Leseprobe - Jennifer Niemann (Tigerdragon)

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Leseprobe - Jennifer Niemann (Tigerdragon)
Leseprobe:
Der Zorn der Götter
Ein Buch von Jennifer Niemann
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


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Teil 2:
Was wirklich
geschah
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


Kapitel 1:
Sieg und
Niederlage
Die Siegesfeier:
Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war wie er
seine Schwerter tief in den Leib des Drachen Trywora
trieb und danach völlig erschöpft zusammenbrach und
wenig später vor dem Tempel in einem Lazarettzelt
erwachte. Seine schweren Verletzungen waren
versorgt und seine inzwischen vier Gefährtinnen saßen
bei ihm. Seine neue Aura aus Adamanzium fühlte sich
verdammt gut an. Endlich wieder eine stabile Aura, die
ihren Dienst nicht versagte. Er lag in diesem Zelt und
rührte sich, als die strahlenden Gesichter seiner
Freunde in sein Blickfeld kamen. Berios hatte damals
gesagt . . . . Wann war das bloß gewesen? Wann war
damals? Er konnte sich nicht erinnern, wie lange das
schon her war, doch er erinnerte sich genau an die
Worte . . . . " Guten Morgen, Dornröschen. Hast ja
lange geschlafen. Aber das hast du dir auch echt
verdient nach dem Kampf." Knagor sah den asurischen
Hauptmann verdutzt an. " Moment mal Berios. Immer
langsam. Soll das heißen, dass wir gewonnen haben und
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dass ich tatsächlich überlebt habe?" Berios grinste
und Morgon, der große Nordone sprach: " Wir haben
alle überlebt. Jedenfalls wir Hauptmänner. Und wenn
ich das mal so sagen darf, sind von unseren Männern
nur wenige gefallen, aber viele verwundet worden,
manche davon schwer. Die meisten Gefallenen waren
die Seelenkrieger, von denen am Ende nur noch Juria
selbst übrig war. Leider haben es nicht alle
Seelenkrieger zum Seelentor geschafft und sind für
immer ins Nichts verschwunden. Wenn ich ehrlich bin,
sogar der größte Teil von ihnen. Vulkanors Hallen sind
also so gut wie leer." " Hauptsache sie stehen noch.
Wie voll die sind, ist doch wurscht." Karias Stimme
erklang . . . . Oh wie wundervoll klang ihre Stimme,
doch er erinnerte sich nicht mehr, wann er sie das
letzte Mal vernommen hatte . . . . " Da hast du Recht,
Liebster. Hauptsache sie stehen noch. Füllen werden
sie sich wieder von ganz alleine." Nun trat Iken näher
und fragte: " Wie fühlst du dich eigentlich Knagor?"
Knagor lächelte. " Es geht so. Mir tut zwar alles
irgendwie weh und ich kann mich an nichts mehr
erinnern, was nach meinem Stoß in Tryworas Brust
passiert ist, aber sonst . . ." Osrik kam in sein Blickfeld
und grinste. " Ich habe mein Schwert genau in die von
dir gestoßene Wunde getrieben und damit ihr Herz
durchbohrt. Ohne deine Vorarbeit wäre ich nie so
leicht durch ihre Haut gekommen und hätte das Herz
vermutlich nicht getroffen. Danach haben wir das
Mistvieh noch geköpft und du bist erschöpft
zusammengeklappt. Juria hat dich in die Halle der
Gerechten getragen, während wir anderen leicht
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verletzten die anderen schwer verwundeten und vor
allem euch Juren dorthin geschleppt haben. Von euch
Juren war ja kein einziger mehr fähig, selber zu
laufen, außer Juria. Und da ihr alle so fertig wart und
wir nach dem Schleppen ebenso, hat Vulkanor uns alle
mit
einem
Hammerschlag
hier
zum
Tempel
transportiert. Allerdings sind Chaos und Kjirijari
verschwunden. Ich denke, sie sind bestimmt auf dem
Südkontinent, um wie versprochen das Gleichgewicht
der Elemente wieder herzustellen. Jedenfalls sind wir
jetzt seit knapp drei Wochen hier am Tempel und
erholen uns von der Schlacht." " Drei Wochen? Soll das
heißen, ich habe vor drei Wochen das letzte Mal etwas
gegessen?" Karia lachte. " War ja klar, Liebster. Du
liegst drei Wochen im Koma und das erste, was dir
dazu einfällt, ist dein leerer Magen." Leisa, Rhesa und
Dryana traten zu ihm. Knagor sah seine Mädels an.
Karia, eine wunderschöne Rotfüchsin. deren Fellfarbe
leicht ins feurig rote ging, Rhesa und Leisa zwei
schlanke Graufüchsinnen mit leichtem Rotschimmer im
Fell und Dryana, seine neuste Errungenschaft, eine
Wechselfüchsin, die ihr Fell von blau mit Rotschimmer
in flammend rot mit Blauschimmer wechseln konnte und
deren Temperament fast feuriger war als sein eigenes.
Knagor war ein stattlicher, dunkelgrauer Igel. Er
flirtete gerne mit Frauen und war ein absoluter
Frauenschwarm, auch bei Frauen aus anderen Clans war
er sehr beliebt und begehrt. Er war der Hauptmann
der Juren und selbst für einen Juren sehr groß
gewachsen und stark. Er war der Erbe der großen
Ahnen Bankara, Bakura, Jura, Jurin und Juria und
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konnte sie mit seiner bedrohlichen Aura wie auch mit
seiner Stärke bereits übertreffen. Knagor hatte als
einziger Igel der Geschichte mehr als eine Gefährtin,
denn auf der Reise damals gegen Sharon selbst und
dessen Stab des Gotteszorns war seine Aura
vollkommen zusammengebrochen und war lange Zeit sehr
instabil gewesen, sodass er zwei Gefährtinnen
benötigte, um seine Aura stabil zu halten und das Tier
in ihm zu zügeln. Leider wurde seine Aura während des
Kampfes gegen den Kometen des Terror und später auf
der Reise gegen Trywora vollkommen zerstört, sodass
Vulkanor ihm nun eine neue Aura aus unzerstörbarem
Adamanzium schmieden musste. Doch diese Aura
benötigte mindestens vier bis fünf Gefährtinnen,
wobei Dryana mit ihrem feurigen Temperament als
zwei Gefährtinnen zählen konnte. Knagor war ein
Vollblutjure, dem sein Volk und auch seine Krieger
nicht nur aus der Treue zum Hauptmann heraus
folgten, sondern aus Respekt, Ehre und freiem Willen.
Knagor war stolz auf seine Krieger, die so treu hinter
ihm standen. Iken, ein sehr großer und besonders
muskulöser, blauer Igel, war der Hauptmann der
Isaren. Er war bekannt für seinen gewaltigen
Kriegshammer, der sogar unter den Juren gefürchtet
war. Kein Isare vermochte den Hammer zu heben,
geschweige denn so zu schwingen wie Iken, der den
Hammer durch die Luft wirbelte, als würde er mit
einer Feder Fliegen verscheuchen. Wo Iken hinschlug,
wuchs wahrlich kein Grashalm mehr und die Erde bebte
dabei so sehr, dass es die Gegner glatt von den Beinen
holte. Seine Partnerin Ikara war eine schöne
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Blaufüchsin, deren Schönheit in ganz Akara bekannt
war. Morgon war ein sehr kräftiger, grüner Igel mit
einem flauschigen hellgrünen Bart, der ihm bis zur
Brust reichte. Er hatte sehr breite Schultern und war
sehr muskulös. Seine Minka war eine schöne
Rotfüchsin, die für nordonische Verhältnisse sehr zart
und schmächtig war. Sie war auch um einiges kleiner als
Morgon,
wodurch
er
neben
ihr
sehr
viel
beeindruckender und größer wirkte. Minka saß gerne
auf seinen Schultern, um größer zu sein, aber auch, um
ihm nahe sein zu können. Morgon war im Prinzip von
außen ein grober Klotz, doch wenn es um Minka ging,
konnte er sehr feinfühlig und zärtlich werden und
genau das liebte er an ihr. Er liebte es zärtlich, denn
unter der harten, muskulösen Schale steckte nämlich
ein sehr zärtlicher und sensibler, weicher Kern. Berios
war ein kleiner, hellgrüner Igel mit dunkelgrünem
Schnauzbart. Sein Schnurrbart war breit und glatt und
führte von der Oberlippe zunächst nach oben und
schwang sich dann in einem eleganten Bogen um den
Mund herum Richtung Bauch, wo er sich berührte und
dann elegant nach außen bog und wieder nach oben
wuchs, wo er in Höhe der Brust dünner wurde und
leicht gezwirbelt endete. Berios war ein recht kleiner
Igel, denn er gehörte zu den Asuren, dem
kleinwüchsigsten Clan der Igel. Seine geliebte Jona
war eine sehr schöne Blaufüchsin, die nur wenig kleiner
war, als er. Hauptmann Osrik war ein sehr ernster und
nachdenklicher, brauner Igel, der wie alle Sudaten
sehr groß und schlank war, was hauptsächlich an den
langen Beinen lag. Seine Gefährtin Nora war eine
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schöne Rotfüchsin, die es liebte Osrik aufzumuntern
und ihm immer wieder Mut zu machen, da er immer
wieder gerne an sich selbst zweifelte. Knagor
erinnerte sich noch genau daran, wie sie sich begegnet
waren und wie sie langsam Freunde wurden und nun
wollte er keines ihrer bisherigen Abenteuer missen. . . .
