Kommensalismus oder Mutualismus (bis zur Symbiose) zwischen vielen Karnivoren und vor
allem Tieren, ein Thema, welches ich hier nur andeuten möchte. "Als Kommensalismus wird
das Zusammenleben zweier Organismen bezeichnet, wobei sich der eine Kommensale (z. B.
232
"Durch Herabsenken der Fangblätter ins Erdreich kann man sich die Entstehung der Genlisea-Reusenfallen und Utricularia-Fangblasen
vorstellen."
233
"Die schraubenförmige Verdrehung und Verlängerung der vorderen Blattzipfel", die zu Genlisea geführt haben soll
234
"… der Fallentyp von Genlisea … (s. Abb. 104), der sich bei Utricularia lediglich auf die blasenförmige Verdauungskammer als
Fangstruktur beschränkt (Abb. 122-124)."
133
Xanthoptera-Motte) vom Nahrungsüberschuss des anderen (Sarracenia) mit ernährt ohne
seinen Wirt zu schädigen" (Barthlott et al. 2004, pp. 50/51). Es gibt jedoch auch Parasitismus
(siehe Beispiel in der Fußnote). Rund 150 verschiedene Tierarten können sich in den Kannen
von Nepenthes nach Phillips und Land (1996) aufhalten, die Vielzahl von Bakterien,
Protozoen und Pilzen noch gar nicht mitgerechnet. 235
Zurück zur Entstehung der Fallen selbst. Nach dem oben Gesagten trifft das
folgende Wort der Botaniker D. Briggs and S. M. Walters zur Entstehung
komplexer biologischer Strukturen heute umso nachdrücklicher zu (1997/2001,
p. 25):
"More than a century of intervening research [since Darwin and Mivart] has done little to remove this
particular difficulty; the evolution of highly complex structures still presents a real problem of
interpretation." 236
Der soeben schon zitierte Peter D'Amato, der nach eigenen Angaben über die
größte Sammlung karnivorer Pflanzen der Welt verfügt237, kommentiert die
235
Vielleicht gehören dazu auch einige Algenarten: Oben hatte ich schon die Arbeit von Peroutka et al. (2008) zitiert mit dem Thema:
"Utricularia: a vegetarian carnivorous plant?" Die Autoren hatten Spezies aus 45 Algen-Genera in den Fallen gefunden. Gebuhr et al. (2006)
fanden "a total of 78 algae taxa" in den Fallen von Sarracenia purpurea. - Lloyd (1942/2007) und Schnell (2002) haben die Frage der
'Mitbewohner' jeweils im Rahmen der verschiedenen Gattungen behandelt und Barthlott et al. (2004) haben dem Thema ein eigenes Kapitel
gewidmet. Zur Veranschaulichung der selektionstheoretischen Schwierigkeiten, die mit diesen Bewohnern verbunden sein können eigentlich ein ganzes Thema für sich - zitiere ich hier nur das Beispiel der Mottengattung Exyra (nach Lloyd 1942/2007, pp. 36-38,
auszugsweise; ähnlich Schnell 2002, pp.120-124). Lloyd schreibt: "The most intriguing of all animal associates are three closely related
species of a small moth of the genus Exyra, because of the striking adaptations which they display to a special environment (Jones 1921).
... The older larvae of all three species [E. ridingsii, E. semicrocea and E. rolandiana] make use of a method of isolating themselves from
the outside as follows. They spin a diaphragm of silk webbing across the mouth of the tube, either transversely or more or less oblique
according to the position of the lid, and in S. psittacina, across the mouth of the entrance tube. Any accidental openings are closed by
webbing, and thus they immure themselves in a food chamber from which rain is prevented entrance. Larvae of a spring brood, when they
find themselves in young tender pitchers, use another quite extraordinary method of insuring for themselves a safe retreat. The young larva
then eats away a ringing groove near the top of the pitcher. Above this the pitcher wall dies, dries, and becomes indurated, sagging over and
barring the entrance. In the chamber thus formed the larva feeds and hibernates. In the pitchers of S. flava, which die down during the winter,
the larva retires to the lower regions of the pitcher, and there ensconces itself in a chamber plugged by webbing and frass, where it awaits the
spring. A curious variant of this habit is displayed by the caterpillar of Exyra ridingsii, which before pubation prepares for the future by
cutting an emergence hole above the point of pubation, so that the moth may easily escape, and below a small hole for the drainage of
water, so that its pubation chamber may not be flooded. It then forms its chamber by webbing spun loosely so as to allow water to pass,
and then spins its cocoon and webbing and frass. Exyra simicroca, when it pupates in the pitchers of S. psittacina, handles its situation
somewhat similarly, but with special attention to the peculiarities of the host plant. Usually when the larva intends to pupate it passes into
an uninjured pitcher. Since that of S. psittacina has a lobster-trap entrance, out of which escape would be difficult - not because of the sized
of the opening, but because of its re-entrant character - the larva first cuts an escape hole in the roof of the hood." Die Selektion müsste hier
zukunftsorientiert gearbeitet haben. Kuhn hat die Problematik dazu anhand des Erbsenkäfers wie folgt herausgearbeitet (1951, p. 115):
"Wie will ferner die Abstammungslehre Lamarcks oder Darwins das Folgende erklären? Das Weibchen des Erbsenkäfers legt seine
Eier auf die Hülsen junger Erbsen ab. Die ausschlüpfenden Larven durchbohren die Hülse und dringen in die noch weichen Erbsen ein.
Die bis zum Mittelpunkt einer Erbse vorgedrungene Larve lebt weiter, die anderen gleichzeitig, aber weniger weit eingedrungenen Larven gehen zugrunde. Nun höhlt die Larve die Erbse innerlich aus, bohrt sich einen Gang zur Oberfläche
und ritzt am Ende die Haut der Erbse ringsu m auf, so daß eine Türe entsteht. Dann zieht sich die Larve wieder in ihre
Nahrungshöhle zurück und wächst weiter; die Erbse aber wird inzwischen hart. Daher hat die Larve vorsorglich den Gang mit
der Türe geschaffen, um von der erhärteten Erbse nicht lebendig eingeschlossen und begraben zu werden. In diesem Falle nützt
doch keine von den Ahnen überkommene Erfahrung, die auf Versuch und Irrtum beruht. Jeder Versuch, aus der hart gewordenen
Erbse herauszukommen, würde sich als verfehlt erweisen. Die Anlage von Tunnel und Türe muß vielmehr im
Formbildungsplan der Larve des Erbsenkäfers gelegen sein. Solche Beispiele ließen sich in großer Zahl bringen [ Fab re h at
zahlrei che sol ch e Fälle in seinen Sou vernirs Ento mologiq ues bes chri eb en ]; kein einziger dieser Fälle aus der Tierbiologie läßt sich
durch die kumulative Abstammungslehre erklären. Hier liegt das vor, was primäre Zweckmäßigkeit genannt wurde. "
236
Ähnlich äußerte sich der vielleicht größte französische Zoologe des 20. Jahrhunderts, Pierre Paul Grassé, wenn er zur Entstehung
komplexer Strukturen wie das menschliche Auge u. a. feststellt (1977, p. 104, auch z. T. zitiert in Science 1985): "What gambler would be
crazy enough to play roulette with random evolution? The probability of dust carried by the wind reproducing Durer's 'Melancholia' is less
infinitesimal than the probability of copy errors in the DNA molecule leading to the formation of the eye; besides, these errors had no
relationship whatsoever with the function that the eye would have to perform or was starting to perform. There is no law against
daydreaming, but science must not indulge in it." (P. 97:) "Mutations have a very limited 'constructive capacity'; this is why the formation of
hair by mutation of reptilian scales seems to be a phenomenon of infinitesimal[ly small] probability; the formation of mammae by mutation
of reptilian integumentary glands is hardly more likely..."
237
Siehe Peter D'Amato: http://www.sciencedaily.com/books/t/0898159156-the_savage_garden_cultivating_carnivorous_plants.htm
Aber ich könnte mir vorstellen, dass Thomas Carow ihm in dieser Hinsicht nur wenig nachsteht: http://falle.de/scripts/index.php?i=1,0
134
Evolutionsfrage in seinem Buch The Savage Garden (1998, pp. XIX/XX) sehr
treffend wie folgt:
"How have such plants evolved? Definite theories on the evolution of carnivorous plants are few;
the almost complete lack of fossil evidence 238 coupled with the current shifting of ideology among
evolutionists may make theorizing an exercise in futility. Uniformitarianism, or gradualism, as
popularized by Darwin, Wallace, and other nineteenth century scientists, holds that evolutionary
change in both biology and geology is a very slow progression of events that occurs even as we speak.
Darwin's theory of the origin of species by natural selection relied on rare and random mutation
giving rise to new traits that, if beneficial to the species, allowed it to compete better among its
peers and pass those traits down to its offspring. Darwin's dream that the fossil evidence for such
transitional forms were simply missing from the evolutionary record has turned out to be mere wish
fulfillment, for most scientists today agree that there are no transitional forms.
Thus, under gradualism, Darwinists imagined how a basic oval leaf slowly evolved, step by step,
into the simple, rolled up, funnel shape of something like a Heliamphora leaf; then through random,
accidental mutations over aeons of time, added genes to eventually produce the drug coniine in
Sarracenia flava or the light windows of Darlingtonia or the symbiotic relationship of Roridula and
assassin bugs... well okay, maybe it's not so easy to imagine! Or, in the words of Francis Lloyd, who in
his 1942 book, The Carnivorous Plants, mused on how the complex trap of Utricularia could have
possibly evolved under gradualism: "Since we cannot answer these questions, it is perhaps as well to
say no more."
Currently, beliefs in gradualism are eroding. Scientists are realizing that for long periods of time
species of life on earth are stabilized, with little or no evolutionary progress. Then periodically and
very suddenly, geological and biological changes take place. Older species suddenly vanish, while new
ones appear quickly with no transitional forms. Others remain unchanged. While research in areas
such as DNA may lead to conclusions concerning relationships between species, including carnivorous
plants, how those species actually evolved is still the deepest of mysteries. The answers may come
over the next century—maybe through the theories of punctuated equilibrium, but more likely
through cosmic catastrophism; possibly through the studies of DNA or population genetics, or
perhaps through some new theory no one has thought about yet."
The "new theory no one has thought about yet" bzw. an welche viele
materialistische Biologen prinzipiell nicht denken wollen, beinhaltet die
zahlreichen neuen Daten und Ansätze zum intelligenten Ursprung der
Lebensformen (vgl. pp. 118, 155-157). Eine sehr lesenswerte Einführung zur
Thematik unter Diskussion der grundsätzlichen Probleme und Einwände findet
der daran interessierte Leser bei Markus Rammerstorfer (2006, 2010). 239
TEIL 2 (aus: "Die Affäre Max Planck", die es nie gegeben hat
2010)
Biologische Beispiele wie Utricularia, Coryanthes, Catasetum
und mehrere andere
http://www.weloennig.de/Die_Affaere2.pdf,
Gemäß dem Zitat zu Punkt (12) im ersten Teil der Arbeit zur "Affäre"
wollten MN und AB in ihrem Beitrag unter anderem "die evolutionskritische
Argumentation in Lönnigs Arbeiten im Detail zu analysieren", wozu ich
238
Die Situation zum Thema "fossil evidence" hat sich jedoch in den letzten Jahren etwas verbessert, aber zu Ungunsten der Synthetischen
Theorie, vgl. dazu die Ausführungen zum Punkt (59) oben.
239
http://www.amazon.de/gp/reader/3839132436/ref=sib_dp_pt#reader-link
135
zunächst bemerkte:
Worin bestand nun meine "evolutionskritische Argumentation" auf dem
Server des MPIZs [Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, neuerdings
umbenannt in Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung, MPIPZ]?
Ich nenne im Folgenden nur einmal die folgenden Stichworte:
(1) Utricularia, (2) Coryanthes, (3) Catasetum, (4) Scabiosa, (5) Vogelfeder, (6)
Giraffe, (7) Auge, (8) Pipa americana, (9) Homologie-Frage der Blütenorgane, (10)
Biston betularia, (11) Probleme der Paläobotanik, (12) Systematische Diskontinuität in
der Paläontologie einschließlich Kambrium-Problem, (13) Lebende Fossilien, (14)
Entstehung des Lebens, (15) Embryologie (nur kurz angesprochen), (16) molekulare
Ähnlichkeiten, (17) Artbegriff, (18) Antibiotika-Resistenzen, (19) Natural Selection,
(20) Law of recurrent variation, (21) Mendel.
Wir dürfen jetzt also auf die naturalistisch-evolutionären Erklärungen solcher
Beispiele und auf die Widerlegung meiner evolutionskritischen Argumentation sowie
des ID-Ansatzes durch M. N. und A. B. gespannt sein. Sehen wir uns ihre weiteren
Ausführungen an:
Auf Seite 77 ff. wurde dann nach exemplarischer Diskussion mehrerer Seiten
des Beitrags von MN und AB und der kritischen Durchsicht der übrigen
Ausführungen der beiden Autoren Folgendes festgestellt:
"Machen wir es kurz: Nicht ein einziges der biologischen Funktionsbeispiele gegen die Synthetische
Evolutionstheorie (1) - (8) wird in dem Buchbeitrag von M. N. und A. B. zur Rechtfertigung der Sperrung
naturalistisch erklärt, ja, es wird nicht einmal ein adäquater Versuch dazu unternommen, ebensowenig
werden hier die grundlegenden Einwände zu den Themen (9) – (12) angesprochen bzw. widerlegt. Zu (13)
kommen einige unzureichende Erklärungen in zwei anderen Kapiteln, zu (14) wieder nichts, ebenso wenig
zu den Punkten (17) - (20). Zur Embryologie (15) und den 'Ähnlichkeiten' (16) siehe Rammerstorfer
unten. Zum Mendelkapitel (21), speziell der Verzögerung der Akzeptanz der grundlegenden
Vererbungsgesetze durch den Darwinismus, kommt in dem Kapitel von M. N. und A. B. u. a. die
Beschimpfung "Platitüde", die sich bei genauer Betrachtung (da ohne rationale Argumente) selbst als
solche outed.
Dagegen liefert das Erklärungsprinzip der ID-Hypothese – gemäß den oben zitierten Testkriterien zur
Unterscheidung von Naturgesetzlichkeit, Zufall (vgl. http://www.weloennig.de/AuIWa.html) und ID –
den richtigen Ansatz und hat auch alle Aussicht, durch die Forschung weiter bestätigt zu werden. Zum
Anliegen der ID-Theorie und zur Frage nach der Identität des Designers vgl. den Beitrag Synthetische
Evolutionstheorie vs. Intelligent Design http://www.weloennig.de/KutscheraWiderlegung1.html."
Eine Analyse des relativ kurzen Textes der Autoren zu Utricularia erübrigt
sich inzwischen, da MN als Hauptverfasser des früheren Textes (2005/2007)
im Jahre 2009 nun tatsächlich einen ausführlichen Erklärungsversuch
vorgelegt und damit seinen ersten Text zum Teil selbst überholt und revidiert
hat (vgl. Neukamm 2009). Seinen neuen Beitrag habe ich auf mehr als 200
Seiten diskutiert. MNs Behauptungen sind dort in allen wesentlichen Punkten
so systematisch als unrichtig nachgewiesen worden, dass ein erfahrener
Botaniker u. a. kommentierte: "MN hat in allen seinen Ausführungen in dieser
[seiner] Arbeit schriftlich unter Beweis gestellt, dass es ihm in dieser
Diskussion an Sachwissen und ausreichendem Denkvermögen fehlt. Dazu
kann er auch mit dringend erforderlichen Tatsachen für seine Behauptungen
und Geschichten nicht aufwarten." – Siehe oben p. 117, Fußnote 205.
136
Zum Thema Utricularia lohnt es jedoch vielleicht noch, einige Aussagen
von Ulrich Kutschera von (2004/2007) zu kommentieren, zumal ich in
meinem ersten Beitrag angedeutet hatte, auf diese Frage im zweiten Teil
zurückzukommen. 240 Sehen wir uns also im Folgenden etwas näher an, was
dieser Autor zur Evolutionsfrage Utricularias bisher beigetragen hat.
Die Erklärungen von Ulrich Kutschera in seinem Buch
"Streitpunkt Evolution" (2004/2007) zur Evolution des
Fangmechanismus von Utricularia vulgaris (Wasserschlauch)
Zunächst zitiert mich Ulrich Kutschera auf der Seite 104 seines Buches zum
Thema Utricularia unter anderem wie folgt:
"Nun möchte ich Herrn Kutschera zunächst einmal bitten, uns mit diesem Ansatz testbare
Hypothesen zu den auf meiner Homepage diskutierten Beispielen von Utricularia (der
Wasserschlauch) ... oder anderen Synorganisationsphänomenen vorzulegen."
Schauen wir also nach, ob UK uns mit seinem Ansatz irgendwelche testbaren
Hypothesen vorgelegt hat. Auf den Seiten 288 bis 290 lesen wir nach einigen
ZEIT- und weiteren Zitaten (alle farbigen Hervorhebungen im Schriftbild wieder von mir):
(1) UK: "Eine Analogiebetrachtung "Lebenskräfte/Intelligente Designer" führt uns zu der in Kapitel 7
aufgeworfenen Frage nach dem Wasserschlauch (Utricularia vulgaris, s. S. 230). In einem Interview mit
der Wochenzeitung Die Zeit (30. April 2003) habe ich gesagt, der Wasserschlauch gehöre gerade wegen
seiner speziellen Anpassungen zu den Paradebeispielen für die Kräfte der Evolution. Dieser Satz wird von
den deutschen "Theo-Biologen" besonders heftig attackiert, da es bis heute ungeklärt ist, wie die
Fangapparate der Wasserschlauchpflanze im Verlauf der Stammesentwicklung entstanden sind.
Warum ist der Wasserschlauch dennoch ein klarer Beleg für die "richtungsgebenden Kräfte" der
Evolution?"
(1) W-EL: Damit räumt Kutschera im Gegensatz zu Neukamm (2009)
vernünftigerweise und unmissverständlich ein, dass es "bis heute ungeklärt
ist, wie die Fangapparate der Wasserschlauchpflanze im Verlauf der
Stammesentwicklung entstanden sind". Die behauptete Evolution ist bis
heute nicht testbar. Und diese Aussage ist in voller Übereinstimmung mit
den wissenschaftlich begründeten Feststellungen fast aller Forscher, die sich
jemals mit dieser Frage genauer beschäftigt haben (vgl. dazu die
Ausführungen oben pp. 11/12).
UK fährt fort:
(2) UK: "Utricularia vulgaris ist eine fleischfressende (carnivore) Unterwasserpflanze, die in
nährstoffarmen Tümpeln, Teichen und Seen Europas angetroffen werden kann. Die wurzellose, frei im
Wasser umherdriftende Pflanze kann in diesem speziellen, [a] extrem stickstoffarmen Lebensraum [b]
praktisch ohne Konkurrenz überleben und sich fortpflanzen, weil sie [c] im Verlauf eines
jahrmillionenlangen Evolutionsprozesses eine [d] spezielle Blatt-Metamorphose entwickelt hat."
240
In http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf hatte ich dazu 2009 angemerkt: "In einem geplanten zweiten Teil, den ich hoffentlich in etwa einem
dreiviertel Jahr in Angriff nehmen kann, möchte ich zumindest noch die Ausführungen von Kutschera sowie MN. und AB zu Utricularia und
vielleicht noch ein paar weitere Punkte analysieren" (vgl. p. 99). Wie oben schon erwähnt, hat M. N. den zusammen mit A. B. publizierten
Kommentar zu Utricularia im Jahre 2009 schon selbst "überholt" und dieser letztere Beitrag wurde inzwischen auf 191 pp. [inzwischen mehr]
in Die Evolution der karnivoren Pflanzen: Was die Selektion nicht leisten kann – das Beispiel Utricularia (Wasserschlauch) analysiert: Vgl.
wieder http://www.weloennig.de/Utricularia2010.pdf.
137
(2) W-EL: Zum Thema [a] des "extrem stickstoffarmen Lebensraums"
war auf der von UK mit Hilfe weiteren Vertreter der Synthetischen
Evolutionstheorie gesperrten Institutshomepage u. a. Folgendes zu lesen –
ein Punkt, den ich in der vorliegenden Utricularia-Arbeit mit dem Hinweis
auf eines des häufigsten Missverständnisse eingeleitet habe:
"Zur Veranschaulichung der häufigsten Missverständnisse greife ich auf die frühere
Diskussion mit MN zurück, in der er davon ausging, dass Utricularia in "nährstoffarmen
Flachmooren" vorkommt, worauf ich ihn auf folgende Punkte aufmerksam machte:"
"Flachmoore sind im Gegensatz zu Hochmooren in der Regel nährstoffreich:
"Die F l a c h m o o r e setzten sich entsprechend ihrer Bildung in nährstoffreichem Wasser vorwiegend aus nährstoffreichen
Torfarten zusammen. Auch als Vegetationsdecke der Flachmoore finden sich heute anspruchsvolle Pflanzenvereinigungen. Der
Kalkgehalt der Flachmoore beträgt über 2%, häufig sogar über 4% der Trockensubstanz. Ferner zeichnen sich die Flachmoore durch
hohen Stickstoffgehalt aus, der sie in landwirtschaftlicher Beziehung zu besonders wertvollen Kulturböden macht. Nach erfolgter
Entwässerung zersetzen sich die oberen Moorschichten ziemlich rasch, das Moor "vererdet" gut..Im Gegensatz dazu setzen sich die
Hochmoore aus den als nährstoffarm gekennzeichneten Torfarten zusammen. Auch der Kalkgehalt ist…gering, meist unter 0,2%. Im
Naturzustand sind die Hochmoore oft dicht mit anspruchlosen Holzgewächsen und Heidekraut bestanden, die auf dem nährstoffarmen
Standort noch ihr Fortkommen finden. Die landwirtschaftliche Nutzung der Hochmoore setzt die Zuführung der fehlenden Nährstoffe
voraus" (O. Heuser: Der Kulturboden, seine Charakteristik und seine Einteilung; 1931, p. 26; E. Blanck (Hrsg): Handbuch der
Bodenkunde, Bd. VIII; Springer).
Flachmoore "sind meist nährstoffreich (eutroph) und werden auch Reich-Moore genannt"
(Brockhaus 1991, Bd. 15, p. 89; siehe auch Strasburger: Lehrbuch der Botanik
1998)." 241/ 242
Oben wurden zu den Standorten der Gattung Utricularia weiter folgende
Punkte hervorgehoben:
"Dazu ergänzend die Charakterisierung der Standorte der sechs von sieben in Deutschland
heimischen Arten, zitiert nach Casper und Krausch (1980) (Hervorhebungen im Schriftbild wieder
von mir):
U. vulgaris L.:
Vorkommen in "Altwassern, Weihern, Teichen, Tümpeln, Gräben, Torfstichen, Kiesgruben und
Schlenken."
"...vorzugsweise über Humus-Gyttja-Böden ["Halbfaulböden"] in kalkarmem bis kalkreichem ... meso- bis
eutrophem Wasser ...; ... eine gewisse Eutrophierung ertragend und an derartigen, von Viehweiden,
Viehställen und Abwassereinleitungen beeinflussten, ammoniumreichen Standorten besonders üppig und
großschläuchig, bei stärkerer Wasserverschmutzung jedoch verschwindend;" U. vulgaris f. platyloba GLÜCK:
... meist ohne Schläuche oder mit Schlauchrudimenten" (vgl. die Kümmerform bei U. australis)."
Und eutroph heißt nährstoffreich.
"Eutroph bedeutet nährstoffreich, z. B. eutrophe Seen, im Gegensatz zu nährstoffarmen, oligotrophen
Seen." 243
241
Solche naturwissenschaftlichen Tatsachen kann man natürlich auch nicht weiter dulden, geschweige denn überhaupt erst zur
Kenntnis nehmen und schon gar nicht im Namen der Wissenschaft.
242
http://www.weloennig.de/Wasserschlauch.html
243
http://www.umweltdatenbank.de/lexikon/eutroph.htm
"Eutroph (Trophiestufe III): Eutroph sind Gewässer mit guter Nährstoffzufuhr und daher guter organischer Produktion. Das Hypolimnion
eutropher Gewässer ist im Sommer sehr sauerstoffarm, das Epilimnion dagegen übersättigt mit Sauerstoff. Das Plankton ist sehr arten- und
individuenreich. Eutrophe Gewässer sind in der Regel trüb mit Sichttiefen unter ein Meter. Der Grund des Gewässers ist mit einer anaeroben
Faulschlammschicht bedeckt, die massenhaft mit Schlammrohrwürmern und Zuckmückenlarven besiedelt sind. Aus dieser Schicht
diffundieren während der Wasserzirkulation im Herbst Eisenphosphate aus und tragen zu einer schnellen Eutrophierung des Gewässers bei.
Im Sommer tritt häufig Wasserblüte auf, so dass das Wasser meist grünlich bis gelbbraun gefärbt ist. Die Sichttiefe liegt in der Regel unter
zwei Metern und die Sauerstoffsättigung am Ende der Sommerstagnation unter 30%." http://www.bioboard.de/topic,555,-definition-
138
Mesotroph heißt "mittleres Nährstoffangebot". 244
Und was verstehen wir unter Gyttja? Antwort:
"Gyttja (auch Grauschlammboden oder Mudde genannt) ist ein subhydrischer Boden (Unterwasserboden) in
gut durchlüfteten nährstoffreichen Gewässern bzw. entsteht bei längerfristiger bis ganzjähriger
Überflutung/Überstauung. Der graue bis grauschwarze organismenreiche Schlamm besteht aus feinem
mineralischem Material, das stark mit organischen Stoffen durchsetzt ist, die durch weitgehenden Abbau
pflanzlicher und tierischer Stoffe entstanden sind. Sie werden bei der Verlandung (oder auch Aggradation
genannt) gebildet."245
Kann also von "extrem stickstoffarmen" Lebensräumen wirklich die Rede
sein? Schon in dem "für den fachlich nicht vorgebildeten Pflanzenfreund" 246
weit verbreiteten Werk Was blüht denn da? (51. Auflage) von Aichele und
Golte-Bechle lesen wir 1988, p. 216, zum Thema "Standort und Verbreitung"
(SV) von Utricularia vulgaris:
"Schwimmpflanzenbestand stehender Gewässer; liebt nährstoffreiche, aber
kalkarme Gewässser; zerstreut; an seinen Standorten oft in größeren Beständen."
Und das ist nicht etwa eine Ausnahme. In der 56. Auflage 1997, p. 228,
heißt es: "Liebt basen- und stickstoffsalzhaltige, kalkarme Gewässer". Siehe
auch den Text zum Fotoband von Dietmar Aichele, 2. Auflage 1994, p. 243
("liebt nährstoffreiche, aber kalkarme, warme Gewässer").
Ähnlich bemerken Aichele und Schwegler in ihrem 5-bändigem Werk Die
Blütenpflanzen Mitteleuropas 2000, p. 194, Band 4 (Studienausgabe März 2008),
zum Gewöhnlichen Wasserschlauch: "Vorkommen: Braucht kalkarme, aber
nährstoffreiche, moorige Gewässer. Besiedelt den Schwimmpflanzengürtel
stehender oder langsam fließender Gewässer. Im Tiefland, im Alpenvorland und in
den Altwasserbereichen der größeren Flüsse zerstreut, sonst nur selten, größeren
Gebieten fehlend."
Vgl. auch Stichmann und Stichmann-Marny 2005/2009, p. 646, zu U.
vulgaris (Vorkommen "im Schwimmpflanzengürtel kalkarmer, aber
nährstoffreicher Gewässer"), sowie den BLV Pflanzenführer von Schauer
und Caspari 4. Aufl. 2010, p. 158 ("meist nährstoffreiche Gewässer") 247.
Eine ausführliche Studie wäre vielleicht hilfreich, um uns zeigen, an welchen extrem
stickstoffarmen Biotopen Utricularia vulgaris alles nicht vorkommt (generell nicht in
Hochmooren!). Nur für die wesentlich seltenere U. intermedia vermerken Aichele und
Schwegler 2000, p. 194, auch "nährstoffarme Gewässer", aber sie "besiedelt
[hauptsächlich] Schlenken in Flach- und Zwischenmooren" und kommt damit auch in
eutroph-und-oligotroph.
244
"Mesotroph werden Gewässer genannt, die sich in einem Übergangsstadium von der Oligotrophie zur Eutrophie befinden. Der
Nährstoffgehalt ist höher und Licht kann noch in tiefere Wasserschichten eindringen. Mit zunehmender Dichte des Phytoplanktons ändert
sich die Eindringtiefe des Lichtes. Die Sichttiefe beträgt noch mehr als zwei Meter und die Sauerstoffsättigung am Ende der
Sommerstagnation zwischen 30 und 70%. Die Phosphatfalle bleibt wirksam." http://de.wikipedia.org/wiki/Trophiesystem
245
246
http://de.wikipedia.org/wiki/Gyttja
Seite 6.
Vgl auch das inzwischen klassische Werk von A. Garcke, Illustrierte Flora, 23., völlig neu gestaltete Auflage (K. von Weihe (Hg.)) 1972,
p. 1339 ("Laichkrautges., Teichrosenbestände, Teiche, Sümpfe, Gräben; stehende, od. langsam fließende, nährstoffreichere Gewässer.")
247
139
nährstoffreichen Gewässern vor. Casper und Krausch (1980) führen zu U. intermedia
Hayne folgende Punkte auf: Vorkommen in "Moorschlenken, Moortümpeln, Torfstichen
und Moorgräben, vor allem im Bereich von Zwischenmooren, ..." " ... in mäßig
nährstoffreichem, mesotrophem Wasser über Torfschlamm oder Humus- und Kalkgyttja;"
(übrigens werden von den mir bislang bekannten Autoren zu keiner einzigen der
mitteleuropäischen Arten ein "extrem stickstoffarmer Lebensraum" vermerkt). Zur weiteren
Frage, inwieweit es tatsächlich vor allem um Stickstoff-Verbindungen geht und die Kosten
der Karnivorie, siehe oben pp. 19/20.
Zu Kutscheras Punkt [b] "praktisch ohne Konkurrenz": Vgl. dazu oben p.
20 ff. 248: Dort habe ich eine Serie von Begleitpflanzen ("Konkurrenten") von
Utricularia vulgaris wie folgt aufgeführt:
"Die Dreifurchige Wasserlinse (Lemna trisulca), die Kleine Wasserlinse (L. minor), die
Vielwurzelige Teichlinse (Spirodela polyrhiza), der Froschbiss (Hydrocharis morsusranae), die Steifborstige Armleuchteralge (Chara hispida ssp. rudis), die Vielstachlige
Armleuchteralge (C. aculeolata [Syn. C. pedunculata], ssp. papillosa), die Krebsschere
(Stratiotes aloides), die Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), die Weiße Seerose (Nymphaea
alba), der Tannenwedel (Hippuris vulgaris), das Quirlige Tausendblatt (Myriophyllum
verticillatum), das Ährige Tausendblatt (M. spicatum), das Schwimmende Laichkraut
(Potamogeton natans), das Grasblättrige Laichkraut (P. gramineus), das Rauhe Hornbblatt
(Ceratophyllum demersum) und – vor allem weltweit gesehen – noch viele andere (vgl. zu
den Pflanzengesellschaften z. B. Casper in Hegi 1975, Slobodda 1988, Runge 1990, siehe
auch Lang und Walentowski 2007: Handbuch der Lebensraumtypen."
Und auf der Seite 25 werden darüber hinaus folgenden Familien zum Thema
Begleitpflanzen ("Konkurrenten") genannt (nicht vollständige Liste nach Dr.
D. Jäger, einem Feldbotaniker mit umfangreichen eigenen Untersuchungen
2010):
"Chlorophyta (Grünalgen): Characeae; Bryopsida (Moose): Sphagnaceae: Sphagnum;
Sphenopsida (Schachtelhalmgewächse): Equisetaceae; Angiospermen (bedecksamige
Blütenpflanzen): Monocotyledoneae (Einkeimblättrige): Poaceae, Cyperaceae, Juncaceae,
Typhaceae, Potamogetonaceae, Najadaceae, Zannichelliaceae, Alismataceae, Hydrocharitaceae,
Lemnaceae,
Iridaceae,
(Orchidaceae);
Dicotyledoneae
(Zweikeimblättrige):
Polygonaceae, Nymphaeaceae, Ceratophyllaceae, Ranunculaceae, Brassicaceae,
Haloragaceae, Hippuridaceae, Apiaceae."
Zu [c] "...im Verlauf eines jahrmillionenlangen Evolutionsprozesses",
und zwar als Anpassungsgeschehen: In dieser Formulierung Kutscheras
stecken mehrere unbewiesenen Voraussetzungen der Synthetischen
Evolutionstheorie, die er selbst wie folgt beschrieben hat:
"Die Makroevolution (transspezifische Evolution) ist aus zahlreichen kleinen Mikroevolutionsschritten
zusammengesetzt (additive Typogenese)" – Kutschera 2001, p. 250. Oder: "Unzählige aufeinander
folgende kleine Mikroevolutionsschritte haben im Verlauf der Jahrmillionen zu großen Abwandlungen in
der Körpergestalt der Organismen geführt (Makroevolution, Konzept der additiven Typogenese)" –
Kutschera 2006, p. 204.
248
Der Aktualität und Bedeutung halber wiederhole ich hier diese Punkte bzw. lasse ich sie hier stehen (bitte diese möglichst
gut einprägen). Oben weitere Fakten und Ausführungen, insbesondere auch zu den Kosten der Karnivorie.
140
Darwin hatte vor 150 Jahren die Grundlage für diese Kontinuitätstheorie geliefert, indem er die hypothetische Evolution auf die
Akkumulation von "innumerable slight variations” zurückführte, auf "extremely slight variations” und "infinitesimally small inherited
variations” (und wiederum spricht er ganz ähnlich auch von "infinitesimally small changes”, "infinitesimally slight variations” und "slow
degrees”) und so für die Evolution "steps not greater than those separating fine varieties”,”insensibly fine steps” und "insensibly fine
gradations” postulierte, "for natural selection can act only by taking advantage of slight successive variations; she can never take a leap, but
must advance by the shortest and slowest steps” oder "the transition [between species] could, according to my theory, be effected only
by numberless small gradations” (Zitate ergänzt 7. 11. 2008; Schriftbild von mir, vgl. http://darwin-online.org.uk/).
Wir haben soeben gesehen, dass die Aussagen [a] und [b] auch nach
neodarwinistischen Voraussetzungen nicht zutreffen. Woher "weiß" UK
nun, dass [c] "ein jahrmillionenlanger Evolutionsprozess" als
Anpassungsgeschehen zum Fangmechanismus Utricularias geführt hat?
Wie soll z. B. durch einen jahrmillionenlangen Evolutionsprozess die Falle
von
Utricularia
über
"unzählige
aufeinanderfolgende
kleine
Mikroevolutionsschritte" wasserdicht geworden sein? Oder, um auf meinen
Vorschlag zurückzukommen: Welche direkt testbaren Hypothesen zur
Evolution Utricularias hat uns UK mit seiner Behauptung vom
jahrmillionenlangen Evolutionsprozess nun vorgelegt? Und wie könnte er
die nach Robert Nachtwey viel zitierten und ausführlich diskutierten
Einwände mit diesem Ansatz erklären?
Zur Erinnerung:
"Welche richtungslose Mutation soll im normalen Blattzipfel [oder Blattgrund] zuerst erfolgt sein und
dann irgendeinen Auslesewert gehabt haben? Hatte sie diesen nicht, so ging sie als belanglos verloren.
Ausdrücklich betonen die Darwinisten, dass Mutation und Selektion zusammenwirken müssen, wenn etwas
Neues entstehen soll." [Etc. siehe Punkte 68, 71, 112 ff.] … [S]elbst eine vollkommene Kastenfalle mit der
erstaunlichsten Fähigkeit, blitzschnell Tiere zu erbeuten, hätte ohne Verdauungssäfte nicht den geringsten
Wert im Daseinskampf, weil die Beute nicht verdaut würde. Was aber soll es andererseits einem
gewöhnlichen Blattzipfel [oder "a simple open trap"] nützen, wenn er noch so wirksame Verdauungssäfte
ausscheidet, er kann ja die Beute nicht festhalten, was unbedingt nötig ist. … Die gelösten Eiweißstoffe
müssen ja auch aufgesogen und in arteigenes Pflanzeneiweiß verwandelt werden. … Die Bildung des
Wasserschlauchbläschens erfordert also das vollendet harmonische Zusammenspiel vieler
verschiedenartiger Gene und Entwicklungsfaktoren. Erst mit dem Endeffekt wird der Nutzen für den
Daseinskampf erreicht, nicht aber mit irgendeiner Entwicklungsstufe" (von Nachtwey kursiv).
Ich möchte zum Thema Anpassung zunächst auch wieder an ein Wort
von Thure von Uexküll erinnern:
"Hinter der Art und Weise, wie der Begriff 'Anpassung'...verwendet wird, steckt eine Philosophie, die
von der Annahme ausgeht, die Lebewesen hätten sich zu Beginn in einer Welt befunden, für die sie
nicht ausgerüstet waren und an die sie sich erst im Laufe einer unendlich langen Entwicklungsgeschichte hätten anpassen müssen."
Nach Kutscheras Ansatz und Vorstellungen trifft genau das auf Utricularia
zu. Die Gattung (bzw. ihre angenommenen Vorläufer) war(en) zunächst an
ihre zukünftige Umwelt ("extrem stickstoffarmer Lebensraum") nicht
angepasst gewesen und hätten sich erst "im Verlauf eines jahrmillionenlangen
Evolutionsprozesses" durch "unzählige aufeinander folgende kleine
Mikroevolutionsschritte" (insbesondere zur Bildung des komplexsynorganisierten Fangapparats) daran anpassen müssen.
Wie sollen die vielen Zwischenstufen ausgesehen und welchen
Selektionswert sollen sie gehabt haben? Vgl. zu dieser immensen Problematik
ausführlich wieder das vorliegende Dokument oben.
141
Sehen wir uns die Umwelt des Wasserschlauchs noch einmal etwas genauer an:
U. vulgaris L.: Vorkommen in "Altwassern, Weihern, Teichen, Tümpeln, Gräben, Torfstichen, Kiesgruben
und Schlenken." "...vorzugsweise über Humus-Gyttja-Böden ["Halbfaulböden"] in kalkarmem bis kalkreichem
... meso- bis eutrophem Wasser ...; ... eine gewisse Eutrophierung ertragend und an derartigen, von
Viehweiden, Viehställen und Abwassereinleitungen beeinflussten, ammoniumreichen Standorten besonders
üppig und großschläuchig, bei stärkerer Wasserverschmutzung jedoch verschwindend;"
Woran hätte sich also Utricularia vulgaris tatsächlich anpassen müssen?
Musste sie sich überhaupt an etwas "anpassen" (von dem wässrigen Milieu
einmal abgesehen)? Wie haben sich die zahlreichen oben aufgeführten
Konkurrenten an den gleichen Lebensraum angepasst? Und sollen die vielen
zusammen mit Utricularia vulgaris vorkommenden Arten in ihrem
angenommenen Anpassungsprozess alle genau gleich weit fortgeschritten sein?
Uexküll fährt fort:
"Nach dieser Vorstellung wären schließlich alle Leistungen und Reaktionen lebender Wesen durch
Anpassung entstanden. Denkt man diese Vorstellung konsequent zu Ende, dann hätten die Lebewesen
der ersten Zeiten noch nicht über Reaktionen verfügt, die in irgendeiner Weise sinnvolle Antworten auf
die Außenwelt bedeuteten. Es ist aber außerordentlich unwahrscheinlich, daß Tiere, Pflanzen oder auch
Einzeller in einer Umgebung, mit der sie nicht das Geringste anfangen können, am Leben bleiben und Zeit
haben, Anpassungsleistungen zu vollziehen. Ein Fisch, der aufs Land gerät, paßt sich der neuen
Umgebung nicht an, sondern geht zugrunde. ...Wir kennen keine Anpassung, die von einem Zustand
primärer Unordnung zu einem Zustand der Ordnung führt" (kursiv von mir)."
Bevor wir auf diese Frage unten zurückkommen wollen wir uns noch kurz
dem von UK gebrauchten Begriff der Blatt-Metamorphose zuwenden:
[d] Blatt-Metamorphose: Mit Johann Wolfgang von Goethe (1790) stammt
der Begriff Metamorphose aus der idealistischen Morphologie (Schlagwort:
"alles ist Blatt"), die damit nicht notwendigerweise irgendwelche
Abstammungshypothesen impliziert. Siehe zu dieser Thematik meinen Beitrag
Goethe, Sex and Flower Genes in The Plant Cell (1994) und die Arbeiten
Wilhelm Trolls (1984).
Troll hat seine Auffassung zu deszendenztheoretischen Fragen in
Verbindung mit der "Urpflanze" wie folgt formuliert (zitiert nach
Zimmermann 1953, p. 487):
Es ist "ein vollkommenes Missverständnis, wollte man die Frage nach der Urpflanze mit
deszendenztheoretischen Vorstellungen verbinden. Die Urpflanze ist keineswegs die Stammform der
höheren Gewächse im Sinne der Phylogenetik. Von einer solchen Urform ist uns nichts bekannt; und
selbst wenn dies der Fall wäre, hätte sie doch nur historisches Interesse."
In meiner ersten Staatsexamensarbeit (1971) hatte ich im Rahmen des
Kapitels XI Trolls "Metaphysik" und zur "Metaphysik" überhaupt (pp. 117131) Folgendes angemerkt: "Von welchem Interesse ist sie [die Urpflanze]
sonst, wenn nicht als Gedanke der Schöpfung, als Grundbauplan, nach
welchen die Angiospermen ins Dasein gerufen worden sind" (p. 121).
Der Begriff "Blatt-Metamorphose" beinhaltet also ursprünglich und bis
weit ins 20. Jahrhundert hinein intelligentes Design, er wird jedoch von UK
ohne naturwissenschaftliche Begründung nur im materialistischen Sinne
142
gebraucht ("unzählige aufeinander folgende kleine Mikroevolutionsschritte",
die "im Verlauf eines jahrmillionenlangen Evolutionsprozesses" dazu geführt
haben sollen, werden als Ursache zusammen mir der Selektion nur
behauptet, d. h. die Unterschiede werden nur so interpretiert, aber
keineswegs bewiesen, denn gemäß UKs eigenen Ausführungen oben ist es
"bis heute ungeklärt ..., wie die Fangapparate der Wasserschlauchpflanze
im Verlauf der Stammesentwicklung entstanden sind" – siehe oben).
(3) UK: "Neben den normalen, der Photosynthese dienenden Laubblättern werden zum Einfangen
kleiner Tierchen (Insektenlarven, Krebschen) umgestaltete Spezialorgane ausgebildet. Diese Fangblasen
oder Saugfallen entwickeln sich während der Ontogenese aus Blattanlagen. Über das Einsaugen und
Verdauen kleiner Tiere, die weitgehend aus stickstoffreichen Proteinen aufgebaut sind, deckt der
Wasserschlauch in diesem speziellen Lebensraum seinen Bedarf am Mangelelement N und gewinnt
außerdem verschiedene Ionen (Friday 1989)."
Machen wir uns den Gedankengang Kutscheras noch einmal im Detail
bewusst: Laubblätter sollen sich also als Anpassungsprozess an einen "extrem
stickstoffarmen Lebensraum" (in dem U. vulgaris gar nicht gedeiht) in die Spezialorgane der
synorgansiert-komplexen Saugfallen "praktisch ohne Konkurrenz" (siehe dagegen die
zahlreichen oben aufgeführten Spezies und Pflanzenfamilien der Begleitpflanzen und "Konkurrenten") "im Verlauf eines
jahrmillionenlangen Evolutionsprozesses" (der als Transformationsprozess weder fossil noch
sonswie überliefert ist, nachweisbar sind nur die 'fertigen' living fossils ) durch "unzählige aufeinander
folgende kleine Mikroevolutionsschritte" (durch ('Mikro'-)Mutationen, die in den meisten Fällen überhaupt
"spezielle Blatt-Metamorphose" (ein Begriff der
keinen Selektionsvorteil gehabt hätten) eine
idealistischen Morphologie, der Design beinhaltet) entwickelt ( "entwickelt" ohne Ziel (telos), Sinn und Plan)
bzw. "umgestaltete Spezialorgane" ausgebildet haben. 249
Um weiter Uexkülls Einwand auf Kutscheras Vorstellungen anzuwenden:
Denkt man diese Vorstellung konsequent zu Ende, dann hätten die Vorfahren
Utricularias noch nicht über Reaktionen verfügt, die in irgendeiner Weise
sinnvolle Antworten auf diesen extrem stickstoffarmen Lebensraum
bedeuteten. Es ist aber außerordentlich unwahrscheinlich, dass Pflanzen in einer
Umgebung, mit der sie nicht das Geringste anfangen können, am Leben bleiben
und Zeit haben, Anpassungsleistungen zu vollziehen.
Natürlich werden die Vertreter der Synthetischen Evolutionstheorie jetzt
einwenden (alle falschen bzw. unbewiesenen Voraussetzungen einmal als
richtig angenommen), dass das ja ein langsamer Anpassungsprozess an immer
stickstoffärmere Biotope gewesen sei. Zu bedenken ist jedoch nach UKs eigener
Aussage, dass der Wasserschlauch durch 'das Einsaugen und Verdauen kleiner
Tiere, die weitgehend aus stickstoffreichen Proteinen aufgebaut sind, in
diesem speziellen Lebensraum seinen Bedarf am Mangelelement N deckt und
außerdem verschiedene Ionen gewinnt (Friday 1989)'.
249
Siehe dazu auch UK: "Phantasy ist jedoch nicht gleich Reality: die Erstere entspringt den Hirnwindungen eines individuellen
Menschen, während die Letztere auch außerhalb unseres Großhirns, d. h. in der Wirklichkeit, existiert. " "Irrationale Glaubenssätze, die
etablierten wissenschaftlichen Fakten widersprechen, sitzen jedoch nicht selten so tief, dass man durch sachliche Aufklärung bei derart
ideologisch geprägten Menschen keinen Gesinnungswandel herbeiführen kann."
143
Solange das "Einsaugen und Verdauen kleiner Tiere" jedoch noch nicht
richtig funktionierte – wir müssen bei den postulierten 'unzähligen aufeinander
folgenden kleinen Mikroevolutionsschritten' selbstverständlich von zahlreichen
sehr unvollkommenen (oder in dieser Hinsicht praktisch noch gar nicht
funktionierenden) Zwischenformen ausgehen – wie sollten dann die
Utricularia-Vorfahren in Konkurrenz mit den vielen weiteren Pflanzenspezies
(siehe wieder die Aufführung der Arten und Familien oben) zunächst ohne vergleichbar gut
funktionierende Anpassungen an die neue Umwelt überlebt haben? Hätten sie
sich jedoch in ähnlicher Weise wie die Begleitpflanzen ohne Karnivorie an
einen "extrem stickstoffarmen Lebensräum" angepasst und überlebt – wozu
wäre dann noch die Entwicklung der komplex-synorganisierten Fangapparate
selektionstheoretisch notwendig gewesen? Sie überleben damit ja keineswegs
besser als die vielen anderen Arten der Begleitpflanzen unterschiedlichster
Differenzierungshöhe – von Algen, Moosen, Farnen bis zu den zahlreichen
nichtkarnivoren Angiospermen. Siehe dazu auch noch einmal Nachtweys
Einwände oben.
Zu den unzähligen kleinen Mikroevolutionsschritten durch Mutationen mit
"slight or invisible effects on the phenotype" (Mayr), die in den meisten Fällen
überhaupt keinen Selektionswert gehabt hätten, vgl. wieder oben pp. 46/47 und
101/102. Der Polymerchemiker Bruno Vollmert hat diesen Punkt übrigens
schon vor Jahren im Detail diskutiert und überzeugend dargelegt (vgl. Vollmert
1985 und Ergänzungen zum Stand von 2011 auf der Seite 265).
(4) UK: Charles Darwin (1875) hat als einer der ersten Naturforscher die Entwicklung der Fangblasen
von Utricularia analysiert und gezeichnet. Seine Ergebnisse, die in Zusammenarbeit mit Sohn Francis
erarbeitet wurden, sind in Abb. 10.2 zusammengefasst.
Abbildung aus Kutschera 2007, p. 289:
"Abb. 10.2: Entwicklung der Saugfalle beim Wasserschlauch (Utricularia vulgaris). Junges Blatt aus einer
Winterknospe, mit einer entstehenden Fangblase (A); junge Saugfalle im Querschnitt (B) und
funktionstüchtiges Organ mit reizbaren Tasthaaren (C) (Nach Darwin 1875)." (Kutscheras Abb. 10.2 ist aus 3
getrennten Abbildungen aus Darwins Werk von 1875 zusammengesetzt; dort C zuerst.)
144
(4) W-EL: Turionen (Winterknospen) haben nach Troll und Dietz (1954)
keine Schläuche bzw. keine bereits "entstehenden Fangblasen" (siehe ihren
Kommentar in der ausführlichen Fußnote zum Punkt (5) sowie Maier 1973
und Adamec 1999, 2010), sodass sich Darwins Abbildung (A) möglicherweise
auf das Blatt eines jungen Triebes aus einer Winterknospe bezieht oder – was
wahrscheinlicher ist – auf einer Fehlinterpretation beruht (Darwin selbst
räumte diese Möglichkeit ein).
Kutschera lässt weiter unerwähnt (wie übrigens auch MN 2009), dass
Darwin gar nicht erkannt hatte, dass es sich um einen aktiven Fangvorgang
handelt. Dazu erinnere ich wie folgt an den hier geringfügig veränderten
Kommentar von pp. 15/16, ergänzt mit einer Anfrage von Wallace:
Darwin schreibt (1875, Insectivorous Plants pp. 405, 406, 409, vgl.
online.org.uk/content/frameset?viewtype=text&itemID=F1217&pageseq=1):
http://darwin-
"Animals enter the bladders by bending inwards the posterior free edge of the valve, which from being
highly elastic shuts again instantly.” " … As I felt much difficulty in understanding how such minute and weak
animals, as are often captured, could force their way into the bladders, I tried many experiments to ascertain how
this was effected.” – Worauf die ausführliche Beschreibung seiner vielen Versuche dazu folgt. Ergebnis: "To
ascertain whether the valves were endowed with irritability, the surfaces of several were scratched with a needle
or brushed with a fine camel-hair brush, so as to imitate the crawling movement of small crustaceans, but the
valve did not open. Some bladders, before being brushed, were left for a time in water at temperatures between
80° and 130° F. (26°.6-54°.4 Cent.), as, judging from a widespread analogy, this would have rendered them
more sensitive to irritation, or would by itself have excited movement; but no effect was produced. We may,
therefore, conclude that animals enter merely by forcing their way through the slit-like orifice; their heads
serving as a wedge. … It is difficult to conjecture what can attract so many creatures, animal- and vegetablefeeding crustaceans, worms, tardigrades, and various larvae, to enter the bladders. Mrs. Treat says that the larvae
just referred to are vegetable-feeders, and seem to have a special liking for the long bristles round the valve, but
this taste will not account for the entrance of animal-feeding crustaceans. Perhaps small aquatic animals
habitually try to enter every small crevice, like that between the valve and collar, in search of food or
protection.”
Die – soweit bekannt – ersten Beschreibungen Utricularias als karnivore
Pflanze stammen von Lobel (1591) und Holland (1868). James and Patricia
Pietropaolo (2001, p. 123) kommentieren die Historie der Entdeckung des
Fangmechanismus von Utricularia wie folgt:
"The elucidation of the carnivorous plant habit of this genus began to unfold when Cohn, in 1857, discovered
that they captured Perch fry. Both Cohn and Darwin thought that the prey pushed the trap door open,
entered, and when the door was closed found themselves entrapped. It was Mary Treat, who in 1876,
discovered that the prey did not swim into the trap, but rather were sucked in when the trap was set off and
thereby captured.”
Der Fangvorgang ist also wesentlich komplexer als sich das Darwin und
Wallace (nach Einsicht in Darwins Werk) seinerzeit vorgestellt hatten (siehe den
Vorschlag von Wallace zum damaligen Kenntnisstand der Fallenfunktion von Utricularia in den nächsten
Absätzen).
Entsprechend steigt auch der Schwierigkeitsgrad einer adäquaten
Erklärung (vgl. http://www.weloennig.de/Utricularia.html und vor allem zur hochkomplexen
Anatomie der Struktur der Verschlussklappe von Utricularia sowie deren
Funktion gemäß den Studien Guttenbergs unter http://www.weloennig.de/Utricularia_H_von_Guttenberg.pdf).
Wallace hob in seinem Brief an Darwin vom 21. Juli 1875 (siehe http://darwin-
145
einige Schwierigkeiten zur Entstehung der Saugfalle von Utricularia
durch die natürliche Selektion hervor (obwohl er ihm zunächst beruhigend
versicherte: "…I daresay there is no difficulty") und bat Darwin, diese Punkte
doch einmal direkt anzusprechen (nun hatte Darwin – wie oben dokumentiert –
noch nicht das Prinzip der aktiven Saugfalle erkannt: "…animals enter merely by
forcing their way through the slit-like orifice; their heads serving as a wedge…"
– was Wallace erst gemäß unserem heutigen Wissenstand über Utricularia
sagen würde, bleibt natürlich offen):
online.org.uk/)
"Dear Darwin,—Many thanks for your kindness in sending me a copy of your new book [Insectivorous
Plants]. Being very busy I have only had time to dip into it yet. The account of Utricularia is most marvellous,
and quite new to me. I'm rather surprised that you do not make any remarks on the origin of these
extraordinary contrivances for capturing insects. Did you think they were too obvious? I daresay there is no
difficulty, but I feel sure they will be seized on as inexplicable by Natural Selection, and your silence on the
point will be held to show that you consider them so! The contrivance in Utricularia and Dionæa, and in fact in
Drosera too, seems fully as great and complex as in Orchids, but there is not the same motive force. Fertilisation
and cross-fertilisation are important ends enough to lead to any modification [das ist zwar auch nicht zutreffend],
but can we suppose mere nourishment to be so important, seeing that it is so easily and almost universally
obtained by extrusion of roots and leaves? Here are plants which lose their roots and leaves to acquire the
same results by infinitely complex modes! What a wonderful and long-continued series of variations must have
led up to the perfect "trap" in Utricularia while at any stage of the process the same end might have been
gained by a little more development of roots and leaves, as in 9,999 plants out of 10,000! Is this an imaginary
difficulty, or do you mean to deal with it in future editions of the "Origin"? – Believe yours very faithfully,
Alfred R. Wallace.
Mir ist nicht bekannt, dass Darwin darauf geantwortet hat, d. h. er hat die
Herausforderung ("I feel sure they will be seized on as inexplicable by Natural
Selection, and your silence on the point will be held to show that you consider them
so!”) nicht angenommen (auch nicht in "future editions of the "Origin""), denn er
konnte diese Fragen so wenig befriedigend beantworten, wie das der Darwinismus
heute nach mehr als 135 Jahren der weiteren Forschung kann. Und die
Schwierigkeiten haben zugenommen.
(5) UK: "Im Herbst bilden die Wasserschlauch-Sprosse am Ende große Knospen, die abfallen und den
kalten Winter überdauern. Die jungen Blätter, welche diese Knospen umschließen, enthalten Vorstufen von
Saugfallen (Abb. 10.2 A, B)."
(5) W-EL: Wir müssen hier zwei Dinge deutlich unterscheiden, nämlich die
Entwicklung aus Turionen (die "großen Knospen, die abfallen", den Winter überdauern und die
sich nach Troll und Dietz allgemein durch Schlauchlosigkeit auszeichnen 250) und die normale
Ontogenese, d. h. die Entwicklung der Pflanzen aus Samen.
250
Troll und Dietz bemerken zu älteren Entwicklungsstadien (VIII und IX) des Blattes von Utricularia vulgaris (1954, p. 170): "Teilweise
sind auch schon Segmente 3. Ordnung ausgegliedert worden, namentlich an den Basalfiedern, die überhaupt in der Entwicklung auffallend
gefördert sind und deshalb auch am erwachsenen Blatt durch ihre Größe auffallen. Schläuche hingegen sind zu dieser Zeit noch nicht
wahrzunehmen. Wenn das Blatt also auf einem derartigen Stadium in den Dauerzustand überginge, resultierte eine schlauchlose Blattform,
wie sie in den Blättern der Turionen tatsächlich vorliegt." Ebenso spricht Maier 1973, p. 271 in seinem speziellen Turionenbeitrag von den
"blasenlosen Bättern" der Turionen. Adamec behauptet dagegen (1999, p. 19), dass die Turionen-Blätter "only rudimentary traps" tragen
und schrieb mir auf meine Anfrage dazu am 28. 7. 2010: "Although the occurrence of trap rudiments on Utricularia turions may be
interesting from the developmental point of view, these rudiments have virtually no ecological importance. The functional traps are only
those initiated on newly formed leaves and shoots." Damit ist Kutscheras Ansatz unrichtig (die "Vorstufen" in den Turionen sind in
Wirklichkeit Rudimente (wenn überhaupt vorhanden – siehe Adamec 2010, Zitat im Literaturverzeichnis), aus denen keine funktionsfähigen
Fallen hervorgehen). Darwin selbst war sehr vorsichtig wenn er nach seiner Detailbeschreibung einräumt (1875, p. 427): "But strong
objections may be urged against this view, for we must in this case suppose that the valve and collar are developed asymmetrically from the
sides of the apex and prominence. Moreover, the bundles of vascular tissue have to be formed in lines quite irrespective of the original form
of the leaf. Until gradations can be shown to exist between this the earliest state and a young yet perfect bladder, the case must be left
doubtful." Nach der Abb. 2, p. 170 aus Troll und Dietz (deutlich spätere Entwicklungsstadien des Blattes ohne Schlauchbildung) besteht
Grund zur Annahme, dass Kutscheras Abb. 10.2 A (siehe oben) aus Darwins auf eine Fehlinterpretation Darwins zurückgeht.
146
Links: Turio von Utricularia vulgaris aggr. (Foto Kristian Peters). Rechts: Austreibende Turio von U. bremii (Foto Denis Barthel (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Utricularia_vulgaris_agg_turion.jpeg und http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserschl%C3%A4uche, last update Juni 2010)
Nach allen mir bislang bekannten Daten zeigen erst die sich entwickelnden
Blätter an den Trieben der Turionen die Bildung von funktionsfähigen
Saugfallen (siehe die Abbildung oben rechts), nicht aber die Turionen selbst.
(6) UK: "Während der Ontogenese der Utricularia-Blätter wandeln sich diese Anlagen [sic!] in
funktionstüchtige Fangblasen um (Abb. 10.2 C), die somit als Blatt-Metamorphosen (-Abwandlungen) zu
interpretieren sind (Darwin 1875)."
(6) W-EL: Die reguläre Ontogenese aus Samen verläuft z. B. wie folgt:
Aus Lloyd 1942/2007, p. 221: "Fig. 6. — 1-7, Utricularia purpurea. — 1, Early stages of germination of a seed (3.3 mm long)
from which only one growing point arose (to he followed by others later in all probability); 2, Three figures in a row, three views of
an early stage of germination, a later stage of which is shown in 3, in which two young growing points show circination; 4 and 5,
Two following stages in the germination of a seed which produced three growing points all of nearly the same age, with a fourth,
secondary to the middle growing point; 6, A case in which fasciation occurred, the two figures on the right show an early stage
of germination, a much later stage is shown on the left, in which it is seen that one of the growing points had divided, an abnormality; 7,
An advanced stage in germination (15 mm long), one of the three growing points still quiescent; five whorls of branches (the maximum
seen) were produced, as shown on the longer stolon of this figure. At the first whorl of this, the bud of a branch stolon of indefinite
growth is seen. No traps are produced on the two dorsal branches of the third and fourth whorls.
8-10, Ulricularia cleistogama. — 8, Early stage of germination showing primary stolon and primary leaf, with the primary trap on
the leaf near its base; g, A later stage in detail showing the origin of the trap from the leaf base; 10, A more advanced stage of the
seedling in which a second leaf arose in the place of a primary trap."
147
Kommen wir jetzt (wieder) zur Ontogenese der Saugfallen an sich: Nach
Haeckels "Biogenetischem Grundgesetz" würde man erwarten, dass die
Ontogenese die Phylogenese widerspiegelt (adulte Stadien sollten in der
Individualentwicklung durch Addition immer weiterer Stadien bis zum
heutigen Phänotyp vorkommen). Nehmen wir Haeckel beim Wort, so ist
Folgendes
festzustellen:
Keine
der
vielen
ontogenetischen
Entwicklungsstufen hat in diesem mehr oder weniger kontinuierlichen
Bildungsprozess bis zur Vollendung der komplexen Saugfalle irgendeine
Funktion (auch hier gilt: "Erst mit dem Endeffekt wird der Nutzen für den
Daseinskampf erreicht, nicht aber mit irgendeiner Entwicklungsstufe"). Damit
entfallen für sämtliche ontogenetischen Bildungsstufen auch irgendwelche
Selektionsvorteile. Unterbricht man die Ontogenese des Fangapparates an
irgendeiner der hundert und mehr möglichen Stellen vor Vollendung der
Entwicklung, erhält man immer funktionslose Stadien (oder schärfer
formuliert: funktionswidrige Zwischenstufen), d. h. einen unvollendeten
Apparat, der nicht in der Lage ist "über das Einsaugen und Verdauen kleiner
Tiere, die weitgehend aus stickstoffreichen Proteinen aufgebaut sind ... [den
Bedarf des Wasserschlauchs] am Mangelelement N" zu decken (soweit dieser
Stickstoffbedarf der entscheidende Punkt ist).
