5. Schutzeinrichtungen
Transcription
5. Schutzeinrichtungen
5. Schutzeinrichtungen Schutzsysteme in elektrischen Anlagen betreffen Maßnahmen, die notwendig sind, um einen möglichst störungsfreien und sicheren Betrieb zu ermöglichen. Außerdem müssen Menschen vor den Gefahren des elektrischen Stromes bewahrt werden. In elektrischen Anlagen muss daher der Schutz von Personen gegen gefährliche Körperströme sowohl im ungestörten Betrieb als auch im Fehlerfall gewährleistet sein. 5.1 Netzschutz Der Begriff des Netzschutzes bezieht sich dabei besonders auf den Schutz von Leitungen vor Über- und Kurzschlussströmen. Als Schutzeinrichtungen dienen Schmelzsicherungen, Schutzschalter und Schutzrelais. Ihre Aufgaben sind: • Schutz von Leitungen gegen die Auswirkungen von Überströmen, • selektives Heraustrennen von Netzteilen beim Auftreten von Fehlern. Leitungen müssen vor zu hoher Erwärmung geschützt werden. Nach DIN VDE 0298 sind zulässige Grenztemperaturen b an der Leiteroberfläche abhängig vom verwendeten Isolierstoff festgelegt: Gummi b = 60°C PVC b = 70°C vernetztes Polyethylen (VPE) b = 90°C Kabel und Leitungen sind so zu bemessen, dass die Strombelastbarkeit nach DIN VDE 0298 nicht überschritten wird. Bei der Bemessung des Leiterquerschnitts sind besonders zu berücksichtigen: • die Bauart der Leitung bzw. des Kabels, • die Betriebsart (Dauer-, Kurzzeit-, Aussetzbetrieb), • die Verlegebedingungen, • die Umgebungstemperatur. Leitungen müssen von Schutzeinrichtungen vor Überlast geschützt werden. Nach DIN VDE 0100 Teil 430 ist die Zuordnung von Überlastschutzorganen nach zwei Bedingungen vorzunehmen: • nach Bedingung (1), der sogenannten Nennstromregel: Ib In Iz • nach Bedingung (2), der sogenannten Auslöseregel: I2 1,45 · Iz Ib = Betriebsstrom der Leitung (Bemessungsstrom) Iz = Strombelastbarkeit der Leitung (aus Tabelle) In = Nenn- oder Einstellstrom der Schutzeinrichtung I2 = Auslösestrom der Schutzeinrichtung Bei Leistungsschaltern ist es zulässig, dass der Überlastauslöser auf die zulässige Strombelastbarkeit der Leitung eingestellt wird. Ihre Zuordnung erfolgt nur nach der Bedingung (1). Kurzschlussschutzorgan HV G. Schenke, 2.2015 Überlastschutzorgan UV Kurzschlussschutzorgane müssen am Anfang der Leitung angeordnet sein, damit Leitungen in ihrem gesamten Verlauf gegen die Auswirkungen von Kurzschlüssen geschützt sind. Da am Anfang von Leitungen im Allgemeinen Überstromschutzorgane vorgesehen sind, können diese Schutzorgane auch den Kurzschlussschutz sicherstellen. (Ausnahme zeigt das linke Bild) Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 70 Überlastschutzorgan Kurzschlussschutzorgan M Überlastschutzorgane dürfen unter bestimmten Voraussetzungen nach DIN VDE 0100 Teil 430 vom Anfang gegen das Ende der Leitung versetzt angeordnet werden. UV Versetzen von Überlastschutzeinrichtungen Eine Leitung ist bei Kurzschluß dann sicher geschützt, wenn ein bestimmter Mindestkurzschlussstrom Ikmin fließen kann. Der Mindestkurzschlussstrom ergibt sich aus dem Schnittpunkt zwischen der Grenzbelastungskurve der Leitung und der Sicherungskennlinie. Die zulässige Kurzschlussdauer tk einer Leitung lässt sich über die höchstzulässige Kurzschlusstemperatur (160°C) entsprechend Gl. 2.5 berechnen. Schmelzsicherungen, die nach den Bedingungen (1) und (2) für den Überlastschutz ausgewählt werden, gewährleisten auch den Kurzschlussschutz. Ein besonderer Nachweis