Aufsatz 1 - HENKEL Epol
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Aufsatz 1 - HENKEL Epol
Technical Bulletin Copyright by Henkel. All rights reserved. Data shown is typical, and should not be construed as limiting or necessarily suitable for design. Actual data may vary from those shown herein. Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Dipl.-Ing. Dr. techn. Georg Henkel Fachbericht 0320299 The component‘s value is assured by its surface www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit HINWEISE ZUR BILDUNG, ENTSTEHUNG UND WIRKUNG VON (DELTA)-FERRIT IN AUSTENITISCHEN EDELSTAHLLEGIERUNGEN (WERKSTOFFNUMMERN 1.4404 / 1.4435) Dipl.-Ing. Dr. techn. Georg Henkel Einleitung Edelstahlapparate, -behälter und -rohrleitungssysteme im pharmazeutischen/biotechnischen Anlagenfeld werden meist aus den Legierungstypen DIN 1.4404/1.4435 bzw. AISI 316 L hergestellt. Beide Legierungen gehören zu den austenitischen nichtrostenden Stählen, wobei neben einer Reihe anderer hervorragender Eigenschaften vor allem die gute Korrosionsbeständigkeit bei fachgerechter Verarbeitung einen wesentlichen Vorteil darstellt. Speziell bei der Verarbeitung von kontrollierten Halbzeugen wie Blechen, Stäben, Profilen, Rohren, etc. zu Apparaten durch spanlose, spanabhebende und thermische Verfahren wie etwa Schweißen treten fallweise merkliche Materialschwächungen auf, die häufig zu unerwünschten Korrosionseffekten führen, die den Betriebsablauf mehr oder minder empfindlich stören können. Neben den bekannten Korrosionseffekten wie Lochfraßkorrosion (LK), interkristalline Korrosion (IK), Spannungsrisskorrosion (SpRK), Rouging etc., die in der Regel auf (lokale) strukturelle Defekte zurückgeführt werden können, ist in den letzten Jahren auch das lokale Struktur-merkmal der Bildung von Deltaferrit erkannt und in Diskussion gebracht worden. Neben den Mechanismen der Bildung bzw. Entstehung von Deltaferritbereichen in der austenitischen Grundstruktur des Gefüges, ist vor allem auch die Wirkung des Deltaferrits im Schweißnahtgefüge als allfällige (latente) Korrosionsgefahr ein erheblicher Diskussionspunkt in der einschlägigen Szene. Untersuchungen zu diesem spezifischen Thema im Rahmen einer ausführlichen Literaturübersicht sollen versuchen, hierzu sachdienliche Hinweise zu liefern. Seite 1 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Entstehung und Bildung von Deltaferrit Die oben genannten Edelstahllegierungen bestehen neben Cr, Ni, Mo und Fe aus einer Reihe weiterer Elemente, welche in der EN 10088-1 ausführlich festgelegt sind. Kennzeichnend ist dabei, dass einzelne Elemente, wie etwa Cr und Mo die Bildung einer typisch ferritischen Gefügestruktur (krz) unterstützen und andere Elemente, wie etwa Ni und Mn die Ausbildung einer typischen austenitischen Gefügestruktur (kfz) forcieren. [1] Die in der Literatur eindeutig und ausführlich beschriebenen Verhältnisse für die Legierungen 1.4404/1.4435 zeigen, dass bei Sicherstellung von homogenen und stabilen Verhältnissen (speziell Glüh- und Abkühlverhältnissen) die Ausbildung von rein austenitischen Gefügestrukturen erfolgt, wobei allerdings speziell die Cr/Ni-Äquivalent Darstellungen nach Schaeffler und De Long wie auch Hammar und Svensson klar erkennen lassen, dass sich diese „Sicherheit“ mehr oder weniger hart an der Grenze zu (teil-)ferritischen Bedingungen befindet. Bild 1 WIG-Schweißen – Bildung von -Ferrit Abschätzung des -Ferritgehalts in Schweißnähten mittels Berechnung der Cr- und Ni-Äquivalente nach SCHAEFFLER. Quelle: B. Henkel, Diplomarbeit, Techn. Universität Wien, 1999. Seite 2 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Aus dieser Tatsache ist abzuleiten, dass entsprechende Verfahrensgegebenheiten etwa beim Schweißen (und Abkühlen) dazu führen können, dass bestimmte Gefügebereiche (infolge Diffusionsprozessen beim zeitfunktionalen Abkühlvorgang) aufgrund von Konzentrationsänderungen statt in austenitischer eben in ferritischer Ordnungsstruktur auskristallisieren und da-durch in der austenitischen Gesamtstruktur nennenswerte Phasenbereiche in ferritischer Strukturform vorliegen. [2], [3] Metallografische Schliffbilder zu Analysezwecken von Schweißnahtgefügebereichen zeigen in Abhängigkeit von Schlifflage und Ätzmethode die Ferritbezirke quasi als Inseln im austenitischen Gesamtbereich. Bild 2 WIG-Schweißen – Bildung von -Ferrit Konfiguration des Rest- -Ferrits in austenitischer Matrix einer Edelstahl-Schweißnaht ( -Ferrit = dunkle Färbung) 12% -Ferrit (15 FN) potentiostatisch geätzt in NaOH 17% -Ferrit (15 FN) potentiostatisch geätzt in NaOH Quelle: E. Folkhard, Welding Metallurgy of Stainless Steels, English Edition, Springer-Verlag Wien New York 1987. Seite 3 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Bild 3 Mikrostruktur der Schweißnaht und der Wärmeeinflusszone 300 µm Metallographischer Schliff senkrecht zur Schweißnaht (ca. 50 ), Rohr 42,2 2,0 mm (F03608) elektropoliert, Grundwerkstoff – Wärmeeinflußzone – Schweißnaht (Wurzelseite), geätzt in V2A-Beize Bild 4 Mikrostruktur der Schweißnaht und der Wärmeeinflusszone -Ferrit Wärmeeinflusszone Schweißnaht 30 µm Metallographischer Schliff senkrecht zur Schweißnaht (ca. 500 ), Rohr 42,2 2,0 mm (F03608) elektropoliert, Wärmeeinflußzone – Schweißnaht, geätzt in V2A-Beize Seite 4 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Bild 5 Mikrostruktur der Schweißnaht nach Wärmebehandlung Grundwerkstoff Schweißnaht 30 µm Metallographischer Schliff ( 500 ) einer Längsschweißnaht nach Wärmebehandlung in Wasserstoff-atmosphäre (Taupunkt –40°C) bei 1040°C, Rohr 63,5 1,65 mm, 1.4404, elektropoliert (E00758) Die Bezeichnung Deltaferrit ist dabei zunächst insofern zu präzisieren, dass es sich bei Deltaferrit in den Legierungen 1.4404/1.4435 natürlich nicht um reine Eisenphasen handelt sondern vielmehr um typische „Edelstahlkristalle“ – bestehend aus Cr, Ni, Mo, Fe etc. -, die allerdings deutlich andere Mischungsverhältnisse zeigen als der austenitische Bereich und eben deshalb in ferritischer Struktur (krz) auskristallisieren. Seite 5 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Bild 6 WIG-Schweißen – Bildung von -Ferrit -MK = -Ferrit -MK = Austenit Temperatur Chromgehalt Nickelgehalt Vertikalschnitt durch das System Fe-Cr-Ni bei 72% Fe [R. Killing, Angewandte Schweißmetallurgie, Fachbuchreihe Schweißtechnik Band 113, 1996, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf] Die Bezeichnung „ (Delta)“ ist unter Legierungstechnikern (neben „ (Alfa)“) nur ein Hinweis, zu welchem Zeitpunkt diese Gefügeform entstanden ist. Strukturell ist Alfa- und Deltaferrit prinzi-piell nicht zu unterscheiden. -Ferrit und -Ferrit haben beide kubisch-raumzentriertes (krz) Kristallgitter. Auf die zahlreichen weiteren Gefügedetails bzw. temperatur-/diffusionsbedingten Umwandlungen bei