November 2012 Friedhöfe in Berlin: Wo die Toten

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November 2012 Friedhöfe in Berlin: Wo die Toten
S4
DIE STADT
DER TAGESSPIEGEL
Wo die Toten Wo
ruhen
1946–47 angelegt
2
WALDFRIEDHOF
DAHLEM
Gartendenkmal
In Berlin gibt
es mehr als
200 Friedhöfe –
mit Millionen
von Biografien.
Eine Auswahl
zum Totensonntag
2012
HILDEGARD KNEF
* 28. 12. 1925
✝ 01. 02. 2002
–
„Für dich wird es immer tausend rote Rosen regnen in
unserer, deiner Stadt Berlin“, sagte Klaus Wowereit
bei der Trauerfeier für die
Schauspielerin. Am Grab
zündete Nina Hagen Räucherstäbchen an und warf
einen goldenen Schal hinein. Streicher der Berliner
Philharmoniker und des
Deutschen SymphonieOrchesters spielten den
Beatles-Song „Yesterday“.
WILLY BRANDT
Bundeskanzler (1969–1974)
* 18. 12. 1913 ✝ 08. 10. 1992
WOLFGANG MÜLLER
* 14. 12. 1922
✝ 26. 04. 1960
&
WOLFGANG NEUSS
* 03. 12. 1923
✝ 05. 05. 1989
–
Sie waren als KabarettPartner unterwegs und
traten gemeinsam in Spielfilmen wie „Das Wirtshaus
im Spessart“ auf: Wolfgang
Müller und Wolfgang
Neuss. Müller kam 1960
während Dreharbeiten in
der Schweiz bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
„Jetzt brauchen wir Sie
auch nicht mehr!“, hieß es
daraufhin gegenüber
Neuss. Als er fast 30 Jahre
später starb, wurde er auf
seinen Wunsch hin neben
dem Filmpartner auf dem
Waldfriedhof Zehlendorf
beigesetzt. Wer das Grab
von Neuss heute sucht,
muss das wissen – denn
einen offiziellen Grabstein
gibt es nicht, nur das übliche kleine Hinweisschild.
ERNST REUTER
Bürgermeister West-Berlins
* 29. 07. 1889 ✝ 29. 09. 1953
Text: Kaspar Heinrich
Grafik: Viola Schmieskors
BERND ROSEMEYER
* 14. 10. 1909
✝ 28. 01. 1938
&
ELLY BEINHORN
* 30. 05. 1907
✝ 28. 11. 2007
–
Ein Paar auf der Überholspur waren Bernd Rosemeyer und Elly Beinhorn.
Er Rennfahrer, sie Fliegerin.
Ihr Eheglück zerbrach jäh,
als Rosemeyer im Januar
1938 in seinem Wagen mit
rund 430 km/h vom Wind
erfasst wurde, sich das
Auto mehrfach überschlug
und der Fahrer auf der
Stelle seinen Verletzungen
erlag. Knapp siebzig Jahre
später erst war das Paar
wieder vereint, als Beinhorn mit 100 Jahren starb
und neben ihrem Mann
begraben wurde.
Kommt,
reden wir
zusammen /
wer redet,
ist nicht tot.
G OT T F R I E D B E N N
* 02. 05. 1886
† 07. 07. 1956
ERICH MÜHSAM
* 06. 04. 1878
✝ 10. 07. 1934
&
KRESZENTIA MÜHSAM
* 27. 07. 1884
✝ 10. 03. 1962
–
„Und wenn ein Jahr verflossen, dann, die ihr lauft
und hinkt, Zechbrüder und
Genossen, der Tag sei froh
begossen“, schrieb der
Schriftsteller und Anarchist
Erich Mühsam über seinen
Tod. Treue Anhänger folgen
ihm in diesem Wunsch und
versammeln sich am 10.
Juli an seinem Grab. Mühsam war 1934 nach monatelanger Folter im KZ Oranienburg ermordet worden.