Interpretiert man die ontogenetischen Entwicklungsstufen als
Evolutionsstadien der Vorzeit, so müsste man schlussfolgern, dass der
gesamte hypothetische jahrmillionenlange Evolutionsprozesses über
"unzählige aufeinander folgende kleine Mikroevolutionsschritte" nichts mit
Selektion zu tun hatte, sondern völlig funktionslos und autonom verlaufen
wäre. Die oben (p. 14) erwähnten Schlauchrudimente hingegen kosten
Energie und tragen, soweit mir bekannt ist, nichts zur Ernährung des
Wasserschlauchs bei.
Überdies kommen die von mancher Seite behaupteten Zwischenstufen, die
speziell die Fallen von Pinguicula und Genlisea auszeichnen oder zumindest
diesen in charakteristischen Merkmalen stark geglichen und z. T. auch so
funktioniert haben sollen, in der Ontogenese Utricularias überhaupt nicht
vor, abgesehen von der generellen Interpretation der Genlisea-Falle als
epiascidiates Blatt. Diese Interpretation wird jedoch auch sonst bei allen
karnivoren pitchers (krug-, kannen- und schlauchförmigen Fallen)
vorgenommen. Da dieser Punkt von einigen Autoren übermäßig im Sinne
einer evolutionären Deutung betont wird, erhebt sich die Frage: Wie sonst
sollte die Ontogenese in allen diesen Fällen beginnen?
Pinguicula ist nach Auffassung der meisten mir bekannten Autoren die
"primitivste" Gattung der Lentibulariaceen 251 und von sehr ähnlichen
Formen will man evolutionär die anderen beiden Gattungen, Genlisea und
251
Selbst Taylor schreibt 1989/1994 p. 40: "Within the Lentibulariaceae it would appear that Pinguicula, from its vegetative and floral
morphology, represents the most primitive type. It has true roots and leaves, its trapping mechanism is a relatively simple modification of the
leaves and it has a five-lobed calyx."
148
Utricularia, herleiten. Nach dem "Biogenetischen Grundgesetz" (heute meist
nur noch als "Regel" bezeichnet) könnte man ein mehr oder weniger flächige
Anfangs- (oder geringfügig spätere) Stadien in der Entwicklung der Fallen
der beiden abgeleiteten Gattungen erwarten. Das ist jedoch nicht der Fall.
Ein Pinguicula-ähnliches Stadium fehlt völlig in der Ontogenese
(Individualentwicklung) der Fangapparate von Genlisea und Utricularia.
Es wäre auch ziemlich widersinnig, erst ein Klebfallenstadium (oder auch
nur eine rudimentäre Klebfalle) in der Entwicklung der Fangapparate dieser
Gattungen aufzubauen, um dann dieses (bzw. diese) in die völlig anderen
(ihnen typisch eigenen) Fangvorrichtungen umzubauen. Aber, so wendet
vielleicht mancher Leser ein, gibt es da nicht doch starke Ähnlichkeiten in
der Ontogenese von Genlisea und Utricularia? Sehen wir uns also ein paar
wesentliche Daten aus der Entwicklung der Fangapparate dieser beiden
Gattungen zur Verdeutlichung des oben Gesagten etwas näher an.
Juniper, Robins and Joel schreiben 1989, pp. 66/67 zum Start der
Individualentwickung des Utricularia-Fangapparates :
"The opening of the trap arises in the very young plants as a slit caused by the invagination of the
rounded primordium."
Bei Genlisea hingegen sehen bereits die ersten Entwicklungsstadien deutlich
anders aus (Juniper et al. p. 72):
"Marginal growth leads to the formation of an invagination in the tip of the cylindrical primordium of the
trap. In contrast to the spherical invagination in the primordial trap of Utricularia (see page 66), the
invagination in Genlisea is tubular, arising from an extended marginal growth.
Auffällig ist zunächst, dass nicht einmal eines der postulierten vielen
Übergangsstadien vom normalen zum ascidiaten Blatt in der
Individualentwicklung wiederholt wird. Die Ontogenese der Fangapparate
beginnt statt dessen direkt – wie oben zitiert – mit "a slit caused by the
invagination of the rounded primordium" (Utricularia), bzw. "the formation
of an invagination in the tip of the cylindrical primordium of the trap"
(Genlisea).
Die Ontogenese Utricularias verläuft weiter wie folgt (Juniper et al. p. 67):
"The lips of the slit turn inwards, the upper becoming the trap door while the lower lip becomes the
threshold (Meierhofer, 1902). The sides of the entrance then extend, moving the lips apart to produce a
funnel-shaped vestibule around the opening."
Folgendes ist dagegen bei Genlisea zu beobachten (p. 72) (wobei die
evolutionären Homologiedeutungen der Autoren denkbar fragwürdig sind und
selbst unter der Voraussetzung des Darwinschen Weltbilds ebenso gut als
Konvergenzen interpretiert werden könnten):
"While the basal portion of the invagination develops into the sub-spherical hollow utricle, its neck
forms a long tube which gradually widens towards the mouth [long tube is totally missing in Utricularia]
where it forms a transverse slit with two lips (see Fig. 4.17C), a shorter ventral inner lip (homologous to the
149
trap door in Utricularia) and a dorsal lip which is arched over the opening (homologous to the threshold in
Utricularia traps).
Die evolutionären Homologiedeutungen 252 der Lippen setzen einen
gemeinsamen Vorfahren nicht nur mit einem Mund voraus, sondern auch mit
einer annähernd "shorter vertral inner lip", einer Lippe, die im Sinne der
Abstammungslehre mit der Tür der Utricularia-Falle homolog sein soll, und
womöglich auch mit "a dorsal lip which is arched over the opening", die als
homolog mit dem Widerlager (threshold) der Saugfalle gedeutet wird. Eine
genauere Untersuchung dieser Frage scheint mir nicht unangebracht zu sein.
Wie auch immer, von solchen gemeinsamen Vorfahren ist nichts bekannt.
Überdies sieht auch der Rest der von Juniper et al. beschriebenen
Entwicklung des Fangapparates bei Genlisea völlig anders aus als bei
Utricularia. Die Autoren schreiben weiter auf p. 72:
"In the last phase of the trap development [in Genlisea], cell divisions are restricted to the two sides of the
mouth only, where the lips are connected. These cell divisions lead to the elongation of the two parallel
lips. Two arms thus develop on top of the tube, circinate when young and fully expanded when mature.
The two parallel lips form spirals along the arms. The helical arms, with their spirals turning in opposite
directions (Fig. 4.17) are interconnected on top of the tube. In this manner the slit, which extends in both
arms, forms an extremely long and narrow mouth through which small animals can enter the trap (Fig.
4.17A, B).
Da der extrem lange und schmale Mund in regelmäßigen Abständen durch
schmale Seitenstege unterbrochen wird (vgl. die Abbildung oben, p. 42),
handelt es sich in Wirklichkeit um zahlreiche kleinere Münder.
Für Utricularia hingegen weisen die Autoren dagegen auf folgende Punkte
der auch wieder völlig unterschiedlichen weiteren Ontogenese hin (p. 67) 253:
"Although contiguous at their lateral extremities, the door and the threshold [which are not formed in
Genlisea at all] differ in their anatomical characters (Figs. 4.125 and 4.14). The threshold becomes semicircular and forms a massive thickening, which preserves the shape of the opening and resists any crumpling
when the trap is set. The side walls of the trap are thinner where they articulate with the threshold so that
no distortion is exerted on the surrounding tissue when the side walls bend as the trap sets (Fig. 4.10,5). In
transverse section, the threshold is roughly triangular and continuous with the lower trap wall. The
upper, free surface of the threshold shows at least three distinct regions: the inner zone, made of epidermal
cells, forming a shelf projecting into the interior of the trap; the outer zone, doorstep, continuous with
the lateral walls of the entrance; and between them is the middle zone, which is the 'pavement
epithelium' on which the door lies when the trap is closed. The pavement epithelium fits precisely the
shape of the lower door edge and is provided with special devices which prevent leakage of water into
the trap when the trap is set."
Angesichts dieser grundlegenden, systematischen Unterschiede in der
Ontogenese (Individualentwicklung) der beiden Gattungen mit entsprechend
so unterschiedlichen Endergebnissen (vgl. die Tabelle p. 43) erscheint mir der
einleitende Satz der Autoren zur Entwicklung der Genlisea-Falle ("The
development of the Genlisea trap closely resembles that of Utricularia: both
are epiascidiate leaves") nur auf dem Hintergrund ihres evolutionären
Weltbilds verständlich.
252
Der Homologiebegriff ist stark umstritten; ich überlege z. Zt. ob er hier vielleicht in seinem ursprünglichen idealistischen Sinne verwendet
werden könnte.
Leider führen die Autoren keinen genauen Punkt-für-Punkt-Vergleich für die Ontogenese der beiden Gattungen durch.
253
150
Mit dem Argument der epiascidiate leaves könnte man ebenso Folgendes behaupten:
"The development of the Genlisea trap closely resembles those of Heliamphora,
Sarracenia, Darlingtonia, Nepenthes and Cephalotus: all these are epiascidiate leaves." Da
die letzteren auch nach der Evolutionstheorie unabhängig von Genlisea und die
Sarraceniaceen wiederum unabhängig von den Nepenthaceen und beide unabhängig von
Cephalotaceen entstanden sind, – warum sollte man dann die unabhängige Entstehung der
so erstaunlich unterschiedlichen Fangapparate von Genlisea und Utricularia von vornherein
ausschließen und stattdessen einen Abstammungszusammenhang suggerieren?
Zu makroevolutiven Ansätzen vgl. meinen Beitrag Goethe, Sex and
Flower Genes (1994) sowie oben pp. 109-116 und Schwartz 2005.
(7) UK: "Obwohl dieser Entwicklungsprozess seit dem 19. Jahrhundert beschrieben ist, sind die biochemisch-molekularen Grundlagen der Utricularia-Ontogenese bis heute unbekannt."
(7) W-EL: Das ist im Wesentlichen zutreffend. Den ontogenetischen
Entwicklungsprozess selbst können wir jedoch jederzeit untersuchen und
seine Stadien sind uns in über 95 % bekannt und der Rest ist uns in der
Forschung licht- und elektronenmikroskopisch unmittelbar zugänglich. Das
trifft bekanntlich auf den postulierten Makro-Evolutionsprozess in keiner
Weise zu (siehe die Ausführungen unten).
(8) UK: "Selbst die "einfache" Zellstreckung, erforscht an achsenförmigen Organen (z. B.
Graskeimlinge), konnte noch nicht vollständig entschlüsselt werden: Die Suche nach dem ratenlimitierenden biochemischen Prozess in den Zellwänden hat zu zahlreichen Hypothesen und Theorien,
jedoch zu keiner endgültigen Antwort geführt (Kutschera 2002, 2003c)."
(8) W-EL: Völlig richtig. Dazu möchte ich als Ergänzung das bis heute
topaktuelle Wort und voll zutreffende Argument gegen UKs (Gesamt-)Überlegungen
von J. Doyle, Professor für Botanik an der Universität Dublin, zitieren:
"Modern man may point out with pride to his achievements in engineering and electronics
– to television, electronic computers, supersonic planes and the like. But he cannot begin to
conceive how he could make a simple blade of grass. He obviously fails because he knows
too little of its form and nature. Since we cannot explain the everyday phenomena of
ontogenetic development, it seems to me just intellectual presumption to claim to offer a
sort of blanket explanation of the global evolution of all animate nature over a thousand
million years of geologic time." 254
(9) UK: "Dennoch sind sich die Pflanzenphysiologen sicher, dass es bei der Blattentwicklung und der
damit einhergehenden Zellexpansion "mit rechten Dingen", d. h. physikalisch-chemisch, zugeht; die Hypothese,
dass eine verborgene "Lebenskraft" das Zellwachstum (und somit auch die Entwicklung der WasserschlauchFangblasen) steuert, ist unwissenschaftlich und würde von der modernen Forschung nicht ernst genommen
werden."
(9) W-EL: Der Vitalismus stand bislang überhaupt nicht zur Debatte
(obwohl auch zu dieser Frage noch einiges zu sagen wäre 255). Ich verstehe UKs
254
Presidential Sectional Address (Botany), Advancement of Science 197, 14, 120. B. A. (1957).
Auch wenn ich mich auf eine Diskussion dieser Fragen an dieser Stelle nicht einlassen möchte, so sei doch erwähnt, dass Theo
Eckardt, Direktor des Botanischen Gartens und Museums und Professor an der Freien Universität Berlin, anderen Biologen an der FU als
"Vitalist" galt. Siehe auch Helmut Rehder, Professor für Systematische und Ökologische Botanik and der TU München (1986): Evolution
anders gesehen. Ein Beitrag zur Überwindung des Materialismus und zur Rechtfertigung des Vitalismus. Siehe weiter Rehder (1988):
Denkschritte im Vitalismus. Ein weiterführender Beitrag zur Evolutionsfrage. (Beide Arbeiten im Verlag Friedrich Pfeil, München). Der
Einwand, dass mit dem Vitalismus die Forschung aufhört, wird durch die Arbeiten der beiden hier zitierten Botaniker schon widerlegt.
Angesichts der vielen oben kurz angeschnittenen offenen Probleme wäre es vielleicht besser, wenn man auch die Vitalismus-Frage offen
lassen würde.
255
151
Ansatz so, dass er offenbar mit überholten Vitalismusvorstellungen 256 die
Synthetische Evolutionstheorie gegen berechtigte kritische Einwände
immunisieren möchte. Besser wäre es, wenn der Autor stattdessen die
naturwissenschaftlichen Beweise für seine Theorie liefern würde.
(10) UK: "Sowohl die Mechanismen der Ontogenese (Individualentwicklung) als auch die der
Phylogenese (Stammesentwicklung) der Utricularia-Blattentwicklung sind bis heute ungeklärt (Ellison und
Gotelli 2001)."
(10) W-EL: Wie schon im vorliegenden Beitrag zur Evolution der
karnivoren Pflanzen hervorgehoben wirft UK damit die der empirischer
Forschung unmittelbar zugängliche Individualentwicklung (Ontogenese) mit
der prinzipiell nicht reproduzierbaren Phylogenese (Stammesgeschichte) in
einen Topf. Seiner Meinung nach handelt es sich in beiden Fällen nur um
"Wissenslücken", die sein materialistisches Weltbild in keiner Weise tangieren
könnten. Kurze Wiederholung:
Wissenslücken: Das kann auf die Ontogenese als unmittelbar erforschbaren Entwicklungsprozess immer
zutreffen. Es dürfte jedoch ein Unterschied sein, ob man Strukturen und Prozesse untersucht, die jederzeit
reproduzierbar sind (und zu denen man entsprechende Tatsachenbeschreibungen vornimmt), oder ob man
behauptet, dass die uns als Tatsache direkt zugängliche Individualentwicklung in nie beobachteten Vorfahren
durch nie beobachtete genetisch-physiologische Ursachen ("Differenzierungsmutationen sind unbekannt" – Remane et al.),
über nie beobachtete tausend und noch mehr morphologisch-anatomische Zwischenstufen zu dem
geworden sind, was sie heute ist. Wenn jemand die biologisch unmittelbar gegebenen Tatsachen – was das
"Erwiesensein" betrifft – auf dieselbe Stufe stellt wie seine phylogenetischen Hypothesen, – bekommen dann
nicht diese Hypothesen hinsichtlich ihrer existentiellen Aussagekraft religiösen Charakter? Unbewiesene und
unbeweisbare Hypothesen werden als letzte Wahrheiten ("Tatsachen") verkündet, an denen man seit 150
Jahren nicht mehr zweifeln darf (ähnlich Lönnig: Archaeopteryx).
(11) UK: "Die Annahme eines "Intelligenten Designers" bei der Phylogenese wäre jedoch genauso
pseudowissenschaftlich wie die Implikation "mystischer Lebenskräfte" während der Ontogenese."
(11) W-EL: Ich habe diesen Einwand schon vor längerer Zeit wie folgt
behandelt (vgl. http://www.weloennig.de/AesIV4.html#Intelligent; siehe auch Lönnig und
Meis 2006):
"Wir wollen uns des weiteren mit einem Einwand von A. S. Romer beschäftigen, den wir in seinem
Buch "THE PROCESSION OF LIVE (1968) auf den Seiten 2 und 3 finden. Wir lesen dort über
"supernatural agencies":
"By the nature of the underlying assumptions one cannot, of course, prove or disprove theories of supernatural
agencies by scientific research or experiment; but before resorting to such unprovable hypothesis, a scientist
should attempt to explain the pertinent phenomena of nature in terms of natural laws. To concider a simpler
example of the same sort. If a person were to tell me that my automobile is activated by a small, invisible
daemon who resides beneath the hood or bonnet, I could not, from the nature of the case, prove him wrong. But
although the internal workings of modern automobile are so complex that I do not fully understand them, I do
have some comprehension of the nature of an electric spark an the explosiveness of such hydrocarbons as petrolgasoline. Despite my own ignorance, I am sure that a natural explanation can be found for the way in which an
internal combustion engine operates, and the daemon in unnecessary and might well be left out.
In the same category as hypotheses of supernatural intervention are those which suggest the presence of some
urge or desire within the animal itself which pushes it forward along an evolutionary path. The French
philosopher Bergson believed in the existence of a mysterious, driving force which he termed an 'elan vital'. But
this gets us nowhere; he fails to define the nature of this force in understandable physical, chemical, or biological
terms. As Sir Julian Huxley has remarked, the naming of an 'elan vital' explains no better the workings of an
organism than would attempt to interpret the operation of a railway engine as due to an 'élan locomotif'."
256
Davon gibt es viele.
152
Das hier gegebene Beispiel beruht auf einer eindeutigen und simplen Verwechslung zweier Fragen, so
dass der Fehler, der in dieser Argumentation steckt, jedem Kind verständlich sein dürfte. In der Biologie,
genau wie in der Technik, können wir einmal nach dem Ursprung der Systeme und zum anderen nach
der Funktion der Systeme fragen. Ein rein "mechanistisch" deutbares System kann sehr wohl einen
geistigen Ursprung haben. Im Falle der Technik ist es der Mensch, der plant, Ziele setzt, der die Materie
zu technischen Systemen anordnet. Ohne den Geist des Menschen gibt es keine Technik. Die Materie ist
nicht in der Lage, sich von selbst zu Fernsehapperaten, 'Elektronengehirnen' oder, was Romer in seinem
Beispiel erwähnt, Autos und Lokomotiven zu organisieren. Der 'Ursprung' all dieser Systeme setzt
zielstrebiges Handeln, Intelligenz, Geist voraus. Die Funktion dieser Systeme erfolgt nach den uns
bekannten Gesetzmäßigkeiten, ohne dass eine Intelligenz nun ununterbrochen in das Geschehen
eingreifen und es in allen Einzelheiten weiter steuern müsste. Gesteuert werden müssen nur die Systeme
als ganze. Aber auch diese Steuerung kann im Gesamtplan eines noch umfassenderen Systems
miteinbezogen sein, ohne dass der Mensch laufend eingreifen müsste, wie uns das die Forschung zum
Begriff Kybernetik zeigt.
In der Frage, die Romer behandelt, geht es um den Ursprung der biologischen Systeme. Um
"supernatural agencies" aus der Diskussion von vornherein so weit wie möglich auszuklammern und um
zu zeigen, wie unnötig solche Erklärungen sind, bringt er mit Huxley nun zwei Beispiele aus der
Funktion der Technik – dass diese Technik ihren Ursprung durch die Intelligenz des Menschen hat, wird
dabei einfach übergangen.
Ursprung und Funktion werden hier also von Romer und Huxley verwechselt; ein witziger 'élan
locomotif' ändert daran nichts. Bei klarer Unterscheidung der Begriffe sind Beispiele aus der Technik
wohl die besten Beweise dafür, dass die uns bekannten materiellen Gesetzmäßigkeiten zur Erklärung des
Ursprungs der Organismenwelt nicht ausreichen."
Die Vitalismusfrage habe ich damit jedoch noch nicht ansprechen wollen.
Ich bin in dieser Argumentation vielmehr von der unter Biologen weit
verbreiteten rein mechanistischen Auffassung aller Lebensfunktionen
ausgegangen, um die sich daraus ergebenen Konsequenzen für die
Entstehung der Lebensformen ("Apparate") aufzuzeigen.
Wenn wir überholte Vitalismusvorstellungen klar von den eigentlichen
Aufgaben der Synthetischen Evolutionstheorie unterscheiden – nämlich die
experimentellen und sonstigen Beweise für die Theorie vorzulegen – kann
unsere rein rationale Schlussfolgerung auf intelligentes Design zum
Ursprung der Lebensformen, die sich u. a. aus dem Vergleich mit der
Technik (Kybernetik, Bionik, Informationsentstehung und Speicherung etc.)
unübersehbar ergeben, nur bestärkt werden (vgl. weiter pp. 118, 155-157).
Kutschera fährt fort:
(12) UK: "Der Wasserschlauch ist trotz dieser Wissenslücken ein Paradebeispiel für eine differenzielle
Blatt-Metamorphose (Tierfang) und die Pflanzen-Evolution: Durch Abwandlung und Umbau von LaubblattStrukturen konnte Utricularia einen Lebensraum besiedeln und besetzt halten, der aufgrund der harschen
Bedingungen
(Nährstoffarmut,
Wasserströmung,
ständiges
Verdriften)
für
konkurrierende
Unterwasserpflanzen "wenig attraktiv" ist."
(12) W-EL: Als gäbe es einen Lebensraum, in dem als einzige Pflanzenart
nur Utricularia vulgaris vorkommt (oder ausschließlich die Gattung
Utricularia)! Das ist sachlich einfach nicht korrekt: Siehe die Auflistung der
Begleitpflanzen oben sowie andeutungsweise die folgenden Abbildungen:
153
Utricularia vulgaris L. Abb. links aus
http://2.bp.blogspot.com/_W6Bdrh8Wnw8/SoCP4mQ5qiI/AAAAAAAABwE/N0lNCRsHa9A/s400/IMG_0001_11.JPG
Mitte: http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/biologie/projekt/aquarium/bilder/utricularia_vulgaris1.jpg
Rechts: Utricularia australis R. Br. aus:
http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/1443592
Ist der Wasserschlauch nun "ein Paradebeispiel für eine differentielle BlattMetamorphose"? Mit Sicherheit nicht im Sinne des Neodarwinismus
(Synthetische Evolutionstheorie), d. h. eine Blatt-Metamorphose durch einen
"jahrmillionenlangen Evolutionsprozesses" in "unzähligen aufeinander
folgenden kleinen Mikroevolutionsschritten" als Anpassung an einen "extrem
stickstoffarmen Lebensraum" "ohne Konkurrenz".
Im Sinne der idealistischen Morphologie hingegen, die implizit mit
intelligentem Design arbeitet und dabei nicht notwendigerweise
Abstammungshypothesen postuliert, könnte man Utricularia allerdings als ein
Paradebeispiel für eine differentielle Blatt-Metamorphose interpretieren.
Ist weiter der Wasserschlauch "trotz dieser [neo-darwinistischen]
Wissenslücken ein Paradebeispiel für ... die Pflanzen-Evolution"? Oder gehört
er gar "gerade wegen seiner bizarren Fresskünste, zu den Paradebeispielen –
für die Kräfte der Evolution 257" (Kutschera nach Willmann 2003)? Eindeutig
nein. Außer einer Kette von potenzierten evolutionären Zirkelschlüssen
aufgrund von als homolog 258 interpretierten Ähnlichkeiten, die alle
Unterschiede ignorieren oder als unwesentlich für die Evolutionsfrage einstufen,
die also das, was zu beweisen ist, immer schon als bewiesen voraussetzen und
gegen jede Widerlegung von vornherein immunisieren ("die Evolution ist eine
Tatsache" – UK), gibt es keinerlei Beweise für die Makro-Pflanzenevolution
("The ensemble of these discussions has thus somewhat the appearance of
an immense vicious circle, where one takes for granted the thing that has to
be proven" – Caullery).
Die Behauptung, der Wasserschlauch "gehöre gerade wegen seiner
257
258
"Evolution"im Sinne der heutigen Evolutionstheorie als kontinuierlicher Prozess durch Mutation und Selektion (siehe oben).
Wobei im Homologiebegriff selbst die Gesamtevolution schon wieder als Tatsache vorausgesetzt wird - weiterer Zirkelschluss! Vgl.
dazu hier pp. 38, 41, 55, 126, 135, 149, 153, 157, 196, 200.
154
speziellen Anpassungen zu den Paradebeispielen für die Kräfte der
Evolution" (vgl. UK, Punkt 1 oben) oder zähle gar "gerade wegen seiner
bizarren Fresskünste, zu den Paradebeispielen – für die Kräfte der Evolution"
ist nichts weiter als ein im Widerspruch zu zahlreichen biologischen
Tatsachen stehendes Glaubensbekenntnis seiner materialistischen Religion 259
(nach seinen eigenen Worten ist Kutschera ein "überzeugter Atheist"; vgl.
http://www.weloennig.de/KutscheraWiderlegung.html).
UK rechnet mit den erstaunlichsten und unwahrscheinlichsten Möglichkeiten
(wie die Anpassung an einen "extrem stickstoffarmen Lebensraum" "ohne
Konkurrenz" etc.), offenbar aber nicht damit, dass die Lücken in den heutigen
naturalistischen Evolutionstheorien (inklusive seiner Synadentheorie) selbst
liegen könnten. 260 Man kann also auch für den hier im Detail diskutierten
(Haupt- 261)Fall deutlich erkennen,
...dass bis zur Sperrung der biologischen Beispiele auf dem Institutsserver keine naturwissenschaftlichen
Einwände formuliert worden sind – [und weiter] dass die Autoren (auch nach der Sperrung) nicht in der
Lage sind, auch nur ein einziges der seinerzeit auf dem Institutsserver zugänglichen biologischen
Funktionsbeispiele [gegen die S. E.] naturalistisch befriedigend zu erklären bzw. etwa die historische
Abhandlung zu Mendel adäquat zu kommentieren. 262
Links: Utricularia vulgaris L. aus:
http://linnaeus.nrm.se/flora/di/lentibularia/utric/utrivul1.jpg
Rechts:Utricularia vulgaris L. aus:
http://www.biopix.dk/Temp/JCS%20Utricularia%20vulgaris%2026034.jpg
Testbare Hypothesen (außer vielleicht zu weiteren Ähnlichkeiten innerhalb
259
Vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf,p. 19 (dort weitere Punkte): "Der fatale Irrtum ist doch, nicht zu erkennen, daß jeder
Mensch eine wie auch immer geartete Religion hat, d. h. er ist – ob er das nun realisiert oder sich dessen nicht bewußt ist – an ein
Postulat (rück-)gebunden (re-ligio), und sei es die "Religion der Vernunft" oder das Postulat der Sinnlosigkeit der Welt. Diese
unbewußten Religionen sind deshalb so gefährlich, nicht weil sie Religion sind, sondern weil ihre "Bekenner" nicht wissen, dass sie
einem Glauben anhängen, also auch nicht durch selbstkritischen Skeptizismus den Mitmenschen verstehen können" (Bernward Nüsslein).
Die Intoleranz eines UK, der seit Jahren alles daransetzt, die freie Diskussion zur Evolutionsfrage in der Wissenschaft zu verbieten mit
dem impliziten Ziel der Entlassung bzw. Berufsverbot für alle Design-Wissenschaftler (vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf),
scheint mir dafür ein Musterbeispiel zu sein.
260
Vgl. auch Schlusssatz in http://www.weloennig.de/Utricularia.html:"Könnte die Lücke nicht vielmehr in der Darwinschen Theorie als in
unserem Wissen um die Realitäten liegen?"
261
"Hauptfall" was die Ausführlichkeit der Diskussion betrifft; aber im Grunde genommen sind die anderen oben aufgeführten Beispiele als
gleichwertig mit Utricularia zu betrachten – nicht zuletzt die auf dieser und den folgenden Seiten noch einmal erwähnten
Orchideengattungen Coryanthes und Catasetum.
262
http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf,
155
des potenzierten Zirkelschlusssystems) werden von UK und anderen Autoren
nicht vorgelegt und die Frage nach der Reproduzierbarkeit der
Makroevolution wird grundsätzlich mit den Jahrmillionen der postulierten
kontinuierlichen Evolution durch Mutation und Selektion zurückgewiesen.
(Zu einer Reihe testbarer Hypothesen für die weitere Forschung in diesen
Fragen von meiner Seite vgl. hier Die Evolution der karnivoren Pflanzen
(Teil 1) oben und Teil 4, pp. 206, 217, 222.)
Darüber hinaus sei an die generellen Testkriterien zu ID erinnert
(http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf, p. 73; siehe auch Lönnig 2004 und Lönnig
und Meis 2006) und an die Gegenüberstellung des Neodarwinismus und IDTheorie zur Entstehung von Coryanthes und Catasetum (p. 63):
"Der Schlüssel liegt also in der Frage nach den "good positive reasons for thinking biological systems are
in fact designed", die wir für einen konkret zu untersuchenden Fall mit Dembski 2004 beantworten
möchten. Ein Kandidat für ID sollte möglichst viele der folgenden neun Eigenschaften aufweisen (die
Frage nach ID für den Ursprung eines biologischen Systems wird also wissenschaftlich und intersubjektiv
nachvollziehbar nach bestimmten Kriterien untersucht). Zusammenfassung gemäß Lönnig 2004:45
"1. High probabilistic complexity (e. g., a combination lock with ten billion possible combinations has less
probability to be opened by just a few chance trials than one with only 64,000).
2. Conditionally independent patterns (e. g. in coin tossing all the billions of the possible sequences of a
series of say flipping a fair coin 100 times are equally unlikely (about 1 in 1030). However, if a certain
series is specified before (or independently of) the event and the event is found to be identical with the
series, the inference to ID is already practiced in everyday life).
3. The probabilistic resources have to be low compared to the probabilistic complexity (refers to the
number of opportunities for an event to occur, e. g. with ten billion possibilities one will open a
combination lock with 64,000 possible combinations about 156,250 times; vice versa, however, with
64,000 accidental combinations, the probability to open the combination lock with 10 billion possible
combinations is only 1 in 156,250 serial trials).
4. Low specificational complexity (not to be confused with specified complexity): although pure chaos has
a high probabilistic complexity, it displays no meaningful patterns and thus is uninteresting. ‚Rather, it's at
the edge of chaos, neatly ensconced between order and chaos, that interesting things happen. That's where
specified complexity sits'.
5. Universal probability bound of 1 in 10150 – the most conservative of several others (Borel: 1 in 1050,
National Research Councel: 1 in 1094, Loyd: 1 in 10120.
'For something to exhibit specified complexity therefore means that it matches a conditionally
independent pattern (i. e., specification) of low specificational complexity, but where the event
corresponding to that pattern has a probability less than the universal probability bound and therefore high
probabilistic complexity.' For instance, regarding the origin of the bacterial flagellum, Dembski calculated
a probability of 10-234."
Dazu gehören weiter die Fragen nach (6.) "irreducible complexity" (Behe 1996, 2006) und last not least
die Ähnlichkeiten bzw. Identitäten auf (7.) bionischer, (8.) kybernetischer und (9.)
informationstheoretischer Ebene. Zur Frage nach den wissenschaftlichen Details und den damit
verbundenen Aufgabenstellungen zu diesen neun Punkten vgl. man bitte die Beiträge von Behe46,
Berlinski47, Dembski48, Lönnig49, Meis50, Meyer51, Rammerstorfer52, Wells53, Wittlich54 und
zahlreichen weiteren Autoren, die zumeist in dieser Literatur genannt werden. Zur Problemstellung gehört
u. a. die Frage: Wie weit reichen Mutation und Selektion zur Erklärung des Ursprungs neuer biologischer
Arten und Formen? Wo liegen die Grenzen, an denen ein gezielter Aufbau genetischer Information durch
intelligente Programmierung notwendig wird, weil die definitionsgemäß richtungslosen Mutationen
('Zufallsmutationen') keinen Erklärungswert mehr haben?"
156
Abschließend eine Gegenüberstellung der Theorien zu Coryanthes und
Catasetum, die genauso für Utricularia und tausend weitere biologische
Beispiele gilt (http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf, p. 63):
1. Im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie ist die Intelligent-Design-Theorie
testbar/falsifizierbar (vgl. Dembski und Kann der Neodarwinismus durch biologische Tatsachen widerlegt
werden?).
2. Im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie macht die Intelligent-Design-Theorie klare
Voraussagen, und zwar
(a) über die Möglichkeiten und Grenzen der Evolution aufgrund genetischer Gesetzlichkeiten (vgl. das
Gesetz der rekurrenten Variation).
(b) Für die paläontologische Forschung rechnet sie bei fossil sehr gut überlieferten, aber noch
unzureichend gesammelten und/oder analysierten Formen mit der Verdopplung bis Vervierfachung der
Zahl der bisherigen Mosaiktypen im Zuge der weiteren Arbeit (siehe Diskussion dazu) .
Aufgrund dessen sagt sie weiter voraus,
(c) dass auch bei vollständiger Überlieferung und Entdeckung aller Arten und Gattungen einer
größeren Tier- oder Pflanzengruppe (Familie, Ordnung, Klasse, Stamm/Abteilung) der regelmäßig
festgestellte "leere Raum des Ursprungs" (Overhage) nicht durch kontinuierliche Übergangsserien
überbrückt werden wird.
3. Im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie ist die Intelligent-Design-Theorie der ungeheuren
Komplexität der zu erklärenden Strukturen auf allen Ebenen angemessen, d.h. sie ist "as simple as possible
but not simpler" (Einstein) (vgl. Behes Erkenntnisse zum Thema Irreducible Complexity sowie Artbegriff:
Einwände).
4. Die Intelligent-Design-Theorie beruht unter anderem auf der direkten Ableitung aus prinzipiell
gleichartigen Strukturen und Systemen, von denen der Ursprung eines Teils (und zwar des einfacheren)
durch Intelligenz sicher bekannt ist: Kybernetik/Bionik (Tertium comparationis: "The factor which links or
is the common ground between two elements in comparison" (Oxford Dictionary). Grundprinzip: Wenn
schon die relativ einfachen, aber grundsätzlich gleichartigen Systeme immer durch Intelligent Design
entstehen, wieviel mehr dann die Tausendmal komplexeren! Vgl. die Bemerkungen zum Stichwort
"Kybernetik" kurz nach dem ersten Drittel des Kapitels).
5. Die Intelligent-Design-Theorie ist in Übereinstimmung mit allen Erfahrungswerten: Neue (primäre)
Arten entstehen nicht von selbst, etwa durch Selbstorganisation (vgl. Artbegriff); komplex-synorganisierte
Information entsteht nur durch Intelligenz.
6. Im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie braucht sich die Intelligent-Design-Theorie zu
ihrer Begründung nicht "im Dunkel der Vergangenheit zu verstecken" (Fabre), d. h. sie muss sich nicht auf
"die Wirkung der Zeit hinausreden" (Andermann), um etwa grundsätzliche Fragen zum Ursprung der
Information zu beantworten.
7. Im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie spielt der Zufall (Mutationen und historische
Kontingenz) in der Intelligent-Design-Theorie bei der Entstehung neuer synorganisierter Strukturen nur
eine sehr untergeordnete Rolle.
8. Im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie ist die Intelligent-Design-Theorie bei der
Erklärung des Ursprungs von Irreducible Complexity nicht auf eine fragwürdige (weil für die konkrete
Fragestellung nicht überprüfbare) Selektion angewiesen, die die Rolle "der Intelligenz" im
Neodarwinismus übernehmen sollte (siehe auch: Giraffe).
9. Im Gegensatz zur Synthetischen Evolutionstheorie ("...that materialism is an absolute, for we cannot
allow a Divine Foot in the door") ist die Intelligent-Design-Theorie nicht totalitär-dogmatisch (wenn sich
entgegen allen bislang bekannten Tatsachen die Ursprung-des-Lebens-Frage letztlich doch
reduktionistisch auflösen sollte, würden ID-Theoretiker das anerkennen).
10. Im Gegensatz zum Darwinismus und zur Synthetischen Evolutionstheorie ("In the name of
naturalism, they willingly jettison [aufgeben] our most thoroughly tested natural laws. In this way,
naturalism can be downright anti-naturalistic" – Begründung bei ReMine) braucht die Intelligent-DesignTheorie – um sich behaupten zu können – grundsätzlich keine gesicherten Naturgesetze in Frage zu stellen
(vgl. zu diesem Punkt die Kapitel zu Mendel sowie das Gesetz der rekurrenten Variation und weiter
Utricularia kurz vor dem Untertitel "Anmerkungen zur weiteren Diskussion" –im letzten Drittel des
Beitrags).
11. Zur Frage nach der Reproduzierbarkeit der postulierten Hauptereignisse ("Makroevolution") sagt
die Intelligent-Design-Theorie voraus, dass diese – in Übereinstimmung mit dem Modus ihrer Entstehung
157
– prinzipiell nur durch den Einsatz genialer Intelligenz möglich ist (homologe Anfänge gibt es heute in der
Gentechnologie, Bionik und Kybernetik, einschließlich Nanotechnologie).
12. Folglich wird auch die zukünftige Entstehung neuer Formen (primärer Arten und höherer
systematischer Kategorien) nach der Intelligent-Design-Theorie nur durch den gezielten Einsatz von
Intelligenz, Geist, Energie und Information möglich sein.
Viele weitere Punkte zur Überlegenheit der Intelligent-Design-Theorie könnten bei einer ausführlichen
Gegenüberstellung von Synthetischer Evolutionstheorie und Intelligent Design zu den Themen
Morphologie, Anatomie, Paläontologie, Physiologie etc. aufgeführt werden.
Zur Frage, ob die Intelligent-Design-Theorie eine bisher wissenschaftlich gesicherte, aber potentiell
falsifizierbare Erklärung für den Ursprung der synorganisierten Strukturen der im Beitrag zu Coryanthes
und Catasetum beschriebenen (und anderer) Orchideen (sowie von Utricularia) bietet, lautet daher meine
Antwort klar und eindeutig JA! Die Entstehung solcher Formen wurde entweder im Genom von Vertretern
von "Urorchideen"-Gattungen (oder der Gattung Utricularia) vorprogrammiert oder die raffiniertkomplexen Systeme sind direkt erschaffen worden.
Wenn also – wie im Falle der Synthetischen Evolutionstheorie (NeoDarwinismus) – eine in den wesentlichen Punkten nicht verifizierbare, nicht
falsifizierbare und nicht quantifizierbare Theorie, in der "der Zufall" (von der
Mutation bis zur historischen Kontingenz) einen bedeutenden Platz einnimmt,
und in der überdies die prinzipielle Nichtreproduzierbarkeit der postulierten
Hauptereignisse
und
-resultate
(Makroevolution)
sowie
die
Nichtvorhersehbarkeit der zukünftigen Evolution integrale Bestandteile des
Lehrgebäudes sind und diese Theorie anerkanntermaßen innerhalb des
Bereichs der Naturwissenschaft liegt, wie viel mehr gehört dann erst die
testbare Design-Theorie in die Naturwissenschaft und speziell in die
Biologie!
Anhang
Wilhelm Troll 1984, pp. 73-75:
"Die Erklärung der Homologien bloß aus der Gemeinsamkeit der Abstammung ist also
nicht mehr haltbar. Ebensowenig aber das sogenannte "Gesetz von den Daseinsbedingungen"
(law of Conditions of Existence), das DARWIN sogar über das "Gesetz von der Einheit des
Typus" (law of the Unity of Type") gestellt wissen wollte.
[Zitat Darwin]: "Der Ausdruck ,Daseinsbedingungen' wird durch das Prinzip der
natürlichen Zuchtwahl voll umfaßt. Denn die natürliche Zuchtwahl wirkt entweder dadurch, daß
sie die veränderlichen Teile jedes Wesens seinen organischen und anorganischen
Lebensbedingungen jetzt anpaßt oder während früherer Zeiten angepaßt hat, wobei die
Anpassungen in vielen Fällen durch den zunehmenden Gebrauch oder Nichtgebrauch einzelner
Teile unterstützt, durch die unmittelbare Einwirkung der äußeren Lebensbedingungen
beeinflußt werden und in allen Fällen den verschiedenen Gesetzen des Wachstums und der
Abänderung unterworfen sind. Daher ist in der Tat das Gesetz von den Daseinsbedingungen das
höhere Gesetz, da es vermittelst der Vererbung früherer Veränderungen und Anpassungen das
der Einheit des Typus einschließt" (116).
Ergo: DARWIN eliminiert die aller Äußerlichkeit entzogene ideenhafte Natur des Typus. Nach
ihm ist das Phänomen der "Einheit des Typus", über die Gemeinsamkeit der Abstammung
hinaus, eine Anpassungserscheinung der Organismen an die Umwelt und somit durchaus
als Wirkung der Umwelt zu verstehen, was D. H. SCOTT (117) noch prägnanter ausspricht, wenn
er geradewegs sagt: "All the characters which the morphologist has to compare are, or have
been, adaptive." Der Darwinismus erklärt sich damit selbst als teleologisches System, wobei es
schon gleichgültig ist, ob die Probleme der organischen Gestalt nach Endursachen, d. h. die
158
Zweckmäßigkeit der Organe gleichsam vorkonstruierenden Ursachen, oder nach einem
Mechanismus beurteilt werden, der zweckmäßige Strukturen schafft. Jedenfalls nimmt es sich
geradezu grotesk aus, wenn DARWIN im 14. Kapitel seines Hauptwerkes eine Betrachtung nach
Endursachen, die für ihn identisch mit der Schöpfungstheorie ist (118), mit den Worten ablehnt:
"Nothing can be more hopeless than to attempt to explain this similarity of pattern in members
of the same class, by utility or by the doctrine of final causes", wo doch sein ganzes System auf
dem Nützlichkeitsgesichtspunkt aufgebaut und von NÄGELI (110) geradezu als
"Nützlichkeitslehre" bezeichnet wurde. Tatsächlich zog unter dem Einflusse der Werke DARWINS
die Teleologie erst recht in die Biologie ein (120), freilich eine Art der teleologischen
Naturauffassung, die vom klassischen Teleologiebegriff ebenso weit entfernt ist wie der
Darwinismus von der "Natura", der "Physis", die im Schaffen lebt.
Wie schon früher betont wurde, kennt die Selektionstheorie nur die äußere oder ökologische
Zweckmäßigkeit, die sich zwar von der konstitutiven oder inneren nicht streng scheiden läßt, ihr
gegenüber aber dennoch von untergeordneter Bedeutung ist. Das zeigt namentlich die geringe
Widerstandskraft der einschlägigen Erscheinungen gegen die kritische Prüfung. Gibt es doch
kaum einen derartigen Fall, bei welchem man nicht mit GOEBEL (121) sagen könnte: "Es geht so,
aber es ginge auch anders.""
W. R. Thompson (1965, pp. 151-154):
"It has frequently been pointed out that the Darwinian explanation of organic structure is of an
essentially finalistic type. It seeks the reason for the existence of form and pattern in its utility in the socalled "struggle for life." The dull colour of the locust exists because it enables the locust to merge into
the background on which it lives, and thus escape its enemies. The brilliant hues of certain tropical
butterflies exist to produce in the minds of their avian enemies a vivid association between the
striking colour and the nauseous taste, said to characterize these forms. Other, more palatable species,
with similar colouration, possess these patterns, because they can thus share in the protection gained by the
nauseous forms. The caterpillars of the Geometrid moths resemble twigs, because this enables them to pass
unnoticed.
A defender of the theory will, of course, object that these statements "short circuit" the true
development of the argument, which postulates that useful structure arises through the action of natural
selection on random variations, so that in this case we are not really entitled to speak of purpose and have,
in a sense, "a teleology without a telos" — a doctrine of usefulness without any implication of purpose or
design. This thesis underlies the selectionists' discussions of the significance of organic structure; and
enables them with clear consciences to satisfy the very human craving to know the "why" of things in
Nature. The fact remains, that the general thesis, according to which, the structure of living things has
arisen through the action of Natural Selection on random variations, is one that is not susceptible of
direct scientific proof. In the usual Darwinian discussion of organic form, no attempt is made to prove it;
it is simply takcn for granted. In the vast majority of the cases brought forward, no serious effort is even
made to demonstrate by anything but verbal arguments, the utility of the forms or structures described.
The Selectionist describes the "terrifying" appearance of some animal and "explains" the development of
this appearance as due to the greater chance of survival of the individuals exhibiting it; but he
usually produces little or no experimental evidence of his contentions.
"The supporters of this theory," says Caullery (Le Probleme de ['Evolution, pp. 94-5, Paris,
Payot, 1931) "did not begin — this was indeed an impossibility — by showing that a given variation,
able to confer a certain definite advantage, must necessarily subsist and then observe that it did
subsist, while the individuals in which it was lacking were eliminated. What they did was to justify
a posteriori certain characters already existing by an argument designed to show that they are useful.
This amounts to saying that they are useful because they haye persisted, not to the demonstration that,
being useful, they haye determined the subsistence of their possessors and the elimination of
individuals in which they were absent. The ensemble of these discussions has thus somewhat the
appearance of an immense vicious circle, where one takes for granted the thng that has to be
proven."
The hypothesis of Natural Selection has become so firmly established in the minds of many
persons, including large numbers of biologists, that they have come to regard it as a definitely
established truth. According to this view, as we have said, organic structure and form comes into
being and persists because it is useful. From this it follows that all the characters of organisms
must be useful; and that any particular character is useful. This is a genuine deduction. An
induction in regard to the matter could only be framed after the demonstration, by experiment and
159
observation, that one character after another is useful, in the way required by the theory. But it is hard to
see how a convincing demonstration could be made.
The development of a defensive character occurs owing to the continuous attack of an offensive
organism. But as the character develops in the prey, natural selection must, according to the theory,
produce a complementary development in the predator. For example, as the prey becomes less visible,
owing to the elimination of visible individuals, the predator should become more keen-sighted, owing to
the elimination of the individuals whose visual development fails to keep pace with the requirements of
the situation. The result is that the relative positions of predator and prey will remain unchanged. This
argument can be extended to all other characters supposed to originate in the "struggle for life." From
this it follows that there can be no such thing as absolute unpalatability, or protective resemblance or
power to terrify by form or attitude. In this theory the power to attack does not lag behind the ability to
defend: it engenders this ability by an immediate and continuous contact and pressure in the absence of
which the defensive mechanism ceases to be. Thus, though evidence that "protectively coloured" or
"unpalatable" forms are attacked and eaten does not prove anything against the theory, evidence that
"protected" forms escape and "unpalatable" forms are rejected, to any marked extent, recoils
against it. "Protection" and "unpalatability" should indeed, on the basis of this theory, be so slight as
to be scarcely definable. The possibility of evaluating, in nature, any advantage "protective characters"
may confer seems, therefore, to be negligible, if they have arisen as postulated by the theory of Natural
Selection.”
Peter Taylor (1989/1994): The Genus Utricularia – A taxonomic monograph,
pp. 44/45.
Richardson (1963) made a study of the ecology of the Aripo savannas of Trinidad. He records 11
species of Utricularia as growing in the area of about 267 ha, but several additions have been made since
that date and 16 species are now known to occur in the locality. The Aripo savannas are a region of basically
flat, badly drained areas of acid, infertile, fine sand or clay. They receive high annual rainfall of 250-280 cm,
with a marked seasonal fluctuation so that the soil varies between waterlogged and quite dry. The vegetation
is largely open and herbaceous, dominated by Gramineae and Cyperaceae, which represent about 9 and 13%
of the total species present. Utricularia accounts for almost 7%. Other herbaceous families represented
include Orchidaceae, Polygalaceae, Xyridaceae, Burmanniaceae, Droseraceae. Some woody plants are
there at low density, mostly shrubs not more than 30 cm tall. The whole area or parts of it are frequently
burnt. [Das könnte eher auf fruchtbaren Boden hindeuten.] The soil is not flat but covered with small
hummocks and depressions, with some larger deeper water-filled depressions and ditches. The habitats
available to Utricularia species therefore vary between quite deep water through very shallow water, to
apparently dry but waterlogged soil. At the time I visited the area (February 1972 i.e. the early part of the
dry season, although it did rain on several days) I saw 12 species of Utricularia. U. myriocista and U. cucullata
both occured as suspended aquatics in the deeper pools. U. benjaminiana (a completely cleistogamous
form) as an affixed aquatic, entirely submerged in flowing water in a (probably man-made) drainage ditch.
Mixed with the latter but apparently not flowering was U. olivacea. Affixed at the margins of the deeper
pools was U. viscosa. In the shallow puddles (a few millimetres to a few centimetres deep) among the
hummocks, several species grew more or less intimately mixed, the vegetative parts forming a mal of small
leaves. These were U. juncea, U. subulata (both species with chasmogamous and cleistogamous forms) and
U. guyanensis. On more open drier areas were U. adpressa and U. pusilla, while in the marginal areas at the
edge of the surrounding swamp forest and among a denser, taller grass cover were U. hispida and U.
amethystina, the latter apparently more shade-tolerant and extending, beside tracks and openings, a short
way into the surrounding forest. The other species recorded from the area but not seen by me are U.
trichophylla (the cleistogamous form only), U. triloba, U. tenuissima and U. gibba. Thus we have
representatives of ten sections all growing in a relatively very small area. Two of them (U. subulata and U.
gibba) are pantropical, U. benjaminiana occurs also in tropical Africa and Madagascar, the rest are
restricted to America.
In northern Australia I spent some time in a number of areas which are, superficially at least, very
similar to the Aripo savannas. In one of these (near Darwin) 14 species were present in an area probably no
more than 0.1 ha in extent. Again there were deep pools (buffalo wallows) hummocks, depressions and
(natural) drainage channels. U. gibba occured in the deeper pools, either anchored at their margins (and
chasmogamous) or anchored at their bottoms (in up to 60 cm of water) and cleistogamous. Also anchored
at the pool margins was U. leptoplectra, but this species also extended away from the pools into the
wetter parts among the hummocks. In shallow (a few mm to a few cm deep) water in the depressions
among the hummocks were U. dunstaniae, U. lasiocaulis, U. circumvoluta, U. holtzei, U. hamiltonii, U.
160
capilliflora, U. quinquedentata and U. kamienskii. Among the taller, denser grasses and sedges towards the
edge of the surrounding woodland were U. chrysantha, U. odorata, U. caerulea and U. subulata (in its
cleistogamous form only). It is quite possible that other species were present as at least 5 others are known to
occur within a few km and were seen in similar habitats (U. limosa, U. dunlopii, U. kimberleyensis, U.
triflora and U. minutissima). The 14 species are distributed in 7 sections. Two of them are the same pantropical
species that occur in Trinidad but 7 are members of the section flaochasia which is confined to Australia
and New Zealand. Of the rest one (U. tmended) extends to Madagascar, U. circumvoluta and U.
leptoplectra are restricted to northern Australia while U. chrysantha also occurs in New Guinea and U.
odorata has a curious disjunct distribution, occuring in northern Australia and Indo-China.
Similar concentrations of species are found in the sterile white sand savannas of the Guianas and further
south in Brazil, and in similar vegetation types in Belize, Cuba, and though with fewer species, in the open
pine woods from Florida to New Jersey on the eastern coastal plain of the USA. In Africa Utricularia species
abound in the 'mbugas' of the Brachystegia woodland of southern Tanzania. These are flat grassy plains
which are inundated at the height of the wet season but largely dry, and often burnt in the dry. Such areas
are often found to have a pan of 'laterite' or ironstone' beneath the surface which is more or less impermeable
to water. Similar Utricularia-rich areas, locally termed 'dambos', occur in Zambia. In both Africa and
India some Utricularia species are commonly found in rice cultivations. Also in India I have seen several
species growing in great profusion in soil-filled depressions on elevated 'laterite' plateaux such as those at
Khandala and Panchgani in Maharashtra and also near to Mangalore in Karnataka. In both North America
and Australia, roadside 'borrow pits' and shallow ditches are frequently colonized by Utricularia species.
The soils in most of these habitats are usually of a sterile mineral nature and it is often stated that it is for
this reason that the plants need the nitrogen derived from the digestion of captured organisms. This may well
be so, but experiments in axenic culture, e.g. by Ram & Swamy (1966) Pringsheim & Pringsheim
(1967), Swamy & Ram (1969) and Ram et al. (1972) are somewhat inconclusive.
William Bateson (1913/1979): Problems of Genetics, pp. 17-24:
William Bateson (1913/1979, p. 17): "For if it is true that the peculiarities of the several species have
been perfected and preserved on account of their survival-value to their possessors, it follows that
there must be many ways of attaining the same result. But since sufficient adaptation may be
ensured in so many ways, the disappearance of the common parent of these forms is difficult to
understand. Obviously it must have been a plant very similar in general construction to its modern
representatives. Like them it must have been an annual weed, with an organisation conformable to that
mode of life. Why then, after having been duly perfected for that existence should it have been entirely
superseded in favour of a number of other distinct contrivances for doing the same thing, and – if a
gradual transition be predicated – not only by them, but by each intermediate stage between them
and the original progenitor? Surely the obvious inference from such facts is that the burden cast
upon the theory of gradual selection is far greater than it can bear; that adaptation is not in
practice a very close fit, and that the distinctions between these several species of Veronica have not
arisen on account of their survival-value but rather because none of their diversities was so damaging
as to lead to the extermination of its possessor.” – Hierauf folgen die oben wiedergegebenen
Schlussfolgerungen. Diese werden an mehreren weiteren Beispielen von pp. 18-30 weiter fundiert. Im
Folgenden seine Ausführungen von pp. 18-24:
The control of Selection is loose while the conformity to specific distinction is often very
strict and precise, and no less so even when several closely related species co-exist in the same area
and in the same circumstances.
The theory of Selection fails at exactly the point where it was devised to help: Specific
distinction.
Let us examine a somewhat different set of facts in the case of another pair of nearly allied
species Lychnis diurna and vespertina. The two plants have much in common. Both are
dioecious perennials, with somewhat similar flowers, the one crimson, the other white. Each
however has its peculiarities which are discernible in almost any part of its structure, whether
flower, leaf, fruit or seed, distinctions which would enable a person thoroughly familiar with the
plants to determine at once from which species even a small piece had been taken. There is so
much resemblance however as readily to support the surmise that the two were mere varieties of
one species. Bentham, following Linnaeus, in fact actually makes this suggestion, with what
propriety we will afterwards consider. Now this case is typical of many. The two forms have a
wide distribution, occurring sometimes separately, sometimes in juxtaposition. L. diurna is a
plant of hedgerows and sheltered situations. L. vespertina is common in fields and open spaces,
where diurna is hardly ever found; but not rarely vespertina occurs in association with diurna in
161
the places which that plant frequents. In this case I do not doubt that we have to do with
organisms of somewhat different aptitudes. That L. vespertina has powers which diurna has
not is shown very clearly by the fact that diurna is sometimes entirely absent from areas where
vespertina can abound. 9 But in order to understand the true genetic relations of the two plants
to each other it is necessary to observe their behaviour when they meet as they not unfrequently
do.
If the Lychnis population of such a locality be examined it will be found to consist of many
undoubted and unmodified diurna, a number—sometimes few, sometimes many—of similarly
unmodified vespertina, and an uncertain but usually rather small proportion of plants obviously
hybrids between the two. How is it possible to reconcile these facts with the view that specific
distinction has no natural basis apart from environmental exigency?
Darwinian orthodoxy suggests that by a gradual process of Natural Selection either one of these
two types was evolved from the other, or both from a third type. I cannot imagine that anyone
familiar with the facts would propose the first hypothesis in the case of Lychnis, nor can I conceive of any
process, whether gradual or sudden, by which diurna could have come out of vespertina, or vespertina out
of diurna. Both however may no doubt have been derived from some original third type. It is conceivable
that Lychnis macrocarpa of Boissier, a native of Southern Spain and Morocco, may be this original
form. This species is said to combine a white flower (like that of L. vespertina), with capsule-teeth
rolled back (like those of diurna).10 But whatever the common progenitor may have been, if we are to
believe that these two species have been evolved from it by a gradual process of Natural Selection
based on adaptation, enormous assumptions must be made regarding the special fitness of these two
forms and the special unfitness of the common parent, and these assumptions must be specially
invoked and repeated for each several feature of structure or habits distinguishing the three forms.
Why, if the common parent was strong enough to live to give rise to these two species, is it either
altogether lost now, or at least absent from the whole of Northern Europe? Its two putative
descendants, though so distinct from each other, are, as we have seen, able often to occupy the
same ground. If they were gradually derived from a common progenitor— necessarily very like
themselves—can we believe that this original form should always, in all the diversities of soil and
situation which they inhabit, be unable to exist? Some one may fancy that the hybrids which are
found in the situations occupied by both forms are this original parental species. But nothing can be
more certain than that these plante are simply heterozygous combinations made by the union of gametes
bearing the characters of diurna and vespertina.11 For they may be reproduced exactly in F1 or in later
generations of that cross when it is artificially made; when bred from, their families exhibit palpable
phenomena of segregation more or less complex; and usually, if perhaps not always, they are partially
sterile.13 In a locality on the Norfolk coast that I know well, there is a strip of rough ground chiefly sandbank, which runs along the shore. This ground is full of vespertina. Not a hundred yards inland is a
lane containing diurna, and among the vespertina on the sand-bank are always some of the hybrid
form, doubtless the result of fertilisation from the heighbouring diurna populaton. Seed saved from
these hybrids gave vespertina and hybrids again, having obviously been fertilised by other vespertina or
by other hybrids, and I have no doubt that such hybrid plants if fertilised by diurna would have
shown some diurna offspring. The absence of diurna in such localities may fairly be construed as
an indication that diurna is there at a real disadvantage in the competition for life.
But if, admitting this, we proceed to consider how the special aptitude of vespertina is constituted,
or what it is that puts diurna at a disadvantage, we find ourselves quite unable to show the
slightest connexion between the success of one or the failure of the other on the one hand, and the
specific characteristics which distinguish the two forms on the other. The orthodox
Selectionist would, as usual, appeal to ignorance. We ask what can vespertina gain by its white
flowers, its more lanceolate leaves, its grey seeds, its almost erect capsule-teeth, its longer
fruits, which diurna loses by reason of its red flowers, more ovate leaves, dark seeds, capsule-teeth
rolled back, and shorter fruits? We are told that each of these things may affect the
viability of their possessors. We cannot assert that this is untrue, but we should like to have
evidence that it is true. The same problem confronts us in thousands upon thousands of
examples, and as time goes on we begin to feel that speculative appeals to ignorance, though
dialectically admissible, provide an insufficient basis for a proposition which, if granted, is to
become the foundation of a vast scheme of positive construction.
One thing must be abundantly clear to all, that to treat two forms so profoundly different as one,
because intermediates of unknown nature can be shown to exist between them, is a mere shirking of
the difficulties, and this course indeed creates artificial obstacles in the way of those who are
seeking to discover the origin of organic diversity.
In the enthusiasm with which evolutionary ideas were received the specificity of living
things was almost forgotten. The exactitude with which the members of a species so often
conform in the diagnostic, specific features passed out of account; and the scientific world by
162
dwelling with a constant emphasis on the fact of variability, persuaded itself readily that
species had after all been a mere figment of the human mind. Without presuming, to declare
what future research only can reveal, I anticipate that, when variation has been properly
examined and the several kinds of variability have been successfully distinguished according to
their respective natures, the result will render the natural definiteness of species increasingly
apparent. Formerly in such a case as that of the two Lychnis species, the series of
"intermediates" was taken to be a palpable proof that vespertina "graded" to diurna. It is this
fact, doubtless, upon which Bentham would have relied in suggesting that both may be one
species.13 Genetic tests, though as yet imperfectly applied, make it almost certain that these
intergrading forms are not in any true sense variations from either species in the direction of the other,
but combinations of elements derived from both.
The points in which very closely allied species are distinguished from each other may be found in
the most diverse features of their organisation. Sometimes specific difference is to be seen in a
character which we can believe to be important in the struggle, but at least as often it is some little
detail that we cannot but regard as trivial which suffices to differentiate the two species. Even
when the diagnostic point is of such a nature that we can imagine it to make a serious difference in the
economy we are absolutely at a loss to suggest why this feature should be a necessity to species A and
unnecessary to species B its nearest ally. The house sparrow (Passer domesticus) is in general
structure very like the tree sparrow (P. montanus). They differ in small points of colour. For
instance montanus has a black patch on the cheek which is absent in domesticus. The presence in
the one species and the absence in the other are equally definite, and in both cases we are equally
unable to suggest any consideration of utility in relation to these features. The two species are
distinguished also by a characteristic that may well be supposed to be of great significance. In
domesticus the two sexes are strongly differentiated, the cock being more ornate than the hen. On the
other hand the two sexes in montanus are alike, and, if we take a standard from domesticus, we may
fairly say that in montanus the hen has the colouration of the male. It is not unreasonable to suppose
that such a distinction may betoken some great difference in physiological economy, but the
economical significance of this perhaps important distinction is just as unaccountable as that of the
seemingly trivial but equally diagnostic colour-point.
I have spoken of the fixed characteristics of the two species.
If we turn to a very different feature, their respective liability to albinistic variation, we find
ourselves in precisely similar difficulty. Passer domesticus is a species in which individuals more
or less pied occur with especial frequency, but in P. montanus such variation is extremely rare if
it occurs at all. The writer of the section on Birds in the Royal Natural History (III., 1894-5,
p. 393) calls attention to this fact and remarks that in that species he knows no such instance.
The two species therefore, apart from any differences that we can suppose to be related to their
respective habits, are characterised by small fixed distinctions in colour-markings, by a striking
difference in secondary sexual characters, and by a difference in variability. In all these
respects we can form no surmise as to any economic reason why the one species should be
differentiated in the one way and the other in the other way, and I believe it is mere selfdeception which suggests the hope that with fuller knowledge reasons of this nature would be
discovered.
