Balearen-Bock Heiße Pirsch im Norden Mallorcas

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Balearen-Bock Heiße Pirsch im Norden Mallorcas
Balearen-Bock
Balearen-Bock
Heiße Pirsch im
Norden Mallorcas
Neben der Jagd auf
Rothühner oder Kaninchen
bietet sich auf Mallorca
die exklusive Möglichkeit,
dem Balearen-Bock
nachzustellen. Diese
Wildziegenart kommt nur
auf dieser Insel vor.
Franz-Josef Nolte
B
ergjagd übt bereits seit langem
eine gewaltige Faszination auf
mich aus. Für mich ist sie die
ehrlichste Jagdart überhaupt. Hier
muss sich der Jäger seine Beute
wirklich verdienen. Das soll andere Jagdarten nicht abqualifizieren
– aber ein am, oder besser im Berg
„erkämpftes“ Stück hat einfach
einen anderen Wert, als ein Stück,
das „bloß nur“ am Ansitz erlegt
wurde. Im Berg muss man häufig
auch körperlich bis an seine
Grenzen gehen, um erfolgreich
zu sein.
„Die 5. Art“
„Hola“ begrüßte ich meinen
spanischen Freund Alfonso, den
Geschäftsführer eines iberischen
Jagdreiseveranstalters, in meinem Haus in Alcobendas am Nordrand von Madrid Anfang Dezember 2010. „Ich denke, es gibt
nur 4 verschiedene spanische
Steinbockarten ?“ Alfonso schaute
mich an, lächelte vielsagend und
antwortete nur ganz
kurz: „Und?“ Sofort
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Balearen-Bock
Baleaen-Bock
Grandiose Mittelmeerlandschaft und atemberaubender Blick. Hier fand die Jagd auf den
Balearen-Bock statt
war ich wieder in meinem Element. „Also, Du
hast mir erklärt, es gibt 4 Unterarten des spanischen Steinbocks: Die Größte ist der GredosSteinbock, dann gibt es noch den BeceiteSteinbock, den Sierra-Nevada-Steinbock, den
wir schon zusammen gejagt haben, und zuletzt den Ronda-Steinbock!“ – „Richtig“, sagte
Alfonso, „wo ist das Problem?“ Ich nahm eine
spanische Jagdzeitschrift vom Beistelltisch und
schlug sie auf. Triumphierend schaute ich ihn
an. „Siehst Du, hier gibt es noch einen fünften!“ Ich zeigte ihm die Bilder eines Artikels
über den Boc Balear.
Alfonso lächelte immer noch. „Aber der Balearen-Bock ist kein Steinbock, das ist eine Wildziegenart, die Du nur auf Mallorca kriegst! Es
gibt noch verwandte Wildziegen in anderen
Teilen des Mittelmeerraums, zum Beispiel auf
Kreta. Aber dort darfst Du sie nicht bejagen.“
Ich muss ziemlich überrascht geschaut haben.
„Kein Steinbock?“ fragte ich nochmal. „Nein“,
sagte Alfonso, „eine Wildziege!“
In den nächsten Stunden drehte sich alles
nur noch um diese Wildziegen und ihre Bejagung. Als Alfonso mich schließlich verließ,
um seine norwegischen Jagdgäste am Flughafen Madrid Barajas abzuholen, war der Plan
in groben Zügen fertig – Alfonso kümmerte
sich um die Details. Wir wollten uns Ende
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August 2011 auf Mallorca zu einer gemeinsamen Jagd auf den Balearen-Bock treffen.
Reinrassiger Baleare
Leider mussten wir den Plan kurzfristig ändern, da Alfonso wegen eines schweren Krankheitsfalles in seiner Familie nicht kommen
konnte. Er verwies mich an Joan Hernández
Ferrer, den Vize-Präsidenten des Jagdvereins
von Alcudia, der sich um alles kümmern sollte.
Mit Joan sind die Einzelheiten schnell geklärt.
Da mein Spanisch seine Grenzen hat, bin ich
froh, dass er ein sehr gutes Englisch spricht.
Joan ändert den ursprünglichen Plan dahin-
Auf Bergeshöhe wird Ausschau nach dem
Balearen-Bock gehalten, während sich in der
Meeresbucht die Touristen amüsieren
gehend, dass wir nur Freitag jagen wollen –
mit dem Samstag als Reservetag. Er ist überzeugt, dass dies ausreicht. Wir vereinbaren,
dass er mich Freitag um 7 Uhr morgens an der
Finca abholt.
