Antrag auf Neufestsetzung meiner Bez - Schleswig

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Antrag auf Neufestsetzung meiner Bez - Schleswig
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Landesbesoldungsamt
Schleswig-Holstein
Speckenbeker Weg 133
24113 Kiel
Personalnummer:
Antrag auf Neufestsetzung meiner Bezüge für Dezember 2007/ Antrag auf
Nachzahlung der jährlichen Sonderzahlung („Weihnachtsgeld“) für 2007
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beantrage, mir für das Jahr 2007 eine Sonderzuwendung („Weihnachtsgeld“) auf Basis
der bis einschließlich 2006 geltenden Rechtslage zu leisten.
Das Gesetz über die Gewährung jährlicher Sonderzahlungen vom 12. November 2003
(GVOBL. 2003, 546) wurde durch Art. 4 des Haushaltsstrukturgesetzes zum Haushaltsplan
2007/2008 vom 14. Dezember 2006 (GVOBL 2006, 309, 335 ff) in der Weise geändert, dass
lediglich Beschäftigten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 mit den Dezemberbezügen ein
auf 660 Euro reduziertes „Weihnachtsgeld“ ausgezahlt wird. Demgegenüber ist für die
Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppen A 11 und höher sowie die Beamtinnen
und Beamten des höheren Dienstes und die nach der Besoldungsordnung R besoldeten
Richter und Staatsanwälte keine Sonderzahlung mehr vorgesehen. Sie erhalten lediglich den
einheitlich an alle Beamten und Richter zu zahlenden „Sonderbetrag“ in Höhe von 400 Euro
für jedes im Monat Dezember im Familienzuschlag berücksichtigte Kind.
Dieser neuerliche tiefe Einschnitt in die finanzielle Ausstattung der Angehörigen der RBesoldungsordnung wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf den Umgang des Landes
Schleswig-Holstein mit seinen Richtern und Staatsanwälten, er ist auch verfassungsrechtlich
nicht zu rechtfertigen und daher rechtswidrig.
I.
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Die Kürzung der jährlichen Sonderzahlung durch das Gesetz über die Gewährung jährlicher
Sonderzahlungen vom 12. November 2003 und erst recht die vollständige Streichung des
Weihnachtsgeldes ist für die Angehörigen der Besoldungsordnung R unzumutbar. Seit
Jahren werden die Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie die
Beamtinnen und Beamten des Landes Schleswig-Holstein in nicht mehr zu rechtfertigender
Weise zur Sanierung des Landeshaushaltes herangezogen:
So erfolgte die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge an den Tarifbereich
regelmäßig stark verzögert. Das Urlaubsgeld wurde gestrichen, das „Weihnachtsgeld“
zunächst auf 93 % eines Monatsgehaltes gekürzt und „eingefroren“, in 2003 erneut drastisch
gekürzt und nunmehr ganz gestrichen. Auch im Beihilferecht gab es trotz sinkender
Leistungen der Krankenversicherungen deutliche Verschlechterungen, zuletzt mit der
Einführung einer jährlichen Selbstbeteiligung von z.B. 200 Euro für Angehörige der
Besoldungsgruppe R 1 durch die Beihilfeverordnung vom 16. Mai 2006 (GVOBL 2006, 85).
Weitere Verschlechterungen gab es im Versorgungsbereich. Diese Einschnitte haben in ihrer
Gesamtheit dazu geführt, dass die Gehälter der Richter und Staatsanwälte in den letzten 15
Jahren mit der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung bei weitem nicht Schritt gehalten haben
und nicht nur um etwa die Hälfte hinter den Gehaltssteigerungen in der Privatwirtschaft,
sondern sogar noch deutlich hinter der Geldentwertungsrate zurückgeblieben sind. Dies
ergibt sich anschaulich aus der vom Deutschen Beamtenbund angefertigten Übersicht über
die Besoldungsanpassungen seit dem Jahre 1990, abrufbar auf der Internetseite des DBB
http://www.dbb.de/themen/Besoldungstabellen.
Gleichzeitig haben sich durch die personellen Einsparungen in allen Bereichen der Justiz die
Arbeitsbedingungen kontinuierlich verschlechtert und ist die Arbeitsbelastung bis an den
Rand des Zumutbaren angestiegen. All diese Einschnitte und Verschlechterungen sind von
Richtern
und
Staatsanwälten
weitgehend
klaglos
hingenommen
worden.
Ihrem
überobligationsmäßigen Einsatz bei der Erfüllung ihrer Dienstpflichten ist es zu verdanken,
dass Gerichte und Staatsanwaltschaft des Landes Schleswig-Holstein im Vergleich mit
anderen Gerichten stets gute bis sehr gute Ergebnisse erzielen konnten. Eine Würdigung
dieser Leistung haben Richter und Staatsanwälte in der Vergangenheit kaum erfahren.
