Das Trauma Vietnam im amerikanischen Film
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Das Trauma Vietnam im amerikanischen Film
gulliver Deutsch-Englische Jahrbücher German-English Yearbook Band 21 AM ER I(K) K A » The Sixties « Herausgeben von Lawrence Guntner, Dieter Herms und Ingrid Kerkhoff Mit Beiträgen von Elisabeth Chamorand, Gregory Claeys, Claudia Dziobek/ John Garrett, Lawrence Guntner, Wolfgang Karrer, Ingrid Kerkhoff, Günter H. Lenz, Peter Rodenberg u.a. ARGUMENT-Sonderband AS 156 Redaktion Gulliver: Dieter Herms, Dirk Roerder Ingrid Kerkhoff, Bernd-Peter Lange, Reiner Lehberger, Anna Maria Stuby Redaktionsadresse: Gulliver Redaktion, Dieter Herms, Parkallee 227, 2800 Bremen Tel. 0421 - 21 49 28 Ständige Mitarbeiter: Gudrun Boch (Bremen), David Craig (Lancaster), Philip S. Foner (Philadelphia), Frank Gatter (Nienburg), Lawrence Guntner (Braunschweig), Wolfgang Karrer (Osnabrück), H. Gustav Klaus (Osnabrück), Wolfgang Klooß (Kiel), Jürgen Kramer (Bielefeld), Hartmut Lutz (Osnabrück), Priscilla Metscher (Oldenburg), Thomas Metscher (Bremen), Raymond Southall (Wollongong, Australien), Ian Watson (Bremen) Alle Rechte vorbehalten © Argument-Verlag 1987 Argument-Verlagsbüro: Rentzelstr. 1, 2000 Hamburg 13, 040/45 60 18 Argument-Redaktion: Tegeler Str. 6, 1000 Berlin 65, 030/46180 49 Umschlaggestaltung: Johannes Nawrath, Hamburg PC-Texterfassung durch Ursula Bauer, Bremen Konvertierung: Karl Heinz Wagner, Bremen Druck: alfa Druck, Göttingen CIIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Ameri(k)ka: »The Sixties« / hrsg. von Lawrence Guntner ... Mit Beitr. von Elisabeth Chamorand ... - 1. - 3. Tsd. - Berlin; Hamburg; Argument-Verl., 1987 (Gulliver; Bd. 21) (Das Argument: Argument Sonderband; AS 156) ISBN 3-88619-156-7 NE: Guntner, Lawrence (Hrsg.); Chamorand, Elisabeth (Mitverf.); Das Argument / Argument-Sonderband; 1. GT 114 Hans-Peter Rodenberg Coming Home from the Apocalypse: Das Trauma Vietnam im amerikanischen Film “It is astonishing, given our history as a nation, how many Americans still struggle to maintain the myth of our innocence. [...] And that is what we have been doing since the end of the war in Vietnam: struggling not to see, struggling to pretend, trying to regain or simply not lose an innocence to which we no longer have a right - if we ever did - today claim”, beginnt Robert Weaver seine Kritik in Vietnam: A Television History, der momentalen Fernsehdokumentation, die 1983 vom PBS ausgestrahlt wurde (Marin 1983, 11). Und in der Tat ist die Geschichte des Vietnamkrieges auf Zelluloid denn auch vor allem die Geschichte einer gescheiterten Bewältigung, der oftmals mißglückte Versuch, mit einer der schmerzhaftesten narzißstischen Kränkungen fertigzuwerden, die der US-amerikanische Imperialismus in seiner Geschichte erfahren hat. 1. Verfremdung: Die Zeit während des Vietnam-Krieges Von Beginn an hat sich Hollywood des Dramas, das für die USA im Dezember 1962 mit der Entsendung von 400 “military advisors” durch Präsident Kennedy begann und das schließlich die Nation in zwei Lager spalten sollte, nur zögernd angenommen. Zwar schrieb John Wayne im Dezember 1965 an Präsident Johnson über seine Absicht, einen Film über die Green Berets zu drehen, es sei „extremely important that not only the people of the United States but those all over the world should know why it is necessary for us to be there. [...] The most effective way to accomplish this is through the motion picture medium?“ (zit. n. Suid 1979, 20). Der Film wurde jedoch durch das eigene Medium konterkariert - im Zeitalter der Fernsehberichterstattung konnte eine Rechnung, die hoffte, umstandlos auf die aus dem “combat film” des Zweiten Weltkriegs gewohnten ideologischen Formeln zurückgreifen zu können, nur unvollständig aufgehen. Als Waynes reaktionäres Lichtspiel The Green Berets 1968 schließlich in die US-amerikanischen Kinos kam, traf es auf eine polarisierte Öffentlichkeit, die gerade unter dem Schock der Bilder der Tet Offensive stand, die den Siegesmeldungen General Westmorelands Hohn sprachen und die den Argumenten der Anti-Vietnambewegung Recht zu geben schienen, die sich seit etwa Mitte der 60er Jahre als Ableger der Bürgerrechtsbewegung und der SDS (Students for a Democratic Society) zu formieren begonnen hatte. Vor allem der mangelnde Realismus des Films wurde von der Kritik moniert, seine Cowboys