Ich stehe bereits um 6.50 Uhr auf dem
kleinen Dorfplatz vor unserer Finca. Da ich
beruflich bedingt seit Jahren in Spanien lebe,
weiß ich, dass Pünktlichkeit hier eine Zeitspanne von bis zu einer Stunde bedeuten
kann, aber ich will mir nicht nachsagen las-
sen, zu spät zu sein. Ich rechne mit einer längeren Wartezeit, soll mich aber täuschen. Joan
ist, ungewöhnlich für einen Spanier, auf die
Minute pünktlich.
Ein Mann in olivgrüner Jagdkleidung
steigt aus und reicht mir die Hand. Obwohl
wir bislang nur miteinander telefoniert haben,
ist jedem sofort klar, wer der andere ist.
Kurz darauf machen wir uns auf den Weg
Richtung Norden. Joan erklärt mir, dass er ein
Revier auf der Halbinsel Formentor ausgewählt
hat, weil ich an einem Bock in der Medaillenklasse interessiert bin und dort derzeit die
stärksten Trophäenträger frei sind. Dieses Revier gehört nicht zum Verantwortungsbereich
seines Jagdvereins. Das sei aber kein Problem,
da man sich in 4 der 5 Reviere, in denen der
Balearen-Bock bejagt wird, stets untereinander
aushelfe. Er versichert sich nochmals, dass mir
die Preise in der Medaillenklasse geläufig sind,
um uns so unliebsame Überraschungen nach
der Jagd zu ersparen. Ich antworte, dass für
mich das Jagderlebnis im Vordergrund steht,
aber ich mich natürlich über eine starke Trophäe freuen würde.
Auf Mallorca gibt es etwa 25.000 wilde
Ziegen. Die meisten davon sind verwilderte
Hausziegen oder Hybriden, also Mischlinge
zwischen Hausziegen und Balearen Bock. Nur
etwas mehr als 1.000 Stück sind noch reinrassig.
Während die Ziege des Balearen-Bocks in
der Regel nur ein Lamm pro Jahr führt, ist die
Reproduktionsrate der Hybriden etwa viermal
so hoch. Der Balearen-Bock ist eine endemische Art, die bis in prähistorische Zeiten
zurückreicht. Seit etlichen Jahren ist die mallorquinische Naturschutzbehörde bemüht, die
Bestände des reinrassigen Balearen-Bocks zu
stärken. Deswegen bemüht man sich um den
Fang bzw. Totalabschuss aller nicht reinrassigen Exemplare. Dabei wird ein strenger Maßstab angelegt. Bereits ein kleiner weißer oder
grauer Fleck auf der Decke gilt als Hinweis auf
einen Mischling und als Abschussgrund.
Der reinrassige Balearen-Bock ist in der
Grundfarbe rotbraun mit einem schwarzen
Haupt, 2 kreuzförmigen, schwarzen Streifen
über Brust und Schultern, schwarzen Läufen
sowie einem schwarzen Aalstrich entlang der
Rückenlinie. Männliche Stücke haben deutliche längere Hörner als weibliche. Der Balearen-Bock bewohnt Reviere von Meeresniveau
bis zu einer Höhe von etwa 1.500 Metern der
Sierra de Tramontana.
Nach erfolgreicher Jagd wird jedes Stück
sofort von Vertretern der Naturschutzbehörde
begutachtet, vermessen und umfangreich dokumentiert. Eine Jagdlizenz erhalten nur solche Reviere, die sich dem Schutzprogramm
voll unterordnen und weitgehend hybridfrei
Jeder Balearen-Bock wird wissenschaftlich
dokumentiert. Deswegen wird das Maßband
auch an den „Pürzel“ angelegt
sind. Wegen dieser strengen Maßstäbe gibt es
momentan nur 5 zugelassene Reviere. Finanziert wird das Programm zu erheblichen Teilen
mit Erlösen aus der Trophäenjagd. Die Zahl
der vergebenen Lizenzen wird von der Naturschutzbehörde streng reglementiert. Momentan sind es zirka 60 Lizenzen pro Jahr in allen
Trophäenklassen. Für die Zukunft plant man,
dies auf um die 30 Lizenzen jährlich zu reduzieren.
Kurz vor Erreichen des Jagdhauses beklagt
Joan noch sogenannte „schwarze Schafe“.
