Liebe, Lust und Leidenschaft
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Liebe, Lust und Leidenschaft
Ausgabe Nr. 81 - Dezember 2010 Thommener Journal Themen aus Suchttherapie und Klinikleben Liebe, Lust und Leidenschaft Tabu oder Thema in der Suchtbehandlung AHG KLINIKEN DAUN Verhaltensmedizinisches Zentrum für Seelische Gesundheit Altburg | Am Rosenberg | Thommener Höhe Impressum Editorial Thommener Journal Themen aus Suchttherapie und Klinikleben Ausgabe: Nr. 81 Auflage: 2500 Stück Herausgeber Wir Thommener e. V., 54552 Darscheid Tel.-Nr.: 06592/2010, Fax: 06592/201751 Internet: www.kliniken-daun.de eMail: [email protected] Redaktion Patrick Burkard, Ute Grönke-Jeuck, Winfried Haug, Elisabeth Petrov, Claudia Quinten, Marita Schorn, Arnold Wieczorek Verantwortlicher dieser Ausgabe: Patrick Burkard Sekretariat Elisabeth Petrov Zeichnungen/Fotos Patrick Burkard, Melanie Ziemons (Titelbild), Patienten der Gruppe B, C, D, F Layout und Druck creativdruck GmbH www.creativ-druck.com Patrick Burkard, Marita Schorn, Elisabeth Petrov, Claudia Quinten, Winfried Haug, Ute Grönke-Jeuck (v.l.n.r.) 2 Liebe Leserinnen und Leser, manchmal ist es einfach an der Zeit, ausgetretene Pfade zu verlassen und einmal ein Risiko einzugehen. Indem man z. B. etwas Neues versucht, oder etwas ganz anders macht als üblich. Das haben wir gleich mehrfach getan, und wir waren und sind gespannt, wie es ankommt. Da war zuletzt unsere Fachtagung für Selbsthilfegruppen, für die dieses Mal ein Tabuthema als Motto ausgewählt wurde, nämlich „Liebe, Lust und Leidenschaft“. Ein Thema, über das normalerweise weder frei noch gerne gesprochen wird. Aber ein Thema, das jeden angeht, insbesondere aus dem Blickwinkel der Sucht. Und da wir schon einmal dabei waren, haben wir überlegt, auch diese Ausgabe des Thommener Journals diesem Thema zu widmen und beides miteinander zu verbinden. Und deshalb finden sich in der aktuellen Ausgabe auch Beiträge von Referenten der Fachtagung, so dass dieses Mal schwerpunktmäßig Gastautoren zu Wort kommen. Den Leitartikel übernimmt Klaus Fieseler, der auch Hauptreferent auf unserer Fachtagung war. Aber auch unsere eigenen Mitarbeiter haben sich mit dem Thema befasst und versuchen, sowohl in ihrer Arbeit als auch in den Beiträgen, der Frage nachzugehen, wie „Liebe, Lust und Leidenschaft“ mit ganz unter- schiedlichen Zielgruppen in der stationären Suchtbehandlung offen, wertschätzend und konstruktiv thematisiert werden kann. Mutig, dass auch einige Patienten der Seniorengruppe sich dazu geäußert haben. Unser diesjähriges Ehemaligentreffen kollidierte mit einem anderen GroßEvent, nämlich der Fußballweltmeisterschaft. Kurzerhand haben wir beides miteinander verbunden: Im Anschluss an die Podiumsdiskussion wurde die Sporthalle umfunktioniert, und für die Besucher des Ehemaligentreffens ein „Public Viewing“ auf einer Großleinwand eingerichtet. Die Sporthalle platzte aus allen Nähten, und nicht nur die deutsche Nationalmannschaft begeisterte mit ihrem Spiel, sondern es entwickelte sich eine großartige Stimmung im Publikum, indem leidenschaftlich mitgefiebert und mitgejubelt wurde. Es wurde für alle, die dabei waren, ein „berauschendes“ Fußballfest, und das ganz ohne Alkohol oder andere Suchtmittel. Apropos Ehemaligentreffen: Unser Organisationsteam versucht in jedem Jahr aufs Neue, ein für alle Besucher möglichst interessantes und attraktives Angebot auf die Beine zu stellen. Dazu haben wir uns überlegt, fragen wir doch einfach mal diejenigen, um die es geht, nämlich sie selbst, unsere Ehemaligen: Schreiben Sie uns Ihre Anregungen und Ihre Kritik, was Ihnen am Ehemaligentreffen gefällt, was so bleiben soll, was Sie sich Neues oder Anderes wünschen, und worauf wir zukünftig eher verzichten sollten. Am besten per email ([email protected]), per Fax (06592-201751) oder auf dem Postweg (E. Petrov, AHG Kliniken Daun Thommener Höhe, 54552 Darscheid). Wir sind gespannt! Wir wünschen Ihnen allen ein gesegnetes und besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes und zufriedenstellendes Jahr 2011! Das Redaktionsteam des Thommener Journals Liebe, Lust und Leidenschaft – ein Tabuthema in der Selbsthilfe? Klaus Fieseler Ob Liebe, Lust und Leidenschaft Tabuthemen in der Selbsthilfe sind, wurde meines Wissens noch nicht erforscht. Ich fragte deshalb vor dieser Tagung in einer Selbsthilfegruppe nach. Dort wurde mir versichert, es handele sich wirklich um ein sehr großes Tabuthema, das in den Gruppen nie be- und angesprochen werde. Es folgte eine ausführliche und sehr angeregte Diskussion zum Thema, die Teilnehmenden sprachen dabei sehr offen über ganz unterschiedliche Aspekte der Fragestellung. So offen, wie es in dieser Gruppe besprochen wurde, erschien es mir dann eigentlich gar nicht mehr als Tabuthema. In der Selbsthilfe ist Sexualität kein größeres Tabuthema ist als im Durchschnitt der Bevölkerung. Auch im Sportverein, in der Wählergemeinschaft, am Arbeitsplatz oder beim Frisör werden Liebe, Lust und Leidenschaft nicht häufiger thematisiert. Man wird den einen oder anderen Witz oder Tratsch hören. Aber man wird am Arbeitsplatz kaum diskutieren, wie sich die Arbeit auf die Liebe auswirkt. Niemand sagt: „Der Stress hier macht mich ganz lustlos“ oder „Bei diesem netten Betriebsklima und dem angenehmen Arbeitstempo kann sich mein sexuelles Begehren in der Freizeit voll entfalten.“ Insofern wundert es nicht, dass es auch kein besonderes Thema in den Selbsthilfegruppen ist. Man könnte behaupten, es sei kein Thema, weil es kein Problem sei, aber das kann auch eine Strategie zur Vermeidung des Themas sein. In der Selbsthilfe geht es in erster Linie um die Bewältigung von Schwierigkeiten, die durch die Abhängigkeit aufgetreten sind und wenn etwas unproblematisch ist, dann muss man es dort nicht unbedingt besprechen. Wenn jemand behauptet, bei ihm sei sexuell alles in Ordnung, dann könnte man sich darüber freuen und sagen: „Wunderbar, Sie sind einer der wenigen Menschen, die sexuell rundum zufrieden sind. Verraten Sie uns doch, wie Sie das machen!“ Manche behaupten auch zu Beginn ihrer Abstinenz, Rückfallgedanken seien überhaupt kein Problem und sie würden nie wieder trinken, wollen das aber nicht weiter diskutieren. Dennoch ist Sexualität ein wichtiges Thema auch für die Selbsthilfe. Abstinent lebende Alkoholabhängige müssen sich irgendwann fragen, wie sie Liebe, Lust und Leidenschaft mit klarem Kopf erleben wollen. Alkohol wirkt massiv auf die Gefühle ein. Es geht beim Trinken um die Wirkung und die veränderte Wahrnehmung der Welt, sei es nun im Rausch oder als Spiegeltrinker, der sich Unangenehmes weichspült. Nüchternheit macht einen Unterschied im Erleben der Welt. Selbsthilfe will in der Gemeinschaft die zufriedene Abstinenz stützen. Durch Abstinenz kommen viele Dinge aus dem vorherigen Gleichgewicht. Am Arbeitsplatz wird der Abstinente nicht mehr jede Überstunde und jeden am Freitagnachmittag angekündigten Samstagsdienst übernehmen - das ist neu zu regeln. Ebenso sind die Beziehungen zu Angehörigen, Kindern und Freunden neu zu regeln. Vielleicht hat man in der ganzen alkoholisierten Selbstbeschäftigung nicht bemerkt, wie die Kinder größer geworden sind und neue Interessen haben. Vielleicht fühlt man sich verletzt, wenn die Kinder einem mit dem alten Misstrauen begegnen und sich eher zurückziehen, wo Vater doch jetzt trocken und liebevoll alles wieder gut machen will. 3 Ähnliche Probleme treten in den Partnerschaften auf, die die „nasse“ Phase überlebt haben und in denen die Partner sich neu aufeinander einstellen. Der nicht-abhängige Partner muss den Weg heraus finden aus dem ständigen Misstrauen, der Wachsamkeit, der Fürsorge, die das Schlimmste zu verhindern versucht. In den Paaren muss jetzt mit einem nüchternen Partner Verantwortung, Erwerbsarbeit, Hausarbeit, Kindererziehung, Freizeitgestaltung und Sexualität neu geregelt werden. Ein schwieriges Thema Während man über einige Bereiche relativ leicht reden und zu Verhandlungslösungen kommen kann, ist das Verhandeln über Sexualität eine eher schwierige Übung. Meist ist Abhängigkeit tödlich für Liebe, Lust und Leidenschaft. Zum einen wird durch Alkoholkonsum niemand schöner, gepflegter, attraktiver und wohlriechender. Betrunken ist man kein Traumpartner für Nüchterne - auch wenn man das im betrunkenen Zustand mit 4 dem dazu gehörigen Größenwahn mitunter anders sieht. Alkohol macht körperlich impotent und die erwartete Leidenschaft endet in Enttäuschung. Es ist auch nicht förderlich für das Liebesleben, wenn der nicht-abhängige Partner hauptsächlich damit beschäftigt ist, die Fassade aufrecht zu erhalten, den Alltag zu organisieren und sich ständig über den trinkenden Partner ärgert. Manche Menschen haben überhaupt keine Lust auf Sex, wenn sie betrunken sind. Andere erleben erst betrunken enthemmten lustvollen Sex. Manche können sich nur unter Alkoholeinfluss ihre Wünsche zugestehen und diese äußern, Wünsche, die sie nüchtern nicht