Ursprünge

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Ursprünge
Manfred Tessaring, Cedefop
Thessaloniki, Oktober 2001
Ursprünge
Zum 30. Jubiläum des Céreq
Abkürzungen: adt.=altdeutsch; aengl.=altenglisch; afrz.=altfranzösisch; ahd.=althochdeutsch; dt.=deutsch; frz.=französisch;
griech.=griechisch; idg. = indogermanisch”; lat.=lateinisch; mhd.=mittelhochdeutsch; mlat.: mittellateinisch; slaw.: slawisch
Zu seinem 30. Geburtstag gratuliere ich dem Céreq, das ich aus meiner Zeit am Institut
für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg wie auch am Centre européen
pour le développement de la formation professionnelle (Cedefop) in Thessaloniki kennen
und schätzen gelernt habe, ganz herzlich.
Ihm zu Ehren wird man viele Beiträge schreiben und viele Reden halten. Man wird seine
Verdienste hervorheben, seine herausragende Rolle in Forschung und Politikberatung sowie
sein Engagement in der europäischen Kooperation in Bildung und Ausbildung. Es ist nun nicht
meine Absicht, diesen Würdigungen – denen ich mich voll anschließe - eine weitere
hinzuzufügen. Vielmehr möchte ich auf die Ursprünge einiger zentraler Themen des Céreq
eingehen – nicht immer, aber doch manchmal auf ernsthafte Weise. (Ich leiste vorab allen
Experten - Historiker, Philosophen, Etymologen, Exegeten ... – Abbitte, die beim Lesen dieses
Artikels lediglich schmunzeln mögen.)
Das Centre d’Études et de recherche sur les Qualifications (Zentrum für Qualifikationsstudien
und –forschung) befasst sich unter anderen mit Folgendem: ÉTUDES bzw. STUDIEN;
RECHERCHE bzw. FORSCHUNG; ÉDUCATION/FORMATION bzw. BILDUNG/
AUSBILDUNG; le MONDE de TRAVAIL bzw. ARBEITSWELT; QUALIFICATION bzw.
QUALIFIKATION. All diese Begriffe sind wohl definiert und hinlänglich diskutiert; weniger
bekannt jedoch dürfte manchen LeserInnen ihre Herkunft sein. Ursprüngliche Bedeutungen
vermögen manches zu erhellen - auch wenn sich ihr Sinn und Gehalt im historischen Ablauf
natürlich verändert haben.
ÉTUDES / STUDIEN
Beide Begriffe leiten sich aus dem lat. studium ab, was damals wie heute „eifriges Streben,
wissenschaftliche Betätigung“ bedeutet. Messbar ist dieser Eifer u.a. an der Zahl und Qualität
von Veröffentlichungen – und hier kann das Céreq als vorbildlich strebsam gelten. Ansonsten
ist zu diesen Begriffen nicht viel zu sagen; allenfalls sei Goethes Faust zitiert: „Es irrt der
Mensch, solang er strebt“ – aber auch: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir
erlösen“.
RECHERCHE / FORSCHUNG
RECHERCHE leitet sich ab aus lat. circare (umkreisen, durchwandern) bzw. circus (Kreis),
dieses wiederum aus dem griech. kírkos (Ring). Auf den Zusammenhang von “recherche” und
“Zirkus” möchte ich nicht näher eingehen, und weitere Wurzeln habe ich nicht in Erfahrung
bringen können. Keine etymologische Verwandtschaft scheint im übrigen mit dem dt.
“rechnen” zu bestehen, das sich aus einem verschollenen mhd. Wort für “ordentlich” ableitet.
Dieses wiederum hat die idg. Wurzel reg- (aufrichten, geraderichten) mit zahlreichen daraus
abgeleiteten Wortgruppen, z.B. regieren, Regime, korrekt etc. – also gerade das Gegenteil einer
recherche nach Erkenntnis, die sich im Kreise dreht und niemals endet.
1
Das dt. FORSCHUNG leitet sich ab aus lat. poscere = fordern, verlangen, womit ein zweites
wichtiges Merkmal dieser Tätigkeit deutlich wird: die ständige Forderung nach mehr
Förderung (insbes. durch den Staat) einerseits, und das immanente Verlangen nach
gebührender gesellschaftlicher Aufmerksamkeit und Anerkennung andererseits. Die eigentliche
Bedeutung erschließt sich uns jedoch aus der indogermanischen Wurzel: per[e]k heißt soviel
wie “wühlen, aufreißen”. Eng damit zusammen hängen “Furche”, aber auch “Ferkel” (aus idg.
porko-s mit der idg. Wurzel perk), die sich im lat. porcus und frz. porc wiederfinden.