Hierunter versteht er Reviere, die nicht dem
Schutzprogramm angehören und Jagdgästen
Nach dem Erlegen wird der Balearen-Bock
natürlich auch mit aller nötigen Sorgfalt
ausgepunktet JAGEN WELTWEIT 3/2012
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Balearen-Bock
Balearen-Bock
Mischlinge als vermeintliche Balearen-Böcke
zu Dumpingpreisen anbieten.
Inzwischen haben wir die Halbinsel Formentor erreicht. Jagdfieber steigt in mir auf.
Bei dem Jagdhaus, das wir nun erreichen, handelt es sich um eine historische Finca aus dem
16. Jahrhundert, in der einst unter anderem
der mallorquinische Dichter Miguel Costa
lebte. Vor der Finca erwartet uns Juan, der
örtliche Wildhüter, der uns begleiten wird und
bereits alles vorbereitet hat.
Form
Ma
ent
or
llorca
Jagdgebiet
Schweigemarsch
Nach ausgiebigen Frühstück mit mallorquinischem Käse, iberischen Schinken und Weißbrot beginnen wir unsere Pirsch gegen 8.45
Uhr. Zunächst geht es durch lichte Kiefernwälder. Bald erreichen wir die offenen Berghänge von Cap Formentor. Unser Ziel ist das
Cap Catalún oberhalb der Bucht Cala Figueras.
Dies bedeutet einen Aufstieg von knapp 450
Höhenmetern durch baumlosen, nur mit trockenem Gras bewachsenen Fels bei bereits
strahlender Sonne. Gegen 9.30 Uhr erfolgt
unser erster Halt am nördlichen Rand des Kiefernwaldes.
Juan, der Wildhüter, verweist darauf, dass
sich hier zur Zeit der Mittagshitze das Wild
auf der Suche nach Schatten und Kühle einstellen werde. Unser Beobachtungshalt bringt
rasch Wild in Anblick: eine mittelalte Ziege
mit Lamm und ein etwa 3-jähriger Bock. Da
der Wind günstig steht, nähert er sich bis auf
unter 50 Meter. Dann kriegt er uns spitz und
flüchtet zügig hangaufwärts.
Bevor es weitergeht, glase ich die nordwestlichen Felshänge ab und erstarre. Auf
einem nackten Felsblock in mittlerer Höhe
stehen 2 Böcke, einer davon kapital. Während
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Nicht nur in Spanien üblich: Das erlegte Stück
erält eine Wildursprungsmarke
ich mit dem mitgeführten Laserentfernungsmesser die Distanz ermittle, spricht Joan ihn
als mindestens „hohe Silbermedaille“ an. 295
Meter zeigt der Entfernungsmesser an, zu weit
für meine .270 Win. Zudem gibt es keinen
Kugelfang, und am Horizont befindet sich in
Verlängerung eine beliebte Badebucht. Wir
überlegen kurz, ob es sich lohnt, die beiden
über den offenen Vorderhang anzupirschen,
verwerfen diesen Gedanken aber rasch: 1. würden sie uns vermutlich frühzeitig bemerken
und wären dann womöglich dauerhaft vergrämt, 2. vermutet Juan, dass sie im Laufe des
Vormittags auf der Suche nach Schatten ohnehin den Hang herabziehen und sich am
nördlichen Rand des Kiefernwäldchens einstellen würden. Dort können wir sie gegen
Mittag immer noch suchen. Ich überlege:
Schon mehrfach habe ich bei Auslandsjagden
erlebt, dass der erste Trophäenträger der stärkste war und bessere dann nicht mehr in Anblick kamen. Aber ist es das, was ich von dieser Jagd erwarte: nach 15 Minuten ein Abschuss und dann Jagd vorbei?
Die nächste Stunde geht es stramm bergauf. Durch brusthohes, messerscharfes Gras
Richtung Nordosten. Wiederholt sehen wir
Wild, zumeist Ziegen mit Lämmern oder junge Böcke. Ein reifer Bock ist nicht auszumachen. Schließlich erreichen wir das Cap Catalún. Etwa 400 Meter unter uns die Badebucht
Cala Figueras. Touristen steigen von der Straße
zu diesem wunderschönen Strand herab, ohne uns zu bemerken. Ebenso wenig sehen sie
die 3 Ziegen mit ihren Lämmern, die nur wenige Meter abseits des Trampelpfades stehen,
der zum Strand führt. Ohne Scheu beobachten
sie das muntere Treiben in der Badebucht.