über den Kurzschlussschutz ist in diesem Fall nicht erforderlich. t Sicherung tk = tvamax Leitung tk tvamax Ikmin Ik Ip Grundsätzlicher Verlauf der zulässigen Kurzschlussdauer von Leitungen und der Ausschaltzeit von gG-Sicherungen Ein Nachweis über den Schutz bei Kurzschluss muss erbracht werden, wenn • Schmelzsicherungen als Überlastschutz nicht am Anfang von Leitungen angeordnet sind, • Leitungsschutzschalter oder Leistungsschalter als Schutzorgane eingesetzt werden, • Überlastschutzorgane ganz entfallen. Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) können bei Kurzschlussströmen oberhalb eines Grenzstromes Ikg Leitungen nicht mehr schützen. t Auslösekennlinie eines LS-Schalters Grenzbelastungskurve der Leitung 0,1 s Grenzstrom Ikg des Leitungsschutzes durch LS-Schalter Ikg G. Schenke, 2.2015 Ip Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 71 Gruppensicherung In < 63 A Für den Schutz bei hohen Kurzschlussströmen sind besonders Schmelzsicherungen geeignet. Eine Schmelzsicherung mit einem maximalen Nennstrom von 63 A kann bei hohen Kurzschlussströmen den Schutz einer PVC-isolierten Kupferleitung mit einem Mindestquerschnitt von 1,5 mm2 sicherstellen. Gruppensicherung für LS-Schalter Zur Gewährleistung des Kurzschlussschutzes einer Leitung muss ein bestimmter Mindestkurzschlussstrom fließen. Er ergibt sich aus dem Schnittpunkt zwischen der Grenzbelastungskurve der Leitung und der Sicherungskennlinie (LS-Schalterkennlinie). Damit ein bestimmter Mindestkurzschlussstrom fließt, darf eine bestimmte Leitungslänge bei vorgegebenem Leiterquerschnitt nicht überschritten werden. Hierbei sind ein Verminderungsfaktor für die Spannung c = 0,95 und eine Temperatur von 80°C für die Leiterwirkwiderstände zu berücksichtigen. Selektivität in Niederspannungsnetzen Die Einrichtungen zum Schutz vor Überströmen haben die Aufgabe, Fehler im Netz zu erkennen und das fehlerbehaftete Anlagenteil möglichst schnell vom Netz zu trennen. Meistens liegen zwischen der Fehlerstelle und der Energiequelle mehrere Überstromschutzeinrichtungen. Um die Störung auf das fehlerbehaftete Anlagenteil zu begrenzen, müssen die Überstromschutzeinrichtungen selektiv arbeiten. Selektivität bedeutet, dass bei einem Fehler im Netz (Überlast oder Kurzschluss) nur das Überstromschutzorgan abschaltet, das unmittelbar vor der Fehlerstelle liegt. Q Energiefluss T Ik F3 Ik F2 2 Ik F1 Fehlerstelle 1 Selektivitätsbedingungen für Schmelzsicherungen: Die Streubänder in Reihe liegender Sicherungen dürfen sich nicht schneiden oder berühren. Bei sehr hohen Kurzschlussströmen muss der Schmelz-I2·t-Wert der vorgeordneten Sicherung größer als der Abschalt-I2·t-Wert der nachgeschalteten Sicherung sein. Nach DIN VDE 0636 Teil 1 sind beide Selektivitätsbedingungen bei Leitungsschutzsicherungen IN 16 A der Betriebsklasse gG erfüllt, wenn deren Nennströme mindestens im Verhältnis 1 : 1,6 stehen. M Netzplan mit möglichen Fehlerstellen G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 72 Selektivitätsbedingungen für Leistungsschalter: • Durch geeignete Wahl der Ansprechströme der n-Auslöser wird ein gestaffeltes Ausschalten erreicht (Stromselektivität). • Durch geeignete Zeitstaffelung erhält der vorgeordnete Schalter eine größere Verzögerungszeit als der nachgeordnete (Zeitselektivität). Durch zeitselektive Staffelung wird trennscharfes Abschalten erreicht, wenn zu geringe Unterschiede der KurzHV