DICOM Lösung für private radiologische Praxen
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DICOM Lösung für private radiologische Praxen
DICOM Lösung für private radiologische Praxen Kerstin Faber1, Dirk Krechel1, Daniel Reidenbach1, Silvio Costa Sampaio2, Aldo von Wangenheim2, Klaus Blasinger3 1 AG Wissensbasierte Systeme, FB Informatik, Universität Kaiserslautern, Erwin-Schrödinger-Straße, 67653 Kaiserslautern Email:{faber,krechel,reidenba}@informatik.uni-kl.de 2 Department of Computer Science Universidade Federal de Santa Catarina - UFSC 88049-200 Florianopolis - S.C., Brazil Email: {silvio,awangenh}@inf.ufsc.br 3 Radiologische Gemeinschaftspraxis Dr.Buddenbrock, Dr.Blasinger, Dr.Benz Rheinstrasse 4 A-C, 55116 Mainz Email: [email protected] Einleitung Für den Bereich der privaten radiologischen Praxen fehlen zur Zeit noch integrierte Lösungen zur EDV-Unterstützung der täglichen Routine. Es sind zwar einzelne Komponenten verfügbar, aber eine Unterstützung des Workflow, beginnend mit der Anmeldung bis zum Rücktransfer der Untersuchungsergebnisse zum überweisenden Arzt, existiert für dieses Umfeld noch nicht. Ein solcher Ansatz wird zur Zeit in unserem deutsch-brasilianischen Kooperationsprojekt entwickelt. Das System soll dabei auf die aktuellen Entwicklungen, z.B. Integrating the Healthcare Enterprise (IHE) [1] im Bereich des DICOM Standards [2] aufbauen. Ein erster Schritt für diese integrierte Lösung ist die hier vorgestellte Implementierung der DICOM-Grundlagen und von geeigneten Benutzerschnittstellen. Dies ist nötig, um das geplante Workflow-System in die heute üblichen PACS-Umgebungen (Picture Archiving and Communications System) zu integrieren. Abb1. zeigt eine solche PACSArchitektur. Das Workflow-System wird auf den Konzepten der Workflow Coalition aufbauen und die Prozeßdefinitionen aus dem IHE Technical Framework verwenden. Das System wird aber nicht nur Standard Funktionalitäten wie z.B. die von Wetter in [3] beschriebenen Ansätze besitzen, sondern besonders im Bereich der Diagnose neue Ideen, wie zum Beispiel Wissensmanagement und Bildanalyseverfahren, integrieren. Der von uns entwickelte Client wird als Diagnose-Arbeitsplatz zur Zeit im täglichen Betrieb getestet. Bei der Implementierung wurde auf ein sauberes objektorientiertes Design Wert gelegt, damit neue Entwicklungen des DICOM Standards möglichst schnell integriert werden können. Im folgenden Kapitel werden die von uns verwendeten Methoden des DICOM Standards und erste Ergebnisse vorgestellt. Dabei wurden die englischen DICOM-Begriffe übernommen und kursiv markiert. Abb.1: PACS Architektur Methoden Information Model DICOM 3.0 [2] beschreibt im dritten Teil des Standards die Objekte der realen Welt sowie die Beziehungen dieser Objekte untereinander mit Hilfe eines Entity-Relationship Modells. Die Rechtecke heißen Information Entities (IE) und repräsentieren Objekte der realen Welt, während die Rauten eine Beziehung zwischen diesen anzeigen. Zur vollständigen Beschreibung eines Objektes der realen Welt werden meist mehrere Information Entities in einer sogenannten IOD (Information Object Definition) zusammengefasst. Die Information Entities können wiederum aus mehreren IOMs (Information Object Module) bestehen. Dieser hierarchische Aufbau dient der Übersichtlichkeit und vermeidet Redundanzen bei der Definition verschiedener Objekte, die sich nur durch wenige Attribute unterscheiden. Als Beispiel sei ein Bild genannt, z.B. ein CT- oder MR-Bild. Jedes Bildobjekt besteht aus den IEs Patient, Study, Series, Frame of Reference, Equipment und Image. Das IE Patient