Die letzte halbe Stunde ist recht schweigsam verlaufen: Joan weiß, dass ich Berufssoldat bin. Da er selbst als Mannschaft beim
spanischen Militär gedient hatte, versucht er,
meinen Dienstgrad zu schätzen. Nach reiflicher Überlegung entscheidet er sich für Commandante (Major). Als ich Teniente Coronel
Das Jagdgebiet bietet ein atemberaubendes
Panorama. Kahle Felsen und Kiefernwälder
prägen die traumhafte Landschaft
:
(Oberstleutnant) antworte, bringt ihn der Respekt ungewollt zum Verstummen. Immerhin
stellt er von da an meine körperliche Fitness
nicht mehr in Frage.
Parksünder
Wir überqueren das Cap Catalún in nordwestlicher Richtung. Jetzt geht es auf allen vieren
bis an den vorderen Rand des Felsens. Wind
peitscht uns ins Gesicht, 350 Meter senkrecht
unter uns die Gischt des tosenden Mittelmeeres. Wellen brechen sich an der Steilküste,
die hier einen Halbkreis beschreibt. Joan berichtet von einer Jagd, bei der genau hier ein
Bock erlegt wurde und zum Strand herabrutschte. Wegen der Steilheit war ein Abstieg
unmöglich. Um die Trophäe zu bergen, ist er
zuerst nach Alcudia zurück. Von dort mit
einem Boot 6 Stunden bis zum Felsstrand unter uns gefahren!
Gegenüber ist der Fels nicht so steil. 3 rotbraune Flecken zeigen uns, dass die Wildziegen
des Mittelmeerraums ihren Vettern aus den
Alpen in nichts nachstehen. 2 sprechen wir
schnell als weiblich an, die dritte ist halb ver-
deckt. Minutenlanges Warten, dann steht sie
frei: Ein Bock von 4 – 5 Jahren, noch weit von
„jagdbar“ entfernt. Wir beschließen, dem Klippenrand zunächst weiter zu folgen und auf der
gegenüberliegenden Seite herabzublicken.
Sollte dort nichts in Anblick kommen, werden
wir den Abstieg beginnen und langsam Richtung Kiefernwald zurückkehren. Juan rechnet
fest damit, dass sich dort inzwischen Wild eingestellt hat.
Nicht nur das Weidwerk ist auf Mallorca urig.
Zünftig ist auch die Einrichtung in meiner
historischen Finca
Rund eine Stunde später sind wir wieder dort,
wo wir gegen 9 Uhr den „Kapitalen“ in Anblick hatten. Wie vermutet, sind die beiden
Böcke nicht mehr zu sehen. Juan erwartet sie
in dem Kiefernwäldchen, dem einzig schattigen Ort im Umkreis von mehreren Kilometern. Außerdem gibt es dort eine Quelle. Wir
pirschen Schritt für Schritt durch lichte Kiefern. Eine weitere Stunde später tritt Ernüchterung ein. Nicht ein Stück Wild haben wir im
Schatten ausmachen können. Auch an der
Quelle kein Anblick. Einzig mögliche Erklä-
Anzeige
Kastner
44 4-sp
rung sind die Badegäste der umliegenden
Buchten. Sie sind in den vergangenen Stunden
– obwohl verboten! – auf der Suche nach Parkmöglichkeiten weit von der Straße weg bis
unter die Kiefern gefahren und haben dabei
vermutlich das Wild vergrämt.
Einen halben Kilometer nördlich von uns
stehen einige höhere Bäume. Juan schlägt vor,
diese anzupirschen. Ohne es erklären zu können, vermutet er dort den „Kapitalen“. Also,
nochmal „Wasser fassen“. Dann geht’s los. Da
Wild uns wegen des nicht sehr hohen Grases
wohl frühzeitig bemerken wird, pirschen wir
vorsichtig. Zum Glück ist der Wind günstig.
Joan meint, dass der Balearen-Bock deutlich
schlechter äugt als windet. Hoffentlich hat er
recht!