für korrekt halten würden. Ich glaube auch nicht, dass es einfach ist, in den Selbsthilfegruppen über diese Themen zu sprechen. Voraussetzungen sind eine sehr vertraute Gruppenatmosphäre und dass jemand sich traut das Thema einzubringen. Das geht nicht in Gruppen mit einem häufigen Wechsel der Mitglieder. Man braucht einiges an Mut und Vertrauen, um schwierige Themen in einer Gruppe anzusprechen. Man muss sich gut überlegen, wie man sie einbringen kann. Man erzählt eben nicht einfach, wie ekelerregend man betrunken war, sich aber für ganz toll hielt und dann im Bett versagte? Das gibt niemand gern zu. Man diskutiert nicht beiläufig darüber, wie sehr man sich bei der Partnerin oder dem Partner nach Liebe und Intimität oder einfach nur gutem Sex sehnt. Wie es sich anfühlt, wenn man abgewiesen wird und wie man mit der Enttäuschung umgeht? Fällt es leichter, mit Alkohol oder ohne Alkohol seine Bedürfnisse zu zeigen? Und wenn es nur mit Alkohol geht, lohnt dann der Verzicht, ist es das wert? Wie sagt man, dass man seine Frau verprügelt oder gar vergewaltigt hat? Auch das ist ein Thema für die Selbsthilfe, denn bei zwei Dritteln der schweren Gewalttaten in Beziehungen findet man ein Alkoholproblem beim Täter. Häusliche Gewalt ist immer noch eines der höchsten Gesundheits- und Verletzungsrisiken bei Frauen - nicht der Straßenverkehr. Etwa ein Viertel der Frauen über 16 Jahren haben bereits sexuelle oder körperliche Gewalt in einer Partnerschaft erlebt. Die Betroffenen - Täter und Opfer - sind auch in den Selbsthilfegruppen. Wie kann man in Selbsthilfegruppen da- rüber sprechen, dass man fremd gegangen ist und dass das Aufwachen danach den Kater nur noch vergrößert hat? Wie kann man darüber sprechen, dass man nicht aus echter Zuneigung Sex hatte, sondern um den Partner zu besänftigen, um das schlechte Gewissen zu beruhigen, um den Schein zu wahren - aber nicht weil man gerade Lust darauf hatte? Wie soll man darüber sprechen, wenn man nüchtern schüchtern ist und nur betrunken Kontakte knüpfen konnte, wenn Sex in der bisherigen Erfahrung nur mit Alkohol ging? Und wie soll man darüber sprechen, wenn man sexuelle Bedürfnisse unter Alkoholeinfluss aussprechen und befriedigen kann, sich aber nüchtern nicht traut, sich nüchtern nur mit dem zweitbesten Sex begnügt, aber von der Ekstase des Betrunkenen träumt? Da ist es natürlich einfacher, sich unverfänglichere Themen zu suchen, denn hier tut sich ein ganzer Rucksack mit unangenehmen, mit Scham und teilweise Schuld belasteten Themenkreisen auf, die vermutlich nicht in jeder Selbsthilfegruppe gut aufgehoben wären. Ich kann für mein eigenes Arbeitsfeld in der Beratung die Fragestellung umformulieren: „Liebe, Lust und Leidenschaft – ein Tabuthema in den Beratungsstellen?“ Und meine Erfahrungen aus der Beratungsstelle passen in das Bild. Zum einen stehen in Krisensituationen nicht sexuelle Probleme auf der Tagesordnung. Der Antrag auf Übergangsgeld oder der aktuelle Konflikt mit dem Arbeitgeber sind wichtiger. Zum anderen sprechen nur wenige Betroffene in der Beratungsstelle das Problem von sich aus an. Ich habe dennoch gute Erfahrungen damit gemacht, offen mit dem Thema umzugehen, den Bereich nicht auszuklammern und nicht aus falsch verstandenem Respekt zu warten, bis ich gefragt werde. Im Gegenteil, die Betroffenen haben „Antennen“ dafür, was mit dem Berater besprochen werden kann und was nicht. Durch gezieltes Ansprechen des Themenkreises Sexualität kann ich signalisieren, dass hier ein Gesprächspartner für diese Fragen offen ist, die die Menschen ohnehin beschäftigen. Ich kann damit auch signalisieren, dass ich mich nicht so leicht schocken lasse und dass das Thema bei mir gut aufgehoben ist. Dazu reicht der Hinweis, dass durch Alkoholprobleme Beziehungen und Sexualität immer beeinflusst werden und dass Abstinenz neue Chancen eröffnet. Die meisten Menschen reagieren positiv darauf, wenn das Thema hier nicht ausgeklammert wird. Wartet man, bis es die Ratsuchenden selbst ansprechen, kann der Eindruck entstehen, es sei hier kein Platz dafür und es gehöre nicht hierher. Man bietet damit einen sicheren Rahmen und einen sachlichen und angemessenen Umgang mit den Themen an. Man kann durchaus verschreckt reagieren, wenn man mit intimen Details und Sorgen der Ratsuchenden konfrontiert wird und es sich dann leicht machen, indem man die ganze Sache durch die Brille der Moral handhabbar zu machen versucht. Das führt dann eher zu Gedanken oder Aussagen, wie „das tut man nicht, das haben wir noch nie getan, das gehört sich nicht, das ist ungerecht, das ist unanständig, das darf nicht sein.“ Wer diese Haltung vermittelt, wischt jedes halbwegs sensible Thema gleich wieder vom Tisch. Vielleicht hat der, der seine Frau im Alkoholrausch geschlagen hat, ohnehin einen Drang dazu. Wenn ein Mensch sich mit seiner Schuld auseinandersetzen will und ihr nicht durch Verschweigen ausweichen will, dann werden Erschrecken und Empörung des Gesprächspartners nicht helfen darüber zu sprechen. Er wird ganz schnell merken, hier ist mein Thema nicht gut aufgehoben. Täter haben sich allenfalls mit der Justiz auseinander zu setzen. Ansonsten bleibt ihr Umgang mit Aggressionen, Beziehungsstörungen, mangelnder Konfliktfähigkeit, verleugneten Sehnsüchten und ungesundem Egoismus - alles Dinge, die zum Zuschlagen und sexueller Gewalt führen können - ihnen selbst überlassen. Ich gehe davon aus, dass diese Gewalttäter auch in den Selbsthilfegruppen auftauchen. Um die Gewaltproblematik anzusprechen und sie angemessen behandeln zu können, braucht man schon eine gehörige Portion Mut, Offenheit, Toleranz und Gelassenheit. Das gilt auch für den Umgang mit den an- deren oben genannten Fragestellungen. Und dafür muss jemand in der Gruppe, am besten erfahrene Mitglieder, Verantwortung übernehmen. Beziehungsregulierung durch Alkohol Es gibt noch etwas anderes, worüber sich nicht so leicht sprechen lässt, nämlich die beziehungsregulierende Funktion des Alkohols. Nüchtern muss man Beziehungen eben anders regulieren. In einem bekannten Fallbeispiel geht es um eine nörgelnde Frau und einen Mann, der sich durch den Gang in die Kneipe von ihr zurückzieht. Die Frau nörgelt und meckert ständig, weil er in die Kneipe geht. Der Mann geht in die Kneipe, weil sie ihn ständig kritisiert. So würden es die beiden jeweils für sich sehen und das heizt den Streit an, weil beide sich im Recht fühlen. Sie können sich gegenseitig verstärken: Mehr Trinken führt zu mehr Nörgeln führt zu mehr Trinken .... Die beiden haben auf diese Art immer stärker eine ordentliche Distanz aufgebaut. Man könnte ihnen nun empfehlen, weniger desselben zu tun: Er soll seltener in die Kneipe gehen und sie soll sich mit der Kritik zurückhalten. Im Idealfall würde sich alles wieder beruhigen und die Partner würden wieder mehr Gemeinsamkeiten pflegen, wären zufriedener miteinander. Aber das ist nicht die ganze Geschichte, denn die Sache könnte ja auch Vorteile für beide haben. Die Frau kann nörgeln, damit er in die Kneipe geht und sie sich einen ruhigen Abend machen kann. Vielleicht will sie mit ihrer Freundin telefonieren, die Lieblingssendung sehen oder im Internet flirten; vielleicht will sie gar nicht erst, dass ihr Mann ihre Nähe sucht, und sie kann auf diese Art seinen sexuellen Wünschen ausweichen. Oder der Mann geht in die Kneipe, damit er in Ruhe einen Abend ohne seine Frau verbringen kann und sich mit ein paar Kumpels unterhalten kann. Zudem bringt er sie dadurch zum Nörgeln, das führt zu Streitereien und dann muss er auch nicht schon wieder mit ihr schlafen. Hier hätte der Alkohol eine Funktion bekommen, die den Bedürfnissen beider entgegen 5 kommt. Entschließt sich der Mann zur Abstinenz und lässt den Alkohol weg, dann müssen die beiden auch ihre Abende neu regeln. Vielleicht versucht er, bis Mitternacht Fanta zu trinken in der Kneipe und das alte Muster wäre einigermaßen wiederhergestellt - nur eben mit null Promille, aber das geht nicht lange gut. Ohne den Alkohol und das Genörgel müssen die beiden einen anderen Weg auch im Umgang mit ihren Bedürfnissen nach Distanz finden. Manchmal will man eben einen ruhigen Abend allein verbringen - kann man das dem Partner sagen? Wie kann man das handhaben? Und manchmal will man eben nicht auf die sexuellen Bedürfnisse des Partners einsteigen - wie verhandelt man das? Man kann hier noch weitere Hintergründe unterstellen: Der Mann geht in die Kneipe, dann kommt es zu Kritik, Streit und sexueller Funkstille. Das kann er wiederum zum Anlass für eine Außenbeziehung nehmen, und das fällt auch erst mit ein paar Bier etwas leichter. Nüchtern müssten die beiden einen neuen Umgang finden mit sexuellen Bedürfnissen - denen, die sie miteinander teilen wollen und denen, die irgendwie außerhalb der Beziehung sind. Oder sie schweigen darüber, das ganze wird zum Tabu, und nur der Alkohol erlaubt es, diesen Bedürfnissen nachzugehen. Das ermöglicht aber auch, dann alles als moralisch verwerflich