Yamaha XV 1900 spyke – edeleisen

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Yamaha XV 1900 spyke – edeleisen
Technik
Yamaha XV 1900 Spyke
Technik
Yamaha XV 1900 Spyke
«Luke, die Macht wird mit dir sein ...!» – Bei diesem mächtigen V2 ist das gar keine
Frage.
Beinahe schon Kunstwerke sind die
Spykes. Die Lackierung wählt jeder
Kunde selbst aus.
Wie ein in Eisen gehauenes Monument kommt einem die Spyke vor; die Lackierung
trägt viel zum Gesamteindruck bei.
Yamaha XV 1900
Spyke – Edeleisen
Text: Michael Föhn
Bilder: Föhn, Yamaha
«Walter Tanner hier. Komm rüber, sie ist
fertig. Ich habe sie zwar schon so gut
wie verkauft, aber eine Probefahrt
darfst du damit schon noch machen.»
So begann ein Telefongespräch mit
Yamaha-Händler Walter Tanner in Pfäffikon (SZ). Logisch, ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf: Wann hat unser­
einer schon mal die Möglichkeit, ein
knapp 60 000 Franken teures Motorrad
zu fahren? Erster Eindruck: Boahh! Man
steht davor und lässt das Gesamtkunst16 | Moto sport schweiz 01/02/2011
Wenn schon teurer Custom, dann auf Harley-Basis – das sagen sich
viele. Dass es auch anders geht, beweisen die Customizer von
HM-Deluxe mit der wunderschönen Spyke auf Yamaha-Basis. So viel
Drehmoment und Komfort hat zudem kaum ein Milwaukee-Eisen.
werk auf sich einwirken. Ein wenig einschüchternd wirkt sie mit ihrem fetten
Hinterreifen und der gigantischen Gabelbrücke ja schon. Andererseits garantiert ihre Yamaha-Grundkonstruktion für
leichte Fahrbarkeit.
Der V2-Custom namens Spyke ist eine
veredelte 1900er-Midnight-Star. Als solche wird sie von der Firma Hostettler in
die Schweiz importiert. Danach gelangt
sie nach Deutschland zur Firma HM-­
Deluxe in Bocholt. Diese Firma hat sich
auf die Herstellung und Entwicklung
von Customparts für metrische Motorräder spezialisiert, macht aber auch Komplettumbauten. Die Midnight Star wird
einer Radikalkur unterzogen: Fast alle
Anbauteile werden abgeschraubt und
neue Teile befestigt. Ins Auge sticht in
erster Linie natürlich der Heckumbau
durch seine cleane Optik. Die orginale
Yamaha rollt hinten auf einem 190erReifen – der ist natürlich für die angepeilte Kundschaft viel zu schmal. Ein
250er-Reifen wird also neu auf die verbreiterte Felge aufgezogen und ein
­schmalerer Zahnriemen kommt zum
Einsatz, sodass das Hinterrad gerade
noch in die originale Schwinge passt.
Air Ride «Luftfahrwerk»
Der eigentliche Clou am Heck ist jedoch das elektropneumatische Luftfahrwerk. Es ist mit der Batterie verbunden. Je nach Fahrbahnart und Verwendungszweck kann dabei das Heck hoch-
Der Tacho ist original, auch ihn könnte man noch etwas «pimpen».
oder runtergelassen werden. Doch dazu
später mehr. Weitere CustomizingMassnahmen betreffen den Ersatz des
riesigen Scheinwerfers, eine neue Gabelbrücke mit 330 mm Breite, einen
stilechten V-Bar-Lenker und Shin-YoBlinkerchen der Marke «SnakeEye». Besonders elegant ist das Kabelproblem
gelöst. Damit die hässlichen «Würmer»
nicht im Blickfeld liegen, wurden die
Kabel komplett ins Lenkerinnere verbannt.
Cleane Optik
Die Folge ist eine sehr cleane, auf­
geräumte Optik. Viel mehr ins Detail
wollen wir nicht gehen, es gäbe noch
Dutzende von Einzelheiten, die man
aufzählen könnte. Nur eine Sache
scheint mir noch besonders erwähnenswert: der von HM-Deluxe modifizierte
Miller-Endschalldämpfer. Seine wuch­
tige, aber schnörkellose Optik harmoniert sehr gut mit dem Gesamt­
erscheinungsbild der Spyke.
Die erste Maschine in Mattschwarz ist
schon so gut wie verkauft. Walter
­Tanner: «Ein Kunde sah das Bike, war
fasziniert und fragte, ob er eine Probefahrt machen könne. Ich gab ihm den
Zündschlüssel. Ein wenig später kam er
mit einem breiten Grinsen zurück und
meinte, das sei o.k. so ... ich solle die Papiere für den Verkauf bereitmachen – er
fragte gar nicht nach dem Verkaufspreis.»
Rückspiegel nach unten montiert –
sieht cool aus, aber man sieht darin
nichts Nützliches, weil die Unterarme im
Weg sind.
Der breite Stretchtank ist immer im
Blickfeld und macht mächtig was her.
Mit 17 Litern Fassungsvermögen ist er
allerdings kleiner, als er aussieht.
Gefräster Nummernschildhalter, schön anzusehen.