The two common British wasps, Vespa vulgaris and Vespa germanica, are another pair of
species closely allied although sharply distinguished, which suggest similar reflexions. Both
usually make subterranean nests but of somewhat different materials. V. vulgaris uses rotten
wood from which the nest derives a characteristic yellow colour, while V. germanica scrapes off the
weathered surfaces of palings and other exposed timber, material which is converted into the grey
walls of the nest. The stalk by which the nest is suspended (usually to a root) in the case of
germanica passes freely through a hole in the external envelope, but vulgaris unites this external
wall solidly to the stalk. In bodily appearance and structure the two species are so much alike
that they have often been confounded even by naturalists, and to the untrained observer they are
quite indistinguishable. There are nevertheless small points of difference which almost though not
quite always suffice to distinguish the two forms. For example the yellow part of the sinus of the
eyes is emarginate in vulgaris but not emarginate in germanica. V. vulgaris often has black spots on
the tibiae while in germanica the tibiae are usually plain yellow. In both species there is a horizontal
yellow stripe on the thorax, but whereas in vulgaris this is a plain narrow stripe, it is in germanica
enlarged downwards in the middle. These and other apparently trivial details of colouration, though not
absolutely constant, are yet so nearly constant that irregularities in these respects are quite exceptional.
Lastly the genitalia of the males, though not very different, present small structural points of
distinction which are enough to distinguish the two species at a glance.14
In considering the meaning of the distinctions between these two wasps we meet the old problem
illustrated by the Sparrows. The two species have somewhat different habits of life and we should readily
163
expect to find differences of bodily organisation corresponding with the differences of habits. But is
that what we do find? Surely not. To suppose that there is a correspondence between the little points
of colour and structure which we see and the respective modes of life of the two species is perfectly
gratuitous. We have no inkling of the nature of such a correspondence, how it can be constituted, or
in what it may consist.
Is it not time to abandon these fanciful expectations which are never realised? Everywhere both
among animals and plants does the problem of specific difference reiterate itself in the same form. In
view of such facts as I have related and might indefinitely multiply, the fixity of specific characters
cannot readily be held to be a measure of their economic importance to their possessors. The
incidence of specific fixity is arbitrary and capricious, sometimes lighting on a feature or a property
which can be supposed to matter much, but as often is it attached to the most trifling of superficial
peculiarities.
9
In Cambridgeshire for example vespertina is common but diurna is absent. Whether this absence is connected with the general
presence of chalk I cannot say. When introduced artificially diurna establishes itself, for a time at least, without any apparent
difficulty and occasionally escapes from the garden on to the neighbouring roadside.
10
Conceivably however it may be a segregated combination. For an account of this plant see Boissier, Voy. Bot.
Midi de l'Espagne, 1839, II, 722.
11
A discussion of this subject with references to literature is given by Rolfe, in an excellent paper on "Hybridisation
viewed from the standpoint of Systematic Botany" (Jour. R. Hort. Soc., XXIV, 1900, p. 197). He concludes: "The
simple fact is that the two plants (L. diurna and vespertina) are thoroughly distinct in numerous particulars, and
affect such different habitats that in some localities one or the other of them is completely wanting. But when their
stations are adjacent they hybridise together very readily, and it is here that these intermediate forms occur which have
puzzled botanists so much." The same paper contains valuable Information concerning several cognate illustrations.
12
13
In only two cases have I seen such plants (both females) completely sterile.
As is well known, in an even more notorious example, he proposed to unite Primula vulgaris, P, elatior, and P. acaulis,
similarly relying on the existence of "intermediates," which we now well know to be mongrels between the species.
Ein paar weitere Punkte und Überlegungen zur Ergänzung der Ausführungen
Batesons (vgl. http://www.weloennig.de/AesIV2.A.5.html):
Dass laufend durch einen Vervollkommnungsprozess gekennzeichnete "new forms" auftreten, wird einfach
behauptet, das setzt Darwin einfach voraus. Aus Varietäten werden nach Darwin mit der Zeit Rassen, aus Rassen
Arten, aus Arten Gattungen usw. Der Artbegriff wäre demnach fließend und Darwin hielt ihn auch ganz
folgerichtig für eine reine Konvention, der keine reale Wirklichkeit in der Natur zugeordnet werden könne. Zwar
ist der Neodarwinismus von diesem Artbegriff in neuerer Zeit abgerückt, aber bis heute, schreibt Lamprecht, sei
der Artbegriff eine Crux für den Neodarwinismus geblieben (1966, p. 37, p. 402):
Und die Ursache ... scheint mir ausschließlich in der Annahme zu liegen, daß die Subspezies oder Varietäten im Werden
begriffene Arten darstellen. Irgendwelche Beweise für die Richtigkeit dieser Annahme fehlen aber völlig. Es handelt sich nur um
eine Idee.
Und davor (p. 23) zur selben Frage, ob aus Rassen Arten entstehen können:
Man meinte hiermit den Vorgang bei der Entstehung der Arten angegeben zu haben, obwohl keinerlei experimentelle Ergebnisse,
geschweige denn Beweise hierfür vorgelegen haben.
Um die Diskussion noch etwas abzurunden, wollen wir nun einmal annehmen, dass alle die als hypothetisch oder
falsch erwiesenen Voraussetzungen des Darwinschen Gedankenganges richtig seien. Wäre dann der schon von
K. E. von Baer erhobene Einwand von dem regellosen Chaos ineinander fließender Formen und Zwischenstufen
ohne jede Unterscheidungsmöglichkeit erledigt? Keineswegs! Der Vervollkommnungs- und
Eliminierungsprozess würde vielleicht erklären, warum punktuell die Zwischenformen fehlen, nicht aber warum
sie beispielsweise bei einer (im Extremfall sogar welt-) weiten Verbreitung von Spezies in den verschiedenen
Längen- und Breitengraden von Kontinent zu Kontinent nicht auftreten. Der Vervollkommnungsprozess wäre in
diesem Falle bei allen Individuen einer Art, obgleich durch schwer überschreitbare Barrieren wie Gebirge,
Meere und Seen voneinander getrennt und damit befruchtungsbiologisch nicht verbunden, gleichweit
fortgeschritten. Zahlreiche Beispiele liefert uns dafür die Pflanzengeographie. Ich denke hier besonders an die
viel beachteten Disjunktionen von Pflanzenarten. Firbas schreibt über die arktisch-alpinen Disjunktionen (1962,
p. 657):
Zahlreiche Arten der arktischen Länder findet man auch in weit südlich gelegenen Hochgebirgen, z.B. in der alpinen Stufe der
Alpen, Pyrenäen, Karpaten: Salix reticulata, Dryas octopetala, Loiseleuria procumbens, Eriophorum scheuchzeri, Silene acaulis,
Ranunculus glacialis u.a. Manche dieser arktisch-alpinen Arten haben außerdem noch versprengt Standorte in den höheren
164
deutschen Mittelgebirgen, z.B. Salix herbacea, Saxifraga oppositifolia, Veronica alpina, Gnaphalium supinum; andere sogar in
tiefer Lage und dann vorzugsweise in Hochmooren (Betula nana, Carex pauciflora). Die Entfernungen zwischen den einzelnen
Wohngebieten betragen oft weit über 1000 km. Berühmt ist z.B. das sehr entlegene Vorkommen der rein arktischen Arten
Saxifraga nivalis und Pedicularis sudetica im Riesengebirge (bei letzterer in etwa 2000 km Entfernung von ihrem arktischen
Verbreitungsgebiet!). Auch die Siedlungen der in mehreren europäischen Hoch- und Mittelgebirgen auftretenden Arten sind
voneinander oft weit getrennt, z.B. bei vielen Arten, die die Pyrenäen, Alpen, Karpaten, und zwar oft nur Teile dieser Gebirge,
bewohnen oder die auch in manchen Mittelgebirgen (z.B. Schwarzwald, Sudeten) oder in den südeuropäischen Hochgebirgen
wiederkehren (viele alpine Saxifraga-, Gentiana-, Andresace-, Soldanella-, Primula-, Potentilla-Arten u.a. ...).
Ähnliche Beispiele gibt es für europäisch-asiatisch-nordamerikanische und Steppenpflanzendisjunktionen. Wenn
man auch für einige dieser Disjunktionen einen verhältnismäßig jungen Klimawechsel (Für einjährige Kräuter
wären das aber immer noch Zehntausende bis Hunderttausende von Generationen. Für das Pleistozän werden 1,8
bis 2 Millionen Jahre angegeben - vgl. Krumbiegel 1981.) verantwortlich machen möchte, so ist dennoch gar
nicht einzusehen, warum der Vervollkommnungsprozess von Arten wie Humulus lupulus, Anemone hepatica,
Loiseleuria procumbens, Rubus chamaedorus, Phyllodoce coerulea und vielen anderen an allen Isolaten
gleichweit fortgeschritten ist. Der Vervollkommnungsprozess müsste ja an allen Stellen, oft über Tausende von
Kilometern hinweg, gleichzeitig und gezielt vor sich gehen. Noch komplizierter werden die Verhältnisse, wenn
Firbas über die Gattungen Fagus, Acer, Aesculus und Tilia schreibt (p. 657):
Die letzteren besitzen zwar in den verschiedenen Erdteilen verschiedene Arten, diese müssen aber auf gemeinsame Vorfahren
zurückgehen.
Das kann man sich natürlich vorstellen. Aber warum "müssen" diese auf gemeinsame Vorfahren im Sinne von
anderen Arten mit einem anderen genetischen Potential hervorgehen? Die Entwicklung scheint ja bei den
anderen oben zitierten Arten völlig stillzustehen. Warum wählt sich die Evolution nur die Gattungen Fagus, Acer
und andere, um bei diesen Artbildung durch Aufspaltung zu demonstrieren, während sie Humulus, Anemone
usw. völlig "links liegen" lässt, bzw. an allen Isolaten gleichzeitig in dieselbe Richtung entwickelt? Abgesehen
davon handelt es sich bei den 'weiterentwickelten' Arten meist sowieso nur um Arten des morphologischen
Artbegriffs; denn viele dieser Arten sind miteinander kreuzbar und können fruchtbare Nachkommen miteinander
hervorbringen. Ebensogut könnte man sich doch auch vorstellen, dass Gattungen wie Fagus und Acer mit einer
größeren Anzahl oder allen ihren Rekombinanten zumindest potenziell erst das ganze Verbreitungsgebiet
eingenommen hat und wir heute nur noch die für das jeweilige Verbreitungsgebiet am besten geeigneten
'Arten'/Rekombinanten nach unterschiedlicher Degeneration des ursprünglich umfassenderen genetischen
Potentials dort übrig geblieben sind.
In der Zoologie sieht es, was die Verbreitung der Arten betrifft, nicht anders aus als in der Botanik. Über die
Verbreitung vieler Spezies schreibt Dewar in seinem Buch THE TRANSFORMIST ILLUSION (1957, p. 158):
There are hundreds of species of animals of which the geographical range is immense and in such the individuals living in Ceylon
can never mate with those in the British Isles, nor can those of China or Malaya. Yet, although living in such different climates
and so widely separated geographically the individuals are of the same species. The species has not split up into a number of local
ones. Many species of birds have a range, which is almost cosmopolitan, such as the common kingfisher, house sparrow, osprey,
sparrowhawk, merlin, kestril and barn owl. In all these the range is continuous, but the same phenomenon is seen in animals of
which the range is discontinous, for example the snake Polydoniopsis melanocephalus, found in the Malay peninsula, and
Archipelago, Comoro islands, Madagascar and Central America.
Der Einwand von Lamprecht und anderen - dass evolutionäre Schritte von niederen Kategorien zu Spezies usf.
nicht zu einem natürlichen Verwandtschaftssystem, sondern zu einem Chaos führen, ist nach unseren bisherigen
Untersuchungen voll berechtigt.
Diskussion eines Einwands zu p. 23:
(Einwand eines Botanikers zu p. 23) "Ist der Teil, der zum großen Rest nicht gehört, ebenfalls nicht
aussreichend durch die Selektionsinterpretation erklärbar? Warum hier eine implizite Bestätigung der
Selektionsinterpretation?"
W-EL: Mit der ursprünglichen Bemerkung, dass ein Teil der morphologischen Variabilität von
Utricularia "sehr gut als Adaptation" verstanden werden kann (ich schrieb erklärend: "Anpassung im Sinne der
Evolutionstheorie oder Eingepasstsein in oder Geschaffensein für den jeweiligen spezifischen Lebensraum … aber es gibt auch einen großen
Rest, der sich einer Selektionsinterpretation praktisch völlig entzieht")
hatte ich nicht die Absicht, implizit die
Selektionsinterpretation der Synthetischen Evolutionstheorie (SE) zu bestätigen (kontinuierliche
Evolution durch das Faktorenpaar Mutation und Selektion). Dennoch, die Formulierung "im Sinne der
165
Evolutionstheorie" war missverständlich. Ich dachte z. B. an die Blätter der terrestrischen oder
lithophytischen Utricularia longifolia ("It certainly can have the largest leaves in the genus, those of
Glaziou 15181 (K) being up to 115 cm long and 4.5 cm wide while those on Brade s. n., 24.vii. 1928
(R) are 1 m long and up to 6 cm wide” – Taylor 1989/1994, p. 284; es gibt jedoch auch blühende
Pflanzen mit sehr kleinen Blättern bei dieser Art). Nun scheint diese Spezies wesentlich mehr Schatten
zu vertragen als viele andere Utricularia-Arten. Auch Goebel spricht im Zusammenhang mit der
Blattentwicklung von U. longifolia von "Anpassung" (Hinweis von Troll und Dietz 1954, p. 181),
meint damit aber nicht die spezielle Anpassung an lichtärmere Biotpe. Wie dem auch sei – meine Idee
war zunächst: Selektion könnte eine Rolle bei der Realisierung des (nicht notwendigerweise durch
Zufalls-Mutationen entstandenen) genetischen Potentials für die Bildung einer großen Blattoberfläche
in Anpassung an lichtärmere Umweltverhältnisse gespielt haben. Tatsächlich aber ist auch diese
Frage noch gründlich zu untersuchen, denn andere Utricularia-Arten, die von Taylor p. 44
ausdrücklich als "more shade tolerant and extending, besides tracks and openings, a short way into the
surrounding forest" aufgeführt werden, wie U. hispida (Blätter 6 bis 30 cm lang, 1 bis 6 mm breit) und
U. amethystina (Blätter 3 cm lang, 6 mm breit), haben keine mit U. longifolia vergleichbar große
Blattoberfläche.
Zum Satz p. 23 weiter unten: "Einige Blattformen Utricularias lassen sich dagegen eventuell [ursprünglich "gut" statt
eventuell] als Anpassung interpretieren, andere wiederum überhaupt nicht." Vgl. dazu die Anmerkungen zu
Sculthorpe auf Seite 152 unten ("Feine, zerschlitzte Blätter kommen übrigens bei zahlreichen ganz
unterschiedlichen Gattungen von untergetaucht lebenden Blütenpflanzen vor." Siehe weiter Willis, zitiert oben
Seite 32.) Mit dem "eventuell" möchte ich hervorheben, dass auch hier noch Forschungsbedarf besteht, um zu
einem möglichst gesicherten Urteil zu gelangen.
Anmerkung zu Willis (p. 39)
C. Willis betonte in seinem Arbeiten durchweg, dass die Evolution nicht von
niederen systematischen Kategorien zu höheren verläuft, sondern umgekehrt:
Willis zu seiner Theorie der Entstehung der Pflanzenfamilien durch differential or
divergent mutation (1940/1974, pp. 65, 68, 70/71; kursiv von Willis):
"The essential feature of the theory, originally adumbrated by Geoffroy St Hilaire, is that evolutionary
change goes downwards from the family towards the species, not in the opposite direction. A family
begins as a family, and is not gradually formed by the destruction of intermediates. At the same time, of
course, when it begins it is also a genus and a species, which at the start are all-important to the family; if the
species be killed out, the family disappears.”
(P. 68) "In May 1907, without having seen Dr Guppy's book, the author published what was
essentially the same theory, largely based upon the study of the Podostemaceae, and upon ten
years' experience of tropical vegetation. Both authors were convinced that the great importance at
that time attributed to adaptation was exaggerated. Natural selection was trying to construct a
tree from the twigs downwards. But though a tree grows from the ground upwards, it always has
young twigs and leaves (which may be looked upon as representing genera and species), though each
one, when the tree is small, has a much greater value in proportion to the whole organism than when the
tree is large. It seemed to us clear that in trying to show that evolution proceeded in the order
Small variety—Large—Species—Genus—etc.,
people were trying to make it work backwards, and that the proper order was
Family—Tribe— Genus—Species—Variety.
The relative rank of these groups varied as time went on. When very young, the family, the genus,
and the species were the same, but as the family grew in size (just as with the tree mentioned above)
the species became of less and less relative rank when compared to it.”
(Pp. 70/71) "In diagram 7 we have indicated what we imagine to be the probable general course of
evolution under the theory of differentiation. The family is represented at the start by a solitary
monospecific genus A, which will throw off new forms by mutations. At first they will probably be produced
very slowly indeed, but as A increases its numbers (and with them its area, thus probably coming under the
166
stimulus of different conditions) will probably appear more rapidly. Whether the earliest mutations will be
more often specific or generic we have no idea, but most probably a second genus B will be "thrown"
before so very long a time. This will again begin slowly, and it will be a long time before it throws a new
genus Bb, whereas A will probably throw its second new genus C before Bb appears. All this, of course, is
dealing in averages, and we do not know that this particular B will necessarily be slower than A, though
on the average the second genus will be behind the first throughout. On the average A, as the oldest genus,
should have the greatest area and the greatest number of speeies, B the seeond, C the third, Bb probably the
fourth, and so on, but only on averages.
Whilst in Ranunculaceae Ranunculus has 325 species to 250 in Clematis, one would hesitatc, and rightly so, to
say that the former was the older, when one remembers that it is herbaceous, and Clematis shrubby. As time goes
on, it is clear that the rate at which new genera are formed will increase. Each genus will begin with one
species, and after a time will form more, so that the few older genera of the family will contain the greatest
numbers of species. The result will be (cf. 66, p. 185) the gradual formalion of the familiar hollow curve
already described, with a few large genera of different sizes at the top, and many monospecific genera at the
bottom, the numbers increasing from top to bottom at an accelerating rate. As there will rarely, upon this
theory, be any appreciable adaptational difference between species or even genera, there will be little or no
reason why the older ones should be killed out (as there is under natural selection), and so the increase in
numbers will lead inevitably to the hollow curve.
Up to the present, this theory is the only one which can make any pretence of explaining the hollow curve.
The latter is so universal that it is evidently a general law which must be explained. But it is, of course, in direct
contradiction to the theory of natural selection. With the latter theory one can make no predictions as to what
may be found in the arrangement and characters of families, genera or species. With differentiation one can
make a beginning in this direction, and this alone makes a strong claim in its favour.”
Die größeren morphologisch-anatomischen, physiologischen und entsprechend
genetischen Unterschiede stehen somit jeweils am Anfang (nach Willis hier auf dem
Niveau von Familien), wie wir das ja auch schon von dem "abominable mystery" – der
Herkunft der bedecktsamigen Blütenpflanzen (hier auch zahlreiche neue Ordnungen)
und weiter auch von der kambrischen Explosion her kennen. Unabhängig von der
Differenzierungstheorie von Willis und Guppy sind Simpson und Schindewolf auf der
paläontologischen Ebene zum Ergebnis gekommen, dass die Höhepunkte in der
Produktion neuer Ordnungen im allgemeinen sehr deutlich denen der Familien
vorausgehen und diese wiederum denen der Gattungen: Siehe die Details unter
http://www.weloennig.de/NeoB.Vobe.html.
167
Als weiteren Punkt zu den Theorien Willis' könnte man seine Betonung polyphyletischer
Ansätze zum Ursprung der Lebensformen hervorzuheben.
(Zu pp. 40/41) Robert Nachtwey 1959, pp. 100/101 zu Utricularia (nach Nachtwey
1955; wobei der Autor noch gar nicht erwähnt, dass die Gattung nur ausnahmsweise (wenn überhaupt) im
Hochmoor vorkommt (Teufelsmoor in der Nähe der Flussläufe geht in Niedermoor über: http://de.wikipedia.org/wiki/Teufelsmoor)
und der Nutzen nicht ohne die Kosten berechnet werden kann – siehe die Ausführungen oben):
"Ein Anhänger der Darwinschen Zufallslehre wird auch nicht behaupten dürfen, daß diese Pflanze in
der Nährstoffarmut des Hochmoores unbedingt gezwungen war, zum Fleischfresser zu werden.
Gedeihen nicht viele große und kleine Gewächse im Hochmoor, die gar kein Fleisch fressen!
Haben sich nicht die Birken ebenso wie Preiselbeere, Rauschbeere, Krähenbeere, wilder Rosmarin,
Sumpfporst, Wassernabel, Wollgras, Torfmoose, Riedgräser und viele andere Gewächse an die
Stickstoffarmut des Moores längst in anderer Weise angepaßt! Wer will beweisen, daß diese Pflanze
ausgestorben wäre, wenn sie Tierfang und Fleischverdauung nicht erfunden hätte! Im
Daseinskampf der Hochmoorpflanzen ist es sicherlich sehr nützlich, von Fleischnahrung zu leben,
aber notwendig scheint es durchaus nicht zu sein. Es bleibt eben ein hoffnungsloses Bemühen,
mit aller Anstrengung des Geistes beweisen zu wollen, daß die Natur geistlos ist!" (Nachtwey,
Lit. 87).
Nachtrag zu p. 49
Jobson et al. (2004) schreiben unter Punkt 31 zum Thema "Evidence for Positive Selection": "The most
common method for detecting positive selection in nucleotide sequences is to demonstrate that the rate of
synonymous substitution (dS) is greater than that of nonsynonymous changes (dN), such that dN/dS >1." Die
Formel für die abgeleitete positive Selektion ist korrekt, aber der Satz davor scheint nicht zu stimmen und
müsste – auch nach einem Gespräch am 26. 5. 2010 mit einem Fachmann auf diesem Gebiet – richtig "the rate
of non-synonymous substitution (dN) is greater than that of synonymous changes (dS), such that dN/dS >1."
(das scheinen auch die 2 (oder mehr) peer-reviewer übersehen zu haben, – umgekehrt wäre Aussage wohl nur für
negative Selektion relevant). Vgl. weiter Sergey Kryazhimskiy and Joshua B. Plotkin (2008): The population
genetics of dN/dS. – ('dN/dS<1 negative selection, dN/dS = 1 neutrality, and dN/dS>1 positive selection', aber
selbst schon innerhalb von Populationen gibt es Schwierigkeiten mit dieser Methode.)
Anmerkung zu p. 84
Zu den hypothetischen ersten beiden Schritten der Lentibulariaceae - (1) Klebrige Drüsen und (2) klebrige
Drüsenköpfchen ohne Produktion von Verdauungsenzymen - hatte ich angemerkt:
"Zunächst ist erst einmal festzustellen, dass die ersten beiden als Vorstufen gedachten Schritte (1) und (2) bei den Lentibulariaceae völlig
fehlen. [Und:] Vielleicht neigt der eine oder andere Leser dazu, diese beiden Schritte als "selbstverständlich gegeben" zu betrachten. Einer
Pflanzenspezies, in deren Genom weder klebrige Drüsen noch klebrige Drüsenköpfchen vorgesehen sind, diese Fähigkeiten durch zufällige
Mutationen zu vermitteln, dürfte jedoch schon eine Aufgabe sein, an der das Experiment und im weiteren Sinne die Evolution scheitern
könnten. Hier werden die Theoretiker jedoch einwenden, dass sie von einer hypothetischen Vorform ausgehen, die beide Fähigkeiten schon
hatten (was jedoch nicht deren Fähigkeiten erklärt)."
Dazu könnte vielleicht ergänzt werden, dass auch die anscheinend so einfache Bildung von einzelligen
Trichomen im Pflanzenreich schon eine ausgesprochen komplexe Genetik voraussetzt (vgl. z. B. Morohashi und
Grotewold 2009 http://www.biosci.ohio-state.edu/pcmb/osu_pcmb/faculty_sites/Erich/projects_trichome_development.html; siehe weiter
http://www.plosgenetics.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pgen.1000396, nur um an dieser Stelle mit einem Kurzzitat zu Figure 1 aus der
letzteren Arbeit einen ganz kleinen Eindruck zu vermitteln: "GL3 and GL1 bind and activate the transcription of CPC, ETC1, TTG2 and GL2
[13]. CPC (and perhaps ETC1) can move to adjacent cells [12], and through interactions with GL3, compete for GL1/GL3 complex
formation. Under these circumstances, GL3 is predicted to bind and negatively modulate its own expression [13]." Ich möchte den Leser
bitten, dazu einen Blick auf die entsprechende Abbildung im zweiten dazu aufgeführten Link zu werfen.) und dass die Genetik zur
Bildung von klebrigen Drüsen und Drüsenköpchen so komplex ist, dass uns schon die ersten Schritte zur
genetischen Fragestellung "Drüsenhaare" (glandular secreting trichomes) ein weites neues genetisches
Forschungsfeld eröffnet haben. Dai et al. bemerken 2010, p. 44 zu den Drüsenhaaren im Gegensatz zu den
einzelligen Trichomen:
"Plant secretory trichomes have a unique capacity for chemical synthesis and secretion and have been described as biofactories for
the production of natural products. However, until recently, most trichome-specific metabolic pathways and genes involved in
various trichome developmental stages have remained unknown. Furthermore, only a very limited amount of plant trichome
genomics information is available in scattered databases. We present an integrated "omics" database, TrichOME, to facilitate the
study of plant trichomes.
168
In der Einleitung stellen Dai et al. (2010, pp. 44/45) unter anderem fest:
"Although the morphology of trichomes varies greatly, they can be generally classified into two types: simple trichomes (STs)
and glandular secreting trichomes (GSTs; Wagner et al., 2004). STs of Arabidopsis (Arabidopsis thaliana) have been chosen as
models for studying cell fate and differentiation (Wagner, 1991; Breuer et al., 2009; Marks et al., 2009). In Arabidopsis, STs on
leaves consist of a unicellular structure with a stalk and three to four branches (Fig. 1B ). Although the STs are referred to as
"nonglandular" (presumably nonsecreting), expression of genes involved in anthocyanin, flavonoid, and glucosinolate pathways
can nevertheless be detected in STs, indicating the roles of STs in the biosynthesis of secondary compounds and defense (Wang et
al., 2002; Jakoby et al., 2008). GSTs are found on about one-third of vascular plants. GSTs have a multicellular structure with
a stalk terminating in a glandular head (Fig. 1, A and C–G). GSTs are initiated from a single protodermal cell that undergoes
vertical enlargement and multiple divisions to give rise to fully developed trichomes. GSTs often produce and accumulate
terpenoid and phenylpropanoid oils (Wagner et al., 2004). However, alkaloids, the third major class of plant secondary
compounds, are not common in GST exudates (Laue et al., 2000). The amount of exudates produced by GSTs may reach 30% of
mature leaf dry weight, as found in certain Australian desert plants (Dell and McComb, 1978). Plant GSTs can impact pathogen
defense, pest resistance, pollinator attraction, and water retention based on the phytochemicals they secrete. GSTs on the aerial
organ surfaces have a unique capacity for synthesis and secretion of chemicals (largely plant secondary metabolites), and they
have been described as "chemical factories" for the production of high-value natural products (Mahmoud and Croteau, 2002;
Wagner et al., 2004; Schilmiller et al., 2008). Secondary metabolites play important roles in protecting the plant against insect
predation and other biotic challenges (Peter and Shanower, 1998), and they are potential sources for pharmaceutical and
nutraceutical product development. For example, the trichome-borne artemisinin from Artemisia annua is still the most effective
drug against malaria, and the early steps of its biosynthetic pathway have been extensively studied (Duke et al., 1994; Arsenault et
al., 2008). Recently, the mechanisms by which plant glandular trichomes make, transport, store, and secrete a great variety of
unique compounds, especially terpenoids and flavoniods, have received extended research interest because of the potential use of
these compounds in pharmaceutical and nutraceutical applications.”
(Siehe weiter http://www.plantphysiol.org/cgi/reprint/152/1/44?ijkey=gpIig76OT9hrW0p&keytype=ref.)
Mit diesen Hinweisen auf die genetische und physiologische Komplexität von sowohl scheinbar simplen
(einzelligen) Trichomen als auch den komplexeren "glandular secreting trichomes" möchte ich noch einmal
betonen, dass – wenn man die klebrigen Drüsen und die klebrigen Drüsenköpfchen bei den Karnivoren einfach
als "gegeben" voraussetzt (wie das heutzutage vielfach praktiziert wird) – man damit deren Entstehung nur
umgangen, aber keineswegs erklärt hat. Hier liegen vielmehr zahlreiche weitere Probleme für die Synthetische
(und/oder andere) Evolutionstheorie(en) vor, zumal bei den Karnivoren auch in diesem Bereich regelmäßig
außerordentlich spezielle Verhältnisse anzutreffen sind. Übrigens werden die STs von Arabidopsis völlig zu
Recht als "nonglandular" eingestuft. A. thaliana gehört zu den am gründlichsten mutationsgenetisch
untersuchten Pflanzenarten überhaupt. Mir ist nicht bekannt, dass die STs durch Mutagenese auf dem Weg zu
GSTs wären (die Genfunktions-Verlustmutante sim (Walker et al. 2000) hilft hier nicht weiter, denn man wird
die Entstehung der komplex-synorganisierten GSTs wohl kaum auf Verlustmutationen zurückführen wollen. In
diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass sich auch A. Portmann jahrzehntelang gegen die darwinistischen
"Simplifikateure" ausgesprochen hat. Zu den Arabidopsis-Trichomen vgl. weiter Marks et al. 2009). – Vielleicht
noch eine kleine Ergänzung zum Text von Dai et al. (2010) oben: Es ist überdies sowieso nicht zu erwarten, dass
die Arabidopsis-STs ihre "genes involved in [1] anthocyanin, [2] flavonoid, and [3] glucosinolate pathways"
abschalten sollten, zumal für [1] und [2] seit langem und für [3] spätestens seit 2008 bekannt ist, dass diese u. a.
eine Rolle in der Abwehr (defense functions against pathogenic fungi) spielen (vgl. z. B. Bednarek et al. 2009).
Der Verzicht auf diese Genfunktionen in den STs wäre geradezu "suicidal" für die betroffenen Pflanzen, indem
sie fungal infections an allen diesen Stellen Tür und Tor öffnen würden.
Anmerkung zu pp. 88/89
Wer in jeder kleinen "Delle" oder Zisterne im Pflanzenreich – und davon gibt es Unmengen – schon eine
potentielle fleischfressende Pflanze sieht, der erinnert vielleicht etwas an Kirkpatrick mit seinen Nummuliten
("His book [The Nummulosphere: an account of the Organic Origin of so-called Igneous Rocks and Abyssal Red
Clays (1912] proposed the unusual theory that all rocks had been formed by the accumulation of forams such as
nummulites" (http://en.wikipedia.org/wiki/Randolph_Kirkpatrick). Man studiere dazu den auschlussreichen Essay von S.
J. Gould (1980): "…Finally he looked at meteorites and, yes, you guessed it, all nummulites" (p. 229).
Anmerkung zu p. 95
Zum Punkt (73) "Den Pflanzen bieten sich einfach zu viele Möglichkeiten und Techniken, Beute zu fangen…" etc.
scheint mir als Ergänzung zur naturwissenschaftlichen Einschätzung der Realitäten eine Beobachtung von Juniper,
Robins and Joel (1989, p. 45) nicht unpassend: "…despite the apparent advantages and the abundance of insect
life [was allerdings für die Umwelt von Heliamphora nicht zutrifft; vgl. p. 79 oben], there are very few carnivorous
plants. There is none, with the exception of a few fungi, below the angiosperms; there are no herbs, no shrubs
or trees and there are large areas of the phylogenetic table (see Fig. 1.2) where carnivory does not seem to have
evolved at all. Could it be that, as we shall review in Chapter 7, carnivory exacts so high a price in terms of the
diversion of biomass into the trap component, that only the richest of insect-containing sites [siehe wieder p. 79],
169
and then only at certain times of the year can, effectively be exploited?” (Vgl. auch meine Anmerkung p. 85 oben.)
Anmerkung zu p. 96
24. November 2010: Zum Punkt: Von einer solchen funktionswidrigen "Klebreuse" will MN nun "eine
Schlauchfalle mit Reusenhaaren (ähnlich Sarracenia)" ableiten: Dazu ließe sich eine spezielle Arbeit schreiben,
welche die (hier in einem Punkt, nämlich "an gleicher Stelle sowohl klebrig als auch rutschig", kurz ironisierend)
vorgetragenen Einwände in vielen morphologisch-anatomischen und physiologischen Details durch den genauen
Vergleich der beiden so unterschiedlichen Fallen herausarbeiten würde. Als Beitrag zur empirischen Forschung
könnte man überdies saturation mutagenesis für beide Fallentypen in Angriff nehmen und die Genome der
entsprechenden Arten sequenzieren und vergleichen. Fehlerkorrektur und Ergänzung (8. Mai 2011): Design in
nature is not only more ingenious than we imagine; it is more ingenious than we can image. [Umformuliert nach
einem Satz von Haldane.] Es gibt nach den bisherigen Beschreibungen tatsächlich, wenn auch evolutionstheoretisch
an völlig unvermuteter Stelle (da stark abgeleitet), eine bedauerlicherweise bisher nur wenig untersuchte
Nepenthes-Art, Nepenthes inermis aus Sumatra, deren eine Kannenform (sie bildet zwei stark unterschiedliche
Kannenformen aus) "an gleicher Stelle sowohl klebrig als auch rutschig" ist (mein ursprünglicher Einwand war, dass
das unwahrscheinlich sei): "Nepenthes inermis produces extremely thick mucilaginous pitcher fluid. It is so
viscous that if a pitcher is held upside down, the fluid will pour out, forming an unbroken stream several metres
in length. This fluid coats the entire inner surfaces of the pitchers in a thin film. The pitchers of N. inermis
function not only as pitfall traps but also as flypaper traps, with the sticky inner walls trapping flying insects
above the surface of the fluid. The fluid also acts as a lubricant, allowing prey items to easily slide down into the
bottom of the pitcher cup" http://en.wikipedia.org/wiki/Nepenthes_inermis. N. inermis weist offenbar einen einmaligen, konvergent
entstandenen "Spezialschleim" auf, der biochemisch starke Unterschiede zum "Klebstoff" von Pinguicula
aufweisen dürfte (anatomisch vermutlich auch die Drüsen; das ist jedoch alles noch zu erforschen). (Fest steht: die Nepenthaceae sind
auch nach evolutionstheoretischen Voraussetzungen völlig unabhängig von den Lentibulariaceae entstanden, auch hier fehlen übrigens die
vielen postulierten Zwischenformen von der flächigen Blattfalle zur Kannenform). Bei Pinguicula bleibt die Beute praktisch an
der jeweiligen "Landestelle" kleben und wird dort auch verdaut. Man müsste im Sinne der Hypothese von MN,
Barthlott und anderen dann auch eine entsprechende Weiterentwicklung des "Klebstoffs" und weiterer Merkmale
von Pinguicula postulieren mit vielleicht ähnlichen Eigenschaften wie bei Nepenthes inermis - womit wir uns
wieder dem für den Neodarwinismus (=Synthetische Evolutionstheorie) so problematischen Synorganisationsproblem
nähern. Einfach nur die Pinguicula-Blätter einrollen würde jedoch zur erwähnten mehr oder weniger
funktionswidrigen Klebreuse und zahlreichen weiteren Problemen führen, die oben ausführlich diskutiert worden
sind (vgl pp. 85-90, 96). Die "extremely thick mucilaginous pitcher fluid" der "unusual upper pitchers" von N.
inermis ist übrigens nur ein genau passender Teil eines spezifischen, hochkomplexen synorganisterten
Multikomponentensystems, welches wiederum ohne die postulierten zahlreichen [phylogenetischen]
Übergänge [jetzt] an der selben Pflanze mit ihren zusätzlichen aber selteneren eher herkömmlichen
Bodenkannen in Erscheinung tritt. "Die Evolution der Saugfalle lässt sich also" keineswegs so ohne Weiteres
"von der Klebfalle (z. B. Pinguicula) über eine Art Klebreuse (durch seitliches Einrollen der Blattfläche) [etc.
etc.] ... konstruktiv nachvollziehen." – Nachtrag 14. 5. 2011: Siehe auch Nepenthes eymae und Verwandte
(digestion im Gegensatz zu Pinguicula jedoch nicht an Ort und Stelle, sondern in the fluid at the base of the
pitchers). Peristom vorhanden, aber in den oberen Fallen reduziert, jedoch nicht so extrem wie bei N. inermis.
16. 5. 2011: Das sogenannte "Biogenetische Grundgesetz" steht übrigens in allen [?] diesen Fällen auf dem
Kopf: Die evolutionären "Zwischenformen" ([broad] flypaper combined with pitfall) erscheinen erst am Ende
(oder spät in) der Ontogenese dieser Nepenthes-Arten statt am Anfang. – ID-These: Im Nepenthes-Grundtyp
waren alle bisher entdeckten und vielleicht noch weitere (Anpassungs- und) Formtypen als Möglichkeiten
vorgezeichnet (gleichsam vorprogrammiert) und das genetische Potential wurde bzw. wird je nach Umwelt
(elicitor-Mechanismen) und Ontogenesestadium unterschiedlich exprimiert; siehe dazu insbesondere den Punkt
9 von http://www.weloennig.de/AesVII.html und den Anhang in http://www.weloennig.de/Gesetz_Rekurrente_Variation.html zum Thema Wildarten, genetisches
Potential und Parallelinduktion (inklusive Nachträge samt Cichlidae). Auch das Forschungsgebiet Epigenetics
("the study of heritable changes in phenotype (appearance) or gene expression caused by mechanisms other than
changes in the underlying DNA sequence") dürfte in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung werden,
vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Epigenetics (weitere Forschungssaufgabe). 10. 6. 2011: "Unlike in the family of Sarraceniaceae,
hairs are never present on the interior of the pitchers of Nepenthes" (McPherson 2010, p. 503). Also keine
‘Klebreusen’ bei Nepenthes. Zu Sarracenia: sie kann zwar "ultra-fine, downward-pointing hairs" in Zone 3
aufweisen (McPherson 2010, p. 435; und in Zone 4 längere hairs sowieso), aber no mucilage – soweit ich das
bisher feststellen konnte; Sarracenia wird nach Fleischmann (2010, p. 93) nicht von sticky-leaved insect-eating
plants abgeleitet (one reason among others "…Sarraceniaceae do not show … mucilaginous pitcher fluid …").
Anmerkung zu p. 116
Als Ergänzung zum Korrekturvorschlag ein Wort von Walter James ReMine, welcher die mit z. T. sich
widersprechenden Erklärungen arbeitende Methode von Evolutionstheoretikern wie MN meines Erachtens sehr
170
treffend wie folgt verdeutlicht (1993, p. 24):
"…evolutionary illusions are so thorough that evolutionists themselves are unaware. So I refer to an imaginary
evolutionary theorist. The theorist is the magician who produces illusions in the mind. The illusions are
achieved by selectively invoking concepts, ideas, and arguments. The theorist invokes concepts A and
B to misdirect you and accomplish end C.
The central illusion of evolution lies in making a wide array of contradictory mechanisms look like a
seamless whole. There is no single evolutionary mechanism – there are countless. Evolutionary theory is
a smorgasbord: a vast buffet of disjointed and conflicting mechanisms waiting to be chosen by the theorist.
For any given question, the theorist invokes only those mechanisms that look most satisfying. Yet, the next
question elicits a different response, with other mechanisms invoked and neglected.
Evolutionary theory has no coherent structure. It is amorphous. It is malleable and can readily adjust to
disparate patterns of data. Evolution accommodates data like fog accommodates landscape. In fact,
evolutionary theory fails to clearly predict anything about life that is actually true. As a result this book will
show that evolution is not scienc.” (Nur der letzte Satz von ReMine kursiv.)
TEIL 3
Die erste Diskussion zu Utricularia mit MN (1999 und 2000)
Naturwissenschaftliche Diskussion von Lösungsvorschlägen zu Nachtweys Utricularia-Kritik
Diskussion mit MN
Vorbemerkung zur Diskussion mit MN: Falls dem einen oder anderen Leser mein Umgangston mit MN "zu streng" erscheint, so bitte ich zu
berücksichtigen, dass MN insofern ein schwieriger Gesprächspartner ist, als er die Angewohnheit hat, seinen andersdenkenden
Diskussionspartnern seine meist zweifelhaften (bis nachweislich total falschen) Hypothesen immer wieder unter persönlich herabsetzender
Polemik und gleichzeitig absolutem Wahrheitsanspruch vorzutragen.
Weiter sollte ich erwähnen, dass MN sich bei mir gemeldet und um diese Diskussion ersucht hat (1. September 1999), und zwar mit der
am 11. Oktober 1999 noch nachdrücklich vorgetragenen Forderung, auch ja "Punkt für Punkt" seiner Ausführungen zu diskutieren ("Ich bitte
Sie daher, Punkt für Punkt auf meine Argumentation einzugehen." ). Nun zu meinen Antworten:
Mein Brief vom 22. November 1999:
"Wie versprochen, analysiere ich im Folgenden Ihren Lösungsvorschlag zum Ursprung des Fangmechanismus von Utricularia (gemäß Ihrem
Brief vom 1.10.1999 sowie e-Mail-Hinweisen vom 11. und 19. 10. 99)…:
MN: (1) "Wieder einmal sind zahlreiche Wissenschaftler dem Irrtum erlegen, dass die Perfektion dieser Falle — aus evolutionsbiologischer
Sicht — auf koadaptive Anpassung (was die Baukonstruktion der Falle sowie den Verdauungsmechanismus anbelangt) zurückgehen müsse,
die relativ unwahrscheinlich gewesen wäre.
W-E L: Es handelt sich bei diesen zahlreichen Wissenschaftlern meist um Evolutionsbiologen, – Wissenschaftler also, die an einem solchen
Irrtum nicht das geringste Interesse hatten (bzw. haben) und die zum Teil selbst mit dem neodarwinistischen Lösungsziel an Utricularia
forschen. Es darf daher gefragt werden, wieso so viele Evolutionsbiologen nur diesem Irrtum erliegen konnten.
Wie noch näher zu begründen ist, könnte man eher sagen:
1.
Selbst zahlreiche Evolutionsbiologen haben erkannt, dass die Perfektion dieser Falle auf koadaptive Anpassung (Baukonstruktion
sowie Verdauungsmechanismus) zurückgehen muß. Das wäre jedoch nach neodarwinistischen Kriterien außerordentlich
unwahrscheinlich gewesen.
MN: (2) "Doch zeigt es sich bei Utricularia deutlich, dass auch die Fallenkonstruktion auf kontinuierliche Anpassungsschritte zurückgehen
muß. Lassen Sie mich dazu nun einen Vorschlag abliefern."
W-E L: Wenn es sich bei Utricularia tatsächlich deutlich zeigt, dass auch die Fallenkonstruktion auf kontinuierliche Anpassungsschritte
zurückgehen muss, dann hätten selbst viele der besten Evolutionsbiologen der Welt geradezu wider besseres Wissen und gegen Ihre eigenen
Interessen hier ein Evolutionsproblem gesehen! Das erscheint doch sehr unwahrscheinlich. Bislang stellt sich für mich das UtriculariaProblem wie folgt dar:
2.
Viele Evolutionstheoretiker haben bei Utricularia die Synorganisation bei der Saugfalle als Problem für eine neodarwinistische
Erklärung erkannt (Loyd; Schmucker und Linnemann; Nachtwey; Remane, Storch und Welsch; Jolivet; Juniper, Robins und Joel
und viele andere). Denn es zeigt sich bei Utricularia deutlich, dass die Fallenkonstruktion kaum oder gar nicht auf kontinuierliche
Anpassungsschritte zurückgehen kann.
171
Aber diese Aussage soll selbstverständlich kein Dogma sein.
MN:(3)"Ursprünglich dürfte es sich bei den Vorfahren von Utricularia um autotrophe Wasserpflanzen gehandelt haben, die sich in flachen
Mooren angesiedelt hatten und dem Wasser durch ihr Wurzelwerk anorganische Nährstoffe (Ammonium und Nitrat) als Stickstoffquelle
entzogen hatten."
W-E L: Nach allem, was wir bis heute wissen können, handelte es sich auch bei den Vorfahren von Utricularia immer um Pflanzen der
Gattung Utricularia. Zwischen Utricularia und ihren nächsten (systematisch-morphologischen) Verwandten besteht eine tiefe Kluft. Die
Ableitung von einer anderen Pflanzengattung durch Mutation und Selektion ist nach dem jetzigen Wissensstand nur ein Postulat unter der
Voraussetzung der Synthetischen Evolutionstheorie (denn Übergangsformen und Differenzierungsmutationen sind unbekannt). Für die
Entstehung von Utricularia aus einer anderen Pflanzenform wäre sehr wahrscheinlich die Neubildung bzw. der Umbau von Hunderten von
Genen notwendig. Zur Unwahrscheinlichkeit solcher Postulate durch das neodarwinistische Faktorensystem vgl. Klaus Wittlich 1998.
Es sei in diesem Zusammenhang besonders 'betont, dass in der Pflanzengenetik in Zehntausenden von mutationsgenetischen Experimenten
Millionen und Abermillionen von Mutationen induziert worden sind. Bis heute ist mir kein einziges Beispiel bekannt, dass dadurch in der
Natur beständige neue Pflanzenarten entstanden wären. Und das gleiche trifft auf die Frage nach der Artbildung bei Drosophila und anderen
Organismen zu (vgl. Details Lönnig 1993, 1995 – auch meine eigenen umfangreichen mutationsgenetischen Untersuchungen an Pflanzen
sind mit dieser Aussage in voller Übereinstimmung; zu den offenen Fragen der Evolution durch Transposons vgl. Kunze et al. 1997, Lönnig
und Saedler 1997). Wenn es hingegen solche Beispiele gäbe, dann dürfen wir davon überzeugt sein, dass sie praktisch in jedem Lehrbuch der
Biologie aufgeführt wären.
Die gesamte Gentechnologie mit ihrem Unternehmen, spezifische DNA-Sequenzen mit spezifischen Funktionen von einem Organismus auf
einen (meist) andersartigen zu übertragen, ist zugleich ein beredtes Zeugnis davon, dass die uns bekannten (definitionsgemäß richtungslosen)
Mutationserscheinungen nicht ausreichen, um solche spezifischen Sequenzen zu erzeugen' (Lönnig 1999).
Daher mein Korrekturvorschlag nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens (und zwar ohne den Neodarwinismus als Dogma
vorauszusetzen):
(3) Auch ursprünglich dürfte es sich bei den Vorfahren von Utricularia um autotrophe Wasserpflanzen 263 (jedoch mit der
potentiell zusätzlichen Stickstoff- und Phosphorquelle durch Tierfang) gehandelt haben, die ähnliche Biotope besiedelten wie ihre
Nachkommen heutzutage. Eine Entwicklung aus einer anderen Pflanzenform (ob am selben Standort oder nicht) durch Mutation
und Selektion ist äußerst unwahrscheinlich. Es gibt keinerlei experimentalgenetische Evidenz, dass die Vorfahren von Utricularia
jemals irgendetwas anderes waren als Pflanzen der Gattung Utricularia.
MN: (4) "Durch eine zufällige Mutation kam es möglicherweise zur Ausbildung von Gewebswucherungen (vergleichbar dem Pflanzenkrebs)
am Wurzelwerk dieser Pflanzen."
W-E L: Alle Evolutionsbiologen sind sich bisher darin einig, dass sich der Fangapparat von Utricularia vom Blatt ableitet (und nicht von
den Wurzeln). (Siehe auch Prof. Nachtweys Kommentar zu Utricularia.)
Zufällige Mutationen mit Gewebewucherungen am Wurzelwerk der Pflanzen (vergleichbar dem Pflanzenkrebs) dürften mit einem deutlichen
Selektionsnachteil einhergehen. Solche Mutanten verschwinden also schnell wieder. Tatsachen:
(4) Eine zufällige Mutation, die möglicherweise zur Ausbildung von Gewebewucherungen (vergleichbar dem
Pflanzenkrebs) am Wurzelwerk dieser Pflanzen führte, ist für die Entstehung von Utricularia irrelevant, weil (1.) die
Evolutionsbiologen die Tierfalle aufgrund spezieller anatomischer Merkmale vom Blatt (und nicht von den Wurzeln)
ableiten und (2.) solche Mutanten einen starken Selektionsnachteil aufzuweisen hätten.
MN: (5) "Dabei muss man sich nicht einmal der zufallsgerichteten Mutationen bedienen;…"
W-E L: (5) "Zufallsgerichtete Mutationen" ist eine contradictio in adjecto: entweder ist die Mutation zufällig oder gerichtet, und ‚gerichtete'
Mutationen gibt es nach dem Neodarwinismus nicht.
MN: (6) "…gleichartige Effekte lassen sich heute auch im Labor durch virale Transduktion bestimmter Bakterienarten (etwa bestimmte
Rhizobien) erzielen."
W-E L: Eine "virale Transduktion bestimmter Bakterienarten" gibt es nicht. Unter Transduktion versteht man die Übertragung von
Bakteriengenen durch Phagen in ein neu befallenes Bakterium. (Beim Wort genommen würde die "virale Transduktion bestimmter
Bakterienarten" die Übertragung ganzer 'Bakterienarten' auf andere durch die wesentlich kleineren Viren bedeuten.) Sie meinen
wahrscheinlich die Transformation durch Plasmide.
"Transformation ist die einseitige, aber potentiell reziproke Übertragung von isolierter, extrazellulärer DNA aus Plasmiden oder
Chromosomenteilen in eine lebende Zelle." Die Gewebewucherungen entstehen "nach Infektion mit Agrobacterium tumefaciens, dessen
prokaryontische Plasmide in das eukaryontische Genom übernommen werden (Transformation, S. 461) und cytokinin- und auxinautotrophes, daher unbegrenzt wachsendes, entdifferenziertes Gewebe entstehen lassen" (dtv-Atlas zur Biologie, 1993, pp. 217 und 461).
263
Nachtrag 2010: Seinerzeit hatte ich mich damit den "Aquarianern" angeschlossen (vgl. die Punkte (106) bis (108) oben gemäß der
Diskussion von 2010) – die Frage scheint jedoch etwas komplexerer Natur zu sein.
172
"…virale Transduktion bestimmter Bakterienarten (etwa bestimmte Rhizobien)..." Sie verwechseln hier zwei fundamental verschiedene
Dinge, nämlich die durch Agrobacterium tumefaciens hervorgerufenen Wucherungen am Wurzelhals von Pflanzen (Parasitismus) mit den
durch die symbiontischen Rhizobien bedingten Wurzelknöllchen bei bestimmten Pflanzenfamilien. Mit einem Wort, Sie verwechseln
Pflanzenkrebs mit Wurzelknöllchenbildung.
Schopfer und Brennicke bemerken zu dieser Frage 1999, p. 605 (Pflanzenphysiologie; Springer-Verlag):
"Die Interaktion von Pflanzen mit Rhizobien führt zur Bildung eines neuen, symbiontischen Organs, dem Wurzelknöllchen, das alle
Kriterien einer wohlgeordneten Morphogenese erfüllt. Im Gegensatz hierzu führt die Infektion von Pflanzen mit dem Bodenbakterium
Agrobacterium tumefaciens zur Tumorbildung" (letzteres von den Verfassern hervorgehoben).
Zum Punkt (6) lässt sich also feststellen:
•
Auf einem völlig anderen Blatt als die ‚Zufallsmutationen' stehen die durch Agrobacterium tumefaciens hervorgerufenen
Gewebewucherungen, die sich wiederum von der symbiontischen Wurzelknöllchenbildung durch Rhizobien fundamental
unterscheiden.
(Die Bakteriengattungen sind zwar systematisch nahe verwandt, haben jedoch kategorial unterschiedliche Wirkungen auf die
‚befallenen' Pflanzen.)
•
Beide Phänomene haben als Wurzelbildungen bzw. Wurzelhals- (und Stamm-) bildungen mit dem Ursprung des (nach evol.
Vorstellungen vom Blatt abgeleiteten) Fangapparats von Utricularia nichts zu tun.
MN: (7) "Diese Knöllchen könnten speziellen Bakterien als Wirtsnischen gedient haben, die für die Pflanze wichtige Stickstoffverbindungen
aus dem im Wasser gelösten elementaren Stickstoff aufbauten. Derartige Symbiosen lassen sich heute noch bei Leguminosen beobachten, die
von dem Nährstoffangebot der ökologischen Nische autark sind."
W-E L: (7) Bei der Wurzelknöllchenbildung (Nodulation) handelt es sich um einen ungeheuer komplexen biologischen Vorgang, an dem
zahlreiche Genfunktionen (sowohl von Seiten des Bakteriums als auch von Seiten des Wirts) in genauester funktionaler und raumzeitlicher
Abstimmung beteiligt sind. Der Ausfall von nur einem einzigen Glied in dieser Kette von koordinierten Wechselwirkungen kann das ganze
biologische System lahmlegen. W i r h a b e n a l s o h i e r w i e d e r d a s K o a d a p t a t i o n s p r o b l e m
(Synorganisationsproblem), welches Sie mit diesem Ansatz bei Utricularia lösen wollten. De facto ersetzen Sie hier also das eine
Evolutionsproblem (Utricularia) durch ein zweites (die Nodulation).
Wir finden übrigens das Synorganisationsproblem bereits auf der Ebene der 'untersten Grundlage' der Nodulation, nämlich der
Stickstofffixierung überhaupt:
"Analysis has revealed an intricate system in which a cluster of 20 nitrogen fixation (nif) genes are arranged in eight co-ordinately regulated
operons…The majority of these 20 nif genes are common to most (probably all) nitrogen-fixing organisms (diazotrophs), the exception being
genes for the electron-transfer proteins NifF and NifJ and the regulatory protein NifL, which are not conserved" (The Encyclopaedia of
Molecular Biology 1994, pp. 731/32).
Wie soll nach neodarwinistischen Kriterien diese funktionelle Einheit entstanden sein? Darüber gibt es zahlreiche sich widersprechende
evolutionstheoretische Hypothesen (das wäre nun wieder ein umfangreiches Thema für sich). Postgate und Eady bemerken in diesem
Zusammenhang (Nitrogen Fixation: Hundred Years After, ed. by Bothe et al.) 1988, p. 39: "It is characteristic of discussions of evolution
that they rarely permit firm conclusions." Die Autoren erwähnen übrigens ein weiteres schweres Evolutionsproblem, wenn sie u. a. bemerken
(pp.37/38):
"The question why there are no nitrogen-fixing plants – assuming that there really are none – remains a vexing problem, because all the
obstacles to nif gene expression in aerobic/photosynthetic backgrounds have been overcome in one way or another by prokaryotes.
Moreover, if the chloroplast is of cyanobacterial ancestry, as seems plausible, the absence of a 'diazoplast' of comparable origin seems almost
capricious."
Ist jedoch die intelligente DNA-Codierung nicht die bessere – weil an der Erfahrung orientierte – Antwort?!
Ein paar für die Synorganisationsfrage relevante Punkte der Nodulation:
1.
2.
3.
4.
"Wirt und Knöllchenbakterien sind nicht nur in der Phase der Stickstofffixierung voneinander abhängig, sondern auf allen Stufen;
von der Anheftung über die "kontrollierte" Infektion bis zur Aufrechterhaltung der Knöllchenfunktion beeinflussen sich,
genetisch gesteuert, beide Partner gegenseitig" (Herder Biologie-Lexikon 1994, p. 55).
"The interaction between the symbiotic partners involves an intricate exchange of molecular signals that regulate the expression
of genes essential for infection and nodule formation" (Raven et al.: Biology of Plants 1999, p. 740).
"In the form of symbiosis called mutualism, both organisms benefit from the relationship. Neither free-living Rhizobium species
nor uninfected legumes can fix nitrogen. Only when the two are closely associated in root nodules does a reaction take place. The
establishment of this symbiosis between Rhizobium and a legume requires a complex series of steps with active contributions by
both the bacteria and the plant root" (Purves et al.: Life; 1997, p. 758).
"The symbiosis between legumes and rhizobia is not obligatory. Legume seedlings germinate without any association with
rhizobia, and they may remain unassociated throughout their live cycle. Rhizobia also occur as free-living organisms in the soil.
Under nitrogen-limited conditions, however, the symbionts seek out one another through an elaborate exchange of signals" (Taiz
und Zeiger: Plant Physiology; 1998, p. 333).
173
5.
"Nodulation of legumes in rhizobia occurs in a distinct series of steps which include:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Rhizobial growth in the rhizospere;
Attachment of the rhizobia to the root-hairs of the legume;
Rhizobial induced root-hair curling;
Formation of infection threads within the root-hairs
Growth of the infection thread (containing rhizobia) towards the pericycle of the root;
Branching of the infection thread so that many cells of the root-cortex become infected with rhizobia;
Release of rhizobia from infection threads into the plant cytoplasm; and
Development of rhizobia into bacteroids coupled with the production of leg haemoglobin and the complete apparatus
for nitrogen fixation" (Steinbiss and Broughton 1988, p. 114, in N.S.S. Rao (ed.): Biological Nitrogen Fixation).
Jeder dieser Punkte kann noch in mehrere Unterthemen gegliedert werden. Der unter Punkt 2) aufgeführte Prozess läuft nicht etwa einfach
von selbst ab, sondern erfordert folgende genau aufeinander abgestimmten Aktivitäten von Wirt und Gast:
"In the first step, flavonoids (Table 1) excreted by the plant induce the transcription of bacterial nodulation genes (nod genes). This process
involves the constitutively expressed nodD that can bind to specific flavonoids (Goethals, Van Montagu & Holsters, 1992) which turns this
protein into a transcriptional activator of the other nod genes (Fisher & Long, 1992). The proteins encoded by these genes are involved in the
synthesis of specific lipo-oligosaccharides (called Nod factors, Table 1) that can induce various responses in the root, e.g. root hair
formation, depolarisation of the root hair membrane potential, induction of nodulin gene expression, and formation of nodule primordia.
The host-specific aspect of this symbiotic interaction between rhizobia and legumes is very pronounced, e.g. Rhizobium leguminosarum
(R.l.) bv. viciae can only nodulate plants of the genera Pisum, Vicia, Lathyrus and Lens, whereas the closely related R.l. bv. trifolii nodulates
plants of the genus Trifolium. This strict host specificity had led to the definition of cross-inoculation groups in which the host plants are
classified according to the bacterial species that can nodulate (Table 2). Both bacteria and their host plants are involved in determining host
specificity; the bacteria by producing specific Nod factors and the host plants by expressing genes for recognition of these Nod factors" (R.
Heidstra and T. Bisseling 1996, pp. 25/26: Nod factor induced host responses and mechanisms of Nod factor perception. New Phytol. 133,
25-43).
Und das ist erst der Anfang! – Und nicht einmal den verstehen wir bisher vollständig:
"The mechanism of the initial attachment of the bacteria to the root-hair surface is poorly understood. It has been suggested that sugarbinding proteins called lectins, which are secreted by legume roots, interact with the bacteria and facilitate their binding to the root-hair cell
walls" (Raven et al.: Biology of Plants 1999, p. 740).
Der entscheidende Punkt für unsere Koadaptations- und Synorganisationsfrage ist nun, dass eine Stickstofffixierung erst nach Auftreten der
Bakteroide und von Leghämoglobin festgestellt werden kann! D.h. also erst wenn die 8. und letzte Stufe der distinct series of steps
erreicht worden ist (nicht aber bei einer der Zwischenstufen).
Wieviele Gene sind an diesem Prozeß beteiligt?
Von Seiten der Wirtpflanze sind etwa 30 bis 40 Genfunktionen beteiligt und auf der Seite des Bakteriums finden wir z. B. mit pNGR234a ein
536 kb großes symbiontisches Plasmid mit wenigstens 416 offenen Leserahmen (open reading frames — ORFs), "of which 139 show no
similarity to any known gene".
(Perret et al. 1999, p. 159: Physical and Genetic Organisation of pNGR234a; in: Highlights of Nitrogen Fixation Research, ed by Martinez
and Hernández, Plenum; siehe auch Jabbouri et al. 1997. p. 31: Biology of Plant-Microbe Interactions; ed. by G. Stacey et al.)
Auf diesem großen Sym-Plasmid sind bei Rhizobium die Gene für die Knöllchenbildung lokalisiert (mehr als 200 Gene könnten an der
Symbiose beteiligt sein).
Was passiert, wenn spezifische Genfunktionen entweder bei der Wirtspflanze oder bei Rhizobium abgeschaltet werden? Ein Beispiel für den
Wirt: Bei der nin-Mutante (für nodule inception) von Lotus japonicus bricht der gesamte Nodulationsprozess schon "at the stage of bacterial
recognition" ab (Schauser et al.; Nature 402, p. 191, 1999). Über die Mutante selbst lesen wir:
"Interestingly, the mutant does not seem to be affected by any other aspect of plant development — such as root, shoot, leaf, or seed
development — as long as nitrogen nutrients are supplied externally. This suggests that the mutated gene is dedicated to root-nodule
formation" (Spaink; Nature 402, p. 135, 1999).
Auf der Seite des Bakteriums sieht es ähnlich aus:
"In species examined to date, mutations in nodA, B or C completely abolish nodulation and all aspects of the infection process" (Kendrew
(ed.): The Encyclopedia of Molecular Biology 1994, p.742).
Das trifft zwar nicht auf alle an der Nodulation beteiligten Gene zu, aber der bekannte Teil reicht vollständig aus, um an den
Neodarwinismus wieder die Frage zu stellen, wie denn ein solches, auf allen Ebenen dreifach koadaptiertes/synorganisiertes System (jeweils
innerhalb und zwischen Pflanze und Bakterium, von den DNA-Sequenzen bis zur Anatomie), durch viele kleine Schritte entstehen konnte,
wenn erst "mit dem Endeffekt der Nutzen für den Daseinskampf erreicht wird, nicht aber mit irgendeiner Entwicklungsstufe"? (In Anlehnung
an Prof. Robert Nachtwey)
174
Es gibt zwar auch hier viele (und oft einander widersprechende) evolutionstheoretische Hypothesen zu diesen Fragen, aber meines Wissens
beabsichtigt heute kein Evolutionstheoretiker mehr, den Ursprung der Nodulation schwerpunktmäßig mit dem neodarwinistischen
Faktorensystem zu erklären. Im Zentrum dieser Betrachtungen stehen vielmehr genetische Revolutionen durch horizontalen Gentransfer
und Gene-shuffling (X.Perret et al. 1999: Physical and genetic organisation of pNGR234a; in: Highlights of Nitrogen Fixation Research,
ed. by Martínez and Hernández, - sowie W.J. Broughton and X. Perret 1999: Genealogy of legume-Rhizobium symbioses; Current Opinion in
Plant Biology 2, 305-311). Dabei bleibt allerdings die Frage weitgehend offen, wie die Gene und Gensysteme, die lateral transferiert werden
könnten, ursprünglich entstanden sind.