Vor diesem Hintergrund kann die völlige Streichung der jährlichen Sonderzahlung nicht
hingenommen werden. Sie stellt einen festen Bestandteil der Bezüge dar, auf den sich
Richter und Staatsanwälte z. B. durch Finanzierungen auf Dauer eingerichtet haben.
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II.
Sowohl die Kürzungen als erst recht die vollständige Versagung des Weihnachtsgeldes für
die Angehörigen der R- Besoldungsgruppen verstoßen gegen die Verfassungsgrundsätze
der amtsangemessenen Alimentation, des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung
und sind daher rechtswidrig.
Die durch die Streichung des „Weihnachtsgeldes“ bewirkte erneute Absenkung meiner
Besoldung
verletzt
das
durch
Art.
33
Abs.
5
GG
gewährleistete
Prinzip
der
amtsangemessenen Alimentation.
Bei der Beantwortung der Frage, ob die jeweiligen Bezüge noch als amtsangemessen
angesehen werden können, ist eine Gesamtschau der gewährten Alimentation und der
bereits erfolgten Kürzungen erforderlich (vgl. OVG Münster NVwZ-RR 2004, 546 ff.).
Hieraus folgt, dass hierbei nicht nur die jeweils konkret in Rede stehende Kürzungsregelung
isoliert in den Blick genommen werden darf. Wäre das so, könnte nämlich im Wege einer
sog. "Salamitaktik" des Gesetz- und Verordnungsgebers die amtsangemessene Alimentation
der Besoldungs- und Versorgungsempfänger Stück für Stück immer weiter aufgezehrt
werden (vgl. hierzu auch Schnellenbach, VerwArch 2001, 2 , 24).
Unter Berücksichtigung der – offenen und versteckten – Kürzungen, denen Richter und
Staatsanwälte in den vergangenen Jahren ausgesetzt waren, ist spätestens mit der
Streichung der Sonderzuwendungen in der Besoldungsgruppe R ein Besoldungsniveau
erreicht, das nicht mehr als amtsangemessen bezeichnet werden kann. Die Streichung der
Sonderzuwendungen allein bewirkt bereits eine Nettobelastung, die sich weit oberhalb des
vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 9. März 2000 - 2 BvL 8/99 u.a. – DVBl.
2000, 1117 ff.) und vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 3. Juli 2003 - 2 C 36.02 –
BVerwGE
118,
277
ff.)
angesprochenen,
noch
als
unbedenklich
angesehenen
Kürzungsvolumens von 1 % des insoweit relevanten Jahresnettoeinkommens bewegt (vgl.
zur Maßgeblichkeit des Nettoeinkommens im Zusammenhang mit der Bemessung der
amtsangemessenen Alimentation BVerfG, z. B. Beschlüsse vom 24. November 1998 - 1
BvL 26/91 u.a. - und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -). Nimmt man – wie im Rahmen der
Gesamtschau geboten – die in den vergangenen Jahren erfolgten Kürzungen im Bereich der
Besoldung, der Beihilfe und der Versorgung hinzu, summieren sich die Kürzungen auf mehr
als 5 % des Jahresnettoeinkommens und haben jedenfalls in ihrer Summe zu einer
Absenkung der Besoldung auf ein nicht mehr amtsangemessenes Niveau geführt.
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Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zwischen der Einkommensentwicklung und
Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung einerseits und den Bedürfnissen der öffentlichen
Haushalte
andererseits
dürfen
Richterinnen
und
Richter,
Staatsanwältinnen
und
Staatsanwälte auch unter Berücksichtigung ihres besonderen Treueverhältnisses nicht
erheblich stärker belastet werden als andere Bevölkerungsgruppen (vgl. BVerwG, Urteil vom
19. Dezember 2002 - 2 C 34.01 -, BVerwGE 117, 305, 308; Wolff, ZRP 2003, 305, 307;
Hebeler, RiA 2003, 157, 161; Jachmann, ZBR 1993, 133, 134 f.).
Es ist nicht erkennbar, dass eine andere relevante Gruppe der Bevölkerung des Landes
durch die Haushaltssanierung ähnlich stark belastet wird. Diese Heranziehung der Richter
und Staatsanwälte verstößt gegen das von dem – der besonderen Treuepflicht
korrespondierenden – Fürsorgeprinzip des Dienstherrn geprägte Dienstverhältnis der Richter
und Staatsanwälte. Ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht ist insbesondere darin zu sehen,
dass die Streichung der Sonderzuwendungen zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die
Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aufgrund der erheblichen
Kürzung ihrer Pensionsansprüche gezwungen sind, ihre Altersversorgung durch aus dem
Einkommen zu finanzierende private Vorsorge sicherzustellen und daher von den erfolgten
Kürzungen in doppelter Weise betroffen sind. Nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass der
Besoldungsgesetzgeber
auch
die
Attraktivität
des
Beamtenverhältnisses
für
überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der
Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu
berücksichtigen hat (vgl. BverfG NVwZ 2005, 1294 ff).