zu sehen: Den Suff und die dabei sich zeigenden sexuellen Bedürfnisse. Und somit gibt man dem Alkohol die Verantwortung dafür und muss sie nicht selbst übernehmen. Ebenso könnte es der Frau ganz Recht sein, dass der Mann immer wieder in der Kneipe verschwindet und dass sexuell nichts läuft. Damit könnte sie für sich rechtfertigen, sich ab und zu einen attraktiven Liebhaber zu gönnen und kann die Schuld dem trinkenden Mann geben - der wiederum wegen seiner untreuen Frau mehr trinkt usw. Wenn in solchen Beziehungen der Alkohol außen vor bleibt, der bislang eine wichtige Funktion bei der Nähe-DistanzRegulierung hatte, müssen die Partner nun selbst die Verantwortung übernehmen und sich damit neu sortieren, und das ist nicht immer einfach. Man kann 6 dem natürlich vorerst ausweichen, indem man Sex aus den Beziehungen und aus den Gesprächen verbannt. Das ist eine eher bequeme, aber langfristig wenig erfolgreiche Möglichkeit, dieses Minenfeld zu umgehen. Langjährige Partnerschaften Viele Partnerschaften haben sowohl die Zeiten mit Alkohol als auch die Umstellung auf Abstinenz trotz aller Belastungen überlebt. Die Partner hoffen natürlich, dass durch die Nüchternheit alles und wirklich alles - wieder gut werde, am besten von allein. Sie werden aber feststellen, dass der Nachbar immer noch unfreundlich, das Gehalt eigentlich immer noch zu niedrig und das Wetter oft immer noch zu kühl ist - obwohl man doch mit dem Trinken aufgehört hat. Man hofft auch, dass die Partnerschaft wieder in Ordnung kommt, dass man wieder Vertrauen findet, gemeinsam etwas unternimmt, sich aufeinander verlassen kann, die Kindererziehung wieder klappt und man leidenschaftlichen Sex miteinander hat, also dass man ein gutes Team in Haus, Garten, Freizeit, Bett und in Gedanken ist. Man ist gleichzeitig vertraut und befreundet, ein verlässliches Elternpaar, hat die gleichen Interessen und Ansichten, es funkt in der sexuellen Beziehung und beide haben Lust aufeinander. Aber selbst bei nüchternen Paaren ganz ohne Alkoholprobleme funktioniert das nicht. Grimms Märchen mit den glücklichen Königskindern und die Hollywoodfilme mit dem Kuss als Happy-End suggerieren das Klischee einer rundum perfekten Partnerschaft und dauerhaften heißen Liebe und Leidenschaft. Und es ist auch zu schön, daran zu glauben. In der Zeit der ersten Verliebtheit steht die große Leidenschaft im Vordergrund. Dabei werden alle störenden Eigenschaften und Verhaltensweisen des Partners ausgeblendet. Mit der Zeit wird die Liebe tragfähig, man zieht zusammen, hat gemeinsame Kinder, geht Verpflichtungen ein. Dabei muss man sich auf den Partner verlassen können. Es bilden sich vertraute Abläufe, damit der Alltag funktioniert. Das ist wichtig, sonst würde keine Partnerschaft bestehen. Aber es ist auch das, was der wilden Leidenschaft entgegen steht, denn die lebt immer noch von der Überraschung, vom Erforschen, vom Ausprobieren, vom Neuen. Je vertrauter ein Paar im Alltag wird, umso vertrauter wird es auch in der sexuellen Beziehung. Es schleift sich etwas ein, der Speiseplan wird eingeschränkt und es gibt nur noch das zu essen, was beiden schmeckt - die Zeit der Experimente ist vorbei. Wenn man sich aufeinander verlassen kann, vielleicht auch eine freundschaftliche Ebene miteinander hat und ähnlich denkt, ähnliche Interessen hat und gut miteinander reden kann, wird möglicherweise die sexuelle Beziehung als langweilig oder lustlos erlebt - von einem oder von beiden Partnern. Das ist ganz normal, weil verlässliche Partnerschaft und sexuelle Leidenschaft verschiedene Verläufe nehmen und gegenteilige Voraussetzungen erfordern. Man kann Partnerschaften unter den Aspekten Freundschaft, Partnerschaft und Leidenschaft beschreiben wie es der Paartherapeut Michael Mary erläutert. Wenn man diese Aspekte als Eckpunkte eines Dreiecks nimmt, kann man eine Selbsteinschätzung treffen, wo man mit der eigenen Partnerschaft steht. Die freundschaftlichen Aspekte beschreiben eher die geistige Nähe, gemeinsame Interessen, Weltanschauungen und Aktivitäten, wie vertraut man ist, wie gut man sich über eigene Sorgen und Ideen wie in einer guten Freundschaft austauschen kann. Die partnerschaftlichen Aspekte beschreiben eher das gemeinsame Funktionieren, das Aufrechterhalten von Erwerbsarbeit und Hauswirtschaft, Kindererziehung und Zukunftssicherung. Ein Paar kann darin sehr gut sein, sich aber sonst nichts zu sagen zu haben, die freundschaftliche Ebene wäre dann eher unterentwickelt. Die leidenschaftliche Ebene beschreibt die Sehnsucht und das sexuelle Verlangen des Liebespaares. Die passt nicht zum partnerschaftlichen Aspekt, wenn man sich beispielsweise nach einem Wolkenbruch nass und lustvoll ins Schlafzimmer zurückzieht, die Gartenmöbel nass werden lässt, den Hund nicht füt- tert und die Kinder nicht vom Schwimmbad abholt. Und wenn man dem Partner ganz freundschaftlich erzählt, dass man den Bademeister zum Anbeißen findet und überlegt, ob er denn eine Sünde wert wäre, dann ist vermutlich mit Störungen auf der leidenschaftlichen und partnerschaftlichen Ebene zu rechnen. Die Beziehungen, die die Zeiten mit Alkohol überstanden haben, sind meist sehr partnerschaftlich organisiert. Man ist zusammen durch dick und dünn gegangen, hat Enttäuschungen, Lügen, Demütigungen und sogar Kontoplünderungen überstanden. Freundschaft macht so etwas nicht mit, Leidenschaft auch nur begrenzt. Belastungen wie Verschuldung und Hausbau bei gleichzeitiger Familiengründung, Bewältigung von schwerer Krankheit der alten Eltern oder vielleicht eines Partners können nur bewältigt werden, wenn der partnerschaftliche Aspekt einer Beziehung gut funktioniert. Aber alle drei Bereiche gleichzeitig optimal zum Laufen zu bringen ist eben wegen der Unterschiedlichkeit nicht möglich. Das geht nur in Märchen, Arztromanen oder Hollywoodfilmen. In den Selbsthilfegruppen wird immer wieder der partnerschaftliche Aspekt dieser Beziehungen gewürdigt, ohne den diese Partnerschaften die Alkoholabhängigkeit nicht überlebt hätten. Interessant wird es, wenn man Bilanz zieht und sagen kann: „Jetzt haben wir eine schwere Phase bewältigt, die Partnerschaft hat uns dabei sehr geholfen. Aber könnte jetzt auch wieder mehr Platz für Freundschaft oder Leidenschaft sein?“ Vielleicht ist für manche die Leidenschaft nicht so wichtig, das ist auch in Ordnung, aber man sagt es einfach nicht so laut. Das ist Liebe ohne Lust und Leidenschaft. Heutzutage gehört Mut dazu, sich dazu zu bekennen. Mit gutem Grund stehen in einer bestimmten Phase Freundschaft und Leidenschaft im Hintergrund - Freundschaft trägt eben nicht unbedingt die Lügen und Enttäuschung; Leidenschaft erträgt keinen schlechten Atem und keine grundlose Eifersucht. Wie man die freundschaftlichen Aspekte wieder in die Partnerschaft bringt, auch angesichts aller Schäden, die der Alkohol angerichtet hat, kann man vielleicht in den Selbsthilfegruppen entspannter besprechen. Und dann kann man ja vielleicht auch die Rückkehr von Liebe, Lust und Leidenschaft in alkoholgeschädigte Beziehungen zum Thema machen. Das ist nicht so leicht, aber es lohnt sich. Und Sie werden vermutlich immer jemanden finden, der dieses Thema ebenso spannend findet. Es ist nicht leicht, solch heiße Eisen in der Selbsthilfe anzupacken. Andererseits sind diese brisanten Themen eben da und irgendwie wissen das auch alle. Ich kann Sie nur ermutigen, sich offen zu zeigen auch für schwierige Themen in den Selbsthilfegruppen, auch einmal etwas Ungewöhnliches auf den Tisch zu bringen und damit zu experimentieren, was geht und was noch nicht geht. Bleiben Sie dabei gelassen, hören Sie zu und nehmen Sie die Ratsuchenden ernst. Bieten Sie einen sicheren Gesprächsrahmen. Sie werden staunen, die Leute erzählen Ihnen mehr als Sie erwartet haben. Literatur: Mary, Michael (2008). Lebt die Liebe, die ihr habt. Wie Beziehungen halten. Rororo. Fieseler, Klaus (2007). Sexmythen – Zwischen Illusion und Realität. Schwarzkopf und Schwarzkopf. Clemens, Ulrich (2008). Guter Sex trotz Liebe – Wege aus der verkehrsberuhigten Zone. Ullstein. Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (2004). Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (2010). Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen. (Beide Studien können über das Ministerium kostenlos bezogen werden, auch als PDF zum Herunterladen.) Klaus Fieseler, Diplompädagoge und Systemischer Therapeut, arbeitet in der Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werks Waldeck-Frankenberg, in der Online-Erziehungsberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung www.bke-beratung.de und bietet Paarberatung über www.paarberatung-online.de an. 7 „Liebe, Lust und Leidenschaft“ Die etwas andere Fachtagung für Selbsthilfegruppen 2010 „Tabuthemen (nicht nur) in Selbsthilfegruppen“ - das war das Leitthema der diesjährigen Fachtagung für Selbsthilfegruppen. Wir waren höchst gespannt auf das Echo, ging es doch dieses Mal um Themenbereiche, die man nicht so gerne vor anderen offenlegt. Und doch: 120 Mutige und Interessierte aus allen Gruppen kamen und stellten sich dem Thema. Sie stellten sich zunächst bei dem Einführungsvortrag von Klaus Fieseler aus Korbach, einem Spezialisten für dieses Thema. In klaren, sachlichen Worten schöpfte er aus seinem fundierten Wissen und seiner langjährigen Erfahrung und trug zur Klärung der Tabuthemen bei, und das auf eine Art und Weise, dass jeder Mann und jede Frau aus dem Publikum es für sich gut annehmen konnte. Ich darf an dieser Stelle auf die Darstellung der Inhalte des Vortrags und ausgewählter Workshops in den Beiträgen dieser Ausgabe verweisen, die die Referenten uns dankenswerter Weise überlassen haben. Ich will aber doch bemerken, dass es in Workshop 1 („Gewalt…) mit Frau Karin Hentschel sehr ernst zuging; dass Reinhard Duhnke in gewohnter Weise klar und deutlich die Inhalte ordnete und zurecht rückte; dass die Teilnehmer von Workshop 3 mit 8 Elfi Sklepik von „Atmen-Fühlen-LustBegehren“ eine vibrierende Ahnung bekamen dass auch Beratungsstellen dem Thema nicht ausweichen, wie Johanna Alef-Bill in Workshop 4 bewies; dass Ketten ausgelegt wurden und die Frage des Ankettens - in vielerlei phantasiereichen Assoziationen - gestellt und beantwortet wurde. Dr. R. R. Salloch-Vogel und seine Frau Ines Frere schlossen den Bogen der Fragen in Workshop 5 und resümierten, dass NUR Nüchternheit und Liebe zusammenpassen. Insgesamt erlebten wir eine Supertagung mit hoch interessierten Gästen und hervorragenden Referenten und dürfen mit Stolz sagen: Der Erfolg gab uns recht mit der Auswahl dieses besonderen Themas. Das betrifft auch gewisse Golfbälle, die unsere moderierende Mitarbeiterin der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Andrea Ehses unter dem Schreibtisch von Winfried Haug gefunden haben will, auf denen etwas von Golf und Sex draufsteht ….. die beiden waren zuständig und verantwortlich für diese Tagung. Und dieses bewährte Team wird sich auch um die Organisation und Durchführung der nächsten Fachtagung kümmern: Dr. Mathias Jung, Arzt, Philosoph und Psychotherapeut aus dem Bruckner Haus in Lahnstein, Autor zahlreicher Bücher, wird am 29.09.2011 einen Tag gestalten zum Thema: „Sehnsucht - die Mutter aller Süchte!“ Wir mussten den gewohnten Termin (erster Freitag im September) verschieben, weil Dr. Jung nur noch am 29.09.2011 einen freien Termin hatte. Also: Unbedingt vormerken, nähere Informationen folgen in der nächsten Ausgabe des Thommener Journals. Winfried Haug Fachtagung 2011 für Selbsthilfegruppen 29. September 2011 Gewalt - Die dunkle Seite von Liebe, Lust und Leidenschaft Dipl.-Soziologin Karin Hentschel Im Rahmen der Fachtagung für Selbsthilfegruppen fand erstmalig ein Workshop exklusiv nur für Frauen statt. Das Konzept, einen Workshop exklusiv für Frauen zu vorzusehen, wurde im Plenum durchaus kontrovers gesehen und so wurden auch Wünsche nach Öffnung des Workshops für Männer bzw. einer eigenen Gruppe für Männer geäußert. Zum Thema „Gewalt“ macht es sicherlich sehr viel Sinn, eine eigene Männergruppe anzubieten, in der eine Konfrontation mit den Auswirkungen von Gewalt, dem Mangel an Mitgefühl bzw. Gefühlskälte und den Hintergründen dafür stattfinden kann. So sind Wurzeln der Gewalt oft Hilflosigkeit und mangelnde Flexibilität innerhalb eines rigide befolgten Verhaltenskodex, um Enttäuschung, Frustration, Wut und Ärger auch anders ausdrücken zu können. Die Strategie, die viele Männer wählen, Macht und Kontrolle auszuüben, lässt die Gewaltspirale immer weiter drehen und hilft eben nicht zum Gelingen einer guten Partnerschaft. Sie verstärkt stattdessen die persönliche Krise. Der Workshop wurde von einer kleinen Gruppe von zehn Frauen genutzt. Die Arbeit im Workshop konnte in Folge der Exklusivität in einem geschützten Rahmen stattfinden. Deshalb kam in dieser Atmosphäre und der kleinen Gruppe schnell eine vertrauensvolle Ebene zustande, die Raum gab für intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und Austausch. Aus meiner 18-jährigen Erfahrung in der Arbeit mit Frauen, die Gewalt erfahren haben, weiß ich - und die Fachliteratur belegt es - wie wichtig es ist, erst einmal in einer Gruppe Gleichgesinnter zusammen zu kommen. Oft wird dort erstmalig geäußert, dass Gewalterfahrungen erlebt wurden. Es ist für die Betroffenen wichtig, auf Verständnis und Stärkung zu treffen. In dieser Atmosphäre können sie dann über Schritte in Richtung Heilung nachdenken und sich öff- nen auch für praktische Übungen zu Themen wie: „Wie erkenne ich meine Grenzen und wie setze ich sie durch?“ Die in der Vorstellungsrunde der Teilnehmerinnen geäußerten Erwartungen an den Workshop konnten in den Ablauf integriert werden. Die wesentlichen Inhalte des Workshops werden im Folgenden zusammen gefasst dargestellt: Warum kommt dieses Thema auf der Tagung zu „Liebe, Lust und Leidenschaft zur Sprache“? Eine vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebene Studie von 2004 kam zu erschreckenden Ergebnissen: • Häusliche Gewalt ist immer noch ei- nes der höchsten Gesundheits- und Verletzungsrisiken – nicht der Straßenverkehr! • Jede vierte Frau in Deutschland im Alter von 16-85 Jahren hat in einer Partnerschaft bereits sexuelle und/ oder körperliche Gewalt erlebt. • In mehr als 50% dieser Beziehungen wurde ein erhöhter Alkoholkonsum bei den männlichen Beziehungspartnern angegeben. Bei dieser Studie konnte kein Zusammenhang zwischen der Gewaltbetroffenheit und der Schichtzugehörigkeit oder dem Bildungsstatus festgestellt werden. Was ist Gewalt? Unter häuslicher Gewalt wird Gewalt im 9 Argumente hat. Beim Streiten ist klar, dass jeder ein Recht auf seine Meinung hat, die dann auch toleriert wird. Gewalt hingegen kommt dann zum Einsatz, wenn eine andere Sichtweise nicht geduldet wird. In der Studie „Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen“ des Bundesministeriums von 2008 werden folgende Aspekte deutlich: • Gewalt trifft Frauen aus allen Schichten. • Die Dunkelziffer ist besonders in mittleren und höheren Bildungsund Sozialschichten sehr hoch. • Gewalt gegen Frauen ist kein Problem am Rande unserer Gesellschaft, sondern findet in allen Schichten, also mitten unter uns statt. „Rad der Gewalt“ sozialen Nahraum, also Gewalt in Beziehungszusammenhängen, verstanden. Im engeren Sinne ist damit vorrangig die Gewalt in einer Paarkonstellation, zumeist als Gewalt zwischen den Geschlechtern, gemeint. Darüber hinaus kann es sich auch um Gewalt zwischen erwachsenen Partnern allgemein, von Eltern gegenüber ihren Kindern, Kindern gegenüber ihren Eltern, Gewalt unter Geschwistern sowie gegenüber alten Menschen handeln. Viele Gewalthandlungen finden auch während oder nach einer Trennung statt. Deshalb geht der Begriff häusliche Gewalt von einer Gewalt in Beziehungszusammenhängen aus und ist nicht an einen Ort gebunden. Häusliche Gewalt kann psychisch, physisch, sexuell und durch Ausnutzung ökonomischer und anderer Druckmittel ausgeübt werden. Häusliche Gewalt wird überwiegend – aber nicht ausschließlich - von Männern ausgeübt. Indirekte Opfer von häuslicher Gewalt sind zudem die in der Beziehung lebenden Kinder, auch wenn sich die Gewalt nicht direkt gegen sie richtet. Die häusliche Gewalt ist durch Herstellung bzw. Aufrechterhaltung eines Machtgefälles zwischen Opfer und Täter geprägt. 10 Die Kontrolle dient dem Machterhalt. Je nach gesetzlichem Auftrag oder beratungsorientierter Sichtweise können sich Bewertungen, was als Gewalt zu bezeichnen ist, stark voneinander unterscheiden. Soll die Bewertung beispielsweise juristischen Kriterien standhalten, darf sie sich nur auf die strafrechtlich fixierten Tatbestände beziehen. Ist Gewalt dagegen im Rahmen einer psychosozial orientierten Beratung zu beurteilen, geht die Bewertung darüber hinaus und schließt auch Verhaltensweisen, Mechanismen und Strukturen ein, die nicht strafrechtlich zu fassen aber geeignet sind, eine Person fortgesetzt zu demütigen. Beispiele dafür werden in der Darstellung zum Rad der Gewalt genannt (siehe oben). Der Unterschied zwischen Streit und Gewalt Beim Streit wird die andere Meinung nicht unbedingt akzeptiert, es ist aber offen, ob man auch überzeugt werden kann, und es ist offen, wer die besseren • Mehr als ein Drittel der in der Studie befragten Frauen wurde sehr schwer bis lebensbedrohlich misshandelt (Verprügeln, Zusammenschlagen, Würgen, Verbrühen, Bedrohung oder Verletzung mit einer Waffe, Vergewaltigung). • Trennung oder Scheidung erhöhen deutlich die Gefahr für die Frau, Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt zu werden. • Frauen in dieser Situation benötigen daher gezielte Unterstützung. • Auch die Androhung von Gewalt durch den Mann ist ernst zu nehmen, da die Drohung sehr häufig in die Tat umgesetzt wird. • In fast zwei Dritteln der Fälle ist schwerste Gewalt gegen Frauen mit einem erhöhten Alkoholkonsum des Täters verbunden. Bei einem Drittel spielt Alkohol keine Rolle. • Frauen unter 35 Jahren werden häufiger und stärker misshandelt, wenn beide Partner in einer schwierigen sozialen Lage sind, weil beide entweder über kein Einkommen, keine reguläre Erwerbsarbeit oder über kei ne Schul- und Berufsausübung verfügen. Haushalten mit mittlerem oder gehobenem Einkommen. • Frauen über 45 Jahren sind vor allem dann von Gewalt betroffen, wenn sie über eine höhere Bildung verfügen oder wenn sie bei Bildung, Beruf und Einkommen dem Partner gleichwertig oder überlegen sind und damit traditionelle Geschlechterrollen in Frage gestellt werden. • Darüber hinaus hat die große Mehr heit der Männer und Frauen in Gewaltbeziehungen keinen Migrationshintergrund. • Nur drei Prozent der Täter, die ihre Partnerin schwer misshandeln, haben weder einen Schul-, noch Ausbildungsabschluss. 