Halten wir fest: Der tiefere Sinn von Forschung (zumindest im Deutschen) ist das
Herumwühlen in Furchen, mit dem Ziel, ab und zu etwas Wertvolles (z.B. eine Trüffel),
wenn nicht sogar die Erkenntnis zu finden. Da dies selten genug geschieht („mit gierger
Hand nach Schätzen gräbt und froh ist, wenn er Regenwürmer findet“ – Goethe: Faust I/
Nacht), und zumal sich Forschung (besonders im Französischen) eher im Kreis dreht,
muss sie stets darum bemüht sein, auch weniger aufregende Funde als gesellschaftlich
relevant zu verkaufen. Nur so wird sie es schaffen, gebührende Förderung und
Anerkennung zu erhalten. “Wühlen, verlangen” im Deutschen, und “umkreisen” im
Französischen scheinen also essenzielle Eigenschaften einer jeden Suche nach Erkenntnis
zu sein.
ÉDUCATION, FORMATION / BILDUNG, AUSBILDUNG
(Aus-)Bildung, formation und éducation sind ambivalente Begriffe. Sie heben darauf ab, ein
unschuldiges (nichtwissendes) Wesen so auszuformen oder zu bilden, dass es zu einem
produktiven Mitglied der Gesellschaft wird – oder auch nur zu einem Rädchen im Getriebe,
einem brick in the wall.
Die Bedeutung von FORMATION und BILDUNG ist im französischen und deutschen ähnlich.
Das frz. “former” (dt.: formen) leitet sich ab aus lat. formare (lat. forma: äußere Gestalt,
Muster, Modell), und dieses wiederum aus griech. morphé.
Die Herkunft des dt. “Bildung” (aus: “Bild”) ist unklar - und bleibt es in ihrer Bedeutung
manchmal bis heute. Es leitet sich evtl. ab aus dem germanischen Stamm bil- (Wunderzeichen,
Wunderkraft) – eine recht überzeugende Deutung, wenn man so manchem Lehrer glauben mag.
Eine andere, dem Lateinischen entsprechende Wurzel könnte das ahd. biliden sein: einer Sache
Gestalt und Wesen geben, oder das ahd. bilidon: eine Gestalt (nach einem Vorbild) nachbilden.
Im Mittelalter bezeichnete “bilden” insbes. handwerkliche und künstlerische Tätigkeiten; das
pädagogische “bilden” formte sich, ausgehend von der mittelalterlichen Mystik, erst im 18. Jh.
heraus.1
Mit der Vermittlung von Wissen (connaissance) wird das unschuldige Neugeborene somit
allmählich zu einem homo cognitus, einem Wissensmenschen, umgeformt, angepasst an die
Wissensgesellschaft.
Facit: Während sich also die ursprüngliche Bedeutung von formation bzw. Bildung auf
die äußerliche Modellierung beschränkte, versteht man darunter heute die geistigseelische Formung. Formation bezeichnet die “éducation intellectuelle et morale d’un être
humain, ensemble de connaissances théoriques et pratiques dans un métier” (Le petit Robert). Dieser Prozess dauert lebenslang, und kennzeichnet gleichzeitig die Metamorphose
zu einem neuen Menschentyp (siehe Bild). Nur: wie viele Menschen vermögen solche
Verformungen schadlos zu überstehen – vor allem, wenn Vorbilder und Ideale fehlen?
Bild: Entwicklung des Menschen
1
Zu erwähnen sei, daß “Einbildung” ebenfalls zu diesem Wortstamm gehört.
2
Einen Sonderfall stellt ÉDUCATION dar. Während dieser Begriff im frz. und engl. noch voll
aktiv ist, ist er im dt. veraltet und kommt nur noch in einzelnen Wortverbindungen vor (z.B.
Koedukation). Wurzel ist das lat. educare, das mehrere Bedeutungen hat: (a) erziehen,
aufziehen, ernähren; (b) herausführen, herausziehen, mitnehmen; (c) ausrücken lassen,
errichten. Stammverb ist lat. ducare (hinter sich her ziehen, gestalten, führen, rechnen,
verlocken, reizen, schaffen, ...). Obwohl auch hier, ähnlich wie bei “bilden/former” die
Gestaltung im Vordergrund steht, scheint mir die Bedeutung “herausführen, verlocken”
interessanter zu sein.