MN: (8) "Diese Weiterentwicklung könnte den "Knöllchenpflanzen" einen selektiven Vorteil beschert haben, welche die noch sehr vom
Nährstoffangebot in nährstoffarmen Flachmooren abhängigen knöllchenlosen Wasserpflanzen langsam verdrängten."
W-E L: (8) Flachmoore sind im Gegensatz zu Hochmooren in der Regel nährstoffreich:
"Die F l a c h m o o r e setzten sich entsprechend ihrer Bildung in nährstoffreichem Wasser vorwiegend aus nährstoffreichen Torfarten
zusammen. Auch als Vegetationsdecke der Flachmoore finden sich heute anspruchsvolle Pflanzenvereinigungen. Der Kalkgehalt der
Flachmoore beträgt über 2%, häufig sogar über 4% der Trockensubstanz. Ferner zeichnen sich die Flachmoore durch hohen Stickstoffgehalt
aus, der sie in landwirtschaftlicher Beziehung zu besonders wertvollen Kulturböden macht. Nach erfolgter Entwässerung zersetzen sich die
oberen Moorschichten ziemlich rasch, das Moor "vererdet" gut.
Im Gegensatz dazu setzen sich die Hochmoore aus den als nährstoffarm gekennzeichneten Torfarten zusammen. Auch der Kalkgehalt
ist…gering, meist unter 0,2%. Im Naturzustand sind die Hochmoore oft dicht mit anspruchlosen Holzgewächsen und Heidekraut bestanden,
die auf dem nährstoffarmen Standort noch ihr Fortkommen finden. Die landwirtschaftliche Nutzung der Hochmoore setzt die Zuführung der
fehlenden Nährstoffe voraus" (O. Heuser: Der Kulturboden, seine Charakteristik und seine Einteilung; 1931, p. 26; E. Blanck (Hrsg):
Handbuch der Bodenkunde, Bd. VIII; Springer).
Flachmoore "sind meist nährstoffreich (eutroph) und werden auch Reich-Moore genannt" (Brockhaus 1991, Bd. 15, p. 89; siehe auch
Strasburger: Lehrbuch der Botanik 1998).
Gehen wir aber einmal davon aus, dass Ihre Aussage von den "nährstoffarmen Flachmooren" und die darauf aufbauende Hypothese richtig
sei, dann müßten wir in diesen Biotopen heute vor allem Pflanzen mit Nodulation finden. Das trifft aber nicht zu. Von 124
Leguminosenarten, die bei uns in Mitteleuropa gedeihen, sind es vielleicht 5%. Auch weltweit gesehen, sind Leguminosen in Flachmooren
eher die Ausnahme als die Regel. Und noch seltener findet man sie in Hochmooren: Denn in der Regel fehlen dort die Rhizobien völlig, so
dass eine Nodulation erst gar nicht beginnen kann.
In nassen oligotrophen Biotopen sind weder die Leguminosen- noch die Carnivorenarten in der Mehrzahl, sondern ganz andere
Pflanzenspezies. Es geht hier also auch völlig ohne Wurzelknöllchen und Fangapparate und die langsame Verdrängung findet nicht statt.
An welchen Standorten treten nun Leguminosen bevorzugt auf?
"Die äußerst artenreiche Familie ist über die ganze Erde verbreitet, wobei in den Tropen die holzigen, in den extratropischen Gebieten die
krautigen Formen überwiegen. Als Luftstickstoffsammler bevorzugen sie trockene N-arme bzw. kalkreiche Böden und treten so besonders in
den eurasiatischen Steppen und Halbwüsten hervor." "Auch Trockenrasen, Steppen und Savannen sind oft stickstoffarm, da die biologische
Nitrifikation durch Trockenperioden gehemmt wird. Es ist also kein Zufall, dass die mit Luftstickstoff bindenden Bakterien assoziierten
Leguminosen in diesen Lebensräumen gehäuft auftreten" (Strasburger 1998, pp. 772 und 874).
Aber wir könnten vielleicht als Grundlage für Ihre weiteren Hypothesen an Stelle der Moore nährstoffarme Böden in der Nähe von
oligotrophen Gewässern annehmen.
MN: (9) "Als nächster Evolutionsschritt könnte sich schließlich die Absonderung eines klebrigen Schleims angeschlossen haben, der dazu
führte, dass zahlreiche Kleinstlebewesen an ihm haften blieben und verendeten."
W-E L: (9) Angenommen: Unsere Pflanzen haben in Tausenden von Punktmutationen und Selektionsschritten endlich ein so phantastisch
komplexes und effektives Stickstofffixierungssystem entwickelt wie das der Nodulation. Sie haben damit die Unabhängigkeit vom
Stickstoffgehalt des Bodens erlangt, so dass sie sogar "die noch sehr vom Nährstoffangebot in nährstoffarmen (Böden?) abhängigen
knöllchenlosen Wasserpflanzen langsam verdrängten". Und diese stickstoffunabhängigen Pflanzen fangen jetzt an, einen klebrigen Schleim
abzusondern, was dazu führte, dass "zahlreiche Kleinstlebewesen an ihm haften blieben und verendeten"? Das muß ja schon eine ganze
Menge Schleim sein. Dieser "klebrige Schleim" hätte dann allerdings zugleich die Symbiose mit den Bakterien verhindert (vgl. oben die
Schilderung des komplexen Zusammenspiels zahlreicher Faktoren beim Beginn der Nodulation). Die Nodulation würde gar nicht erst
beginnen, und diese Pflanzen wären jetzt vollständig von der Lieferung 'tierischer' Stickstoffverbindungen abhängig (die sie doch vorher im
Überfluß selbst herstellen konnten!). Dazu kommt, dass in oligotrophen Böden Kleinstlebewesen meist weniger häufig als in eutrophen
Biotopen sind. Das hocheffektive Nodulationssystem aufzugeben für eine fragwürdige (wieder von der Umwelt stark abhängige) und mit
Sicherheit zunächst viel weniger effektive Methode der Zufuhr von Stickstoffverbindungen – das wäre ein Selektionsnachteil gewesen!
MN: (10) "Der mikrobielle Abbau der tierischen Proteine lieferte dann den Pflanzen die Mikronährstoffe gleich freihaus."
W-E L: (10) Das hätten diese Pflanzen nun wirklich einfacher haben können, indem sie nämlich an ihren Wurzeln direkt einen "klebrigen
Schleim" abgesondert hätten! (Wozu also der gigantische Umweg über die symbiontische Stickstofffixierung? – Nur um diese für ein
zunächst weniger effektives System wieder abzuschalten und dann über 1000 weitere zweifelhafte Mutations- und Selektionsschritte einen
Utricularia-Fangapparat daraus zu bilden?)
175
MN: (11) "Schließlich konnte sich irgendwann die Struktur der Knöllchen kontinuierlich in eine Art Becher, und schließlich in ein hohles
Kompartiment abgewandelt haben, was diesen Pflanzen den Vorteil bot, dass eine größere Oberfläche die Chancen erhöhte, dass ein Tier
darin hängenbleibt."
W-E L: (11): Mit der Verhinderung der Symbiose durch den "klebrigen Schleim" dürfte eigentlich gar keine Nodulation mehr beginnen. Wie
oben gezeigt, können die Pflanzen ohne Symbiose mit Bakterien keine Wurzelknöllchen bilden. Aber nehmen wir an, "die Evolution" hätte
das Problem irgendwie gelöst: Auch in diesem Falle wären diese "hohlen Knöllchen" dann wohl irgendwann nicht mehr in der Lage
gewesen, mit Hilfe von Bakterien Stickstoff zu fixieren!
Jetzt haben wir also nach Ihren Aussagen diese hohlen Knöllchen, an denen im Boden eines Flachmoors (oder sonstwo) die
Kleinstlebewesen in großer Zahl festkleben müssen, um die Pflanze weiter zu ernähren — aber woher kommt und wie entsteht nun daraus
der raffinierte Fangmechanismus von Utricularia?
MN: (12) "Die sich anschließenden Mutations- und Selektionsschritte führten wohl nur noch zu graduellen Variationen dieses Prinzips, was
schließlich dazu führte, dass die Pflanze einen ausgeklügelten Fangmechanismus bekam…"
W-E L: (12) Wie wird nun aus diesem hohlen, relativ steifen Knöllchen (haben Sie ein Wurzelwerk mit Knöllchen schon einmal in der Hand
gehabt?) mit seinem klebrigen Schleim der ausgeklügelte, hochelastische Fangmechanismus von Utricularia mit allen seinen Raffinessen
wie (1.) der wasserdichten Verschlußklappe am Eingang des Bläschens, (2.) dem hufeisenförmigen Widerlager und dem Velum, (3.) den
reizbaren schlanken Sinneshaaren, (4.) der gespannten Fangstellung mit ihren weit nach innen gewölbten elastischen Seitenwänden, (5.) den
speziellen Wasserleitungen in den Wänden des Bläschens (zur Ableitung einer Wasserfüllung), (6.) die vierstrahlig angeordneten
Drüsenschläuche (für die Verdauungssäfte), (7.) die Drüsenköpfchen auf der Außenseite der Wände (zur Wasserausscheidung), etc. Alles
das, was nun wirklich zu erklären ist, – worum es eigentlich und tatsächlich bei der Bildung der Saugfalle von Utricularia geht, das wird hier
einfach gar nicht mehr erwähnt!
Ist mit dem nachstehend noch einmal zitierten Satz wirklich das Koadaptationsproblem bei Utricularia gelöst?
"Die sich anschließenden Mutations- und Selektionsschritte führten wohl nur noch zu graduellen Variationen dieses Prinzips, was
schließlich dazu führte, dass die Pflanze einen ausgeklügelten Fangmechanismus bekam…"
Ist das nicht eher eine Glaubensaussage zu der Frage, die Sie mit neodarwinistischen Mitteln lösen wollten? Denn was sind genau die sich
anschließenden Mutations- und Selektionsschritte? Wieviele und welche Gene waren davon betroffen? Wie sind dabei Schritt für Schritt die
(vermutlich) auch völlig neuen DNA-Sequenzen entstanden? Worin liegt der Selektionsvorteil jeder einzelnen der vielen Punktmutationen,
die sich erst im Laufe der Zeit zu großen neuschaffenden morphologischen, anatomischen und physiologischen Wirkungen addiert haben
sollen? Wie sind durch Mutationen mit "slight or even invisible effects on the phenotype" (Mayr) (also in kaum wahrnehmbaren Schritten!)
die oben genannten Strukturen entstanden — wie z.B. die wasserdichte Verschlußklappe, die die unabdingbare Voraussetzung für den
funktionstüchtigen Fangmechanismus ist?
MN: (13) "…und anstelle eines "Schleims" ein verdauungsförderndes Enzym ausschied,…"
W-E L: (13) Die Synthetische Evolutionstheorie als zutreffend vorausgesetzt, bedurfte es dazu vermutlich einer ganzen Kette von
Mutationen in einem oder mehreren Regulator- und vielleicht auch Strukturgenen (wobei die ersten Punktmutationen wohl kaum einen
Selektionsvorteil gehabt haben dürften). Erst wenn "ein verdauungsförderndes Enzym" (und wir brauchen davon vermutlich mehrere!) am
richtigen Ort zur richtigen Zeit in den richtigen Mengen ausgeschieden wird, kann das Problem als gelöst gelten! Auch hier finden wir also
wieder das Synorganisationsproblem.
MN: (14) "…was sie gänzlich von der Notwendigkeit zur Beherbergung symbiontischer Bakterien entband."
W-E L: (14) Abgesehen vom Problem, dass die umgewandelte Morphogenese der Nodulation spätestens zu diesem Zeitpunkt allein vom
‚Wirt' durchgeführt werden müßte, bleibt die Frage nach der biologischen Zweckmäßigkeit des Postulats: Die Leguminosen und andere leben
doch heute noch bestens mit den symbiontischen Bakterien zusammen und "sind heil froh", dass sie sie haben! Wozu nur dieser Tausch von
sicheren und ungeheuer effektiven Symbionten samt Wurzelknöllchen gegen die Unsicherheiten der tierischen Nahrungszufuhr in einem
nassen, oligotrophen Biotop?
MN: (15) "Die Tatsache, dass Cholibakterien in diesen Fallen nachgewiesen wurden, stützt jedoch die Annahme, dass Übergangsglieder von
Utricularia auf eine solche Symbiose gebaut hatten."
W-E L: (15) Es handelt sich bei den Kolibakterien von Utricularia und den Rhizobien der Wurzelknöllchen um zwei völlig verschiedene
Symbiosen, so dass obige Schlußfolgerung unwahrscheinlich ist.
MN: (16) "Natürlich kann es sich hierbei lediglich um einen Vorschlag einer möglichen Adaptation handeln. (Hervorhebung im
Schriftbild – nur fett – vom Verfasser)
W-E L: (16) Die obige Analyse zeigt, dass eine Adaptation in der von Ihnen vorgeschlagenen Form nicht möglich ist.
MN: (17) "Doch es kommt mir ausschließlich darauf an, anhand dieses Szenarios zu zeigen, dass die Entwicklung des
Fangmechanismus keineswegs zwingend mit einem Koadaptionsproblem einhergegangen sein mußte." (Hervorhebung im Schriftbild –
nur fett – vom Verfasser)
176
W-E L: (17) Dieses Szenario beginnt morphologisch am falschen Organ (Wurzel statt Blatt) und ökologisch an der falschen Stelle
(Flachmoor statt einem oligotrophen Biotop). Die zahlreichen inneren Widersprüche der Ableitung und die nicht erklärten Details der
Entstehung des Fangmechanismus bestätigen erneut, dass auch zahlreiche Evolutionstheoretiker hier zu Recht ein für den Neodarwinismus
bedeutendes Koadaptationsproblem gesehen haben.
MN: (18) "Der Irrtum vieler Evolutionskritiker beruht hauptsächlich auf der Annahme der evolutionsbiologischen Notwendigkeit von
Koadaptionen (so beziehen Sie sich darauf auf Seite 8). Doch wie ich gezeigt habe, fand wohl zu keiner Zeit eine derartige Koadaption statt;
sie ist letztlich gar nicht nötig."
W-E L: (18) Es sind nicht nur Evolutionskritiker, die hier ein Problem gesehen haben, sondern auch zahlreiche Evolutionstheoretiker. Nach
meinem Verständnis haben Sie die Notwendigkeit gleichzeitiger Koadaptationen noch einmal sehr gut aufgezeigt. Bei der Entstehung neuer
Organismen müssen tatsächlich zu allen Zeiten und an vielen Stellen solche Synorganisationen notwendig gewesen sein.
MN: (19) "Auch für Ihr Beispiel von Utricularia habe ich Ihnen gezeigt, dass Ihre Argumentation nicht überzeugend ist, usw." (e-Mail vom
11.10.99).
W-E L: (19) Das Koadaptationsproblem bei Utricularia wurde nur durch das Synorganisationsproblem der Nodulation ersetzt und dann bei
der selektionswidrigen Umwandlung der Wurzelknöllchen in die Saugfalle außer acht gelassen.
MN: (20) "Wäre die Unvorstellbarkeit der vierdimensionalen Raumzeit ein Falsifikationskriterium, so wäre die Relativitätstheorie heute
längst auf dem Friedhof der Naturwissenschafts-Geschichte beerdigt. Ungeachtet dieses Umstandes habe ich mir jedoch die Mühe gemacht,
Ihnen eine konsistente mögliche Erklärung zu dem "Problem" Utricularia abzuliefern." (e-Mail vom 19.10.99)
W-E L: (20) Seit mindestens 30 Jahren weise ich darauf hin, dass die "Vorstellbarkeit" oder "Unvorstellbarkeit" einer Aussage kein
Falsifikationskriterium sein kann. Es geht vielmehr um die Voraussetzungen, Folgerichtigkeit und vor allem Testbarkeit einer
Argumentation. Eine nicht-falsifizierbare Methode, mit der man "alles" beweisen kann, ist naturwissenschaftlich wertlos.
Mit Ihrer Beweismethode der möglichen und konsistenten Evolution der Saugfalle Utricularias aus Wurzelknöllchen könnte man die
Ableitung auch ebensogut umdrehen: Bei der schwierigen Frage nach dem Koadaptations- und Synorganisationsproblem der Nodulation
kann man genausogut die Wurzelknöllchen von Utricularia ableiten, indem man wie folgt (und in weitgehender Anlehnung an Ihre Worte)
behauptet, dass die Saugfalle sich mit der Zeit in ein symbiontisches Wurzelknöllchen umgewandelt habe:
"Diese Saugfallen könnten speziellen Bakterien als Wirtsnischen gedient haben, die zusätzlich zu dem Tierfang für die
Pflanze wichtige Stickstoffverbindungen aus dem im Wasser gelösten elementaren Stickstoff aufbauten. Die Tatsache,
dass Kolibakterien in diesen Fallen nachgewiesen wurden, stützt die Annahme, dass Übergangsglieder von Utricularia
auf eine solche Symbiose gebaut hatten. Da bei dichten Utricularia-Populationen die Beutetiere knapp wurden, hatten
diejenigen Utriculariapflanzen einen Selektionvorteil, die auf den Beutefang Schritt für Schritt verzichteten und ihre
Saugfallen zunehmend in den Dienst stickstofffixierender Bakterien stellten. Die sich anschließenden Mutations- und
Selektionsschritte führten wohl nur noch zu graduellen Variationen dieses Prinzips, was schließlich dazu führte, dass
die Pflanze einen ausgeklügelten Nodulationsmechanismus entwickelte. Mit der Zeit wurden die Fallen gänzlich von
der Notwendigkeit des Tierfangs entbunden und vollends in Knöllchen umgewandelt. Bei terrestrischen
Utriculariaarten wurden schließlich diese Knöllchen in den Dienst neu entwickelter Wurzelbildungen gestellt."
Tatsächlich ist jedoch die eine Ableitung so verkehrt wie die andere:
Die Wurzelknöllchen von Leguminosen und die Saugfallen von Utricularia bilden zwei völlig verschiedene, aber annähernd gleichhochkomplexe synorganisierte biologische Systeme, die weder voneinander ableitbar sind noch mit dem neodarwinistischen (oder anderen
Evolutions-)Faktoren hinreichend erklärt werden können.
Sie können jedoch mit Ihrer Methodik auch hundert weitere (und einander widersprechende) Ableitungsversuche unternehmen — das ist nur
eine Frage der Phantasie. Und je weniger man dabei von der biologischen Materie versteht, desto erstaunlichere Umwandlungen kann man
für möglich und konsistent halten (vgl. Sie bitte auch p. 6 unten und p. 7 des Briefs vom 14/15. 11. 1998 an Herrn Q. sowie die Schrift über
das Auge p.114 unten und 115 ff.).
Mit Ihrer Methodik kann man die (für keinen Botaniker dieser Welt nachvollziehbare) Ableitung des Utricularia-Fangmechanismus von
Wurzelknöllchen praktizieren, diese Ableitung anschließend als lediglich einen Vorschlag einer möglichen Adaptation bezeichnen und damit
zugleich das für den Neodarwinismus schwierige Synorganisationsproblem als für vollständig gelöst erklären: Denn "es zeigt sich bei
Utricularia deutlich, dass auch die Fallenkonstruktion auf kontinuierliche Anpassungsschritte zurückgehen muss".
Man kann mit Ihrer Methodik alles beweisen und damit nichts.
Angesichts der Analyse Ihrer Ausführungen zu Utricularia (und zuvor zu Darwin und Lamarck, sowie der Federentstehung) möchte ich Ihre
an meine Adresse gerichteten Vorwürfe von einem "beharrlichen Verzicht auf ökonomisch-wissenschaftliches Denken", von "unprüfbaren
‚So-ist's-nunmal-Märchen'" und "haltlosen Spekulationen" an dieser Stelle nur einmal erwähnen, aber nicht kommentieren."
(Nachtrag: Die Situation wäre anders, wenn MN – statt der oben diskutierten Phantasieableitungen – naturwissenschaftlich testbare
Vorschläge unterbreitet hätte. Solche fehlen jedoch vollkommen. Aber schon das Postulat von naturwissenschaftlich testbaren Hypothesen
zur Entstehung komplexer Strukturen wird von den meisten Evolutionstheoretikern als nicht praktikabel abgelehnt.)
177
Mein Brief vom 8.3.2000:
"Um Ihre zahlreichen Kommentare und Einwände zu meiner Diskussion mit Herrn Prof. B. (Initiale geändert) und zur Kritik Ihres
Vorschlages zur Entstehung Utricularias in allen Einzelheiten zu besprechen – so wie ich das mit Ihren Behauptungen zu Darwins
Auffassung der Vererbung erworbener Eigenschaften und der Biochemie der Vogelfeder etc. durchgeführt habe (vgl. unseren bisherigen
Briefwechsel) – müsste ich jetzt wohl ein umfangreiches Buch verfassen.
Aus zeitlichen Gründen kann ich jedoch hier und jetzt nur auf einige wenige Punkte zu sprechen kommen (später mehr).
Einleitend möchte ich zu Ihren Bemerkungen zum Wasserschlauch noch einmal an die Voraussetzungen für eine positiv-konstruktive
Diskussion erinnern (vgl. Sie bitte meinen Brief vom 12. Oktober 1999):
"Um eine Diskussion sinnvoll zu führen, sind bestimmte Mindestanforderungen an die Diskussionspartner zu stellen. Dazu gehört zum
Beispiel, dass man 1. ernsthaft bemüht ist, seinen Gesprächspartner möglichst gut zu verstehen (auch wenn einem vielleicht die Meinung
eines Andersdenkenden total gegen den Strich geht) und 2. Tatsachen anerkennt, zumal wenn diese leicht nachprüfbar sind."
Und hinzufügen möchte ich, dass man 3. (in einer Fachdiskussion) fachlich auch wirklich weiß, wovon man spricht
Des weiteren darf ich an die Ausführungen von S. 3 desselben Briefes erinnern:
"Wenn ich eine Sachdiskussion mit einem Mitarbeiter Ihres Instituts für (X) beginnen würde, der sich seit rund 35 Jahren ununterbrochen mit
seinem Fachgebiet beschäftigt und zahlreiche wissenschaftliche Publikationen aufgrund experimentalwissenschaftlicher Arbeiten zu seiner
Thematik aufzuweisen hat, dann wäre ich als Fachfremder doch sehr vorsichtig mit meinen Aussagen. Es besteht ja doch die Möglichkeit,
dass ich noch Einiges dazu lernen könnte." (Hervorhebung nachträglich.)
Und schließlich hatte ich Sie eingeladen, mir "Ihre sachlichen Einwände zu übersenden" (ebenfalls S. 3).
Ich bitte Sie nun wieder, zu Ihren im folgenden zitierten und von mir diskutierten Einwänden selbst zu urteilen, ob Ihre Kommentare diesen
Kriterien (insbesondere auch dem Punkt "sachliche Einwände") entsprechen.
Nun zu einigen Ihrer Behauptungen. Zu Utricularia schreiben Sie auf S. 3 Ihres Briefes vom 18. 12. 1999:
(Noch Anmerkung vorweg: Das Thema Wasserschlauch war ziemlich wahllos herausgegriffen und die hier vorliegende Fortführung der
Diskussion dieser Frage stellt keineswegs das Ergebnis einer Auslese der größten Schwachpunkte Ihrer Ausführungen dar. Sie können mir
gerne einen Vorschlag machen, welches andere Thema Ihrer Ausführungen Sie als besonders beweiskräftig empfinden, um mir damit für
meinen voraussichtlich übernächsten Brief eine Reihenfolge vorzuschlagen – alles auf einmal geht, wie schon erwähnt, aus zeitlichen
Gründen nicht):
MN: S.3: "Zum Utricularia-Problem…"
(Zu meinem Hinweis:) W-E L: "Alle Evolutionsbiologen sind sich bisher darin einig, dass sich der Fangapparat von Utricularia vom Blatt
ableitet (und nicht von den Wurzeln)(…)"
(Weiter MN:) (1) Doch zeigt die Skizze nicht eindeutig, dass der Fangapparat an den ins Wasser ragenden Wurzeln haftet? (2) Es ist doch
seltsam: Lönnig, der die Existenz phylogenetischer Entwicklung strikt bestreitet, (3) verweist auf Evolutionsbiologen (deren Aussagen er
aber ansonsten verwirft), (4) um meinen Vorschlag bereits im Ansatz zu entkräften. (5) Selbst wenn es so gewesen wäre (was keineswegs
sicher behauptet werden kann), (6) so ließe sich in Anlehnung an meinen Vorschlag selbstverständlich ein analoger Mechanismus für die
Entwicklung aus dem Blatt postulieren" (Hervorhebung im Schriftbild von Ihnen, Nummerierung von mir).
W-E L: Zu Ihrer mehr rhetorischen Frage: (1) "Doch zeigt die Skizze nicht eindeutig, dass der Fangapparat an den ins Wasser ragenden
Wurzeln haftet?" – Ist meine Antwort ein eindeutiges Nein! Denn Utricularia vulgaris hat überhaupt keine Wurzeln! Bei der Gattung
Utricularia handelt es sich um
"terrestrische, halbterrestrische, epiphytische und aquatische Kräuter, ausdauernd bis niedrigwüchsig, mit mehr oder
weniger kurzem, wurzellosem, vertikalem Spross oder horizontalem, (oft) subterranem Rhizom. B l ä t t e r sehr
vielgestaltig, feingeteilt bis ganzrandig, manchmal schildförmig, sitzend bis gestielt mit kleinen, kurz gestielten,
kugeligen bis eiförmigen Blasen (Schläuchen) besetzt. B l ü t e n meist in lockeren, traubigen Blütenständen, selten
einzeln, von verschiedener Größe und Farbe…" (S. J. Casper in: G. Hegi, Bd. VI, Teil 1, 1975, S. 530, –
Hervorhebungen im Schriftbild – wie auch in den folgenden Zitaten – von mir, Sperrungen jedoch im Original).
Da Rhizom "Wurzelstock" bedeutet, könnte das zu Missverständnissen führen. Unter einem Rhizom versteht man eine
"unterirdische, mehr oder weniger verdickte Sprossachse, die sich durch Vorhandensein von meist schuppenartigen
Niederblättern und durch ihre Gliederung deutlich von Wurzeln unterscheidet. Die Rhizome speichern häufig Stärke
und dienen der vegetativen Vermehrung" (Schuber/Wagner: Botanisches Wörterbuch, 9. Aufl. 1988).
G. Wagenitz bemerkt zum Begriff Rhizom in seinem Wörterbuch der Botanik, 1996, S. 318:
178
"Rhizom, Wurzelstock L: rhizoma E: rhizome, rootstock F: rhizome, m. Unterirdischer waagerechter oder
aufsteigender Sprossteil, der oft Speicherfunktion hat und nichtgrüne schuppenförmige Nebenblätter trägt. Weit
kriechende und verzweigte Rhizome können der vegetativen Vermehrung dienen, indem die älteren Teile absterben. Analoge Bildungen bei Laubmoosen (Polytrichales) werden auch als "Rhizom" bezeichnet.
Geschichte: Rhizome wurden zunächst nicht von den Wurzeln unterschieden. EHRHART (1789, S.44) schuf den
Begriff Rhizom, der sich zwar von gr. Rhiza, Wurzel, herleitet, aber von ihm klar als Spross erkannt wurde. Erst
durch LINK (1807) wurde Rhizom allgemein eingeführt."
In McGraw-Hills Dictionary of Bioscience heißt es ähnlich 1997, p. 399:
"rhizome (BOTANY) An underground horizontal stem, often thickened and tuber-shaped, and possessing buds,
nodes, and scalelike leaves."
"Buds, nodes and scalelike leaves" sind Spross (nicht Wurzel-) Merkmale. Solche Rhizome kommen insbesondere bei terrestrischen
Utricularia-Arten vor.
Aber unsere einheimischen Utricularia-Arten, wie Utricularia vulgaris, haben nicht einmal ein Rhizom! Casper fügt generell zur
Beschreibung der Gattung Utricularia hinzu: "Wurzeln fehlen völlig". In gleicher Weise bemerkt Peter Taylor in seiner UtriculariaMonographie (The Genus Utricularia, 1989, p. 6), "Wurzeln fehlen immer".
(Erstaunlicherweise kommen jedoch Rhizoide vor, die man sonst nur bei Flechten, Moosen, Pilzen und den Prothallien der Farne findet, also alles Formen, mit denen Utricularia überhaupt nicht morphologisch verwandt ist. Schubert/Wagner definieren Rhizoide als "haardünne,
zuweilen auch verzweigte, ein- oder mehrzellige, chlorophyllarme oder -freie Zellschläuche, die auf der Unterseite der Moosgametophyten
und selbständig lebender Prothallien der Farnpflanzen entspringen. Ihre Funktion ist vorwiegend die Verankerung im Substrat." Bei
Utricularia minor und U. bremii HEER finden sich "extraaxilläre Sprossungen, sogenannte "Rhizoide" oder "Krallensprosse"
("Rankensprosse"), in 1-5-Zahl, scheinwirtelig gestellt und 3-4 cm lang. Sie sind starre Kurztriebe mit in ihrer Entwicklung gehemmten,
zweizeilig inserierten, blasenlosen Langtriebblättern (Segmenten), die nur 1 bis wenige Millimeter lang und deren klauenartige Endläppchen
mit aufgesetzten Stächelchen versehen sind. Sie dienen zum "Verankern" der Blütenstände an anderen Pflanzen" (Casper, p. 531). Auch U.
vulgaris weist solche Rhizoide auf.)
Und diese beiden Autoren sind damit in völliger Übereinstimmung mit allen Botanikern, die jemals über diese Gattung gearbeitet haben
(zumindest mit denjenigen Forschern, die Wurzeln von einem Rhizom unterscheiden konnten).
Was Sie in der Abbildung des Gesamthabitus von Utricularia vulgaris (nach A. Slack) unter der Wasseroberfläche sehen, sind nicht die
Wurzeln, sondern das Spross und das (fein zerschlitzte) Blattwerk.
Dieser schon für den Ansatz Ihrer Vorschläge grundlegende Punkt sei im folgenden noch weiter dokumentiert.
Casper bemerkt zum Habitus von Utricularia vulgaris unter anderem (S. 537):
"Pflanze im Wasser flutend, zur Blütezeit auftauchend. S p r o s s e nicht in grüne Wassersprosse und farblose
Erdsprosse differenziert, kräftig, dunkelgrün, braungrün bis rötlich, 30-200 (300) cm lang, mit zweizeilig
angeordneten, aber nach allen Seiten hin abstehenden Blättern besetzt. W a s s e r b l ä t t e r groß, 2-8 cm lang, im
Umriss 2-3- bis undeutlich 4lappig, jeder Lappen 1-2fach gefiedert und in viele fadenförmige, randlich stachelspitzige
Endzipfel auslaufend, mit 20-200 rötlichen (da anthozyanhaltigen) Schläuchen besetzt, die 0,7 - 4,5 mm lang und 0,5 3,5 mm hoch sind; die Endzipfel stumpf auslaufend, pro Zipfel 8-16 Sockel mit je 1-5 Stacheln."
Die Fallen sitzen bei Utricularia also direkt an den Blättern.
Im Artenschlüssel heißt es zu den Blättern und Sprossen von U. vulgaris (S. 536):
"Blattendzipfel am Rande borstig bewimpert…Vegetative Sprosse einheitlich, grün, wurzellos, frei schwimmend.
Blatt reich in haarfeine, entfernt borstig gewimperte Endzipfel mit zahlreichen (bis 200) Schläuchen geteilt."
Taylor beschreibt die Blätter der aquatischen Utricularia-Arten (S.10) wie folgt:
"In the aquatic section (of) Utricularia the leaves are, for the greater part, similar to those of the well-known U.
vulgaris and its allies, that is divided in a dichotomous or pinnate manner into more or less numerous capillary
segments (fig. 184/3), which bear apical and usually lateral setulae (fig. 184/6)."
Der größte Pflanzenmorphologe des 20. Jahrhunderts, Wilhelm Troll, bemerkt zu Utricularia in seiner Allgemeinen Botanik (1973, S. 537):
"Saugfallen besitzen die Arten der Gattung Utricularia, u.a. U. vulgaris, eine submerse Wasserpflanze mit fein
gegliederten Blättern, an denen in größerer Zahl blasenartige Organe stehen (Abb.428 I).
Im Strasburger, Lehrbuch der Botanik, lesen wir 1998, S. 199:
179
"Die bei uns in stehenden Gewässern untergetaucht lebenden Utricularia-Arten tragen an zerschlitzten Blättern kleine,
grüne Blasen (Abb. 1-253), mit Wasser gefüllte Schluckfallen."
Ebenso schreibt G. Braun in seiner Arbeit Fleischfressende Pflanzen zu den Merkmalen von Utricularia vulgaris (1992, S. 92):
"Der "Gemeine Wasserschlauch" bildet bis zu 2 m lange Stengel aus. Die Blätter sind groß, vielfach gegabelt. An
jedem Blatt können bis zu 100 Fangblasen auftreten."
Slack hebt (1985, S. 179) zu allen Arten der Gattung Utricularia die Tatsache hervor, "dass sie während ihrer gesamten Lebenszeit keinerlei
Wurzeln ausbilden".
Aber man muss sich nicht einmal unbedingt mit der botanischen Fachliteratur beschäftigen, um sich zur Frage nach der Wurzel-, Blatt- und
Fallenbildung beim Wasserschlauch zu informieren. Im Brockhaus, 1994, Bd. 23, S. 637 lesen wir zu Utricularia u.a. (vgl. ebenso Meyers
Grosses Universallexicon 1986):
"Die stets wurzellosen, tierfangenden Pflanzen haben an ihren Blättern blasenförmige, durch Reusenhaare und einen
Deckel verschließbare Fallen, in denen sich Insekten und Kleinkrebse fangen, wo sie von den Pflanzen verdaut
werden."
Generell werden die Saugfallen der aquatischen Arten an den Blättern gebildet wie die beiliegende Abbildung unserer einheimischen
Utricularia bremii sehr deutlich zeigt (aus Taylor, S. 614). Bei Utricularia vulgaris ist es ganz ähnlich (vgl. die Abbildung aus Slack, S. 180;
Kopien anbei).
Feine, zerschlitzte Blätter kommen übrigens bei zahlreichen ganz unterschiedlichen Gattungen von untergetaucht lebenden Blütenpflanzen
vor (vgl. Kopie der Abb. 5.7 aus Sculthorpe 1967, S. 106). Im Botanischen Garten von München dürften solche und auch Utricularia
vulgaris-Pflanzen vorhanden sein. Am besten Sie sehen sich einmal solche Pflanzen dort näher an (Blütezeit von Utricularia ist von Juni bis
August).
Fazit:
Ihre Bemerkung (1) ("Doch zeigt die Skizze nicht eindeutig, dass der Fangapparat an den ins Wasser ragenden
Wurzeln haftet?") ist eindeutig von den biologischen Tatsachen her zu verneinen.
Bevor Sie nun überhaupt einen naturwissenschaftlich-sachlichen Vorschlag machen können, der bei Utricularia "deutlich" zeigen soll, "dass
auch die Fallenkonstruktion auf kontinuierliche Anpassungsschritte zurückgehen muss" (Ihre Worte aus Brief vom 1. 10. 99), müssten Sie
sich schon etwas genauer mit der Morphologie und Anatomie der Gattung und Art auseinandersetzen. Ohne solche Sachkenntnisse haben
Sie jedoch ein Szenario zur Entstehung Utricularias entworfen, welches ich - in meinem Brief vom 22. 11. 99 detailliert begründet - wie
folgt gekennzeichnet habe (S. 11):
"Dieses Szenario beginnt morphologisch am falschen Organ (Wurzel statt Blatt) und ökologisch an der falschen Stelle
(Flachmoor statt einem oligotrophen Biotop). Die zahlreichen inneren Widersprüche der Ableitung und die nicht
erklärten Details der Entstehung des Fangmechanismus bestätigen erneut, dass auch zahlreiche Evolutionstheoretiker
hier zu Recht ein für den Neodarwinismus bedeutendes Koadaptationsproblem gesehen haben."
Fortsetzung Ihrer Ausführungen:
MN: (2) "Es ist doch seltsam: Lönnig, der die Existenz phylogenetischer Entwicklung strikt bestreitet, (3) verweist auf Evolutionsbiologen
(deren Aussagen er aber ansonsten verwirft), (4) um meinen Vorschlag bereits im Ansatz zu entkräften."
W-E L: Bei diesen Aussagen lassen Sie mehrere Punkte unberücksichtigt:
Zum Punkt (2): Lönnig bestreitet die Existenz phylogenetischer Entwicklung nicht "strikt", sondern nur - von Fall zu Fall, und zwar abhängig
von den biologisch-genetischen Tatsachen - oberhalb der Gattungen, Familien und Ordnungen (zu Ausnahmen und Regeln vgl. die Details in
ARTBEGRIFF, EVOLUTION UND SCHÖPFUNG, 622 S., 3. Aufl. 1993). D. h. ich akzeptiere die Existenz phylogenetischer (horizontalund abwärts-) Entwicklung von buchstäblich Millionen systematischer Arten und Tausenden von morphologischen Gattungen des Tier- und
Pflanzenreichs.
Zum Punkt (3): Da dieser Punkt von grundsätzlich methodologischer Bedeutung ist, werde ich diesen Einwand ebenfalls etwas ausführlicher
diskutieren:
"Lönnig…verweist auf Evolutionsbiologen (deren Aussagen er aber ansonsten verwirft)…"
a) Lönnig verwirft nur die wissenschaftlich unhaltbaren Thesen von Evolutionsbiologen (und Verteidigern der Evolutionstheorie),
d. h. die Thesen, die weder falsifizierbar noch verifizierbar sind und selbstverständlich diejenigen, die schon vom Ansatz her
falsch sind (wie z. B. die Ableitung der Fallen Utricularias von Wurzelknöllchen).
Evolutionsbiologen haben auf der anderen Seite zahlreiche hervorragende (faktische) Entdeckungen auf dem Gebiet der
Anatomie, Morphologie, Physiologie, Entwicklungsbiologie, Genetik, Paläontologie und Tier- und Pflanzengeographie gemacht,
180
die ich selbstverständlich voll und ganz akzeptiere (ich arbeite ja selbst mit zahlreichen Evolutionisten zusammen). Die häufig mit
den Entdeckungen verbreiteten evolutionistisch-unwissenschaftlichen Deutungen der Befunde stehen allerdings auf einem ganz
anderen Blatt.
Was nun eine evolutionistische Ableitung und Entstehung der Saugfalle Utricularias anlangt, haben die meisten
Evolutionsbiologen vollkommen richtig beobachtet, dass die kleinen Tierfallen regelmäßig an den Blättern sitzen (und nicht an
Wurzeln). Weiter haben diese Evolutionsbiologen bei ihren Erklärungsversuchen (aufgrund ihrer Methodik von morphologischanatomischen und physiologischen Ähnlichkeiten auf Abstammung zu schließen und diese wieder mit (weiteren) homologen
Ähnlichkeiten zu begründen) - auch die Anatomie der Wände des Fangapparats berücksichtigt (Zellaufbau ähnlich dem sonstiger
Blätter: Cuticula, Photosynthese in den mit Chloroplasten versehenen Zellen, Leitbündelstruktur und übrige Anatomie an der
Fallenbasis etc.), d. h. also auch die Doppelfunktion der Fallen (Fang- und Laubblattfunktionen) in ihren Erwägungen mit
einbezogen.
Unter Voraussetzung der Richtigkeit der Evolutionstheorie mitsamt der "Ähnlichkeitsmethodik" gibt es bisher ausschließlich
Gründe, eine Ableitung der Kastenfalle Utricularias (kontinuierlich oder diskontinuierlich) vom Blatt vorzunehmen (die Wurzel
entfällt aus oben genannten Gründen).
Aufgrund dieser und weiterer Tatsachen hatte ich zu Ihrem Ansatz "Durch eine zufällige Mutation kam es möglicherweise zur Ausbildung von Gewebswucherungen (vergleichbar dem
Pflanzenkrebs) am Wurzelwerk dieser Pflanzen"
- folgendes angemerkt (S. 3 meines Briefes vom 22. 11. 99): "Alle Evolutionsbiologen sind sich bisher darin einig, dass sich der
Fangapparat von Utricularia vom Blatt ableitet (und nicht von den Wurzeln). (Siehe auch Prof. Nachtweys Kommentar zu
Utricularia.)"
Und desweiteren (ebenfalls S. 3):
"Eine zufällige Mutation, die möglicherweise zur Ausbildung von Gewebewucherungen (vergleichbar dem Pflanzenkrebs) am
Wurzelwerk dieser Pflanzen führte, ist für die Entstehung von Utricularia irrelevant, weil (1.) die Evolutionsbiologen die
Tierfalle aufgrund spezieller anatomischer Merkmale vom Blatt (und nicht von den Wurzeln) ableiten und (2.) solche Mutanten
einen starken Selektionsnachteil aufzuweisen hätten." ("..aufgrund.." nachträglich hervorgehoben.)
Sie können also die Tierfalle nicht von den Wurzeln einer hypothetischen (in einem Flachmoor angesiedelten) Vorform ableiten.
b) Nachtweys Ausführungen zu Utricularia hatten Sie in der Diskussion mit [Prof. K.] mehr als 8 Wochen vor Ihren
Kommentaren vom 18.12.99 vorzuliegen: "Ein normales Blatt, Organ pflanzlicher Assimilation…hat einen kleinen Fangapparat
mit allen mechanischen Einrichtungen gebildet….Nun mögen uns die Darwinisten erklären, wie man sich die Bildung des
Wasserschlauchbläschens aus einem Blattzipfel vorstellen soll."
In meinem Brief vom 22.11.99 habe ich noch einmal auf die evolutionistische Blattableitung Bezug geommen. - Wie gründlich
haben Sie diese Texte studiert?
c) In einem Mord- (und sonstigen) Prozeß verweist jeder Staatsanwalt und Richter auf grundlegende Widersprüche zwischen den
Aussagen des Angeklagten und seinen Verteidigern, insbesondere wenn (nicht obwohl) sie die Hauptaussage des Angeklagten
verwerfen, unschuldig zu sein. Im Falle der Schuld des Angeklagten sind letztlich sowohl die Aussagen des Angeklagten als auch
die der auf "nicht-schuldig" plädierenden Verteidiger falsch.
Stellt sich im Laufe des Prozesses zum Beispiel heraus, dass der Ort, an dem der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat gewesen sein
will, im Widerspruch zu den Ortsangaben der Verteidiger steht - wobei, wenn überhaupt ein Alibi-Ort in Frage käme, nur die
Angaben der Verteidiger zutreffen können - so ist zunächst einmal davon auszugehen, dass der Angeklagte eine falsche Aussage
gemacht hat. (Der Widerspruch sei durch ein Mißverständnis in der Kommunikation zwischen dem Angeklagten und den
Verteidigern oder durch ein Fauxpas des Angeklagten im Prozeß entstanden.)
Oder umgekehrt: Der unschuldige Angeklagte wird auf die Widersprüche (falscher oder irrender) Zeugenaussagen hinweisen,
nicht obwohl, sondern weil er deren Aussagen und Anklagen, der Täter zu sein, "aber ansonsten verwirft". Genau an diesem
Punkt, an den grundsätzlichen Widersprüchen, kann er einhaken, um seine Unschuld zu beweisen. Dabei könnten zunächst die
schon im Ansatz falschen Aussagen widerlegt werden und dann die 'raffinierteren' (d. h. diejenigen, die wenigstens vom Ansatz
her "möglich" erscheinen und die den ersteren widersprechen). Die Methode ist nicht nur völlig legitim, sondern sogar notwendig,
um die wahren Sachverhalte herauszuarbeiten.
c) In dem Ihnen übersandten Buch EVOLUTION - IRRWEG MODERNER NATURWISSENSCHAFT? (4. Aufl. 1999) verweist der
Autor, Herr Dr. Henning Kahle, reihenweise auf die Aussagen von Evolutionsbiologen zu den naturwissenschaftlichen
Schwierigkeiten des Neodarwinismus und der Evolutionstheorie, obwohl er deren Glaubensbekenntnis zur Richtigkeit der
Evolutionstheorie verwirft (wie er häufig selbst anmerkt). Ist diese Methode korrekt? Selbstverständlich! Um die Wahrheit zu
einer umstrittenen Frage herauszufinden, kann man doch zunächst kaum Besseres tun, als diejenigen zu zitieren, die bei ihrer
wissenschaftlichen Arbeit - und zwar ganz im Gegensatz zu ihren Bemühungen, Zielen und Überzeugungen - auf das glatte
Gegenteil des Erhofften gestoßen sind und dabei ehrlicherweise diese Fakten nicht unter den Teppich kehren, sondern klar und
offen ansprechen.
181
Zum Punkt (4): "…um meinen Vorschlag bereits im Ansatz zu entkräften".
Durch die Verwechslung der Blätter Utricularias mit Wurzeln haben Sie Ihren Vorschlag bereits selbst im Ansatz entkräftet.
An dieser Stelle darf ich wieder fragen, ob Sie ehrlich der Überzeugung sind, dass Ihre Ausführungen zur Entstehung der Saugfalle
Utricularias den einleitend genannten Mindestanforderungen einer sinnvollen, wissenschaftlichen Diskussion entsprechen (1. ernsthaft
bemüht sein, seinen Gesprächspartner möglichst gut zu verstehen ; 2. Tatsachen anerkennen, zumal wenn diese leicht nachprüfbar sind; 3.
fachlich wissen, wovon man spricht ; 4. sachliche Einwände formulieren)?
Von jemandem, der sicher ist, dass er nicht nur diese Mindestbedingungen für eine sinnvolle, wissenschaftliche Diskussion erfüllt, sondern
glaubt, mit seinem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und Richtigkeit seiner Ausführungen und Behauptungen weit über seinem
Gesprächspartner zu stehen (und sich in diesem Sinne immer wieder seinem Gesprächspartner gegenüber in herabsetzend-polemischer Weise
äußert), - von dem hätte man wohl erwarten können, dass er sich vor einer weiteren Stellungnahme zum Wasserschlauch mit den Fragen der
Organstrukturen Utricularias und den evolutionistischen Ableitungsmöglichkeiten beschäftigt, um dann möglichst vernünftige, qualifizierte
(d.h. sachlich begründete) Antworten zu geben.
Zu Ihren weiteren Kommentaren: MN: (5) "Selbst wenn es so gewesen wäre (was keineswegs sicher behauptet werden kann), (6) so ließe
sich in Anlehnung an meinen Vorschlag selbstverständlich ein analoger Mechanismus für die Entwicklung aus dem Blatt postulieren."
W-E L: Zum Punkt (5): "Selbst wenn es so gewesen wäre (was keineswegs sicher behauptet werden kann)…": Richtig ist, dass auch die
Ableitung vom Blatt durch Mutation und Selektion naturwissenschaftlich nicht nur keineswegs sicher behauptet werden kann, sondern selbst
auf größte Schwierigkeiten stößt (vgl. dazu Prof. Nachtweys Kommentar). Vielmehr weisen aller Erfahrung nach genial-komplexe,
synorganisierte Systeme und Konstruktionen auch auf den genialen Konstrukteur hin (vgl. Anmerkungen S. 12). Aber wie oben schon im
Detail ausgeführt, gibt es bei der Voraussetzung der Richtigkeit der Evolutionstheorie zur Ableitung des Fangmechanismus von Utricularia
zur Zeit für keinen gut informierten Evolutionstheoretiker eine Alternative zur Blattableitung (etwa in Form der Ableitung von der Wurzel).
Zum Punkt (6): "…so ließe sich in Anlehnung an meinen Vorschlag selbstverständlich ein analoger Mechanismus für die Entwicklung aus
dem Blatt postulieren." - Ja, "selbstverständlich" ließe sich das. Und wenn dann anschließend bewiesen werden kann, dass Ihr 'analoger
Mechanismus für die Entwicklung aus dem Blatt' wiederum von (anderen) grundlegend falschen Voraussetzungen ausgeht und damit
ebenfalls widerlegt ist, dann könnten Sie (wieder "selbstverständlich") einen weiteren Ansatz präsentieren, und nach dessen Widerlegung mit
einem nächsten Vorschlag aufwarten und so weiter ad infinitum (mit anderen Worten: selbst wenn Sie 1000 verschiedene Vorschläge
machen und ich Ihnen dazu 1000 Widerlegungen liefere, können Sie mit dem Vorschlag 1001 fortfahren etc.). Die einzelnen Vorschläge
könnten zwar widerlegbar sein, prinzipiell aber nicht die dahinter stehende Evolutionsauffassung (gleichsam die 'Metaphysik'), - d. h. an
diesem Punkt wird nun mit aller Klarheit deutlich, dass Ihre Evolutionsauffassung grundsätzlich nicht falsifizierbar ist und damit außerhalb
der naturwissenschaftlichen Rahmenbedingungen liegt.
Der tiefere Grund für diese prinzipielle Nichtfalsifizierbarkeit der Evolution an sich liegt bei Ihnen in Ihrer weltanschaulichen Verwurzelung
im Materialismus (denn Sie zählen sich gemäß Ihren eigenen Worten "zu den kritischen Positivisten und Materialisten"; gemäß Ihrer e-Mail
vom 1. 9. 99 mit Ergänzungen am 25. 10. 99). Wird dieses Weltbild als das einzig mögliche und wahre (und damit als absolut sichere
Tatsache) vorausgesetzt (und das ist bei Ihnen derzeit der Fall), dann impliziert das zugleich die "Tatsache der Evolution", und Tatsachen
kann man prinzipiell nicht widerlegen, - Tatsachen kann man nur anerkennen. D. h. von daher muss Ihnen selbst die Frage nach der
Möglichkeit der Falsifikation der Evolutionstheorie letztlich absurd erscheinen (denn Sie wissen ja schon, dass die Theorie wahr ist, d.h. eine
Tatsache beschreibt). Weiter können nach diesem Weltbild biologische und andere Theorien und Tatsachen die "Tatsache der Evolution"
prinzipiell nur bestätigen, aber niemals widerlegen. Denn die Anerkennung auch nur eines einzigen stichhaltigen Gegenbeweises zur
Evolution ohne materialistische Alternative würde Ihr gesamtes materialistisches Weltbild zusammenstürzen lassen.
Ein Weltbild hingegen, welches den göttlichen Urheber aller Dinge, d.h. den Architekten und Gesetzgeber des Universums, anerkennt, hat
diese Schwierigkeit nicht: Diese Überzeugung kann prinzipiell auch mit der Evolutionstheorie leben (z. B. (1) theistische Evolutionstheorie,
(2) anthropisches Prinzip, vgl. Michael Denton 1998: Nature's Destiny). N.: (3) ja (für einige zumindest) sogar mit dem Neodarwinismus,
wie die Auffassung von Kenneth Miller zeigt.
Die Fortsetzung der Detail-Diskussion zu Utricularia habe ich mir für meinen nächsten Brief vorgenommen (das war erst der Anfang). Bis
ich dazu komme, das wird allerdings - wegen des erwähnten Zeitmangels - wieder einige Wochen dauern.
Wie einleitend schon erwähnt, habe ich noch sehr, sehr viel (mehr) zu Ihren Ausführungen, insbesondere auch zu Ihrer (Hinweis auf einen
seiner Aufsätze) zu sagen. Später dazu mehr."
Anmerkungen zur weiteren Diskussion
MN hat daraufhin die Diskussion unter Zurücknahme mehrerer seiner Hauptargumente abgebrochen. Er versäumte es allerdings dabei nicht,
"am Ende" noch mit zahlreichen weiteren unwissenschaftlichen Behauptungen und übelster persönlich-herabsetzender Polemik aufzuwarten
(die ich dem Leser im folgenden - wie schon oben - zumeist erspare). Antworten dazu wollte er offensichtlich nicht mehr hören. Hier einige
Auszüge, die ich mit der Bitte um konstruktive Kritik auch mit weiteren Biologen und Interessenten diskutiert habe (siehe im folgenden die
Kommentare Dr. G. und Dr. H.).
Diskussion der Antworten (Auszüge) von MN auf obige Besprechung seiner Behauptungen zur Entstehung Utricularias:
MN (1): "Wie ich sehe, sind Sie auf das Fallbeispiel "Utricularia" im Rahmen der Typogenese geradezu fixiert."
182
W-E L (1): Das ist etwa so, als ob man zu einem Drosophila-Genetiker (wie z. T. Dobzhansky) sagen würde (oder gesagt hätte): "Wie ich
sehe, sind Sie auf das Fallbeispiel "Drosophila" im Rahmen der Evolutionstheorie geradezu fixiert."
Für die wissenschaftliche Frage nach dem Ursprung der Falle Utricularias helfen Unsachlichkeit und grobe Polemik nicht weiter.
Dr. G zu (1): "Natürlich war der Vorwurf auf Utricularia fixiert zu sein, kein sachliches Gegenargument, sondern ganz offensichtlich
herabsetzend gemeint."
Dr. H. zu (1): "Polemik oder Bösartigkeit ist immer ein Zeichen mangelnder Argumente. Für mich wird jemand in einem solchen
Augenblick so lächerlich, dass ich ihn nicht mehr beachte, ihm aber maximal Vorschläge mache, um ihn zur naturwissenschaftlichen
Diskussion zurückzuholen."
W-E L zum Kommentar von Dr. H.: Dr. H. hat vollkommen Recht. Ich bin jedoch bei meinen Diskussionen generell davon ausgegangen,
dass ich es mit zutiefst ehrlichen Wahrheitssuchern zu tun habe (eigentlich kann ich mir andere Menschen überhaupt nicht vorstellen) (vgl.
weiter Antwort an meine Kritiker).
MN (2): "Dabei ließe sich die Problematik an einer Unzahl anderer Beispiele diskutieren; Junker und Scherer haben dies in ihrem Buch
"Evolution — ein kritisches Lehrbuch" anhand des Fortbewegungsapparates von E.coli und der Fangfalle Nepenthes dargelegt."
W-E L (2): Es ist völlig richtig, dass man die Problematik auch "an einer Unzahl anderer Beispiele diskutieren" kann (womit MN selbst das
ganze Ausmaß der Problematik erkannt hat und impliziert, dass Utricularia nicht etwa nur einen aus dem Rahmen fallenden Spezialfall
bildet).
Wenn man aber einmal einen konkreten Fall wie Utricularia herausgegriffen hat und dann - mitten in der Diskussion - die
Auseinandersetzung um das konkrete Beispiel mit Ablenkungsversuchen und persönlich-herabsetzenden Bemerkungen disqualifizieren und
beenden will, dann erinnert mich das an einen Ausspruch von Reid: "The strength of polemic and level of invective employed by
evolutionists suggested a skeleton in the cupboard." Wie dieses "Skelett" aussieht, wird im Laufe der weiteren Ausführungen von MN noch
deutlich.
MN (3): "Ich für meinen Teil bin in der Zwischenzeit auch nicht untätig gewesen, habe mich ein bisschen in die "Problematik" der
Makroevolution eingearbeitet und möchte Ihnen in meiner beiliegenden Erläuterung neue Argumente dazu liefern. Da es mir in erster Linie
jedoch um die grundlegenden Zusammenhänge der Evolution geht, und wir nicht vom "Hundertsten ins Tausendste" kommen sollten, möchte
ich das Thema Utricularia hiermit abschließend behandeln."
W-E L (3): Naturwissenschaftlich kann man grundlegende Fragen und "Zusammenhänge der Evolution" nur an konkreten Beispielen und
Daten diskutieren: Genau dazu diente u.a. das Beispiel Utricularias. Ich möchte in diesem Zusammenhang an das oben zitierte
Falsifikationskriterium Darwins erinnern:
"Ließe sich das Vorhandensein eines zusammengesetzten Organs nachweisen, das nicht durch zahlreiche
aufeinanderfolgende geringe Abweichungen entstehen könnte, so müßte meine Theorie unbedingt zusammenbrechen."
Auffallend ist nun, dass MN die "grundlegenden Zusammenhänge der Evolution" vom konkret-biologischen Utricularia-Beispiel zu trennen
versucht (und damit im Prinzip auch von "einer Unzahl anderer Beispiele"), um das Utricularia-Beispiel "abschließend" zu behandeln, d.h.
die Diskussion zu beenden. Vom "Hundertsten ins Tausendste" würde man kommen, wenn man - statt ein Musterbeispiel zu Ende zu
diskutieren - laufend von einem Beispiel zum anderen springen würde.
MN (3): "Die Evolution ist viel komplexer, als wir sie bislang diskutiert haben,..."
W-E L (3): Die Frage nach dem Ursprung der Lebensformen ist sogar so komplex, dass man intelligent design nicht grundsätzlich auf der
Basis eines dogmatisch-materialistischen Weltbildes ausschließen darf. Sollten an der Wahrheit interessierte Personen nicht vielmehr ehrlich
und gründlich untersuchen, ob es für intelligent design tatsächlich logisch-sachliche Gründe gibt, und falls das zutrifft, diese dann auch
bereitwillig akzeptieren?
MN (4): "...und die Zersplitterung, bzw. isolierte Betrachtung einzelner, auf linearen Ursachen beruhender Evolutionsprozesse stellt daher
eine illegitime Vorgehensweise der Kreationisten dar, um der Theorie der Bioevolution Grenzen aufzuzeigen."
W-E L (4): Es waren doch nicht "die Kreationisten", die den Absolutheitsanspruch der Synthetischen Evolutionstheorie mit ihren "linearen
Ursachen" behauptet hatten, sondern die Neodarwinisten selbst: "Jede bekannte Lebensform" (Huxley, vgl. Zitate oben) behaupteten sie, mit
ihrem linearen Faktorensystem vollständig erklärt zu haben - unter anderem bislang auch MN. Das war illegitim! Diese den biologischen
Tatsachen widersprechende Verabsolutierung des neodarwinistischen Faktorensystems nun den Kritikern in die Schuhe schieben zu wollen,
ist eine völlige Verkehrung der Tatsachen! Auch das ist illegitim!
Die hier als "illegitime Vorgehensweise von Kreationisten" herabgewürdigte wissenschaftliche Methode der Kritik angesichts des
neodarwinistischen Absolutheitsanspruchs wird übrigens auch von zahlreichen Evolutionstheoretikern gepflegt (vgl. z.B. von Frisch,
Portmann, Bertalanffy, Eccles). Sie alle haben der materialistischen Theorie der Bioevolution Grenzen aufgezeigt.
MN (5): Vielmehr muss das gesamte Spektrum der Mechanismen diskutiert werden, um die Theorie voll würdigen oder in Frage stellen zu
können.
183
W-E L (5): Hier stimme ich vollkommen zu. Und genau das praktiziere ich.
MN (6): Lassen Sie mich dazu am Ende noch einige wesentlich neue Aspekte in unseren Diskurs einbringen" (Hervorhebung im Schriftbild
von MN).
W-E L(6): Wir wollen prüfen, ob diese wesentlich neuen Aspekte die Entstehung des Utricularia-Fangapparates tatsächlich erklären können
(oder ob nicht vielmehr jetzt das "skeleton in the cupboard" sichtbar wird).
MN (7): "Denn wie ich mittlerweile erkannt habe, ist der Mechanismus der additiven Typogenese nicht der einzige evolutive Faktor im
Rahmen der Apogenese und Typenbildung des Lebens" (Hervorhebung im Schriftbild von mir).
W-E L (7): Damit läßt MN den (auch von ihm bisher nachdrücklich behaupteten) Absolutheitsanspruch der Synthetischen Evolutionstheorie
fallen. Zur Frage nach einer Alternative fährt er eine Seite weiter fort:
MN (8): "Tatsächlich besteht keine Notwendigkeit, die Entstehung der Saugfalle von Utricularia, der Fangfalle der Kannenpflanze
Nepenthes oder des Bauplans irgendeines anderen Organismus ausnahmslos durch das gradualistische "Faktorensystem" im Rahmen der
additiven Typogenese erklären zu müssen, wie man leicht feststellen kann, wenn man sich etwas eingehender mit den chaostheoretischen
Ansätzen im Rahmen der Synergetischen Evolutionstheorie beschäftigt hat."
W-E L (8): Die Fallen von den Nepenthes gehören in die Kategorie der Gleit- und Reusenfallen. - Wir möchten sehen, ob man die
Entstehung dieser Fallen tatsächlich nach der Beschäftigung mit chaostheoretischen Ansätzen etc. "leicht feststellen kann". Denn noch in
seinem Brief zuvor hatte mir der Autor nach einem weiteren Vorschlag zur "additiven Typogenese" des Utricularia-Fangmechanismus
geschrieben: "Auch hier ist die Plausibilität additiver Typogenese durch etwas Nachdenken leicht einzusehen", oder mit den weiteren
Worten von MN (Zusammenhang ebenfalls Utricularia-Diskussion):
"Gegenüber der Annahme, eine evolutionsbiologische additive Typogenese habe stattgefunden, ist die Unterstellung eines
unwissenschaftlichen Zirkelschlusses jedoch nicht zulässig, handelt es sich bei der Evolutionstheorie keineswegs um eine nicht
falsifizierbare Weltanschauung, sondern um eine wissenschaftliche und verifizierte Theorie" (Hervorhebung im Schriftbild von MN), oder
(siehe oben): Es zeigt "sich bei Utricularia deutlich, dass auch die Fallenkonstruktion auf kontinuierliche Anpassungsschritte zurückgehen
muss".