52 Prozent der Täter verfügen über einen niedrigen oder mittleren Abschluss und 37 Prozent über höhere Bildungs- und Ausbildungsgrade. • Männer, die in ihrer aktuellen Beziehung schwere körperliche, sexuelle und psychische Gewalt ausüben, sind zudem mehrheitlich berufstätig und nicht von Sozialleistungen abhängig. Rund zwei Drittel von ihnen leben mit ihren Partnerinnen in • Gewalt, auch schwere Gewalt in Paarbeziehungen, ist, wie die Untersuchung zeigt, nicht ein Problem sozialer Randgruppen, sondern findet bislang weitgehend unbemerkt in der Mitte der Gesellschaft statt. Was stoppt Gewalt? Seit 2002 bietet das Gewaltschutzgesetz Schutz für Opfer von häuslicher Gewalt. Der Kernsatz dieses Gesetzes ist: Wer schlägt muss gehen! Das Gewaltschutzgesetz enthält strafrechtliche und zivilrechtliche Maßnahmen. Die strafrechtliche Maßnahme besteht darin, dass von Seiten der Staatsanwaltschaft (öffentliches Interesse) nach jedem Polizeieinsatz bei häuslicher Ge- walt gegen den Täter ermittelt wird, egal ob die von Gewalt betroffene Person dies anzeigt oder nicht. Dies wird als „Offizialdelikt“ bezeichnet. Die zivilrechtlichen Möglichkeiten bestehen in einer zeitlich befristeten Verweisung aus der Wohnung, einem Kontaktverbot (auch über alle audiovisuellen Medien wie z.B. Handy, Internet) und Näherungsverbot („Bannmeile“, z.B. auf 30m nicht nähern) und können auch in Bezug auf direkt oder indirekt betroffene Kinder gestellt werden (Kindergarten, Schule). Ein Antrag auf zivilrechtliche Schutzanordnungen kann ohne anwaltlichen Beistand bei jedem Amtsgericht gestellt werden. Den aufgenommenen Antrag prüft meist noch am selben Tag ein Richter, der dann nach der Glaubwürdigkeit und den möglichst vorhandenen Beweisen (Atteste, Polizeianzeige etc.) entscheidet. Sehr ausführliche Informationen dazu und zu Hilfsmöglichkeiten sowie Adressen sind zu finden unter www.gewaltschutz.info/index.php?kap. Folgen von Gewalt Die Schädigungen bzw. Schädigungsfolgen reichen von körperlichen Verletzungen (die zum Teil auch als dauerhafte Behinderung bleiben wie Hörschäden, dauerhafte Schädigungen an Knochen und Wirbelsäule), (psycho)somatischen Beschwerden, psychischen Störungen und Erkrankungen bis hin zu tödlichen Folgen. Angst- und Schlafstörungen, Beziehungs- und Sexualprobleme, posttraumatisches Belastungssyndrom, Depressionen, Suizidalität, Suchtverhalten und -gefährdung werden u.a. als Gewaltfolgen benannt. Übungen im Workshop „Handdiagramm“ Im Workshop wurden mit den Teilnehmerinnen verschiedene Übungen zur Stärkung der eigenen Persönlichkeit durchgeführt. Dazu gehörte eine Übung zum Bewusstmachen der eigenen Körpergrenzen durch leichtes Abklopfen im Stehen mit dem Kopf beginnend bis 11 zu den Füßen, eine Visualisierungsübung mit Anleitung zum Thema „Wie können meine eigenen Grenzen aussehen?“ Zur Vertiefung gab es zehn Minuten Zeit, das eigene, vor dem inneren Auge entstandene Bild für sich selbst zu malen. Zudem wurde ein „Handdiagramm“ zu Erfahrungen aus engen persönlichen Beziehungen erstellt (siehe Abbildung). Zum Abschluss wurde eine Stärkungsübung von der CD „Trauma und Krise bewältigen“ von Christa Diegelmann durchgeführt. Als Ermutigung und Begleitung bei dem manchmal mühevollen persönlichen Weg kann folgendes Gedicht von Portia Nelson hilfreich sein: Autobiographie in fünf Kapiteln 1. Ich gehe die Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich falle hinein. Ich bin verloren... Ich bin ohne Hoffnung. Es ist nicht meine Schuld. Es dauert endlos, wieder herauszukommen. 2. Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich tue so als sähe ich es nicht. Ich falle wieder hinein. Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein. Aber es ist nicht meine Schuld. Immer noch dauert es sehr lange herauszukommen. 3. Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich sehe es. Ich falle immer noch hinein... aus Gewohnheit. Meine Augen sind offen. Ich weiß, wo ich bin. Es ist meine eigene Schuld. Ich komme sofort heraus. 4. Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich gehe darum herum. 5. Ich gehe eine andere Straße entlang. Literaturempfehlungen: Hirigoyen, Marie-France (2008). Warum tust du mir das an – Gewalt in Partnerschaften. München: dtv. Spangenberg, Ellen (2008). Dem Leben wieder trauen - Traumaheilung nach sexueller Gewalt. Patmos. Koppe, Angelika (2004). Mut zur Selbstheilung – Innere Körperreisen und Visualisierungen nach der Methode Wildwuchs. Würzburg: Diametric. Hülsemann, Irmgard (2000). Mit Lust und Eigensinn – Die weibliche Eroberung des Glücks. Fischer Taschenbuchverlag. Hülsemann, Irmgard (1999). Ihm zuliebe? Irmgard Hülsemann. Fischer Taschenbuchverlag. Kavemann, Barbara & Kreyssig, Ulrike (2006). Handbuch Kinder und häusliche Gewalt. Wiesbaden. Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (2004). Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (2010). Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen. (Beide Studien können über das Ministerium kostenlos bezogen werden, auch als PDF zum Herunterladen.) Karin Hentschel, Jahrgang 1957, absolvierte eine Ausbildung als Erzieherin und studierte Pädagogik, Publizistik, Psychologie und Soziologie. Sie ist Diplom-Soziologin und Fachberaterin für Psychotraumatologie. Sie war als Erzieherin in verschiedenen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Als Soziologin arbeitete sie in der Beratung für Frauen zur beruflichen Orientierung und Qualifizierung. Seit 18 Jahren ist sie in Gewaltschutzprojekten für Frauen tätig, zunächst in einem Frauenhaus, später in einer Frauenberatungsstelle und in einer Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt. Zu ihren Aufgaben gehören besonders Prävention und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Gewaltschutz. Seit 2007 bietet sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Klaus Fieseler Paarberatung über das Internet an: www.paarberatung-online.de. 12 „Ein bisschen Spaß muss sein … !“ Das Thema Sexualität in der Behandlung Suchtkranker Reinhard Duhnke Am Nachmittag unserer letzten Fachtagung für Selbsthilfegruppen bot ich, wie auch andere interne und externe Kolleginnen und Kollegen einen Workshop an, in dem es um Sexualität im allgemeinen, speziell aber um ihren Stellenwert und ihre Bedeutung in der Behandlung in den AHG Kliniken Daun Thommener Höhe ging. Ich wusste schon vorher, dass es für meinen Workshop viele Anmeldungen gab und fühlte daher auch schon Stunden zuvor Reste einer früher viel größeren Befangenheit in mir. Bei aller Erfahrung und Geübtheit ist es auch heute noch nicht wirklich leicht für mich als Mensch, Mann und Therapeut, mit anderen über Sexualität zu reden oder an diesem Thema zu arbeiten. Mit dieser Befangenheit und Anspannung in mir betrat ich um 13.10 Uhr den T4, ein Therapieraum, der ja nicht gerade klein ist, und stellte fest, dass dieser schon gut gefüllt war. Bei meinen ersten Blicken in die Runde sah ich viele, mir schon seit langem bekannte und vertraute Gesichter, konnte mich entspannen und die Zuversicht entwickeln, dass die nächsten zwei Stunden gut verlaufen würden. Ich begann dann den Workshop damit, dass ich einen kleinen geschichtlichen Rückblick darauf gab, wie hier auf Thommen in den letzten Jahrzehnten therapeutischerseits mit dem Thema Sexualität umgegangen wurde. Ich erinnerte an die Vorträge meines geschätzten und berenteten Kollegen Burghard Bredlow in den 80er Jahren und sah dabei auf einigen Gesichtern ein Schmunzeln in der Erinnerung daran, dass Burkhard auch bei diesen Vorträgen auf seinem Fußschemelchen stand. Ich erinnerte daran, dass in den 90er Jahren meine Frau Rose diese Vorträge übernahm und dabei natürlich einen ganz anderen Stil entwickelte. Rose war es auch, die damit begann, auf Wunsch und bei Bedarf mit Patientinnen und Pa- © Stephanie Hofschlaeger / PIXELIO tienten Einzelberatungen oder -therapien bei sexuellen Schwierigkeiten durchzuführen. Als Rose Anfang der 2000er in Rente ging, überlegten wir, wer die Vorträge und die Einzelarbeit übernehmen könnte und - „oh Wunder“ - am Ende landete beides bei mir. Das soll aber nicht heißen, dass ich mich habe dazu überreden