Der Bezug zur Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies drängt sich auf. War die
“Herausführung” des Menschen aus dem Garten Eden nicht Folge einer Verführung, des
Verlangens nach Erkenntnis und Wissen – und versucht „Education“ dies nicht bis heute? Zieht
die Suche nach Erkenntnis und der Verlust der Unschuld nicht auch heute eine Bestrafung nach
sich: die Verdammung zu mühseliger Arbeit, ja sogar zur Verderbnis der Seele eines Dr.
Faustus? Die modernen Medien scheinen das derzeitige Endstadium dieser Verführung: Sie
versuchen nicht, den Menschen nach einem (ohnehin nicht existierenden) Ideal zu formen,
sondern nach Mustern, die die heutige Gesellschaft und deren Macher ihnen vorgeben:
Anpassungsfähigkeit, Reagibilität, Flexibilität, Responsivität usw.; Persönlichkeitsbildung,
Partizipation und aktive Mitgestaltung des persönlichen und sozialen Lebens tauchen sehr viel
seltener im den Begriffsschatz heutiger Bildungsapologeten auf.
Bild: Erbsünde
MONDE de TRAVAIL / ARBEITSWELT
Le MONDE / die WELT vermag ich nicht zu erklären. Dies hat bisher auch kein
Naturwissenschaftler oder Philosoph geschafft, allenfalls die Religionen. Warten wir also ab,
bis die Weltformel gefunden ist, die alle Partikel und Wirkungskräfte zusammenführt und
damit alles, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ (Goethe: Faust I)!
Vielschichtig ist auch das Wesen von TRAVAIL / ARBEIT. Vor der Erklärung der Herkunft
des Wortes ein Hinweis auf die inhaltliche Ambivalenz. Die Unterscheidung zwischen
“notwendiger Arbeit” zur Erhaltung der menschlichen Existenz einerseits und der Schaffung
von Werken durch „schöpferisch-herstellende Betätigung“ andererseits ist tief in der
Geschichte unserer Kultur verwurzelt.
Alle europäischen Sprachen, die lebenden wie die toten, unterscheiden grundlegend zwischen
diesen beiden Begriffen (Arendt). “Arbeit” (frz. travail, engl. labour) ist verbunden mit
Mühsal, Schmerz und sogar Sklaverei. Demgegenüber bezeichnet “Herstellen” (frz. ouvrer,
engl. work) die Erschaffung nützlicher und sinnvoller Werke, wenn sich auch im historischen
Verlauf die ursprünglichen Bedeutungen weitgehend verwischt haben. Dennoch: Nachklänge
finden sich bis heute, z.B. in den Ursachen des unterschiedlichen Prestiges von „allgemeiner
theoretischer Bildung“ und „praktischer Ausbildung“.2
•
Das Altgriechische unterscheidet zwischen pónos und érgon. Pónos (Arbeit, Schmerz) ist
eines der Übel aus der Büchse der Pandora, mit der die Götter die Menschen für ihr
Verlangen nach Unabhängigkeit und Fortschritt bestraften. Die Verdammung zur Arbeit an
sich ist also der Fluch der Götter. Das griech. pénia (Armut) und poiné (lat. poena, dt.
Pein, engl. pains, penalty) haben den gleichen Ursprung. Demgegenüber ist érgon der
2
Zur Unterscheidung bei Plato und Aristotelis zwischen allgemeinen Fähigkeiten (griech. tekhne) und
authentischem Wissen (griech. episteme) sowie zwischen der Erschaffung von Gegenständen (griech. poiesis) und
der Handlung (griech. praxis) sowie ihren lateinischen Äquivalenten vgl. Lasonen und Manning (2001: 122).
3
Göttin des heilsamen Streits, der Eris, geschuldet (Hesiod, Tage und Werke 20-26, zit. bei
Arendt: 334; siehe auch unten das dt. „werken“/engl. „work“).
•
Das Lateinische trennt zwischen laborare und facere. Laborare hat die ursprüngliche
Bedeutung “schwanken unter einer Bürde”. Die idg. Wurzel [s]léb, [s]lab bedeutet
“schlaff herabhängen”. Facere heißt “produktives Herstellen/Schaffen” (frz.: faire).