Doch wie lange war das letzte Abenteuer schon her?
Wann hatte er seine Freunde zum letzten Mal
gesehen? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Für einen
Moment öffnete er seine Augen und schaute in die
leere Einsamkeit seines Höhlengefängnisses. Metallene
Ketten machten seine Arme und Beine schwer. Er lag
auf einer Art Strohmatte und rechts von ihm befanden
sich Eisengitter, die vom Boden der Höhle bis zur
Decke reichten und diese Nische komplett absperrten.
Dahinter war ein schwach beleuchteter Gang. In seiner
Art Zelle stand ein einzelner Eimer für seine Notdurft
und ansonsten gab es hier nur diese Strohmatte. Er
schloss die Augen wieder und lag wieder im
Lazarettzelt bei seinen Freunden . . . .
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Es dauerte noch einige Tage, bis Knagor sich wieder
völlig erholt hatte und endlich aus dem Lazarettzelt
heraustrat. Oberst Klars und die anderen Juren saßen
alle vor dem Lazarettzelt, einige noch immer in dicken
Verbänden. Plötzlich bemerkte er die Lücken in den
Reihen seiner Männer. " Wo ist Oberst Karim?" die
Juren zogen die Köpfe ein. " Oberst Klars? Wo ist
Oberst Karim? Wo ist mein Sohn?" Klars erhob sich
und Knagor bemerkte den schweren Verband um seine
Brust. " Es tut mir leid, Hauptmann. Oberst Karim,
euer Sohn, ist in der Schlacht gefallen. Und ich
fürchte seine Seele hat es nicht in Vulkanors Hallen
geschafft." Knagor schüttelte den Kopf. " Nein. Das
kann nicht sein. Nicht mein Sohn." Klars legte seinen
gesunden Arm um Knagors Schulter. " Es tut mir leid
Hauptmann." " Nicht mein Sohn. Das darf nicht sein.
Nicht Karim!!!!" Knagor war den Tränen nahe, doch noch
wollte er es nicht wahrhaben. " Doch Hauptmann. Ich
selbst habe gesehen, wie er fiel." Knagor sank auf die
Knie und Tränen liefen über sein Gesicht. " Nicht
Karim. Nicht mein ganzer Stolz, mein Erbe. Das kann
nicht sein, das darf nicht sein. Nicht mein Sohn!!!!!" Die
anderen Juren konnten Knagor sehr gut verstehen.
lange hatte es gedauert, bevor Knagor endlich seinen
ersten Sohn in den Armen hatte. Karim, sein ganzer
Stolz. Ein Erbe Jurias durch und durch. Schon als Kind
hatte sich Karim schnell Respekt verschafft und war
sehr früh schon in die Fußstapfen seines Vaters
getreten. er wäre ein würdiger Erbe gewesen, ein
würdiger Nachfolger. Knagor zweitältester Karibor
war ein echter Waschlappen, der sogar vor einer
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kleinen Spinne flüchtete und seine Schwester ständig
im Stich ließ, statt sie zu beschützen. Knagors beiden
Zwillinge waren noch zu jung und zu klein, um sie zu
beurteilen, doch Karim war Knagors Liebling, sein
ganzer Stolz gewesen, besonders nachdem sich Karim
bis zum Oberst der Elite gekämpft hatte. Oberst Klars
hockte sich neben Knagor. " Ich kann euch mitfühlen,
Hauptmann. Auch mein Sohn und meine Tochter haben
diese Schlacht nicht überlebt. Ebenso der Sohn und
die Tochter von Oberst Karslip. Beide tot, ebenso
Hauptmann Osriks Tochter Ariia und sein Sohn
Aarlong. Außer ihnen gab es nur noch zwei weitere
jurische Opfer und einige gefallene Asuren. Ich weiß,
wie sehr ihr euren Sohn geliebt habt und dass er euer
ganzer Stolz war. Er war ein Krieger, wie man ihn sich
nur als Sohn wünschen konnte. Aber der Preis für
unsere Welt war dieses Mal auch besonders hoch.
Wenn die Seelenkrieger uns nicht unterstützt hätten,
wäre keiner von uns je wieder zurückgekehrt. Sie alle
haben sich für uns geopfert, denn sie waren bereits
tot und hatten bereits viele Jahrhunderte in Vulkanors
Hallen gelebt. Sie haben sich geopfert, damit möglich
wenige von uns sterben, auch zu dem Preis, nie mehr in
die Hallen zurückzukehren. Dabei muss ich sagen, dass
ich den Eindruck hatte, dass einige von ihnen froh
waren, nicht mehr sein zu müssen. Die Ewigkeit ist eine
lange Zeit und immer nur arbeiten und trainieren wird
wohl auf Dauer auch langweilig. Vielleicht sollte
Vulkanor doch mal darüber nachdenken, die Igelseelen
nach einer gewissen Zeit in seiner Halle zu reinigen und
wieder in ein neues Leben zu entsenden." Knagor sah
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Klars an. " Warum musste es Karim sein? Warum
musste mein Sohn sterben, während ich noch immer am
Leben bin? Kein Vater sollte seinen Sohn zu Grabe
tragen." Dia anderen Hauptmänner, die alles
mitbekommen hatten traten zu Knagor und Osrik sagte
nur: " Dasselbe könnte ich ebenso sagen, Knagor. Und
Aarlong war mein einziger Sohn. Aber selbst meine
Tochter Ariia ist nicht zurückgekehrt, da leider auch
Offizier Kenstrip, der Sohn meines Oberst Karslip, in
der Schlacht gefallen ist." Knagor sah ihn verdutzt an
und fragte: " Und was ist mit Argon und Sophaja?"
Osrik sah ihn betrübt an. " Sie waren leider mit die
ersten Opfer meines Landes, als Trywora die Elemente
versiegen ließ und die Lebensmittel anfingen, beim
Ernten zu vergammeln." Knagor senkte den Kopf. " Das
tut mir leid. Aarlong war ein guter Junge." " Danke,
Knagor. Das gilt auch für den guten Karim. Aber
zumindest hab ich jetzt wieder einen Anreiz, meine
Nora so richtig ordentlich durchzupflügen. Natürlich
würde ein neuer Sohn meinen Aarlong niemals ersetzen
können, aber zumindest hätte ich dann wieder einen
Erben." " Tut mir leid, Osrik. Ich habe nur an mich und
meinen Verlust gedacht, weil ich so gehofft hatte,
dass Karim einmal meinen Platz einnehmen würde.
Karibor ist eine echte Enttäuschung. Da wäre selbst
seine Schwester eine bessere Wahl. Karibor ist sogar
schlimmer als ein kleines Mädchen. Eine kleine Spinne
an der Zimmerwand und Karibor ist in ganz Ostia nicht
mehr aufzufinden, außer man folgt dem einzigen
Weibergekreische der ganzen Stadt. Ich habe noch
keine Frau und kein Mädchen dermaßen hysterisch
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kreischen hören, wie meinen Sohn Karibor, wenn der ne
kleine Wüstenweberspinne gesehen hat, und die
Viecher sind grade mal so groß wie ein Stecknadelkopf.