beinhaltet als Attribute unter anderem den Namen und das Geburtsdatum des Patienten; im IE Study und Series sind beispielsweise Datum und Uhrzeit der Aufnahme abgelegt. Da es zum Bild selbst Abb. 2: DICOM Modell der realen Welt sehr viele Informationen gibt, wird dieses Information Entity aus mehreren IOMs aufgebaut. Jedes Bild hat IOMs, die Attribute zur Pixeldarstellung des Bildes oder Overlay-Informationen beinhalten. Außerdem gibt es immer ein modalitätsspezifisches IOM, das Attribute enthält, die nur für diese Modalität relevant sind. Im dritten Teil des Standards werden alle IODs beschrieben. Dabei wird zwischen Composite und Normalized IODs unterschieden. Composite IODs bestehen aus mehreren Information Entities, während Normalized IODs nur aus einem Information Entity bestehen. Komplexe Objekte wie Bilder werden immer mit Hilfe von Composite IODs modelliert; Normalized IODs übernehmen hauptsächlich Management-Funktionen. Unser System ist in der objektorientierten Programmiersprache Smalltalk implementiert. Die objektorientierte Philosophie unterstützt eine saubere, übersichtliche Modellierung der DICOMIODs: - Jedes IOM ist eine eigene Klasse, die von einer abstrakten Oberklasse namens CyclopsDBObject abgeleitet ist. Die Attribute des IOMs sind Instanzenvariablen der Klasse. Als Name der Klasse ist immer die Konkatenation der Bezeichnung des IOMs im Standard und dem Wort "Module" gewählt. Abb. 3: Klassen-Hierarchie - Jedes Information Entity ist eine eigene Klasse, die ebenfalls von der Klasse CyclopsDBObject abgeleitet ist. Die sie aufbauenden IOMs sind Instanzenvariablen dieser Klasse. Als Name wird die Bezeichnung des Information Entity im Standard verwendet. - Da es einige IOMs gibt, die in allen Bildern unabhängig von der Modalität enthalten sind, haben wir ein eigenes Objekt CyclopsDicomImage modelliert, von dem alle speziellen Bilder abgeleitet werden. Die Klassenhierarchie ist in Abb.3 dargestellt. Wir erweitern unser System jedoch stetig um neue Objekte. Die nächsten IODs werden den neuen Entwicklungen im Bereich von DICOM Worklist Management und Structured Reporting - entspechen. Sie können dank der durchdachten Modellierung leicht hinzugefügt werden. Services Besonders wichtig für den Einsatz in Praxen ist die Möglichkeit, DICOM-Objekte über ein Netzwerk austauschen zu können. Die dazu in DICOM verwendete Netzwerk-Architektur entspricht einem einfachen verteilen Konzept, bei dem zwei auf verschiedenen Systemen laufende Prozesse miteinander kommunizieren und Daten austauschen. Ein entscheidender Punkt ist die Rolle der beiden kommunizierenden Partner. Im Kontext von DICOM wird der die Funktionalität bereitstellende Server als SCP (Service Class Provider) und der die Funktionalität nutzende Client als SCU (Service Class User) bezeichnet. Das Verhalten des Server- bzw. Client-Prozesses wird im vierten Teil des Standards mit Hilfe sogenannter Service Classes genau spezifiziert. Die Service Classes beinhalten u.a. SOP Classes (Service Object Pair Classes), die eine IOD mit den auf sie anwendbaren Operationen, z.B. store und move, kombiniert. Diese Operationen heißen DIMSE (DICOM Message Service Elements) und werden im siebten Teil von DICOM eingehend beschrieben. Es gibt insgesamt fünf Services, die auf Composite IODs angewendet werden können (C-STORE, C-GET, C-MOVE, C-FIND und C-ECHO) und sechs Services, die für Normalized IODs definiert wurden (N-EVENT-REPORT, N-GET, N-SET, N-ACTION, NCREATE und N-DELETE). Wir haben einen SCU implementiert, der die von uns modellierten IODs über ein TCP/IP Netzwerk von einem