Nachdem MN die drei letzteren Behauptungen zum Neodarwinismus fallengelassen hat (und nebenbei zeigt, dass er das Falsifikationsprinzip
nicht verstanden hat), wollen wir uns nun den 'wesentlich neuen Aspekten' zuwenden:
MN (9): "So kommen dort unter Berücksichtigung der Existenz systemeigener Schwellenwerte, bei deren Überschreiten unvermittelte
Wandel ausgelöst werden (die neuen Systemgesetzlichkeiten eines anderen Zustandsattraktors folgen), chaostheoretische Synergien zum
Tragen, die durch evolutionäre Wirkfaktoren, wie Genduplikation, Inversion, Translokalisation und Genfusion ausgelöst werden. So hat es
wahrscheinlich bei Utricularia, Nepenthes etc. überhaupt nie Übergangsformen gegeben, sondern Makroevolution in Form diskreter
Typensprünge, wie man sie bei Pseudomonas fluoreszens oder Drosophila bereits seit geraumer Zeit nachgewiesen hat (zu Pseudomonas,
siehe Science, 284, 2108-2110, 1999, zu Drosophila, Science, 284, 2106-2108, 1999). Damit wurde erstmals auch Makroevolution in Form
von Typensprüngen anhand rezenter Organismen nachgewiesen" (bis auf "unvermittelte Wandel" Hervorhebung im Schriftbild von MN).
W-E L (9): Wenn man die Artikel über Pseudomonas und Drosophila gründlich und kritisch studiert, stellt man sehr bald fest, dass dort
keinerlei neuentstandene komplex-synorganisierte Strukturen beschrieben werden.
Dem Leser dürfte beim obigen Text von MN zunächst auffallen, dass der Faktor "Selektion" zur Erzeugung der nun zahlreichen
(synorganisierten!) komplexen neuen Strukturen eines Utricularia-Fangapparates jetzt völlig entfällt. Das, was der Darwinismus mit
zahlreichen kleinen Schritten - Mutationen mit "slight or even invisible effects on the phenotype" (Mayr) - über die Selektion von tausend
Zwischenformen erklären wollte, soll nun ohne jegliche Zwischenformen (mit einem Schlag!) und ohne Selektion durch einen einzigen
(letzten) Mutationsschritt (siehe unten) direkt ausgelöst worden sein und das "Endprodukt" dann unmittelbar einen Anpassungs- und
Selektionsvorteil in einer bestimmten Umwelt gehabt haben!
Oder anders formuliert: durch eine Genduplikation, Inversion, Translokation oder Genfusion würden schließlich "systemeigene
Schwellenwerte" überschritten, wodurch der "unvermittelte Wandel", der "diskrete Typensprung", der Makroevolutions-Schritt vom Blatt
zu einem ‚fertigen' hochkomplexen, neuen Utricularia-Fangapparat mit allen Raffinessen aufgetreten sei (vgl. Sie bitte zu dieser Behauptung
noch einmal die Abbildung 1 und die Besprechung der anatomischen Details im Text von Robert Nachtwey).
Das gleiche kann MN dann im Prinzip auch für die Entstehung der Nodulation und der Vogelfeder (siehe unten) behaupten, sowie für die
Unzahl ähnlich komplizierter Beispiele.
Wie will der Autor eine solche Behauptung verifizieren? (In seiner zitierten Literatur werden jedenfalls keinerlei vergleichbare
neuentstandene Synorganisationen beschrieben.) - Welche Falsifikationskriterien kann er dafür nennen?
Dr. G zu (9): "Überzeugend wären Messungen oder Tatsachenbefunde für A.'s Behauptungen. So aber bietet er nur Schlußfolgerungen,
denen die zureichenden Prämissen fehlen."
W-E L zu (9): Um seinen Aussagen einen naturwissenschaftlichen Inhalt zu geben, müßte MN definieren, woraus die (für die postulierten
stammesgeschichtlichen Vorfahren Utricularias) behaupteten (a) "systemeigenen Schwellenwerte" (b) (", die neuen Systemgesetzlichkeiten
eines anderen Zustandsattraktors folgen)", und die zum Tragen kommenden (c) "chaostheoretischen Synergien" biologisch-genetisch
bestehen. Wie soll der "andere Zustandsattraktor" z.B. morphologisch-physiologisch und genetisch beschaffen sein? Worin sollen die
184
"systemeigenen Schwellenwerte" etc. bestehen? MN arbeitet mit den eindrucksvollen Wortschöpfungen der synergetischen
Evolutionshypothese, die für einen oberflächlichen Leser vielleicht eine Erklärung vortäuschen, die sich für Utricularia (und ähnliche Fälle)
bei genauerer Betrachtung jedoch ohne konkreten Inhalt erweisen.
W-E L weiter zu (9): Fordert MN für die Entstehung Utricularias nun tatsächlich nur eine einzige Mutation, die den "unvermittelten
Wandel", den "diskreten Typensprung", den Makroevolutions-Schritt vom Blatt zu einem ‚fertigen' hochkomplexen, neuen UtriculariaFangapparat mit allen Raffinessen auslösen soll? Sehen wir uns seine Ausführungen noch einmal ganz genau an:
"So kommen dort unter Berücksichtigung der Existenz systemeigener Schwellenwerte, bei deren Überschreiten unvermittelte Wandel
ausgelöst werden (die neuen Systemgesetzlichkeiten eines anderen Zustandsattraktors folgen), chaostheoretische Synergien zum Tragen, die
durch evolutionäre Wirkfaktoren, wie Genduplikation, Inversion, Translokalisation und Genfusion ausgelöst werden."
Konkret würde das heißen, dass der postulierte Vorfahr Utricularias als Voraussetzung die Existenz der spezifischen systemeigenen
Schwellenwerte (was immer das z.B. physiologisch für den vorliegenden Fall bedeuten soll) bereits aufweisen mußte, bei deren
Überschreiten die (hier biologisch-genetisch nicht definierten) "neuen Systemgesetzlichkeiten" etc. durch Mutationen (wie Genduplikation,
Inversion, Translokation und Genfusion) zum unvermittelten Wandel vom Blatt zur Falle ausgelöst werden sollte.
Versuchen wir einmal den undefinierten Behauptungen MNs einen genetischen Sinn zu geben: Was könnte denn genetisch in diesen
Voraussetzungen zur Existenz systemeigener Schwellenwerte und den "neuen Systemgesetzmäßigkeiten eines andern Zustandsattraktors"
stecken? Was ist bei Utricularia neu und damit als evolutionstheoretische Aufgabe zu erklären?
Neu sind: Die Fangblasenform und -größe mit folgenden Details: (1) Eine für ihre speziellen Aufgaben genau ausgerüstete Verschlußklappe
(Lokalisation, Größe, Form, Elastizität, Spannung - die hier in Klammern aufgeführten Parameter gelten auch für mehrere der folgenden
weiteren Punkte) (2) ein wasserabdichtendes Velum, (3) eine Schwelle (Widerlager), (4) reizbare, auf den Gesamtmechanismus
zugeschnittene, schlanke Sinneshaare, (5) eine Antenne, (6) zweiarmige Drüsenschläuche, (7) vierarmige Drüsenschläuche, (8) der Aufbau
des Unterdrucks (Fangstellung), (9) ein Wasserabsaugmechanismus mit entsprechenden Absaug-, Pump- und Ausscheidungsvorrichtungen
(Drüsenköpfchen außen), (10) die Produktion mehrerer Enzyme (zur rechten Zeit, am rechten Ort in den richtigen Mengen) (11) die
Produktion der Benzoesäure, (12) ein Mechanismus zur Aufnahme der tierischen Eiweißbausteine samt Vorkehrung zur Umwandlung in
arteigenes pflanzliches Eiweiß, und zahlreiche weitere Details (Reduzierung der Photosyntheserate in den zweischichtigen Fallenwänden um
die Hälfte, Gefäßspezialisierungen, Produktion von Lockstoffen etc.).
Diese anatomischen und physiologischen Details beruhen mit Sicherheit auf einem System zahlreicher synorganisierter Genfunktionen, - ein
System, das als Voraussetzung für den letzten Schritt zum "unvermittelten Wandel" und den "diskreten Typensprung" absolut
notwendig wäre. Oder mit den Worten Nachtweys (siehe oben): "Die Bildung des Wasserschlauchbläschens erfordert also das vollendet
harmonische Zusammenspiel vieler verschiedenartiger Gene und Entwicklungsfaktoren."
Die gesamte Evolution zu den hypothetischen systemeigenen Schwellenwerten müßte demnach zunächst "unsichtbar" (d.h. ohne Selektion
von zahlreichen phänotypisch sich manifestierenden Zwischenstufen) abgelaufen sein - bis schließlich dieser "Schwellenwert" mit allen
seinen systemtheoretischen Voraussetzungen erreicht war, so dass eine weitere Mutation das Überschreiten zum unmittelbaren Wandel
auslösen konnte.
Nach meinem Verständnis ist die Entwicklung eines solchen koadaptierten und synorganisierten Gensystems ohne die Selektion
phänotypischer Zwischenformen (die hier, wie oben geschildert, für den Bauplan und die Grundfunktionen der Falle dem Darwinisten die
größten Schwierigkeiten bereiten) noch unwahrscheinlicher als die neodarwinistische Erklärung selbst (falls überhaupt noch eine Steigerung
möglich ist).
Richard Dawkins schreibt zur Wahrscheinkeit des Auftretens von Großmutationen 1996, pp. 88/89 unter anderem (Climbing Mount
Improbable) (wir werden gleich sehen, inwiefern diese Ausführungen auch für den Vorschlag von Herrn A relevant sind):
"Organisms are extremely complicated and sensitively adjusted pieces of machinery. If you take a complicated piece
of machinery, even one which is not working all that well, and make a very large, random alteration to its insides, the
chances that you will improve it is very low indeed.
…A small random change may improve it; or, if it makes matters worse, it will still not move too far from the correct
arrangement. But a very large random change has the effect of sampling the gigantic set of all possible
rearrangements. And the vast majority of all possible arrangements are wrong.
…Turning to living creatures, I wrote in The Blind Watchmaker that however many ways there may be of being alive,
it is certain that there are vastly more ways of being dead…If you think of all possible ways of arranging the bits of an
animal (or a plant*), almost all of them would turn out to be dead; more accurately they'd mostly never be born. Each
species of animal and plant is an island of workability set in a vast sea of conceivable arrangements most of which
would, if they ever came to existence, die" (*Hinweis in Klammern von mir, kursiv von Dawkins).
Die "very large, random alteration" bestände nach der Synergetischen Evolutionstheorie für den Utricularia-Fangmechanismus zunächst
(und scheinbar) nur aus dem letzten Mutationsschritt, der den hypothetischen Schwellenwert (siehe oben) überschreiten würde. Um diesen
"genetischen Schwellenwert" jedoch überhaupt erreichen zu können, bedürfte es einer (diesem letzten Schritt vorausgehenden) langwierigen
Evolution eines komplexen, synorganisierten Gensystems durch zahlreiche mehr oder weniger große Mutationsschritte im Genom des
Organismus, - Mutationsschritte, die zu 99% ohne phänotypische Manifestation in Richtung auf das "Endprodukt" wären.
D. h.: ohne Phänotypen wären diese zahlreichen Mutationsschritte selbst nicht selektioniert und die Wahrscheinlichkeit im Sinne eines
Sprunges zu einem völlig neuen funktionierenden Bauplan "in a vast sea of conceivable arrangements" (in dem sich, auf das Genom
185
bezogen, unselektionierte Mutationsschritte in allen Richtungen anhäufen würden), entspräche schließlich der von Dawkins aufgeführten
geringen Wahrscheinlichkeit of "a very large random change" im Genom mit allen Konsequenzen (um es zu wiederholen): "But a very large
random change has the effect of sampling the gigantic set of all possible rearrangements. And the vast majority of all possible arrangements
are wrong" …"however many ways there may be of being alive, it is certain that there are vastly more ways of being dead" (etc. siehe
Dawkins).
Auch der Versuch, genetische Präadaptationen zur Entstehung der Falle Utricularias zu postulieren, wäre ein wenig aussichtsreiches
Unterfangen: Welche sich nicht phänotypisch manifestierende Präadaptation könnte zum Beispiel im voraus 1) die für ihre speziellen
Aufgaben genau ausgerüstete Verschlussklappe (Lokalisation, Größe, Form, Elastizität, Spannung - Details in Klammern gelten auch wieder
für die nächsten Punkte:), (2) das wasserabdichtende Velum, (3) die Schwelle mit allen Details (Widerlager) und viele weitere anatomische
und physiologische Einrichtungen (siehe oben) bestimmen?
Ich meine, dass MN zum Teil Recht hatte, wenn er mir im Brief zuvor (vom 18.12.99) zum Utricularia-Thema schrieb:
"Allenfalls "Saltationisten", "Existentialisten" oder einige weitgehend isolierte Evolution"isten" können 1999 noch an
Koadaptationseffekte und die Existenz bzw. Notwendigkeit unvermittelt auftretender "Makromutationen" im Rahmen
der Evolutionsbiologie glauben, doch seriös werden diese Ansätze heute von der großen Mehrheit der
Wissenschaftler nicht mehr diskutiert" (Schriftbild von MN).
Was es jedoch sicher gibt, ist eine sprunghafte "Abwärtsentwicklung" = Degeneration, auch "regressive Evolution" genannt. Wahrscheinlich
gibt es auch eine mehr oder weniger sprunghafte "Horizontalentwicklung" (d.h. ohne die Entwicklung neuer synorganisierter Strukturen) Details vgl. Artbegriff und unten Diskussion mit Dr. B..
MN (10): Wie Sie beim Nachprüfen sehen werden, ist unsere Diskussion über die Frage "Makroevolution — ja oder nein?" eine reine
Luftnummer, der "Streitfall" längst zugunsten von Evolution entschieden…"
Dr. G zu (10): "Vernunft und Tatsachen entscheiden - nicht die Rhetorik."
W-E L (10): Die "reine Luftnummer" besteht ausschließlich aus den unzureichenden evolutionstheoretischen Behauptungen des MN.
Ich kenne keinen "Streitfall", der aus der Sicht bestimmter Evolutionstheoretiker nicht schon "längst zugunsten der Evolution" entschieden
wäre. Bei diesen Evolutionisten aber ist die Evolution nicht nur eine Theorie, sondern eine unumstößliche Ideologie, die prinzipiell nicht
mehr falsifiziert werden kann. (Ich kenne erfreulicherweise aber auch eine ganze Reihe nicht-dogmatischer Evolutionstheoretiker, die
naturwissenschaftlichen Argumenten zugänglich sind.)
MN (11): Doch abgesehen von diesem Punkt, muss doch einmal ganz klar hervorgehoben werden, dass sich aus noch offenen Detailfragen
ohnedies sowieso keine Falsifikationskriterien ableiten lassen, sofern sie nicht grob der Theorie widersprechen; ich denke, wenigstens
soviel sollte man bezüglich wissenschaftsmethodischer Argumentation voraussetzen dürfen" (Hervorhebungen im Schriftbild wieder von
mir).
W-E L (11): Mit dieser Argumentations-Methode kann man jegliche falsche Theorie vollkommen gegen ihre Widerlegung immunisieren.
Man behauptet grundsätzlich, dass es sich bei allen Punkten, die nicht grob gegen eine solche Theorie sprechen (und solche gibt es im Falle
der Evolution für viele Theoretiker prinzipiell nicht!), um offene Detailfragen handelt, die entweder gar nicht oder nur in der Zukunft lösbar
seien.
Für die neodarwinistisch-kontinuierliche Erklärung bilden in unserem konkreten Utricularia-Fall die tausend (funktional meist
fragwürdigen) Zwischenformen die "offenen Detailfragen", und für die Synergetische Evolutionstheorie bestehen die "offenen Detailfragen"
in der fragwürdigen Entwicklung eines komplex-synorganisierten Gensystems ohne funktional-phänotypische Zwischenformen zur
Erreichung des postulierten Schwellenwerts. Für eine lamarckistische Erklärung bestehen die "offenen Detailfragen" in der noch
unbekannten Vererbung durch Gebrauch und Nichtgebrauch unbekannter Funktionen und Strukturen etc.. Alle drei Erklärungen können
jedoch nicht zugleich richtig sein, aber alle drei kann man mit dem Argument der "offenen Detailfragen" gegen jegliche Widerlegung
immunisieren. Ich bin zuversichtlich, dass die meisten Leser nachvollziehen können, warum nach meinem Verständnis solche Erklärungen
unzureichend sind.
Dr. G zu (11): "A. irrt komplett! Offene Fragen sind immer Anlass der Forschung, die zu drei möglichen Ergebnissen führt: Bestätigung der
Theorie - Unbeantwortbarkeit der Frage - oder Falsifikation. Wenn eine offene Frage sich mit den Postulaten einer Theorie nicht lösen lässt,
dann ist die Theorie falsifiziert und man muss fragen, welche andere Theorie die Frage löst.
Die komplexen Zusammenhänge, die wir in der Biologie erkennen können, sind sehr zutreffend mit der Theorie einer intelligenten Planung
beschreibbar (erklärbar) - das evolutionistische Erklärungsmodell versagt hier vollständig."
MN (12): Aus diesem Grund ist jedwede Spekulation über die Bildung der Saugfalle von Utricularia sinnlos und ich bedauere es, mich auf
diese Ihre Fallstricke eingelassen zu haben" (Hervorhebungen im Schriftbild wieder von mir).
Dr. G zu (12): "Das ist unsachlich und herabwürdigend! Anstatt des Vorwurfs der Spekulation sollte MN sagen, wie erwiesenermaßen die
Bildung der Saugfalle zu erklären ist, aber bitte kein evolutionistisches Credo!"
W-E L (12): Charakterisiert MN mit Punkt (12) nicht selbst seine bisherigen Lösungsvorschläge als 'sinnlose Spekulationen'?
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Wer des weiteren berechtigte, naturwissenschaftliche Einwände gegen eine Theorie als "Fallstricke" bezeichnet, zeigt zumindest, dass
er - ganz im Gegensatz zu seinen nachdrücklichen Behauptungen - diese nicht zufriedenstellend beantworten kann. Oder schärfer
formuliert: Der materialistische Allerklärungsanspruch des MN ist an den biologischen Tatsachen gescheitert (und es sei an dieser Stelle
wieder hervorgehoben, dass Utricularia für zahlreiche weitere komplexe Beispiele steht). Im übrigen darf ich noch einmal daran erinnern,
dass MN sich bei mir gemeldet hat (und nicht ich bei ihm) und mit Nachdruck um diese Diskussion ersucht hat.
Statt meines Satzes zum materialistischen Allerklärungsanspruch schlug Herr Dr. H. vor: "Es gibt demnach biologische Tatsachen, die einer
naturwissenschaftlichen Erklärung durch Evolution widersprechen." MN geht es jedoch um vielmehr als diesen Punkt. A. ist motiviert vom
Totalitätsanspruch seines materialistischen Weltbildes, das in der Biologie jedoch auf deutliche Grenzen stößt - weshalb ich diese Frage hier
ansprechen möchte.
Zur Frage nach weiteren Evolutionstheorien sei eine aufschlussreiche Bemerkung zum Neolamarckismus erwähnt (ein Ansatz, der u. a. vom
oben zitierten Robert Nachtwey diskutiert wurde). Nachtwey bekennt offen, dass man auch mit "Vererbung erworbener Eigenschaften"
komplexe Apparaturen im Organismenreich nicht erklären kann. So schreibt Nachtwey beispielsweise nach der Diskussion des eigenartigen
Saugnapfes beim Schiffshalter (Echeneis remora):
"Kann etwa der Lamarckismus diese Umkonstruktion einer Rückenflosse erklären? Darauf ist zu antworten, dass der
Lamarckismus niemals den Anspruch erhoben hat, alle Entwicklungserscheinungen der Organismen zu erklären. Wohl
aber hat der Darwinismus von Weismann bis Heberer diesen Totalitätsanspruch geltend gemacht."
Auch zu Utricularia hat Nachtwey keinen lamarckistischen Erklärungsversuch vorgelegt.
Und schließlich sei noch eine weitere Stimme zu Utricularia zitiert: "Ich kann das auch nicht erklären, aber der Darwinismus ist trotzdem
richtig" (so ein Professor für Botanik in Berlin).
Dr. G zu obigem Satz: "Das ist ein ideologisches Glaubensbekenntnis, aber keine naturwissenschaftliche Erkenntnis."
Weiter W-E L: Wenn nun die evolutionistischen Theorien bei einem so hochkomplexen und bis ins letzte Detail durchkonstruierten
Utricularia-Fangapparat allesamt bisher versagt haben — dann darf wohl auch die Frage wiederholt werden, ob Mendel, von Gärtner, Linné
und andere nicht doch Recht hatten mit ihrer Schlussfolgerung, "dass der Species feste Grenzen gesteckt sind, über welche hinaus sie sich
nicht zu ändern vermag."
Utricularia vulgaris L.
Links: Aus Deutschlands Flora in Abbildungen (1796) von Jacob und Johann Georg Sturm: Siehe http://caliban.mpizkoeln.mpg.de/sturm/flora/screen/Sturm10063.jpg
Foto rechts von Martin Mach (2006): Siehe http://www.mikroskopie-muenchen.de/utricularia.html
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Wolf-Ekkehard Lönnig
Die Evolution der
karnivoren Pflanzen:
Was die Selektion nicht leisten kann
– das Beispiel Utricularia (Wasserschlauch)
Diskussion von Einwänden zum Teil 1
TEIL 4 (24./27. April 2011)
Muss jeder vernünftige, naturwissenschaftlich orientierte Mensch an die
Evolution (einschließlich der der karnivoren Pflanzen) glauben? Seit
Jahrzehnten wird diese Frage fast uneingeschränkt wie folgt beantwortet 264:
"When he [Darwin] finished, the fact of evolution could be denied only by an abandonment
of reason.”—Life Nature Library, "Evolution,” p. 10.
"It is not a matter of personal taste whether or not we believe in evolution. The evidence for
evolution is compelling.”—"Evolution, Genetics, and Man,” p. 319, Dobzhansky.
"Its essential truth is now universally accepted by scientists competent to judge.”—"Nature
and Man's Fate,” p. v, Hardin.
"The establishment of life's family tree by the evolutionary process is now universally
recognized by all responsible scientists.”—"A Guide to Earth History,” p. 82, Carrington.
"No informed mind today denies that man is descended by slow process from the world of
the fish and the frog.”—"Life” magazine, August 26, 1966, Ardrey.
"It has become almost self-evident and requires no further proof to anyone reasonably free of
old illusions and prejudices.”—"The Meaning of Evolution,” p. 338, Simpson.
"There is no rival hypothesis except the outworn and completely refuted one of special
creation, now retained only by the ignorant, the dogmatic, and the prejudiced.”—"Outlines of
General Zoology,” p. 407, Newman.
Die Antwort auf die Frage, ob nicht nur jeder Naturwissenschaftler, sondern
überhaupt jeder vernünftige Mensch an die (Makro-)Evolution und damit auch
an die der Karnivoren glauben muss, wäre demnach uneingeschränkt zu bejahen.
"Autoritätsbeweise" zählen jedoch in der Forschung nicht, sondern nur echte
reproduzierbare naturwissenschaftliche Beweise. Oben haben wir im Detail
anhand von 162 Einzelpunkten ausgeführt, dass genau diese Beweise für unsere
Thematik – die Evolution der karnivoren Pflanzen – fehlen und dass überdies
die heutigen Evolutionstheorien an der synorganisierten Komplexität etwa des
Fangmechanismus (der Saugfalle) von Utricularia scheitern. Fast die gesamte
evolutionstheoretische Argumentation zu den karnivoren Pflanzen hat sich
264
Box THE "TYRANNY OF AUTHORITY” USED BY EVOLUTIONISTS, Awake! 22 September 1981, p. 21; ähnliche Zitate in den
Ausgaben vom Januar 1990 und September 2006; siehe weiter den Beitrag von Robert Schmidt (2006): "Götter und Designer bleiben
draußen…": http://www.weloennig.de/RobertSchmidtDesigner.html, Lönnig 2001/2007: http://www.weloennig.de/Utricularia.html und 2010
http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf,, sowie die Einleitungen zu meinen naturwissenschaftlichen Vorträgen unter http://www.unserauge.de/intelligent-design-hypothese/intelligent-design_ursprungsfrage_der_biologie.html, insbesondere vielleicht http://www.unser-auge.de/intelligent-
design-hypothese/intelligent-design_kassel_1.html.
188
Punkt für Punkt als (zumeist mit nachweislich falschen Tatsachen und/oder
unzureichender Methodik arbeitende) pure Pseudowissenschaft erwiesen
(unverifiable speculations und Zirkelschlüsse). Alle gut informierten Forscher
und Denker wissen, dass die entscheidenden Schritte in der postulierten
Evolution von Utricularia nicht nur völlig ungeklärt sind, sondern massive
Probleme für die Synthetische (und andere Evolutions-)Theorie(n) beinhalten.265
"If arguments fail to resist analysis, assent should be withheld, and a wholesale
conversion due to unsound argument must be regarded as deplorable.” – W. R.
Thompson. Für die Entstehung der Lebensformen bietet vielmehr die IntelligentDesign-Theorie einen realistischen Ansatz zu einer überzeugenden Antwort in
der Biologie (vgl. pp. 118, 155-157).
In diesem Beitrag möchte ich mich kurz mit einigen Fragen und Einwänden
zur vorliegenden Arbeit auseinandersetzen, die von allgemeinem Interesse sein
dürften (einige Themen wie "Artaufspaltung" wurden jedoch schon früher ausführlich
behandelt und werden hier nicht wiederholt; vgl. Lönnig http://www.weloennig.de/Artbegriff.html: 622 pp.)
Implizit gehört dazu auch eine Analyse der oft fragwürdigen Strategien und
Argumentationsmethoden, mit der heutzutage viele Autoren die (Makro-)Evolution
zur Tatsache erklären wollen.
Die persönliche Frage vorweg nach meiner (natürlich von meinen Kritikern 266 ebenfalls wiederholt
und massiv in Frage gestellten) Motivation, möchte ich mit dem folgenden kleinen Bekenntnis
beantworten: Es ist die Liebe zur Wahrheit, zu meinen Mitmenschen und zu einer möglichst
vorurteilsfreien, erkenntnisoffenen Naturwissenschaft, einer Naturwissenschaft, die nicht von
vornherein und dogmatisch auf den philosophischen Materialismus festgelegt ist (was heute jedoch
generell der Fall zu sein scheint). Was mich betrifft, so schrieb Prof. Dr. Helmut Viebrock 267, GoetheUniversität Frankfurt am Main, einmal dem Studenten W-EL: "Ich halte Sie für ungewöhnlich begabt;
Ihre Begabung ist in einer tiefer angesiedelten Gerechtigkeit und Integrität begründet, gefährdet ist
sie durch starke Ablenkungen… Ich … wünsche Ihnen die Möglichkeit, in Konzentration Ihre Gaben
und die damit gegebenen Aufgaben zu verwirklichen." Ich hoffe und bete, dass die "starken
Ablenkungen" durch zweifelhafte Aussagen zum Thema Evolution mir zugleich die Möglichkeit
eröffnet haben (und weiterhin eröffnen), eine bedeutende Aufgabe zu verwirklichen: Aufklärung eines
interessierten und für rationale Argumente und Tatsachen aufgeschlossenen Publikums zum
Fragenkreis Evolution, intelligentes Design und Schöpfung.
1. Bevor wir zu biologischen Detailfragen übergehen, vielleicht ein Wort zur
generellen Frage, ob es wirklich lohnt, sich so ausführlich mit den
Behauptungen des (wenn auch stark) im Internet vertretenen Chemieingenieurs
M. Neukamm (MN) zu beschäftigen, dem es mehr um die Rechtfertigung seines
materialistischen Weltbilds als um die Biologie geht 268: Dazu sei zunächst
festgestellt, dass – 'even at the risk of dignifying his highly misinformed further
answers' 269 – seine Grundhaltung und daraus resultierende Antworten für die
vieler weiterer Zeitgenossen und sensu lato auch des Zeitgeistes überhaupt steht
265
Ja, die Probleme sind sogar so tiefgreifend, dass einige Personen behaupten, die Klärung der Einzelschritte sei ja keinesfalls das Anliegen
des von mir oben im Detail analysierten Unterkapitels zu Utricularia.
266
Siehe z. B. http://www.weloennig.de/Antwort_an_Kritiker.html
267
Brief vom 26. 10. 1969.
268
"Für ihn ist die Darwinsche Evolutionstheorie eine Ersatzreligion, die es gegen jegliche (also auch sachliche) Kritik zu verteidigen gilt" Georg Menting, vgl. weiter die Fußnote 205, p. 117, insbesondere auch die Ausführungen zu MNs Umgangsmethoden.
269
Formulierung in Anlehnung eines Beitrags von Casey Luskin (2009): http://www.evolutionnews.org/2009/05/does_any_critic_out_there_unde020491.html. Die
Ambivalenz eines solchen Unterfangens wurde jedoch schon vor etwa 3000 Jahren von König Salomo im Buch der Sprüche, Kapitel 26,
Verse 4 und 5 beschrieben (siehe dazu eine moderne Übersetzung wie die NW: "Antworte … nicht …/Antworte … damit").
189
und erstaunlicherweise selbst für die führender kirchlicher Kreise, die seine
atheistische Publikationstätigkeit sogar noch materiell unterstützen (siehe unten).
Zur materialistischen Motivation ist weiter zu sagen, dass diese genauso auf
zahlreiche Biologen zutrifft (Dawkins, Kutschera, Matzke, Myers, Olson und
viele andere). Wenn darüber hinaus auch noch qualifizierte Biologen durch die
suggestive Rhetorik eines MN systematisch fehlinformiert und irregeführt
worden sind 270 und wenn selbst der Biologe Hubert Rehm, von 2000 bis 2010
mit Kai Herfort Verlagsleiter und Mitherausgeber des Laborjournals, "ein
Gelehrter", "ein wandelndes Geschichtsbuch, ein Mathematiker, ein
Biochemiker", "ein außergewöhnlicher Schreiber", "ein Stilist", der sich durch
"investigativen Journalismus" ausgezeichnet hat 271, völlig unkritisch akzeptiert,
dass nicht nur die Saugfalle des Wasserschlauchs 272, sondern auch der
Flagellenapparat 273, der Aronstab, das Auge 274 etc., nun von MN und Mitautoren
ganz im Sinne der Synthetischen Evolutionstheorie überzeugend erklärt sei 275,
und – wie oben schon angedeutet – MN inzwischen mit weiteren fragwürdigen
und falschen Behauptungen zu den Karnivoren 276 aufgewartet hat, ist es
vielleicht nicht ganz unpassend, mit einigen ergänzenden Fakten und
Argumenten diesen völlig unrealistischen Eindruck noch weiter zu korrigieren.
Und wem es um die Auffassungen von Biologen mit höheren akademischen
Graden an biologischen Institutionen geht, so besteht in der vorliegenden Arbeit
ebenfalls kein Mangel: Wurden oben doch auch ausführlich die Thesen von
promovierten Biologen und (meist auch) Professoren wie Barthlott,
Porembski, Müller, Fischer, Juniper, Robins, Joel, Schmucker, Linnemann,
Slack, Remane, Taylor, Rivadavia, Kutschera, Blondeau, Jobson und vieler
weiterer zitiert und diskutiert, von den Biologen Schneckenburger und Sikorski
sowie anderen, die die Behauptungen Neukamms unterstützen, einmal ganz
abgesehen.
2. Zur Abwehr des von mehreren ausgezeichneten Biologen vorgetragenen
Zirkelschlusseinwands behauptet MN, der Genetiker W-EL hätte den
Vaterschaftstest nicht verstanden, denn der Ähnlichkeitsbeweis der
Evolutionstheorie sei genauso sicher wie dieser. Dieser Einwand wurde jedoch –
was die Sicherheit evolutionärer Schlussfolgerungen aus anatomischen und vor
allem genetischen Ähnlichkeiten anlangt – schon auf den Seiten 56 und 125
behandelt und widerlegt. Ich bitte den interessierten Leser dazu die ausführliche
Fußnote auf der Seite 125 mit den zahlreichen Daten genau zu checken.
270
Vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf (insbesondere pp. 79 und 100).
- wie ihn seine Kollegen von der Redaktion beschreiben; siehe Laborjournal 7-8/2010, p. 3.
272
- die in weniger als 1/1000stel Sekunde 'zuschnappt' (Vincent et al. 2011, ähnlich Arzt 2008; nach Slack 2006, p. 104 "in something in the
region of a ten-thousandth to fifteen-thousandth of a second".
273
Vgl. zum Flagellenapparat die differenzierten Ausführungen unter http://www.evolutionnews.org/2011/03/michael_behe_hasnt_been_refute044801.html und
Scherer 2010 http://www.evolutionslehrbuch.info/teil-4/kapitel-09-04-r01.pdf
274
Vgl. dagegen die Arbeiten von Lönnig: http://www.weloennig.de/AuIn.html, Ullrich, Winkler und Junker http://www.sijournal.de/index2.php?artikel=jg13/heft1/sij131-1.html und Ullrich http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=sij/sij151/sij1514.html sowie Berlinski http://www.discovery.org/a/1416 und dazu die ausführliche Diskussion unter http://www.discovery.org/a/1509
275
Vgl. Laborjourmal 12/2009, pp. 54-55: "Die Reduktion des Irreduziblen"; siehe auch das Zitat oben pp. 108/109.
276
- von den mehr als zweifelhaften ad-hominem-[gegen eine Person gerichteten]Attacken einmal ganz abgesehen.
271
190
(Kernpunkt nach Rokas et al. (2005): "Despite the amount of data and the
breadth of taxa analyzed, relationships among most metazoan phyla remained
unresolved.” Ähnliche Aussage siehe übernächste Seite.)
Zur weiteren Bestätigung einige Zitate aus dem Beitrag Bäumchen, wechsel
Dich! vom Laborjournal-Chefredakteur Ralf Neumann (nicht zu verwechseln
mit MN) 3/2010, p. 49. Nach Hinweis, dass man sich bis vor kurzem einig war,
"dass die Flusspferde zu den Paarhufern (Artiodactyla) gehören", stellt er fest,
dass der Stammbaum auf der Basis einer ganzen Reihe von 18S-rRNA- und
DNA-Sequenzähnlichkeiten jedoch heute völlig anders aussieht: "Die haben
plötzlich völlig neue Verwandte. Denn nach den neuen molekularen Daten
sind einige Paarhufer wohl näher mit den Walen verwandt als mit den übrigen
Vertretern der eigenen Gruppe – allen voran eben die Flusspferde." – Ein
schönes Beispiel für die häufigen Widersprüche zwischen morphologischen und
molekularen Stammbäumen. Und er fährt fort (die meisten Hervorhebungen hier
und in den folgenden Zitaten von mir, kursiv hier jedoch von R. N.):
"Schön, wenn die Vergleiche so vieler verschiedener Sequenzen immer wieder
denselben Baum ergeben. Denn das ist eher selten der Fall. Auch hier ein Beispiel:
1997 schlugen Anna Marie Aguinaldo et al. vor, dass die Vorläufer der Gliederfüßler
(Arthropoda) – die Panarthropoda, zu denen auch Bärtierchen und Stummelfüßer
gehören – nicht mit den Ringelwürmern zu den sogenannten Articulata
zusammengefasst gehören. Aus ihren umfangreichen 18S-rRNA-Sequenzvergleichen
schlossen die Autoren vielmehr, dass im Gegensatz zu diesem Articulata-Konzept die
Panarthropoda zusammen mit den Cycloneuralia (zu denen auch die Nematoden
gehören) einen ganz anderen Überstamm bilden – nämlich die Häutungstiere oder
Ecdysozoa. Klar, dass jede Menge Forscher diesen Zwist mit neuen Sequenzanalysen
beizulegen versuchten. Jedoch, mit teilweise skurrilen Ergebnissen. 2005 erschienen
etwa in ein und derselben Ausgabe von Mol. Biol. Evol. zwei Artikel zum Thema
– der eine stützte mit neuen molekularen Daten das Ecdysozoa-Konzept (Bd. 22,
S. 1246), die Sequenzvergleiche des anderen widerlegten es (Bd. 22, S. 1175). Einer
der beiden Artikel muss also zum falschen Schluss gekommen sein. Bis heute lässt
sich nicht sagen welcher." 277
Auch die systematischen Widersprüche zwischen den Stammbäumen der
Cytochrom B- und Cytochrom C-Gene werden erwähnt.
Zwischenfrage: Ist der Vaterschaftstest (genauer der Abstammungsnachweis
oder DNA parentage test) tatsächlich so unsicher wie die phylogenetischen
Ableitungen? 278
Hier einige weitere Beispiele, die Casey Luskin zusammengestellt hat 279. Er
schreibt am 2. 4. 2011 u. a. 280:
277
278
http://www.laborjournal.de/rubric/archiv/domfac/bellbio/schoen_10_02.pdf
Zur Rechtfertigung der widersprüchlichen Stammbäume zur Makroevolution gibt es dann auch jede Menge z. T. auch vom
Evolutionstheoretiker R. Neumann aufgeführte nicht oder kaum nachprüfbarer evolutionärer Deutungen: evolutionäre Tempounterschiede
für spezifischen Anpassungen, Konvergenzerscheinungen, einige Gene eignen sich schlecht zur Konstruktion phylogenetischer Bäume etc.
Können solche Überlegungen, die in der Regel die Gesamtevolution wieder als nicht hinterfragbare Theorie voraussetzen, tatsächlich die
vielen erstaunlichen Widersprüche erklären? Gibt es vielleicht eine bessere Erklärung für diese Phänomene?
279
Ein paar Punkte davon wurden schon auf der Seite 125 oben erwähnt; Schriftbild von mir verändert.
280
http://www.evolutionnews.org/2011/04/who_misrepresented_who_a_respo045471.html (Schriftbild zumeist von mir.)
191
"If one takes a time to read the technical literature in evolutionary biology and systematics,
one finds that it's extremely common for phylogenetic trees to contradict one another. In
particular, molecular trees often conflict with one another, or conflict with trees based upon
morphology. One gene gives you one version of the tree of life, and another gene will yield an
entirely different version of the tree281. All of this shows that genetic similarity is appearing in
places not predicted by common ancestry. An excellent discussion of this problem can be
found here. Many papers have reported on this problem. Here is a sample of 10 papers
discussing sharp conflicts between molecular trees:
– James H. Degnan and Noah A. Rosenberg, Gene tree discordance, phylogenetic inference and
the multispecies coalescent, Trends in Ecology and Evolution, Vol. 24(6) (March, 2009). This paper
notes that: "A major challenge for incorporating such large amounts of data into inference of species
trees is that conflicting genealogical histories often exist in different genes throughout the genome."
– Michael S. Y. Lee, Molecular phylogenies become functional, Trends in Ecology and
Evolution, Vol. 14(5): 177-178 (May, 1999). This paper observes that "the mitochondrial cytochrome
b gene implied...an absurd phylogeny of mammals, regardless of the method of tree construction. Cats
and whales fell within primates, grouping with simians (monkeys and apes) and strepsirhines
(lemurs, bush-babies and lorises) to the exclusion of tarsiers. Cytochrome b is probably the most
commonly sequenced gene in vertebrates, making this surprising result even more disconcerting."
– Mushegian et al., Large-Scale Taxonomic Profiling
Comparison of Orthologous Proteins Encoded by the
Genomes, Genome Research, Vol. 8:590-598 (1998). This
generate different phylogenetic tree[s]" when one looks at
groups.
of Eukaryotic Model Organisms: A
Human, Fly, Nematode, and Yeast
paper explains that "different proteins
the phylogenetic trees of major animal
– Rokas et al., Conflicting phylogenetic signals at the base of the metazoan tree, Evolution and
Development, Vol. 5(4):346-359 (2003). This study recounts conflicts in the metazoan tree, stating:
"The robust reconstruction of metazoan history has proven to be a difficult task."
– Rokas et al., Animal Evolution and the Molecular Signature of Radiations Compressed in
Time, Science, Vol. 310:1933-1938 (December 23, 2005). This paper acknowledges that that "[t]he
phylogenetic relationships among most metazoan phyla remain uncertain." Again, the problem lies
in the fact that trees based upon one gene or protein often conflict with trees based upon other genes.
Their study employed the many-gene technique, and yet still found that "[a] 50-gene data matrix does
not resolve relationships among most metazoan phyla."
– Antonis Rokas and Sean B. Carroll, Bushes in the Tree of Life, PLoS Biology, Vol 4(11):18991904 (November, 2006). This paper offers a striking admission of deficiencies in the tree of life,
acknowledging that "a large fraction of single genes produce phylogenies of poor quality," observing
that one study "omitted 35% of single genes from their data matrix, because those genes produced
phylogenies at odds with conventional wisdom." What about the technique of simply adding more
data? They suggest that "certain critical parts of the TOL may be difficult to resolve, regardless of
the quantity of conventional data available." This means that the excuse that problems exist because
of "insufficient amounts of available sequence data" is not panning out and more data is not fixing the
discrepancies. The paper suggests that "[t]he recurring discovery of persistently unresolved clades
(bushes) should force a re-evaluation of several widely held assumptions of molecular systematics."
Rokas and Carroll are Neo-Darwinists, and thus one assumption they unfortunately do not re-evaluate
is common descent. They suggest the problems can be fixed by using less studied types of molecular
characteristics--in short, they appeal to new untried techniques. Perhaps the inability to construct
robust phylogenetic trees using molecular data is because common descent is not the answer.
– Nardi et al., Hexapod Origins: Monophyletic or Paraphyletic?, Science, Vol. 299:1887-1889
(March 21, 2003) This paper finds that the molecular data indicated that six-legged arthropods, or
281
Selbst die verschiedenen Exons von ein und demselben Gen können zu widersprüchlichen Stammbäumen führen; Anm. von W-EL (so
geschehen in einer Dissertation, die ich hier nicht näher nennen möchte).
192
hexapods -- i.e. insects -- are not monophyletic, a striking conclusion that differed from virtually
all previous wisdom. As the article stated "Although this tree shows many interesting outcomes, it
also contains some evidently untenable relationships, which nevertheless have strong statistical
support."
– Cao et al., Conflict Among Individual Mitochondrial Proteins in Resolving the Phylogeny of
Eutherian Orders, Journal of Molecular Evolution, Vol. 47:307-322 (1998) This paper finds that
molecular-based phylogenies conflicted sharply with previously established phylogenies of major
mammal groups, such as ferungulates, rodents, and primates. The article concludes this
anomalous tree "is not due to a stochastic error, but is due to convergent or parallel evolution.
– Mindell et al., Multiple independent origins of mitochondrial gene order in birds,
Proceedings of the National Academy of Sciences USA, Vol. 95: 10693-10697 (Sept. 1998). This
paper describes the difficulties encountered when evolutionary biologists have tried to construct a
phylogenetic tree for the major groups of birds using mitochondrial DNA. Trees based upon such
mtDNA molecules have conflicted with traditional notions of bird relationships. Strikingly, they even
find "convergent" similarity between some bird mtDNA and the mtDNA of distant species such as
snakes and lizards. The article suggests bird mtDNA underwent "multiple independent originations,"
with their study making a "finding of multiple independent origins for a particular mtDNA gene order
among diverse birds."
– Finally, a 2009 article in New Scientist titled, Why Darwin was wrong about the tree of life,
states: "For a long time the holy grail was to build a tree of life," says Eric Bapteste, an evolutionary
biologist at the Pierre and Marie Curie University in Paris, France. A few years ago it looked as
though the grail was within reach. But today the project lies in tatters, torn to pieces by an onslaught of
negative evidence. Many biologists now argue that the tree concept is obsolete and needs to be
discarded. "We have no evidence at all that the tree of life is a reality," says Bapteste. According to
the article, the basic problem is that one DNA sequence would yield one tree, while another
sequence would yield a different tree: The problems began in the early 1990s when it became
possible to sequence actual bacterial and archaeal genes rather than just RNA. Everybody expected
these DNA sequences to confirm the RNA tree, and sometimes they did but, crucially, sometimes they
did not. RNA, for example, might suggest that species A was more closely related to species B than
species C, but a tree made from DNA would suggest the reverse. For the record, this is not the kind of
data expected under common ancestry. The article discusses proposals attempting to save common
ancestry, largely entailing ad hoc appeals to a process called lateral gene transfer, where bacteria swap
genes, thereby muddying any phylogenetic signal. Yet the article observed that conflicts between trees
occurs even among higher branches of the tree of life where such gene swapping is not observed to
take place, stating: "More fundamentally, recent research suggests that the evolution of animals
and plants isn't exactly tree-like either." Among these higher branches, the article found that
"The problem was that different genes told contradictory evolutionary stories." This led one scientist
to admit that even among these relationships of higher organisms, "We've just annihilated the tree of
life." Likewise, as the first paper cited above from Trends in Ecology and Evolution stated,
"conflicting genealogical histories often exist in different genes throughout the genome."
This is the sort of data that runs counter to the nested hierarchy predicted by common descent. How
does this data interface with intelligent design? ID is not incompatible with common descent, and ID
is certainly not incompatible with finding patterns of traits that fit within a nested hierarchy. When
designers design various structures using 'variations on a theme,' such structures can often be classified
as a nested hierarchy. However, designers also can re-use parts in a way that is not required to fit a
nested hierarchy. When we find re-usage of parts in a way that cannot be explained by a
phylogenetic tree and common descent, this is the sort of data we might expect under intelligent
design, but not common descent. And in fact we find much data that is not predicted by common
descent. As this short discussion has shown, there's a lot of data that fits into that category.
Some other data that does not fit neatly with common descent include:
(1) Phylogeny and biogeography often disagree.
(2) Phylogeny and paleontology often disagree.
(3) Transitional fossils are often missing (or the "predicted" transitional fossils fall apart on closer inspection).
193
(4) "Homologous" structures often have different developmental pathways or different structures often have
"homologous" developmental pathways.”
Soweit Casey Luskins' Zusammenstellung und Anmerkungen zu den
Widersprüchen phylogenetischer Bäume, die man übrigens noch ausführlich mit
den oft unterschiedlichen Ergebnissen ergänzen könnte, die durch die
verschiedenen methods of tree construction (distance methods, parsimony
methods, maximum likelyhood, Bayesian approaches) bedingt sind. Dazu würde
auch eine kritische Diskussion der Problematik der basic assumptions sowie
unterschiedlicher Korrekturmethoden gehören (mehrere wesentliche Punkte zum
Thema hat Prof. Jeffrey H. Schwartz, University of Pittsburgh, schon sehr gut
herausgearbeitet; siehe seinen Beitrag Molecular Systematics and Evolution
(2006): http://www.pitt.edu/~jhs/articles/molecular_systematics.pdf; siehe weitere seiner
gründlichen, sachkritischen Beiträge unter http://www.pitt.edu/~jhs/publications.html).
Zurück zum Vaterschaftstest:
"In a DNA parentage test, the result (called the 'probability of parentage') is 0% when the
alleged parent is not biologically related to the child and the probability of parentage typically
greater than 99.9% when the alleged parent is biologically related to the child.” 282
Nun stelle sich der Leser einmal vor, die Verfechter der Methode des DNAVaterschaftstests (Abstammungsnachweis, paternity test, Überbegriff DNA
parentage test) müssten statt der erwarteten 99,9% Sicherheit für konkrete Fälle
(oder zum großen Teil auch ganz allgemein) Folgendes eingestehen:
"Conflicting genealogical histories often exist in different genes throughout the genome”,
"the mitochondrial cytochrome b gene implied...an absurd family tree for the child (grouping
his possible fathers with cats and whales) regardless of the method of tree construction,”
”different proteins generate different family tree[s], i. e. different fathers", "the robust
identification of the child's father has proven to be a difficult task." "[t]he relationship to most
possible fathers remain uncertain","more data is not fixing the discrepancies”, "the child is not
monophyletic (i. e. has not only one but several different fathers), a striking conclusion that
differed from virtually all previous wisdom,…which nevertheless has strong statistical
support", "this paper finds that molecular-based family trees conflicted sharply with
previously established male parents”, "they find convergent similarity between some of the
child's mtDNA and the mtDNA of distant species such as snakes and lizards”, "we have no
evidence at all that the family tree is a reality,"….”one DNA sequence would yield one tree,
while another sequence would yield a different tree”, "more fundamentally, recent research
suggests that the family tree of the child isn't exactly tree-like either", "the problem was that
different genes told contradictory stories to identify the father."
Könnte es vielleicht zutreffen, dass MN den gravierenden Unterschied
zwischen der 99,9 prozentigen Sicherheit des DNA-Vaterschaftstests sowie der
282
Ganz seltene Ausnahme (um die 30 Fälle unter zig Millionen): Chimären, die jedoch letztlich ebenfalls eindeutig genetisch verstanden
werden können (vgl. http://abcnews.go.com/Primetime/story?id=2315693 "In human biology, a chimera is an organism with at least two
genetically distinct types of cells -- or, in other words, someone meant to be a twin. But while in the mother's womb, two fertilized eggs fuse,
becoming one fetus that carries two distinct genetic codes -- two separate strands of DNA.”
194
DNA-Forensik (>99%) im Gegensatz zu der oft völligen Unsicherheit
phylogenetischer Rekonstruktionen nicht nachvollziehen kann?
Stellen wir aufgrund solcher Daten kurz fest: Wenn (a) der DNAVaterschaftstest sowie (b) die Ergebnisse der DNA-Forensik genauso unsicher
wären wie die phylogenetischen Bäume, dann würde kein Gericht dieser Welt
mehr (a) einen genetischen Vater dingfest machen können (ein Kind könnte
dann z. B. gleich mehrere genetische Väter haben) und (b) könnten Kriminelle
auch nicht mehr annähernd sicher mit dieser Methode identifiziert werden.
Der Vaterschaftstest und die DNA-Forensik 283 liegen also auf einer völlig
anderen Erkenntnis- und Nachweisebene als die oft widersprüchlichen
Phylogenie-Rekonstruktionen.
Der Vaterschaftstest liegt innerhalb der genetischen Artgrenzen, die
Rekonstruktion der hypothetischen Stammbäume außerhalb. D. h. wir wissen
aus der Erfahrung, dass Stammbäume innerhalb der Arten auf Tatsachen
beruhen können (zum Artbegriff vgl. Lönnig 2002 http://www.weloennig.de/Artbegriff.html). Außerhalb
der Artgrenzen fehlt dieser empirische (sowie Zeugen-) Nachweis völlig. Als
Beispiel eines sicheren Stammbaums sei hier das Fürstenhauses Sachsen-GothaAltenburg zitiert:
Vereinfachter Stammbaum des Fürstenhauses Sachsen-Gotha-Altenburg. Quelle:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/7/75/Sachsen-Gotha-Altenburg.jpg
Die evolutionäre Behauptung hingegen, dass das Fürstenhaus Sachsen-GothaAltenburg von ausgestorbenen Spitzmäusen abstammt, ist nicht nur
wissenschaftlich nicht beweisbar (von den grundsätzlich fehlenden
283
In der forensischen Medizin wird selbstverständlich kein Zirkelschluss aufgrund von Ähnlichkeiten praktiziert, sondern hier liegt eine über
99 prozentige Sicherheit aufgrund des genetischen Fingerabdrucks zur Feststellung der Identität (nicht der Ähnlichkeit) vor (Fehlerquote in
den Jahren 1998-2002 bei 0,4 – 0, 7 %; siehe http://www.biospektrum.de/blatt/d_bs_download&_id=973596). "Allerdings ist ein alleiniger "DNABeweis" unter juristischen Aspekten für eine Verurteilung nicht ausreichend." … "Wie jedes Verfahren hat auch die forensische DNA-Analyse Grenzen" - E.
Reuss 2008, pp. 709 und 710 (http://www.biospektrum.de/blatt/d_bs_download&_id=973596). Weitere Erhöhung der Sicherheit durch ergänzende
Verfahren zur Identifikation eines Täters mit in der Regel anschließenden Schuldbekenntnissen, oft begleitet von Zeugenaussagen.
195
Zeugenaussagen einmal ganz abgesehen), sondern beruht auf der fragwürdigen
Voraussetzung der in der vorliegenden Arbeit ausführlich referierten
Zirkelschlussmethode mit all ihren widersprüchlichen Ergebnissen (die Methode
kurz zusammengefasst: morphologisch-anatomische Ähnlichkeit – außerhalb der
Arten – beruht auf realgenetischer Verwandtschaft, "bewiesen" mit weiteren
solchen und anderen Ähnlichkeiten wie biochemisch-molekularen Daten, allen
voran mehr oder weniger ähnlichen DNA-Sequenzen).
Ich möchte hier noch einmal betonen, dass sich nicht nur die Stammbäume aufgrund
der verschiedenen Methoden untereinander häufig widersprechen, sondern dass oft
auch noch ein und dieselbe Methode zu widersprüchlichen Ergebnissen führt (weiteres
Beispiel: Ableitung der Wirbeltiere von nahezu allen Gruppen der Wirbellosen; vgl.
http://www.weloennig.de/mendel13.htm).
3. Um die (Makro-)Evolutionstheorie vor ihrer Falsifizierung durch
Feststellung ihrer unzureichenden Methodik und ihrer widersprüchlichen
Ergebnisse zu retten, wird behauptet, dass sie sich auf "Mechanismen und
Grundannahmen" stütze, "die unabhängig von der Evolutionstheorie
überprüfbar und wohl bestätigt sind. Das der evolutionären Interpretation
zugrunde liegende Schema entspricht der hypothetisch-deduktiven "Methode",
nach der in allen Naturwissenschaften verfahren wird" (MN, von ihm fett hervorgehoben).
Wenn die Schlussfolgerungen und Ergebnisse der Evolutionstheorie
tatsächlich unabhängig überprüfbar wären statt auf einem potenzieren
Zirkelschluss zu beruhen – wieso kommt man dann mit der Theorie laufend zu
widersprüchlichen Ergebnissen? Was sollen diese Mechanismen und
Grundannahmen sein?
Mechanismen: Sämtliche bekannten (und vielleicht noch unbekannten)
Mechanismen der "Vererbung und Variation", "die
vielschichtigen
Mechanismen der Variation, z. B. Genduplikation und Genmutation, der
Vererbung und Selektion" etc. bleiben im Rahmen der Mikroevolution. Ich hatte
Behe dazu schon auf der Seite 82 oben wie folgt zitiert – eine
zusammenfassende Aussage, die von MN ignoriert wird:
"Indeed, the work on malaria and AIDS demonstrates that all possible unintelligent processes in the cell –
both ones we've discovered so far and ones we haven't – are at best of extremely limited benefit, since no such
process was able to do much of anything. It's critical to notice that no artificial limitations were placed on the
kinds of mutations or processes the microorganisms could undergo in nature. Nothing – neither point mutation,
deletion, insertion, gene duplication, transposition, genome duplication, self-organization, selfengineering, nor any other process yet undiscovered – was of much use."
Siehe
weiter
meine
folgenden
peer-reviewed papers von
2007 http://www.weloennig.de/Dollo-1a.pdf,
http://www.weloennig.de/ShortVersionofMutationsLawof_2006.pdf,
http://www.globalsciencebooks.info/JournalsSup/images/Sample/FOB_4(SI1)1-21o.pdf.
2006
2010
Es gibt keine unabhängige Bestätigung der (Makro-)Evolutionstheorie
durch Mechanismen (etwa für die Aussage: das Fürstenhaus Sachsen-GothaAltenburg stammt von ausgestorbenen Spitzmäusen ab). Die Behauptung, die
Theorie sei durch Mechanismen unabhängig überprüfbar und "wohl bestätigt",
196
beruht auf materialistischem Wunschdenken und hat mit den Realitäten nichts
zu tun. Zur Selektionstheorie siehe die Ausführungen in der vorliegenden Arbeit
und unter http://www.weloennig.de/NaturalSelection.html. Der Kaiser ist nackt.
4. Hypothetisch-deduktive Methode: Nachdem man mit der historisch
primär anvisierten und hier tatsächlich naturwissenschaftlich weitgehend
beweiskräftigen induktiven Methode (Beweise ad oculus: Reproduzierbarkeit
angenommener Evolutionsprozesse (in ähnlicher Form), mutative Erzeugung
neuer Arten und höherer systematischer Kategorien, Bildung neuer Organe und
Baupläne; vgl. http://www.weloennig.de/NeoA.html), mit der man ursprünglich die
Abstammungsglehre begründen wollte (das erste genetische Journal hieß
Zeitschrift für Induktive Abstammungs- und Vererbungslehre; siehe die
Diskussion dazu unter http://www.weloennig.de/Popper.html), systematisch gescheitert ist,
beruft man sich als letzten Rettungsversuch auf die hypothetisch-deduktive
Methode unter der Vorgabe des methodologischen Naturalismus, mit der man
die Gesamtevolution als einzig mögliche Option schlicht und einfach (und völlig
unbewiesen) voraussetzt und mit der man auf die oben genannte eigentlich zu
erbringende Beweislast praktisch völlig verzichten kann, ohne jemals die Frage
geklärt zu haben, ob die Methode in dieser Form zur Wahrheitsfindung in der
Ursprungs- und Evolutionsfrage der Biologie überhaupt anwendbar und
beweiskräftig ist. Die Methode (als unantastbares und nicht testbares Dogma)
schließt von vorherein Intelligenz, Geist, Weisheit, Design und Designer absolut
aus und weist sogar die Frage nach der Wahrheitsfindung ab 284 ("Even if all the
data point to an intelligent designer, such a hypothesis is excluded from science
because it is not naturalistic” – vgl. http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf).
Mit diesen unabdingbaren naturalistischen Voraussetzungen kann man
folgendermaßen vorgehen, wobei die Intuition noch eine ganz besondere Rolle
spielt 285:
1.
Gather data (observations about something that is unknown, unexplained, or new)
[Dieser Punkt sei jedoch nach mehreren Autoren schon durch vorgegebene Theorien, Vorstellungen, Erwartungen und die
Intuition stark beeinflusst und damit nicht wirklich objektiv möglich.]
2. Hypothesize an [exclusively materialistic] explanation for those observations.
3. Deduce a consequence of that explanation (a prediction). Formulate an experiment to
see if the predicted consequence is observed.
4. Wait for corroboration. If there is corroboration, go to step 3. If not, the hypothesis is
falsified. Go to step 2. (http://en.wikipedia.org/wiki/Hypothetico-deductive_model)
284
Die endlos repetierte Aussage, die hypothetisch-deduktive Methode und damit die Naturwissenschaft
überhaupt könne grundsätzlich nur zu vorläufigen Ergebnissen führen (womit der Einwand vom Zirkelschluss
gegenstandslos sei), steht dabei im schärfsten Gegensatz zur stereotyp-suggestiv wiederholten Behauptung, die
(Makro-)Evolution sei eine absolut sichere Tatsache, die kein vernünftiger Mensch mehr bezweifeln könne etc.
(vgl. oben die einleitende Zitate zur hier vorliegenden Diskussion von Einwänden). Es geht also beim Thema
Evolution nicht nur um hypothetische Erklärungen ohne Anspruch auf Realität, sondern um die Realität und
die Tatsachen selbst. Auf dieser Ebene fehlen jedoch die Beweise und hier gilt der oben diskutierte
Zirkelschlusseinwand.
285
Siehe im Folgenden; es gibt jedoch weitere Ansatzpunkte und Deutungsmöglichkeiten und scheinbar mehrere
strittige Punkte in dieser Beschreibung der hypothetisch-deduktiven Methode, auf die ich hier jedoch nicht
weiter eingehen möchte.
197
Man untersuche mit dieser Methodik (unter grundsätzlichem Ausschluss von
Design) etwa die Entstehung der Gemälde in den Galerien des Louvre. Klar
kann man damit endlos tolle Evolutionsgeschichten ohne Design und Designer,
ohne Genies, Künstler und Architekten, ohne Ziel, Entwurf, Plan und Geist
erfinden. Mit den Realitäten allerdings hätte das nichts mehr zu tun (vgl. weiter
die Diskussionen unter http://www.weloennig.de/RSGID1.html, http://www.weloennig.de/RSGID2.html und
http://www.weloennig.de/RSGID3.html.)
Ralf Neumann hat in einem seiner Beiträge Schöne Biologie betitelt "Intuitive
Irrtümer" die Bedeutung der Intuition in den modernen Naturwissenschaften
inklusive ihrer hypothetisch-deduktiven Methode wie folgt hervorgehoben 286:
[Zitat nach Einstein:] "Höchste Aufgabe der Physiker ist also das Aufsuchen jener
allgemeinsten elementaren Gesetze, aus denen durch reine Deduktion das Weltbild zu
gewinnen ist. Zu diesen elementaren Gesetzen führt kein logischer Weg, sondern nur
die auf Einfühlung in die Erfahrung sich stützende Intuition." Oder der US-Physiker
Richard Feynman, der in seinen "Vorlesungen über Physik" die Intuition als absolut
notwendig beschreibt, "um aus den Hinweisen die großen Verallgemeinerungen zu
finden; um die wunderbaren [...] Gesetzmäßigkeiten hinter den Dingen zu erraten und
danach durch das Experiment zu prüfen, ob wir richtig geraten haben." Entsprechend
fasste der US-Mathematiker Raymond Wilder 1967 in Science (Bd. 156, S. 605-10)
zusammen: "Die Hauptrolle der Intuition ist es, für eine konzeptionelle Basis zu
sorgen, welche die Richtung für die weitere Forschung vorgibt. Sie liefert somit einen
"educated guess", der sich im Nachhinein als richtig, aber auch als falsch entpuppen
kann."
Worauf R. Neumann einige Beispiele für intuitive Irrtümer und ihre
Verbesserungen aufführt.
Wenn aber in der Intuition eines Materialisten zusammen mit der "reinen
Deduktion" (Einstein) realistische Ansätze mit Telos (Ziel) und Design auch in
der Evolutionsfrage grundsätzlich ausgeschlossen sind, dann können die
Lebensformen auch niemals auf eine intelligente Ursache zurückgeführt werden,
selbst dann wenn das nachweislich der Fall ist (vgl. dazu Beispiele von
Rammerstorfer 2006 und 2010). Der Hinweis auf die hypothetisch-deduktive
Methode, die die Abstammungslehre (Makroevolution) unabhängig überprüfbar
und rechtfertigen soll, entpuppt sich bei etwas genauerer Betrachtung als pure
materialistische Dogmatik.