Ikmax2 = 20 kA 104 schlussströme an der Q2 3 Einbaustelle der Schal10 Q2 IU = 250 A Q1 ter eine stromselektive th Selektivitätsgrenze 102 Staffelung nicht ermögzwischen Q1 - Q2 t/s th lichen. Die zeitselektive L2 1 10 Einstellung von Staffelung erweist sich Ikmax1 = 7 kA UV 100 Q2 für vollständann als nachteilig, Ikmin2 = 5 kA n n dige Selektivität wenn ein vor10-1 Q1 IU = 63 A geschalteter Schalter 10-2 einen hohen Kurzschlussstrom bei langer L1 10-3 2 3 4 5 Kurzschlussdauer aus10 2 5 10 2 5 10 2 5 10 Ikmin1 = 0,9 kA schalten muss. I /A 0,9 kA 7 kA p Staffeldiagramm für Stromselektivität tg3 Q3 tg ta tv tst te tL t Gesamtausschaltzeit Ansprechzeit Verzögerungszeit Staffelzeit Eigenzeit Lichtbogenzeit Sicherheitszeit tst2 ta3 tst3 te3+ tL3 tv3 tg2 Q2 te2+ tL2 tv2 = tst2 ta2 t tg1 Zeitstaffelung von drei Leistungsschaltern Q1 ta1 te1+ tL1 t t G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 73 5.2 Personenschutz Der Schutz von Personen gegen gefährliche Körperströme muss entsprechend den VDEBestimmungen durch Schutz gegen direktes Berühren (im ungestörten Betrieb), bei indirektem Berühren (im Fehlerfall) L1 gewährleistet sein. L2 L1 L2 L3 N L3 N PE IF IPE IF = IK + IPE IK << IF Körper IK IK = IF ~~ 0 Basisisolierung Basisisolierung Schutz gegen direktes Berühren Schutz bei indirektem Berühren PERSONENSCHUTZ Schutz gegen direktes Berühren Schutz bei indirektem Berühren Schutz sowohl gegen direktes als auch bei indirektem Berühren erfolgt durch erfolgt durch erfolgt durch Isolierung aktiver Teile Abdeckungen oder Umhüllungen Hindernisse (Abgrenzung, Abdeckungen) Abstand Erdung passiver Teile in Anlagen über 1 kV Abschaltung oder Meldung Schutz -isolierung Schutzkleinspannung nichtleitende Räume erdfreien, örtlichen Potentialausgleich Funktionskleinspannung Schutztrennung Übersicht über Schutzmaßnahmen zum Personenschutz Schutzeinrichtungen zur Abschaltung und Meldung werden den verschiedenen Netzformen zugeordnet. Schutz durch Abschaltung: TN-Netz - Überstrom-, Fehlerstromschutzeinrichtungen; TT-Netz - Überstrom-, Fehlerstromschutzeinrichtungen, (in Sonderfällen Fehlerspannungsschutzeinrichtungen); IT-Netz - Isolationsüberwachungseinrichtungen, Überstrom-, Fehlerstromschutzeinrichtungen, (in Sonderfällen Fehlerspannungsschutzeinrichtungen). Schutz durch Meldung: IT-Netz mit Isolationsüberwachungseinrichtungen. G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 74 Gefährdung des Menschen durch die Wirkungen des elektrischen Stromes Gefährliche Körperströme nach DIN VDE 0100 Teil 200 sind Ströme, die den Körper eines Menschen durchfließen und Merkmale besitzen, die üblicherweise einen schädigenden Effekt auslösen. Physikalische Wirkungen: Strommarken an der Stromeintrittsstelle, innere Verbrennungen, Gerinnung von Eiweiß. Chemische Wirkung: Zersetzung der Zellflüssigkeit bei Gleichstrom. Physiologische Wirkungen: Verkrampfung der Muskulatur, Atemstillstand, Herzunregelmäßigkeit, Herzkammerflimmern, Herzstillstand. IK / mA 100 50 untere Kurve gilt für 99,5 % obere Kurve gilt für 0,5 % 20 10 5 2 0 10 50 100 Loslassgrenze für Körperströme unterschiedlicher Frequenz nach IEC-Publication 479 500 1000 10000 f / Hz Körperströme und deren Einwirkdauer kann man in vier Wirkungsbereiche einteilen. Bereich 1: Keine Reaktion bis zur Wahrnehmbarkeitsgrenze Bereich 2: Keine physiologisch gefährlichen Wirkungen bis zur Loslassgrenze Bereich 3: Muskelverkrampfungen, Atembeschwerden mit steigender Stromstärke und Einwirkdauer, reversibler Herzstillstand ohne Herzkammerflimmern möglich, im Allgemeinen keine organischen Schäden Bereich 4: Herzkammerflimmern, Herzstillstand, Atemstillstand, Verbrennungen (IK > 3 A) Wahrnehmbarkeitsgrenze Loslass- Flimmergrenze grenze 10000 5000 t / ms 2000 1000 500 200 100 1 2 3 Wirkungsbereiche von Wechselströmen für 50 Hz bis 60 Hz nach IEC 64 4 50 20 10 0,1 0,2 0,5 1 G. Schenke, 2.2015 2 5 10 20 50 100 1000 IK / mA Technik/Wirtschaft/Politik 10000 FB Technik, Abt. E+I 75 Ein menschlicher Körper wird nur dann von einem Strom durchflossen, wenn er gleichzeitig zwei Punkte unterschiedlichen Potentials berührt. Die Größe des Körperstromes IK hängt dabei ab von der Impedanz des menschlichen Körpers ZK und der Berührungsspannung UB. Die Körperimpedanz wird bestimmt durch: Berührungsfläche, Kontaktdruck, Hautbeschaffenheit, Körperbau, Stromweg, Berührungsspannung. Ersatzschaltbild der Körperimpedanzen (UB = 230 V) Wird der Strom zu den Füßen über den Boden abgeleitet, treten neben dem Körperwiderstand zwei zusätzliche Widerstände auf: die Impedanz des Schuhwerks ZS, der Standortübergangswiderstand Zst. Fehlerstromkreise und Bestimmungen im IT-,TT- und TN-Netz Liegt im ungeerdeten Netz (IT-Netz) ein einpoliger Erdschluss vor, so kann sich ein Fehlerstromkreis über den Wirkwiderstand an der Fehlerstelle RF = ZK + Zst und die Erdkapazitäten CE ausbilden. Hierbei können in ausgedehnten Netzen auch gefährliche Körperströme auftreten. Dieser Fehlerstrom IF kann nach Gl. 5.1 berechnet werden. 3 UN IF = 3 RF j (5.1) 1 CE l L1 L2 L3 CE CE IF ZK Zst Fehlerstromkreis im ungeerdeten Netz ohne Schutzmaßnahme Nach DIN VDE 0100 Teil 200 ist die Fehlerspannung die Spannung, die zwischen Körpern oder zwischen diesen und der Bezugserde im Fehlerfall auftritt. Die Berührungsspannung ist der Teil einer Fehler- oder Erdspannung, der vom Menschen überbrückt werden kann. Die Grenze für die G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 76 dauernd zulässige Berührungsspannung beträgt nach DIN VDE 0100 Teil 410 bei Wechselspannung UB = 50 V (bei Gleichspannung UB = 120 V). Für das IT-Netz muss zum Schutz bei indirektem Berühren jedes Betriebsmittel geerdet sein. Der Erdungswiderstand aller Körper RA, der parallel im Fehlerfall zur Körperimpedanz ZK liegt, muss so niederohmig sein, dass die Bedingung 5.2 erfüllt wird. R A IF UB (5.2) Der Fehlerstrom IF entspricht hierbei praktisch dem rein kapazitiven Erdschlussstrom der Anlage. In IT-Netzen wird im Allgemeinen der Isolationswiderstand des Netzes mit einer Isolationsüberwachungseinrichtung ständig kontrolliert. L1 überlagerter Gleichstrom L2 L3 N PE 400 V / 24 V Prüftaste Isolationswächter RA Erdschluss Prinzipschaltbild einer Isolationsüberwachungseinrichtung Vorteile des IT-Netzes: • Die Fehlerströme bzw. Fehlerspannungen sind beim Auftreten eines ersten Fehlers gefahrlos (Unfallsicherheit). • Geringe Isolationsfehler - auch sog. „schleichende Fehler“ - werden frühzeitig erkannt. Dadurch wird vermieden, dass sich als Folge eines Temperaturanstiegs an der Fehlerstelle durch zunehmend größer werdende Fehlerströme ein Brand entwickeln kann (Brandsicherheit). • Trotz Auftreten eines Fehlers kann die Anlage gefahrlos weiterbetrieben werden (Betriebssicherheit). Nachteile des IT-Netzes: • Beim Erdschluss eines Außenleiters steigt die Spannung