CTN-Server[5] laden und wieder abspeichern kann. Dazu mußten die Services C-STORE, C-FIND und C-GET implementiert werden. Die Verbindung erfolgt synchron, d.h. daß SCU und SCP immer wieder auf Nachrichten und Statusmeldungen der Gegenseite warten müssen, diese auswerten und erst dann den laut Protokoll vorgesehenen nächsten Schritt ausführen dürfen. Das Speichern eines Bildes läuft vereinfacht folgendermaßen ab: - In der ersten Phase, die Association Establishment genannt wird, benachrichtigt der SCU den SCP darüber, daß er ein Bild speichern will. Er identifiziert sich und teilt dem SCP unter anderem die Transfer-Syntaxen, mit denen er umgehen kann, sowie die Größe der TCP/IP-Pakete, die er dem SCP schicken will, mit. Der SCP muß eine Verbindung des SCU akzeptieren und ihm u.a. eine ausgewählte Transfer-Syntax mitteilen. - In der zweiten Phase schickt der SCU TCP/IP-Pakete der vereinbarten Größe zum SCP. Zuerst werden die Parameter des C-STORE-Services, anschließend alle Attribute des Bildes Abb. 4: DicomEditor geschickt. Die Pixeldaten selbst sind ein Attribut des Bildes. - Die letzte Phase wird als Confirmation bezeichnet. Der SCP teilt dem SCU mit, ob das Bild erfolgreich abgespeichert werden konnte bzw. liefert einen Fehlercode, falls das Speichern nicht funktioniert hat. Benutzeroberflächen In Zusammenarbeit mit der Gemeinschaftspraxis in Mainz haben wir spezielle, einfach zu bedienende Benutzeroberflächen entwickelt. Sie berücksichtigen die komplexe Struktur der DICOM-Objekte und zeigen verschiedene Abstraktionsebenen der Objekte. Auf der höchsten Ebene steht der DicomEditor. Er übernimmt die Kommunikation mit dem Image Server und verwaltet Patienten, die zugehörigen Studien sowie deren Serien in drei Auswahllisten. Wird eine Serie angewählt, werden die Bilder am unteren Rand des Editors verkleinert dargestellt. Jede Notebook-Seite des rechts angeordneten Notebooks entspricht einem Information Entity, was die Struktur des DICOM-Objekts unterstreicht. Die einzelnen Attribute der dargestellten Information Entities können einfach abgeändert oder gesetzt werden, so daß Serien, die nicht DICOM-konform sind (weil erforderliche Attribute nicht gesetzt sind) in konforme Serien überführt werden können. Selbstverständlich können diese Änderungen im Image Server dauerhaft abgelegt werden. Damit der DicomEditor schnell in jeder Umgebung lauffähig ist, wurde der DicomConnectionConfigurator entwickelt. Hier kann der Benutzer aus einer Liste von SCUs und SCPs die gerade gewünschten leicht auswählen. Falls ein Eintrag nicht in der Liste enthalten ist, kann dieser in die einer XML-Syntax folgenden Konfigurationsdatei hinzugefügt werden. Ein SCP und ein SCU können als Default gesetzt werden und werden zukünftig als Parameter der Verbindung benutzt, falls der DicomConnectionConfigurat or nicht aufgerufen wurde. Abb.5: DicomConnectionConfigurator Die mittlere Ebene wird vom DicomSeriesEditor eingenommen, der nach der Auswahl einer Serie im DicomEditor geöffnet werden kann. Den größten Teil dieses Editors nimmt ein "Lichtbrett" ein, auf dem sämtliche Bilder verteilt werden. Der untersuchende Arzt kann die Bilder beliebig Abb. 6: DicomSeriesEditor vergrößern oder verkleinern. Außerdem kann er den Farbwert eines bestimmten Punktes bzw. den durchschnittlichen Farbwert seiner Nachbarschaftspunkte abfragen. Mit Hilfe eines roten Stifts kann er interessante Regionen markieren und diese Markierungen aus- und wieder einblenden. Zur Realisierung dieser Funktionalität haben wir das in DICOM beschriebene Overlay-Konzept verwendet, so daß die Markierungen problemlos