•
Im Französischen unterscheidet man zwischen travailler und ouvrer.
das ältere Wort labourer (lat.: laborare, s.o.) ersetzt. Travailler
tripalium, einem speziellen Folterinstrument (dt.: Pfahl, pfählen).
eines Werkes (oeuvre), kommt aus dem lat. operare (opus, opera =
die idg. Wurzel op- (arbeiten, verrichten).
•
Das Deutsche trennt zwischen arbeiten und werken (herstellen). Arbeiten (vgl. slaw. rabota
– Sklaverei, Knechtschaft - und aengl. earfode) leitet sich vermutlich ab aus der adt.
Wurzel arbm-, diese ihrerseits aus idg. orbho-s (Waise, vgl. engl. orphan). Arbeiten in
ihrer ursprünglichen Bedeutung heißt “verlassen, verwaist, ein zu schwerer körperlicher
Arbeit verdingtes Kind”. Erst Luther hat mit seiner Lehre vom allgemeinen Priestertum
den sittlichen Wert der Arbeit als Beruf des Menschen ausgeprägt und bewirkte, dass
Arbeit seinen herabsetzenden Sinn weitgehend verlor. “Werken” (Handwerk, Werkstatt)
entstammt dem adt. werc(h) und bedeutet “flechten, einen Flechtzaun errichten”. Es ist
dem griech. érgon entlehnt (s.o.). Beide haben die idg. Wurzel uer- (drehen, biegen,
flechten).
•
Im Englischen entsprechen labour und work diesen Unterscheidungen. Labour ist
bedeutungsgleich wie lat. labora (s.o.), und zu work vgl. die o.g. Wurzeln „werc, érgon,
uer-“.
Hierbei hat travailler
stammt aus dem lat.
Ouvrer, das Schaffen
Arbeit, Werk) und hat
Ähnlich wie bei “éducation” (Herausführen) finden wir auch bei Arbeit und travail enge
Bezüge zur christlich-jüdischen Religion und zur griechischen Mythologie. Der wegen seines
Strebens nach Erkenntnis und Wissen aus dem Garten Eden vertriebene Mensch wird zu
mühsamer Feldarbeit “im Schweiße seines Angesichts” verdammt (AT, Genesis III). Anders
als in der griechischen Mythologie bestand die Strafe jedoch nicht in “Arbeit” an sich, sondern
darin, dass Arbeit mühselig wurde. Der Dienst an Gott, für den der Mensch ursprünglich
erschaffen wurde (vgl. lat. operari = der Gottheit dienen, “Opfer”), ist zur Knechtschaft
geworden und dient nur noch der Subsistenzerhaltung
Für Hesiod (op. cit.) hingegen trifft der Fluch der Götter die brotessenden Menschen, die zuvor
keine Arbeit verrichten mussten. “Notwendige”, subsistenzerhaltende Arbeit wird
selbstverständlich von Sklaven und Tieren erledigt. Für weitere Quellen zum Wesen
notwendiger, produktiver und unproduktiver Arbeit und zu seiner Wandlung im historischen
Ablauf (z.B. bei Marquis de Mirabeau, Adam Smith, David Hume, John Locke, Karl Marx,
Henri Bergson u.a.) siehe Hannah Arendt, insbes. Kapitel 3.
Halten wir fest: Wäre der Mensch im Stadium der Unwissenheit und Unschuld
verblieben, müsste er sein Leben nicht durch Arbeit, vor allem durch mühsame Arbeit,
fristen. Er brauchte sich nur zu bücken, um die Früchte des Feldes aufzuheben (Hesiod);
notwendige Arbeit würde durch Sklaven und Tiere, heute durch Maschinen und
Elekronik verrichtet. Neuere wissenschaftliche Ergebnisse zeigen, dass sich durch die
modernen Informations- und Kommunikationstechnologien die menschliche Arbeit
beileibe nicht verringert, sondern zugenommen hat. Die Hoffnung auf arbeitsparende
neue Technologien scheint also eine Illusion. Nebenbei bemerkt: im Mittelalter bis zur
französischen Revolution wurde schätzungsweise nicht mehr als die Hälfte der Tage im
Jahr gearbeitet – die andere Hälfte bestand aus offiziellen Feiertagen (Arendt: 346).