vs. Indians-Perspektive, die mit der Realität des Krieges in Vietnam nichts zu tun hatte (vgl. Morgenstern 1968 und auch Claeys im vorliegenden Band). Es spricht für die trotzdem noch vorhandene Verdrängung, daß daraus nun ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 115 nicht unbedingt folgte, daß kritische Stellungnahmen mehr Erfolg gehabt hätten: Der Dokumentarfilm In the Year of the Pig von Emile de Antonio beispielsweise, der sich mit den Vorgängen in Vietnam von der französischen Niederlage bei Dien Bien Phu 1954 bis zur Tet Offensive 1968 befaßte, blieb weitgehend unbeachtet, während The Green Berets ungeachtet seiner negativen Kritiken ein Kassenerfolg wurde. (Ähnlich sollte es 1974 Peter Davis’ Dokumentation Hearts and Minds ergehen, die zwar die Academy Award gewann, außerhalb der akademischen Offentlichkeit jedoch wenig Resonanz fand.) 1970 erschütterte dann die Enthüllung des Massakers von My Lai die amerikanische Öffentlichkeit, bei dem am 16. März 1968 mehr als 347 alte Männer, Frauen, Kinder und Babies durch US-Truppen unter Führung von Lieutenant William Calley niedergemetzelt worden waren, nachdem man drei Feuerwaffen bei ihnen gefunden hatte. Der Militärbericht hatte 1968 nur von 128 “enemy soldiers” und einem Feuergefecht gesprochen, und General Westmoreland hatte der Einheit sogar zu der “outstanding action” gratuliert. Es spricht für die Verunsicherung, die diese Nachricht und die nun vermehrt aufgedeckten Kriegsverbrechen US-amerikanischer Truppen in Vietnam in dem Selbstbewußtsein der USA auslösten, daß es gerade das Genre des Western war, in dem diese Erschütterung zuerst ihren Niederschlag fand. Irritiert suchte man in der eigenen Geschichte Parallelen und fand sie: Bereits 1966 hatte Richard Brooks so als eine der ersten dieser Parabeln den Western The Professionals gedreht, der auf den Zynismus professioneller Killer wie der berüchtigten Special Forces, der Green Berets, abhob. 1970 entstanden dann gleichzeitig Arthur Penns Little Big Man und Ralph Nelsons Soldier Blue. Der imperialistische Krieg in Vietnam wird in diesen Filmen zur bruchlosen Fortsetzung des Genozids an den Native Americans: Eine der erschütterndsten Szenen von Little Big Man ist das Massaker am Washita River in Oklahoma, in dem am 27. November 1868 700 Soldaten der Kavallerie unter Führung von General Custer, damals noch Colonel, 153 männlichen Cheyenne getötet hatten und auch Frauen und Kinder nicht verschont wurden - nur 53 von ihnen wurden nach dem Gemetzel nach Fort Hays gebracht. Und auch in Soldier Blue dient eine der furchtbarsten Episoden der Indianer-Kriege als Ausgangspunkt der Reflexion des amerikanischen Militarismus und Rassismus der Gegenwart: Grausamer Höhepunkt des Film ist das sogenannte Sand Creek-Massaker von 1864, in dem ein ganzes Dorf der Cheyenne in einer sinnlosen Aktion von US-Truppen unter Colonel Chivington überfallen und zusammengeschossen wurde. Der sogenannte “Vietnam Western” blieb jedoch eine vorübergehende Erscheinung. Zu unvereinbar schienen die darin gezeigten Grausamkeiten mit dem Selbstbild der USA als einer aufgeklärten Nation, zu deutlich waren die Parallelen zu der rassistischen Rhetorik des erneuten Genozids in Vietnam, in dem die Vernichtungsunternehmen Namen trugen wie “Rolling Thunder”, “Prairie”, “Daniel Boone” oder sogar “Crazy Horse”, als daß, was Gilbert Adair “a kind of self- imposed censorship” Hollywoods genannt hat (Adair 1981, 10), diese Denunziation hätte dulden können. ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 116 Als wesentlich unverfänglicher erwies sich dagegen der Rückgriff auf satirische Auseinandersetzungen mit bereits vergangenen Kriegen der USA: In Robert Altmans M*A*S*H beispielsweise, einer Adaption von Richard Hookers Roman über den Koreakrieg, sind es die drei wehrpflichtigen Ärzte Hawkeye (Donald Sutherland), Duke (Tom Skerritt) und Trapper John (Elliot Gould), die in ihrem hippiesken Hedonismus gegen die “straights”, das Establishment, stehen. Entblößung ist hier die durchgängige Metapher. Fast symbolisch zeigt die schöne, aber zugeknöpfte Oberschwester Major Margret O’Houlihan (Sally Kellerman) zum schadenfreudigen Vergnügen der Helden schon beim Ausstieg aus dem Hubschrauber Strapse, durch einen boshaften Streich kann das ganze Lager über Lautsprecher ihr Liebesgestöhne mithören und ihr Liebhaber, der ebenso militär- wie gottesfürchtige