Da war selbst Morgons Panikanfall harmlos gegen, denn
immerhin waren das ja Riesenviecher. Bei so einer
Wüstenweberspinne muss man ja dreimal hinsehen, um
die überhaupt zu erkennen." Morgon lachte. " Na also
bei so nem kleinen Vieh würde ich zwar auch Minka
bitten, sie wegzumachen, aber hysterisch kreischen?
Diese normalen kleinen Spinnen mag ich zwar auch
nicht sonderlich, aber deswegen krieg ich da noch
lange keine Panik. In der Prüfung hab ich nur deshalb
Panik gekriegt weil die Biester auch noch so riesig
waren. Also alle Achtbeiner, die größer sind als diese
dicken Kreuzspinnen sind mir eindeutig zu groß und da
gehe ich auch mal auf Flucht, aber Panik erst wenn die
größer sind als meine Handflächen. Und die bei der
Prüfung waren ja Schulterhoch teilweise." " Karibor
flippt schon bei einer Wüstenweberspinne schlimmer
aus als du bei den Riesenviechern, Morgon." " Ohje.
Das ist wirklich nicht sonderlich." " Meine ganzen
Hoffnungen liegen jetzt also auf den beiden
Zwillingspaaren Meiko, Reiko und Kastor und Keldorn.
Doch meinen Karim kann keiner ersetzen. Er war
einfach unersetzlich, ein würdiger Erbe." Klars nickte
und auch ihm traten die Tränen in die Augen. " So wie
mein Klarslet. Ich war so stolz, als er zum dritten
Oberst ernannt wurde. Nun bin ich wieder der einzige
Oberst der Elite neben Oberst Marik, der ja immer
eure Vertretung in Ostia übernimmt." Knagor nickte
betrübt. " Er war ein vielversprechender Junge. Aber
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ich denke, ich werde diese Posten nicht neu besetzen.
Ich denke ein Oberst der Elite und ein Oberst als
meine Vertretung sollten ausreichen. Damit hätten wir
einen Elite-Oberst, drei Elite-Offiziere und vier EliteKäpten, wobei wir da eventuell noch zwei hinzufügen
könnten, sodass jeder Elite-Offizier jeweils zwei
Käpten unter sich hat." " Von mir aus gerne,
Hauptmann. Hauptsache ich bleibe euer erster Mann."
Knagor lächelte wieder und erhob sich. " Das werdet
Ihr immer sein, Oberst Klars. Selbst dann, wenn ihr
nicht mehr mein Oberst sein solltet, werde ich keinen
anderen an meiner Seite annehmen." Klars kam eine
Träne der Rührung, die er jedoch sofort aus dem Auge
wischte. Knagor lächelte. Noch ganze drei Tage blieben
sie am Tempel, als Morgon, Berios, Osrik und Iken ihre
Leute sammelten und mit Knagor und seinen Juren
gemeinsam durch die Wüste nach Ostia zogen. Ostia
war eine wunderschöne Stadt im orientalischen Stil mit
Sandsteinhäusern mit goldenen Zwiebeldächern auf
tonfarbenen Sockeln. Ostia hatte eine gewaltige
Arena, die das römischen Kolosseum locker in den
Schatten stellte, und eine gewaltige Kathedrale weit
mächtiger als die Notre Dame mit einer riesigen
Glocke aus Adiamant, einem Felsgestein, der wie
Kristall aussah und nur an seinem Bestimmungsort
unzerstörbar. Der Klang der Glocke ließ jedes noch so
schöne Glockenläuten schrill erscheinen. Es war die
Götterglocke, das letzte Vermächtnis aus Batasuma,
dem ehemaligen Königreich der Juren. In Ostia
angelangt, kam großer Jubel vom Tor aus, als der
Torwächter die Ankunft der Helden verkündete. Durch
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Ordensbruder Karek hatten die Juren erfahren, auf
welch gefährliche Reise ihr Hauptmann gegangen war
und nun waren sie hocherfreut, als sie ihn sahen. An
der Spitze der Heldentruppe. Die Tore Ostias
öffneten
sich
und
Morgon
sah,
wie
sie
einhundertzwanzig Juren damit abmühten. Und wieder
mussten die anderen Hauptmänner feststellen, dass
die Juren unter der Kleidung ganz schöne Muskeln
versteckten, dafür dass sie so schmächtig waren.
Scheinbar besaßen sie tatsächlich weit mehr Muskeln
als Fett, sodass ihre ganze Statur einzig aus Muskeln
bestand, während bei den Nordonen doch auch ne
Menge Fett für ihre enorme Breite und Größe sorgte.
Die Nordonen trugen die Muskeln mehr nach außen,
damit sie darunter Fett speichern konnten, um sich vor
der Kälte zu schützen. Die Juren aber brauchten kein
Fett, sondern trugen stattdessen stahlharte Muskeln,
die man unter der Kleidung und der imposanten Rüstung
gar nicht erkannte. Doch jeder Jure hatte sein
Sixpack an Bauchmuskeln und sehr kräftige
Oberschenkelund
Brustmuskeln.
Auch
die
Oberarmmuskeln waren nicht zu verachten. Die Juren
am Tor waren alle oben ohne, sodass man ihre Muskeln
deutlich sehen konnte. Morgon staunte. " Meine Güte.
Die mühen sich ganz schön ab mit dem Ding und sowas
nennt ihr Juren Training." Knagor grinste. " Die Not
macht erfinderisch. Ich dachte mir, ob wir nun sechzig
Tonnen Titan schieben, was nur schwer zu reparieren
ist, oder einhundert Tonnen Stahl, was viel besser hält
und leichter zu reparieren ist, war dann egal. Dann
wurden eben die Einheiten am Tor verstärkt, um das
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Ding zu bewegen. Aber deswegen öffnen wir es
gewöhnlich auch nur morgens und schließen es am
Abend. Eure Tore sind ja immer geschlossen, wenn ihr
nicht gerade jemanden hereinlasst. ihr öffnet und
schließt eure Tore ja viel häufiger am Tag. Aber ich
brauche ja hier in der Wüste nicht zu befürchten,
dass ungebetene Gäste reinkommen. Wir wissen, wann
unsere Händler ankommen oder abreisen. Und während
das Tor offen steht, haben wir ganze vier Einheiten,
die ununterbrochen Wache stehen. Aber welcher Feind
kommt schon durch die Wüste? Dazu müsste der Feind
erstmal an unsere Küsten gelangen, die ja von Iken
bewacht werden und dann müsste der sich erstmal
entweder durch Sudin oder durch Nordin kämpfen.
Und ich denke, dass ihr da auch noch ein Wort
mitzureden habt. Wer würde denn schon direkt in
einer Wüste anlegen? Außerdem wird wohl kaum ein
Feind damit rechnen, dass ausgerechnet in der Wüste
jemand lebt. Und wenn doch steht er vier Einheiten
meiner besten Kämpfer in Topform gegenüber. Die
können den Feind lange genug aufhalten, bis das Tor
verschlossen ist. Nur wenn bereits eine Armee vor dem
Tor lagert, würde ein Ausfall natürlich eine Einladung
für den Feind werden. Bis das Ding offen ist, um den
Ausfall zu machen, wären die ersten Feinde bereits in
der Stadt. Wir Juren müssen also eher fürchten, dass
die Gegner durch den Hafen kommen. Die Wüste wäre
kein guter Weg, um Ostia anzugreifen außer man hat
Isaren auf seiner Seite, die unseren Hafen stürmen
könnten. Durch die große Weite kann man jede
anmarschierende Armee rechtzeitig erkennen, wenn
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nicht gerade ein Sandsturm herrscht. Aber in einem
Sandsturm auf die Stadt zu marschieren ist glatter
Selbstmord. Das würde nicht einmal ich wagen. Ihr
seht also. Ostia ist selbst mit tagsüber offenen Toren
bestens geschützt." " Das sehe ich ein, Knagor." So
kehrten sie siegreich in die Stadt der Juren ein.