lassen, sondern für mich stellte das eine Entwicklungsaufgabe dar, für die ich mich bewusst entschied. Wenig später wurden im Rahmen konzeptioneller Teambesprechungen die „Projekttage“ erfunden und als erster bot ich zweimal jährlich Projekttage zum Thema „Sexuelle Zufriedenheit“, getrennt für Männer und Frauen, an. Im Laufe der Jahre haben bis heute etwa 450 Patientinnen und Patienten an sol- chen Projekttagen teilgenommen und mir wurde dadurch bewusst, was ich vorher schon ahnte, nämlich dass sexuelle Unzufriedenheit oder Frustriertheit, Unsicherheiten und Ängste im Hinblick auf Sexualität und vor allem sexuelle Traumatisierungen oft in einem engen Zusammenhang mit der Abhängigkeit zu sehen sind. Anhand anonymisierter Fallbeispiele stellte ich diese Zusammenhänge den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Workshop dar und konnte schon an den nonverbalen Reaktionen ablesen, dass manch eine und einer auch eine ganz persönlich schwierige Sexualitätsgeschichte hatte. Im Anschluss gab ich den Ball in die Runde zurück und fragte danach, wie denn nun mit dem Thema Sexualität in Selbst13 hilfegruppen umgegangen wird. Aus den Rückmeldungen ergab sich ein vielschichtiges Bild: In manchen Selbsthilfegruppen stellt Sexualität offensichtlich auch heute noch ein Tabu dar. In anderen wird in aller Vorsicht und mit viel Rücksicht auf die Schamschwellen Sexualität doch ab und an thematisiert. In einigen wenigen Selbsthilfegruppen scheint schon ein sehr offener Austausch darüber stattzufinden. In der großen Teilnehmerrunde zeichnete sich die klare Tendenz ab, auch in der Selbsthilfegruppenarbeit Sexualität zu enttabuisieren und diese, so fern sie sich als schwierig oder gar problematisch zeigt, offener zu kommunizieren. Wie schon erwähnt, habe ich in den letzten Jahren im Rahmen der Projekttage „Sexuelle Zufriedenheit“ etwa 450 Patientinnen und Patienten kennengelernt, etwas über ihre sexuellen Prägungen erfahren und viel über die Not, die sie auch im Hinblick auf Sexualität erlebten. Ängste, Depressionen und funktionaler Suchtmitteleinsatz waren oft die Folge unseliger sexueller Prägungen und Erfahrungen. Insbesondere die Arbeit mit Frauen veranlasst mich, ein paar abschließende Bemerkungen in Richtung meiner Mit-Männer zu formulieren: Sex hat noch nie zuvor in der Geschichte so viel öffentliche Beachtung und soziale Billigung erfahren wie heu- 14 te. Sex ist überall: Auf Werbeplakaten, im Fernsehen, in Zeitungen und Zeitschriften, in Büchern, Filmen und im grenzenlosen Raum des Cyberspace. Das Problem liegt genau in dieser Übersättigung. Unser Alltag ist mit Sex derart überflutet, dass wir vergessen haben, worum es tatsächlich geht. Der Grad der Unwissenheit scheint in direkter Relation zum Grad der öffentlichen Darstellung zu stehen. Die Männer, die sich selbst als die besten Liebhaber rühmen, haben oft am wenigsten Ahnung davon. Sie wissen zwar, was ihnen selbst Befriedigung bereitet, doch nicht annähernd genug darüber, wie sie ihren Partnerinnen sexuelles Vergnügen bereiten können. In einem Zeitalter, in dem die Frauen gerade begonnen haben, ihre Sexualität neu zu entdecken und ohne Befangenheit und Schuldgefühle sexuelle Erfüllung zu suchen, grenzt dies an eine Katastrophe. Wie lässt sich diese Situation ändern? Sind die Frauen dazu verurteilt, nach erotischer Erfüllung suchend von Männern dabei oft im Stich gelassen zu werden, während die Männer weiter fest daran glauben, sie würden schon alles über Sex wissen? Oder lassen sich die Männer aus ihrer falschen Selbstgefälligkeit reißen und beginnen zu erkennen, dass Sexualität eine Form der Vereinigung ist, bei der zwar die Technik Bedeutung hat, bei der doch auch die Form der Annäherung und die Geisteshaltung, die Stimmung und das Gefühl eine gleichwertige wenn nicht noch wichtigere - Rolle spielen? Ich empfehle daher allen Männern, die Sinnlichkeit der Frauen zu respektieren und immer wieder sensibel auszuloten, was ihnen in Erotik und Sexualität gefällt. Umgekehrt empfehle ich den Frauen, dass sie nicht schicksalsergeben hinnehmen, was ihnen von Männern erotisch und sexuell angeboten (manchmal auch zugemutet) wird, sondern selbstbewusst, in wohl verstandenem Sinne schamlos und offen Vorlieben, Wünsche, Erwartungen anmelden. Reinhard Duhnke, Bezugstherapeut der Gruppe I Die Liebe kennt kein Alter "Alter schützt vor Liebe nicht. Aber Liebe schützt vor dem Altern!" Coco Chanel Ute Grönke-Jeuck Unsere Gesellschaft wird immer älter – das zeigt die demographische Entwicklung. Wir verabschieden uns allmählich vom "Jugendwahn" und das Thema "Liebe, Lust und Leidenschaft im Alter" tritt vorsichtig aus dem tabuisierten Schattenbereich heraus. Trotzdem verliert sich der dazugehörige Bereich der Sexualität weiterhin in Scham und Hemmungen. Deshalb sind Menschen, die diese Themen aktiv aufgreifen, oft umstritten. Zu diesen Personen gehört auch der im Alter von 81 Jahren in diesem Jahr verstorbene und bekannteste Sexualaufklärer Oswald Kolle, Sohn eines Psychiaters, der dagegen wetterte , dass die jüngere Generation ihre Eltern und Großeltern am ehesten versonnen auf der Parkbank sitzend Rilke zitieren sehe. Seiner Meinung nach kenne Sexualität keine Altersbegrenzung und sei so normal wie Essen und Trinken. Auch sei Sex sogar ein wirkungsvolles Mittel gegen Altersdemenz. Als ähnlich bekanntes, weibliches Pendant kann Erika Berger, Fernsehmoderatorin und Sexualberaterin, genannt werden. Im Alter von 70 Jahren sah sie sich genötigt, ein Buch über "Liebe, Sex und Leidenschaft in reifen Jahren" zu schreiben. In "Spätes Glück" verrät sie Frauen in den Wechseljahren ihre Wohlfühlformeln: Z.B. sei es das Wichtigste, sich als Frau zu pflegen (der graue Haarknoten ist passé), auf die Figur zu achten, sich sportlich zu betätigen (unbedingt viel Bewegung und frische Luft), sich altersentsprechend zu kleiden (Minirock mit Gesicht voller Falten macht lächerlich) und sich medizinisch beraten zu lassen (Schlafstörungen, Hitzewallungen, Depressionslöcher müssen nicht sein). Eine reife Frau könne dann eine genauso große erotische Ausstrahlung haben wie eine junge, vielleicht sogar eine noch größere, weil sie aus ihrem bisherigen Leben gelernt habe und weil sie wisse, wie sie mit sich umgehen kann. Äußerst provokant zeigt sich die Wienerin Elfriede Vavrik mit ihrem Buch "Nacktbadestrand", in dem sie, schamfrei alle Hemmungen ablegend, im Alter von 81 Jahren ihre späten erotischen Erfahrungen und Fantasien niederschrieb. Unpopulär betrieb sie eine Buchhandlung bis 2006, heute ist sie durch ihre sympathische, tabulose Offenheit in Talkshows einem breiten Kreis bekannt. Humorvoll erzählt sie, mit 79 Jahren ihren Hausarzt aufgesucht zu haben, um sich ein Pülverchen gegen Schlafstörungen verschreiben zu lassen. Als wesentlich effektivere Heilmethode gab der Arzt ihr den Rat, sich einen Mann ins Bett zu holen. Nach dem ersten Schock gab die sehr agil wirkende ältere Dame eine Anzeige auf, in der sie ihr wirkliches Alter um 10 Jahre reduzierte und darauf hinwies, nur Einsendungen von verheirateten oder in festen Bindungen stehenden Bewer- bern in Betracht zu ziehen. Sie erhielt nach eigener Aussage eine Unmenge an Anfragen. Nach einer Auswahl aus den Briefen und mehreren Kennlerngesprächen in Cafés präferierte sie drei Männer im Alter von 43 bis 47 Jahren, mit denen sie lernte, eine erfüllte Sexualität auszuleben. Ältere Männer lehnte sie auf Grund der möglichen altersbedingten körperlichen Unzuverlässigkeit ab. Sehr selbstbewusst erklärte die Mutter von drei Söhnen, welche die ungewöhnliche Entwicklung ihrer Mutter begeistert aufnahmen, dass sie mit einem Alkoholiker verheiratet gewesen sei und nach der Trennung immer ein Händchen gehabt habe, wieder an einen Alkoholiker zu gelangen. Die Distanz zu den Männern gebe ihr heute die Sicherheit, sich nicht schon wieder ins Fettnäpfchen zu stürzen. In ihren Interviews beschrieb E. Vavrik, dass ihr Schreiben zum einen „Sexersatz“ sei und zum anderen Frauen Mut 15 machen soll, die ebenfalls wie sie aus einer streng katholischen Familie stammen und Sexualität als ein ungeliebtes Muss erlebten, in ein lustvolles Abenteuer einzutauchen, fern von einschränkenden eigenen Gefühlen und der Verurteilung durch das Umfeld. Diese außergewöhnliche Frau, die zum Polarisieren einlädt, unterstreicht das interessante Fazit einer Statistik: ES IST EIN MYTHOS, DASS DIE LUST IN RENTE GEHT! Rund 70 Prozent der Menschen bis 75 Jahre sind noch regelmäßig sexuell aktiv, mit unterschiedlichen Intervallen. Voraussetzungen seien eine vertrauensvolle Beziehung, erlebte Erfahrungen und offener Umgang. Eine Studie des britischen Gesundheitsdienstes bewertet sexuelle Aktivitäten unter gesundheitlichen Aspekten höher als Sport. Sexualität übt einen großen Einfluss auf unser körperliches und geistiges Wohlbefinden aus. Sie sei gleichzusetzen mit anderen bestandenen Herausforderungen, stärke das Immunsystem durch das Freisetzen der Endorphine beim Orgasmus, verbessere die Herzfunktion und schütze durch die innere Zufriedenheit besser vor Schlaganfällen. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass regelmäßige Ejakulationen dem Prostatakarzinom vorbeugen und je mehr Orgasmen man erlebe, desto höher sei die Lebenserwartung. Auch können Erektionsstörungen auf kardiovaskuläre Erkrankungen hinweisen (Herz16 Kreislauf-Leiden). Da viele Menschen glauben, dass sexuelle Funktionsstörungen im Alter normal sind, suchen sie nicht den Arzt auf. Auch von Seiten des Hausarztes erhält dieses Thema viel zu wenig Gewichtung. Zumal es problematische medizinische Faktoren gibt, die das Ausleben von Sexualität einschränken oder auch stoppen können wie z. B. physische und psychische Erkran- kungen (Diabetes, Bluthochdruck, Depression, Sucht, etc.), Nebenwirkungen von Medikationen, Folgen von Operationen, altersbedingte körperliche Veränderungen, etc., die sich mit ärztlicher Unterstützung jedoch beheben oder mildern lassen. Erwähnenswert ist auch die seit 1999 existierende Hotline des Informationszentrums für Sexualität und Gesundheit in Freiburg. „Über sexuelle Probleme werde in der Gesellschaft entweder gelacht oder geschwiegen. Mit kaum jemandem kann der Betroffene reden. Diese Lücke versuchen wir zu schließen." erklärt das Freiburger Expertenteam. Auch belegen weitere Umfragen, dass sich Prioritäten verschieben können und Nähe, Zärtlichkeit und lustvolle Berührungen für ältere Paare, die die nachlassende Wirkung der Geschlechtshormone wahrnehmen, an Bedeutung gewinnen. Hierbei ist es wichtig, bei einem solchen Prozess gegenseitig wertschätzend im Gespräch zu bleiben. Einseitiger schweigender Rückzug aus Scham oder Versagensängsten kann eine Partnerschaft langfristig belasten; Rückzug mit dem Gefühl, nicht mehr geliebt zu werden, kann die Folge sein. Selbst Eifersucht ist bei älteren Jahrgängen nicht selten und kann die partnerschaftliche Beziehung vergiften. Besonders wenn die Partner, geprägt von der Herkunftsfamilie und verinnerlichten Wertevorstellungen, nicht gelernt haben, über Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen. Andererseits kann sich die Partnerschaft auch auf einer Basis von Gleichgültigkeit weiterentwickeln: " Du hast recht und ich habe meine Ruhe!". Obwohl nur eine Minderheit bedauert, die Ehe nicht rechtzeitig beendet zu haben, steigt die Anzahl der Scheidungen nach dem 65. Lebensjahr. Souverän und mutig werden sie immer öfter von Frauen eingereicht, die sich konsequent aus dem abhängigen Verhältnis zum Ehemann lösen. Hierbei ist zu erkennen, dass Männer viel häufiger bei Partnerverlust zu Suizid neigen als Frauen, die lernen, nach der Trauerzeit das unabhängige Leben wertzuschätzen und neue befriedigende Aktivitätsfelder erschließen. Noch ein weiterer Aspekt ist zu beachten: Durch die steigende Lebenserwartung wird die Demenz zum Gesundheitsproblem Nr. 1 der westlichen Industrieländer werden: 15% der 80-Jährigen und 25% der 85-jährigen leiden heute vor allem unter Morbus Alzheimer. Wissenschaftler haben Zusammenhänge mit dem Lebensstil vermutet und Partnerin sonnen und erhält das Gefühl, noch einmal jung zu sein. Die Frau profitiert von seiner Erfahrung, genießt es vielleicht, mit einem Mann zusammen zu sein, der bewundert wird. "Zusammen sind wir komplett und eine unschlagbare Mischung!“ Bemerkenswert ist ebenfalls der neue Lebensstil der Älteren, die sich als Paar neu finden: Jeder hat seinen Haushalt, sein Umfeld, seine Gewohnheiten, und ist nicht gewillt, seine individuellen Lebensgrundlagen für eine neue Beziehung aufzugeben. LIVING APART TOGETHER heißt dieser neue Lebensstil, eine Alternative zur konventionellen Ehe mit Wohngemeinschaft. Falls sich diese Zukunftsperspektive dann mit dem Alltagsleben doch nicht so decken sollte, kann eine Trennung viel unkomplizierter und ohne problematische Konsequenzen durchgezogen werden. Auch dies zeigt die wachsende Experimentierfreudigkeit im Alter. Lassen wir abschließend noch einmal Coco Chanel sprechen: „Alt ist man erst dann, wenn man an der Vergangenheit mehr Freude hat als an der Zukunft!“ Die Liebe kennt kein Alter konnten aufzeigen, dass Personen, die im mittleren Lebensalter in einer festen Partnerschaft lebten, im Vergleich zu allen Anderen, die ledig, getrennt lebend oder verwitwet waren, ein signifikant niedrigeres Risiko hatten, im Alter zwischen 65 und 79 Jahren eine kognitive Beeinträchtigung zu entwickeln. Im mittleren Lebensalter Verwitwete oder Geschiedene waren mit einem dreifachen Risiko für eine dementielle Entwicklung belastet im Vergleich zu Verheirateten oder in fester Partnerschaft lebenden Personen. Einerseits scheinen sich Liebe und Partnerschaft positiv auszuwirken, andererseits sagt dies natürlich noch nichts über deren Qualität aus. Interessant sind auch die gravierenden Altersunterschiede, die besonders bei manchen prominenten Paare auffallen wie bei Franz Müntefering und Frau mit 40 Jahren, Ulrich Wickert (29 Jahre), Helmut Kohl (34 Jahre) und Johannes Heesters (46 Jahre Differenz). Einerseits ist das nicht mehr die Sensation, andererseits übertrifft es extrem den vom Statistischen Bundesamt errechneten Durchschnitt von 2,8 Jahren, um die der deutsche Ehemann älter ist als seine Frau. Wissenschaftler des Max-PlanckInstituts für demographische Forschung fanden heraus, dass der Mann ein um 11 Prozent geringeres Sterberisiko hat, wenn er sieben bis neun Jahre älter ist als seine Partnerin, als wenn beide gleich alt wären. Frauen profitieren von dieser Konstellation kaum. Umgekehrt haben Frauen ein um 20 Prozent höheres Sterberisiko, wenn der Partner sieben bis neun Jahre jünger ist. Jedenfalls ist der Altersunterschied differenziert zu bewerten: Das biologische oder kalendarische Alter kann in einer Schere zum funktionalen oder sozialen Alter stehen. "Ich bin zwar 60, aber ich fühle mich wie 40 Jahre." oder "Die jungen Alten und die alten Alten!" Jeder entwickelt ein gewisses Selbstbild von sich und unterliegt den Beurteilungen anderer. Je nachdem kann die Differenz an negativer Bedeutung verlieren oder aber an Vorteilen gewinnen. Hantel-Quitmann, klinischer Psychologe und Familientherapeut, sieht darin einen „Tauschhandel der Gefühle“: Der ältere Mann kann sich in der Schönheit und Jugendlichkeit seiner jüngeren Ute Grönke-Jeuck Bezugstherapeutin Gr. K (Seniorengruppe) 17 Und das meinen Patienten der Seniorengruppe zum Thema: „Liebe, Lust und Leidenschaft“ 18 „Ich lebe lange allein. Da hat sich die Wertigkeit verändert: Ich liebe besonders meine Enkelin und meinen Sohn. Lust ist für mich, wenn ich spazieren gehen kann. Leidenschaft ist für mich, wenn ich etwas zum Naschen greifen kann.“ Hertha, 71 Jahre „Sexualität gehört zu Liebe und Menschlichkeit, ist wichtig und hält gesund.“ Moritz, 59 Jahre Meinungen „Auch nach 50 Ehejahren ist die Liebe zu meiner Frau nicht erkaltet, wenn auch in meinem Bauch keine Schmetterlinge mehr tanzen. Ich verspüre Zuneigung und ich fühle mich in ihrer Nähe wohl. Trotz meines wegen des zunehmenden Alters gebremsten Testosteron-Ausstoßes bin ich immer noch empfänglich für weibliche Reize. Bestimmte weibliche Attribute können in mir durchaus den Wunsch nach sexueller Aktivität wecken. Allerdings sind mir durch meine Prostata-Operation körperlich enge Grenzen gesetzt. So bleibt mir Küssen, Streicheln, Cunnilingus. Ich habe mich damit abgefunden, dass die Zeit der Leidenschaft für mich passé ist. Ich fahre nur noch leidenschaftlich gerne Auto.“ Paul, 66 Jahre „Zuneigung, Liebe, Sexualität und Leidenschaft fühlen sich beim Älterwerden anders an als in jungen Jahren: Nicht so stürmisch, sondern ruhiger und gelassener. Sexualität steht nicht an erster Stelle, sondern Zuneigung und Liebe.“ Anton, 69 Jahre WIR ... um Thommen • und um Thommen herum • ... um Thommen • und um Thommen herum Projektarbeit In einem gemeinsamen Gruppenprojekt beleuchten die Patienten der Gruppen B, C, D und F die unterschiedlichen Seiten von „Liebe, Lust und Leidenschaft“: Mitglieder der Gruppe B: Mitglieder der Gruppe D: Mitglieder der Gruppe C: „Liebe, Lust und Leidenschaft – ein Thema, das Sie alle irgendwie kennen! Hätten Sie gedacht, dass es auch mit Sucht zu tun hat? Emotionen herauszufordern kann auch Sucht bedeuten! Ohne Suchtmittel hat man eine andere Wahrnehmung und ein anderes Empfinden. Versuchen Sie anhand der Bilder heraus zu finden, wieviele Suchterlebnisse Sie entdecken ...“ „Es wurden die negativen und positiven Aspekte von Liebe, Lust und Leidenschaft dargestellt. Jedes Gefühl, was man zu sehr lebt, birgt die Gefahr in sich, zur Abhängigkeit zu werden und somit das Leben negativ zu beeinflussen.“ „Das Projektthema Liebe, Lust und Leidenschaft rief in unserer Arbeitsgruppe von 12 Teilnehmern die Vorstellung davon hervor, dass die drei Begriffe umgesetzt als Geschenk zu sehen sind. Man kann jedes einzelne unabhängig von den anderen an „jemanden“ verschenken, je nach der Beziehung und Intention zwischen dem Schenkenden und Beschenkten. Auch sind diese drei Präsente zusammenhängend weiterzureichen.