Glüh-/Abkühlphasen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da diese keine wesentliche Relevanz für das Verständnis der spezifischen Thematik haben. Bestimmung und Messung von Deltaferritanteilen in der austenitischen Gefügestruktur sind dabei prinzipiell entweder durch die Anfertigung von metallografischen Schliffbildern samt Ätzung und Mikroskopie möglich, oder aber zerstörungsfrei durch entsprechend kalibrierte Ferritmessgeräte von Fischer und Förster. Bei der metallografischen Methode sind – bei entsprechend höherem Aufwand – die ferritischen Bereiche klar sichtbar zu machen und dadurch sowohl lagemäßig qualitativ (z.B. mittels Farbätzung nach Lichtenegger und Blöch) wie lagemäßig quantitativ (z.B. mittels Schwarz-Weiß-Ätzung und anschließendem Point-Counting) zu ermitteln (siehe Bild 2). Seite 6 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Bei der magnetinduktiven Ferritbestimmung wird das physikalische Prinzip messtechnisch genutzt, dass ferritische Bereiche eine magnetische Wirkung haben, wobei die magnetische Induktion entsprechend verstärkt wird (Eisenkern!). Diese Verfahren arbeiten quasi integral über einen bestimmten Materialvolumenbereich und erlauben die Ermittlung von Vol.-% Ferrit-Werten bzw. Ferritnummern (FN), wie die einschlägige Literatur anschaulich beschreibt. [4] Die Betrachtung der -Ferrit-Problematik kann dabei prinzipiell auf den Bereich der Schweißnaht konzentriert werden, während in anderen Bereichen auch von typischem Verformungsmartensit aus massiven plastischen Verformungen bzw. starken Schneidoperationen etc. gesprochen werden kann, der ebenfalls entsprechende Ferritwerte messtechnisch ermitteln lässt. Wirkung von Deltaferrit Im schweren Apparatebau mit Wanddicken von > 10 mm zum Verschweißen wurde die Erfahrung gemacht, dass beim Schweißen die Bildung von Deltaferrit von 10 ... 15 Vol.-% sogar erwünscht ist, weil dadurch die sogenannte Heißrissanfälligkeit in der Schweißnaht merklich reduziert werden kann und parallele Nachteile etwa korrosiver Art durch den Deltaferritanteil nicht erkannt wurden bzw. nicht vorgelegen sind. Die Heißrissanfälligkeit ist grundsätzlich als Erstarrungs- bzw. Kristallisationsrissbildung zu verstehen, wobei die Rissbildung unter Einwirkung von Wärmeschrumpf-Zugspannungen entlang der Korngrenzen (Korngrenzenfilmbereiche) erfolgt. Dabei ist zu beachten, dass ferritische Strukturen eine deutlich geringere Wärmedehnung (Schrumpfung) zeigen als die umgebende austenitische Matrix, wodurch das Risiko der Rissbildung bei hohen Temperaturen (knapp unterhalb der Erstarrungstemperatur aus der Schmelze) und eben noch relativ geringer Strukturfestigkeit gemildert wird durch ferritische Phasenstrukturbereiche. Im Pharmaapparatebau ist die Heißrissproblematik dagegen nicht gegeben, da in der Regel kleinere Wanddicken (etwa < 4 mm) verschweißt werden. Korrosionstechnisch liegen in der einschlägigen Literatur neben [5] bisher keine klaren Aussagen bzw. Beispiele vor, dass Deltaferritanteile in der Schweißnaht nachweislich kausal für allfällige nachhaltige Korrosionseffekte verantwortlich gezeichnet haben. Dies als grundsätzliche Vorbemerkung zu allfällig anders lautenden Spekulationen. Hinweise auf eher moderate Korrosionseinflüsse zeigen dabei Bild 7 und Bild 8. Seite 7 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Bild 7 WIG-Schweißen – Bildung von -Ferrit Einfluss von -Ferrit