Die Kürzung kann auch nicht mit einer schwierigen Haushaltslage gerechtfertigt werden. Das
BVerfG hat zur vergleichbaren Frage der amtsangemessenen Versorgung im Beschluss vom
20. März 2007 2 BVL 11/04, NVwZ 2007, 679 ff ausgeführt:
„Die Finanzlage der öffentlichen Haushalte, die Herausforderungen durch die
Globalisierung, der demographische Wandel und die finanziellen Nachwirkungen der
Wiedervereinigung vermögen eine Einschränkung des Grundsatzes amtsgemäßer
Versorgung nicht zu begründen. Könnte die finanzielle Situation der öffentlichen Hand
für sich bereits eine Veränderung des Grundsatzes der Alimentierung rechtfertigen, so
wäre diese dem uneingeschränkten Zugriff des Gesetzgebers eröffnet. Die
Schutzfunktion des Art. 33 Abs. 5 GG liefe hierdurch ins Leere. Die vom Dienstherrn
geschuldete Alimentierung ist keine dem Umfang nach beliebig variable Größe, die
sich einfach nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand, nach
politischen Dringlichkeitsbewertungen oder nach dem Umfang der Bemühungen um
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die Verwirklichung des allgemeinen Sozialstaatsprinzips bemessen lässt. Alimentation
des Beamten und seiner Familie ist etwas anderes und Eindeutigeres als staatliche
Hilfe zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung und eines sozialen
Standards für alle und findet ihren Rechtsgrund nicht im Sozialstaatsprinzip, sondern in
Art. 33 Abs. 5 GG. Zu den finanziellen Erwägungen müssen deshalb weitere Gründe
hinzukommen, die im Bereich des Systems der Altersversorgung liegen und die
Kürzung von Versorgungsbezügen als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen“.
Diese Ausführungen bedürfen keiner weiteren Kommentierung. Es ist zudem in Rechnung zu
stellen, dass sich die Haushaltslage aufgrund deutlich steigender Steuereinnahmen
erheblich verbessert hat, so dass auch die wirtschaftliche Grundlage für die massive
Gehaltskürzung entfallen ist.
Darüber hinaus gehört die Gewährung eines jährlichen Weihnachtsgeldes in Höhe von etwa
einem Monatsgehalt seit Jahrzehnten zum gewachsenen Bestandteil der Dienstbezüge. Auf
diesen Gehaltsbestandteil haben nicht nur die Angehörigen der Besoldungsgruppen A 2 bis
A 10, sondern in gleicher Weise die Richter und Staatsanwälte fest vertraut und ihn und ihn
in ihre individuelle finanzielle Planung einbezogen.
Zugleich ist die Schlechterstellung aller über A 10 liegenden Einkommensgruppen ein
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil sachliche im Besoldungsrecht maßgebliche
Gründe für die Ungleichbehandlung verschiedener Besoldungsgruppen nicht vorliegen. Die
Alimentation des Beamten findet ihren Rechtsgrund nicht im Sozialstaatsprinzip, sondern in
Art. 33 Abs. 5 GG, der eine Besoldung nach dem Dienstrang und nach der mit dem Amt
verbundenen
Verantwortung
vorsieht
(BVerfG
NVwZ
2005,
1294
ff).
Durch
die
vorgenommene Staffelung wird zudem das besoldungsrechtliche Abstandsgebot verletzt.
Da die Streichung der Sonderzuwendung nach dem vorstehend Ausgeführten rechtswidrig
ist, ist die Festsetzung meiner Bezüge ohne die Berücksichtigung der mir zustehenden
Sonderzuwendung für den Monat Dezember 2007 zu niedrig erfolgt.
Ich beantrage daher,
mir die zu Unrecht nicht festgesetzte und nicht ausgezahlte
Sonderzuwendung
nachzuzahlen.
für
den
Monat
Dezember
2007
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Sollte es im Hinblick auf weitere Verfahren zu einer Musterprozessvereinbarung zwischen
Ihnen und dem Landesverband der Richter und Staatsanwälte in Schleswig-Holstein
kommen, erkläre ich mich schon jetzt mit dem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung
über die Musterfälle einverstanden, wenn Sie für die Dauer der Durchführung der
Musterverfahren auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichten.
Ich bitte um entsprechende schriftliche Bestätigung.
Mit freundlichen Grüßen