Beichtkontrolle als Herrschaftsinstrument

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Beichtkontrolle als Herrschaftsinstrument
Beichtkontrolle
Herrschaftsinstrument
als
Als
Beichtzettel
(Schedula
confessionis) wird im Katholizismus
seit dem Konzil von Trient (1545–1563)
die vom Beichtvater ausgestellte
Bescheinigung einer abgelegten Beichte
bezeichnet.
Geschichte
Der Beichtzettel als politisch-religiöses Kontrollinstrument
spielte vor allem ab der Gegenreformation eine bedeutende
Rolle. Da die Rekatholisierung nicht ohne Zwang erfolgte,
musste die Einhaltung des Kirchengebots „Das Kirchenmitglied
soll wenigstens einmal im Jahr, möglichst in der österlichen
Zeit, das Bußsakrament empfangen.“ überprüfbar gemacht werden.
Dies erfolgte über die Ausstellung von Beichtzetteln durch
vertrauenswürdige Geistliche (meist Dominikaner und
Franziskaner).
In der Praxis überreichte nach der Beichte in der Osterzeit
der Priester dem Beichtenden ein Bildchen mit umseitigen
lateinischen, seit Mitte des 19. Jahrhunderts landessprachigen
Text, zum Nachweis der abgelegten Beichte. Sobald die
Fastenzeit vorbei war, führte man in den Pfarreien die
Beichtzettelsammlung oder „Seelenbeschreibung“ durch, bei der
ein vertrauenswürdiger Geistlicher durch die Straßen ging und
die Haushalte kontrollierte. So sammelte er jeweils einen
abtrennbaren Abschnitt als Beleg ein. In diesem Zuge
überreichte man ihm kleinere Geldbeträge („Beichtkreuzer“,
„Beichtpfennige“, „Beichtgroschen“) oder Naturalien.
In einigen Städten Böhmens wurden im Zuge der kirchlichen
Restauration die Beichtzettel von den Jesuiten und den
Kapuzinern dann dem jeweiligen Stadthauptmann abgeliefert, um
somit die Reformierten aus Handel und Gewerbe ausschließen zu
können. Anderen Reformierten gelang es jedoch mit gekauften
Beichtzetteln die Kommissionen zu täuschen.
Allerdings erwies sich während des 17. Jahrhunderts unter
anderem in Böhmen und der Prager Neustadt der widerrechtliche
und ausufernde Handel mit Beichtzetteln durch manche
Geistliche als einträgliches Geschäft, das weit über die im
Alpenraum übliche Ablieferung des Ostergroschens hinausging
und daher die Kirche und Staat mit hohen Geldstrafen von bis
10 Prozent des Besitzes zu unterbinden versuchten. In einem
Fall wurde 1631 sogar die Todesstrafe gegen einen katholischen
Geistlichen in Prag ausgesprochen, der Reformierten mit im
großen Stil verkauften Beichtzetteln die Täuschung ermöglicht
hatte. Wie der
verurteilt.
Stadtpfarrer
wurden
auch
sie
zum
Tode
In Frankreich kam es wegen des Handels mit Beichtzetteln in
der Auseinandersetzung mit dem Jansenismus zu heftigen
Konflikten. Reisende des frühen 19. Jahrhunderts beschwerten
sich in ihren Berichten über den beklagenswerten Handel mit
Beichtzetteln in Spanien, den dort selbst Prostituierte
vornehmen würden.
Gegen den selbst unterschwelligen Handel mit Beichtzetteln in
Verbindung mit Beichtkreuzern und Beichtpfennigen bildete sich
sowohl in der katholischen Laienbewegung als auch bei den
Theologen eine Gegenbewegung Mitte des 19. Jahrhunderts, die
einfach mit den Worten der Synode von Trier von 1549
argumentierte: „Für die Ausspendung der heiligen Taufe und
Buße soll der Pfarrer Nichts verlangen; freiwillige Gaben kann
er annehmen.“
Der Kontrollaspekt des Beichtzettels hatte vor allem in
ländlichen Gebieten bis ins 20. Jahrhundert eine gewisse, sich
allerdings langsam abschwächende Bedeutung. In Österreich
kontrollierten die Bauern damit ihr Gesinde. Dabei soll es
teilweise zu einen regelrechten Schwarzhandel mit
Beichtzetteln gekommen sein: Mesner veräußerten im südlichen
deutschen Sprachraum Beichtzettel „unter der Hand“ und
fleißige Beichtgeher verkauften sie an weniger fromme
Mitbürger.
Durch Beichtbildchen in Polen mit Imprimatur, die angebliche
jüdische Altarschänder anklagten, für die zu Gott gebetet
werden sollte, wurde der Antisemitismus in Lodz nach dem
schweren Pogrom von Przytyk 1936 sogar noch verstärkt.
Noch heute gibt es „Beichtbildchen“ bzw. „Osterbildchen“,
vornehmlich aus bestimmten Anlässen (Beichte in der
österlichen Zeit, bei Wallfahrten etc.). Diese Bildchen sind
von der Größe her als Einlage ins Gesang- oder Gebetbuch
geeignet. Auf der Vorderseite ist meist ein Heiligenbild, ein
Bildnis Jesu oder ein Marienbildnis, auf der Rückseite sind
ein geistlicher Text als Anleitung zum Gebet des Gläubigen und
die Daten aufgedruckt. Beichtzettel und -bildchen stellen auch
ein Objekt der kulturhistorischen Sammlertätigkeit dar.
Quellennachweis: Exzerpt des Wikipedia-Artikels Beichtzettel.