Rechts und links der Hauptstraße, die vom Tor zum
Hafen und dann zur Kathedrale führte, standen
tausende von Juren und Jurinnen und jubelten den
siegreichen Helden zu. Sogar Blumen wurden auf die
Straße geworfen und über die Helden hinweg. Alles
jubelte und Knagor bezweifelte, dass auch nur ein Jure
auf Posten stand. Auch das Volk war versammelt, um
die Helden zu begrüßen. Die Juren reckten die Brust
und schritten in fester Formation stolz und würdevoll
hinter ihrem Hauptmann her, der wie seine Männer
einen stolzen und grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht
hatte. Auch die Isaren, Nordonen, Sudaten und Asuren
versuchten
möglichst
würdevoll
und
stolz
einzumarschieren, doch gegenüber den Juren sahen
ihre Versuche eher kläglich aus. Doch das Volk und die
Juren in den Zuschauerreihen würdigten ihnen dadurch
nicht weniger Respekt. Die jurischen Krieger waren
nunmal immer schon die imposantesten Igel gewesen.
Knagor und seine Freunde erreichten bald den Platz
vor der gewaltigen Kathedrale. Es war eine gewaltige
Kathedrale im orientalischen Stil gehalten und aus
Sandstein erbaut. Der Glockenturm war ein offener
Raum, dessen tonfarbener Sockel für das Zwiebeldach
aus Gold von einem Außenring aus Sandsteinsäulen
getragen wurde. Auch das große Hauptgebäude war mit
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einem großen Zwiebeldach aus Gold auf einem
tonfarbenen Sockel überdacht. Vor der Kirche gab es
einen weiten Platz, der mit Beeten von Wüstenblumen
verschönert war. Daneben stand das eher schlichte
Bruderhaus. Dryana war vollkommen überwältigt von
der Schönheit der Stadt. Schon am Tor hatte sie sich
auf den Boden gehockt und den feinen Sand durch ihre
Finger rieseln lassen. Sie war eben eine Jurin, der die
Sehnsucht nach der Wüste im Blut geschrieben stand.
Endlich war sie daheim in ihrer wahren Heimat. Als sie
den Platz erreichten, waren bereits viele Juren dabei,
den Platz für ein großes Fest vorzubereiten. Es wurden
Tische und Bänke aufgestellt. in der Mitte brannte ein
großes Feuer, über dem mehrere Arten Fleisch
gebraten wurden. Man konnte ein Schwein, eine Ziege
und zwei Strauße erkennen. Knagor war erstaunt. " Ui.
Diesmal könnt ihr mal Straußenfleisch probieren. Da
die Viecher schwer zu züchten sind und wir daher
meist nur ihre Eier verzehren, ist Straußenfleisch sehr
selten bei uns und wertvoll. Aber ich sehe auch ein
Salzwasserkrokodil und ein Känguru, die sind noch
seltener bei uns und leben nur am Randgebiet Jurias
am Fuße der Berge. Solch seltene Köstlichkeiten
tischen wir nur zu ganz besonderen Ehren auf. Wie es
aussieht, haben sie sogar einen Berghöhlenlöwen
besorgt. Sehr zartes Fleisch aber schwer zu
erwischen, die Biester und noch schwerer zu erlegen.
Nur die mutigsten und stärksten Juren wagen sich an
so ein Biest." Als sie nun das Ende der Gasse aus
Zuschauern erreichten, trat Ordensbruder Karek vor.
" Willkommen, Hauptmann Knagor. Ich sehe, dass auch
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diese Reise scheinbar große Verluste mit sich gebracht
hat, doch es betrübt mich sehr, dass es dabei gleich
zwei eurer Oberst erwischt hat, noch dazu euren
eigenen Sohn. Doch ich spüre auch eine neue Aura an
euch und sehe eine vierte Gefährtin an eurer Seite."
Knagor nickte und sagte so, dass es auch das Volk
vernahm: " Auf dieser Reise sind jene Verluste, die wir
hatten, weit mehr als nur groß, denn jene, die wir
verloren haben, werden nie in Vulkanors Hallen treten
können. Diese Reise war die schlimmste von allen, denn
diesmal traten wir gegen ein Wesen an, vor dem sich
selbst die Götter fürchteten. Da unsere Götter
magische Wesen sind, waren sie nicht fähig, die
Kreatur selbst zu bekämpfen. Die Schatten dort
hätten sie verschlungen, sobald sie die Schwelle
übertreten hätten. Nur wir nichtmagischen Wesen
konnten die Grenze überschreiten und die Kreatur
herausfordern. Den letzten Götterdrachen, der durch
die Schatten verdorben ward. Auf dieser Reise
mussten wir ein großes Opfer bringen und unsere
eigenen körperlichen Grenzen überschreiten. Die
Prüfungen und Kämpfe auf der Reise selbst forderten
alles von uns, was wir an Stärke und Kraft besaßen und
ich muss zugeben, dass ich fast den ganzen Weg über
kampfunfähig war, weil ich in jenen Kämpfen, die ich
schlug schwer verwundet wurde und meine Aura mal
wieder rumzicken musste. Der große Vulkanor selbst
schmiedete mir eine neue Aura aus unzerstörbarem
Adamanzium, dem Göttermetall. Doch diese starke
Aura braucht mindestens vier bis fünf Gefährtinnen
um mein Feuer zu zügeln, das selbst für die Götter zu
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heiß geworden ist. Aus diesem Grund werden mich nun
diese vier Damen als Gefährtinnen begleiten, wobei
man meine neuste Errungenschaft Dryana mit ihren
flammenden Fell durchaus als zwei Frauen zählen darf
und das meine ich wörtlich." Knagor unterbrach kurz,
während die Zuhörer leise kicherten. " Dafür wird
diese Aura nicht mehr rumzicken oder instabil werden.
Die Reise war hart und beschwerlich und viele Krieger
fielen ohne je das Ziel der Reise erreicht zu haben.
Auch die Prüfungen waren so hart, dass wir weit über
unsere Grenzen hinausgehen mussten. Doch in der
Terrorwelt selbst tobte die wahre Schlacht. Wären
die Seelenkrieger aus Vulkanors Hallen nicht mit uns in
diese Schlacht gezogen, wäre keiner von uns lebend
zurückgekehrt. Sie haben sich für und geopfert und
nur wenige hundert Seelenkrieger konnten nach ihrem
Fall durch Sharons Seelentor in die Hallen Vulkanors
flüchten. Viele Seelenkrieger sind gefallen und haben
ihre Seelen an die Schatten verloren. Dasselbe gilt für
all jene von uns, die in der Terrorwelt gefallen sind.
Ich werde meinen Sohn niemals in den Hallen Vulkanors
finden können, denn auch seine Seele verschwand in
den Schatten, als er fiel." Knagor stockte einen
Moment und kämpfte gegen einen Schwall der Trauer
an. Das Volk und die Juren schwiegen, denn sie
wussten, wie sehr Knagor seinen Sohn Karim geliebt
hatte und verstanden seine Gefühle mehr als gut.
Knagor atmete tief ein und verkündete: " Dennoch
haben wir das Biest besiegt. Der Preis für diesen Sieg
war hoch, doch wir haben ihn erhobenen Hauptes
gezahlt und gesiegt. Trywora ist vernichtet und die
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Terrorwelt endgültig in den Schatten verschwunden.
Vor knapp fünf Wochen dann kehrten wir dank
Vulkanor aus den Hallen der Gerechten in Jurymas
Gericht zum Tempel zurück, diesmal ohne die Kübelei
über der Reling, doch wir alle waren erschöpft und
brauchten diese fünf Wochen, um uns zu erholen,
wobei ich wohl drei dieser Wochen im Koma gelegen
habe, nachdem ich Trywora meine Schwerte in die
Brust rammte und so den Weg für Hauptmann Osriks
langes Schwert freimachte, sodass er ihr Herz
durchbohren konnte. Aber auch wenn meine Schwerter
für den finalen Schlag zu kurz waren, so kann ich doch
mit Stolz sagen, dass der große Juria sich mir
untergeordnet hat und dass er es war, der meinen
erschöpften Körper vom Kampffeld getragen hat, wo
die Schatten bereits begannen, mir meine letzte
Lebenskraft auszusaugen. Doch den genauen Verlauf
dieser Reise werden wir gerne bei schöner Musik und
gutem Essen erzählen, denn mir ist nach feiern
zumute. Lasst uns unseren Sieg feiern und dabei
unsere Reise noch einmal in vollen Zügen genießen." Und
so begann das gewaltige Fest. Und als die Geschichte
der Reise in allen Details erzählt worden war und das
Essen begann, wurde orientalische Musik gespielt und
die Jurinnen tanzen ihre berühmten Bauchtänze. Auch
Dryana wagte sich auf die Bühne und ihr feuriges
Temperament ließ sämtliche Juren aufblicken,
besonders als sie ihr blaues Fell mit Rotschimmer in
feurigrot mit Blauschimmer wechselte. Dryana sah aus,
als würde ihr Fell in Flammen stehen und als Knagor die
Blicke der jurischen Männer bemerkte, gab er ein sehr
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lautes und bedrohliches Knurren von sich, um sie daran
zu erinnern, wessen Gefährtin sie gerade mit ihren
Blicken entkleideten und in Gedanken zu Bett führten.