“ „Weh spricht vergeh. Doch alle Lust will Ewigkeit, tiefe, tiefe Ewigkeit!“ Mitglieder der Gruppe F: „Liebe, Lust und Leidenschaft – das sind die Dinge, die in einer Partnerschaft aufeinander aufbauen sollen. Dies versuchte die Gruppe F auch in der Ergotherapie bei Frau Westerling umzusetzen. Indem sie die einzelnen Baukästen aufeinander aufbauten, entstand unter dem „Dach der Liebe“ dieses Objekt.“ 19 WIR ... um Thommen • und um Thommen herum • ... um Thommen • und um Thommen herum 20 Projekt WIR ... um Thommen • und um Thommen herum • ... um Thommen • und um Thommen herum 21 WIR ... um Thommen • und um Thommen herum • ... um Thommen • und um Thommen herum Ehemaligentreffen 2010 Klein und groß, Männlein und Weiblein, hatten Spaß beim Torwandschießen mit Teamchef „Jogi“ Kalmbach. „Die Ruhe vor dem Sturm“, bevor… Stilistisch können sich Klose und Podolski hier noch eine Scheibe abschneiden (Wolfgang Kirsch in Aktion). Ein Orkan der Begeisterung die Sporthalle beben lässt, als Deutschland das erste Tor schießt. (Deutschland gewann gegen Argentinien 4:0) Der Rhythmus, bei dem jeder mit muss! 22 WIR ... um Thommen • und um Thommen herum • ... um Thommen • und um Thommen herum Was haben die da jetzt wohl zusammen gebraut? Na ja, Hauptsache ohne Alkohol! „Saturday night fever“ – die Stimmung ist auf dem Siedepunkt. „Hab ich doch gut aufgelegt, oder?“ (DJ Michael Schultze) Darscheid meets Afrika „Wie lange dauert das denn noch, bis der schönste Mann des Abends gewählt wird?“ Nein, nicht „Das Supertalent“, sondern die drei wirklich tollen Sängerinnen von „Vocalice“. 23 WIR ... um Thommen • und um Thommen herum • ... um Thommen • und um Thommen herum Neues aus Thommen Raina Wirth hatte am 17.9.2010 ihren letzten Arbeitstag als Aufnahmetherapeutin und wechselte zum 01.10.2010 in die Reha-Kliniken nach Bernkastel-Kues. Andreas Pretsch hat die Abteilung Berufliche Reintegration zum 30.09.2010 verlassen, um sein Studium fortzuführen Erika Nowotny hatte am 28.10.2010 ihren letzten Arbeitstag. Sie wurde in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Frau Nowotny war seit über 10 Jahren in den AHG Kliniken Daun beschäftigt, davon die letzten 4 Jahre im Sekretariat Patientendokumentation. Die Stelle wird von unseren bisherigen Teilzeitkräften Rita Lamberty und Marita Schorn übernommen, die auf eine volle Stelle aufgestockt haben. Ich heiße Svenja Blasen, bin 24 Jahre alt und ledig. Seit dem 12.08.2010 arbeite ich als Aufnahmetherapeutin in den AHG Kliniken Daun Thommener Höhe. Meine Hobbys sind Musik, Lesen und Sport. Ich bin freundlich, ordentlich und engagiert. Allerdings muss ich mir manchmal selbst Freizeit und Ruhe verordnen, da ich dazu neige, zu viel zu tun bzw. zu arbeiten. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass mein Leben es weiterhin so gut mit mir meint wie bisher! 24 Mein Name ist Julia Zuk, ich bin 26 Jahre alt und verheiratet. Seit dem 01.11.2010 bin ich als Aufnahmetherapeutin in den AHG Kliniken Daun Thommener Höhe beschäftigt. Meine Hobbys sind Malen, Lesen, Reiten, SchlittschuhLaufen, Skifahren und Fotografieren. Ich freue mich, dass ich die Möglichkeit habe, Menschen helfen zu können, über die Hilfsbereitschaft meiner KollegInnen und das gute Arbeitsklima. Für die Zukunft wünsche ich mir eine weitere professionelle Entwicklung. WIR ... um Thommen • und um Thommen herum • ... um Thommen • und um Thommen herum Rita Lamberty, allen Patienten bekannt, die morgens zwischen 8:00 und 8:30 Uhr einen Auszahlungsschein abgeben müssen oder mit dem Laufzettel unterwegs sind, feierte am 01.08.2010 ihr 30-jähriges Dienstjubiläum. 1985 wurde sie zunächst im Arztsekretariat und auch in der Verwaltung (Job-Splitting ) eingesetzt. Seit 1988 liegt ihr Arbeitsbereich im Arztsekretariat. Klaus Keldenich, seit vielen Jahren Sport-/Körpertherapeut in der Thommener Höhe, hat sich zu einer Auszeit (neudeutsch: Sabbatical) entschlossen und wird dazu für ein halbes Jahr die Eifel mit Südostasien eintauschen (da gibt es wohl Schlimmeres). Aber das wird kein Erholungsurlaub, sondern Hr. Keldenich wird in mehreren von den Steyler Missionaren betreuten Hilfsprojekten hospitieren und mithelfen. Wir wünschen ihm eine gute und erfahrungsreiche Zeit, bis er dann, hoffentlich wohlbehalten und mit vielen neuen Eindrücken versehen, am 01.04.2011 seinen Dienst hier in der Thommener Höhe wieder aufnehmen wird. Die Vertretung von Hrn. Keldenich übernimmt in dieser Zeit Elisa Kaufmann. Herr Arnold Wieczorek hat nach dem Ausscheiden des Chefarztes Herrn Dr. Dr. Niels Bergemann kommissarisch die Chefarztposition übernommen. Dafür unseren herzlichen Dank! 25 Auf einen Blick: Behandlungsangebot der AHG Kliniken Daun Thommener Höhe Behandlungsdauer: ... wird vom Kosten- und Leistungsträger festgelegt und variiert in Abhängigkeit von der Problemlage und dem Umfang der Vorbehandlungen. Die stationäre Entwöhnungsbehandlung beginnt mit einer 7-tägigen Aufnahmephase in den AHG Kliniken DaunThommener Höhe (umfassende medizinische und psychologische Anamnese, Testdiagnostik, tägliche Aufnahmegruppe/Informationsvermittlung zum Krankheitsbild, Bewegungstherapie). Medizinische Angebote: Ärztliche Betreuung durch Fach- und Assistenzärzte, Diagnostik und Behandlung von Begleiterkrankungen und alkoholbedingten Folgeschäden (u. a. Labordiagnostik, EKG, Sonographie, Lungenfunktionstest). Therapeutische Angebote: Gruppen- und Einzelpsychotherapie, Sport- und Ergotherapie, Indikative Gruppen (siehe unten), Vorträge, Angehörigen- sowie Kinder- und Jugendseminare, Paargespräche, angeleitete Arbeit im PC-Trainingscenter, sozialarbeiterische Beratung, Nachsorgeplanung. Physiotherapie: Massagen, Fangobehandlung, Krankengymnastik, Wirbelsäulengymnastik, Hydro-, Elektrotherapie, Rückenschulung, usw. Indikationsgeleitete berufliche Reintegration: Ein wichtiges Ziel unserer Rehabilitationsbehandlung ist die berufliche Wiedereingliederung an einen bestehenden oder neuen Arbeitsplatz. Hierzu stellen wir eine Reihe von unterstützenden Maßnahmen zur Verfügung. 26 Interne Adaption: Für arbeitslose Patienten auf der Suche nach einer beruflichen und sozialen Neuorientierung 12-wöchige Anschlussmaßnahme im zentral gelegenen Adaptionshaus Daun. Spezialisierte Bezugsgruppen Die Behandlung der Medikamentenabhängigkeit (insbesondere von Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmitteln) erfolgt in einer darauf spezialisierten Bezugsgruppe. Eine altershomogene Bezugsgruppe für Senioren (60-80 Jahre) bietet eine Behandlung an, die sich insbesondere mit Problemstellungen des höheren Lebensalters befasst. Für Menschen, die bereits über Vorerfahrungen in stationärer oder ambulanter Entwöhnungsbehandlung verfügen, bietet sich eine gezielte und in der Regel verkürzte Stationäre Rückfallbehandlung an. Die AHG Kliniken Daun bieten an den Standorten Am Rosenberg und Thommener Höhe eine kombinierte stationäre Behandlung für Paare an, bei denen beide Partner eine unbewältigte Abhängigkeitserkrankung aufweisen oder ein Partner unter einer Abhängigkeitserkrankung und der andere Partner unter einer psychosomatischen Erkrankung leidet. Für suchtmittelabhängige Schwangere bieten wir einen geschützten Raum, um Abstinenzstabilität zu erlangen und sich auf die Geburt vorzubereiten. In Kooperation mit Betriebskrankenkassen kann eine bis zu 4-wöchige Stationäre Motivierungsbehandlung in den Kliniken Daun zur Abklärung des Krankheitsbildes und weiterer Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden. In Kooperation mit ausgewählten Beratungsstellen, die die ambulante Entwöhnungsbehandlung durchführen, kann eine 4-wöchige stationäre Behandlungsphase - Stationär-Ambulante Rehabilitation Sucht (STARS) - zur Abstinenzstabilisierung oder zur Rückfallbehandlung/Krisenintervention durchgeführt werden. In zwei speziellen Gruppen bieten wir russischsprachigen Migranten die Möglichkeit einer stationären Entwöhnung mit Betreuung durch russischsprachige Bezugstherapeuten und Bezugsärzte. Indikative (themenspezifische) Gruppen: • • • • • • • • • • • • • • Soziales Kompetenztraining Angstbewältigung Depressionsbewältigung Partnerschaft Job-Coaching Frauengruppe und Männergruppe Nichtrauchergruppe Lauftraining Progressive Muskelentspannung Autogenes Training Feldenkrais Gesundheitstraining Gedächtnistraining Wirbelsäulengymnastik Eintägige Intensivseminare (Projekttage): • Traumabewältigung • Zufriedene Sexualität (jeweils speziell für Frauen bzw. Männer) • Trauerbewältigung • Schmerzbewältigung • Stressbewältigung • Jugendalkoholismus • Feldenkrais bei Rückenbeschwerden • MPU-Beratung • Bogenschießen Weiterführende Informationen: www.kliniken-daun.de 27 Das Redaktionsteam und alle übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AHG Kliniken Daun wünschen Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für das neue Jahr 2011!