Major Burns, wird nach einer Diskussion mit Hawkeye, ob “Hot Lips” denn beim Liebesakt nun stöhne oder schreie, in einer Zwangsjacke abgeführt. Die drei wehrpflichtigen Helden drehen alles um; sie flicken und heilen zwar, aber durch Jux. Formal sind sie zwar Soldaten, tatsächlich aber haben sie nichts im Sinn mit den Regeln der US-Army; sie flirten, feixen, bekehren auch andere zu ihrem unbekümmerten, anarchischen Hedonismus. Gerade in diesem fröhlichen Zynismus allerdings zeigt sich die verdrängende Abwehr. M*A*S*H ist zwar ebenso wie der ein Jahr später von Mike Nichols nach dem Roman von Joseph Heller gedrehte Film Catch 22 ein Anti-Kriegsfilm, indem er die Regeln verletzt und den Krieg und die Kräfte, die hinter ihm stehen, als absurd in sich entblößt, die politische Analyse der Hintergründe des Geschehens als eigentlich moralische Reflexion wird jedoch zugunsten des befreienden Gelächters verdrängt. Der tatsächliche Horror des amerikanischen Militarismus bleibt zugunsten des anarchischen Klamauks und der sexistischen Unterhaltung ausgespart. Bezeichnend wurde M*A*S*H nach dem Erfolg des Films 1972 in eine Fernsehserie umgewandelt und überdauerte mit seiner elfjährigen Laufzeit unbeschadet den gesamten Vietnamkrieg. 2. Besinnung: Coming Home in den 70ern Von einigen Filmen wie beispielsweise Greetings (1968) von Brian DePalma oder Stuart Hagmans The Strawberry Statement (1970) abgesehen, die Themen wie Wehrdienstverweigerung und Campusrevolte aufgreifen, schienen US-amerikanische Filmemacher erst nach dem Ende des Vietnamkrieges ernsthaft bereit, Filme zu produzieren und eine Symbolsprache zu suchen, die sich direkt mit der Katastrophe in Südostasien auseinandersetzten. Mit den Heimkehrern aus Vietnam konfrontiert, konnte die bürgerliche Öffentlichkeit die Folgen der von ihr angeordneten Gewalt zwar in Bezug auf das Schicksal der Vietnamesen verdrängen, nicht länger ignorieren konnte sie das subversive Potential von Tausenden desillusionierter, psychisch und physisch verkrüppelter junger Männer im eigenen Land das ideologisch zu binden war. Nach ersten Versuchen wie The Visitors von Elia Kazan (1972), Welcome Home, Jonny ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 117 Bristol von George McCowans (1972) oder Mark Robsons Limbo (1973) häuften sich diese Versuche, “to confront Viet Nam through its veterans” (Hellman 1986, 101), gegen Ende der 70er Jahre mit Filmen wie Paul Kagans Heroes (1977) oder Dog Soldiers (1978) von Karel Reisz (nach dem Roman von Robert Stone) und fanden 1978 mit der Starbesetzung von Hal Ashbys Coming Home ihren zwar nicht qualitativen, aber spektakulären Höhepunkt. Der Film beginnt mit einer Reihe von Einstellungen, die eine Gruppe von jungen, körperbehinderten Veteranen zeigen, die ihre Rolle in dem Krieg diskutieren. Unter ihnen ist Luke Martin (Jon Voight), der durch einen Granatensplitter hüftabwärts gelähmt ist. In ironischem Kontrast dazu werden danach zwei Männer vorgestellt, die kurz vor ihrer Versetzung nach Vietnam stehen: Captain Bob Ride (Bruce Dern) und sein Freund Dink (Robert Ginty) ergehen sich in Macho-Bemerkungen über den Krieg und ihre Frauen. Nach Bobs Abreise meldet sich Sally (Jane Fonda), seine Frau, freiwillig zum Dienst in einem Veteranenhospital. Was nun folgt, ist die für Hollywood aufbereitete Emanzipation einer statusbewußten, spießigen Offiziersgattin. Im Hospital lernt Sally Luke kennen. In einem langwierigen Prozeß des Lernens und Umdenkens verlieben sich die beiden - einer der symbolträchtigen Höhepunkte des Films wird der einfühlsam in Szene gesetzte Augenblick sein, in dem Sally und Luke einander lieben und Sally trotz der Behinderung ihres Partners dabei zum ersten Mal einen Orgasmus erlebt. Seine politische Dimension erhält der Film, als Lukes bester Freund im Veterans Hospital den Druck der Erinnerung nicht mehr aushält und Suizid begeht. Was Lukes Verwundung nicht schaffte, löst dieser Vorfall aus - er wird zum aktiven Anti-Vietnam Kämpfer. In einer verzweifelten Protestaktion kettet er sich an das Eingangstor der Rekrutierungsstelle des Marine Corps. Am Ende des Films wird zu sehen sein, wie er vor einer Gruppe von High School Schülern spricht und versucht ihnen klarzumachen, daß die tatsächliche Erfahrung des Krieges nichts mit dem zu tun habe, was sie im Kino oder in den Comics sähen, und daß die psychischen Wunden, die er