Zusammenfassend können wir also feststellen, dass weder die behaupteten
Mechanismen (wie Mutation und Selektion) noch die hypothetisch-deduktive
Methode mit ihren materialistischen Grundannahmen und entsprechender
Intuition (unter prinzipiell-dogmatischem Ausschluss von intelligentem Design)
die (Makro-)Evolution unabhängig überprüfbar machen und bestätigen.
Vielmehr steckt in beidem – sowohl in den (völlig zu Unrecht) ad infinitum
extrapolierten Mechanismen als auch in der Methode – die naturalistische
Evolutionstheorie als einzig mögliche und damit alternativlose Erklärung für
286
Laborjournal 5/2009 http://www.laborjournal.de/rubric/archiv/domfac/bellbio/schoen_09_05.pdf
198
den Ursprung der Lebensformen schon drin. Man vermeidet "die Falsifizierung
um jeden Preis" und hat damit in dieser Frage die empirische Wissenschaft
aufgegeben (Popper; vgl. wieder http://www.weloennig.de/Popper.html). Das heißt heute
Naturalismus
und
hypothetisch-deduktive
Methode
zum
Thema
Evolutionstheorie. Das folgende Wort von Prof. Walter Höres, Freiburg, gilt
auch für den vermeintlich gesicherten wissenschaftstheoretischen Ansatz der
heutigen Evolutionstheorie:
"[Der Darwinismus] ist und bleibt die größte Zumutung an den menschlichen Geist, die die
Neuzeit, ja vielleicht die ganze abendländische Geschichte jemals erlebt ha[t]. Die
Herausforderung, die Wunder der organischen Welt damit zu erklären, dass sie "von selbst"
entstanden seien."
Lässt man hingegen das Dogma der im Prinzip schon vollständig naturalistisch
erklärten Makroevolution fallen, dann zeigen sowohl zahlreiche empirische als
auch mathematisch-theoretische Ansätze und Schlussfolgerungen die Grenzen
der Extrapolationsmöglichkeiten der Mikroevolution-Mechanismen auf (vgl. z.
B. Axe 2004, 2010, Dembski und Marks 2009, Gauger und Axe 2011, Junker
2008, 2009a, 2009b, 2010a, 2010b, Lönnig 1976/2003, 2005, 2006, 2010,
Luskin 2011 287) und sprechen überdies eine deutliche Sprache für intelligentes
Design (die Offenheit der wissenschaftlichen Methoden für Design
einschließlich der induktiven sowie der hypothetisch-deduktiven ohne
materialistische (Ausschluss-)Dogmatik dabei vorausgesetzt; vgl. wieder die
Diskussionen unter http://www.weloennig.de/RSGID1.html ff. und hier pp. 118, 155-157).
5. Wenn die Aussagen der Evolutionstheorie unabhängig durch Mechanismen
und Grundannahmen überprüfbar wären, dann fragt man sich, warum so viele
Biologen und andere Vertreter der Evolutionstheorie schon seit Jahrzehnten
immer wieder darauf hinweisen, dass die Frage nach dem "Ob" der Evolution
"logisch völlig unabhängig und getrennt von der Frage nach dem "Wie" zu
behandeln" ist (MN). Denn das "Wie" – das gibt man zu – weiß man in aller
Regel nicht. Als Student ist mir diese Trennung von "ob" und "wie" schon
regelmäßig in den 1960er Jahren begegnet. Man weiß zwar nicht wie, wo, wann
und warum sich eine komplexe Struktur "von selbst" entwickelt haben soll, aber
dass sie sich allein aufgrund der uns bekannten materiellen (physikochemischen)
Gesetzlichkeiten entwickelt habe, das sei absolut sicher.
Wäre die hypothetische (Makro-)Evolution direkt beobachtbar und
reproduzierbar, d. h. würden solche Prozesse direkt vor unseren Augen ablaufen
und wir wüssten nur die Ursachen dafür nicht (oder noch nicht), dann könnte
man dieser Trennung ruhig folgen (das "Ob" wäre klar, nur das "Wie" wäre noch
weiter zu erforschen) und die Frage nach dem "Ob" der Evolution wäre dann
"logisch völlig unabhängig und getrennt von der Frage nach dem "Wie" zu
behandeln".
287
http://www.evolutionnews.org/2011/03/a_closer_look_at_one_scientist045311.html (Der Text wird zum Teil schon auf Seite 118 zitiert.)
199
Tatsächlich aber kennen wir zur postulierten (Makro-)Evolution weder das
"Ob" (es ist niemals beobachtet worden – etwa die Transformation von
ausgestorbenen Spitzmäusen zu Giraffen, Tigern, Bären, Elefanten, Walen und
Menschen) noch das "Wie" (kontinuierlich oder diskontinuierlich; die genauen
ökologischen, physikochemischen Ursachen und speziellen Abläufe).
Der Aktualität halber erinnere ich dazu an einen Gedankengang von Friedrich
Andermann 288, der diesen Punkt im Rahmen einer weiteren Standartentgegnung
zur Immunisierung der Evolutionstheorie gegen jegliche Widerlegung ("aber
bedenken Sie doch die Wirkung der Zeit") wie folgt veranschaulicht hat:
"Rein logisch spielt die Zeitfrage beim Problem der Artbildung überhaupt keine Rolle. Ob sie rasch
oder langsam vor sich geht, ist nebensächlich. Vorerst muß sie als Tatsache überhaupt erwiesen
sein. Würde uns die Erfahrung etwa zeigen, dass sich ein Schaf im Laufe von zwei oder drei
Generationen in ein Nashorn umwandeln kann, so müßten wir das als Tatsache hinnehmen, nicht
weniger begreiflich wie jede andere Metamorphose in der Natur (die wir in keinem Falle wirklich
"verstehen"). In der individuellen Entwicklung, von der allein es wirkliche Erfahrung gibt, verlaufen
die einzelnen Phasen der Metamorphose mit verschiedener Geschwindigkeit. Die Schmetterlingslarve
behält ihre Form lange Zeit hindurch bei, ohne auffällige Veränderungen durchzumachen. Tritt sie aber
ins Puppenstadium, so verläuft die weitere Umwandlung zur Imago sehr rasch, gleichsam über Nacht.
Wüßten wir nicht, daß der flatternde Schmetterling mit den prächtigen Flügeln einmal ein häßlicher
Wurm [es gibt auch schöne Raupen, Anm. von WEL] war, und würde nicht diese Verwandlung vor
unseren Augen vor sich gehen, wir glaubten bestimmt nicht daran und würden eine solche Behauptung
für ein Märchen halten.
Wie töricht ist doch der Mensch, der da glaubt, es müsse in der Natur genau so hergehen, wie er es
sich vorstellt. Gerade das Beispiel von der Umwandlung der Larve in die Imago zeigt uns sehr deutlich,
daß die Natur keinesfalls den Weg der allmählichen Evolution gehen muß, wie ihn die
Entwicklungstheoretiker ihr vorschreiben. Und in gewissem Sinne kann man hier sagen, daß zwei Arten
auseinander entstehen, ohne daß sie die geringste Ähnlichkeit miteinander haben. Was zwingt uns also
zur Annahme, daß eine Art nur aus einer ihr ähnlichen entstehen muß, und - was wissen wir überhaupt
davon, wie Arten in der Natur entstehen?"
"Wenn nun wirklich in der Natur die Tendenz bestünde, die niederen Arten in die höheren zu
überführen, so hätte sie bis jetzt reichlich Gelegenheit gehabt, es uns zu zeigen. Merkwürdig genug, daß
sie es während der ganzen geschichtlichen Beobachtungszeit nicht getan hat. Und so ist es von
vornherein eine faule Angelegenheit, wenn man zu "unendlich langen" Zeiträumen und zu einer
unkontrollierbaren Vergangenheit Zuflucht nehmen muß. Wir sehen immer wieder denselben Versuch,
logische Schwierigkeiten dadurch abzuschwächen, indem man das Problem verschiebt und sich auf die
Wirkung der Zeit hinausredet."
Wie kommt man dann aber zur Behauptung, dass das "Ob" der Evolution als
Tatsache so absolut sicher sei als wäre man doch dabei gewesen und als wären
bereits alle Ursachen mit Mutation, Isolation, Selektion etc. unter
grundsätzlichem Ausschluss von Design im Prinzip schon bekannt (nur die
speziellen Abläufe für die konkreten Fälle kenne man noch nicht)?
Historisch verhält es sich doch genau umgekehrt. Erst als man mit der
Selektionstheorie glaubte, die naturalistische Antwort auf die Frage nach dem
"Wie" gefunden zu haben, hat sich die Evolutionstheorie in Biologenkreisen
weitgehend durchgesetzt. Obwohl diese Antwort nun in den letzten 150 Jahren
aufgrund widersprechender paläontologischer, morphologisch-anatomischer,
biochemischer, genetischer und weiterer Daten in weiten Bereichen der Biologie
288
http://www.weloennig.de/Gesetz_Rekurrente_Variation.html
200
wieder fragwürdig geworden ist, hält man dogmatisch an der (Makro-)Evolution
als "erwiesene Tatsache" fest. Mit anderen Worten: In der Ohnmacht, das
Postulat eines innerlich denkbar unwahrscheinlichen rein materialistisch
deutbaren (Zufalls-) Prozesses, der niemals beobachtet wurde289 (und der auch nach der
Theorie grundsätzlich unbeobachtbar ist; vgl. Dokumentation unter http://www.weloennig.de/Gesetz_Rekurrente_Variation.html speziell die
), dem zahlreiche Daten grundlegend widersprechen
und der damit naturwissenschaftlich widerlegt ist, aus weltanschaulichatheistischer Motivation dennoch unbedingt ins Zentrum der theoretischen
Biologie stellen zu können, bedient man sich einer petitio principii, indem man
die Theorie zur Tatsache erklärt, die dann als solche natürlich "logisch völlig
unabhängig" von den vielen Detailfragen besteht und in deren Sinne man alles
weitere "deduziert":
Zitate von Schindewolf, Dobzhansky, Andermann
"Eine Petitio principii (lat. "Inanspruchnahme des Beweisgrundes"; engl. "begging the question"),
auch Circulus in demonstrando, ist ein Scheinbeweis, bei dem eine Behauptung durch Aussagen
begründet wird, welche die zu beweisende Behauptung schon als wahr voraussetzen. Dies kann
zum einen explizit geschehen, wenn die Behauptung als Konklusion eines Arguments vorliegt, in
dem sie selbst als Prämisse vorkommt, zum anderen implizit, indem die Konklusion kein
expliziter Bestandteil des Arguments ist, sondern stillschweigend angenommen wird"
http://de.wikipedia.org/wiki/Petitio_principii (dort weitere Ausführungen zum Thema).
Da die grundlegenden naturwissenschaftlich-experimentellen Beweise für die
Allgemeine Abstammungslehre (Makroevolution) niemals geliefert wurden,
kann man die oben postulierte logische Trennung von "ob" und "wie"
keineswegs einfach als unantastbar und sicher hinnehmen. Wenn das
Faktorensystem des Neodarwinismus (=Synthetische Evolutionstheorie) als rein
materialistische Erklärung zur Entstehung etwa der Karnivoren sowohl
selektionstheoretisch als auch mutationsgenetisch weitgehend scheitert, dann
lässt das selbstverständlich die Frage nach der Berechtigung der ohnehin
unbewiesenen Makroevolution nicht einfach unberührt (wie es die Protagonisten
des Materialismus zur vollständigen Immunisierung ihres Weltbilds gegen
jedwede wissenschaftliche Falsifikation gerne hätten).
Da historisch die Anerkennung der Evolution als Tatsache in weiten Kreisen
der Biologen aufgrund der vermeintlich naturwissenschaftlichen Erklärungsund Beweiskraft der Selektionstheorie erst nach 1859 (Darwins Origin) folgte,
stellt sich angesichts des Versagens der damaligen und heutigen Theorien vor
den biologischen Tatsachen (z. B. Kambriumproblem, Entstehung komplex-synorganisierter
Strukturen und Organe, Entstehung neuer Information, irreducible and specified complexity etc.) die Frage,
inwieweit der Nachweis der Untauglichkeit nun den Umkehrschluss zulässt und
damit auch die Allgemeine Abstammungslehre (Makroevolution) wieder in
Frage stellt.
Eine Veranschaulichung: Wieso sollte man einer nachdrücklich vorgetragenen
Behauptung Glauben schenken, dass einst eine elegante Brückenkonstruktion
über einen 40 km breiten und 2 km tiefen Abgrund existierte (sagen wir von
289
- und der auch nach der Theorie grundsätzlich unbeobachtbar ist; vgl. Dokumentation unter http://www.weloennig.de/Gesetz_Rekurrente_Variation.html
speziell die Zitate von Schindewolf, Dobzhansky, Andermann.
201
einem Alpenberggipfel zu einem anderen), wenn alle heutigen BrückenbauVersuche angesichts einer derart gigantischen architektonischen Aufgabe und
Problematik versagen (d. h. obwohl man nicht sagen kann, "wie" man eine
derartige Kluft architektonisch und statisch überhaupt überbrücken konnte) und
es überdies keinerlei unbestreitbare Unterlagen und stichhaltige Beweise dafür
gibt, dass die hypothetische Brücke tatsächlich jemals existierte. Der
weltanschaulich bedingte Hinweis, dass an der Frage, "ob" sie jemals existiert
habe, keinerlei Zweifel möglich sei und dass das "Ob" "logisch völlig
unabhängig und getrennt von der Frage nach dem "Wie" zu behandeln" sei,
dürfte in diesem Zusammenhang wenig überzeugend wenn nicht gar absurd
sein. Markus Rammerstorfer (2006, 2010) hat übrigens sehr überzeugend
ausgeführt, dass die Bringschuld und Beweislast historisch bei den Vertretern
der Evolution liegt. Ebenso Junker 2008, p. 77/78 (kursiv von ihm):
"Wer eine Behauptung aufstellt, die gegen alle bisherigen Erfahrungen (auch in der
Biologie in den Fragen der Evolutionsmechanismen) steht, trägt die Beweislast. Eine
solche Behauptung ist die Entstehung von Design-Kennzeichen ohne Designer, bei
Lebewesen also die Behauptung, die Entstehung der Lebewesen könne allein durch
physikalisch-chemische Vorgänge erfolgen. Solange es nicht gelingt, diese
Behauptungen zu beweisen oder wenigstens plausibel zu machen, ist es ganz und gar
vernünftig, mit einem Designer zu rechnen. Evolutionstheoretiker verweisen an dieser
Stelle auf unsere noch unzureichenden Kenntnisse und auf anzunehmende zukünftige
Lösungen. Beides ist nicht widerlegbar (wenn auch nur Lückenbüßer). Sich auf
"zukünftige Forschungsergebnisse" zu berufen führt nicht weiter. Auch der DesignAnsatz und darüber hinaus jede beliebige andere Position könnte sich auf zukünftige
Evidenzen berufen."
Die Frage nach dem "Wie" kann die Frage nach dem "Ob" also direkt und
unmittelbar tangieren, zumal wenn das "Ob" niemals im postulierten Sinne
nachgewiesen wurde. Die vorliegende Utricularia-Arbeit wirft die Frage nach
einer Alternative zur materialistischen Makroevolutionstheorie auf.
Nun könnte man vielleicht einwenden, dass die unterschiedlichen
Lebensformen ja nicht schon ewig existiert haben und folglich irgendwie
entstanden sein müssen und dass deshalb die Makroevolution ohnehin die einzig
mögliche Antwort auf die Ursprungsfrage sei. Dazu ist zu sagen, dass schon
mehrere naturalistische und theistische Alternativtheorien zur Makroevolution
(im Sinne von Makrotransformationen wie Spitzmäuse über viele Zwischenstufen und Generationen zum Fürstenhaus Sachsen-GothaAltenburg) vorgeschlagen wurden. Hier einige Beispiele ohne Anspruch auf
Vollständigkeit: Unabhängige Schöpfungsakte (Göppert (1865) 290, Genealogie
der Urzellen (Wigand 1872), Emikationstheorie (Nilsson 1953), Genomic
Potential Hypothesis (Schwabe 2001), direkte Erschaffung polyvalenter
Grundtypen (Junker und Scherer 1986, 2006, ähnlich Lönnig im Sinne des
290
Bedeutender deutscher Botaniker (Hauptarbeitsgebiet Paläobotanik), der "einen abrupten Wechsel der
einzelnen Floren in der Tradition von Cuvier zu vertreten scheint. Göppert lehnt sowohl einen genetischen
Zusammenhang der Arten als auch die Evolution ab. Den Ursprung der Arten vermutet er vielmehr in getrennten
Schöpfungsakten, wobei die verschiedenen Formen durch einen 'schöpferischen Typus' bewirkt sein sollen" – T.
Junker 1989, p. 97.
202
genetisch-plasmatischen Artbegriffs 1986, 2010). Mehrere weitere Autoren
lassen die Frage als noch weitgehend unbeantwortet offen (z. B. Kerkut
1960/1965 mit der Möglichkeit einer nichtevolutionären Entstehung der
Lebensformen). Verschiedene Ansätze, die direkt auf die Genesis zurückgehen,
sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.
6. Meine Darstellung der Karnivoren gehe von einem "antiquierten Verständnis von
Evolution" (MN) aus. Da diskutiere ich ausführlich die neuesten und modernsten molekularen
Ergebnisse inklusive evolutionärer Methoden… – könnte es sich hier vielleicht um den
Einsatz pejorativer Begriffe handeln, um den Intelligent-Design-Ansatz beim
evolutionsgläubigen Publikum von vornherein in Misskredit zu bringen?
Und könnte nicht viel eher die Methode "sich etwas ausdenken, was als möglich erscheint, um daraus ohne
weiteres auf dessen Wirklichkeit zu schließen" (oder mit dieser Methode zumindest eine erstmal
naturwissenschaftlich befriedengende Antwort auf ein Evolutionsproblem gefunden zu haben) antiquiert sein?
7. MN bestreitet, dass er – bis auf eine Ausnahme – mit "falschen Tatsachen"
gearbeitet habe: Sein Einwand zu Utricularia multifida (früher Polypompholyx
multifida) in meinen Worten zusammengefasst: Die Beiträge von Francis E.
Lloyd (1936, 1942) seien alt und daher wenig glaubwürdig, die von Reifenrath
et al. aber sei neu (2006) und bediene sich modernster und qualifizierter
elektronenmikroskopischer Untersuchungen und sei daher maßgebend. Nun ist
F. Lloyd so etwas wie der Einstein unter den Karnivorenforschern 291. Er hat
seine erste (falsche) Hypothese ("that in Polypompholyx [U. multifida] the door acts as a simple
valve and is incapable of contributing to the sustention of a low pressure of water within the trap"), die er
nach Studien an totem (in Spiritus eingelegtem) Material aufgestellt hatte, später
revidiert: An lebendem Material in Australien fand er bei U. multifida die im
Prinzip gleiche hochkomplexe Saugfalle wie bei allen anderen Utricularia-Arten
und hat diese Ergebnisse entsprechend genau beschrieben und auch mit
Fotografien dokumentiert. Reifenrath et al. aber beachten diese Arbeiten erst gar
nicht und stellen (ebenfalls wieder an "totem", d. h. präpariertem Material)
nichts weiter auf als die evolutionstheoretisch motivierte, aber völlig
unbewiesene Hypothese U. multifida "might not function with a low pressuresuction movement" und sei ein Bindeglied zu Genlisea (vgl.
http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf und in der vorliegenden Arbeit pp. 62-64).
Solange noch detaillierte Tatsachenbeschreibungen und -feststellungen in den
Naturwissenschaften einen höheren Stellenwert haben als völlig unbewiesene
Evolutionshypothesen, gilt selbstverständlich das Wort von Francis Ernest
Lloyd (es sei denn man könnte nachweisen, dass seine Beschreibung in den
entscheidenden Punkten falsch gewesen wäre und dass sich genauso alle
folgenden Forscher, die die Saugfalle von U. multifida selbst untersuchten,
ebenfalls geirrt haben – siehe die Autoren unten). Wer hingegen eine äußerst
fragwürdige Hypothese wie die von Reifenrath et al. als wissenschaftlichen
Tatsache behandelt, geht von einer "falschen Tatsache" ("false fact") aus –
291
Juniper, Robins und Joel z. B. bemerken in ihrem Meisterwerk The Carnivorous Plants zu Lloyds
Utricularia-Studien 1989, p. 66 u. a.: "No purpose would be served by repeating all his observations or his
conclusions, few if any of which need qualification even after the passage of 50 years."
203
bewusst oder (in den vorliegenden Fällen vermutlich meist) unbewusst. Was nun
die Genauigkeit der Forschung and die Glaubwürdigkeit der "Alten" anlangt, so
möchte ich doch daran erinnern, dass wir noch nie so viel Betrug und Täuschung
in der Wissenschaft feststellen mussten wie in den letzten sagen wir einmal drei
Jahrzehnten. Mein Eindruck ist, dass – (vor allem von Haeckel und einigen weiteren Evolutionisten einmal
abgesehen) – die "Alten" bei ihrer Arbeit in der Regel von einem wesentlich höheren
Arbeitsethos getragen wurden als manche zeitgenössischen Forscher (vgl. zum
Thema Betrug und Täuschung in der Wissenschaft nur einmal die zahlreichen
kritischen Beiträge allein in den letzten Ausgaben des Laborjournals bis
April/Mai 2011). MN stellt zusammenfassend zu Reifenraths Hypothese fest:
"Um REIFENRATH [2006] zu "widerlegen" zitiert LÖNNIG ausschließlich ältere Arbeiten, ja z. T.
sogar Arbeiten aus dem Jahr 1942. Das wäre ungefähr so, als wollte man die 1950 erfolgte
Strukturaufklärung des Vitamin B12 anhand von Arbeiten aus dem Jahr 1886 widerlegen." (Schriftbild
von MN.)
Als wären gründliche und saubere (und in diesem Falle nach weiteren präzisen
Untersuchungen materialbedingt sogar revidierte) naturwissenschaftliche
Tatsachenbeschreibungen aus dem Jahre 1942 automatisch falsch oder
unzuverlässig/fragwürdig (von weiteren Autoren in den folgenden Jahren einmal
ganz abgesehen) und völlig unbewiesene evolutionäre Hypothesen von 2006
automatisch richtig und zuverlässig! Legen wir die 64 Jahre zwischen den
beiden Publikationen einmal in die Zukunft: Wären dann alle noch so
gründlichen, besten und genauesten naturwissenschaftlichen Tatsachenbeschreibungen von 2011 – die Kontinuität der heutigen Welt vorausgesetzt –
im Jahre 2075 nichts mehr wert? Und dieses fragwürdige
Beurteilungskriterium 292 kann man natürlich endlos weiter extrapolieren für die
Jahre 2139, 2203, 2267 etc. (vgl. dazu weiter die Fußnote 4 auf der Seite 4
oben).
MNs Vitamin B12-Beispiel ist übrigens aus mehreren Gründen völlig verfehlt: Abgesehen von
dem untergeordneten Punkt, dass die Strukturaufklärung des Moleküls nicht 1950, sondern 1955 durch
Dorothy Crowfoot Hodgkin erfolgte (nach Vorarbeiten 1954: "In 1955, Dorothy Hodgkin took the first
X-ray diffraction photographs of vitamin B-12" http://www.rcuk.ac.uk/ResearchCareers/dhpa/Pages/AboutDorothy.aspx.
Reference: Hodgkin DC, Pickworth J, Robertson JH, Trueblood KN, Prosen RJ, White JG. 1955. The
crystal structure of the hexacarboxylic acid derived from B12 and the molecular structure of the
vitamin. Nature 176:325-328, sind dabei folgende Punkte zu berücksichtigen: Im Jahre 1886 hatte
man noch nicht die geringste Ahnung davon, dass das Vitamin B12 überhaupt existiert. Erst kurz
vor 1920 entdeckte George H. Whipple, dass man blood loss bei Hunden wie folgt behandeln kann:
"…he discovered that ingesting large amounts of liver seemed to most-rapidly cure the anaemia of
blood loss [in dogs]”. "[D]ie Suche nach der essenziellen Komponente dieser Heilmethode [führte]
schließlich 1926 zur Beschreibung eines auch beim Menschen wirksamen "Antiperniziosa-Faktors"
durch die beiden US-amerikanischen Ärzte George R. Minot und William P. Murphy die dafür
zusammen mit Whipple 1934 den Nobelpreis für Medizin erhielten". Soweit mir bekannt, machte auch
in den 1920/30ger Jahren noch niemand einen Vorschlag zur Strukturaufklärung vom Vitamin B12,
zumal damals das Vitamin noch gar nicht isoliert worden war und man noch nicht genau wusste, was
hinter den Behandlungserfolgen eigentlich steckte. "Die Isolierung des eigentlichen Wirkstoffs
dagegen, des Vitamins B12 (Cyanocobalamin), gelang in kristalliner Form erst 1948, und das
unabhängig voneinander zum einen einem Team US-amerikanischer Biochemiker um Karl A. Folkers,
292
Wertlosigkeit aller exakten naturwissenschaftlichen Beschreibungen, die sagen wir jeweils älter als 50 Jahre sind.
204
zum anderen einem britischen Forscherteam um den Chemiker E. Lester Smith. 1955 schließlich
konnte die britische Biochemikerin Dorothy C. Hodgkin mit Hilfe der Röntgenbeugung an
Vitamin-B12-Einkristallen auch deren Molekülstruktur aufklären, wofür sie u. a. 1964 mit dem
Nobelpreis für Chemie geehrt wurde. Die darauf aufbauende Totalsynthese des Vitamins B12 gelang
1972 Albert Eschenmoser und Robert B. Woodward, und noch heute gilt Vitamin B12 damit als eines
der
größten
jemals
in
einem
Labor
totalsynthetisierten
Moleküle"
(vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Cobalamine#Geschichte (2011) und http://en.wikipedia.org/wiki/Vitamin_B12#History (2011); siehe
auch Römpp Chemielexikon, 9. Auflage 1995, Bd. 6 p. 4946; man könnte hier vielleicht noch
ergänzen, dass im Stoffwechselgeschehen des Menschen die Umwandlung von Cyanocobalamin in
Methylcobalamin und Adenosylcobalamin als "die eigentlich biologisch wirksamen Coenzym-Formen
des Vitamins" erfolgt – siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Cobalamine.)
Mir ist jedoch nicht bekannt, dass die Tatsachenbeschreibungen aus dem Jahr 1926 zu den
Leberextrakten falsch gewesen wären oder etwa das Folgende: "In 1928, the chemist Edwin Cohn
prepared a liver extract that was 50 to 100 times more potent than the natural liver products. The
extract was the first workable treatment for the disease [pernicious anaemia in humans].” Und die
Befunde und Tatsachenbeschreibungen von Cohn sind sogar noch etwas älter als die von F. E. Lloyd
zum Fangmechanismus von Utricularia multifida.
Natürlich wäre es keineswegs verkehrt, zur weiteren Bestätigung des
Saugmechanismus von U. multifida (und damit vielleicht der zusätzlichen
Widerlegung der sachlich unbegründeten Hypothese von Reifenrath et al.) und
vor allem zur Vertiefung der Beobachtungen und Befunde der bisherigen
Autoren samt fotografischer Dokumentation von Lloyd noch weitere
unabhängige Untersuchungen an lebendem Material von U. multifida mit ihren
besonderen Charakteristika vorzunehmen; sehr erfreulich wären dazu auch
Zeitrafferaufnahmen. Mein bisheriger Eindruck von U. multifida ist, dass es sich
bei dieser Art – trotz einiger 'urtümlicher' Merkmale – um eine
hochspezialisierte Form
handelt. Das dürfte jedoch eine ausführliche
Behandlung für sich wert sein.
Im Übrigen gehen auch die meisten neueren Autoren davon aus, dass die
Beschreibung von Lloyd (1936, 1942) völlig korrekt ist (Benzinq 1987: "ultrasophisticated suction-traps (Utricularia sensu lato)", Juniper et al. 1989,
ebenso Taylor 1989/1994, Slack 1986/2001, 2006, J. und P. Pietropaolo
(2001) 293 die letzteren vier mit eigenen Studien zur Falle) wie z. T. oben und in
http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf schon zitiert (vgl. auch implizit die zahlreichen
neueren Autoren, die auf den Seiten 17-19 der vorliegenden Arbeit aufgeführt
wurden und werden), im Kontrast von MNs Behauptung, dass ich ausschließlich
auf ältere Arbeiten verweise. Zur Ergänzung siehe z. B. H. Lambers, F. S.
Chapin und T. L. Pons 2008, p. 535: "…detail of the trap of Utricularia
multifida (bladderwort) with bladder-like suction traps"; R. F. Evert with the
assistance of S. E. Eichhorn 2006, p. 465: "…suction traps (Utricularia,
Biovularia, Polypompholyx)…" W. X. Schulze 2010: "Polypompholyx is an
Australian species with suction traps in the soil” 294; P. D. Johnson, under the
advisement of D. Inouye (2005, pp. 20, 21, and 23) unter "Spring-traps":
Polypompholyx 295. Britannica Online Encyclopaedia (2011): "Polypompholyx
293
294
295
On Polypompholyx (2001, p. 138): "Like Utricularia spp., the prey is sucked in when the trigger hairs are stimulated.”
http://www.waltraudschulze.de/carnivor/suction.html
http://www.life.umd.edu/grad/mlfsc/Carnivorous%20Plants.pdf
205
(two species; Australia) are very similar to Utricularia and also trap their prey
by means of highly specialized bladders” 296. Honda (2011) 297 beschreibt unter
den Überschriften "SUCTION TRAP" und "TRAP OPERATION" die
bladderworts und deren trap setting, triggering, resetting, glands, water
pumping mechanism, digestion und erwähnt dabei auch mehrere offenen Fragen
sowie zwischendurch Loyds Kommentar: "But most to be wondered at are the
traps which present an astounding degree of mechanical delicacy depending
on a fineness of structure scarcely equaled elsewhere in the plant kingdom."
In der Literatur führt er u. a. die Arbeit von Reifenrath et al. (2006) auf, erwähnt
aber nicht deren fragwürdige Hypothesen (U. multifida "might not function with a low
pressure-suction movement" und hätte möglicherweise einen "primordial (non-suction) trapping mechanism …
similar to that of the eel-traps of the closely related genus Genlisea").
Außerdem wird in keiner
(anderen?) der mir bisher bekannten Darstellungen und Detailbeschreibungen
des Fangmechanismus von U. multifida die unbegründete Hypothese vermittelt,
dass sie eine "permanent geöffnete Tür" (MN) besitzen könnte. Selbst Lang
(1901), der wie Darwin 298 und andere den Saugmechanismus von Utricularia
noch nicht erkannt hatte und der meinte, dass Tiere in den Fangapparat
"kriechen", stellt zu U. multifia (Polypompholyx multifida) Folgendes fest:
"Die Blasen sind dadurch ausgezeichnet vor anderen Schlauchblättern, dass sie keine
freie Eingangsöffnung besitzen, sondern eine trichterförmige Eingangsöffnung,
welche durch eine Klappe verschlossen ist, die auf einem hufeisenförmigen
Widerlager ruht."
M. S. Reut and R. Jobson schließen sich den bisher zitierten Autoren
(abgesehen von Lang 1901) zum Thema "Bladder-trap function in the
subgenus Polypompholyx" 2010, pp. 158/159 und 160 mit folgenden
Feststellungen und Argumenten völlig an und weisen die Hypothese von
Reifenrath et al. wie folgt zurück (emphasis again added):
"All members of the genus Utricularia possess modified leaves that form suctionbladders for prey capture (Lloyd 1942; Juniper et al. 1989), which are all thought to
be active in their pumping of internal fluid to the exterior during trap resetting
(Lloyd 1942; Juniper et al. 1989). These metabolically expensive bladders have been
implicated as key adaptive innovations during radiation of the genus (Jobson et al.
2004; Laakkonen et al. 2006; Albert et al. 2010).
However, U. multifida and U. tenella, which are species circumscribed to the section
Polypompholyx (Fig. 1) (Taylor 1989), share a distinctly robust bladder-trap form (see
above), with trigger hairs that are either highly reduced (Lloyd 1942; Taylor 1989), or
not present (Reifenrath et al. 2006). The thick sidewalls and door, along with the
funnel-like form of the entranceway, lead Reifenrath et al. (2006) to speculate that
there may be a corresponding absence of bladder-trap function, and the possibility of a
296
297
http://www.britannica.com/EBchecked/topic/229188/Genlisea
http://www.inet1000.com/IPW_BOOK/Text.htm
298
Darwin (1875) spricht hingegen wiederholt von einer "slitlike orifice” bei verschiedenen Utricularia-Arten (Polypompholyx hat er jedoch
nicht in seine Studien mit einbezogen). Er zeichnet die Tür jedoch anliegend (Fig. 20) und sagt unter anderem (p. 406): "Animals enter the
bladders by bending inwards the posterior free edge of the valve, which from being highly elastic shuts again instantly. As the edge is
extremely thin, and fits closely against the edge of the collar, both projecting into the bladder (see section, fig. 20), it would evidently be very
difficult for any animal to get out when once imprisoned, and apparently they never do escape. To show how closely the edge fits,…"
206
passive eel-trap function as found in Genlisea, the sister lineage of Utricularia (Reut
1993a; Jobson and Albert 2002).
These characters also lead Lloyd (1932) to the same conclusion as that of Reifenrath
et al. (2006). However, after closer examination of live material, Lloyd (1942)
found these bladders to function normally. Furthermore, the passive bladder-trap
hypothesis is also confounded by the presence of nonfunnelled entranceways and
highly developed trigger hairs in the closely related species U. westonii (sect.
Tridentaria), which is also assigned to the subgenus Polypompholyx sensu Taylor
(1989).
Within the section Pleiochasia, bladder-traps seem to function normally, with
studies involving U. monanthos having reported the typical suction function (Lloyd
1942; Sydenham and Findlay 1972; Fineran and Lee 1974; Fineran and Gilbertson
1980; Juniper et al. 1989). There is also ecological evidence for normal function, with
a field study finding strong similarity in the array of entrapped prey organisms
between U. uniflora R.Br. (sect. Pleiochasia) and U. uliginosa Vahl (sect. Oligocista
A.DC., subg. Bivalvaria), growing in sympatry across two populations (Jobson 1998;
Jobson and Morris 2001).”
Überdies hat Allen Lowrie, (Duncraig near Perth, Western Australia) erst
kürzlich eine – vielleicht kann man sagen – Wasserform von Utricularia
multifida (Polypompholyx multifida) entdeckt, genauer gesagt nennt es sie P. aff.
299
multifida die sich durch folgende Merkmale auszeichnet: "Plants growing as
affixed aquatics in 30 cm depth of water, scapes buoyant and erect, flotation
provided by the scapes' large celled central core, 3-6 pink flowered
inflorescence held erect to 10 cm above the water surface.” – Mir ist nicht
bekannt, dass bei irgendeiner der rezenten Wasserformen spätestens nach Lloyds
bahnbrechender Arbeit von 1942 auch nur ansatzweise spekuliert wurde, dass
sie sich vielleicht doch nicht durch aktive Saugfallen auszeichnen würde300.
Nebenbei bemerkt entspricht die Entdeckung der Wasserform U. aff. multifida
(oder nach Lowrie P. aff. multifida) dem Ansatz und den Erwartungen der These
polyvalenter Grundtypen (vgl. pp. 80, 122, 124). 301
Forschungsaufgabe: Genetisch nachzuprüfen ist unter anderem, ob diese neu
entdeckte Linie mit den bisher bekannten Formen von Utricularia multifida und
vielleicht auch U. tenella fertil ist – in diesem Falle würde sie gemäß dem
genetischen Artbegriff tatsächlich zur selben polymorphen Art U. multifida
gehören.
Nach allem was man bisher nur sagen kann, geht MN im Zuge seiner
evolutionstheoretischen Argumentation mit der Voraussetzung, dass Utricularia
multifida sich durch absence of bladder-trap function etc. auszeichne (vgl. dazu
oben pp. 2, 58, 64, 65, 96, 106, 120, 187) von einer falschen Tatsache (false fact)
aus. Im Übrigen hat er nicht widersprochen, dass er mein Polypompholyx-Paper
http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf vorher schon kannte.
299
aff.: "The term affinis (or sp. aff = species affinis) is used when the identity of a distinct biological species is unknown but it has a striking
similarity or close relation with a known species" vgl. http://www.cactus-art.biz/notebook/Dictionary/Dictionary_S/dictionary_species_affinis.htm; Zugriff auf die letzten 4 Links am 16. März 2011.
300
Vgl. zu den funktionalen und selektionstheoretischen Schwierigkeiten der Idee submerser Utricularia-Fallen ohne Saugmechanismus auch
die Ausführungen zu den Punkten 38, 39 und 42, pp. 51-53 der vorliegenden Arbeit.
301
Allen Lowrie vermutet hingegen "Evolution at work” – mit den unwahrscheinlichen Vielfach-Konvergenzerscheinungen (vgl. pp. 73,
124) ist dieser Ansatz jedoch nicht unproblematisch. Forschungsaufgabe: Mayrs Begriff "hidden potentials of the genotype" molekular fassen.
207
Utricularia multifida aus http://mycorrhizas.info/nmroots/utraps.jpg
Siehe auch Lambers et al. 2008, pp. 534/535: "…detail of the trap of Utricularia multifida (bladderwort) with
bladder-like suction traps.”
Oben: Falle von Utricularia multifida nach Slack 2001, p. 180 (Originalzeichnung von ihm nach eigenen
mikroskopischen Studien; unter Kapitel 9 The Bladder Traps; deutsche Ausgabe: Die Saugfallen. "Detailed
cross section of bladder to show structure.” Passend spricht er von der "Polypompholyx multifida bladder trap".
Slack weist im Text (p. 180) u. a. auf Folgendes hin: "The trap [of Polypompholyx] differs in some way from
those of Utricularia" – worauf die recht genaue Beschreibung der Unterschiede und Eigentümlichkeiten folgt.
Zu den Unterschieden gehört jedoch nicht das Fehlen des Saugmechanismus. (Teil-)Definition zu bladder trap:
"The bladders (vesicula) pump ions out of their interiors. Water follows by osmosis, generating a partial vacuum
inside the bladder” http://en.wikipedia.org/wiki/Carnivorous_plant. Der genaue Beobachter Francis E. Lloyd hat schon 1936, p.
104, dazu das Folgende festgestellt: "When the trap is set, the walls are concave, more especially the side walls,
the top being less responsive” (siehe weitere Punkte unten und unter http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf). Taylor
(1989/1994, pp. 79-84) findet gemäß seinen Untersuchungen, Beschreibungen und Zeichnungen definitiv
ebenfalls suction traps bei Utricularia multifida und ebenso bei U. tenella (praktisch die Zwergform von U. multifida),
wie im eben zitierten Link ausführlich dokumentiert (vgl. dazu auch Originalzeichnung von J. und P. Pietropaolo 2001, p. 137).
Lang (1901, p. 157) fand übrigens außer Algen "die Reste von Insektenlarven; daneben grosse Nematoden (siehe
Tafel-Fig. 3 und 4), welche oft grösser sind als der Längsdurchmesser des Blasenlumens, dann wieder ganze
Schaaren von winzig kleinem Gewürm" in den Fallen von U. multifida (Schreibweise von Lang).
208
8. MN schreibt zum Thema der
(Hervorhebungen im Schriftbild von ihm):
"falschen
Tatsachen"
außerdem
MN: "a.) Entgegen LÖNNIGs Behauptung verfügt Roridula nicht über die Fähigkeit, mittels Enzyme
gefangene Insekten zu verdauen; vielmehr bedienen sich Blindwanzen [Pameridea] der willkommenen
Nahrungsquelle und versorgen die Pflanze nur mittels ihrer Fäkalien mit Nährstoffen. Die von
LÖNNIG erwähnten Phosphatasen sind aus mehreren im Text ausgeführten Gründen für eine
Verdauung nutzlos."
Was könnte man nun noch einem Autor entgegnen, der vorsätzlich die
neuesten Befunde zu dieser Frage ignoriert, offenbar weil sie nicht zu seinen
unrealistischen evolutionären Schemata passen? Ich hatte in der vorliegenden
Arbeit die Beiträge von Płachno et al. von 2006 und 2009 zitiert:
Płachno, B. J., Adamec, L., Lichtscheidel, I. K., Peroutka, M., Adlassnig, W.
and J. Vrba (2006): Fluorescence labelling of phosphatase activity in digestive glands
of carnivorous plants. Plant Biology 8, 813-820.
Płachno, B. J., Adamec, L. and H. Huet (2009): Mineral nutrient uptake from
prey and glandular phosphatase activity as a dual test of carnivory in semidesert plants
with glandular leaves suspected of carnivory. Annals of Botany 104, 649-654.
Dort legen die Autoren ihre Untersuchungsergebnisse vor, dass es sich bei
Byblis und Roridula um echte Karnivoren ("true carnivores") mit "high activity
of phosphatases" handelt, und zwar mit Nachweis von mineral uptake (N, P, K
and Mg) von Drosophila prey bei Roridula auch ohne Symbionten.
Zu den Phosphatasen schreiben Plachno et al. (2006, p. 814):
"Hydrolysis of phosphate esters is a critical process of phosphorus metabolism at cellular, organism, and
ecosystem levels. Phosphatases (phosphomonoesterases) represent a broad group of enzymes that catalyze the
hydrolysis of phosphate esters (Feder, 1973). Acid phosphatases are common plant enzymes of low substrate
specificity that appear to be important in the production, transport, and recycling of phosphorus (Duff et al.,
1994). So far, a few authors (Clancy and Coffey, 1976; Robins and Juniper, 1980; Sirovä et al., 2003) have
studied production of acid phosphatases by carnivorous plants. While proteases may not occur in some typical
carnivorous plants (e.g., in Utricularia, Sirovä et al., 2003, or Byblis, Hartmeyer, 1997), we suggest the
phosphatases as model digestive enzymes in this group. In our opinion, the phosphatases are indispensable for
phosphate mobilization from prey carcasses and phosphate uptake may be essential for many carnivorous plants
(e.g., Adamec, 1997)."
Auf der Seite 815 stellen die Autoren unter anderem fest:
"Plants cope with a deficiency of phosphorus in the soil by modifications of root morphology and by changes
in phosphorus uptake and metabolism; in addition, the production of extracellular phosphatases can help to
release inorganic phosphate from the environment (Chröst, 1991; Olczak, 1996; van Aarle et al., 2001;
Nedoma et al., 2003; Strojsová et al., 2003; Hammond et al., 2004). Carnivorous plants are an example for the
latter strategy since they use enzymatic exudates to digest phosphate compounds of their prey.”
Das entscheidende Ergebnis für unsere Fragestellung zu Byblis und Roridula
lautet (p. 818):
"In Byblis, only one author (Bruce, 1905, after Juniper et al, 1989) found evidence for the production of
digestive enzymes, whereas Hartmeyer (1997) failed to detect proteases and, therefore, questioned the
presence of carnivory in Byblis [aber 2005 gefunden]. Our results show that Byblis is able at least to digest
phosphorus compounds. The total degradation of proteins, however, may depend on symbiotic organisms.
So far, no digestive enzymes are known from Roridula. Prey degradation was thought to be performed only
by symbiotic hemipterans (Ellis and Midgley, 1996; Anderson, 2005). In the leaf epidermis, however, we found
phosphatase activity, but not in the glandular tentacles. Future research will show if the epidermis takes part in
209
the utilization of prey, or if the phosphatases only reflect high metabolic activity in general.”
In ihrem Paper von 2009 stellen die Autoren nach Hinweis auf die Arbeiten
von Anderson und Midgley (2003) und Anderson (2005), die bislang nur
"'indirect' means of carnivory, mediated by commensal hemipteran bugs of the
genus Pameridea" bei Roridula nachweisen konnten, fest (p. 649):
Płachno et al. (2006) revealed phosphatase activity on the leaves of Roridula, suggesting
also that direct carnivory may be possible."
Ihre Versuche haben sie daraufhin mit Drosophila melanogaster durchgeführt
(siehe die Details pp. 650/651) – und zwar ohne commensal hemipteran bugs of
the genus Pameridea.
Ergebnis (2009, p. 651):
"Application of model prey on the leaves revealed two distinct groups of plants based on uptake of
mineral nutrients from prey (Table 3). Roridula and Drosophyllum were found to take up substantial
amounts of both N (33-47% of the total N content), P (62-75%), K (44-86%) and Mg (33-39 %)
from fruit flies. Except for N uptake in Drosophyllum, which showed considerable variability, uptake of all
nutrients from flies was statistically significant in these two species. By contrast, usually very weak release of N
(7-18 % of the total N content), P (1-3%), K (4-19%) and Mg (4-21 %) to flies, rather than nutrient uptake
from flies, was found in the four remaining plant species, Proboscidea. Ibicella, Cleome and Hyoscyamus.
However, this nutrient release to flies was not statistically significant.”
Das Ergebnis ist also völlig eindeutig: Ohne jegliche Beteiligung von
Pameridea-Symbionten können Drosophyllum und Roridula "substantial
amounts of both N (33-47% of the total N content), P (62-75%), K (4486%) and Mg (33-39 %) from fruit flies” aufnehmen, wobei die letztere
jeweils höhere Zahl das Ergebnis für Roridula ist. "Despite the absence of
phosphatase activity on Roridula emergences, the efficiency of P uptake and of
other mineral nutrients in Roridula was very high” (Plachno et al. 2009, p.
651). Steht damit nicht steht fest, dass die oben zitierte Auffassung (prey
degradation was thought to be performed only by symbiotic hemipterans)
falsch ist und MN mit einer weiteren falschen Tatsache (false fact) gearbeitet hat?
Worauf beruht nun aber die prey degradation? Sind die extrazellulären
Phosphatasen, die enzymatic exudates, daran beteiligt oder nicht? Hier werden
die Autoren sehr vorsichtig, denn ihr bisheriger Versuchsaufbau kann diese
Frage bedauerlicherweise nicht direkt und abschließend beantworten. Worin
bestand die Versuchsanordnung? Antwort (p. 651):
"Here, the applied fruit flies were evidently not in direct contact with foliar epidermis containing high
phosphatase activity (Plachno et al., 2006) which would have enabled direct nutrient uptake through cuticular
pores (Anderson, 2005).”
Wenn nun die Fruchtfliegen gar nicht in Kontakt mit der foliar epidermis
containing high phosphatase activity waren – wie ist dann degradation und
uptake mit der geschilderten außergewöhnlich hohen Effizienz bei Roridula
überhaupt möglich? Mit dem von den Autoren des Weiteren unterbreiteten
Vorschlag, dass nun anstatt der Phosphatasen "autolysis of prey tissues and
release of digestive enzymes by microbial commensals" (p. 653) die
210
entscheidende Rolle spielen könnten ("may occur") (aber keinesfalls die ohnehin nicht an
den Versuchen beteiligten Pameridea-Symbionten), bleiben allerdings noch mehrere Fragen
unbeantwortet. Sehen wir uns diese Hypothese einmal etwas näher an:
Selbst nach Autolyse der Drosophila-Gewebe und dem Abbau durch
Mikrobenenzyme muss ja irgendwann die phosphatasenreiche (Stichwort:
enzymatic exudates), durch die speziellen cuticular gaps and pores
(Anderson) ausgezeichnete und somit durchlässige unten liegende,
großflächige Epidermis erreicht werden. Andernfalls würde praktisch nichts
von Drosophila absorbiert werden. Und wenn nicht die gesamte
Zersetzungsarbeit schon vorher getan wurde (was denkbar unwahrscheinlich
ist; siehe dazu die Abbildungen aus M. Reiner und anderen unten), spielen
logischerweise auch die extrazellulären Phosphatasen unausweichlich eine
bestimmte Rolle in dem Geschehen. Plachno et al. aber konnten das nicht
feststellen, da sie ausnahmslos mit schon toten Fliegen arbeiteten, die nur mit
den resin producing tentacles, aber nicht mit den enzymatic exudates der
Epidermis in Kontakt gekommen sind.
Oben links: Roridula gorgonias mit zahlreichen gefangenen Insekten (vor allem Fliegen, aber im Bild
unten auch eine Wespe, aber hier ohne Pameridea). In vielen Fällen kommen die Tiere auch direkt in
Kontakt mit den phosphatasenreichen Exsudaten der Epidermisoberfläche (aus Martin Reiner 2004:
Roridula & Pameridea – die Taupflanze und ihre Wanzen: http://www.drosophyllum.com/Bilder/Gross/Roridulagorgonias05g.jpg.)
Siehe dazu weiter die Frage nach Schmerzempfinden bei Insekten unter http://www.weloennig.de/JoachimVetter.pdf (dennoch
möchte ich vielleicht mit Karl von Frisch sagen, dass mir die Tiere leid tun).
211
Und ein weiterer Aspekt. Anderson bemerkt zum Thema
Absorptionsvermögen und -geschwindigkeit der Epidermis sowie der
Inkorporation in das Blattgewebe der Roridula-Pflanzen (2005, p. 760):
"The extensive staining by neutral red in Roridula suggests that the majority of epidermal cells are highly
absorbtive and that the entire epidermis has an absorptive function [im Gegensatz etwa zu Drosophyllum, die
"only a few specialized digestive cells” nach Joel und Juniper aufzuweisen hat]. … These results lend credence to the
results of Ellis and Midgley (1996) who show that nitrogen from trapped flies is very rapidly absorbed
by Roridula plants. Their results show that substantial amounts of fly nitrogen are incorporated into
plant leaves after only 72 h of capture. They postulate that such rapid nitrogen incorporation can only take
place if digestion is immediate.”
Da weder Ellis und Midgley (1996) noch Anderson (2005) etwas von den
epidermalen enzymatic exudates samt extrazellulären Phosphatasen wussten,
schlossen sie direct carnivory aus und konzentrierten sich auf die StoffwechselEndprodukte (faeces) der Hemipteren (Pameridea-Arten). Plachno et al. (2009)
aber haben nachgewiesen, dass bei Roridula auch die direkte Karnivorie
möglich ist, und zwar mit dem erstaunlichen Ergebnis, dass – um diesen
Kernpunkt noch einmal zu betonen – 47% N, 75% P, 86% K und 39% Mg
aus den Fruchtfliegen ohne die geringste Beteiligung von Pameridea roridulae
aufgenommen werden.
Links und rechts: Fliege in direktem Kontakt mit der enzymatic-exudates-reichen Roridula-Epidermis und
dazu ein Exemplar von Pameridea roridulae. Ergebnis: Effiziente Zusammenarbeit von direkter und
indirekter Karnivorie. Aus http://www.fischermans-antik.de/ShowTemplate-Dateien/Eigene%20Bilder%20Fleischis/CK17/60.JPG und
http://www.cpukforum.com/forum/index.php?showtopic=22402. Im Übrigen ist das Phänomen des Mutualismus zwischen
Roridula und Pameridea selbst ein schweres Problem für die Synthetische Evolutionstheorie, ebenso mit der
Spinne Synaema marlothii – ein Punkt der eine eigene Abhandlung wert wäre (vgl. zur morphologischanatomisch und physiologisch präzisen Abstimmung [Tier- und Pflanzenreich übergreifende Synorganisation
der Arten aufeinander] z. B. http://www.drosophyllum.com/deutsch/roridula.htm).
Die Aussage von p. 2 oben ist damit für Roridula noch einmal im Detail
bestätigt:
Die Gattungen Byblis und Roridula sind weder direkte noch 'funktionale' Vorstufen zu den Lentibulariaceae.
Es handelt sich bei diesen beiden Gattungen vielmehr um echte Karnivoren ("true carnivores") mit "high
activity of phosphatases" mit Nachweis von mineral uptake (N, P, K and Mg) von Drosophila prey bei
Roridula ohne Symbionten (vgl. p. 103: Płachno et al. 2006, 2009; Byblis: "Verdauungsenzyme" auch nach
Barthlott et al. 2004), deren Drüsen anatomisch eine Sondergestaltung aufweisen.
212
Dass Roridula weder eine direkte oder auch nur funktionale Vorstufe zu den
Lentibulariaceen ist, zeigt sich weiter in der Tatsache, dass die resin producing
tentacles keine Vorstufe zu den mucilage producing tentacles sind:
"…the glue of Drosera, Drosophyllum, Triphyophyllum, Pinguicula, Byblis is mucilage (water-based
with high sugar content. It has to be water based in order to dissolve enzymes in). In contrast, the glue
of Roridula is a resin. It never evaporates and cannot be washed away by rain. But big disadavantage:
no enzymes can be dissolved in the glue droplets of Roridula” [was unter anderem erklärt, warum
Plachno et al. 2006 und 2009 dort keinerlei Phosphatasen nachweisen konnten]) - Andreas Fleischmann
2010: http://www.cpukforum.com/forum/index.php?showtopic=35105. (Zum Thema resin siehe auch Fußnote 178, p. 103.)
Eine gute Zusammenfassung und Erklärung der Methoden und Befunde sowie
der Bedeutung der Arbeiten von Plachno et al. (2006 und 2009), speziell zu den
Phosphatasen, findet der daran interessierte Leser bei John Brittnacher von der
International Carnivorous Plant Society http://www.carnivorousplants.org/cp/Digestion.php
(Zugriff 28. 3. 2011: "It is very clear from the data that phosphatases are
important to carnivores”). Der Leser beurteile bitte wieder selbst, ob meine
Einschätzung, dass MNs Tatsachenbehauptung zu Roridula (als [konstruktive]
Vorstufe zu den Lentibulariaceen; vgl. hier Punkt 88, p. 106) sowie MN 2010, p.
14: "Roridula nimmt lediglich die Nährstoffe aus den Fäkalien ihrer
Symbiosewanzen (Pameridea) über die Spaltöffnungen der Blätter auf" oder
Roridula, "die nachgewiesenermaßen keine Tiere verdauen kann" (p. 11) nach
dem vorliegenden Tatsachenmaterial zu den false facts gehört oder nicht.
9. Zu Byblis und noch einmal Roridula (Hervorhebung im Schriftbild von MN):
MN: "b.) Byblis ist nach Ansicht einiger Karnivoren-Spezialisten durchaus ein nächster Verwandter
von Pinguicula (genauer: der Wasserschlauchgewächse)."
"…nach Ansicht einiger Karnivoren-Spezialisten…" – die anderen sind
jedoch gegenteiliger Auffassung! (Vgl. die Details p. 104 und Brittnacher zitiert
unten). Die, wie auch im vorliegenden Falle, oft erstaunlich widersprüchlichen
Rekonstruktionen phylogenetischer Verwandtschaftsverhältnisse auch zu Byblis
zeigt einmal mehr, dass man diese nicht mit der Sicherheit der DNAVaterschaftstests gleichsetzen kann. Das führt uns vielleicht noch einmal zur
Frage, inwieweit MN die gravierenden Unterschiede zwischen der Sicherheit
des Vaterschaftstests (zur 99,9% sicheren Identifikation eines Kandidaten aus
einer ausgewählten Gruppe innerhalb der Art) und der Unsicherheit
phylogenetischer Rekonstruktionen (Makroevolution) verstanden hat, deren
widersprüchliche Ergebnisse er (wenn auch unbeabsichtigt) mit der obigen
Aussage zu Byblis bestätigt.
Zur Behauptung Byblis sei eine funktionale Vorstufe zu den
Wasserschlauchgewächsen vgl. weiter die Argumentation und die Fakten in der
vorliegenden Arbeit zum Punkt 81, p. 104 (wie: "Differences in gland morphology support
parallel acquisition of carnivorous traits in Byblis (Byblidaceae), Ibicella (Martyniaceae), and Lentibulariaceae.
Digestive glands in all three genera of Lentibulariaceae are attached to vessels, unlike secretory glands of
Byblidaceae and Martyniaceae that rest on at least two epidermal cells" – Müller; auf diese Sondergestaltung,
auf die unterschiedliche Anatomie, hätte MN in einer überzeugenden Diskussion eingehen müssen statt sich
widersprechende Autoritäten zu zitieren).
213
Zum Punkt 79, p. 102 – womit wir auch wieder zu Roridula zurückkommen
(MN: "Klebrige Drüsenhaare zur Abwehr von Schadinsekten finden sich schon bei nichtkarnivoren Pflanzen,
etwa bei Roridula. Diese Pflanze hält die Insekten mittels eines klebrigen Sekrets fest.") – und Punkt 80,
pp. 103/104 (MN: "Der daran anknüpfende Evolutionsschritt bestand ganz offensichtlich in der
Differenzierung der Drüsenhaare, wobei einige Drüsenhaare zusätzlich Verdauungssekrete absondern, um
sowie Punkt 81, p. 104
(MN: "Byblis produziert wie Roridula ein klebriges Sekret,…") siehe die oben zitierten Fakten: Es
handelt sich um völlig unterschiedliche Sekrete: water-based mucilage to
dissolve enzymes bei Byblis vs. resin bei Roridula – "…no enzymes can be
dissolved in the glue droplets of Roridula." Oder B. Rice 2005/2009:
die festsitzenden Insekten zu zersetzen (HEUBL et al. 2006, 827, Fig. 6).")
"In the early 1900s, the botanist Marloth pointed out that, unlike other sticky flypaper plants that produce
leaves covered by mucus glands, the leaves of Roridula are covered with resin glands. This is a key difference.
Mucus is water-based, resin is not. (Did you ever try to wash pine sap off your hands just using water?)
Digestive enzymes and nutrients can easily diffuse through mucus, but they cannot diffuse through resin”
(vgl. http://www.sarracenia.com/faq/faq5500.html).
("In the early 1900s": Zur Richtigkeit und Bedeutung älterer Arbeiten siehe
die Ausführungen oben.)
Resin glands in Roridula: MN hat das inzwischen auch festgestellt (2010),
erwähnt aber nicht, dass damit Roridula als funktionale Vorstufe und als
Beispiel für seine früheren Aussage ("wobei einige Drüsenhaare zusätzlich Verdauungssekrete
absondern"),
verfehlt ist – von seiner bisherigen Weigerung, die
Forschungsergebnisse von Plachno et al. (2006, 2009) zur Roridula-Epidermis
(repetitio est mater studiorem: enzymatic exudates samt extrazellulären Phosphatasen und uptake von 47% N,
75% P, 86% K und 39% Mg aus Fruchtfliegen ohne die geringste Beteiligung von Pameridea roridulae) zur
Kenntnis zu nehmen, einmal ganz abgesehen. Ein Kernpunkt zur Unterscheidung
von karnivoren und nichtkarnivoren Pflanzen ist in diesem Zusammenhang
weiter die folgende Feststellung von Plachno et al. (2009, p. 651):
"True carnivorous plants possess not only anatomical modifications to trap animals and external enzyme
activily in traps, but crucially show sufficient mineral nutrient absorption from prey carcasses to support
plant growth and fitness in competition with non-carnivorous plants (Juniper et al.. 1989: Adamec, 1997 [siehe zum
302
Thema "fitness in competition…" die Ausführungen oben]). Of all six species tested
only Roridula and Drosophyllum
have been found to take up nutrients (N, P, K. Mg) from applied fruit flies (Table 3: cf. Adamec, 2002).”
Roridula ist nach diesen Befunden eindeutig eine karnivore Gattung und sie
ist durch ihre Spezialisierungen (resin glands zum Insektenfang in
Zusammenarbeit mit struktureller und funktionaler Sondergestaltung der
Epidermis mit sufficient mineral nutrient absorption from prey carcasses)
weder eine direkte noch eine funktionale Vorstufe zu anderen Karnivoren
oder zu den Karnivoren überhaupt.
Und dass die ohnehin zu den echten Karnivoren zählende Byblis ebenfalls
Spezialisierungen (Heterobathmien, specialization-crossings, chevauchements
de specialisation) aufweist, die sie auch nur als "funktionelles" Bindeglied zu
den Lentibulariaceen unbrauchbar machen, ist den meisten jüngeren und älteren
302
"…two American species of sticky plants suspected of carnivory, namely Ibicella lutea and Proboscidea parviflora (Martyniaceae), and in
two semi-desert species with glandular sticky leaves, Cleome droserifolia (Capparidaceae) and Hyoscyamus desertorum (Solanaceae),” sowie
Drosophyllum lusitanicum (Droseraceae) und Roridula gorgonias (Roridulaceae)”
214
Beschreibungen leicht zu entnehmen. Beispiele:
D'Amato 1998, p. 181: "The leaves are fine and linear, radiating in all directions from the stem." J. and P.
Pietropaolo 2001, p. 105: "In cross-section the base of the leaf is triangular with rounded edges but becomes
almost circular in cross-section at the tip." Barthlott et al. 2004, p. 84: "Die Blätter aller Arten sind in der
Knospenlage nach außen aufgerollt; diese Form der Knospenlage ist äußerst selten und kommt auch bei
Drosophyllum lusitanicum vor." Slack 2001, pp. 95/96: "When mature they [the leaves] are held at an acute
angle to the stem; the underside rather then the top surface of the leaf is therefore the most exposed, and
provides the most obvious surface on which an insect in flight might land. Not surprisingly, then it is the
underside of the leaf which is used principally by the plant to detain its prey. This is heavily scattered with
stalked, mucilage-secreting glands, but these are almost entirely lacking on the upper surface, where those that
occur are of diminutive size." [Slacks Aussage zum Winkel scheint in erster Linie auf junge Blätter zuzutreffen.
Siehe weiter die differenzierte Diskussion zu Byblis von Lloyd 1942/2007, pp. 95-96.]
Und noch einmal Slack 2001, p. 96: "While the stalked retentive glands are large and very conspicuous, the
digestive glands, though extremely numerous, are of microscopic size and quite invisible to the eye [der
Ausgangspunkt sollten vielmehr die large and very conspicuous glands gewesen sein, die dann später
zusätzlich Verdauungsenzyme produzierten]. They are arranged in single rows, and are sunk for protection in
little furrows. They are to be found not only on both sides of the leaf, but also on the stems.”