Wir sind schon 10 Minuten unterwegs, als
wir etwa 200 Meter vor uns eine einzelne Kiefer sehen, die mit ihrer Krone viel Schatten
spendet. An ihrem Fuß brusthohes gelbliches
Gras. Wir pirschen in der Reihenfolge: Joan
vorn, dahinter ich, dann Juan. Plötzlich von
hinten ein scharfer, kurzer Pfiff. Wie vereinbart werfen wir uns alle sofort zu Boden und
suchen Deckung. Juan macht von hinten Zeichen in Richtung Kiefer. Ich nehme sofort
mein Glas hoch. Im hohen Gras am Fuß der
Kiefer erkenne ich 2 Hornspitzen. Dann vom
Stamm der Kiefer halb verdeckt einen rotbraunen Körper und 2 schwarze Hinterläufe. Eindeutig ein Balearen-Bock! Aber ist er jagdbar?
Ist es vielleicht der „Kapitale“ von heute Morgen?
Juan ist inzwischen etwas zur Seite gerobbt und hat freien Blick. Er macht Zeichen.
Was soll das heißen? Ich blicke fragend zu
Joan, der noch neben mir im Gras liegt. Er
zischt etwas in dem mir unverständlichen
mallorquinischen Dialekt zu Juan. Dann die
Antwort: Es ist der „Kapitale“.
Kunstschuss vermieden
Was tun? Von hier aus ist er durch die Kiefer
weitgehend verdeckt. Eine Anschlagmöglichkeit habe ich auch nicht. Etwa 130 Meter vor
mir im hohen Gras ist ein einzelnes Stämm-
Balearen-Bock
Balearen-Bock
Sauber wird der Balearen-Bock aus der Decke
geschlagen. Ob sein Wildbret mundet?
chen zu sehen, eine Art Pappel, etwa armdick.
Von dort hätte ich freien Blick auf den Bock.
Anstreichen könnte ich am Stamm auch. Aber
würde der Bock das aushalten? Mit wenigen
Worten erläutere ich Joan den Plan. Er nickt
zustimmend und murmelt, dass ich in jedem
Fall sofort einen 2. Schuss abgeben soll!
Schlangengleich krieche ich durchs hohe
Gras. Jetzt zahlt sich meine militärische Ausbildung aus. Immer wieder blicke ich Richtung
Kiefer. Der Bock scheint mich nicht zu bemerken. Ich habe schon 50 Meter geschafft. Weiter geht’s. Der Bock beginnt zu tänzeln, dreht
mir die Hinterkeulen zu. Umso besser, dann
eräugt er mich nicht!
Jetzt sind es noch 30 Meter bis zur kleinen
Pappel. Schweiß läuft mir hinter der Sonnenbrille in die Augen. Also leise ganz flach auf
den Rücken legen, die Brille abnehmen und
mit dem Handrücken abwischen. Und weiter.
Der Bock merkt immer noch nichts! Nun sind
es noch 10 Meter. Hinter mir sehe ich, wie
Joan mir folgt. Juan ist dort zurückgeblieben.
Endlich ist die Pappel erreicht! Deckung bietet
sie mir keine. Aber wie vermutet, ist sie stark
genug, um daran anzustreichen.
Der Bock steht jetzt rechts neben der Kiefer, leicht spitz von mir weg. Ich gehe auf die
Knie und richte mich zentimeterweise auf.
Dann streiche ich in Brusthöhe an der Pappel
an. Jetzt habe ich den Bock im Zielfernrohr.
Entfernung messen unnötig – das sind nicht
mehr als 70 Meter. Welch ein Anblick! Die
Auslage ist sicher mehr als 80 Zentimeter, also
nicht nur Silbermedaille, sondern Gold. Aber
zuerst muss er liegen! Langsam atme ich tief
ein, dann zu Zweidrittel aus, zugleich steche
ich ein. Entsichert habe ich schon beim Anstreichen. Das Absehen steht mittig auf dem
Blatt.
Vor Jahren hat mir ein „wildbretschonender Kunstschuss“ hinter das Blatt auf einen Damhirsch eine stundenlange Nachsuche
eingebracht. Seitdem halte ich bei Trophäenträgern voll aufs Blatt – liegen muss er!
Der Bock hat mich immer noch nicht mitbekommen. Mein Zeigefinger erhöht den
Druck auf den Abzug. Da bricht der Schuss.
Der Bock macht eine Flucht nach vorn, bricht
ein, ist von der Kiefer verdeckt. Dann kommt
er wieder hoch. Ich repetiere, mache mich
fertig für den 2. Schuss, wie Joan es gefordert
hat. Jetzt springt der Bock einen weiteres Mal.