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QUALIFICATION / QUALIFIKATION
Qualific(k)ation stammt aus dem mlat. qualificatio (Art, Verfahrensweise), das sich
zusammensetzt aus qualis (wie beschaffen) und facere (machen). Eng damit zusammen hängen
qualitas (Qualität), aber auch das lat. aequalis (gleichartig), aequare (gleichmachen),
aequalitas (Gleichheit); vgl. auch dt. egal, Egalität, frz. égalité. (NB: manchmal wird
„Qualifikation“ im Deutschen mit „Qual.” abgekürzt, das aber einen anderen etymologischen
Ursprung hat.)
Also: Qualifikation verleiht jemandem eine bestimmte Eigenschaft, was allerdings – anders als
in der lat. Bedeutung - nicht zwangsläufig zu Gleichartigkeit oder gar Gleichheit führt. Gleiche
Startchancen in Bildung und Ausbildung bewirken nicht unbedingt eine Angleichung
gesellschaftlicher Chancen. Vielmehr reflektiert auch das Bildungswesen die gesellschaftliche
Differenzierung und Stratifizierung: “Alle sind gleich, manche aber gleicher als andere”
(Orwell: Animal farm).
Qualifikation ist heute zu einem Paradoxon geworden: Angesichts zunehmender Konkurrenz
am Arbeitsmarkt wird sie immer weniger hinreichend für den Zugang zu anspruchsvoller
Arbeit; gleichzeitig wird sie immer notwendiger, da ohne (formale) Qualifikation die Mehrzahl
der Arbeitsplätze nicht mehr zugänglich ist.
Zudem wird Qualifikation immer mehr von COMPÉTENCE / KOMPETENZ abgelöst.
Kompetenz stammt aus lat. competens, com-petere: zusammentreffen, zutreffen, entsprechen
(petere: nach etwas streben). Übrigens: im 16. Jahrhundert bedeutete „Kompetenz“ vor allem:
„Recht auf Einkünfte“ (sic). Heute versteht man unter Kompetenz (mit allerdings
unterschiedlichen Konnotationen im Deutschen, Französischen und Englischen) die erwiesenen
und mobilisierbaren Fähigkeiten eines Menschen, eine bestimmte Arbeitsaufgabe oder einen
Set von Aufgaben zu bewältigen – unabhängig davon, wie, wo oder wann diese Fähigkeiten
erworben wurden. Kompetenz ist ein Vektor sowohl aus funktionalen, für die moderne Arbeit
notwendigen Befähigungen, als auch persönlicher generischer Eigenschaften und beeinflusst
entscheidend die Identifikation des Einzelnen mit seiner Arbeit (Planas et al. 2000).
Daher frage ich mich, ob das Céreq nicht eine Änderung seines Namens ins Auge
fassen könnte:
Centre d’études et de recherches sur les compétences – CEREC !
Quellen:
Arendt, Hannah: Vita activa oder Vom tätigen Leben. 7. Auflage, München/Zürich 1989 (amerikanische Ausgabe:
The Human Condition, University Chicago Press 1958) (vgl. auch die umfangreiche dort angeführte Literatur).
Duden: Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. 2. Auflage. Duden Band 7,
Mannheim/Wien/Zürich 1989
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23. erw. Auflage. Berlin/New York 1999.
Lasonen, Johanna; Manning, Sabine: How to improve the standing of vocational compared to general education.
In: Descy, Pascaline; Tessaring, Manfred (eds.). Training in Europe. Second report on vocational training in
Europe 2001: background report. Cedefop Reference series, Vol. I, Luxembourg: EUR-OP 2001, pp. 115-167.
Le nouveau petit Robert. Nouvelle édition du Petit Robert de Paul Robert. Dictionnaires le Robert, Paris, 1996.
Planas, Jordi et al.: Marché de la compétence et dynamiques d’ajustement. LIRHE, ESA-CNRS no. 5066, Toulouse 2000.
5
Homo
cognitus
Gorilla
Neandertaler
Schimpanse ,
Bonobo
Homo
sapiens
Vor
Millionen
Jahren
0
Homo
erectus
1
2
Homo
habilis
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Australopithecus
robustus
Australopithecus
afarensis
4
Ardipithecus ramidus
5
Orrorin tugenensis
(“Millenium man”)
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Die Entwicklung des Menschen
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Michiel van Coxcie (1499-1592): Original Sin (Erbsünde). Kunsthistorisches
Museum
Wien
(geringfügig
aktualisiert)
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