auf das Korrosionsverhalten Korrosionsrate von AISI 316L vs. Ferritgehalt, 25°C, 10% HCl, 96h Korrosionsrate von AISI 316L vs. Ferritgehalt, kochende HNO3, 240h Quelle: R. Morach, Einfluß des -Ferritgehaltes auf das Korrosionsverhalten, Conference Proceedings International Symposium on Orbital Welding, La Baule, France, 24th and 25th April 1997. Bild 8 WIG-Schweißen – Bildung von -Ferrit Einfluss von -Ferrit auf das Korrosionsverhalten CPT vs. SN-Ferritgehalt AISI 316L in 3.56% NaCl (Test gemäß ASTM G 150) CPT vs. Creq/Nieq, AISI 316L in 3.56% NaCl (Test gemäß ASTM G 150) Cr- und Ni-Äquivalente nach HAMMAR und SVENSSON: Creq = Cr + 1.37 Mo + 1.5 Si + 2 Nb + 3 Ti Nieq = Ni + 0.31 Mn + 22 C + 14.2 N + Cu Quelle: S. R. Collins u. P. C. Williams, Weldability and Corrosion Studies of AISI 316L Electropolished Tubing, Conference Proceedings INTERPHEX, S-29, New York, March 22, 2000. Seite 8 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Im Apparate- und Rohrleitungsbau für sensible Pharma- und Biotechnikbereiche (vor allem auch WFI-Anlagen) wurden in den letzten Jahren jedoch Zweifel bekannt, ob nicht doch in den an sich materialtechnisch schwächsten Bereichen der Schweißnaht (Gußstruktur) ein zusätzlicher Deltaferritgehalt eine weitere korrosionstechnische Schwächung und damit eine zusätzliche latente Korrosionsgefahr darstellt. Aus diesem Grunde wurde in dieser Zeit in einer Reihe von Verarbeitungs- und Prüfspezifikationen eine Deltaferritschwelle < 0,5 ... 1,0 Vol.-% Ferrit (heute < 3,0 Vol.-% Ferrit) eingegeben, ohne dass dafür jedoch entsprechende wissenschaftliche Erfahrungen/Grundlagen vorhanden gewesen wären. Die Maßnahmen wurden als eindeutige Prophylaxe gewählt. Die praktische Erfahrung bei der Montage hat gezeigt, dass handelsübliches Material 1.4404/ 1.4435 auch beim hochtechnisierten Orbitalschweißen (ohne Zusatz) nicht gesichert deltaferritfrei verschweißt werden kann. Durch die Verwendung von N2 im Schweißgas/Formiergas werden die Verhältnisse allerdings deutlich verbessert, da N2 ein Austenitbildner ist, wodurch die Deltaferritanteile in der Naht wesentlich reduziert werden können, indem N2 im Schmelzbad teilweise aufgenommen (gelöst) wird. Eine gesicherte Vermeidung von jeglichem Deltaferrit in der Schweißnaht kann jedoch nur durch die Verwendung von Schweißzusatz aus 1.4519/ 1.4539 (Vollaustenit) erreicht werden, wobei jedoch die Schweißaufwände merklich höher und somit teurer werden. Die Möglichkeit, die Schmelzen aus 1.4435 im Rahmen der zulässigen Legierungsbereiche nach EN 10088-1 legierungstechnisch gezielt einzuschränken und damit deutlich in den Austenitbereich abzudrängen (z.B. Obergrenze Ni), um beim Schweißen gesichert im vollaustenitischen Bereich zu bleiben, ist letztlich nicht erfolgreich gewesen, da durch diese Maßnahmen andere wesentliche Materialeigenschaften (etwa mechanische Verarbeitbarkeit sowie einwandfreie und reproduzierbare Verschweißbarkeit) deutlich verschlechtert werden. Die Ausbildung der Deltaferritbereiche in der Schweißnaht wurde in mehreren Versuchsreihen an 1.4404 und 1.4435 überprüft und mit entsprechend einschlägigen Ergebnissen aus der Literatur verglichen. Bei einer Ausbildung von Deltaferritanteilen bis ca. 8 Vol.