Sofort zuckten die Juren zusammen, denn sie hörten
sofort, dass Knagors Bestie sehr viel stärker war als
vor der Reise und dass sein Feuer um einiges heißer
war als zu der Zeit, als er zum Tempel aufbrach, weil
es in Juria geschneit hatte. Knagor war immer schon
der gefährlichste Jure gewesen, doch nun war er noch
sehr viel gefährlicher als je zuvor. Und dabei war er
sogar noch bester Laune und hatte noch längst nicht
seine ganze Bedrohlichkeit freigesetzt. Aber die
Juren merkten auch deutlich, dass er trotz allem noch
nicht wieder vollkommen fit war. Erst jetzt wurde
ihnen wirklich klar, wie viel diese Reise ihrem
Hauptmann abverlangt hatte. Natürlich waren alle
Juren vollauf begeistert, als die Stelle der Erzählung
kam, an der ihr Hauptmann dem Wolfszomb mit
erhobenem Schwert gegenüberstand, obwohl er längst
nicht mehr bei Bewusstsein war. Doch erst jetzt wurde
ihnen bewusst, was das bedeutete und dass ihr
Hauptmann auf dieser Reise dem Tode stets näher war
als dem Leben. Umso stolzer machte es sie, dass er
gesiegt hatte und lebend zurückgekehrt war. Nach
diesem feurigen Tanz, der auch Knagor ordentlich
aufgeheizt hatte, traten alle Juren vor ihn, ob Jure,
Jurin oder noch Kind und wiederholten den
Treueschwur auf Knagors Blutserbe, wie es auch seine
Elite auf der Reise getan hatte. Und da sie den Schwur
auf ihr Blut sprachen, banden sie auch all jene an
Knagors Blutserbe, die verstoßen waren oder zu den
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Ausgestoßenen zählten, welche nur die Nachkommen
von Verstoßenen waren. Nur jene Verstoßenen und
ausgestoßenen, die keine Familie mehr in Juria hatten,
blieben von diesem Blutschwur verschont. Doch wie
Knagor von Bruder Karul gehört hatte, hatten alle
jurischen Ordensmitglieder und jene der Ordensgarde,
die nicht selbst verstoßen worden waren oder reumütig
waren, diesen Schwur für sich bereits ebenfalls
abgelegt, sodass also auch alle Juren in Aarlaan an
Knagors Blut gebunden waren. Doch dies behielt er für
sich. Knagor nahm den Schwur seines Clans an und die
Feier ging in die nächste Phase. Die Juren rollten einen
gewaltigen Stein herbei und Knagor ließ nun die Namen
all jener darauf einmeißeln, die diese Reise beschritten
hatten, einschließlich derer, die sie nicht überlebt
hatten. Dann verkündete er stolz: " Auf diesem
besonderen Ehrenstein stehen nun all jene, die für alle
Zeiten nicht mehr vergessen werden als jene, die alles
riskierten, um unsere Welt zu retten und als jene, die
alles opferten, um uns hier das Überleben zu
ermöglichen. Mögen sie und ihre Nachkommen diese
Ehre annehmen und auf viele Generationen tragen."
Knagor sah auf den Stein und entdeckte den Namen
seines Sohnes unter denen, die ihre Seele in der
Terrorwelt geopfert hatten. Doch er wagte es nicht,
seine Trauer offen zu zeigen, obwohl alle seinem Blick
auf den Stein gefolgt waren und ahnten, was ihn
beschäftigte. So ging die Feier fröhlich weiter mit
Musik, Tanz und jeder Menge Bier, Wein und Schnaps.
Die Jurinnen zeigten ihre Bauchtänze, die Sudaten
schwangen das Tanzbein im Sudatenjango, die Isaren
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grölten ihre Seemannslieder, während sie wie besoffen
im Isarenschwipper über die Tanzfläche torkelten. Die
Asuren tanzten ihren komplexen Asurenhopper und die
Nordonen bewiesen ihre Körperbeherrschung und
Muskelkraft im Nordonenrapper. Aber auch einige
Juren wagten sich auf die Tanzfläche und zeigten den
komplizierten und extrem erotischen Jurentripper,
einen sehr schwungvollen erotischen Tanz mit
Steppeinlagen, den es auch als Doppel mit zwei
Tanzpartnerinnen oder sogar als Dreier gab mit drei
Tanzpartnerinnen. Es gab sogar einen Vierer und einen
Fünfer, doch bisher hatte noch kein Jure diese beiden
Tänze gemeistert. Doch Knagor fiel auf, dass Oberst
Karslip diesmal nicht beim Sudatenjango mitmachte
und setzte sich zu ihm. Karslip saß vor seinem Bier und
seinem Zustand nach war es erst sein erstes Bier.
Doch statt zu trinken und zu feiern, grübelte er tief in
Gedanken und stocherte lustlos in seinem Essen. Da
fiel Knagor ein, dass auch Oberst Karslip seinen
einzigen Sohn in der Schlacht verloren hatte. Knagor
legte seine Hand auf Karslips Schulter und dieser sah
Knagor an. " Was nützt mein Name in Stein gemeißelt,
wenn es keinen Erben gibt, der ihn lesen kann und der
meinen Namen mit Stolz als seinen Ahnen benennt?
Kenstrip war alles, was ich hatte und ich fühle mich
schuldig, dass die Tochter meines Hauptmannes
gestorben ist, nur weil sie mit meinem Sohn
verheiratet war." Knagor nickte ihm zu. " Auch wenn
Karim nicht mein einziger Sohn war, so kann ich euch
dennoch verstehen, denn Karim war mein ganzer Stolz,
mein ein und alles. Ich würde Vulkanor meine Seele
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opfern, wenn er mir dadurch meinen Sohn zurückholen
könnte. Ich würde mir unehrenhaft das Leben nehmen,
wenn ich so meinen Sohn zurückbekäme, doch er weilt
nicht in Vulkanors Hallen, sodass ich ihn selbst dann
nicht wiedersehen werde, wenn ich in die Hallen
eintrete." Karslip nickte. " Und das mit Ariia ist nicht
eure Schuld. Dieser Sieg hatte einen verflucht hohen
Preis und wir alle waren uns dessen bewusst, als wir
durch das Tor geschritten sind. Wir alle wussten, dass
nicht alle von uns zurückkehren würden, wenn
überhaupt jemand die Schlacht überleben könnte. Uns
war von Anfang an klar, dass diese Schlacht unser
Ende bedeuten konnte und dennoch sind wir dem Ende
entgegengegangen. Unsere Söhne kannten den Preis
ebenso wie wir und haben ihre Entscheidung getroffen.
Sie waren bereit, diesen Preis zu zahlen, damit wir
überleben und siegen konnten. Jetzt müssen wir ihr
Opfer ehren und unser Leben weiterleben, denn sonst
wären sie umsonst gestorben. Ihr Opfer darf nie
vergessen werden und es darf nicht umsonst gewesen
sein. Auch wenn es für uns beide nicht leicht ist. Wir
dürfen weder Schuldgefühle haben, noch ihr Opfer
beschmutzen, indem wir uns in Trauer zerfressen. Wir
bedauern ihren Tod und trauern um sie, doch wir
müssen unser Leben trotzdem auch weiterleben. So ist
das Leben nunmal. Jederzeit kann der Tod eintreffen
und egal wie mutig man ihm entgegentritt, manchmal
kann man ihm dennoch nicht entkommen." Karslip nickte
dankbar. " Ich danke euch, Hauptmann. Ihr habt völlig
Recht. In Trauer und Trübsal zu versinken macht es
nicht leichter und würde meinen Sohn nur beschämen,
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der so eifrig mit mir wetteiferte und mich darin
geschlagen hat, dass er sehr viel eher die Ehre eines
Zweikampfes mit euch bekam. Ich habe das Gefühl, als
hätte ich all die Zeit, die ich in seine Ausbildung
gesteckt habe, verschwendet." " Geht mir nicht
anders. Doch wenn diese Ausbildung verschwendet
gewesen wäre, wären sie nie soweit gekommen und
wären nie fähig gewesen sich für uns und unsere Welt
zu opfern." " Da habt Ihr auch wieder Recht. Daran
habe ich gar nicht gedacht. Aber dennoch. Wäre ich
konzentrierter gewesen, hätte mein Sohn nicht
dazwischen gehen müssen. Aber ich war einen Moment
lang abgelenkt und Trywora hätte mich voll erwischt,
wenn mein Sohn und Ariia nicht dazwischen gegangen
wären. Ich habe noch versucht, ihn wegzutragen, aber
er starb in meinen Armen. Aber dafür habe ich diesem
Drecksvieh den verfluchten Hals abgesäbelt. Ein
einziger Hieb mit all meiner Wut und Kraft geführt
und der verfluchte Hals fiel von ihrem zuckenden Leib
wie der Schwanz eines Salamanders." Knagor nickte
und sagte: " Ihr habt eure Rache gehabt und ich die
meine, indem ich meine Schwerter in ihre Brust stieß
und so den Weg für Osriks längeres Schwert öffnete.