Brittnacher fasst die bisherigen Untersuchungsergebnisse zum Thema Byblis
und Evolution wie folgt zusammen (http://www.carnivorousplants.org/cp/EvolutionLamiales.php Zugriff am
29. 3. 2011):
"There is not much to say about the evolution of Byblis at this point. In the DNA phylogenies it tends to fall in
with families of plants that used to be considered part of the Scrophulariaceae and not close to the other
carnivores. It has a unique design for its glands and appears to have evolved carnivory independently of
the the other carnivores."
Ähnlich Fleischmann (2010, p. 115):
"Byblidaceae can be traced back to a separate, non-carnivorous branch close to the base of the Lamiales order
(Albert et al. , 1992; Müller et al., 2006; APG III, 2009) and so cannot have a common carnivorous ancestry
with Lentibulariaceae, despite the fact that it belongs to the same order of flowering plants. Furthermore, the
different overall morphology and distinctive flower anatomy (radial flower symmetry in Byblis, compared to the
bilabiate, tubular flowers of Lentibulariaceae) make it clear that Byblis forms a very distinct carnivorous lineage
within the Lamiales, and most likely a very old and isolated one."
Zu Detailunterschieden in der Struktur und Zytochemie zwischen den
digestive glands von Byblis und Pinguicula vgl. z. B. die Abbildungen in
http://www.carnivorousplants.org/cp/EvolutionLamiales.php nach Müller et al. 2002, dort genauso für die
mucilage glands; siehe weiter auch die Arbeiten von Lloyd 1942/2007, Y.
Heslop-Harrison und J. Heslop-Harrison 1980, 1981, Vassilyev und Muravnik
1988, Müller et al. 2002, 2006, Plachno 2007).
Byblis besitzt "als einzige Karnivore Verdauungsdrüsen, die direkt am Stamm
und an den Fangarmen sitzen" http://www.fleischfressendepflanzen.de/db/gattung.ffp?id=6. Auch der
"Klebstoff" scheint sich in Byblis und Pinguicula zu unterscheiden
(http://www.cpukforum.com/forum/index.php?showtopic=31967 2009, er arbeitet möglicherweise mit
einem Betäubungsmittel). Berücksichtigt man dazu die auf den Seiten 103/104
aufgeführten Fakten, so wird deutlich, dass auch die Gattung Byblis weder direkt
noch funktionell als eine Vorstufe zur Blattfalle von Pinguicula aufzufassen ist.
Es handelt sich selbst nach evolutionstheoretischen Voraussetzungen vielmehr
um eine unabhängig (konvergent) entstandene, ganz eigengeartete Gattung mit
entsprechendem Sonderstatus – was auch auf die schon oben behandelten
Gattungen Roridula und Drosophyllum zutrifft.
Slack zählt die Gattungen Byblis und Drosophyllum passend zu den "passiven
Klebfallen” (2001, p. 95, Kapitel 6: "The Passive Flypapers”, wie schon Lloyd
215
1942) und schreibt einleitend:
"The plants in this group belong to two genera: Byblis and Drosophyllum. There is certain superficial
resemblance between the two in their general appearance and in various features which they share in
common. However, this is purely an accident in evolution, for they belong to quite separate families. Each plant
secures its prey by means of a sticky mucilaginous substance secreted by numerous stalked glands. Both also
possess other, sessile glands, which secrete enzymes around the victims' bodies and are digestive in function. In
this way all but the chitinous husks and wings of the victims are broken down and dissolved into a fluid which
may thus be readily assimilated by the plant.
These plants are described as 'passive' in the sense that they have not evolved that power of movement which we
shall see in the sticky leaves of the Butterworts, and in the gland-tipped 'tentacles' and often in the leaves
themselves of the Sundews. But it is very questionable whether such added sophistications would be of any real
advantage to them at all, for both genera are so designed that they can efficiently catch and digest a truly
remarkable number of insects.”
Mit dieser Einschätzung von Slack sind wir wieder beim oben schon
ausführlich behandelten Thema der äußerst fragwürdigen selektionstheoretisch
notwendigen Weiterentwicklung der bestehenden Formen und Gattungen (die
sich überdies paläontologisch häufig als living fossils geoutet haben) und können
derzeit nur feststellen, dass Gattungen wie Byblis auch selektionstheoretisch
weder direkt noch funktionell eine Vorstufe zu Pinguicula oder überhaupt zu
den Lentibulariaceen sind. Und wieso in aller Welt sollten sich die
hypothetischen Vorläufergattungen und -Arten grundsätzlich anders verhalten
haben? Vielleicht weil es sonst die hypothetische (Makro-)Evolution nicht gäbe?
Wie steht es jedoch mit einigen "protokarnivoren" Spezies (Spomer 1999, p.
99, von mir nach Pflanzenfamilien geordnet) wie:
Cerastium arvense (Caryophyllaceae)
Stellaria americana (Caryophyllaceae)
Stellaria jamesiana (Caryophyllaceae)
Gilia aggregata (Polemoniaceae)
Heuchera cylindrica (Saxifragaceae)
Ribes cerum (Grossulariaceae)
Mimulus lewisii (Scrophulariaceae)
Penstemon attenuata (Scrophulariaceae)
Penstemon diphyllus (Scrophulariaceae)
Potentilla glandulosa var. intermedia (Rosaceae)
Rosa nutkana var. hispida (Rosaceae)
Rosa woodsia var. ultramontana (Rosaceae)
Solanum tuberosum (Solanaceae [potatoe])
Zunächst sei kurz erwähnt, dass der Begriff der "Protokarnivorie” nicht
unumstritten ist:
"Some authors prefer the term "protocarnivorous" because it implies that these plants are on the
evolutionary path to true carnivory, while others oppose the term for the same reason. The same problem
arises with "subcarnivorous." Donald Schnell, author of the book Carnivorous Plants of the United States and
Canada, prefers the term "paracarnivorous" for a less rigid definition of carnivory that can include many of the
possible carnivorous plants” (http://en.wikipedia.org/wiki/Protocarnivorous_plant).
Nach Spomer (1999) is Proteaseaktivität auf den Blättern der oben genannten
Spezies nachgewiesen. Macht das Nelken, Rosen und Kartoffeln zu (proto-)
karnivoren Pflanzen?
"These species tested positive for protease activity, though it is unclear whether the
216
protease is produced by the plant or by surface microbes.” 303
"The source of proteinase activity, whether plant or surface microbes, is yet to be
investigated” (Spomer 1999, p. 101).
Aber Geranium viscossisimum und Potentilla arguta "absorbed digestion
products of a protein applied to the leaves" (nach Plachno et al. 2009, p. 651;
und Spomer selbst 1999, p. 98: "…the breakdown products were absorbed and
translocated”). Dabei handelte es sich um Bruchstücke von 14C-markiertem
Protein der Alge Synechococcus leopoliensis. Zusätzlich kann man noch
Stylidium erwähnen (Darnowski et al. 2006). Zur Letzteren ist jedoch die Frage
nach nutrient uptake noch offen. 304
Jetzt wollen wir die Situation einmal hypothetisch stark vereinfachen und
annehmen, dass alle oben genannten Arten in der Lage sind, zumindest in
geringem Maße "digestion products of a protein applied to the leaves"
absorbieren können 305. Würde diese Fähigkeit die oben genannten und vielleicht
auch noch die zahlreichen weiteren Pflanzenarten mit sticky leaves zu
karnivoren Pflanzen machen? Oder zumindest zu Protokarnivoren?
Die Liste dieser sticky-leaves-Pflanzenarten ist sehr lang – hier nur einige wenige der zahlreichen
"glutinosa"-Beispiele, die sich durch das ganze Alphabet ziehen: Alnus glutinosa, Arctostaphylos
glutinosa, Baccharis glutinosa, Calytrix glutinosa, Cuphea glutinosa, Eragrostis glutinosa,
Eremophila glutinosa, Erica glutinosa, Eriodictyon glutinosa, Eucryphia glutinosa, Gutierrezia
texana var. glutinosa, Lysimachia glutinosa, Nepeta glutinosa, Olearia glutinosa, Primula glutinosa,
Rehmannia glutinosa, Sida glutinosa, Salvia glutinosa, Triantha glutinosa, Tofieldia glutinosa.
Würden sticky leaves und die Möglichkeit der Absorption von zumindest
kleineren Molekülen nicht schon fast das halbe Pflanzenreich zu
"Protokarnivoren" machen? Dass die Sache jedoch nicht so einfach liegt, zeigen
unter anderem die Untersuchungen zur möglichen Protokarnivorie der stickyleaf-Arten Lathraea squamaria, Salvia glutinosa und Rubus phoenicolasius von
S. Pohl 2009:
303
304
http://en.wikipedia.org/wiki/Protocarnivorous_plant.
Vgl. auch http://en.wikipedia.org/wiki/Protocarnivorous_plant
- "...virtually every surface of a plant…is capable of absorbing both large and small molecules" – Juniper 1986 zitiert nach Spomer 1999,
p. 98. Das ist jedoch im allgemeinen umgekehrt proportional zur Molekülgröße, d. h. je größer die Moleküle desto schwieriger und geringer
die Aufnahme; Analogie: auch die menschliche Haut ist zur selektiven Absorption von Molekülen befähigt (Stichwort "Nikotinpflaster") –
ist damit die Entstehung des synorganisierten Multikomponentensystems des Verdauungssystems mit Mund, Zunge, Speicheldrüsen,
Zähnen, Magen, Leber, Gallenblase, Pankreas bis zum Anus durch definitionsgemäß richtungslose Mutationen und Selektion erklärt? Kann
das wunderbare Organ Haut mit den ihr eigenen komplexen Strukturen und vielfältigen Aufgaben die specified complexity des
Verdauungskanals ersetzen oder auch nur ausreichend funktional erklären? Aber zurück zu Aufnahme kleinerer Moleküle über das Blatt:
"Die Aufnahme von gelösten Stoffen über die Blätter ist bei Landpflanzen durch die Cuticula der Epidermis stark eingeschränkt.
Niedermolekulare Verbindungen wie Zucker sowie Mineralstoffe und Wasser können durch hydrophile Poren die Cuticula passieren. Diese
Poren haben einen Durchmesser von einem Nanometer, dadurch kann z. B. Harnstoff (Durchmesser 0,44 Nanometer) leicht passieren. Die
Poren sind negativ geladen, so dass Kationen leichter passieren können als Anionen. Damit wird z. B. Ammonium rascher aufgenommen als
Nitrat" http://de.wikipedia.org/wiki/Blatt_(Pflanze).
"… Zu den Nachteilen der Blattdüngung zählen zum Beispiel [wieder nach soeben zitierten Quelle]:
1. Abperlen von der hydrophoben Blattoberfläche
2. Abwaschen durch Regen
3. Bestimmte Nährstoffe wie Kalzium können von den Blättern nicht mehr in andere Pflanzenteile transportiert werden.
4. Mit einer Blattdüngung kann nur eine begrenzte Menge an Nährstoffen aufgebracht werden (Ausnahme ist Harnstoff).
5. Es kann zu Schäden am Blatt führen: Nekrosen und Verbrennungen".
Wollte man jedoch sämtliche Pflanzenarten, die in der Lage sind, zumindest kleinere Moleküle über das Blatt aufzunehmen, als para- oder
protokarnivor einstufen, dann müsste man praktisch das gesamte Pflanzenreich zu den Para- oder Protokarnivoren zählen. Aufgenommen
werden am besten relativ kleine Moleküle wie N über Harnstoff (CH4N2O), Phosphor in H3PO4, Kalium in KNO3 usw. (vgl. Tabelle 3 in
http://www.conklin.com/files/pdf/ag0100_006_0909_mwlabsfoliarnutrition.pdf). Siehe dagegen die Bedingungen für das CARNIVOROUS
SYNDROME unten, wobei jeder einzelne Schritt zum Syndrom ein unwahrscheinliches Ereignis für sich ist.
305
217
"Aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit ist keine der drei Pflanzen als protokarnivor
zu bezeichnen, da sie offenbar keinen Nutzen von den gefangenen Tieren haben." (Vgl.
http://othes.univie.ac.at/6995/.)
Wenn es nun evolutionär einfach und vorteilhaft wäre, allein auf der Basis von
sticky leaves und selektiver Absorption von Molekülen Karnivoren wie
Utricularia, Aldrovanda oder Dionaea mit ihren perfekten Fangmechanismen zu
entwickeln etc. – warum hat das dann in dem gewaltigen Zeitraum von rund 1
Milliarde Jahren und unzähligen von Mutationen in Billionen von Pflanzen nur
so selten geklappt? Ich erinnere noch einmal an die Feststellung von Juniper,
Robins and Joel: "…there are very few carnivorous plants. There is none, with
the exception of a few fungi, below the angiosperms; there are no herbs, no
shrubs or trees and there are large areas of the phylogenetic table (see Fig.
1.2) where carnivory does not seem to have evolved at all.” Ähnlich Benzinq
(1987, p. 364): "But despite its obvious advantages and substantial geological
history, botanical carnivory remains a minor nutritional mode, apparently
because prey use is usually not the most economical way for plants to secure
nutrients.”
Worin liegt jetzt aber der Unterschied zwischen den normalen sticky-leavesPflanzen und etwa Roridula und Byblis? M. Honda hat (2010) zu den
Karnivoren folgenden Definitionsvorschlag unterbreitet (http://www.inet1000.com/IPW_BOOK/Text.htm):
"The exact definition of carnivorous plants may differ among authors. But to
be included in this exclusive society of plant carnivores, a plant must minimally
exhibit the ability to capture prey, digest it, and absorb its nutrients [in
substantial amounts]. Many carnivorous plants also provide various attractions
to lure prey. Last but not least, a/the plant must derive survival benefit from
carnivory. The general description of carnivorous plants then becomes:
1
2
3
4
5
Attraction of prey
Capture/retention of prey
Digestion of prey
Absorption of digested material
Derivation of benefit” 306
Roridula und Byblis erfüllen alle diese Bedingungen vollendet (carnivorous
syndrome). Oben hatten wir schon den Gegensatz zwischen Roridula und
306
Der Punkt 2 in der Auflistung von Honda wird von anderen Autoren in zwei Extrapunkte unterteilt: "2.
Capture of prey”, "3. Retention of prey” und vor "Digestion of prey" kommt "Killing auf prey”. Zum Punkt 4
nach Honda wäre "in substantial amounts” zu ergänzen und vor "Derivation of benefit" könnte man
"Translocating the nutritive yield” auführen (Benzinq nach Lloyd und Heslop-Harrison) und zu "Derivation of
benefit” selbst könnte man "i. e. clear use for growth and reproduction" ergänzen. Mit Nachtwey hatten wir oben
noch den Schritt Umwandlung der tierischen Proteine in "arteigenes Planzeneiweiß" zitiert. Hier dürfte zur
generellen Fähigkeit aller Pflanzen zur Kodierung und Produktion von Proteinen bei den Karnivoren zwecks
Abbau und Umbau tierischer Proteine noch mindestens ein Schritt dazu kommen (die oben erwähnten Spezies
der Gattungen Proboscidea, Ibicella, Cleome und Hyoscyamus können das offenbar nicht; Forschungsaufgabe:
genau welche(r) Schritt(e)?). Das ergäbe dann also 9 Punkte.
218
Drosophyllum (uptake of substantial amounts of N, P, K, and Mg from
Drosophila prey) auf der einen Seite und sticky-leaves-Spezies von
Proboscidea, Ibicella, Cleome und Hyoscyamus (no uptake) auf der anderen
zitiert. Die bisherigen Daten legen die Schlussfolgerung nahe, dass bei
Roridula, Drosophyllum und Byblis ein deutlicher quantitativer und
qualitativer Sprung im Vergleich zu den nichtkarnivoren Arten vorliegt. Es
gibt zwar zahlreiche z. T. widersprüchliche, aber innerhalb ihres jeweiligen
Rahmens manchmal recht plausible Spekulationen, wie sich die Karnivorie im
Pflanzenreich entwickelt haben könnte, aber "plausible stories need not be true"
(Gould): Tatsache ist vielmehr: "There is no clear picture of how often, by what
route, or when carnivory emerged during plant evolution" (Benzinq). 307
Innerhalb des nach Honda und weiteren Autoren (siehe Fußnote) zitierten
Definitionsrahmens gibt es nun zahlreiche unterschiedliche Attraktions- und
Fangmethoden, digestion of prey etc. in unterschiedlichen Komplexitätsstufen
(wie oben ausführlich diskutiert), die sogar am gleichen Standort zusammen mit
karnivoren (nahe und entfernt verwandten) und nichtkarnivoren Arten (von
Algen bis zu den Angiospermen) erfolgreich auftreten und damit
selektionstheoretisch gleichwertig sind. Siehe zur Ergänzung auch die langen
Listen der zusammen mit einigen Pinguicula-Arten (Pinguicula vulgaris, P.
grandiflora und P. lusitanica) vorkommenden nichtkarnivoren Spezies, die
Yolande Heslop-Harrison (2004) zusammengestellt und publiziert hat: vgl. dort
die Tables 2, 5, and 8 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.0022-0477.2004.00942.x/pdf.
Eine Detaildiskussion, warum die oben aufgeführten Nelken, Rosen, Primeln,
Kartoffeln etc. mit ihren sticky leaves nicht zu den (proto-)karnivoren Pflanzen
gehören, scheint mir derzeit nicht notwendig zu sein. Einige Hauptpunkte hat S.
Pohl anhand der von ihr untersuchten sticky-leaves-Arten schon herausgearbeitet
(siehe oben) und der an weiteren Punkten interessierte Leser wende bitte die
obige Definition von Honda (inklusive der Ergänzungen in der Fußnote) auf
diese Frage weiter an.
10. Zu den unterschiedlichen Differenzierungs- und Komplexitätsstufen im
Organismenreich generell – nicht nur bei den Karnivoren – vielleicht folgende
simple Veranschaulichungen aus der Technik (selbstverständlich hinken Beispiele fast immer, wer aber
die logische Struktur der folgenden Beispiele versteht, wird keine Schwierigkeiten haben, sie auf die unterschiedlichen
): Beweist die
Tatsache, dass es (Kinder-)Roller, kleine und große Fahrräder, Dreiräder,
Kinderwagen ('Vierräder'), Motorräder, Autos (PKWs und Lastwagen/Trucks
mit mehr als 4 Rädern) etc. gibt, dass sich alles vom Roller ableitet und überdies
von selbst entstanden ist (Selbstorganisation)? Und dass etwa bei einem
Mercedes 240 E ein funktional irreduzibles core system nicht vorhanden wäre?
Zeigt uns die Serie Hundehütte, kleine Laube, Lehmhütte, Einfamilienhaus,
Villa mit Swimmingpool, Schloss Neuschwanstein, Buckingham Palace, dass
Differenzierungsstufen der Karnivoren anzuwenden; vgl. weiter die Beispiele und die Fußnote 123, p. 107
307
Benzinq 1987, p. 365.
219
sich die Schlösser allesamt von der Hundehütte ableiten und ohne Geist, Plan
und Ziel entstanden sind? Siehe auch die Veranschaulichungen auf der Seite 107
oben und Casey Luskin 2006 308. Oder vielleicht mit MN (etwas verändert):
"Arten wie Roller, Dreiräder, Fahrräder
und Motorräder belegen auf
eindrucksvolle Weise, dass auch komplex(er) gebaute Maschinen wie ein
Mercedes 240 E keineswegs durch eine gezielte (Syn-)Organisation aller für die
Funktion wesentlichen Komponenten entstehen müssen."
Zu biologischen Beispielen vgl. Auge widerlegt Zufalls-Evolution 309 und Die
Evolution der Langhalsgiraffe (Giraffa camelopardalis) – was wissen wir
tatsächlich? Zwei Teile 310; siehe zur Problematik der oft einfach "als gegeben"
vorausgesetzten einzelnen Schritte bei den Karnivoren auch die Anmerkungen
auf den Seiten 167/168 der vorliegenden Arbeit.
Gibt es nun Protokarnivoren? Ja, und zwar genau so sicher wie ein
Kinderroller
oder
ein
Fahrrad
ein
Protomercedes
ist.
Unter
evolutionstheoretischen Voraussetzungen bleibt nur wieder völlig unerwartet,
dass sich die vielen Arten von 'Protokarnivoren' ("...the term "protocarnivorous"... implies
that these plants are on the evolutionary path to true carnivory...") auch in Millionen von Jahren
nicht weiterentwickeln konnten.
11.
MN: "c.) Die Behauptung, "Heliamphora tatei [sei] primitiv … und [produziere] keine Enzyme",
hat LÖNNIG erfunden und mir wahrheitswidrig untergeschoben." [Fett von MN.]
Hier noch einmal MNs hypothetische Serie funktional zunehmender
Komplexität (vgl. Punkt 88, p. 106):
Roridula gorgonias
Byblis gigantea
Heliamphora tatei
Sarracenia purpurea
Utricularia multifida
Von Sarracenia purpurea hatte der Autor zuvor ohne Einschränkung
behauptet, dass diese Spezies keine Verdauungsenzyme produziere (wörtlich
"die keine Verdauungssäfte herstellt", vgl. hier Punkt 63, p. 73). Unter Punkt 64
(p. 75) bezeichnet er "die Sumpfkrüge (Heliamphora)" als Beispiel für rezente
"passive Fallgruben (Gleitfallen)". Passiv heißt hier unter anderem, dass sie
ebenfalls keine Enzyme produzieren – (und zwar wiederum ohne jegliche
Einschränkung von MN) und er nennt dann später ausdrücklich Heliamphora
tatei als Beispiel für seine konstruktive Reihe vor dem nächsten Schritt
Sarracenia pupurea (p. 106). Heliamphora tatei ist somit nach MNs Schema
primitiver als Sarracenia purpurea. Schlussfolgerung: Keine von beiden Arten
produziert nach MNs Darstellung irgendwelche Enzyme.
308
http://www.evolutionnews.org/2006/04/do_car_engines_run_on_lugnuts002075.html,
http://www.evolutionnews.org/2006/04/do_car_engines_run_on_lugnuts_1002157.html http://www.discovery.org/a/3718,
309
http://www.weloennig.de/AuIWa.html
310
http://www.weloennig.de/Giraffe_Erwiderung.1a.pdf und http://www.weloennig.de/GiraffaZweiterTeil.pdf;
220
Was an den Vertretern von Heliamphora sonst noch primitiv sei, sagt er uns unter Punkt 65, p. 82: "Bei
diesen Vertretern kann man noch genau erkennen, wie sich ein normales Laubblatt zu einem Schlauchblatt
umformte (Abb. 46)."
Andreas Fleischmann hat der vermeintlichen "Primitivität" von Heliamphora (2010, pp.
100-102) im Rahmen seiner Diskussion zur Evolution dieser Gattung und der Sarraceniaceae
überhaupt, gründliche Studien und Ausführungen gewidmet, die die oben (pp. 75/76) nach
Barry Rice zitierten Feststellungen z. T. noch ergänzen, u. a. zum Thema der Blütenmorphologie ("most sophisticated of all carnivorous plants in terms of its adaptations to prevent self-pollination" and insect-symbiosis
for pollen release). Den folgenden Hauptpunkt möchte ich dazu ausführlicher zitieren, da er sowohl
für MNs oben noch einmal zitiertes Argument ("…kann man noch genau erkennen…"), für die
idealistische Morphologie und für das "Biogenetische Grundgesetz", das hier auf dem Kopf
steht, relevant ist (p. 101, bold wieder von mir):
"Forth, and perhaps most convincingly, the apparently "primitive" leaf structure of Heliamphora is only
produced in adult plants. Juvenile plants of all Heliamphora instead produce tubular leaves of a much more
complex design; these are reminiscent of Sarracenia leaves. This juvenile foliage of Heliamphora shows that
the adult leaves of marsh pitcher plants are by no means ancestral primitive remnants, but modifications of
a common ancestral Sarraceniaceae pitcher design, in adaptation to environmental conditions of the rainy tepui
summits."
Vgl. zum Thema Grundtyp und (Mikro-)Evolution der Sarraceniaceae oben
die Ausführungen auf den Seiten 67/68, 80/81, 122, 169, 206 sowie die
Fußnoten 46 (p. 30) und 212 (p. 119).
Zurück zur konstruktiven Reihe von MN: In der speziellen Zusammenfassung
zu den Karnivoren habe ich Folgendes festgestellt (p. 2):
An Roridula gorgonias und Byblis gigantea schließt MN "konstruktiv" Heliamphora tatei an (siehe Punkt 64,
p. 75 und expressis verbis Punkt 88, p. 106 unten) und arbeitet dabei mit den "false facts", dass Heliamphora
tatei primitiv sei und keine Enzyme produziere. Beides ist nachweislich falsch.
In der Klammer hatte ich zunächst nur geschrieben ("siehe u. a. Punkt (88)
unten") und das Weitere später ergänzt ("siehe Punkt 64, p. 75 und expressis
verbis Punkt 88, p. 106 unten"). Der Leser entscheide bitte angesichts dieser
Tatsachen wieder selbst, wer hier etwas Falsches ("false facts") erfunden hat
und wer wem etwas 'wahrheitswidrig unterschiebt'.
12. MN: "d.) Sarracenia purpurea produziert zwar, entgegen ursprünglichen Erkenntnissen, im ersten
Jahr zeitweilig eigene Hydrolasen. Ab dem 2. Jahr wird die Verdauung allerdings von den Destruenten
(z. B. Bakterien) übernommen, welche die Falle besiedeln." [Fett von MN.]
Wie schon erwähnt, behauptet MN in seinem Originalbeitrag (2009; hier unter
Punkt 63, p. 73 wiedergegeben) ohne jegliche Einschränkung, dass Sarracenia
purpurea keine Enzyme produziere (das sollte eine Ausnahme bei den Sarraceniaceen sein. MN:
"Eine Ausnahme ist S. purpurea, die keine Verdauungssäfte herstellt. Dort übernehmen Bakterien (!) die
Verdauung.").
Ich hatte diesen Punkt in der Zusammenfassung wie folgt
beanstandet:
Der Autor arbeitet weiter mit "false facts" indem er die Reihe mit Sarracenia purpurea und Utricularia
multifida fortsetzt und – im deutlichen Gegensatz zu den Tatsachen – behauptet, Sarracenia purpurea würde
ebenfalls keine Verdauungsenzyme produzieren…
Es ist nun wirklich eine falsche Tatsache, dass Sarracenia purpurea keine
Verdauungsenzyme produziert. Der nicht ganz koschere Rechtfertigungsversuch
("Sarracenia purpurea produziert zwar, entgegen ursprünglichen Erkenntnissen, im ersten Jahr zeitweilig
221
hingt gleich an mehreren Stellen: Dass S. pupurea
Verdauungsenzyme produziert, war schon 12 Jahre vor MNs Beitrag (2009)
bekannt (siehe die Details hier p. 74) – und die "ursprünglichen Erkenntnisse"
waren keine "Erkenntnisse", sondern Missverständnisse aufgrund mangelhafter
Forschung und waren seit rund 12 Jahren überholt (er hätte das also bei einer
sorgfältigen Recherche vorher wissen können). MN: "…im ersten Jahr
zeitweilig Hydrolasen": Bei den Hydrolasen handelt es sich um Proteasen,
RNasen, Nukleasen und Phosphatasen. Chitinasen wurden nicht nachgewiesen
(aber zusätzliche Enzyme können nicht ausgeschlossen werden). Was das
"zeitweilig" alles bedeutet, habe ich auf der Seite 74 weiter ausgeführt (Länge
und Induzierbarkeit; weitere Details zum Thema insbesondere zu den
Hydrolasen bei Gallie und Chang 1997: http://www.plantphysiol.org/content/115/4/1461.full.pdf+html).
Noch ergänzend zur Aussage "…im ersten Jahr zeitweilig": "Even though a trap
can live in excess of 1 year, the bulk of prey is caught within the first 50 days
after a trap opens" (Gallie and Chang 1997, p. 1461), Induzierbarkeit auch
noch nach 4 Monaten. "Digestion in the pitcher is aided, especially during the
second year, by the commensal organisms that live in the pitchers” (Barry Rice
2005/2010 http://www.p.com/faq/faq5538.html, man beachte besonders die vorsichtige
Formulierung "aided”, nicht "substituted”).
eigene
Hydrolasen.")
Auf eine Anfrage von MN behauptete Rice am 11. 4. 2010 jedoch plötzlich das Gegenteil dessen, was ich
gerade von ihm 2005/2010 zitiert habe. Ich fragte B. Rice (am 2. und 3. 4. 2011), ob und falls ja, von wem diese
Frage wissenschaftlich untersucht worden ist. Antwort: Seines Wissens gibt es nur die Untersuchungen von
Gallie und Chang (ganz in Übereinstimmung mit meinen eigenen Recherchen; auch Brunners Aussage, dass
eigene Enzyme im zweitem Jahr fehlen, ist nur eine Vermutung), d. h. niemand hat diese Frage für das zweite
Jahr bisher untersucht. Ergo: Die Frage ist noch offen.
Kurz: Anstatt seinen Fehler, dass S. pupurea keine Verdauungsenzyme
produziere, unumwunden zuzugeben, versucht er alles Mögliche 311, um seine
falsche Aussage so klein wie möglich zu reden und den Anschein zu erwecken,
dass er manche Dinge kaum wissen konnte, bzw. dass er für das zweite Jahr ja
doch recht hatte 312. Kurz: MN hat genau passend für seine evolutionären
311
Einschließlich Ablenkungsmanövern, wie dass bei S. purpurea "Ab dem 2. Jahr die Verdauung allerdings
von den Destruenten (z. B. Bakterien) übernommen wird, welche die Falle besiedeln" – jetzt schließt er also für
das zweite Jahr die (induzierbare) Produktion von Verdauungsenzymen aus – anstatt sich zu vergewissern, ob
diese Frage überhaupt schon wissenschaftlich untersucht worden ist. Gallie schrieb mir auf meine Anfrage "Is
there anything known about induction and enzyme production in the second year, say in one and a half year old
pitchers?” am 6. 4. 2011: "..we haven't looked at enzyme production in one and a half year old pitchers so we
just don't know. My guess is that pitchers remain responsive but perhaps less so as they age.” Dafür könnte auch
die folgende Beobachtung von Barry Rice sprechen: "…the pitchers of Sarracenia purpurea survive in fine
shape for two years unless they are damaged by fire or truly excessively cold conditions”
(http://www.sarracenia.com/faq/faq5538.html). MN sagt weiter, dass die Beschreibung in der Karnivoren-Datenbank zur
Arbeit von Gallie und Chang nicht eindeutig war – anstatt sich die Originalarbeit anzusehen! Und angesichts der
oben analysierten fragwürdigen Rechtfertigungsversuche darf man vielleicht auch fragen, ob MN inzwischen die
wirklich painstaking investigations von Gallie und Chang (mit ihren zahlreichen Wiederholungen der
Einzelversuche zur möglichst einwandfreien Absicherung der Daten und Ergebnisse) gründlich studiert und
adäquat verarbeitet hat.
312
Obwohl eine Differenzierung für das erste und zweite Jahr gar nicht zur Diskussion stand und der
postulierte Verlust der Fähigkeit im zweiten Jahr für die grundsätzliche Frage, ob S. purpurea überhaupt
Verdauungsenzyme produziert, letztlich irrelevant ist. Sollte es sich (entgegen selbst selektionstheoretischer
Erwartungen) herausstellen, dass die Verlusthypothese zutrifft, dann könnte die Antwort auch für Degenerationsund Funktionsverlustmöglichkeiten sowohl bei anderen Karnivoren (wie Heliamphora) als auch im
222
Erklärungs- und Rechtfertigungsversuche ungeprüft eine spätestens seit 1997
überholte Aussage übernommen und uneingeschränkt behauptet, S. purpurea
produziere keine Verdauungsenzyme. Diese Behauptung hat er als Tatsache
ausgegeben – folglich hat er mit einer falschen Tatsache operiert.
Und jetzt übernimmt er (wieder ungeprüft und scheinbar passend für seine
Evolutionsvorstellungen und Rechtfertigungsversuche) die Behauptung, dass vom zweiten
Jahr an die Verdauung in den pitchers (ausschließlich) von Destruenten übernommen werde
(d. h. dass S. pupurea im zweiten Jahr keinerlei Verdauungsenzyme mehr produziere),
obwohl niemand diese Frage bisher wissenschaftlich genau untersucht hat und überdies
diese Behauptung selbst aus selektionstheoretischer Sicht nicht gerade wahrscheinlich ist:
Denn für die Selektionstheorie, die MN mit seinen Ausführungen verteidigen möchte, erhebt
sich die Frage: Welchen Selektionsvorteil sollte denn der völlige Verlust der präzis
induzierbaren Produktion von digestive enzymes im zweiten Jahr haben? Und wenn es ohne
Verdauungsenzyme genauso gut geht, – wozu produziert S. purpurea dann im ersten Jahr
überhaupt welche?
Forschungsvorschlag: Können die pitchers von S. pupurea auch im zweiten
Jahr noch Verdauungsenzyme induziert produzieren? Falls ja – was nicht
unwahrscheinlich ist – welche? Fall nein – wie ist dann der Verlust
selektionstheoretisch zu erklären (welchen Vorteil hat der völlige Verlust)?
Zu meinen Forschungsvorschlägen möchte ich hier kurz ergänzen, dass in
einem Pilotversuch mit Pinguicula zur Untersuchung der Hypothese Barthlotts
et al. ("Durch Herabsenken der Fangblätter ins Erdreich kann man sich die
Entstehung der Genlisea-Reusenfallen und Utricularia-Fangblasen vorstellen")
genau das eingetroffen ist, was von meiner Seite biologisch begründet
prognostiziert wurde: Schon nach einigen Wochen war von den ins Erdreich
herabgesenkten Fangblättern von Pinguicula praktisch nichts mehr übrig 313
(sogar zu meiner eigenen Überraschung, dass das derart schnell ging). "Ende der
Weiterentwicklung!" (Vgl. p. 90 oben.)
13. Wie sicher ist eine wissenschaftliche Theorie und Position, die es immer
wieder nötig hat zu ihrer Verteidigung von einer weitverbreiteten Ablehnung,
Unwissenheit und Vorurteilen im Publikum auf völlig anderen Gebieten
profitieren zu wollen – etwa zur Religionszugehörigkeit von Wissenschaftlern
(vgl. pp. 9-15 von http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf)? Wie stark ist eine Position
wirklich, die auf diese Weise versuchen muss, den freien Zugang zur
Gegenargumentation zu blockieren oder zumindest zu erschweren? 314 Der
intelligente und vorurteilsfreie Leser wird sich durch solche Methoden nicht
davon abhalten lassen, aufgrund der unterbreiteten Tatsachen und
Argumente selbst zu einem qualifizierten Urteil zu gelangen.
Organismenreich generell relevant werden (und damit auch wieder für die mangelnde Stringenz der Selektion überhaupt, siehe oben); vgl.
weiter http://www.weloennig.de/AesVI.1Dege.html.
313
Versuchsbeginn: Donnerstag 12. August 2010, Versuchsende Mittwoch 22. September 2010. Den (Pilot-)Versuch müsste man mit
verschiedenen Pinguicula-Arten und unterschiedlichen Böden mit größeren Pflanzenzahlen erweitern.
314
Bei meinen Hinweisen auf die materialistische Philosophie mancher Autoren sieht die Situation dagegen völlig anders aus, weil die große
Mehrheit des Publikums diese bejaht.
223
Bei den hoffentlich wenigen Lesern jedoch, denen es – statt um Fakten, die Wahrheit und
einen rational-ehrlichen, fairen und offenen Diskurs der zahlreichen naturwissenschaftlichen
Probleme der Synthetischen (und weiterer) Evolutionstheorie(n), statt der Argumente für und
gegen einen intelligenten Ursprung der Lebensformen (intelligentes Design, ID) – vielmehr
im Sinne des Zeitgeistes um die Frage geht, "wer im Kräftefeld der institutionellen
Machtverhältnisse über die größere Definitionsgewalt verfügt und damit auch die Deutungen
der
Realität
mitbestimmen
kann"
(R.
Schmidt
2006,
p.
170,
vgl.
http://www.weloennig.de/RobertSchmidtDesigner.html), bei Lesern (also), denen es um Ansehen,
Vorteile, Macht, Geld, Durchsetzung des Materialismus mit möglichst wortgewaltiger
Polemik, Stigmatisierung von "Abweichlern" mit unredlichen Unterstellungen (siehe z. B. den
Kommentar von Fritz Poppenberg http://www.dreilindenfilm.de/reaktionen/aw_biologen.htm), bei
Lesern, die für Tatsachen und Logik nicht mehr zugänglich sind, da sie mit den heutigen
Evolutionstheorien im Prinzip bereits im Besitz der absoluten Wahrheit sind 315 ("Its essential
truth is now universally accepted by scientists competent to judge", Hardin; "Evolution is true – and the truth
can only make us free", Gould), nämlich der absolut sicheren und ausschließlich materialistisch
deutbaren "Tatsache Evolution" 316, habe ich mit ID natürlich nicht die geringste Chance auch
nur auf einen Teilerfolg. (Vgl. zu Tendenzen im heutigen Wissenschaftsbetrieb weiter den
aufschlussreichen Kommentar des Journalisten und Kulturkritikers Arno Kleinebeckel 2009,
p. 30 zitiert in http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf, p. 108. Auch die Themen Soziobiologie
und Sozialdarwinismus dürften in diesem Zusammenhang nicht uninteressant sein; siehe z. B.
die Ausführungen in http://www.weloennig.de/DieZEITanalyse.html.)
14. "Errare humanum est" 317 und "es irrt der Mensch so lang er strebt"
(Goethe, Faust) – wir alle machen Fehler, auch wenn wir uns noch so viel Mühe
geben, sie zu vermeiden. Wenn Fehler jedoch systematisch auftreten, wie
Punkt für Punkt bei der gesamten oben ausführlich diskutierten von MN
präsentierten Reihe Roridula gorgonias, Byblis gigantea, Heliamphora tatei,
Sarracenia pupurea, Utricularia multifida, sowie in diesem Zusammenhang
auch noch zu Genlisea (mit ihrem nicht existierenden Saugmechanismus) und
dazu in der nächsten Abstammungsversion von Barthlott et al., die der soeben
aufgeführten in mehreren Punkten widerspricht, die zweifelhaften Bindeglieder
Pinguicula agnatha und P. utricularioides, dann liegt die Frage nach einer
ungewöhnlichen Ursache nahe.
Im vorliegende Falle scheint mir die Feststellung von K. F. Meis anwendbar,
wenn er in http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf pp. 36/37 zu den evolutionstheoretischen
"Interpretationen, Extrapolationen und Interpolationen", die "mit einem
vorgegebenen atheistischen Ziel arbeiten müssen (geistige Größen haben nur
materielle Ursachen) und keine erkenntnisoffene Deutung mehr zulassen",
feststellt: "Egal wie das Tatsachenmaterial aussieht, das Ziel steht fest.
Entsprechend müssen die Fakten "gebogen", "gestreckt" und "gestaucht"
werden, um zur Zielvorgabe zu passen." In diesem Sinne darf man wohl auch
mit stark ausgeprägter "selektiver Wahrnehmung" bei einigen ihrer Vertreter
rechnen, wobei diese dazu tendieren, alles, was zur Zielvorgabe passt, ungeprüft
zu übernehmen und entgegenstehende Tatsachen zu ignorieren (wie oben im
Detail exemplifiziert).
315
316
317
Und in der Biologie ist von den Vertretern dieser Auffassungen tatsächlich und eindeutig die naturwissenschaftliche Ebene gemeint.
Siehe die Zitate und Links in der Einleitung zur Diskussion von Einwänden oben.
- "irren ist menschlich" und es geht noch weiter http://de.wiktionary.org/wiki/errare_humanum_est
224
Das hängt jedoch auch weitgehend von der personalen Integrität und dem ausreichenden
Kenntnisstand eines Evolutionstheoretikers zum jeweiligen Thema ab. Hohe personale
Integrität (ausgeprägte Wahrheitsliebe, Selbsttreue, Unbestechlichkeit, Rechtschaffenheit,
Ganzheit, Kohärenz, Langmut, Gründlichkeit, Selbstbeherrschung, Gerechtigkeit, starke
Realitätsbezogenheit) 318 – ein Evolutionsbiologe mit diesen Eigenschaften wird
selbstverständlich viele Fehler vermeiden und nicht nur die Stärken, sondern auch die
Schwächen seiner Position und Hypothesen herausarbeiten. Dem Ideal mehr oder weniger
nahe kommen nach meinem Verständnis viele Schriften etwa von Schindewolf, Portmann,
Gould, Stanley und anderen Evolutionsbiologen – trotz mancher weltanschaulicher
Vorgaben 319.
15. Völlig rätselhaft (oder vielleicht auch nicht) ist mir zur Publikation von
MNs Buch Evolution im Fadenkreuz des Kreationismus (2009) die Rolle der
Evangelischen Kirche, die doch eigentlich die Aufgabe hätte – statt den
atheistisch motivierten intellektuellen Krieg gegen eine intelligente Schöpfung
mit allen Mitteln, einschließlich materiellen, zu unterstützen – die möglichst
hoch
qualifizierte
wissenschaftliche
und
philosophisch-theologische
Verteidigung von Gott, Geist, Intelligenz, Design und Weisheit als direkter
Quelle des Universums und des Lebens (auch gegen den materialistischen
Zeitgeist) zu vermitteln (zur Testbarkeit von Design vgl. wieder pp. 118, 155157).
Der Herausgeber der Buches (MN) bedankt sich u. a. bei Herrn Hansjörg
Hemminger von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
(EZW, Berlin), dafür, dass dieser (wie auch A. Beyer) "das gesamte Buch
Korrektur las" und ihn "mit vielen hilfreichen Anmerkungen unterstützte" (d. h.
beide haben die zahlreichen Sachfehler des Buches völlig übersehen, für das
Utricularia-Kapitel scheinbar ebenso Barthlott und andere) und bei Hemminger
auch dafür, dass er ihn "in Verlagsangelegenheiten tatkräftig unterstützte".
Darüber hinaus bedankt sich MN für die finanzielle Zuwendung beim
evangelischen Oberkirchenrat Stuttgart. ("Für die finanzielle Zuwendung zur
Förderung dieses Bandes danke ich meinen Mitautoren sowie dem
evangelischen Oberkirchenrat Stuttgart."). Dieser Oberkirchenrat besteht aus
der Oberkirchenrätin Margit Rupp, dem Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel,
Oberkirchenrat Werner Baur, Oberkirchenrat Wolfgang Traub, Oberkirchenrat
Erwin Hartmann, Oberkirchenrat Dr. Martin Kastrup und Oberkirchenrat HansPeter Duncker 320.
Selbst der schon oben zitierte Hubert Rehm meint zum Druckkostenzuschuss
u. a. (2009, p. 55):
"Seltsam mutet den Rezensenten auch die Tatsache an, dass das Buchprojekt finanziell vom evangelischen
Oberkirchenrat Stuttgart unterstützt wurde. Seit wann sind naturwissenschaftliche Fragestellungen ein Anliegen
von Oberkirchenräten?"
318
Z. T. nach P. Büche aus Pollmann, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Integrit%C3%A4t_(Ethik)
319
Zu Gould siehe jedoch Fußnote 62, p. 36 oben.
Gemäß https://www.service.elk-wue.de/oberkirchenrat/uebersicht-oberkirchenrat.html; Zugriff am 21. 3. 2011.
320
225
Der kritische Leser sehe sich jedoch zur offiziellen Position der Evangelischen
Kirche einmal die letztlich gegen jede Form einer direkten intelligenter
Schöpfung gerichteten, polemischen Schriften der Evangelischen Zentralstelle
für Weltanschauungsfragen (Berlin) unter der Federführung von Hansjörg
Hemminger an.
Wenn nach Hemminger (sinngemäß) von Gott in der Natur überhaupt nichts erkennbar ist
(Hemminger 2010, Junker 2010), so steht er damit im diametralen Gegensatz zu Paulus: ". . .weil das,
was man von Gott erkennen kann, unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbar gemacht.
Denn seine unsichtbaren [Eigenschaften] werden seit Erschaffung der Welt deutlich gesehen, da sie
durch die gemachten Dinge wahrgenommen werden, ja seine ewig währende Macht und Göttlichkeit,
so dass sie unentschuldbar sind;" (Römer 1:19-20).
Vgl. weiter zu Hemminger die gut dokumentierten Stellungnahmen von Reinhard Junker und
weiterer Autoren: Eine Karikatur des Design-Arguments 321; "Mit der Evolution gegen den
Bibelfundamentalismus. Stellungnahme der Studiengemeinschaft Wort und Wissen zu: Hansjörg
Hemminger: "Mit der Bibel gegen die Evolution – Kreationismus und 'intelligent Design' – kritisch
betrachtet" EZW-Texte 195, 2007 322; Und Gott schuf Darwins Welt, Rezension von Reinhard Junker
und Henrik Ullrich 323 (2009); dort auch die Links auf die Beiträge von Hemminger.
Der evangelische Theologe Dr. theol. habil. Bernhard Kaiser, Leiter des
Instituts für Reformatorische Theologie, kommentiert die Position der
Evangelischen Kirche zum Thema Schöpfung in seinem Beitrag Die EKD und
die Abschaffung der Schöpfung (2008) wie folgt (Hervorhebungen im
Schriftbild wieder von mir):
"Es ist…ein Skandal, daß die neuerlichen kirchlichen Publikationen die jahrzehntelange Tradition
fortsetzen, anstelle der biblischen Botschaft widerbiblische und dem jeweiligen Zeitgeist angepaßte
Positionen vorzutragen. Die Kirche sollte doch, um in rechter Weise Kirche zu sein, dem Wort Gottes
mehr glauben als einer mit dem Schein der gesicherten Erkenntnis sich schmückenden
naturalistisch überhöhten Wissenschaft. Wenn sie darüber hinaus die recht verstandene biblische
Schöpfungsaussage diffamiert als "Verkehrung des Glaubens an den Schöpfer in eine Form einer
Welterklärung, die letztlich dazu führt, daß das Bündnis von Glaube und Vernunft aufgekündigt wird"
(Beintker/Friedrich 7), dann tut sie genau das, was sie kritisiert: sie hat mit der Rede von den
verschiedenen Ebenen die biblische Schöpfungsaussage als eine vernünftige und sachlich richtige
Auskunft über die Herkunft der Welt aus der Hand eines weisen Schöpfers von der Wissenschaft
abgekoppelt" – vgl. http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=disk/d08/3/d08-3.html.
Siehe zur Anpassung an den jeweiligen Zeitgeist das folgende (Muster-)
Beispiel aus der neueren deutschen Geschichte, das Verhalten der Evangelischen
Kirche während der NS-Zeit: http://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgarter_Schuldbekenntnis.
Kurzzitate:
"Durch uns ist unendliches Leid über viele Länder und Völker gebracht worden." Oder aus
Predigt von Hans Christian Asmussen: "Schuldig ist die Kirche … beider Konfessionen.
…Wir haben durch lange Jahrzehnte versucht, mit Weltanschauungen zu paktieren, für
welche es keine letzte Wahrheit gibt. Anstatt zu sagen ,Nein', haben wir gesagt ,Sowohl-alsauch."
Weiteres zum Thema Religion im Beitrag http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf.
321
322
323
http://www.wort-und-wissen.de/disk/d10/1/d10-1.pdf
http://www.wort-und-wissen.de/disk/d08/2/d08-2.pdf
http://www.wort-und-wissen.de/info/rezens/b38.pdf
226
Literatur
Zitierte und zusätzliche Literatur – in einigen Fällen mit ausführlichen Anmerkungen. Die
Internetadressen in diesem Dokument wurden zumeist in den Monaten Januar und Februar 2010
aufgerufen, die der Diskussion von Einwänden (p. 187 ff.) im März, April und Mai 2011, wobei die in den
Links direkt anklickbaren Artikel hier meist nicht noch einmal aufgeführt werden.
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Carnivorous Plant Newsletter 28, 19-24.
Adamec, L. (2003): Zero water flows in the carnivorous genus Genlisea.
Carnivorous Plant Newsletter 32. 46-48.
(p. 48: "…virtually zero water flow was measured in both species (n=8-10 in each species). These measurements
prove that Genlisea traps are passive. … In light of these negative experimental results and the anatomy of the
vesicles (see Figure 2), it is possible to offer several other arguments against the hypothesis of active water
flow in Genlisea traps. Genlisea traps lack bifid glands which would be responsible for water pumping as in
Utricularia (Juniper et al., 1989; Studnicka, 1996 [Comment by W-EL: Genlisea lacks also the quadrifid glands and "the
external glands on the trap surface”, which, according to Fineran (1985) are likewise involved in active water flow]). The wall in
Genlisea vesicles consists of 3-4 layers of large cells with voluminous air spaces, unlike the mere two
layers of cells, without air spaces, in Utricularia traps (Juniper et al. 1989 The presence of large cells and
voluminous air spaces would slow down any osmotically driven water flow. Utricularia traps pump water for
only 20 minutes until the traps are ready to fire (Juniper et al., 1989; Meyers-Rice, 1994). The always-open
Genlisea traps would have to pump water constantly to prevent loss of nutrients. Accordingly, such an
operation would demand a large amount of energy, and the energetic cost would probably exceed the
nutritional benefit.”
Comment by W-EL: Although the walls of Utricularia multifida likewise display 3-4 layers (in certain parts only two(?); this could
perhaps be checked again), theses layers consist of small cells and do not show voluminous air spaces. Moreover, there are several
Utricularia-species which also show – apart from the multi-layered threshold, of course – certain wall areas with three or even four cell
layers: U. longifolia, U. globulariifolia, U. capensis, U. lateriflora, and especially U. monanthes (see Lloyd 1942/2007) mostly in the
upper distal wall part, which leads to the two-layered door.)
Adamec, L. (2006): Respiration and photosynthesis of bladders and leaves of
aquatic Utricularia species. Plant Biology 8, 765-769.
Adamec, L. (2010): E-mail an W-EL vom 28. 7. 2010.
(Am 26. 7. schrieb mir der Autor u. a.: "The question in Utricularia spp. is ambiguous but I suppose that the
species also may have non-functional tiny rudiments of turions on the leaves. In this spring, I performed a study
on turions of some Utricularia species and photographed leaves of germinating U. vulgaris and U. australis
turions from old (=original) turion parts and was able to find some tiny traps. … I suppose that the occurrence
of rudimentary traps in turions is variable and may not be universal in all turions and all species and all
cases. ")
Aichele, D. (1994): Was blüht denn da? Wildwachsende Blütenpflanzen
Mitteleuropas. Der Fotoband. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co., Stuttgart.
Aichele, D. und Golte-Bechle (1988/1997): Was blüht denn da?
Wildwachsende Blütenpflanzen Mitteleuropas. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH
& Co., Stuttgart. (1988 die 51. Auflage und 1997 die 56. völlig neu bearbeitete
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Aichele, D. und H.-W. Schwegler (2000/2008): Die Blütenpflanzen
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Anfinson, C. B.: Siehe http://www.weloennig.de/Nobelpreistraeger.pdf
Arzt, V. (2009): Kluge Pflanzen. 3. Auflage. C. Bertelsmann Verlag, München.
(Dieses populärwissenschaftliche Buch beginnt für die Entstehung auch von Utricularia wieder mit der
zweifelhaften Anpassung an extrem nährstoffarme Biotope (Die Anhäufung fleichfressender Pflanzen auf den Tepuis sei
"Ausdruck purer Not" (p. 36) und p. 63: "Wenn der Boden nicht hergibt, was sie brauchen, dann machen Pflanzen eine Anleihe im Reich der
Tiere und werden zu Fleischfressern." - Vgl. relativierend dazu oben die Fußnote 129 auf der Seite 79) – wie schon MN und
Kutschera (siehe oben). Rudolf Diesel "unser Mann für Extremzeitlupen" (p. 68) hat jedoch ganz ausgezeichnete
Aufnahmen vom Fang eines 'Wasserflohs' für den WRD und für ARTE geliefert (siehe die DVD zum Buch). Die
Behauptung von p. 69 "Die Raffinesse der Fangtechnik ist das Produkt einer jahrmillionenlangen Auslese…" ist
unbewiesen und steht im Gegensatz zu den oben aufgeführten Tatsachen. Richtig ist jedoch der zweite Teil des
Satzes: "…und entspringt keineswegs der Intelligenz eines einzelnen Lebewesens." Die Pflanzen haben "die
Raffinesse der Fangtechnik", 'die bewundernswerten, komplexen Konstruktionen' nicht selbst erfunden. Der
Konstrukteur existiert außerhalb der Pflanzen- und Tierwelt.)
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empfehlenswerte Einführung und Übersicht in die Thematik, viele sehr gute
farbige Abbildungen, auch rasterelektronenmikroskopischen Details der
Reusenfalle von Genlisea p. 131; Kritik zum Evolutionskapitel siehe den
vorliegenden Beitrag.)
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(Abstract: "It is now generally agreed that the ancestral angiosperms were terrestrial and that aquatic
angiosperms have evolved from terrestrial ancestors. This evolutionary step has taken place not once but
many times. Today there are 269 genera in 79 famllies containing aquatic species. At the level of order, depending
on which system is adopted, 37-42% have aquatics while at the level of superclass 91% have aquatics. This is an
indication of how widespread the occurrence of aquatics is within the phylogenetic framework of the
angiosperms. An estimate of just how polyphyletic the aquatic angiosperms are will be presented. The
evolutionary step from land to water has taken place more than 100 times over the last 55 million years. Some
aquatic groups are ancient others are recent but, with few exceptions (i.e. Podostemaceae), on adapting to water
there is a remarkable lack of adaptive radiation within the aquatic milieu. A consideration of the benefits of
"going aquatic" when weighed against the necessary adaptations to deal with "life in water" reveals an almost
unbelievable amount of convergence in anatomical structure, which can, in turn, be used to explain this lack of
adaptive radiation. It would seem that there are relatively few solutions to the problem of "going aquatic". The
Podostemaceae are an interesting exception; they have solved the problem of anoxia, a problem faced by terrestrial
plants in water, by becoming specialized to live in swiftly flowing water; and, perhaps as a consequence of this,
show an extraordinary range of vegetative forms.”) [Es gibt auch in der Gattung Utricularia Rheophyten, jedoch
230
ohne eine vergleichbar große "adaptive radiation within the aquatic milieu".]
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individual prey with a dry weight of 569.5 mg were recovered. The catch comprised individuals from 49 families
and 13 orders, with most individuals from the Diptera. The distribution of the prey among pitchers was highly
uneven; over 50% of pitchers caught nothing and about 8% of the pitchers caught 66% of the prey biomass.
Experimental manipulations failed to produce an effect of pitcher density on prey capture rates. Indeed, no
significant spatial variation in prey capture rates was found. Spiders that spun webs inside pitcher apertures
prevented pitcher function on about 10% of trap days and may have imposed an important reduction on pitcher
success.")
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Dass Zitat: "Mit hochmütiger Kühnheit gibt heute die Theorie Antwort auf alles" findet sich auf der Seite 272.
Zur Methode der Sandwespen schreibt er pp. 10, 302: "Nirgends offenbart sich das angeborene Wissen des
Instinktes klarer und beredter; nirgends rennt die Entwicklungstheorie gegen einen schwerer zu erschütternden
Block an."
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Juniper et al. 1989; am 28. 5. 2010 auch selbst eingesehen).
"[Fineran] suspects that the amount of exudate seen at the doorway represents only a portion of the water and
ions expelled by the trap. Because of the concentration of glands at this side, the exudate is aggregated there and
is therefore clearly apparent. Fineran suggests that the external glands on the trap surface (Fig. 6.14C),
together with nearby glands on other parts of the plant, may also release a significant volume of water. But
exudate released by these scattered glands over the outside of the trap might easily pass unnoticed because of the
small volume at any one position (Fineran, 1985 and Figs. 6.49 and 6.50)” – Juniper et al. 1989, p. 121.
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Avicenniaceae), pp. 276-282. Springer-Verlag, Berlin. (P. 281 concerning
Utricularia: "…traps occasionally absent (U. neottioides)." – Excellent figure of
the trap of Genlisea margaretae by I. Theisen.)
Fleischmann, A. (2010a): Evolution of carnivorous plants, pp. 69-123./
(2010b): Corkscrew plants: Genlisea. pp. 1104-1141. (2010c): Bladderworts:
Utricularia, pp. 1142-1227./ Alle drei Beiträge in: McPherson, S. (2010):
Carnivorous Plants and their Habitats. Edited by Andreas Fleischmann and
Alastair Robinson. Redfern Natural History Productions, Poole, Dorset,
England. (Anmerkung: Ich konnte die aufschlussreichen Beiträge erst am 1. Juni
2011 am Nees-Institut in Bonn einsehen.)
234
Fleischmann bemerkt zu Utricularia unter anderem p. 114: “The suction traps of Utricularia are among
the most complex structures that have evolved in the plant kingdom, and it is difficult to
understand the exact sequence of transitional steps between a passive, sticky-leaf
trap and the highly complex, active suction traps of even the most basal Utricularia." Darauf
folgt – wenn ich das richtig verstehe – mit Wallace ein Bekenntnis zum Gradualismus (vgl. den
Kommentar oben von Gould zu dieser Thematik, Fußnote 73, p. 45 und im Text p. 93, siehe auch
Fleischmann 2010, pp. 89 [ "Over millions of generations … sticky mucus increased…"] und 93 [ "Regardless of how small this
advantage may have been, gradually evolution… ]), wenn der (letztere) Autor fortfährt: "On this subject, Alfred
Russel Wallace wrote to his friend Charles Darwin, "What a wonderful and long-continued
series of variations must have led up to the perfect "trap" in Utricularia, while at any stage of the
process the same end might have been gained by a little development of roots and leaves, as in 9999
plants out of 10 000!" (Letter to Darwin dated 21 July, 1875; Marchant, 1916, p. 234)." – Dieses WallaceZitat wird auch zustimmend von der Autorengruppe Albert et al. 2010 wiedergegeben. Welche genetischen
und selektionstheoretischen Probleme mit dieser Anschauung verbunden sind, das habe ich oben schon
ausführlich dargestellt. Dass Wallace-Zitat, welches deutlich(er) die Utricularia-Problematik anspricht
(vgl. oben p. 145), wird dagegen in der Regel nicht zitiert. Fleischmann fährt fort (2010, p. 114): "The most
plausible explanation is that the Utricularia trap also evolved underground, similarly to Genlisea,..." Die
"plausibelste Erklärung" differiert stark von Autor zu Autor; vgl. die Ausführungen pp. 119-121. Weiter
Andreas Fleischmann (AF): "...but rather than forming a passive, hollow chamber, absorption of water and
nutrients took place as the photosynthetic foliage drew fluid through the underground traps that served in
place of roots." W-EL: Hier erhebt sich zunächst die Frage nach den vielen Zwischenstufen im Sinne
von Wallace, die zu den underground traps geführt haben sollen und wie diese und die underground
traps selbst aussahen und funktionierten ("…long-continued series of variations…"). AF setzt also
die underground traps hier als schon gegeben voraus. Weiter stellen sich Fragen wie die nach dem
Selektionsvorteil von Wasser- und Nahrungsaufnahme durch photosynthetic foliage im Vergleich zu Wurzeln.
Und wenn das besser als mit Wurzeln funktionierte (dafür scheint ja einiges zu sprechen: vgl. die generelle
Tendenz zur Wurzelreduktion bei Wasserpflanzen oben p. 32, – wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass
die hypothetischen Urformen von Utricularia ja noch keine "richtigen" Wasserpflanzen gewesen sein sollen
(only similar to Genlisea) – wozu dann noch underground traps entwickeln, wenn doch praktisch alle anderen
Arten der Wasserpflanzen auch ohne zusätzliche Fallen bestens gedeihen und überleben (vgl. oben p. 119: "Today there
are 269 genera in 79 families containing aquatic species..." [diese Frage steckt auch andeutungsweise im obigen Wallace-Zitat])? Weiter AF:
"This, perhaps combined with a pumping of fluid from the interior to the exterior, ..." W-EL:
"…perhaps" ist ja zu Recht vorsichtig formuliert, dennoch darf man die Frage nach der Entstehung
einer solchen hypothetisch offenbar besonders effektiven Doppelfunktion stellen, nämlich (a)
"absorption of water and nutrients took place as the photosynthetic foliage drew fluid" und jetzt zusätzlich
(b) "a pumping of fluid from the interior to the exterior". Dieser Ansatz scheint mir nicht ganz
widerspruchsfrei zu sein. Aber vielleicht kann man ja spekulieren, dass irgendwann zu viel Wasser
und Nährstoffe(?) aufgenommen wurden, so dass ein Teil wieder abgegeben werden musste – zur
Rettung der Selektionstheorie kann man sich fast immer etwas einfallen lassen ( sie ist damit de facto
unwiderlegbar; vgl. pp. 9, 35, 60, 156/157, 176, 181, 198 und die Fußnoten auf den Seiten 24, 80, und 115 ). Fortsetzung AF:
"…[pumping] brought about a suction that increasingly drew an inward flow of water through trap,
preventing microscopic prey from escaping." W-EL: Wenn – aus welchem Grund auch immer – es
notwendig war "fluid from the interior to the exterior" zu pumpen, wozu dann noch increasing water
flow from the exterior to the interior, wenn vielleicht sowieso schon überschüssiges Wasser
abgepumpt werden musste? Selbstverständlich könnte man sich auch dazu eine just-so-story
ausdenken. Inwieweit wären solche Hypothesen jedoch testbar? Die Hypothese vom immer stärker
werdenen Wasserstrom ist ein durch nichts bewiesenes Postulat, um sich irgendwie einer
evolutionären Erklärung der Saugfalle Utricularias zu nähern. "…preventing microscopic prey from
escaping" – das wäre dann wohl schon ein ziemlich starker Sog. Wodurch sollte dieser im Laufe
vieler Generationen immer stärker werdende Wasserstrom verursacht worden sein? Schon für die
Wasserstromhypothese zu Genlisea hatte Adamec festgestellt (siehe oben): "Accordingly, such an
operation would demand a large amount of energy, and the energetic cost would probably exceed the
nutritional benefit." Zur "capillary action generated by evapo-transpiration" (Hypothese von AF p. 1120 zu Genlisea):
W. Troll nennt (1974, p. 609, ähnlich Strasburger 2002, p. 263) zu den "Bedingungen, welche die Transpiration
herabsetzen oder völlig aufheben" die Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit (führt zur Notwendigkeit
der Guttation). "Zeitlebens sind auf guttative Wasserabscheidung die Submersen angewiesen,
namentlich soweit sie cormophytische Organisation besitzen. Nur so ist es ihnen möglich, eine
freilich schwache, die Verteilung der resorbierten Mineralstoffe begünstigende Wasserbewegung
in ihrem Körper aufrechtzuerhalten" (Troll p. 611). Zum Thema Habitats and Ecology von Genlisea
bemerkt AF (2010, pp. 1128/1130):
"Most Genlisea species grow terrestrially in very wet environments (Fleischmann et al., 2010). Perennial species are
mostly found in habitats that are wet or flooded year round, such as seeps, swamps, bogs, margins of pools, lakes, streams
and waterlogged depressions (Figures 650, 651 and 652). Whereas the annual species mainly occur in habitats that are at
235
least seasonally wet or inundated for part of the year, such as seasonal swamps, sand plains and floodplains or drainage
seeps and dripping walls of cliffs, rocks, ferricretes and inselbergs (Fischer et al., 2000).