Ich bin schräg von hinten wieder auf dem
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Vergessen all die Anstrengung und Hitze der
vergangenen Stunden. Nach rund 6 Stunden
findet ein erfolgreicher Jagdtag sein vorläufiges Ende.
Während Joan und ich den Bock aus dem
hohen Gras auf einen Felsblock ziehen, aktiviert Juan sein Handy. Ich blicke überrascht
zu Joan. „Consell de Mallorca, Departement de
Medi Ambient – Naturschutzbehörde! Wenn
wir nachher zur Finca kommen, sind sie schon
da, um Deinen Bock zu vermessen und die
Papiere auszustellen. Bei uns hat alles seine
Richtigkeit!“ Ich bin überrascht – ich dachte,
der „Papierkram“ hätte Zeit. Wie ich später
erfahren soll, legt man großen Wert darauf,
selbst den kleinsten Anflug von Mauschelei
zu vermeiden, um sich so von den eingangs
erwähnten „schwarzen Schafen“ zu unterscheiden.
Nach erfolgreicher Jagd wird die spanische
Küche genossen. Und ein kühles Bier löscht
Fotos: Franz Josef Nolte
den Durst
Blatt. Der Bock bricht erneut im hohen Gras
ein und kommt nicht mehr hoch. Ich bin sicher, dass er liegt!
Joan, der mir gefolgt ist, richtet sich hinter
mir auf, läuft in hohen Sätzen zum Bock. Im
Laufen zieht er sein Messer frei aus der Scheide, um ihn sofort abzufangen. Alles unnötig.
Er jubelt. Vor ihm im hohen Gras liegt der
verendete Bock. Die .270 Win hat ganze Arbeit
geleistet. Jetzt habe ich ihn auch erreicht. Juan folgt uns. Bevor ich Glückwünsche entgegennehme, entlade ich die Waffe. Safety first!
Jetzt kennt der Jubel keine Grenzen mehr. Ein
wirklich kapitaler Balearen-Bock liegt vor uns.
Spanischer Abschluss
Während wir noch den Bock aus verschiedenen Richtungen – mit und ohne Jäger – fotografieren, hält ein weiterer grüner Pick-Up.
Mehrere Männer steigen aus, stürzen auf mich
zu, klopfen mir die Schultern und gratulieren
herzlich. Joan stellt sie vor: Es sind Tomeu
Berga und sein Team, der Präsident des Jagdvereins zu dem das Revier von Cap Formentor
gehört. Plötzlich eine Überraschung: Tomeo
holt eine Flasche edlen Cava (spanischer Sekt)
hinter seinem Rücken hervor. Seine Jungs haben die dazugehörigen Gläser dabei. Mir ist
dies gar nicht recht, angesichts des soeben
erlegten Bockes mit Sekt anzustoßen. Aber es
wäre eine Beleidigung, die grundehrliche Gast-
freundschaft Tomeos zurückzuweisen. Joan
erläutert mir, dass ich der 1. zahlende deutsche
Jagdgast bin, der auf Cap Formentor einen
Balearen-Bock in der Goldmedaillenklasse –
soweit das Ergebnis einer ersten Vermessung
– erlegt hat.
Als wir die Finca erreichen, sehe ich bereits
ein Fahrzeug vom Department de Medi Ambient,
der Naturschutzbehörde. Die Vertreter des
Naturschutzes stellen sich vor und erläutern
mir ihre bevorstehende Arbeit. Sie geschieht
aus 2 Gründen: 1. Jedes erlegte Stück soll nach
einheitlichen Kriterien vermessen und dokumentiert werden, um so einen möglichst genauen und objektiven Überblick über den
Zustand der Population zu erhalten. Und 2.
soll sichergestellt werden, dass „mein“ Bock
auch wirklich reinrassig und kein Mischling
ist. Andernfalls, so erfahre ich, hätte ich die
Trophäe nicht behalten dürfen, die Jagd hätte
aber auch nichts gekostet. Mit Hilfe einer
Checkliste wird mein Bock auf das Genaueste
vermessen. Sorgen brauche ich mir nicht zu
machen, er ist in der Tat ein reinrassiger Boc
Balear.
Joan kommt dazu, der zwischenzeitlich
die Trophäe abgeschlagen hat. An vielen anderen Orten der Welt wäre die Jagd jetzt vorbei
gewesen. Man hätte mich zurück zu meinem
Hotel gebracht. In Spanien, und ich sage das,
nachdem ich etliche Jahre beruflich auf der
iberischen Halbinsel verbracht und viel mit
Spaniern gejagt habe, ist Jagd mehr.