der gesunden Leiter gegen Erde praktisch auf die Leiterspannung an. • Der erste Fehler (Körperschluss bzw. Erdschluss) kann nur von einer Isolationsüberwachungseinrichtung erfasst werden. • Es kann ein zweiter Fehler an einem anderen Außenleiter auftreten, wodurch eine gefährlich hohe Fehlerspannung anstehen kann. Wegen seiner Betriebssicherheit ist das IT-Netz besonders geeignet für: • Industrieanlagen, deren Produktionsprozess nicht unterbrochen werden darf (chemische Industrie), • Operationsräume in Krankenhäusern, wo u.U. Lebensgefahr bei Unterbrechung der Energieversorgung besteht. G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 77 TT-Netz In diesem Netz sind alle Körper der Betriebsmittel und der Sternpunkt des Netztransformators geerdet. Die Körper der Betriebsmittel können dabei einzeln direkt geerdet oder über einen Schutzleiter mit einer Erdungsanlage verbunden werden. Das TT-Netz mit Schutz durch Überstromschutzeinrichtungen ist die älteste Schutzmaßnahme (Schutzerdung) bei indirektem Berühren. Bei einem Körperschluss wird der Fehlerstrom zum 1poligen Kurzschlussstrom; er muss größer als der Abschaltstrom Ia der Überstromschutzeinrichtung sein. Unter Vernachlässigung der Betriebsimpedanzen des Netzes und der Nullimpedanz des Transformators erhält man für den Fehlerstrom: UN IF = (5.3) Ia 3 (R A + R B ) L1 L2 L3 N TT-Netz mit Überstromschutzeinrichtungen ZÜF = 0 RB IF RA Bedingt durch den relativ geringen Fehlerstrom, können Überstromschutzorgane im TT-Netz zum Schutz bei indirektem Berühren nur in Sonderfällen verwendet werden. Im Allgemeinen kommen daher in TT-Netzen Fehlerstromschutzeinrichtungen zur Anwendung, die beim Überschreiten eines Differenzstromes I abschalten. Wird der Personenschutz gefordert, so müssen Fehlerstromschutzeinrichtungen mit einem Nennfehlerstrom I n 30 mA (Bemessungsfehlerstrom nach VDE) eingesetzt werden. TN-Netz Beim TN-Netz sind die Körper der Betriebsmittel an den geerdeten Sternpunktleiter (Neutralleiter) oder an einen besonderen mit dem PEN-Leiter in Verbindung stehenden Schutzleiter angeschlossen. Ein auftretender Körperschluss wird damit zum 1poligen Kurzschluss (Gl. 3.53). Das System bietet gegenüber der L1 "Schutzerdung" durch die verL2 gleichsweise niedrige LeitungsIF impedanz des PEN-Leiters den L3 Vorteil eines größeren AbschaltPEN stromes. Dies ermöglicht kurze Abschaltzeiten der Überstromschutzorgane. Soll der Brandschutz eingehalten werden, so sind beim TN-Netz FehlerstromKörper- schutzeinrichtungen mit einem schluss Nennfehlerstrom I n 300 mA RB und für Personenschutz mit Prinzip des TN-Netzes mit Überstromschutzorganen I n 30 mA erforderlich. G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 78 Fehlerstromschutzeinrichtungen (Residual current-operated protective devices, RCD´s) bewerten den Summenstrom. Im ungestörten Betrieb des Verbrauchers ist die Summe der Ströme im Stromwandler des FI-Schutzschalters gleich Null. Fließt ein Fehlerstrom über den Verbraucher zum PE, ist die Summe der Ströme ungleich Null. Überschreitet der nun in der Sekundärwicklung fließende Strom den Auslösestrom, so öffnet der FI-Schutzschalter. W A S P N Stromwandler Auslösespule Schaltschloss Prüftaste L2 L1 L3 PE S genormte Werte: I n = 10 mA, 30 mA, 0,1 A, 0,3 A, 0,5 A, A P W Nennströme In In = 25 A, 40 A, 63 A 80 A, 100 A, 125 A höchstzulässige Abschaltzeiten 0,3 s bei I n ; 0,15 s bei 2·I n ; 0,04 