Doch ich konnte meine Rache nicht als solche genießen,
denn ich erfuhr erst am Tempel vom Tod meines
Sohnes. Mein Herz schreit ebenso nach Rache, doch
die Schuldige ist bereits vernichtet. Allerdings kann
mein Herz dennoch keinen Frieden finden, weil ich
keine Chance hatte, wirklich Rache zu üben. Ich weiß
noch nicht einmal genau, wie er gefallen ist." Karslip
bemerkte den bitteren Unterton und sah Knagor an,
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der den Tränen nahe war. Dann erinnerte sich Karslip,
dass Knagor schon einmal einen Sohn verloren hatte
und dass Karim ursprünglich auch ein Zwilling gewesen
war, dessen Bruder noch vor der Geburt verstarb. Nun
legte er Knagor die Hand auf die Schulter. " Trinken
wir einen Schluck zusammen. Auf unsere Söhne, auf
das ihre Namen nie vergessen werden so wie ihre
Taten." Knagor nickte und so tranken sie gemeinsam.
So feierten sie bis der Morgen graute und die Sonne
langsam über die Dächer aufstieg. Als die Sonne dann
endlich auf die Adiamantglocke schien, erstrahlte
diese wie ein Diamant und warf überall auf die
Hauswände und den Boden bunte Lichtflecken wie eine
Diskokugel. Der Anblick war atemberaubend. Knagor
bemerkte erst jetzt, dass es schon Morgen war. Viele
Juren lagen stockbetrunken unter den Tischen und
schnarchten laut oder ritten gerade ihre Gefährtinnen
zu. Auch die Sudaten, Nordonen, Isaren und Asuren
lagen teilweise auf den Tischen oder quer über den
Boden verteilt. Knagor sah sich um und entdeckte
tatsächlich noch ein paar Krieger, die nicht völlig zu
waren. " Hey! Ihr da. Antreten, aber flott!" Sofort
eilten die jungen Ritter zu ihrem Hauptmann, voller
Stolz, von ihm einen direkten Befehl erhalten zu
dürfen. " Jawoll, Hauptmann. Was können wir für euch
tun?" " Ihr könnt dafür sorgen, dass alles reibungslos
verläuft, wenn wir die Feier jetzt mal beenden. Sorgt
dafür, dass die Bevölkerung gesittet nach Hause geht
und schaut mal, ob ihr zumindest einige unserer Gäste
in die Gaststube bringen könnt. Wenn ihr die Nordonen
nicht wachbekommt, dann lasst sie liegen. Versucht
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nicht, euch mit denen abzuschleppen. Vielleicht können
euch einige auch helfen, ihre Kameraden in die Stube
zu bringen. Ich fänd s unhöflich, unsere Gäste hier auf
dem Boden liegen zu lassen. Und sorgt dafür, dass die
betrunkenen Juren wieder zu sich kommen und sich
benehmen." " Jawoll Hauptmann." Sofort eilten sie los
und machten sich an die Arbeit. Knagor hatte
inzwischen auch ein wenig zuviel intus und machte sich
erstmal auf die Suche nach seinen Mädels. Er fand sie
nicht weit von den Frauen seiner Freunde, wo sie
gruppiert um Minka herumstanden. Knagor merkte
sofort, dass etwas nicht stimmte. Minka roch nach Blut
und weinte bitter. Knagor trat näher und Minka zuckte
zusammen. sofort standen Karia und Leisa mit dem
Stab vor ihr. " Hey. Mädels. Ich bins nur." " Oh.
Knagor. Entschuldige, aber Minka ist während der
Feier leider einem sehr paarungswütigen Juren zum
Opfer gefallen. Er hat sie ordentlich zugeritten, bevor
wir einschreiten konnten. Aber ihr Männer wart ja viel
zu betrunken, um noch irgendwas mitzubekommen."
Knagor war sofort wieder nüchtern. " Wie war das?
Und warum meldet mir das keiner?" " Ich wusste nicht,
wo du warst. Es war alles chaotisch und
durcheinander." " Morgon wird mir dafür den
Allerheiligsten absäbeln, aber stückchenweise. Wie ist
das passiert und wer hat das getan?" Minka trat
unsicher vor. " Morgon war betrunken und hat gar nicht
mitbekommen, wie der Jure mich weggezerrt hat.
Dieser Jure hat mich bis dahinten in die Gasse
geschleift, hat mir die Kleider vom Leib gerissen und
ist dann wie ein wildgewordenes Karnickel über mich
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hergefallen. Erst von vorne und dann von hinten und
immer wieder. Er hat mich mehrere Stunden
bearbeitet, denn es war noch dunkel gewesen als er
anfing, bevor Karia und Leisa ihn vor ein paar Minuten
dazu zwangen, von mir abzulassen." Karia nickte. " Er
ist schnell und hart rangegangen. Aber richtig hart. Er
hat mit aller Kraft zugestoßen, die er hatte, und ist
tief eingedrungen. Und du weißt, wie tief ihr Juren so
tauchen könnt." " Wer? Wer hat es gewagt?" Minka
schluchzte: " Ich weiß es nicht, aber er hat zu mir
gesagt: 'Wow, du bist ja wirklich so eng, wie alle sagen.
Kein Wunder, warum der Hauptmann nicht widerstehen
konnte, nachdem er eine Kostprobe bekommen hat.'"
Knagor zog die Augenbrauen hoch. " Von dieser
Kostprobe wissen nur meine engsten Vertrauten. Zwar
weiß ganz Juria von meinen Bettgenossinnen und den
anderen Hauptmannsfrauen, aber wie es dazu kam,
wissen nur meine Vertrauten aus der Elite, die damals
dabei waren. Und ich habe auch schon einen Verdacht."
Oberst Karslip trat heran, denn er hatte Knagor
gesehen. " Hauptmann Knagor? Ist etwas vorgefallen?"
Knagor drehte sich um. " Das kann man so sagen.
Oberst Karslip? Ist steht zwar nicht unter meinem
Befehl, doch bitte kümmert euch um die Damen und
wartet hier mit ihnen. Ich muss da mal was klären."
Karslip, scharfsinnig wie immer, begriff sofort, was los
war, als er das Blut an Minka entdeckte und die
zerfetzten Kleider. Sofort stand er stramm: " Verfügt
über mich, Hauptmann Knagor. Ob Blut oder nicht, ich
werde euren Befehl mit Freuden ausführen." Knagor
lächelte. " Immer schön, wenn man jemanden hat, dem
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man vertrauen kann. Ich vertraue euch diese Damen
an, Oberst und mit ihnen meine vier wertvollsten
Schätze." Karslip grinste und salutierte. Dann zog er
demonstrativ seinen Stab, um jedem klarzumachen,
dass er die Damen hinter ihm mit seinem Leben
verteidigen würde. Und keiner legte sich freiwillig mit
Oberst Karslip an, selbst die Juren nicht. Zumindest
nicht, nachdem Oberst Karslip den jurischen
Hauptmann in der Arena ganz schön alt aussehen ließ.