Unbemerkt von uns allen hat Tomeo eine
Köchin in die Finca bringen lassen, die uns
nun ein typisch mallorquinisches Mahl auftischt. Die beiden Präsidenten der beteiligten
Jagdvereine, ich als Jäger und alle Jagdhelfer
sitzen zusammen an einem Tisch. Bei frisch
zubereiteten inseltypischen Köstlichkeiten,
exzellentem mallorquinischem Weiß- und
Rotwein sowie guten Gesprächen vergeht der
Nachmittag wie im Flug.
Schließlich weist Joan darauf hin, dass es
bis zu meiner Finca noch eine gute Wegstunde
ist. Wir beginnen Abschied zu nehmen. Ich
erhalte zum Abschluss noch ein T-Shirt als
Geschenk, das mich jetzt als erfolgreichen BocBalear-Jäger ausweist.
Es war ein wunderbarer und erfolgreicher
Jagdtag. Wie von Joan im Vorfeld bemerkt,
war ein Tag auch vollkommen ausreichend.
Wir verabschieden uns beide in dem
Bewusstsein,dass jeder einen neuen Freund
gewonnen hat. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich
das Gefühl, nur zahlender Kunde zu sein. Es
war eine echte Jagd unter Freunden!
t
Info
Info
Balearen-Bock
Biologie: Der Balearen Bock (Capra hircus) ist eine mittelgroße Wildziegenart, die nur auf Mallorca vorkommt.
Die Böcke erreichen eine Widerristhöhe von 60 - 80 Zentimetern bei einem Gewicht von 40 - 80 Kilogramm. Die
weiblichen Stücke sind deutlich kleiner mit einer Widerristhöhe von 50 - 60 Zentimetern und einem Gewicht
zwischen 25 - 40 Kilo. Beide Geschlechter tragen Hörner,
die bei den Böcken deutlich stärker ausgeprägt sind.
Charakteristisch für diese Ziegenart ist die Schwarzfärbung der Brust, der Gesichtsmaske und der Enden der
Läufe. Zusätzlich zieht sich über den gesamten Rücken
der Tiere ein Aalstrich. Der Rest ist bei einem reinrassigen
Boc Balear rot-braun gefärbt.
Die Brunft beginnt im Juli und endet im Oktober. Im
August und September erreicht das Brunftgeschehen
seinen Höhepunkt. Nach einer Tragzeit von über 5 Monaten wird in der Regel 1 Lamm gesetzt. In seltenen
Fällen kommt es auch zu Zwillingsgeburten.
Habitat: Der Balearen-Bock ist nur noch in wenigen
Gebieten auf Mallorca zu finden. Die einzigen bejagbaren Vorkommen befinden sich im Norden der Insel.
Der Lebensraum erstreckt sich dort von Seehöhe bis zur
höchsten Erhebung Mallorcas mit 1.445 Metern.
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Westfalia
1-sp
Jagd: Der Balearen-Bock kann sowohl mit dem Bogen,
als auch mit dem Gewehr bejagt werden. Die meisten
Jäger bevorzugen die Jagd mit der Büchse. Wichtig ist,
dass dem Gastjäger ein ortskundiger Führer beiseitesteht.
Die Jagd findet meist auf der Pirsch statt, und die
üblichen Schussentfernungen liegen dabei in einem
Bereich zwischen 200 und 300 Meter.
Ausrüstung: Für den „konventionellen“ Jäger stellt sich
vor allem die Frage des optimalen Kalibers. Üblicherweise werden für die Jagd auf den Balearen Bock Kaliber in
einem Leistungsbereich zwischen der 6,5 x 55 bis zur
.30.06 verwendet. Das Geschossgewicht liegt dabei zwischen 120 und 140 grains. Aufgrund der zum Teil großen
Schussdistanzen ist ein Zielfernrohr mit hoher Vergrößerung empfehlenswert.
Jagdzeit: September bis Juli, an allen Wochentagen
außer mittwochs.
Preis: Bock bis 62 Zentimeter 2.800 Euro / 62 - 70 Zentimeter (Bronze) 3.900 Euro / 70 - 78 cm (Silber) 4.900
Euro / 78 - 90 cm (Gold) 6.000 Euro. rr
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