Seine Witwe „Zenzl“ lag
nach ihrem Tod 30 Jahre
auf dem Zentralfriedhof
Friedrichsfelde und konnte
erst nach der Wiedervereinigung an der Seite ihres
Mannes bestattet werden.
Jakob Kaiser, Julius Leber,
Paul Löbe, Günter Pfitz-
Heinz Berggruen, Klaus Gysi,
mann, Erwin Piscator,
Harald Juhnke, Karl Schmidt-
Hans Scharoun, Otto Suhr
1810
ruhen
Rottluff, Renée Sintenis
3
7- ALTE R S T.-MATTHÄUS -KIRCHHOF
3
8- FRIE D HÖFE V OR D E M HALLE S CHE N TOR
9- D OROTHE E NS TÄD TIS CHE R FRIE D HOF
2
C
1
9
B
10 F
11
7G8
6
A
D- ULRIKE ME INHOF
E- KÖNIGIN LUIS E V ON PRE US S E N
F- S IE GMUND BRE ITBART
G- AD OLPH V ON ME NZ E L
D
11- Z E NTRALFRIE D HOF FRIE D RICHS FE LD E
4
5
6
7
FRIEDHOF
RUHLEBEN
WALDFRIEDHOF
HEERSTRASSE
FRIEDHOF
STUBENRAUCHSTRASSE
ALTER ST.MATTHÄUS-KIRCHHOF
mit Krematorium
1924 eröffnet
„Künstlerfriedhof“
Hier wurde 2003 das
erste buddhistische Gräberfeld Berlins eröffnet.
Ein Buddha wacht über
die Toten, in Form einer
über vier Meter hohen
Marmorstatue. Die Bestattungen laufen meist
lockerer ab als christliche, Räucherstäbchen
und Opferschalen mit
Obst gehören dazu.
VICCO VON BÜLOW (LORIOT)
* 12. 11. 1923
✝ 22. 08. 2011
–
Gelbe Quietscheentchen
und Möpse aus Porzellan
auf dem Grabstein: Nach
der Bestattung von Vicco
von Bülow im August 2011
huldigten Fans dem Humoristen mit Anspielungen auf
den berühmten Sketch
„Herren im Bad“ und mit
Loriots Lieblingshund.
JONNY K.
Schüler und Gewaltopfer
* 07. 04. 1992 ✝ 15. 10. 2012
MINNA BRAUN
* 1896
✝ 1922
–
Die Krankenschwester
Minna Braun hatte 1919
genug vom Leben und
nahm eine Überdosis
Schlafmittel. Sie wurde leblos an der Havelchaussee
gefunden und in der
Leichenhalle eingesargt.
Doch am nächsten Tag entdeckte ein Polizist, wie sich
ihr Kehlkopf bewegte und
ließ sie ins Krankenhaus
bringen, wo die Scheintote
erwachte. Drei Jahre
später dosierte Braun
das Schlafmittel effektiver
– und starb daran.
E
45
6- FRIE D HOF S TUBE NRAUCHS TRAS S E
10- JÜD IS CHE R FRIE D HOF WE IS S E NS E E
S5
C- HE INRICH V ON KLE IS T
5- WALD FRIE D HOF HE E RS TRAS S E
„Selbstmörderfriedhof“
CHRISTA PÄFFGEN (NICO)
* 16. 10. 1938
✝ 18. 07. 1988
–
Als Christa Päffgen mit 18
Jahren auf dem Friedhof
Grunewald-Forst zu ihrer
Mutter Margarete sagte:
„Hier will ich mal begraben
sein, neben dir“, war sie
noch keine Sängerin von
Velvet Underground, noch
keine Schauspielerin in
Fellinis „La Dolce Vita“ –
und noch nicht unter dem
Namen „Nico“ weltweit
bekannt. Nach einem
Leben voller Drogen und
Alkohol stürzte sie am
18. Juli 1988 auf Ibiza
vom Fahrrad und starb an
einer Gehirnblutung.