Knagor trat auf den Festplatz. Die jungen Ritter
hatten bereits die Zivilisten heimgeschickt und die
meisten Gastkrieger zur Gaststube begleitet. Nur die
Juren waren alle noch an Ort und Stelle, als Knagor
laut schrie: " Achtung!!!!!!!!!!!!! Alle Juren sofort
antreten!!!!!!!!!!!!!!" Sofort sprangen die Juren auf. Einige
mit ner ordentlichen Latte, die sie schnell in der Hose
versteckten, weil sie gerade mit ihrer Gefährtin
unterm Tisch zugange waren. Nach wenigen Sekunden
standen alle Juren in Reih und Glied stramm zum
Appell, einige allerdings recht wackelig. Knagor knurrte
bedrohlich und ließ einen winzigen Teil seiner Aura
spüren, um seinen Männern deutlich zu machen, wen sie
vor sich hatten und dass er gerade ne echt miese
Laune hatte. " Vor wenigen Minuten ist einer von euch
bei einer sehr interessanten Aktion gestört worden.
Einer von euch ist noch während es dunkel war über
eine Frau hergefallen, die ihm nicht zustand und hat
sie bis vor ein paar Minuten ziemlich böse zugeritten."
Morgon, Osrik, Berios und Iken waren durch Knagors
Schrei wachgeworden und kamen allmählich zu sich. als
sie hörten, dass ein Jure wohl über eine Frau
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hergefallen sein, wurden sie hellhörig. Plötzlich
bemerkten sie, das ihre Frauen nicht an ihrer Seite
waren und entdecken die Damen weiter weg in der
Nähe einer Gasse bei Oberst Karslip, der grimmig mit
gezogenem Stab bei den Damen Posten bezogen hatte.
Knagor sah seine Männer nacheinander an. " Ich rieche
ihr Blut an einem von euch. Der Schuldige kann hier und
jetzt vortreten und um Gnade betteln. Ihr wisst, wie
empfindlich meine Nase ist selbst für einen Juren. Ich
finde den Schuldigen so oder so. Ihr könnt euch hier
und jetzt stellen und eure Tat gestehen, Ritter, dann
werdet ihr nur von mir eine Strafe erhalten. Sollte ich
euch aber hier aus der Menge pflücken müssen, werde
ich die Strafe gerne dem nordonischen Hauptmann
selbst überlassen, der euch dann ganz fein säuberlich
den kleinen Schlingel Stückchen für Stückchen kürzen
wird, bis er in keinen Frauenschoß mehr reinkommt und
nur noch zum Pinkeln taugt." Plötzlich trat ein junger
Ritter zitternd vor. Knagor trat vor ihn und sah ihn mit
seinem bösesten Blick an, den er hatte. Der junge
Ritter zog den Kopf ein. Knagor ging leicht in die
Hocke, um keine Angriffsfläche für einen Hinterhalt
zu bieten und schnüffelte kurz. Dann erhob er sich
wieder. " Wie kommt Lady Minkas Blut ins Innere
eurer Hosen?" Die anderen Juren drehten sich
erschrocken um, als ihnen plötzlich klar wurde, wer das
Opfer war. Der junge Ritter zitterte, während die
anderen Juren fast panisch von ihm zurückwichen,
denn sie ahnten, was Knagor gleich tun würde. Knagor
sah dem jungen Ritter fest in die Augen. " Ich frage
euch ein letztes Mal, Jure und wagt es ja nicht, mich
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zu belügen!!!!" Der Jure antwortete mit zittriger
Stimme: " Ich . . . ich . . ." Und dann schrie er: " Weil
ich sie mir genommen habe!!!!" Im nächsten Moment
packte Knagor ihm zwischen die Beine, dass der junge
Ritter aufschrie. " Ihr seid ja noch hart da unten.
Sehr schön. Das vereinfacht die ganze Sache." Oberst
Klars trat vor. " Sorgt dafür, dass er nicht zu früh
schlapp wird und macht alles bereit." Klars nickte und
gab zwei Juren das Zeichen. Sofort packten sie den
Jungen und schleppten ihn zu Oberst Karslip und den
Mädels. Minka rief sofort: " Ja. Das ist er." Knagor
nickte, während seine Männer den Jungen in Ketten
legten und in eine offene Zelle brachten. Eine von
vielen Arrestzellen, die überall in der Stadt verteilt
waren, um Juren im Paarungsrausch schneller
einsperren zu können. Gefesselt lag der Junge nun am
Boden der Zelle und schrie: " Ihr habt gesagt, Ihr
würdet die Strafe nicht dem nordonischen Hauptmann
überlassen." Knagor grinste boshaft. " Das habe ich
gesagt, ja. Aber ich sagte auch, dass Ihr die Strafe
dafür von mir erhalten würdet. Allerdings habe ich in
keinem Wort erwähnt, wie diese Strafe aussehen wird.
Nach dem jurischen Gesetz habe ich zwei
Möglichkeiten, diese Tat zu bestrafen. Verbannung
oder Kastration. Für gewöhnlich bevorzuge ich bei
Ersttaten die Verbannung. Doch Ihr sein ein EliteKrieger. Einer meiner engsten Vertrauten. WIE
KÖNNT IHR ES WAGEN MICH DERART ZU
HINTERGEHEN!!!!!!!!!!!!!!" Die anderen Juren schwiegen,
denn sie akzeptierten die Strafe, da der junge Ritter
nicht nur die Gefährtin eines Gastes missbrauchte,
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sondern die eines anderen Hauptmannes und beides
war eine öffentliche Entehrung des Clans, eine
Entehrung des Gastgebers und Verrat am jurischen
Hauptmann, der seinen Gästen ja Gastfreundschaft
und Sicherheit versprochen hat, indem er sie als Gäste
empfangen hatte. Noch dazu war der Schuldige ein
Vertrauensmann, was die ganze Sache noch
verschlimmerte. " Ich habe euch vertraut und Ihr
treten meine Ehre als Gastgeber und als Hauptmann
mit Füßen. Als Hauptmann habe ich meinen Gästen
Sicherheit und Gastfreundschaft versprochen und als
Gastgeber dieses Festes sogar doppelt und Ihr fallt
über die Gefährtin MEINES FREUNDES HER!!!!!"
Knagor drehte sich zu seinen Männern. " Räumt den
Platz auf, bringt die Damen von hier weg und sorgt
dafür, dass wir ungestört sind. Ich will nicht, dass
irgendwelche Kinder oder Frauen das hier sehen."
Morgon trat näher und die Wut stand ihm ins Gesicht
geschrieben. " Und mach es ja langsam, Knagor. Wehe
dir, der ist vor morgen früh ab, dann schnippel ich
deinen gleich hinterher." Knagor nickte. " Verstehe.
Offizier Kobin? Begleitet die Hauptmänner und ihre
Damen in die Gaststube. Klars? Bringt mir das
Schälmesser."
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Den restlichen Tag hörte man das laute Schreien des
jungen Ritters. Inzwischen hatte sich rumgesprochen,
was geschehen war, doch keinen störten die Schreie,
denn sie alle akzeptierten das harte Urteil. Erst spät
am nächsten Vormittag verstummten die letzten
Schreie. Knagor stand an einem der Brunnen und wusch
sich in einem Eimer Wasser die blutigen Hände, als
seine Freunde neben ihn traten. Klars trat soeben aus
der Zelle. " So. Der Junge ist soweit verbunden, dass
er überleben wird. Aber der wird keine Frau je wieder
anrühren." " Das war der Zweck des Ganzen. Wann
treffen diese Schufte aus Aarlaan ein, die sich an
Dryana vergangen haben?" " Sie wurden vor wenigen
Minuten auf ein Schiff verladen." " Sehr gut. Dann
kann ich mich ja noch etwas erholen, bevor ich die
nächsten bearbeiten muss. Ich brauch jetzt erstmal
ein bisschen weibliche Gesellschaft. Und das viele Blut
und schmerzhafte Gestöhne hat mich schon ganz wild
gemacht. Ein Wunder, dass ich noch keine Latte hab."
Klars nickte. " Ich verstehe, Hauptmann. Soll ich eure
Gäste dann zum Hafen begleiten?" Knagor nickte und
drehte sich zu seinen Freunden um. " Verzeiht, aber es
war ne anstrengende Nacht und meine Mädels haben
mir gefehlt." Karia, Leisa, Rhesa und Dryana traten
neben ihn und kuschelten sich schnurrend an ihn.
Knagor streckte sich vor Erregung zu voller Größe und
musste sich verkneifen, den Mädels direkt hier auf der
Straße zu verfallen. " Au verflucht, Mädels. Allein eure
Auren haben bei mir jetzt doch ne Latte verursacht."