Often Genlisea plants are submerged underwater while in active growth. […] Most (probably all) Genlisea can survive
aquatic conditions for long periods and often 5 – 20 mm water covers the ground. In such conditions, foliage is produced
and functions underwater, and often the only part to project above the water surface is the inflorescence (Lloyd, 1942;
Studnicka, 1996). […] A few species, particularly the largest-leaved taxa of the genus (G. guianensis, G. sanariapoana,
G. angolensis), commonly or mainly grow as submerged aquatics,…"
– Sind das nicht die "Bedingungen, welche die Transpiration herabsetzen oder völlig aufheben"? Diese
Hypothese ist für Genlisea jedenfalls testbar (Forschungsaufgabe!). Weiter AF p. 114: "As the
trapping process became increasingly active [was heißt das genau?], the trap size was reduced and
evolved a smaller narrower entrance…" Diese Vorstellungen erinnern mich an die oben zitierte
Aussage von Caullery (vgl. p. 158): "The supporters of this theory did not begin – this was indeed an
impossibility – by showing that a given variation, able to confer a certain definite advantage, must necessarily
subsist and then observe that it did subsist, while the individuals in which it was lacking were eliminated.
What they did was to justify a posteriori certain characters already existing by an argument designed to
show that they are useful." – siehe auch Thompson, p. 3 und die weiteren Leitgedanken dort.
Fortsetzung AF: "…and, eventually, an active closure mechanism to exclude debris and prevent
prey from escaping." Und vorher funktionierte das alles bestens über viele Tausende von Generationen
ohne an active closure mechanism? Und sollte nicht schon die Funktion "prevent prey from
escaping" durch den Wasserstrom besorgt worden sein? Übrigens werden die eigentlichen Fragen
damit gar nicht angesprochen: Wir finden auch hier wieder nur das Postulat von der schrittweisen
Entwicklung eines active closure mechanism (denn sonst wäre der Mechanismus ja nicht
vorhanden). Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Ausführungen oben auf den Seiten 91 und 95/96:
An dem Punkt nun, an dem es für unsere Fragestellung tatsächlich spannend wird, – an dem Punkt, an dem die kontinuierliche Evolution
zu … Utricularia mutationsgenetisch und selektionstheoretisch überzeugend verständlich gemacht werden soll, an dem … für Utricularia
die Saugfalle (Entstehung des Saugmechanismus, der wasserdichten Verschlussklappe mit allen ihren Raffinessen 324, des hufeisenförmigen
Widerlagers mit Velum, die Entstehung der bifids und quadrifids mit ihren Besonderheiten etc.) evolutionstheoretisch erklärt werden soll,
– hört die gesamte Diskussion auf und dennoch wird dabei der Gedanke vermittelt, dass diese Evolution ohne Ziel und Plan stattgefunden
habe. …
Ich möchte … nur einmal eine testbare Erklärung dafür hören, wie sich die Struktur der Verschlussklappe von Utricularia … über tausend
Bindeglieder entwickelt haben soll und so Utricularias Tür über viele kleine Zwischenstufen wasserdicht geworden ist, und weiter welche
entscheidenden Selektionsvorteile mit den jeweils 'problemlos möglichen Zwischenformen' verbunden gewesen sein sollen.
Weiter AF: "…Digestive mechanisms such as enzyme secreting glands and sensitive trigger hairs, also
evolved [was soll sich hier genau selektionstheoretisch und mutationsgenetisch abgespielt haben?] giving rise to the modern
Utricularia trap." Diese Aussage erinnert mich im Prinzip wieder an die oben schon wiederholt
zitierten Fragen und Feststellungen von Nachtwey (vgl. p. 2, 52, 92, 110, 130-133, 140 und weitere
Stellen).
Man kann Andreas Fleischmann nur völlig zustimmen, wenn er feststellt: “… it is difficult to
understand the exact sequence of transitional steps between a passive, sticky-leaf
trap and the highly complex, active suction traps of even the most basal Utricularia.” Oder
2010, p. 1143: "...the evolutionary origins of the Utricularia trap remain incompletely understood." Aber
vielleicht hat es ja die ganze Serie von transitional steps auch niemals gegeben.
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(2011 Paperback edition mit Afterword and Reply to Critics pp. 165-189. Es handelt sich um eine recht
umfassende Kritik aus naturalistischer Perspektive. Nach Aufführung mehrerer (weiterer) biologischer Beispiele
– z. B. Fibonacci series bei der Sonnenblume und anderswo ("The presence of Fibonacci series is ubiquitous in
nature…"), the laws of form, nervous systems, animal locomotion, "The physics of bird song", "The perfect
leaves", "Optimal foraging strategies: the honeybees", "The perfect wing stroke" [birds], the genetic
programming of complex behaviour in the wasp Ampulex compressa – fragen die Autoren p. 91: "What, then?
No one knows at present. Such cases of elaborate innate behavioural programs (spider webs, bee foraging as
we saw above, and many more) cannot be accounted for by means of optimizing physico-chemical or geometric
factors. But they can hardly be accounted for by gradualistic adaptation either. It's fair to acknowledge that,
although we bet that some naturalistic explanation will one day be found, we have no such explanation at
present. And if we insist that natural selection is the only way to try, we will never have one.")
Frahm, J. P. und J. Eggers (2001): Lexikon deutschsprachiger Bryologen.
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324
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Auf meine Frage nach der Etymologie der im Vers 11 gebrauchten Begriffe zur Erschaffung der Pflanzenwelt
antworteten mir 2 Hebräischkenner u. a. Folgendes (20. 2. 2010): "Grass: Etymologically it has a broader
meaning than grass. Its root dasha' means to spring, to sprout (forth) in Gen 1:11 in Hiphil to send forth grass
(Davidson) and the derivative deshe (grass in most translation, the word you refer to) tender grass, young
herbage (Davidson).”
Keil & Delitzsch has this comment: "...and the second act of the thrid day, the clothing of the earth with
vegetation, is immediately connected with it. At the command of God "the earth brought forth green (deshe),
seed yielding herb ('esev), and fruit-bearing fruit-trees (ets perij)." These three classes embrace all the
productions of the vegetable kingdom. deshe, lit., the young, tender green, which shoots up after rain and
covers the meadows and downs (2 Sam 23:4; Job 38:27; Joel 2:22; Ps 23:2), is a generic name for all grasses and
cryptogamous plants. ..."
Applying leminhu "after its kind", to these broad expressions, indicates that the word min must be understood,
not as species, but on a generic level at least."
….
"Biblical Hebrew is less specific than English and German. This means that substantives in Hebrew often
covers a bigger area than in modern languages. When we modern people are specific and would say "car" or
"Opel," the Hebrews of old may have said "vehicle". Kris has directed you to Keil & Delitzsch , which correctly
says that the substantive DESHE is a generic word.
In Genesis 1:11 we find the verb DASHA, whose basic meaning is "to sprout, to turn green." In this verse the
object of DASHA is DESHE. So the clause says:
"Let the earth make green (DASHE) greenery (DESHE), vegetation (''ESEB) bearing seeds, fruit trees ('ETS
PERI) yielding fruit."
… The conclusion is that the basic MEANING of DESHE is "green vegetation." The word can refer to "grass" in
contrast to seed-bearing plants and fruit trees, or it can refer to all the green vegetation on the earth."
Gieffers, W. J. (2004): Buchrezension zu Ulrich Kutschera: Streitpunkt
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(P. 11: "People who endorse undirected chance formation of life have made speculation like: this pattern is
extremely improbable, but there it is - it happened. In a similar way, life is extremely improbable, but it
happened by similar chance processes. The fallacy of this line of reasoning is that in rolling the die, any
outcome was acceptable so that each roll had a probability of l of being correct. As has been shown, increasing
the number of trials for a certainty does not reduce its probability, so P = 1 100 = l .”)
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Junker,
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Evo-Devo
–
Schlüssel
für
Makroevolution?
http://www.evolutionslehrbuch.info/teil-3/kapitel-06-03-10_evo-devo.pdf
Junker, R. (2008): Evo-Devo: Schlüssel zur Makroevolution?
Teil 1
Ausgangspunkt und Anerkennung eines ungelösten Evolutionsproblems.
Studium Integrale Journal 15, 69-75. (Zu 2008 siehe auch:
http://www.genesisnet.info/pdfs/Evo-Devo.pdf.)
Junker, R. (2009a): Evo-Devo: Schlüssel zur Makroevolution? Teil 2:
Wiederverwendung, Umfunktionierung und Neuprogrammierung. Studium
Integrale Journal 16, 17-21.
Junker, R. (2009b): Evo-Devo: Schlüssel zur Makroevolution? Teil 3:
Genetische Akkommodation: Schritte zum Erwerb evolutiver Neuheiten?
Studium Integrale Journal 16, 74-80.
Junker, R. (2009c): Spuren Gottes in der Schöpfung? Eine kritische Analyse
von Design-Argumenten in der Biologie. Studium Integrale. SMC-Verlag,
Holzgerlingen. (Aus der neuesten Zeit ist das Buch im deutschsprachigen Raum vielleicht der
umfangreichste und gründlichste Beitrag zu diesem Thema. Auch in dieser Arbeit werden zahlreiche
240
Einwände von MN und weiteren Autoren behandelt und sehr detailliert und überzeugend widerlegt.
Bedauerlicherweise enthält das Buch jedoch auch einen – nach meinem Verständnis – gravierenden (wenn auch
vielleicht in einer nächsten Auflage leicht zu behebenden) Fehler, nämlich die Behauptung, dass man nur dann
sicher auf intelligentes Design (ID) schließen kann, wenn man auch den Designer identifiziert hat (sonst, so
behauptet der Autor, wäre nur ein "Verdacht" auf Design möglich). Dazu eine kleine Erfahrung: Mit einem
Postdoc aus der Schule von Prof. Peter Peterson (Transposon- und Maisgenetiker, Iowa State University, ISU Agronomy
Department) hatte ich Ende der 80er Jahre eine längere Diskussion zum Thema ID. Dieser Wissenschaftler
arbeitete seinerzeit am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung und hatte zuvor eine ungewöhnlich
umfangreiche (um die 500 pp., wenn ich mich recht erinnere) und ausgezeichnete Dissertation verfasst. In einer Kette
unterschiedlicher Argumente und Ansätze stellte ich u. a. fest, dass seine Dissertation niemals "von selbst"
entstanden sein könne und mit Sicherheit die Existenz ihres intelligenten Autors beweise, und dass das auch
dann ganz sicher zutreffen würde, wenn man den Autor nicht identifizieren könnte. Den letzteren Punkt
bestritt er jedoch nachdrücklich und behauptete, dass, wenn man die Identität des Autor nicht mehr feststellen
könnte, man dann auch nicht mehr den Schluss auf einen intelligenten Urheber der Arbeit ziehen dürfe. Ich halte
diesen Einwand für absurd. Wenn es so etwas wie den "gesunden Menschverstand" gibt, so sagt uns dieser
eindeutig, dass sich die Dissertation niemals von selbst geschrieben hat oder sonstwie ohne Intelligenz ins
Dasein gekommen ist und dass vielmehr auch in diesem Falle die Doktorarbeit mit völliger Sicherheit einen
intelligenten Verfasser beweisen würde. Übrigens ist z. B. der große englische Dichter und Dramatiker William
Shakespeare nach Auffassung einiger Autoren und Kritiker nicht sicher identifizierbar. ("Around 150 years after
Shakespeare's death, doubts began to emerge about the authorship of the works attributed to him. Proposed alternative candidates include
Francis Bacon, Christopher Marlowe, and Edward de Vere, 17th Earl of Oxford. Several "group theories" have also been proposed. While
only a small minority of academics believe there is reason to question the traditional attribution, popular interest in the subject, particularly
the Oxfordian theory, continues into the 21st century” vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/William_Shakespeare.) Nehmen wir der
Argumentation halber einmal an, die Kritiker hätten recht: Würde das heißen, dass alle seine Werke "von selbst"
entstanden sind bzw. die Schlussfolgerung auf einen intelligenten Urheber nur den Stellenwert eines
"Verdachts" hätte? – Ich hätte noch einige weitere Einwände zu Reinhard Junkers Beitrag, aber hier ist nicht
der passende Ort dafür. Seine Verdienste, die umfangreiche Aufarbeitung der Thematik, soll diese kritische
Anmerkung zu seinem Buch jedoch nicht schmälern.)
Junker, R. (2010a): Evo-Devo – So einfach funktioniert Evolution: http://evolutionschoepfung.blogspot.com/2010/01/evo-devo-so-einfach-funktioniert.html
Junker, R. (2010b): Evolutionäre Entwicklungsbiologie:
http://www.wort-und-
wissen.de/artikel/a05/a05.pdf
Junker,
R.
(2010c):
Der
Ursprung
des
Insektenflügels:
http://www.genesisnet.info/aktuelles/news_druck.php?News=148&Sprache=de
Junker, R. und S. Scherer (2006): Evolution – Ein kritisches Lehrbuch (6th
Edn). Weyel Lehrmittelverlag, Gießen.
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theoretische Alternativen im Deutschland des 19. Jahrhunderts. Mit einem
Geleitwort von Rudolf Schmitz. In Kommission: Deutscher Apotheker Verlag,
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Moderner Buchservice, Bielfeld.
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see please http://en.wikipedia.org/wiki/Charles_Kingsley).
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(Das Zitat "Phantasy ist jedoch nicht gleich Reality: die Erstere entspringt den Hirnwindungen eines
individuellen Menschen, während die Letztere auch außerhalb unseres Großhirns, d. h. in der Wirklichkeit,
existiert" findet sich auf Seite 210 des Buches. Kurz ein Wort zu den "Hirnwindungen": "…scientists have
failed to find a correlation between absolute or relative brain size and acumen among humans and other
animal species. Neither have they been able to discern a parallel between wits and the size or existence of
specific regions of the brain, excepting perhaps Broca's area, which governs speech in people" – Dicke und
Roth 2008*.
Kutschera versucht mit seinem Hinweis "Phantasy ist jedoch nicht gleich Reality" das, was er unter "IDKreationismus" versteht, abzuwerten, einschließlich der wissenschaftlich völlig legitimen, rationalen
Schlussfolgerung von einer genialen Konstruktion auf einen genialen Konstrukteur, von Gesetzen auf einen
Gesetzgeber, von dem Fine-tuning der physikalischen Konstanten und Gesetze und der irreducible und
specified complexity der Lebensformen auf den genialen Designer des Kosmos und des Lebens. UK irrt mit
seiner Ablehnung in diesem Punkt völlig. Ist man jedoch bereit, sich vom materialistischen Denkverbot zu lösen
(sinngemäß: frage auch bei den komplexesten und genialsten Konstruktionen in der Natur niemals nach dem
Konstrukteur! Oder mit A. C. Todd "Even if all the data point to an intelligent designer, such a hypothesis is
excluded from science [or forbidden in science] because it is not naturalistic"), so liegt zum Beispiel folgende
Argumentation nahe: Der Zellphysiologe Siegfried Strugger bemerkte einmal treffend: "Die Zelle ist das
vollendetste kybernetische System auf der Erde. Alle Automation der menschlichen Technik ist gegen die Zelle
nur ein primitives Beginnen des Menschen im Prinzip zu einer Biotechnik zu gelangen." Wenn nun schon "das
primitive Beginnen" auf diesem Weg immer bewusstes Handeln, Intelligenz, Geist und Weisheit voraussetzt, wie viel mehr muss das dann erst auf den Ursprung der tausendmal komplexeren kybernetischen Systeme der
Lebensformen zutreffen! (Ähnlich http://www.weloennig.de/Vogelfeder.html und http://www.weloennig.de/NeoC.html.) Siehe
dazu weiter die Testkriterien und die Gegenüberstellung der Theorien oben.
Zur Ergänzung ein Wort von Michael J. Behe (2005, p. 21): "The resemblance of parts of life to engineered
mechanisms like a watch is enormously stronger than what Reverend Paley imagined. In the past 50 years
242
modern science has shown that the cell, the very foundation of life, is run by machines made of molecules.
There are little molecular trucks in the cell to ferry supplies, little outboard motors to push a cell through liquid.
In 1998 an issue of the journal Cell was devoted to molecular machines, with articles like ''The Cell as a
Collection of Protein Machines'' and ''Mechanical Devices of the Spliceosome: Motors, Clocks, Springs and
Things.'' Referring to his student days in the 1960's, Bruce Alberts, president of the National Academy of
Sciences, wrote that ''the chemistry that makes life possible is much more elaborate and sophisticated than
anything we students had ever considered.'' In fact, Dr. Alberts remarked, the entire cell can be viewed as a
factory with an elaborate network of interlocking assembly lines, each of which is composed of a set of large
protein machines. He emphasized that the term machine was not some fuzzy analogy; it was meant literally.”
- Zum Thema "Fine-tuning” siehe unten das ausführliche Zitat nach G. Sewell 2010.)
*Dicke und Roth 2008 vgl. http://richarddawkins.net/articles/3051-animal-intelligence-and-the-evolution-of-the-human-mind.
Siehe weiter die Arbeiten von Schwartz und Schwartz et al. unten zur Kritik einer rein evolutionistischnaturalistischen Interpretation des Gehirns sowie Eccles in http://www.weloennig.de/Nobelpreistraeger.pdf (obwohl man
selbstverständlich auch diesen Autoren nicht in allen Punkten folgen muss; vgl. z. B. zum Begriff der Seele p.
109 in http://www.weloennig.de/Die_Affaere.pdf).
Kutschera, U. (Hg.) (2007): Kreationismus in Deutschland. Fakten und
Analysen. Lit Verlag. Reihe Naturwissenschaft und Glaube Bd. 1. Berlin und
Münster.
(Das Zitat:"Irrationale Glaubenssätze, die etablierten wissenschaftlichen Fakten widersprechen, sitzen jedoch
nicht selten so tief, dass man durch sachliche Aufklärung bei derart ideologisch geprägten Menschen keinen
Gesinnungswandel herbeiführen kann" ist auf der Seite 39 des Buches nachzulesen.)
Kutschera, U. (2008): Evolutionsbiologie. Eine allgemeine Einführung. Eugen
Ulmer Verlag, Stuttgart (3.Auflage).
Kutzelnigg, H. (2008) Neues zum explosiven Auftreten der Bedecktsamer.
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Lamprecht, H. (1974) Monographie der Gattung Pisum, Steiermärkische
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nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Bayern. Plus Anhänge.
München und Freising. http://www.lfu.bayern.de/natur/biotopkartierung_flachland/kartieranleitungen/doc/lrt_handbuch_201003.pdf
Lang, F. X. (1901): Untersuchungen über Morphologie, Anatomie und
Samenentwicklung von Polypompholyx und Byblis. Flora 88: 149-206.
Die Arbeit enthält genaue Beschreibungen, aber bedauerlicherweise auch einige grobe Fehler – nicht weil die
Arbeit so alt ist, sondern weil der Verfasser im Sinne des Darwinismus Ableitungen versucht hat, die nicht
zutreffen. Bei MNs nicht besonders ausgeprägtem Respekt vor älteren Autoren jedoch (vgl. pp. 202/203) ist es
vielleicht nicht uninteressant, dass seine Argumentation der von F. X. Lang (1901) in der Tendenz stark gleicht:
1901 stellte Lang Byblis zu den Lentibulariaceen (p. 205/206): "So müsen wir denn nothwendig, dem Bau der
Drüsen zufolge, Byblis …der Familie der Lentibularieen anreihen, mit denen sie außerdem noch verbunden
erscheint durch ihr dickes, fleischiges Integument, durch die Bildung von Haustorien, durch die nur schwach
entwickeltrn Cotyledonen am Embryo und durch die Verwachsenblättrigkeit der Blumenkrone, sowie noch
243
durch einige andere Eigenthümlichkeiten." Die Unterschiede werden von Lang hingegen nicht
herausgearbeitet. Und wegen der großen Übereinstimmung der Drüsen von Byblis und Pinguicula "von
geringfügigen Unterschieden abgesehen [vgl. dagegen oben pp. 104 und 212]… so müssen wir Byblis in die
nächste Nähe von Pinguicula stellen, und das um so mehr, als die Blüthen von Pinguicula aus radiären Blüthen
abzuleiten sind. Die radiären Blüthen von Byblis weisen aber darauf hin, dass Byblis selbst noch eine primitive
Form der Lentibularieen darstellt" etc. Interessant ist weiter, dass Lang auch die (sowohl im Sinne der 'idealistischen'
als auch der funktionalen Morphologie aufschlussreichen) Ähnlichkeiten zwischen Genlisea und Polypompholyx (jetzt eine
Untergattung von Utricularia) überbetonte: Dabei behauptete er u. a., dass Polypompholyx wie Genlisea drei
Eingänge aufzuweisen habe (drei Eingänge jedoch nicht bei MN). Nach Hinweis auf die beiden von flügelartigen
Fortsätzen überdachten seitlichen Eingänge zur Blase lesen wir bei Lang (1901, p. 156): "Die Blase weist dann
noch einen dritten halbmond- oder sichelförmigen Fortsatz auf (siehe Tafel-Fig. 4), der zu den beiden seitlichen
Fortsätzen median auf der ventralen Seite der Blase gelegen den dritten oberen Eingang zur Blase beherrscht
und ebenfalls an seinen Rändern Borstenhaare trägt. […] Die bereits erwähnten drei Eingänge, welche zum
eigentlichen, durch ein Klappe verschlossenen Eingang zum Blaseninnern führen, erinnern an die drei
Eingänge der Schlauchbätter von Genlisea." (Ähnlich p. 158.) Auch die Haare erinnern ihn sehr "an die
Reusenhaare im Halstheil des Schlauches von Genlisea" (p. 160). Sie "mögen wohl das Herankriechen der
gefangenen Thiere an die Klappe verhindern" (ich dachte zuerst, ich hätte mich verlesen). Darauf folgt die
Aussage: "Die Blasenwand ist wie bei Utricularia nur vier Zellschichten stark."- Richtig ist für Utricularia
generell zwei Zellschichten. Nun kurz zu den vermeintlichen drei Eingängen bei Polypompholyx. Slack 2001,
pp. 180/181: "The stalk becomes somewhat inflated as it nears the trap. The beak is wide and forked, and is
closely applied to the inflated stem so that entry is blocked from the entire front but not from both sides, on
each of which the wing and the beak combine to form funnel-like entrances.” J. und P. Pietropaolo 2001, p. 137:
"The rostrum [=the beak] touches the top of the ridge, blocking entrance to the lobby of the door from the
front, but it forms two lateral wings anteriorly one over each side of the footstalk, resulting in funnel-shaped
vestibules to the lobby.” Die zitierten Fehler von F. X. Lang sollen selbstverständlich nicht seine vielen
zutreffenden und genauen Beschreibungen in Frage stellen.
Die oben ausführlich diskutierten evolutionären Ähnlichkeitsbeweise von MN und anderen zu Byblis,
Pinguicula, Genlisea und Utricularia sind in ihrer Tendenz jedenfalls inzwischen mindestens 110 Jahre alt.
Lecoufle, M. (2006): Plantes Carnivores. Artémis Editions, Paris.
(Auf der Seite 36 zählt Lecoufle die beiden Gattungen Byblis und Roridula zu den Byblidaceae. Roridula gehört
jedoch zur eigenen Familie der Roridulaceae, die nach neueren Untersuchungen weit entfernt von den
Byblidaceae – und zwar in der Nähe der Sarraceniaceae – steht.)
Li, H., Song, F., Wang, H., Zhang, S, Larivee, R. and J. Schlauer (2004):
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with descriptions of four new species. The Victorian Naturalist 53: 91-112.
P. 104: "The actual entrance is small. The lower part of the door lies curved downwards over a narrow ridge of
the threshold in the set posture. After actuation the door is also curved downward in front of the threshold.
There is a particular velum. The effective blocking of in-leakage being brought about by the supplementary
action of numerous long glandular hairs. In transverse section the trap is seen to be three-sided, quite different in
this from all other utricularias. When the trap is set, the walls are concave, more especially the side walls, the
top being less responsive."
Wie oben schon nach Juniper et al. und anderen zitiert, war Lloyd ein Meister der genauen Beobachtung und
anatomischen Beschreibungen ("No purpose would be served by repeating all his [Lloyd's] observations or his
conclusions, few if any of which need qualification even after the passage of 50 years."). Von Roridula kannte
er jedoch nur Material in Formalin und kommentiert (1942, p. 5, ähnlich p. 98): "The leaves bear many tentacles
superficially similar to those of Drosera. Examination showed them to be anatomically quite different, and that
they exude a resinous secretion. There are no other glands [soweit alles korrekt], so that on this evidence the
carnivorous habit seems to be quite excluded (LLOYD, 1934)." Von den oben referierten extrazellulären
Phosphatasen und den Untersuchungen Andersons zur speziellen Struktur der Epidermis sowie der massiven
"mineral uptake (N, P, K and Mg) von Drosophila prey bei Roridula auch ohne Symbionten" konnte er
natürlich noch nichts wissen.
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sowie Lönnig 2006 und 2006.
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Antibiotikaresistenzen
Beweise
für
Makroevolution
im
Labor?"
Naturwissenschaftlicher Verlag Köln.
http://www.weloennig.de/Bakterienresistenzen.html
Lönnig, W.-E. (2001/2002): Ein paar offene Fragen der Evolutionstheorie
sowie theologische Einwände von Evolutionstheoretikern zum Thema
Intelligent Design: http://www.weloennig.de/OffeneFragenEvol.html
Lönnig, W.-E. (2001/2003): Antwort an meine Kritiker:
http://www.weloennig.de/Antwort_an_Kritiker.html
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Naturwissenschaftlicher Verlag, Köln: http://www.weloennig.de/Artbegriff.html
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Lönnig, W.-E. (2003): Antwort auf die Versuche und Methoden von Ulrich
Kutschera, meine Homepage (und damit naturwissenschaftliche Argumentation)
am MPIZ verbieten zu lassen: http://www.weloennig.de/KutscheraVerbotsversuche.html
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Interview, Factum, 23. Jahrgang, Nr. 4, Juli 2003, pp. 38/39:
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Lönnig, W.-E. (2003): Ausführliche Diskussion des ZEIT-Artikels: Inwieweit
sind die "ENTWÜRFE IN GOTTES NAMEN” von Urs Willmann ein Beispiel
für seriösen Wissenschaftsjournalismus?
http://www.weloennig.de/DieZEITanalyse.html
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Die Enzyklopädie wurde 2005 von Wiley & Sons übernommen: "Spanning the entire spectrum of life
sciences, the Encyclopedia of Life Sciences (ELS) features more than 4,000 specially commissioned
and peer-reviewed articles, making it an essential read for life scientists and a valuable resource for
teaching" - http://www.mrw.interscience.wiley.com/emrw/047001590X/home. Aus dem peer-review: "The
scientific editor felt that this was a well-written article." Im Oktober 2007 wurde unser Beitrag
überdies von Prof. Keith Roberts in seinem HANDBOOK OF PLANT SCIENCE (2 Bände) publiziert
248
(siehe Bd. 2, pp, 1493-1498). A PDF of the paper can be obtained from W.-E.L., [email protected]. See
also: http://mrw.interscience.wiley.com/emrw/9780470015902/els/article/a0003818/current/abstract
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Verhältnis: http://www.weloennig.de/RSGID1.html; (2) Intelligent Design ist eine
wissenschaftliche Theorie: http://www.weloennig.de/RSGID2.html; (3) Intelligent Design
als integraler Bestandteil der modernen Biologie: http://www.weloennig.de/RSGID3.html.
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http://www.arn.org/docs/positivecasefordesign.pdf. Der
Autor hat zahlreiche weitere
aufschlussreiche Beiträge zum ID- und Evolutionsthema verfasst. Oben habe ich
Links auf folgende Arbeiten gesetzt (z. T. mit ausführlichen Zitaten): A Primer
on the Tree of Life: http://www.discovery.org/a/10651. Dort vier weitere aufschlussreiche
Artikel und zahlreiche Literaturnachweise. Weiter: Casey Luskin interviewed
Prof.
Michael
Flannery
im
August
2009
zu
Wallace:
http://intelligentdesign.podomatic.com/entry/eg/2009-08-05T17_20_50-07_00
.
Siehe zu paläontologischen Fragen (etwa sein Kommentar zu Gould und Eldredge):
http://www.ideacenter.org/contentmgr/showdetails.php/id/1473.
Und
zum
Thema
molekularbiologischer Stammbäume (unter anderem Cytochrom C) wieder:
http://www.evolutionnews.org/2009/05/a_primer_on_the_tree_of_life_p_4.html
Luskin. C. (12. 2. 2009) Opinion. Darwin believers hide fears of intelligent
design behind a wall of denial and ridicule http://www.usnews.com/blogs/room-fordebate/2009/02/12/darwin-believers-hide-fears-of-intelligent-design-behind-a-wall-of-denial-and-ridicule.html
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Mahner (2/2002) und der ebenfalls in der Naturwissenschaftlichen Rundschau
(6/2002) veröffentlichten Antwort von Georg Menting darauf.)
Siehe weiter Mentings Beiträge, die ich selbstverständlich nicht alle
unterschreibe, unter: http://www.kritische-naturgeschichte.de/index.html
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Intelligent Design und die Saugfalle der Pflanze Utricularia vulgaris. [Untertitel:]
Die Evolution der karnivoren Pflanzen: Was die Selektion in vielen Einzelschritten zu leisten
vermag. Oder: Weshalb Dr. Lönnig den Vaterschaftstest nicht verstanden hat:
http://www.martin-neukamm.de/loennig-utricularia.pdf (letzter
Zugriff am 20. 3. 2011)
Kurzer Ergänzungskommentar: Ich könnte nun – wie oben für seinen Beitrag "Was die
Selektion angeblich nicht leisten kann. Diskussion von drei Paradebeispielen." "1: Die
Saugfalle des Wasserschlauchs Utricularia" (2009, pp. 240-250) zu 112 Einzelpunkten
durchgeführt – auch seinen weiteren polemischen Beitrag von 2010 in allen Details
analysieren (das ergäbe schätzungsweise 400 Seiten Text). Der vorurteilsfreie Leser wird
jedoch schon anhand der wenigen oben aufgeführten Punkte zur "…unendlichen
Geschichte…" in der Lage sein, sich ein Bild von den Methoden und der Wissenschaft auch
dieses Beitrags von MN zu machen, einmal ganz abgesehen von den ad hominem-Attacken,
die man wohl zum großen Teil wieder unter dem Begriff unbeabsichtigte aber sehr treffende
Selbstbeschreibung subsumieren kann, vgl. p. 4 von http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf,
einschließlich der von weiteren Personen gebrauchten Begriffe wie "Philippika" ("bezeichnet
eine Angriffs-, Brand-, oder Kampfrede") sowie die mir unterstellte "Unbelehrbarkeit". Stil
und Methode mancher meiner Kritiker erinnert vielleicht an die Art und Weise, mit der K. F.
Schimper ("ein ausgesprochen vielseitiger Gelehrter" – T. Junker) einst den Darwinismus
zurückgewiesen hat:
"Die Zuchtlehre Darwins ist, wie ich gleich gefunden, und bei wiederholtem aufmerksamem Lesen
nur immer besser wahrnehmen mußte, die kurzsichtigste, niedrig dummste und brutalste die möglich
und noch weit armseliger als die von den zusammengewürfelten Atomen, mit der ein moderner
Possenreißer und gemieteter Fälscher bei uns sich interessant zu machen versucht hat."
(Zitiert nach T. Junker 1989, p. 41 und Frahm/Eggers Lexikon deutschsprachiger Bryologen 2001, p. 452. T. Junker kommentiert
dieses Zitat u. a. mit der Fußnote 142 (ebenfalls p. 41).: "Mit dem 'modernen Possenreißer' und gemieteten Fälscher ist wohl der
Materialist Karl Vogt gemeint, der ein bezahlter Agent Napoleons III gewesen sein soll. Vgl. Wittich I (1971), XXI bzw.
Lauterborn (1934), 304 Fn.")
Interessanterweise scheinen sich einige Vertreter der Evolutionstheorie bis auf den heutigen
Tag noch über Schimpers Polemik von 1865 aufzuregen und übersehen dabei, dass sie mit
zweierlei Maß messen, wenn sie selbst ähnlich verfahren bzw. Schimpers Methode durch
persönliche Angriffe und mangelndes Studium der Intelligent-Design-Theorie (ID) sogar noch
übertreffen. Denn zahlreiche Unterstellungen und unzutreffende Behauptungen zur IDTheorie sowie zu meinen Arbeiten sind eigentlich nur möglich, wenn man diese nicht
gründlich studiert hat 325. Schimper hatte sich hingegen der "Zuchtlehre Darwins"
wenigstens noch mit "wiederholtem aufmerksamem Lesen" gewidmet und wusste daher
genau, wovon er sprach. Zu den mehr als fragwürdigen Methoden vieler Kritiker im Umgang
mit Befürwortern des intelligenten Ursprungs der Lebensformen, möchte ich die daran
interessierten Leser noch einmal ermuntern, sich sehr genau das Dokument "DIE AFFÄRE
MAX PLANCK", DIE ES NIE GEGEBEN HAT http://www.weloennig.de/Die_Affaere1.pdf anzusehen.
Mir scheint es zurzeit sinnvoller, die Diskussion hier zu unterbrechen und selbst vertieft in die
empirische Forschung zu gehen und - von meinem oben erwähnten Pilotversuch mit
Pinguicula und bisherigen Studien in botanischen Gärten einmal abgesehen - zu einigen
325
Weitere Möglichkeiten möchte ich an dieser Stelle nicht erwähnen.
253
umstrittenen Punkten weiter eigene Untersuchungen zu den Karnivoren am lebenden
Pflanzenmaterial durchzuführen.
Zum Thema Vaterschaftstest siehe zum Beispiel: Abstammungsgutachten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Abstammungsgutachten_(DNA-Analyse) und http://de.wikipedia.org/wiki/Abstammungsgutachten.
Newton, I. (1687/1713/2004): Mathematische Prinzipien der Naturlehre. In: Die
Klassiker der Physik. Ausgewählt und eingeleitet von S. Hawking, pp. 637-958.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg.
Nicholson, B. (Text von F. Brightman) (1991): Tafelatlas der Botanik.
Weltbildverlag, Augsburg. (Titel der Originalausgabe: Barbara Nicholson's Plants of the British Isles
"in Zusammenarbeit mit der naturgeschichtlichen Abteilung des Britischen Museums, London". Sie siedelt
Drosera anglica, D. intermedia und D. rotundifolia zusammen mit Pinguicula vulgaris und Utricularia minor
allesamt in Hochmooren an (Tafel pp. 32/33 Text pp. 34/35), was unzutreffend ist; vgl. zu U. minor oben p. 14
und P. vulgaris p. 34 ("extrem arme Standorte werden gemieden"). Nach meinen bisherigen Recherchen
kommen dort von den Karnivoren nur die Drosera-Arten vor. Allerdings bemerkt McPherson 2010, p. 288: "In
temperate regions, Pinguicula generally prefer alkaline soils, athough a few species are found alongside
Drosera in highly acidic, peaty substrate that is low in nutients." Leider habe ich dazu bisher keine konkreteren
Angaben gefunden - heißt das inklusive Hochmoore? Drosera: Nordhemisphäre in "exclusively in extremely
wet, sunny habitats mainly heathlands and moorlands” (McPherson 2010, p. 116). Hier fehlt jedoch die
Differenzierung der Moortypen. Auf der Südhalbkugel kommt Drosera unter sehr unterschiedlichen
ökologischen Bedingungen vor. – Zur Venusfliegenfalle: “Dionaea grows in nutrient-poor, acidic, quartzitic
sand, leached peat or loam in wet bogs, savannahs, seepage points, along drainage lines, in depressions, flat,
open pine forests and occasionally also on the banks of ponds and marshes. It grows in porous substrate with a
pH of 3,5 - 4,9, that remains wet or saturated throughout the year from rain fed water perched on an impermeable
humus ironpan (Bailey, 2008)” – Fleischmann 2010, p. 255.)
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Pohl, S. (2009): Untersuchungen zur möglichen Protokarnivorie von Lathraea
squamaria, Salvia glutinosa und Rubus phoenicolasius. Diplomarbeit,
Universität Wien. Fakultät für Lebenswissenschaften.
Abstract: Die drei in Österreich vorkommenden Pflanzenarten Lathraea squamaria, Rubus phoenicolasius und
Salvia glutinosa weisen Strukturen auf, die eine Zuordnung zu den protokarnivoren Pflanzen vermuten lassen. L.
squamaria hat dicht mit Drüsen besetzte Aushöhlungen in ihren unterirdischen Niederblättern, die an die Fallen
von Genlisea erinnern. Bei R. phoenicolasius und S. glutinosa sind gewisse Pflanzenteile mit klebrigen Drüsen
besetzt, ähnlich den Klebfallen karnivorer Pflanzen (z.B. Drosera). Zudem leben auf S. glutinosa verschiedene
Wanzen, mit denen eine ähnliche Symbiose bestehen könnte wie bei der Protokarnivoren Roridula. In dieser
Arbeit wurde durch Untersuchungen am Naturstandort, kontrollierte Fangversuche, makro- und mikroskopische
Betrachtung der Fangblätter und ihrer Drüsen sowie durch cytochemische Nachweise versucht, Hinweise für
oder gegen eine mögliche Protokarnivorie dieser Pflanzen zu finden. Die Menge der im Boden verfügbaren
Nährstoffe zeigt keine Notwendigkeit einer zusätzlichen Ernährung durch eventuelle Beutetiere. Ein
Fangvermögen der möglichen Fallen ist am jeweiligen Naturstandort auf jeden Fall gegeben, unter
Laborbedingungen ist die Wahl der angebotenen Beute entscheidend für das Ergebnis. Die Schuppenblätter von
L. squamaria speichern massenhaft Stärke, jedoch keine Proteine. Die Drüsen in den Aushöhlungen der Blätter
produzieren keine Verdauungsenzyme und sind auch nicht geeignet, um gelöste Stoffe aufzunehmen. Ihre
Aufgabe ist es, den Wasserhaushalt der Pflanze zu kontrollieren. In R. phoenicolasius gibt es keine
Speichergewebe. In den Drüsenstielen sind Gerbstoffe eingelagert, die als Fraßschutz dienen. Die vielzelligen
Drüsenköpfchen geben einen wasserlöslichen Schleim ab, der keine Verdauungsenzyme enthält. Eine Aufnahme
wasserlöslicher Nährstoffe konnte nicht festgestellt werden. Die klebrigen Pflanzenorgane dienen zum Schutz
der Knospe. Auch in S. glutinosa treten keine Speichergewebe für Stärke oder Proteine auf. Die Köpfchen der
gestielten Drüsen am Blütenstand sind einzellig und sezernieren ein lipidhaltiges, harziges Sekret. Es enthält
keine Verdauungsenzyme und dient vermutlich hauptsächlich der Anlockung von Bestäubern. Wenn eine
Symbiose von S. glutinosa mit den auf ihr gefundenen Wanzen besteht, so ist noch nicht geklärt, wie die
Nährstoffe in die Pflanze gelangen. Über die Blütenstände oder die Laubblätter können keine wässrigen
Flüssigkeiten aufgenommen werden. Aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit ist keine der drei Pflanzen als
protokarnivor zu bezeichnen, da sie offenbar keinen Nutzen von den gefangenen Tieren haben. Siehe:
http://othes.univie.ac.at/6995/
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(2006): Trap architecture in carnivorous Utricularia (Lentibulariaceae). Flora
201: 597-605.
Abstract: "Within carnivorous plants, the bladderworts (Utricularia) possess the most complicated traps whose
mechanisms are not yet completely understood. For the first time, a representative survey of different traps from
both subgenera (Utricularia and Polypompholyx) is presented. Based on scanning- and transmission electron
microscopy, traps of 14 species of Utricularia (out of 215 species) representing 11 sections (out of 35 sections)
and including all life forms (aquatic, epiphytic, and terrestrial) were investigated. Additionally, it was tested
whether life forms correlate with trapping mechanisms. Most morphological and anatomical features of the traps
256
vary considerably between the different life forms, e.g. position of trap and trap entrance as well as form and
position of trap appendages. Morphological data support the basal position of subgenus Polypompholyx within
the genus. Some characteristics of the traps of terrestrial Utricularia multifida (subgenus Polypompholyx) differ
remarkably from traps of the other species, e.g. trap-door anatomy and trap walls. This might be an indication for
a primordial (non-suction) trapping mechanism in the former species, similar to that of the eel-traps of the
closely related genus Genlisea.”
As documented above and in http://www.weloennig.de/Polypompholyx.pdf, according to the
investigations of Lloyd (1942/2007) on living material, the latter hypothesis is not correct in
the otherwise informative paper (many SEM, LM and TEM pictures).
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Rice, B. A. (2006): Growing Carnivorous Plants. Timber Press, Portland,
Oregon.
(Ein weiterer hervorragender Bildband mit oft ausführlichen Kommentaren zu
den Karnivoren. Zum Thema "How did these traps evolve?” bemerkt Rice p. 39
[emphasis added]:
Barry A. Rice [abbreviated BAR]: "Unfortunately there are very few fossils of carnivorous plants, so so we can
only guess how they evolved, and our guesses would probably be wrong. But it is not too hard to develop
plausible pathways that evolution could have followed to produce these extraordinary plants.”
Comment by W-EL: Concernig the fossil record, see please, pp. 67-71 above: it speaks the language of abrupt
appearances of new forms and their constancy in space and time. As BAR himself admitted (see also p. 63 above,
footnote 92), the epistemological problem with evolution is that it is almost never "too hard to develop plausible
pathways that evolution could have followed…” but "…we just don't know if such theories are right.” Oder Prof.
V.: 'Plausible Geschichten sind bestenfalls Hypothesen, die testbar sein sollten'.
BAR continues: "For example, a great number of plants have hairy surfaces. Many, such as tomatoes and
petunias, are glandular and sticky.”
W-EL: See, please pp. 167/168 above for the specified genetical complexities and thus evolutionary problems
involved in the origin of apparently simple and glandular trichomes alone. But, of course, these could be used as
starting points.
BAR continues: "It is but a small step to the commensal relationships with insects exhibited by Byblis and
Drosera.”
W-EL: Is this really "but a small step”? So what exactly are the molecular and other steps necessary to produce
commensal relationships with insects? (See some of the problems mentioned on p. 133 above, footnote 235.)
BAR continues: "The development of enzyme production would be a further step toward autonomous
carnivory.”
W-EL: Necessary is the devolopment of the correct acids and enzymes needed in proper amounts at the right
place at the right time usually secreted by digestive glands – enormous problems for evolution by accidental
mutations and selection.
BAR: "Differential cell growth, which enables plants to lean toward light, could also in time transform passive
flypaper plants into active flypapers.”
W-EL: Well, how to test this hypothesis for a concrete species? How many molecular steps are really necessary
to transform passive flypaper plants into active ones?
BAR: "Did Drosera evolve in this way? Perhaps, perhaps not.”
W-EL: There are many scientific reasons to think that the postulated processes to generate carnivorous plants
by random micromutations, recombination and selection is very improbable – see the arguments given in my
paper here.
BAR: "But the key point is that the pathway is completely plausible.”
W-EL: Well, to repeat, "plausible stories need not be true” (Gould).
257
BAR: "Evolution is a vehicle for change: the biological diversity of the entire planet is its fuel, and mighty aeons
mark its journey.”
W-EL: The real evolutionary problems seem to be hidden behind a screen of undefined parameters. "The length
of time is relevant only when the probabilistic structure of events and changes occurring in this time are also
known” (M. Eden). Can really anything – any improbable event – happen on this background? And anyway, then,
why are there only so relatively few carnivorous plants (see quotations above, pp. 168, 217) on this entire planet
including its mighty aeons of time and hundreds of millions of generations with altogether trillions of individuals?
For more information about probabilities and the parameters which have to be considered for these questions, see
the links to 8 papers given on p. 25 of http://www.weloennig.de/GiraffaSecondPartEnglish.pdf.)
Rice, B. A. (2010): Zahlreiche Beiträge zum Carnivorous Plant Newsletter/The
International Carnivorous Plant Society und 2 Bücher (vgl. http://www.sarracenia.com/faq.html).
In der vorliegenden Arbeit sind mehrere seiner Beiträge direkt verlinkt worden
(http://www.sarracenia.com/faq/faq5320.html, http://www.sarracenia.com/faq/faq5360.html, http://www.sarracenia.com/faq/faq5500.html,
http://www.sarracenia.com/faq/faq1345.html, http://www.sarracenia.com/faq/faq5604.html, http://www.sarracenia.com/faq/faq1340.html,
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(Nach einigen Hinweisen, u. a. dass Matzkes Modell "keine belastbare und überzeugende Hypothese zur
Evolution des Bakterienmotors" ist, schreibt Scherer: "Hinsichtlich der Entstehung des Bakterienmotors besteht
derzeit eine signifikante Erklärungslücke in der Evolutionsforschung. Vielleicht wird sie durch künftige Daten
oder plausible Theorien eines Tages geschlossen. Andererseits könnte es sich aber auch um ein fundamentales
Problem handeln: Vielleicht kann der Ursprung des Bakterienmotors im Rahmen naturwissenschaftlicher
Forschung grundsätzlich nicht erklärt werden. Eine empirisch begründete Entscheidung zwischen diesen
Alternativen ist derzeit nicht möglich" (p. 3).)
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Zur Thematik Utricularia – Genlisea: "Es gibt kaum Außenfaktoren, die solche Gestaltungen, so wie sie sind,
hätten hervorrufen oder gar erzwingen können. Nicht einmal ein extremer und primitiver Lamarckist würde das
Gegenteil ohne Gewissensbisse behaupten können, und der Darwinist steht vor einem schwierigen Problem.
259
Andererseits kurzerhand anzunehmen, es lägen die Auswirkungen eines "inneren Entwicklungstriebes" oder dgl.
vor, der Zweckmäßiges hervorruft, dürfte wenig oder – je nach Einstellung – keinen Erklärungswert im Sinne
der Naturwissenschaft haben" (p. 267).
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(Pp. 76/77 on Utricularia: "It seems that until the trigger hair, the door, and the pressurized chamber were all in
place, and the ability to digest small animals, and to reset the trap to be able to catch more than one animal, had
been developed, none of the individual components of this carnivorous trap would have been of any use. What is
the selective advantage of an incomplete vacuum chamber? To the casual observer, it might seem that none of
the components of this trap would have been of any use whatever until the trap was almost perfect, but of course
a good Darwinist will imagine two or three far-fetched intermediate useful stages, and consider the problem
solved. I believe you would need to find thousands of intermediate stages before this example of irreducible
complexity has been reduced to steps small enough to be bridged by single random mutations—a lot of things
have to happen behind the scenes and at the microscopic level before this trap could catch and digest animals.
But I don't knowhow to prove this.
I am further sure that even if you could imagine a long chain of useful intermediate stages, each would present
such a negligible selective advantage that nothing as clever as this carnivorous trap could ever be produced, but I
can't prove that either. Finally, that natural selection seems even remotely plausible depends on the fact that
while species are awaiting further improvements, their current complex structure is "locked in,” and passed on
perfectly through many generations (in fact, errors are constantly corrected and damage is constantly repaired).
… When you look at the individual steps in the development of life, Darwin's explanation is difficult to
disprove, because some selective advantage can be imagined in almost anything." – See also Granville Sewell
in the American Spectator 28 December 2005: http://spectator.org/archives/2005/12/28/evolutions-thermodynamic-failu/)
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strange semi-aquatic plant which resembles no other carnivorous genus in trap structure, although it is
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Scholarship Convocation (October 3, 2004) (Tuskegee University:
http://www.tuskegee.edu/Global/story.asp?S=2382961):
"The 1996 Nobel laureate in chemistry ... urged the listeners to take seriously their role as the higher species on
this planet. Smalley mentioned the ideas of evolution versus creationism, Darwin versus the Bible's "Genesis."
The burden of proof, he said, is on those who don't believe that "'Genesis' was right, and there was a
creation, and that Creator is still involved. "We are the only species that can destroy the Earth or take care of it
and nurture all that live on this very special planet," Smalley continued. "I'm urging you to look on these things.
For whatever reason, this planet was built specifically for us. Working on this planet is an absolute moral code.
... Let's go out and do what we were put on Earth to do."
(Ähnlich 2005: Siehe
http://en.wikiquote.org/wiki/Richard_Smalley: ".... it is increasingly clear to modern science that the universe
was exquisitely fine-tuned to enable human life. ... " )
Smalley, R. (2005): Das volle Zitat aus der Einleitung lautet:
"Evolution has just been dealt its death blow. After reading 'Origins of Life', with my background in chemistry
and physics, it is clear evolution could not have occurred. The new book, 'Who Was Adam?', is the silver bullet
that puts the evolutionary model to death." (Originalzitat aus Ross und Rana (2005), die dort auf eine für mich
262
nicht nachvollziehbare Weise das Urteil von Judge Jones zu ID begrüßen: http://www.reasons.org/creationscientists-applaud-pa-judges sowie bis "...evolution could not have occurred" in dem Buch Who was Adam? von
Fazale Rana 2005, p. 302 zu Origins of Life (page numbers printed to p. 299, further counting by me; about the
authors
p.
300;
book
recommendations
pp.
302
to
304),
NavPress.
Siehe
auch
http://www.adherents.com/people/ps/Richard_Smalley.html).
Anmerkung: Mir persönlich liegt die doch etwas martialisch erscheinende Ausdrucksweise von "death blow"
und "silver bullet that puts the evolutionary model to death" wenig [silver bullet: "An infallible means of attack or defense":
http://www.thefreedictionary.com/silver+bullet; zur Historie siehe http://www.phrases.org.uk/meanings/silver-bullet.html]. U. a. daher
das verkürzte Zitat in der Einleitung. Zur Auffassung weiterer Nobelpreisträger zum Thema ID: Siehe:
http://www.weloennig.de/Nobelpreistraeger.pdf
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Der zusammen mit einem Kommentar von M. Gudo ausgedruckt 21 Seiten umfassende Kommentar war unter
http://www.morphisto.de/forschung/buchbesprechungen/ulrich-kutschera-kreationismus-in-deutschland.html abrufbar (ich habe ein
ausgedrucktes Dokument vorzuliegen).
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(Comment by W.-E.L. 2008:) In this paper Taylor first proposed the state of a subgenus for Polypompholyx (p.
2: "…as the traps especially and all other parts of the plant [except the 4 rather than 2-lobed calyx] differ in no
significant way from those of the rest of the genus it is now proposed to include them in Utricularia. Within the
genus they appear to be most closely allied to the section Pleiochasia.”) and described U. westonii belonging to a
new section, Tridentaria, displaying different traps. The species was first discovered by Weston in 1971.
Moreover, on the basis of molecular data – chloroplast trnK intron and matK –, Müller and Borsch (2005 in:
Plant Syst. Evol. 250: 39-67) suggest to add the section Pleiochasia with 33 species to Polypompholyx.
"However, the combined trnL-F + rp/16 tree [of Jobson et al. 2003, Syst. Bot. 28: 157-171] shows a different
branching of major clades compared to the results obtained by matK/trnK” Müller and Borsch, p. 41. Thus,
at present at least, the molecular basis for a further (larger) revision appears to be somewhat contradictory and
rather thin.
Additional comment in 2010: I am still of the opinion that the molecular basis should be broadened for a
larger revision, although the suggestion to add the section Pleiochasia to Polypompholyx, first proposed by
Jobson et al. (2003) (p. 160: "…we therefore recommend the revision of subgenus Polypompholyx to include section
Pleiochasia”) may be correct. Yet, it should be considered that on the background of at least 63,000,000 bp
(Genlisea margaretae) and 88,000,000 bp to 400,000,000 bp in Utricularia (Greilhuber et al. 2006), Jobson et
al. (2003) investigated 2096 sites of plastid rps16 intron and trnL-F DNA sequences, of which 1051 were
informative and the most parsimonoius tree inferred from the combined trnk intron data set of Müller and
Borsch was based on 2713 characters (see further comments on point (108) above).
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Darwinsten nicht wissen wollen. Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg.
(Pp. 120/121: "Nun muß man bedenken - und dies ist ein weiteres Faktum, das als eine durch biochemische
Untersuchungen experimentell gesicherte Rahmenbedingung zu gelten hat -, daß ein neues Gen in einer Zelle
[meist noch] nichts bewirkt, weil im Mittel nicht weniger als zehn Enzyme für die Synthese eines einzigen neuen,
physiologisch wirksamen Stoffes benötigt werden. Beispielsweise verläuft die Synthese der Aminosäure
Phenylalanin über neun […] Zwischenstufen, bis schließlich das Phenylalanin entsteht, und jede Zwischenstufe
benötigt als chemische Reaktion ihr eigenes Enzym, und jedem Enzym ist in der Kette des DNS-Makromoleküls
ein eigenes Gen zugeordnet.
Ein anderes Beispiel ist die Synthese der Glykocholsäure, einer Gallensäure, die ausgehend von Essigsäure über
neunzehn Zwischenstufen verläuft. Und auch hier benötigt jede Zwischenstufe ihr eigenes Enzym, das heißt, es
sind neunzehn neue Gene erforderlich, um die Produktion von Glykocholsäure zu ermöglichen.
Wie bei den genannten Beispielen ist es bei all den vielen physiologisch wirksamen Stoffen, die in einem
Organismus auf- und abgebaut werden: Die vielen verschiedenen Synthesestufen bilden Reihen und Zyklen, die
vielfach ineinandergreifen und miteinander verzahnt sind, so daß nicht nur eine Reaktion ohne die anderen, zur
gleichen Synthesereihe gehörenden, für die Zelle nichts bedeutet, sondern darüber hinaus auch eine Stufenfolge
ohne die anderen zu einem Zyklus gehörenden Folgen bedeutungslos wäre, das heißt: ein im Laufe der Evolution
im Werden befindlicher biochemischer Zyklus ist für die Zelle so gut wie gar nicht vorhanden, solange er noch
nicht voll funktionsfähig ist."
Als Ergänzung und Veranschaulichung zu Vollmerts Ausführungen sei hier die Glykolyse kurz erwähnt.
Klaus Urich schreibt in seinem Werk Vergleichende Biochemie der Tiere (Enke, 1990, p. 461):
"Ein ubiquitär verbreitetes und gut untersuchtes Enzymsystem wie das der Glykolyse ist hervorragend geeignet für Untersuchungen zu
folgenden Grundfragen der Enzymevolution: Sind Enzyme, die aufeinanderfolgende Reaktionen einer Reaktionskette katalysieren,
miteinander homolog, etwa durch Duplikation aus einem gemeinsamen Gen abgeleitet? Ist Sequenzübereinstimmung anzunehmen für
Enzyme ähnlicher Reaktionsspezifität oder für solche, die ähnliche Liganden binden? Aminosäuresequenzen und Raumstrukturen sind für fast
alle Glykolyseenzyme bekannt; die Evolutionsraten der Glykolyseenzyme sind relativ gering (Tab. 4.12, S. 143). Von den sieben
Glykolyseenzymen, die ATP oder NAD+ binden, haben die GAPDH, LDH und ADH ähnliche Raumstruktur mit einer NAD-bindenden und
einer katalytischen Domäne, zwischen denen das aktive Zentrum liegt. Die coenzymbindenden Domänen bestehen durchweg aus zwei
mononucleotidbindenden Falten sehr ähnlicher Konformation (Rossmann-Falte); auch die PGK enthält zwei solche Falten, die PK nur eine;
in HK und PFK sind solche Strukturen nicht zu finden. Trotz der Ähnlichkeit der Raumstruktur weisen die mononucleotidbindenden Falten
der verschiedenen Enzyme jedoch keine Sequenzähnlichkeit auf. Es gibt in der Glykolysekette mehrere Gruppen von Enzymen ähnlicher
Reaktionsspezifität, die Kinasen, Mutasen, Isomerasen und Dehydrogenasen. Es gibt jedoch innerhalb solcher Funktionstypen keine signifikanten Sequenzübereinstimmungen; vielmehr sind nicht einmal die Enzyme gleicher Spezifität bei allen Organismen mit Sicherheit homolog:
die ADH von Drosophila ist nicht homolog zu der aus Hefe und Säugetieren; es gibt im Organismenreich zwei Typen der Aldolase, im Tierreich
zwei Typen der PGM mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften. Offenbar ist also das Enzymsystem der Glykolyse in einem sehr frühren
Zeitpunkt der Evolution durch Kombination unabhängig entstandener Enzyme zustandegekommen; vorhandene strukturelle Ähnlichkeiten
zwischen den Enzymen beruhen auf Konvergenz (76) ".
Mein Kommentar (Lönnig 1998, p. 40, Zehn Paradebeispiele gegen Zufallsevolution):
"Das heißt mit anderen Worten, dass nach herrschender Auffassung das gesamte System durch Zufall entstanden ist! ("By and large,
the glycolytic pathway appears to have resulted from the chance assembly of independently evolved enzymes" - FothergillGilmore 1986, p. 51.) Da entwicklein sich 10 bis 15 verschiedene und komplexe Enzyme unabhängig voneinander durch Tausende von
Mikromutationsschritten - wobei jedes einzelne Ergebnis in Form eines komplexen funktionsfähigen Enzyms schon ein Wunder für
sich ist - und passen dann irgendwann und irgendwo am Ende auch noch so vollendet zusammen, dass sie das Glycolysesystem ergeben!
Nachtweys Fragen im Prinzip auf den vorliegenden Fall anzuwenden, überlasse ich dem Leser. Intelligente DNA-Codierung ist die
einzig vernünftige und überzeugende Alternative zu diesem Zufalls-Glauben!"
Stand 2011: Zur Glycolyse sieht der heutige Stand der Dinge im (Zufalls-)Prinzip nicht anders aus, auch wenn
die Situation u. a. durch die Archaea noch komplexer geworden ist (vgl. z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/Glykolyse vom
20. Mai
2011.) Zur Wirkung von Mutationen im Enzymsystem der Glycolyse siehe:
266
(18. Mai 2011) und http://en.wikipedia.org/wiki/Glucokinase (6. July 2011). Vgl. weiter
die Widerlegung eines Einwands gegen Design: Fazale Rana (2008): The Cells’s Design, pp. 137-139 und pp.
249-251 (p. 251: "The futile cycle associated with glycolysis actually plays a critical role in regulating this key
pathway by amplifying the biochemical signals that activate and inhibit the breakdown of glucose. […] Another
function is […] heat production."). Zur Frage und Problematik der Entstehung neuer Enzymfunktionen siehe
Gauger und Axe (2011): http://bio-complexity.org/ojs/index.php/main/article/view/BIO-C.2011.1/BIO-C.2011.1.
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Vorträge über moderne Probleme der Abstammungslehre. Jena 1965
(Friederich-Schiller-Universität).
Watchtower Bible and Tract Society (1981): Accidents of Evolution or Acts of
Creation? Awake! (22. 9. 1981; deutsche Ausgabe 22. 12. 1981, Kasten p. 21: DIE "TYRANNEI DER AUTORITÄT" VON
SEITEN DER EVOLUTIONISTEN, "Als er [Darwin] abgeschlossen hatte, konnte die Tatsache der Evolution nur durch ein Aufgeben der
Vernunft geleugnet werden" (Life Nature Library, "Evolution", S. 10).
"Es ist keine Frage des persönlichen Geschmacks, ob wir an die Evolution glauben oder nicht. Die Beweise für die Evolution sind
zwingend" ("Evolution, Genetics, and Man", S. 319, Dobzhansky).
"Ihre grundlegende Wahrheit wird heute generell von Wissenschaftlern akzeptiert, die kompetent sind, sich ein Urteil zu bilden" ("Nature
and Man's Fate", p. v, Hardin).
"Der Aufbau vom Familienbaum des Lebens durch den Prozeß der Evolution wird heute von allen verantwortungsbewußten
Wissenschaftlern anerkannt" ("A Guide to Earth History", S. 82, Carrington).
"Niemand, der informiert ist, leugnet heute, daß der Mensch durch einen langsamen Prozeß aus der Welt des Fisches und des Frosches
entstanden ist" (Zeitschrift "Life", 26. August 1966, Ardrey).
"Es ist heute schon fast selbstverständlich geworden und erfordert keine weiteren Beweise für jemand, der in einem vernünftigen Rahmen
frei ist von alten Illusionen und Vorurteilen" ("The Meaning of Evolution", S. 338, Simpson).
"Es gibt keine konkurrierende Hypothese außer der veralteten und völlig widerlegten Lehre von der direkten Erschaffung, die heute nur
noch von unwissenden, dogmatischen und vorein