-% Ferrit zeigen die durchgeführten metallografischen Untersuchungen, dass die Deltaferritphasen vorwiegend im Zentrum des Schweißnahtvolumens vorliegen und im Schweißnahtrandbereich (Wurzel- und Decklagenseite) ausschließlich austenitische Strukturen zu detektieren waren. Diese Erkenntnis erlaubt sowohl wesentliche Schlussfolgerungen betreffend der kausalen Ursachen der Fremdphasenbildung wie auch bezüglich der bauteiltechnischen Wirkung und des betriebstechnischen Verhaltens der Schweißnaht bzw. des Schweißnahtbereiches. Hinsichtlich der metallurgischen Ursachen der Bildung von separaten -ferritreichen Bezirken im Volumenzentrum der Schweißnaht ist nach den bisherigen Erkenntnissen der Literatur gesichert davon auszugehen, dass im Nahtzentrum die Materialerstarrung/Kristallisation Seite 9 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit zeitlich später erfolgt als in den Schweißnahtrandbereichen (Wärmeleitprinzip), wodurch materialtypische Diffusionsprozesse wirken können, welche letztlich Ursache sind für die Ausbildung von gezielten Elementenwanderungen mit dem Ergebnis von Mikroagglomerierungen sowie konsequenterweise Mikroentmischungen, welche schließlich für die Ausbildung von ferritisch kristallisierenden Bezirken verantwortlich sind, während im sofort erstarrenden Randbereich quasi die austenitischen Verhältnisse flink „eingefroren“ werden. Diese Verhältnisse sind metallurgisch anhand von Mikroanalysen nachweisbar u.v.a. auch reproduzierbar sowie thermodynamisch erklärbar über die gesetzmäßigen Mechanismen der temperatur- und konzentrationsabhängigen Diffusionsprozesse im kristallinen Mikrobereich, wobei einzelne Elemente je nach Temperaturzustand verschiedene Bewegungsfähigkeiten zeigen. Dabei ist zu beachten, dass alle entstandenen Kristalle aus ihrer prinzipiellen Zusammensetzung der formalen Legierungsdefinition „Edelstahlkristalle“ bzw. „Mischkristalle“ genügen. 18 % Cr, 12,5 % Ni, 2,51 % Mo ... etwa kristallisiert austenitisch (kfz) 26 % Cr, 8 % Ni, 2,4 % Mo ... etwa kristallisiert dagegen ferritisch (krz). Dabei sind laut einschlägiger Literatur in Schweißnähten von 1.4435 ferritische Grenzkonzentrationen bis 28,6 % Cr + 3,7 % Ni + 3,9 % Mo mittels Mikroanalyse bestimmt worden und belegen klar den beschriebenen Ablaufmechanismus, wobei die lokalen Über- und Untermischungen aus dieser Konsequenz hier im Detail nicht näher behandelt werden sollen. Für die Schweißnahtbereiche mit Deltaferritanteilen hat diese Erkenntnis eine Reihe von grundsätzlichen Folgen. Bei spannungstechnisch und thermisch stabilen Betriebsbedingungen sind (unverschliffene) Orbitalnähte infolge -Ferrit-Anteilen bis ca. 5 Vol.-% Ferrit mit ausreichender Sicherheit nicht bedenklich, da die -Ferrit-Bezirke im Schweißnahtinneren keinen Medienkontakt haben und insohin korrosionstechnisch keine Wechselwirkung zu erwarten ist. Bei Belastungen bis ca. 200° C sind aufgrund der metallisch stabilen Strukturen auch festigkeitstechnisch keinerlei Probleme zu erwarten, wenngleich v.a. bei dynamischen Belastungen die unterschiedlichen Verhaltensweisen bezüglich Wärmeleitfähigkeit und Spannungs-Dehnungsverhalten zu berücksichtigen sind. Seite 10 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Im Falle von mechanisch verschliffenen Schweißnähten (etwa blecheben verschliffenen Schweißnähten in Behältern) stellt sich die Problematik jedoch völlig anders dar, da die ferritischen Bereiche der Schweißnaht durch den mechanischen Schliff plötzlich zur medienberührenden Oberfläche werden und dabei allfälligen korrosiven Angriffen des Mediums ausgesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die ferritischen Bezirke ohne jeden Zweifel korrosionstechnisch kaum schwächer besetzt sind, als die austenitische Matrix. Korrosionstechnisch kritisch sind v. a. die Phasenübergangsbereiche. Versuche in diese Richtung auf der Basis des chemischen Beizens mit HF + HNO3-Mischungen (kontrollierte korrosive Wirkungen) bzw. mittels elektrochemischen Polierens von freigelegten ferritischen Bezirken (Bild 4 und 5) zeigen einen verstärkten lokalen Abtrag und erlauben insohin auch die Schlussfolgerung, dass eindeutig korrosionstechnisch geschwächte Übergangsbereiche vorliegen bei Bildung von -FerritPhasen in der Austenitmatrix, sofern diese Bereiche mit dem Medium im Betrieb direkt in Kontakt kommen. In diesem Zusammenhang ist es als durchaus sinnvoll zu empfehlen, Behälterschweißnähte, welche aus anderen technologischen Gründen blecheben verschliffen werden müssen, mittels rein austenitischer Schweißnahtzusatzmaterialien (etwa 1.4519/1.4539) zu verschweißen, um die Bildung von -Ferrit-Bezirken sicher zu vermeiden. Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt betreffend Deltaferritbildungen in der Schweißnaht ist darin zu sehen, dass ferritische Kristallstrukturen eine deutlich höhere Löslichkeit für Verunreinigungen zeigen als austentitische Strukturen. Deltaferritbildungen in der Schweißnaht vermindern deshalb das Auftreten von Schlackebildungen auf der Schweißnaht aufgrund des erhöhten Lösevermögens für Al, Si, Ca, Ti und Zr im (ferritischen) Gefügeverband. Die Beeinflussung von typischer Rougingbildung durch Deltaferrit bis 5 Vol.-% in der Schweißnaht kann dabei nach bisherigen Untersuchungen ebenfalls ausgeschlossen werden [6]. Schlussbemerkungen Die Bildung von -Ferrit-Anteilen in Schweißnähten von Mat. 1.4435/1.4404 v. a. beim zusatzfreien Orbitalschweißen von Rohren und Rohrteilen ist bekannt, wobei die kausalen metallurgischen Ursachen eindeutig nachvollziehbar sind. Eine gefügetechnische Erholung zur Entfernung der -Ferrit-Anteile durch Lösungsglühen ist dabei fertigungstechnisch in den meisten Fällen nicht möglich. Seite 11 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Versuche haben dabei gezeigt, dass Gefügebereiche mit -Ferrit-Anteilen korrosionstechnisch im Phasenübergangsbereich deutlich weniger widerstandsfähig sind, als die deltaferritfreien austentischen Bereiche der Legierung. Weiters hat sich gezeigt, dass bei durchaus üblichen -Ferrit-Anteilen bis ca. 8 Vol.-% Ferrit in der Schweißnaht die -Ferrit-Bezirke vorwiegend im Inneren des Nahtvolumens vorliegen und an den Schweißnahtvolumenrandbereichen (Wurzel und Decklage) eindeutig austenitisches Gefüge erkannt wird, sodass bei mechanisch nicht verschliffenen Schweißnähten im Anlagenbetrieb gesichert kein Kontakt zwischen -Ferrit-Phasenbereichen und dem Medium zu erwarten ist und dadurch keinerlei korrosionstechnische Relevanzen gegeben sind. Diese faktische Tatsache ist offenbar auch die Antwort auf die temporären technischen Unklarheiten in der Beurteilung der latenten Korrosionsgefahr von Deltaferritanteilen bei Schweißnähten – im Besonderen bei Rohrrundschweißnähten. Diese Verhältnisse sind speziell für Orbitalnähte von Rohren/Rohrteilen ohne Zusatzmaterial von wesentlicher (entschärfender) Bedeutung; allerdings eher kritisch in die andere Argumentationsrichtung für blecheben verschliffene Schweißnähte im Innenbereich der Behälter und Apparate, wo nach dem Schleifen im Schweißnahtbereich bei Vorlage von Deltaferritbezirken minder korrosionsbeständige Phasenübergangsbereiche freiliegen. Orbitalnähte von Rohren und Rohrleitungen sind insohin für -Ferrit-Anteile bis 3 Vol.