Karia kicherte. " Dann wird es höchste Zeit, das dein
kleiner Fisch mal wieder angeln geht." " Oh Karia nicht,
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sonst falle ich gleich wie ein paarungswütiger Rammler
über euch her und zwar mitten auf der Straße und
dann kriegt ihr mich nicht eher ruhig, bis ich die ganze
Energie verschossen habe, die sich während der Aktion
hier angestaut hat und das ist ne verfluchte Menge an
Energie." Die Mädels lachten nur und brachten Knagor
nach Hause, wobei sie ihn das letzte Stück mit ihren
Pheromonen locken mussten, weil er den Entzug
einfach nicht mehr aushielt.
Klars lachte, als die Mädels seinen Hauptmann
abführten. " Der ist momentan so mit seiner Hose
beschäftigt, dass der nicht einmal mitbekäme, wenn
ein riesiger Felsen direkt vor seiner Nase vom Himmel
fiele. Aber kein Wunder. Bei der Strafaktion wird
jeder Jure, der zusieht schon ganz wuschig,
geschweige denn der Hauptmann, der das ganze
durchführen muss. Dieses ständige Blutlecken, das
Rumfummeln an dem Teil des Verurteilten, das
lustvolle und zugleich schmerzerfüllte Rumgestöhne
des Verurteilten, das ständige Masturbieren auf den
Verurteilten, um ihn zu demütigen und zugleich um
selbst nicht durchzudrehen. Und das alles ohne seine
Mädels. Gewöhnlich bleiben die Mädels an der Seite
des Hauptmanns, wenn auch vor der Tür, sodass sie
nicht sehen, was im Raum geschieht, aber
normalerweise sind sie immer in der Nähe, sodass sich
der Henker sozusagen während der Verurteilte schläft
ablenken und vor allem abreagieren kann." Morgon zog
die Augenbrauen hoch. " Ihr scheint ja daraus ein
richtiges Ritual zu machen. Wie meint ihr das mit dem
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Blut lecken?" " Na, es wird fleißig über die frischen
Wunden geleckt, um den Verurteilten zu demütigen und
negativ zu befriedigen, damit das Ding steif bleibt.
Außerdem steigert es dessen Schmerzen. Allerdings
ist das Blut kein reines Blut, sondern versetzt mit, wie
nennt Chaos das noch Pheromone? Und die machen
denjenigen, der sie aufnimmt ganz wuschig, zumal wir
Juren sowieso schon erregt auf Blut reagieren. Wir
sagen nicht umsonst, dass das Tier in uns Blut geleckt
hat. Wenn wir Blut schmecken, werden wir eben
erregt, egal von wem das Blut stammt. Deswegen sind
im jurischen Krieg auch viele unserer Krieger wahllos
über die Frauen und manchmal über die Leichen
unserer Feinde hergefallen wie wildgewordene
Karnickel. Ich möchte nicht wissen, in wie viele
Menschenleiber ich meinen Junior gesteckt habe, als
wir auf Ikens Insel damals den jurischen Krieg
ausriefen." Klars schüttelte sich und brachte die
Hauptmänner und ihre Krieger zum Hafen, wo sich
diese verabschiedeten, als plötzlich ein gewaltiges
Heulen die Stadt erzittern ließ.
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Das Erwachen:
Dunkelheit umfing ihn, als er die Augen öffnete. Er
drehte sich um und starrte auf den beleuchteten Gang
der unterirdischen Welt, die nun seit so langer Zeit
sein Zuhause war. Er konnte sich nicht mehr erinnern,
wann er das letzte Mal die Sonne gesehen hatte und
den herrlichen feinen Sand seiner geliebten Wüste. Ein
Hauptmann war er gewesen, ein Anführer. Er war der
Anführer des stärksten Igelclans gewesen, gefürchtet
und respektiert. Doch wie lange war das schon her?
Was ist damals passiert, dass er nun hier so saß, in
Ketten gelegt und eingesperrt? Oder existierte diese
wundervolle Welt nur in seinen Träumen? Er wusste es
nicht mehr. Knagor versuchte sich an das Gefühl der
Sonne auf der Haut zu erinnern oder an den
Geschmack leckeren Fleisches, den Duft des Sandes,
an das Rauschen des Windes und das Bellen der Hunde.
Er fasste sich an die Kehle und fühlte die Narbe an
seinem Hals, dort wo einmal seine Stimmbänder
gewesen waren. Er konnte sich an Worte erinnern,
doch nicht mehr an den Klang seiner Stimme. Sein Fell
war dreckig und voll von Flöhen und anderem
Ungeziefer. Seine Stacheln waren stumpf und schlapp.
Er trug nur noch eine löchrige blaue Hose. Keine
Schuhe, keine Handschuhe, kein Hemd und schon gar
keine stolze Rüstung. Dennoch hatte er einen eisernen
Willen und war kein williger Sklave, sondern nur ein
Gefangener. Einer von vielen. Doch wie kam er hierher?
Woher stammten seine Erinnerungen oder waren das
alles nur Wunschträume? Er ein großer Krieger?
Knagor sah an sich herab und schüttelte dann den
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Kopf. Nein. Unmöglich. Er war kein stolzer und
gefürchteter Krieger. Er konnte ja nicht einmal
Knurren, geschweige denn Heulen. Seit vielen Jahren
hatte er keinen Laut mehr hervorgebracht. Hatte er
jemals einen Laut hervorgebracht oder war auch das
nur ein Wunschtraum gewesen? Knagor krabbelte auf
das Gitter zu und setzte sich dann davor. Er schaute
den Gang hinauf und hinunter. Überall waren weitere
Zellen mit vereinzelten Gefangenen. Ebenfalls stumm,
ebenfalls angekettet wie räudige Köter. An den
Wänden des Ganges hingen überall Fackeln in
gleichmäßigen Abständen. Der Gang war breit und
hoch, aber ansonsten vollkommen leer. Knagor spürte
die starke Vibration im Boden, als der Wartok mit dem
Essen kam. Die Menschenwesen, die Knagor und die
anderen Igel gefangen hielten nannten diese Wesen
jedenfalls Wartoks. Diese Viecher waren eine
Mischung aus Schwein und Nilpferd. Sie hatten breite
Rücken und waren sehr Robust. Ihre breiten Mäuler
waren zahnlos und trocken. Auf dem Rücken des
Wartoks war ein Gestell befestigt, auf dem sich die
Teller mit den Essensrationen befanden. Ein Mensch
stellte diese dann jedem Gefangenen in die Zelle.
Knagor hasste dieses Essen. Es bestand nur aus
trockenem Brot und einfachem Wasser dazu, doch
jedes Mal nach dem Essen fühlte er sich so benebelt.
Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen, ihm
wurde schwindelig und dann fühlte er sich plötzlich so
federleicht und es war ihm dann plötzlich alles egal.
Doch Knagor merkte auch deutlich, dass er regelrecht
lauerte, wenn das Essen mal nicht pünktlich kam. Ihm
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war klar, was auch immer die ihm da ins Essen gemischt
hatten, hatte ich süchtig danach gemacht. Aber das
war nicht wie eine Apfeltaschensucht, die daher
rührte, dass man etwas gerne mochte und daher gerne
viel zu sich nahm. Das hier war eher eine Art " Ich will
es nicht, aber ich brauche es unbedingt"-Sucht. Es war
keine Kopfsache, die man auf Befehl wieder abstellen
konnte, sondern eher eine körperliche Sucht. Wenn er
mal das Essen verweigert hatte, hatte er sogar
richtige Schmerzen bekommen. Manchmal merkte er
auch noch andere Schmerzen und meist kamen sie dann
wenig später in seine Zelle und gaben ihm eine Spritze
in die Armbeuge, die so ähnlich wirkte wie das Essen,
nur viel stärker. Und nach der Spritze fühlte er sich
immer so schläfrig. Knagor saß da und knabberte an
seinem Stück Brot. " Wie wohl der Käse oder die
Wurst aus meinen Träumen schmecken würden?",
dachte er bei sich. Knagor beendete seine Mahlzeit,
spülte das trockene Zeug mit einem Schluck Wasser
runter und stellte das leere Geschirr nach draußen.
Dann krabbelte er wieder auf seine Strohmatte und
schlief wieder ein, denn was sonst hätte er hier noch
tun sollen?
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