verursache, schlimmer seien als die sichtbaren körperlichen Verletzungen. Parallel dazu montiert Ashby Einstellungen von Sallys inzwischen aus Vietnam zurückgekehrten Mann Bob, wie er am Strand seine Kleidung ablegt und durch Hinausschwimmen aufs Meer Suizid begeht. Vietnam hat seine bourgeoisen Werte bis ins kleinste zerstört: Seine Frau liebt das komplette Gegenstück von ihm selbst, und nicht für eine Heldentat, wie er es sich erträumt hatte, sondern für einen Unfall, bei dem er sich selbst ins Bein geschossen hatte, hat er einen Orden verliehen bekommen. An Coming Home zeigt sich das Dilemma vieler der Veteranenfilme. Was zunächst wie die endlich überfällige Analyse des vietnamesischen Debakels aussieht, enthüllt sich zumeist schnell als Flucht in das private Idyll. Luke bemerkt nach seiner Protestaktion im Fernsehen: I’m here because I’m trying to tell people, man, if we want to commit suicide, we have plenty of reasons to do it right here at home. We don’t have to go to Vietnam to find a ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 118 reason to kill ourselves. There’s nothing why we should be over there. Deutlich fällt Ashby hier hinter die Erkenntnisse der studentischen AntiVietnambewegung und auch der VVAW (Vietnam Veterans Against the War) zurück. Der Krieg erscheint allein als sinnloses Unternehmen, als administrative Fehlentscheidung. So sehr dem Film zugutezuhalten ist, daß er gerade durch sein Anknüpfen an die Tradition des Hollywood-Melodrams Identifikationsmöglichkeiten schuf und so den psychologischen Aspekt des vietnamesischen Traumas auch für ein breiteres Publikum wirkungsvoll in Szene setzte, so sehr erscheint Vietnam in Coming Home immer noch als ein Krieg, der weit weg stattgefunden hat, dessen Verbrechen nicht vor allem in der der imperialistischer Logik folgenden Unterdrückung der Befreiungsbewegung eines geknechteten Landes zu suchen ist, sondern allein in dem Leiden, das er in den beteiligten Amerikanern ausgelöst hat. Neben Low Budget-Produktionen wie Winter Soldier (1972), einem Dokumentarfilm über ein von den VVAW veranstaltetes Öffentliches Hearing zu Kriegsverbrechen in Vietnam, ist Solidarität mit der unterdrückten Bevölkerung in Vietnam denn auch meist nur Filmen zu entnehmen, die von Regisseuren gedreht wurden, die selbst einer unterdrückten Minorität in den USA angehören. In Ashes and Embers, einem Film des Äthiopiers Haile Gerima, kehrt ein schwarzer GI aus dem Vietnamkrieg zurück. Desorientiert fühlt er sich zunächst weder von seinen politisierten Freunden noch von seiner Freundin verstanden. Erst als seine erdverbundene Großmutter ihm die psychologische Bedeutung des Stückchens Land vermitteln kann, das sie besitzt und für das seine Vorfahren, freigelassene Sklaven, als eine Heimat nach dem Verlust der afrikanischen gekämpft hatten, löst sich der Knoten: Ihm wird klar, daß auch in Vietnam nur Menschen ihre Heimat verteidigt hatten. Seine Verwirrung resultierte daraus, daß er, der selbst einer unterdrückten Minorität angehörte, indem er nun auf seiten der Unterdrücker gegen die Vietnamesen kämpfte, dort die ganze Zeit auch gegen sich selbst gekämpft hatte. Nach der Kontroverse um The Green Berets hatte Hollywood es vermieden, noch einmal mehr als marginal direkt auf die Kampfhandlungen in Vietnam einzugehen. Eine Ausnahme bildete 1979 Francis Ford Coppolas monumentales Epos Apocalypse Now, das, vage an Heart of Darkness angelehnt, Joseph Conrads Parabel über Imperialismus und Grausamkeit, als filmisch elaboriertestes und innovativstes Werk monolithisch aus den US-amerikanischen Prodliktionen über Vietnam herausragt. Die Handlung des Films ist eher karg: 1969 erhält Captain Willard (Martin Sheen) von den berüchtigten Special Forces im Hauptquartier des CIA in Da Nang den Auftrag, jenseits der vietnamesischen Grenze in Kambodscha einen gewissen Colonel Kurtz zu liquidieren, der dort mit einer Privatarmee aus US-Deserteuren und Montagnards, einem vietnamesisch-kambodschanischen Bergstamm, gnadenlos und von seinen Kämpfern wie eine mythische Figur verehrt in seinem Dschungelreich herrscht. ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 119 Die Fahrt des Patrouillenbootes, mit dem Willard und seine kleine Truppe den Fluß hinauffahren, wird zu einem Alptraum, der faszinierend und schrecklich zugleich ist. In Coppolas Vietnam rattern Salven aus elektronisch gesteuerten Maschinengewehren, die in Panik von bekifften Freaks bedient werden, während sie die Songs der Rolling Stones und Doors hören. Ein vietnamesisches Dorf, dessen Kampfwille nicht zu brechen war, wird von einem B-52-Geschwader in die “Steinzeit zurückgebombt”, einzig weil der kommandierende Offizier einige seiner Leute wellenreiten sehen möchte und die Brandung vor dem Dorf hervorragende Wellen für diesen Sport erzeugt. Aus einer der Lautsprecherboxen der angreifenden Helikopter dröhnt Wagners “Walkürenritt”: Der Krieg wird zum grausigen Happening, in dem derealisierte Menschen dem Ansturm des Unfaßbaren ihre “kicks” entgegensetzen. In einem Interview mit H.C. Blumenberg bemerkte Coppola: Ich habe den Film mehr von einer Drogen-Sensibilität her gemacht. Es geht ganz eindeutig nicht um das wirkliche Vietnam ... Es sollte ein Film der Gefühle, der Impressionen werden (zit. n. Weine 1986, 150). Wie schon in Conrads Vorlage überlagern sich dabei Innen und Außen: Auf dem Weg zu Kurtz’ Lager wird Willard immer wieder dessen Geheimakte studieren. Das Dossier schildert ihn als einen reflektierten Menschen voller Entschlossenheit und Güte, das Musterbeispiel eines hochkarätigen Offiziers. Seine Aktionen deuten denn auch weniger auf Wahnsinn hin als auf einen extremen Verschleiß an Seele und Moral. Je näher Willard ihm kommt, um so mehr identifiziert er sich mit dem Mann, den er umbringen soll und der irgendwann aus seinem Dschungelreich an seine Frau geschrieben hat: “I am beyond that timid line of morality, so I am beyond caring”. Allmählich wird Willard bewußt, daß sein Schicksal mit dem seines Opfers untrennbar verbunden ist: Er muß Kurtz töten, um sich und ihn zu erlösen. Die zivilisierte Rationalität muß über den archaischen Schrecken siegen, jedoch nicht ohne selbst vorher tief in ihn eingedrungen zu sein. Kurtz’ Liquidation durch Willard wird denn auch zum kathartischen Ritual - die Takes von der Bewegung des auf Kurtz niederfallenden Hackmessers sind demonstrativ parallel montiert mit denen der auf einen Büffel niedersausenden Opfermesser der Montagnards vor der Tür zu Kurtz’ palastartiger Behausung. Während Kurtz mit den Worten “The Horror ... the Horror” stirbt, zeigt die Kamera in mehrfachen Uberblendungen Willard auf dem Bug seines Bootes, in Untersicht und im Gegenlicht nun selbst von einer Aura umgeben, aber eben flußabwärts, zur Zivilisation zurückkehrend. Coppolas Film ist vorzuwerfen, daß er mit Ausnahme der Sequenz des sinnlos angegriffenen vietnamesischen Dorfes wenig Gedanken auf die andere Seite, die von einer imperialistischen Macht überfallene wehrlose Bevölkerung und damit die kausale Reflexion des Krieges in Vietnam verschwendete. Und auch die weniger wehrlosen Montagnards bleiben meist gesichtslose, in ihren Handlungen exotisch fremde und unverständliche “Wilde”, die nicht als humane Wesen erkennbar werden, sondern - in ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 120 typischer kolonialimperialistischer Perspektive - lediglich “backdrop function” erfüllen. Was Apocalypse Now jedoch überzeugender als alle anderen Filme davor und danach schafft, ist, die unbewußte Dimension des Kriegsalltags in Vietnam in Szene zu setzen, jenes psychotisierte Bewußtsein, das in einer Mischung aus verfremdender Ästhetisierung des Geschehens und Triebentbindung die Folgen der amerikanischen Aggression in Vietnam zu überleben hoffte und doch trotzdem immer wieder von dem aus dem Paradies ausbrechenden Grauen eingeholt wurde, das letztlich nur die Spiegelung des eigenen Handelns war. Allerdings, und dies zeigt sich auch an der vorwiegend literar- und mythokritischen Rezeption des Films (vgl. Geng 1979, Steward 1980, Kinder 1979/80), löste er diese Erfahrung nicht kritisch auf, sondern verfiel selbst immer wieder einer enthistorisierenden Faszination wie es nicht zuletzt auch die von seiner Frau Eleanor beschriebene persönliche Identifikation von Dreharbeiten und tatsächlichem Krieg in Vietnam nahelegt (vgl. Coppola 1980)., Als Coppolas Film 1979 erschien, standen die USA innenpolitisch vor der Wende. Ökonomische Krisen und das verunsicherte Bewußtsein zeitigten ihre Folgen in einem psychologischen Roll-back, der schließlich mit der Wahl Ronald Reagans zum Präsidenten seinen Höhepunkt finden sollte. War Coppolas Apocalypse Now noch einmal der umfassende Versuch, dem Vietnamkrieg in den Schreckensvision-en