-% Ferrit in chloridhaltigen Medien (bzw. bis 5 Vol.-% in chloridfreien Lösungen < 5 ppm Cl-) verfahrenstechnisch für einen störungsfreien Betriebsablauf unbedenklich, sofern die Nähte nicht mechanisch (blecheben) verschliffen werden. Dabei lassen geringe Deltaferritanteile die Schlackebildung auf der Naht infolge erhöhten Verunreinigungslösevermögens in der Strukturmatrix merklich reduzieren. Behälterbaunähte, die im Innenbereich blecheben verschliffen werden, sollten mit vollaustenitischem Zusatz auf -Ferrit < 0,5 Vol.-% Ferrit verschweißt werden, um lokale Korrosionsangriffe im praktischen Anlagenbetrieb gesichert vermeiden zu können. Seite 12 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com Fachbericht 0320299 Hinweise zur Bildung, Entstehung und Wirkung von (Delta)-Ferrit in austenitischen Edelstahllegierungen (Werkstoffnummern 1.4404 / 1.4435) Stichworte : Korrosion, Deltaferrit Literatur: [1] BCI N 11.265, Baseler Norm BN 2, Baseler Chemische Industrie [2] Schulze, Krafka, Neumann, Schweißtechnik, VDI-Verlag Düsseldorf 1992 [3] Sunniva R. Colins and Peter C. Williams, ”Electropolished Tubing: Avoiding Corrosion in Welded Applications”, Chemical Processing, December 2000 [4] Benedikt Henkel, „Beeinflussbarkeit des (Delta)-Ferritgehaltes beim WolframIntergas Orbitalschweißen dünnwandiger austenitischer Rohre“, Diplomarbeit, Techn. Universität Wien, 1999 [5] Morach R. and P. Ginter, “Influence of Low d-Ferrite Content on the Behaviour of Stainless Steel”, Stainless Steel World, September 1997 [6] Troels Mathiesen, Jan Rau, Jan E. Frantsen, Jorma Terävä, Per-Ake Björnstedt and Benedikt Henkel; „Using Exposure Tests to Examine Rouging of Stainless Steel”, Pharmaceutical Engineering July/August 2002 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG Für weitere Auskünfte stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung [email protected] Seite 13 / 13 HENKEL Beiz- und Elektropoliertechnik GmbH & Co. KG | www.henkel-epol.com DIENSTLEISTUNGEN UND PRODUKTE IM ÜBERBLICK Behandlungsverfahren von Metalloberflächen Chemisches Beizen, Chemisches Polieren, Elektrochemisches und chemisches Entgraten, Elektrochemisches Polieren, Passivieren, Derougen und professionelles Repassivieren, Färben von Edelstahl, Reinraumbehandlung und Qualitäts-Management. 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HENKEL Kémiai és Elektrokémiai Felületkezelö Kft H – 9172 Györzámoly, Központi Major Tel : + 36 (0) 96 / 352 - 035 Fax : + 36 (0) 96 / 585 - 035 [email protected] www.henkel-epol.com Rohre, Formteile, Sonderteile, Wärmetauscherrohre/-platten, Ventile, Pumpen, Leiterplatten, Lagerbehälter, Misch- und Ansatzbehälter, Kryostaten, Fermenter, Rührwerke und Einbauten, Reaktoren, Apparate und Anlagensysteme. Werkstoffe Technische Beratung / Schulung Oberflächenbehandlungsspezifikationen, Sonderlegierungen, Werkstoffwahl und Korrosionsschutz. Edelstahl (u.a. 1.4435, 1.4404/ 316L, 1.4539/ 904L, etc.), Nickel und Nickellegierungen (u.a. Alloy 59, Hastelloy®, Inconel®), Duplex, Aluminium, Kupfer, Niob, Titan, Nitinol, Zirkonium, C-Stahl. 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