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Technik
Yamaha XV 1900 Spyke
Unterm Sitz befindet sich der Knopf fürs Luft-Fahrwerk. Für die Fahrt empfiehlt es sich, den Sitz und den Fender in die höchste Position zu bringen (Mitte). Für den Showeffekt
vor der Beiz genügt ein weiterer Knopfdruck, und der Fender schmiegt sich mit Millimeterabstand über den schwarzen Gummi (ganz rechts).
Um einen Eindruck vom umfangreichen Umbau zu haben, hier
das Original, die Yamaha XV 1900 Midnight Star, im ...
... Vergleich mit dem stämmigen Custom, der Spyke.
Die mattschwarze Spyke signalisiert: Obacht, ich bin ein böser Junge! Doch der
idyllische Sihlsee beruhigt: alles halb so wild ...
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Kundenwünsche
Der ist, als Folge der vielen Customizing-Arbeitsstunden und der aufwendigen Customparts, nicht gerade ein Sonderangebot: 58 000 Franken. Den ein­
zigen Aufpreis gibt es bei der La­ckie­
rungsva­riante; diese wird durch den
Kunden selbst bestimmt, womit schon
mal gewährleistet ist, dass ein jedes
Bike ein Unikat bleibt. Auch eine Sozius-­
Version ist im Übrigen im Angebot.
Doch was ist nun mit der Probefahrt?
Walter Tanner drückt mir den Schlüssel
in die Hand, gibt mir aber noch ein
«Pass auf, du weisst, sie ist verkauft ...»
mit auf den Weg. Normalerweise würde
das nun reichen, einem das Herz in die
Hose sinken zu lassen, schliesslich war
der grösste Geldbetrag, den ich jemals
auf einen «Klapf» für einen Töff ausgegeben habe, rund 12 000 Franken. Und
gerade biege ich mit dem Fünffachen
davon auf die Hauptstrasse ein ...
Drehmomentmonster
Zügig geht es nun in Richtung Einsiedeln. In welchem Gang ich mich gerade
befinde, weiss ich nur so ungefähr ... es
ist auch nicht so entscheidend.
Der luftgekühlte V2-Motor hat derart
viel Drehmoment und Schwungmasse,
dass man selbst im fünften Gang problemlos durch einen Kreisel cruisen
kann. Am Motor selbst hat HM-Deluxe
nichts verändert, und das ist auch gut
so, denn der 90 PS starke Yamaha-Motor braucht kein Tuning: Mehr als genügend Kraft ist in jeder Drehzahlregion
vorhanden.
Nur der erste Gang ist etwas gar kurz
übersetzt. Fürs Anhalten an der Ampel
wähle ich daher immer den zweiten
Gang – der Motor ist elastisch genug, das
ohne Ruckeln zu verkraften. Ein kurzer
erster Gang ist andererseits natürlich auf
einer steilen Passstrassen-Abfahrt ideal,
sonst bremst man sich mit dem 300-kgTitanen die Bremsscheiben wund.
An der Bremsanlage selbst wurde nur
die Bremsscheibe (neu im Wave-Design) verändert, das Bremsverhalten ist
ausgezeichnet. Wie bei einem schweren
Cruiser so üblich, sollte auch immer hin-
ten mitgebremst werden, ansonsten
sind die Verzögerungswerte nicht zufriedenstellend. Die Fussrastenanlage
ist von HM-Deluxe und für meine langen Beine ideal positioniert.
Gleiches gilt für den Lenker, der mit wenig Kraftaufwand und ziemlich geradem
Rücken bedient werden kann. Überhaupt
zeigt sich die Spyke von der Easy-Handling-Seite. Verantwortlich hierfür ist natürlich das Yamaha-Chassis, das für einen
Cruiserpiloten mit etwas Erfahrung problemlos zu handhaben sein dürfte.
Apropos Chassis – neu hinzugekommen
ist hinten ja die pneumatische Federung. Dazu nur zwei Worte: super-komfortabel! Selbst über die gröbsten
Schlaglöcher geht es federleicht hinweg, du spürst bloss noch ein leichtes
Auf und Ab am Heck. Klar ist so eine
pneumatische Luftfederung nicht für jeden Töff eine Lösung – dazu ist sie viel
zu teuer, zu aufwendig, und man verliert etwas das Gefühl für die Fahrbahn.
Aber extrem komfortabel ist das halt
schon ...
Nun zur Frage, wie tief der Fender am
Heck über dem Reifen liegen sollte.
Obercool schaut es halt schon aus,
wenn es nur wenige Millimeter sind. Aber so sollte man nicht herumfahren.
Denn auch auf Schweizer Strassen hat
es arge Schlaglöcher, und wer seine teure Spyke nicht beschädigen will, sollte
dem Heckfender ein paar Zentimeter
Freiraum gönnen.
Fazit
Die Midnight Star wirkt ja schon in ihrer
Serienversion mächtig und beherrschend. Aber in der Spyke-Version wird
sie zu einem Hingucker sondergleichen.
Dank Yamaha-Grundtechnik ist das
Bike problemlos in Sachen Fahrbetrieb
und Wartung. Das nötige Kleingeld vorausgesetzt, erhält man ein Motorrad
mit hohem Prestigewert.
Infos: Team-Tanner Yamahacenter, Pfäffikon-Feusisberg, 044 884 25 77. www.
hm-deluxe.ch; www.yamahacenter.ch
Die Spyke wird ausserdem an der Ya­
maha-Show 2011 zu sehen sein.
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