der entfesselten Psyche ein mahnendes Zeichen zu setzen, zeigten sich in dem anderen monumentalen Vietnamfilm dieser Zeit, in Micheal Ciminos The Deer Hunter, bereits deutliche Züge, die Erfahrung von Vietnam reaktionär umzuinterpretieren. Es ist das Jahr 1968. Nick (Christopher Walken), Michael (Robert de Niro) und Steven (John Savage), die in einem Stahlwerk in Clairton, Pa., arbeiten, stehen kurz vor der Einberufung nach Vietnam. Steven heiratet noch schnell, und Mike und Nick gehen ein letztes Mal auf die Jagd, die Cimino in einer großartigen mise en scène verfolgt. Zwei Jahre später: Alle drei sind in vietnamesischer Gefangenschaft, wo die zentrale Metapher des Films eingeführt wird: Zu ihrem Zeitvertreib veranstalten die Aufseher mit den Inhaftierten ein grausames “Russisch Roulette”. Erst durch einen verwegenen Trick Michaels, der vorgibt, das Spiel auf die Spitze treiben zu wollen und sich drei Patronen in den Revolver laden läßt, können die Freunde fliehen. Auf der Flucht werden sie jedoch getrennt. Steven wird schwer verletzt - Michael wird ihn, nachdem er ihn auf seinem Rücken in Sicherheit gebracht hat, erst in den USA als beinamputierten Krüppel in einem Veterans Hospital wiedersehen. Nick taucht, neurotisch auf die Wiederholung der traumatischen Situation des Russisch Roulette fixiert, im Vergnügungsviertel von Saigon unter, wo das Spiel von Drogenabhängigen um Geld gespielt wird. Nur Michael kommt unversehrt und hochdekoriert nach Clairton zurück, hat aber trotz der Einfühlsamkeit seiner Jugendliebe Linda (Meryl Streep) ebenfalls Schwierigkeiten, sich wieder an den normalen Alltag zu gewöhnen. Als er erfährt, daß jeden Monat bei Linda, der wiederum Nick vor seiner Abfahrt nach Vietnam ein Heiratsversprechen gemacht ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 121 hat, aus Saigon eine hohe Summe Geldes eintrifft, macht er sich auf, seinen Freund dort zu suchen. Saigon steht kurz vor der Übergabe an die siegreiche Volksarmee Ho-Tschi Minhs. Michael findet Nick, wie er es geahnt hat, in einer Spielhölle, wo das tödliche Spiel des Russisch Roulette sich unverminderter Popularität erfreut. Er versucht Nick zu beschwören, mit ihm zu kommen. Psychisch ausgebrannt wie Nick ist, erkennt ihn dieser jedoch nicht mehr. Verzweifelt fordert Michael ihn heraus. Beide überleben die erste Runde, beim zweiten Mal jedoch geschieht das längst Überfällige - Nick schießt sich eine Kugel in den Kopf. Damit scheint der Spuk Vietnam endgültig vorbei: The Deer Hunter schließt damit, daß nach dem Begräbnis des in die USA überführten Leichnams von Nick Kriegsheimkehrer und Freunde in ein sentimentales “God bless America” einstimmen. The Deer Hunter ist ein Film urkonservativer Metaphern und Bilder. In seiner Idealisierung des charismatischen Helden/Führers, seinem Einsatz des Gewehrs/Revolvers ab Zeichen vorhandener/fehlender Virilität, seiner Hypostase der (ukrainischen) Einwanderergemeinschaft und seiner “wilderness”-Metaphorik hat er weniger mit Vietnam zu tun als vielmehr mit einer Reinterpretation uramerikanischer Mythen -Don Francis hat in ihm so die mythische Landschaft des “American Garden” entdeckt (Francis 1983) und David Axeen hat ihn einen “Eastern Western” genannt (Axeen 1979). Trotz beachtlicher Leistungen in der Regie auch filmisch eher konservativ, bestätigt The Deer Hunter den amerikanischen Zuschauer weitab von einer kritischen Analyse des Geschehens von der Rechtmäßigkeit der US-amerikanischen Präsenz in Vietnam. “Serving God and Country proudly” lautet das Spruchband über dem Saal, in dem zu Beginn des Films die Hochzeitsfeier von Stevie stattfindet und von dem aus die Männer der Hochzeitsgesellschaft in der Morgendämmerung zu ihrer Jagd aufbrechen. Und in Vietnam reiht sich ein xenophobisches Stereotyp an das andere. Es ist ein verkommener Franzose, der den nach seiner Gesundung ziellos durch Saigon streifenden Nick zum Zuschauen beim Russisch Roulette in der Spielhölle verführt. Und mit Ausnahme der Flüchtlinge und Zurückgebliebenen in Saigon werden alle Vietnamesen in dem Film als hemmungslose Spieler oder Sadisten dargestellt: Das einzige Interesse der Vietcong, die die drei Helden gefangen genommen haben, scheint nicht etwa der Gewinn von Informationen über den militärischen Gegner zu sein, sondern das sinnlose Wetten darauf, wer denn beim Russisch Roulette sein Leben verlieren wird - ein Spiel, das zudem in Vietnam während des Krieges völlig unbekannt war (Suid 1979, 25). Und das einzige Mal, in dem der Zuschauer einen nordvietnamesischen Soldaten zu Gesicht bekommt, ist der Augenblick, in dem dieser in ein Versteck, in das sich wehrlose, verängstigte Frauen und Kinder geflüchtet haben, eine Handgranate wirft - wobei es denn nur als gerecht erscheint, wenn Michael ihn mit einem Flammenwerfer zur lebenden Fackel macht. In Ciminos rassistischer Vision scheinen selbst die Verbündeten der USA. die südvietnamesischen Regierunzseinheiten, nicht zu mehr Menschlichkeit bereit, als ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 122 den schwerverletzten Steven auf der Kühlerhaube liegend mitzunehmen und so der Verkrüppelung anheimzugeben. Das psychologische Prinzip einer solchen Argumentation ist nur zu bekannt - die eigene Barbarei in Vietnam, die nicht mehr wegzudiskutieren war, nachdem die Medien My Lai und andere Kriegsverbrechen aufgedeckt hatten, wird durch Entmenschlichung des Gegners rationalisiert: “If American involvement was wrong-headed and even criminal, it was only because it exposed ‘our Boys’ to contamination by a continent so irredeemably mired in moral corruption ... that it hardly deserved to be saved” (Adair 1981, 140). Was Robin Wood als zentrales Thema von The Deer Hunter auszumachen meint, “the way in which the invasion of Vietnam ... by America is answered by the invasion of America by Vietnam” (Wood 1986, 276), wird hier, zumindest psychologisch, geradezu konterkariert: Die schuldmachende Erinnerung wird paranoid aus dem Innen in das fremde Außen projiziert und kann dort unter Vernachlässigung des eigenen Anteils an dem Verhalten des Gegners abgewehrt werden - Terry Curtis Fox hat diese Tendenz in The Deer Hunter “horror of the Otherness of the outside world” genannt (Fox 1979, 24). Eine politische Analyse gar erscheint dann ob ihres angstauslösenden Inhalts als defätistische Bedrohung und wird tendenziell mit dem Gegnerbild identifiziert. Wo andere Filme einen Dissens zumindest noch in der Aufkündigung des Verständnisses für die Vorgänge in Vietnam in Szene setzen, fehlt bei Cimino solche Opposition ganz. The Deer Hunter ergeht sich in einer schulterklopfenden Minnlichkeit, die allenfalls in ihren Eingewöhnungsschwierigkeiten noch von dem begangenen Verbrechen weiß. 3. Die Reaktion: Von Reagan zu Rambo und danach In seinem Appell an konservativ besetzte Werte wie Männlichkeit, Ehre und Kameradschaft und seinem ungenierten Hurrapatriotismus, der sämtlichen vorausgegangenen Aufarbeitungen Hohn sprach, ist Michael Ciminos The Deer Hunter als Vorläufer jener Filme zu sehen, die im Kielwasser des Reaganschen “America is not gonna be pushed around anymore”-Bewußtseins Anfang der 80er Jahre die filmische Verarbeitung des Vietnamtraumas in den USA bestimmten. Filme wie Rambo II (1984) von George P. Cosmatos oder Missing in Action von Sydney Furie (1984) geben sich ungeniert faschistoiden Botschaften hin. Wiederkehrendes Schema dieser Filme ist die Unfähigkeit der demokratischen Institutionen, in Konfrontation mit der „kommunistischen Diktatur“ in Vietnam die Interessen der von ihnen Vertretenen wahrzunehmen. Es bedarf erst des heroischen Mutes eines ebenso muskelbepackten wie geistig beschränkten Einzelkämpfers, seine noch in Vietnam gefangenen Kameraden zu befreien. Bis zur Dolchstoßlegende ist es dann nicht mehr weit: “It’s time that we recognized ours was a noble cause... Let us tell those who fought in that war that we will never again ask young men to fight and possibly die in a war our Government is afraid to let them win”, erklärt einer der glühendsten Verehrer von ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 123 Rambo - Ronald Reagan. (zit. n. Ahlemeyer 1985, 348). Nicht mehr Erinnerungsarbeit wird hier betrieben, sondern „Verleugnungsarbeit“ (Mitscherlich). Es geht nicht mehr darum, in der künstlerischen Aufarbeitung der militärischen Eskalation in Südostasien und ihrer Folgen für die Heimgekehrten ein moralisches und politisches Verständnis zu entwickeln, das für die Zukunft eine Wiederholung ausschließt, sondern man hofft, die Wunden des narzißtischen Selbstbildes durch Geschichtsverleugnung schließen zu können. Bezeichnenderweise sind die zwei einfühlsamsten neueren Verarbeitungen des Krieges in Indochina denn auch von britischen Regisseuren