im Image Server abgespeichert werden können. Im Falle einer Kontrast-Serie werden die Bilder auf dem Lichtbrett anders verteilt: Eine Spalte beinhaltet ein Volumen, in x-Richtung werden die Volumina zu verschiedenen Zeitpunkten abgelegt. Diese Anordnung hat den Vorteil, daß die die gleiche Region zeigenden Aufnahmen nebeneinander liegen und der Arzt signifikante Unterschiede sehr schnell erkennen kann. Als Hilfsmittel dient ihm das DicomHistogramm, das die Farbwerte eines Pixels (bzw. den durchschnittlichen Farbwert der Nachbarpixel) über die Zeit aufträgt. Auf der unteren Ebene ist der DicomImageEditor implementiert, der mit einem im DicomSeriesEditor markierten Bild geöffnet werden kann. Das Notebook auf linken Seite zeigt alle Attribute des Information Entities Image; jede Notebookseite zeigt ein dieses Information Entity aufbauendes IOM. Oberhalb des Bildes sind die Attribute WindowCenter und WindowWidth aus dem IOM VOI LUT für den Benutzer änderbar aufgetragen. Bei einer beliebigen Anpassung dieser Werte wird die Farbpalette des Bildes neu berechnet; die optimalen Werte können auch algorithmisch bestimmt werden. Der ursprüngliche und tatsächlich dargestellte Grauwert jedes Pixels läßt sich mit Hilfe eines Informations-Tools abrufen. So lassen sich beispielsweise bei CT-Bildern Rückschlüsse auf die tatsächliche Hounsfield Unit des aktivierten Pixels ziehen. Abb. 7: DicomImageEditor Einfache Bildverarbeitungsfunktionen helfen dem Arzt beim Befund: Eine Stift-Funktion ermöglicht es, an beliebigen Stellen farbige Markierungen anzubringen. Nützlich ist auch ein Werkzeug zur Distanzmessung, welches automatisch den Abstand zwischen zwei frei wählbaren Punkten im Bild ermittelt, diesen in den tatsächlichen umrechnet und ausgibt. Sämtliche Markierungen lassen sich einzeln wieder entfernen. Um eine bessere Analyse bestimmter Regionen zu ermöglichen bietet der DicomImageEditor die Option, einen Bildausschnitt beliebig zu vergrößern. Ausblick Die nächsten Schritte sind nun die Implementierung der SCP-Funktionalitäten, einer Wokflow Engine, eines Reporting Editors und der dafür benötigten DICOM Services. Ein Funktionalität des Reporting Editors wird eine Wissensmanagement-Komponente sein, welche es ermöglichen soll, das Wissen über die Standarduntersuchungen einer privaten Praxis zu modellieren. Diese Prozeßmodelle sollen in der täglichen Routine zur Unterstützung von jungen Radiologen und zur Generierung von normierten Befundberichten eingesetzt werden. Dabei werden Worklists für die Untersuchungen erstellt, welche vom befundenden Radiologen abgearbeitet werden. Einen besondere Stellenwert wird dabei die vollständige Integration einer solchen Komponente in den Routinebetrieb spielen. Dies soll durch verschiedene Abstraktionsebenen der Worklists ermöglicht werden. Der erfahrene Radiologe muß nur die einzelnen Schritte auf höchster Ebene abarbeiten, während für den unerfahrenen Kollegen Detailinformationen und Beispiele zu den einzelnen Schritten schnell greifbar sind. Referenzen [1] Integrating the Healthcare Enterprise IHE Technical Framework, Revision 3.0 Radiological Society of North America, http://www.rsna.org/IHE [2] ACR/NEMA Standard, Digital Imaging and Communications in Medicine ; NEMA Standards Publication PS3.x [3] From Image Management to Workflow Managment, Th. Wendel, Philips Research Hamburg, CARS 99 page 409 [4] DICOM Cook Book for Implementations in Modalities. Chapters 1 and 2. Version 1.1 (Accepted) 14 January 1997. Copyright Philips Medical Systems Nederland B.V., 1996, 1997. [5] http://dicomctn.wustl.edu/DICOM/ctn.html