s bei 5·I n IF Prinzipielle Wirkungsweise eines FI-Schutzschalters L1 L2 L3 N PE FI FI FI-Schutzeinrichtung im TN-Netz Fehlerstrom-/Differenzstrom-Schutzschalter ohne eingebauten Überstromschutz (RCCBs) für Hausinstallationen und ähnliche Anwendungen werden nach VDE 0664-10 geprüft. Fehlerstrom-/ Differenzstrom-Schutzschalter mit eingebautem Überstromschutz (RCBOs) für Hausinstallationen und ähnliche Anwendungen werden nach VDE 0664-20 geprüft. Für beide Schutzschalter erfolgt die EMV-Prüfung nach VDE 0664-30. In den VDE-Bestimmungen sind umfangreiche Prüfkriterien wie Abmessungen, Kriech- und Luftstrecken, Spannungs- und Stromprüfungen festgelegt. Die Stoßspannungsfestigkeit wird mit einem Normimpuls 1,2/50 µs nach VDE 0432-1 bei geöffneten Kontakten und jeweils verbundenen Ein- und Ausgängen durchgeführt. Der Scheitelwert û muss auf 5%, die Stirnzeit T1 = 1,2 µs auf 30% und die Rückhalbwertzeit T2 = 50 µs auf 20% eingehalten werden. G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik FB Technik, Abt. E+I 79 1,0 0,9 u = u(t)/u Verlauf der NormStoßspannung 1,2 / 50 µs nach VDE 0432-1 (T1 = 1,67 · T) 0,5 0,3 0,0 T T1 t T2 FI-Schutzschalter vom Typ AC lösen nur bei sinusförmigen Wechselströmen aus; sie dürfen deshalb in der BRD nicht mehr eingesetzt werden. FI-Schutzschalter vom Typ A lösen bei sinusförmigen Wechselströmen und pulsierenden Gleichfehlerströmen aus. RCCBs vom Typ S besitzen eine Zeitverzögerung, so dass sie bevorzugt für selektiven Schutz verwendet werden. Folgende Abschaltzeiten und Nichtauslösezeiten gelten für RCCBs vom Typ S: höchstzulässige Abschaltzeiten 0,5 s bei I n ; 0,2 s bei 2·I n ; 0,15 s bei 5·I n ; 0,15 s bei I n 5 A kürzeste Nichtauslösezeiten 0,13 s bei I n ; 0,06 s bei 2·I n ; 0,05 s bei 5·I n ; 0,04 s bei I n 5 A Fehlerstromschutzschalter (RCD) Typ B mit und ohne eingebauten Überstromschutz für Hausinstallationen und ähnliche Anwendungen werden nach VDE 0664-40 geprüft. Diese FISchutzschalter besitzen ein Netzteil und prägen über eine weitere Wicklung einen Wechselfluss dem Summenstromwandler ein. Eine Auswerteschaltung ermöglicht so die Auslösung in den Grenzen 0,5·I n bis 2·I n auch bei stetig ansteigenden Gleichströmen, die aus GleichrichterStromkreisen resultieren. Die Abschaltzeiten bei sinusförmigen Netzwechselströmen und pulsierenden Gleichfehlerströmen entsprechen dabei den Werten für FI-Schutzschalter vom Typ A. Bei höheren Frequenzen korrespondieren die Abschaltfehlerströme mit den Grenzwerten für Herzkammerflimmern nach IEC 60479-1 in Kombination mit dem Frequenzfaktor für Herzkammerflimmern nach IEC 60479-2. Nach DIN VDE 0100 Teil 410 ist in jedem Gebäude ein Hauptpotentialausgleich durchzuführen. Leitfähige Teile werden dabei an zentraler Stelle miteinander und dem Hauptschutzleiter verbunden. Der Hauptpotentialausgleich verhindert, dass bei einem Kurzschluß bzw. Körperschluss eine zu hohe Berührungsspannung in einer Verbraucheranlage anstehen kann. PE (PEN) 3 2 1 Potentialausgleichschiene 5 4 Isolierstück 6 7 8 Hauptpotentialausgleich nach DIN VDE 0190 G. Schenke, 2.2015 Technik/Wirtschaft/Politik 1 2 3 4 5 6 7 8 Blitzschutzanlage Antennenanlage Fernmeldeanlage Gasleitung Wasserleitung Abwasserrohr Heizungsrohre Fundamenterder Fundamenterder aus verzinktem Bandstahl mit einem Mindestquerschnitt 100 mm2, z.B. 30 mm · 3,5 mm oder verzinktem Rundstahl Mindestdurchmesser 10 mm. FB Technik, Abt. E+I 80