verwirklicht worden - Birdy (1984), eine englische Produktion von Alan Parker nach dem gleichnamigen Roman von William Wharton, der in der Psychiatrie eines Armeehospitals einsetzt, in das der Held nach dem Vietnamkrieg eingeliefert worden ist, und vor allem The Killing Fields von Roland Joffé (1984), der auf einer wahren Geschichte beruht. Im August 1973, just zu dem Zeitpunkt als die US Airforce Kambodscha bombardierte, wie es hieß aufgrund eines Navigationsfehlers, trifft Sydney Schanherg (Sam Waterston), der Reporter der New York Times in der Hauptstadt Phnom Penh ein. Mit seinem Führer und Dolmetscher Dith Pran (Dr. Haing S. Ngor) fährt er auf der Stelle nach Neak Loung an den Ort des Geschehens. Es ist der Beginn einer tiefen Freundschaft zwischen dem Amerikaner und dem Asiaten, einer Freundschaft, die jedoch bald von den politischen Realitäten eingeholt wird. In Kambodscha gewinnen Pol Pots Khmer Rouge die Überhand und versuchen, das Land in einen „urkommunistischen“ Agrarstaat ohne Famlien und Städte zu verwandeln. Nach der Einnahme Phnom Penhs können ausländische Diplomaten und Journalisten das Land verlassen, die Einheimischen indessen werden dabehalten - umgeschult oder getötet. So gelingt es auch Dith Pran nicht, seiner Familie, die rechtzeitig evakuiert werden konnte, nachzureisen. Zwar versuchen Schanberg und sein Fotograf Al Rockoff (John Malkovich), ihm einen gefälschten Paß zu besorgen, der Versuch schlägt jedoch fehl; Dith Pran muß das Gelände der französischen Botschaft, auf das die Journalisten sich geflüchtet haben, wieder verlassen. Nach Jahren der Hölle in den Umerziehungslagern, in denen selbst die Befehlshaber ihren Leuten nicht trauen, und einer dramatischen Flucht durch die von Leichen übersäten Felder Kambodschas, die “Killing Fields”, kann sich Dith Pran jedoch zu einem Flüchtlingscamp in Thailand durchschlagen, wo Schanberg ihn schließlich abholt. In seinen klaren, direkten, nur an wenigen Stellen spektakulären Bildern vereinigt The Killing Fields dokumentarische Qualitäten mit den dramaturgischen Möglichkeiten des engagierten Spielfilms. Obwohl in Kambodscha spielend faßt er das gesamte Debakel des US-amerikanischen Engagements in Südostasien noch einmal zusammen - die imperiale Selbstherrlichkeit der Amerikaner, die ihre Niederlage kaum zu fassen vermögen, die ständigen Lügen des Militärs über die eigenen Einsätze, aber auch das widersprüchliche Verhalten der Befreiungskämpfer, deren psychische Spannung sich nach der jahrelangen ARGUMENT-SONDERBAND AS 156 © 124 Verfolgung und Unterdrückung nun in einer erschreckenden Grausamkeit Luft macht. In seiner wohltuenden Differenziertheit, die auch dort nicht aufhört, wo die koloniale Privilegiertheit des Europäers, die ihn noch in den gefährlichsten Situationen schützt, mit der Auslieferung der Kambodschaner an die in ihrer Heimat und ihnen selbst entfesselten Kräfte kontrastiert wird, vermeidet der Film gerade jene rassistische Verkürzung, die als hervorstechendes Merkmal US-amerikanischer Verarbeitungen des Krieges in Vietnam zu konstatieren war, die Dämonisierung des Gegners, die für ein Verständnis des anderen als empfindendem und der Freundschaft zwischen den Kulturen fähigen Menschen keinen Platz mehr läßt. Indem The Killing Fields gerade eine solche individuelle Freundschaft als möglich in Szene setzt, wird psychologisch Trauer möglich. Die Bewohner Südostasiens werden als das verständlich, was sie sind - Menschen, die unendlich unter der imperialistischen Einmischung der Europäer/Amerikaner gelitten haben und deren Leiden an den Folgen der Unterdrückung auf unabsehbare Zeit noch nicht vorbei sein wird. Literatur Adair, John, 1981: Hollywood’s Vietnam: From the Green Berets to Apocalypse Now. New York. Ahlemeyer, Heinrich W., 1985: Vietnam wiederentdeckt. Revisionen und Interpretationen einer ‘Debatte’. In: EAST 7, 348-358. Axeen, David, 1979: Eastern Western. In: Film Quarterly 32: 4, 17-18. Coppola, Bleanor, 1980: Vielleicht bin ich zu nah. Notizen bei der Entstehung von ‘Apocalypse Now‘. Reinbek. Dempsey, Michael, 1979: Hellbent for Mystery. In: Film Quarterly 32:4, 10-13. Fox, Terry Cutiy, 1979: Stalking ’The Deer Hunter’. In: Film Comment 16:2, 22-24. Francis, Don, 1983: The Regeneration of America: Uses of Landscape in The Deer Hunter. In: Literatur/Film Quarterly 11, 16-21. 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