B- PE TE R FE CHTE R
4- FRIE D HOF RUHLE BE N
FRIEDHOF
GRUNEWALD-FORST
In der Nähe des Friedhofs macht die Havel
einen Knick, schon
vor über hundert Jahren
wurden dort die Leichen
von Selbstmördern angetrieben. Weil deren
Beerdigung auf einem
christlichen Friedhof verboten war, begrub man
sie im Wald – und es entstand ein neuer Friedhof,
auf dem sich heute jeder
bestatten lassen kann.
A - OTTO LILIE NTHAL
2- WALD FRIE D HOF D AHLE M
RAINER HILDEBRANDT
* 14. 12. 1914
✝ 09. 01. 2004
–
Zu Lebzeiten gründete
Rainer Hildebrandt das
Mauermuseum am Checkpoint Charlie, nach dem
Tod wollte er neben seinem
Freund Albrecht Haushofer
beerdigt werden, einem
von der SS im April 1945
ermordeten Widerstandskämpfer. Das Problem
dabei: Der Friedhof für die
Opfer von Krieg und Militarismus in Moabit ist seit
1952 für Neubestattungen
geschlossen – daher wurde
der Wunsch vom Bezirksamt nicht erfüllt. Seine
Ehefrau bleibt hartnäckig:
Die Urne Hildebrandts
steht seit dessen Einäscherung im Krematorium Ruhleben, weil die Witwe keinen anderen Beisetzungsort akzeptiert.
VALESKA GERT
* 11. 01. 1892
✝ ~15. 03. 1978
–
Als die Tänzerin und
Schauspielerin im März
1978 von Nachbarn und
Bekannten mehrere Tage
lang nicht gesehen worden
war, öffnete man gewaltsam ihre Haustür auf Sylt –
und fand ihre Leiche. Sie
wurde in ihrer Geburtsstadt
Berlin beerdigt, allerdings
nicht „in einem knallroten
Sarg“, wie sie es sich
gewünscht hatte. Immerhin
war der Sarg mit einem
roten Tuch bedeckt
und den schwarzen
Grabstein ziert ihr
Namenszug in Pink.
HELMUT NEWTON
* 31. 10. 1920
✝ 23. 01. 2004
–
Der Fotograf Helmut
Newton, bekannt vor allem
durch weibliche Aktbilder,
starb im Januar 2004 in
Los Angeles nach einem
Unfall mit seinem Cadillac.
Auf eigenen Wunsch hin
wurde er in Berlin bestattet, wo er 1920 als Helmut
Neustädter geboren
worden war. Den Trauerzug
führte eine kleine Kapelle
an, die das Lied „Mackie
Messer“ aus der „Dreigroschenoper“ spielte, um die
Beerdigung nicht todernst
erscheinen zu lassen.
KLAUSJÜRGEN WUSSOW
* 30. 04. 1929
✝ 19. 06. 2007
&
GUSTAV „BUBI“ SCHOLZ
* 12. 04. 1930
✝ 21. 08. 2000
–
Am achten Todestag des
Boxers Bubi Scholz wurde
sein Sarg exhumiert und
vom Zehlendorfer Waldfriedhof nach Charlottenburg überführt. Grund
waren die Träume seiner
Witwe Sabine Wussow:
„Bubi ist mir erschienen
und hat wieder und wieder
gefragt, wieso ich ihn so
weit abgeschoben habe“,
sagte die Witwe von Scholz
und Klausjürgen Wussow
damals in einem Interview.
PAUL CASSIRER
* 21. 02. 1871
✝ 07. 01. 1926
&
TILLA DURIEUX
* 18. 08. 1880
✝ 21. 02. 1971
–
Als sich die Schauspielerin
Tilla Durieux nach sechzehn Ehejahren vom Verleger und Galeristen Paul
Cassirer scheiden lassen
wollte, nahm der sich aus
lauter Verzweiflung mit
einem Schuss in die Brust
das Leben. Obwohl Durieux
noch einmal heiratete, ließ
sie sich nach ihrem Tod
neben Cassirer begraben.
In ihren Memoiren schrieb
sie: „Meine Augen haben
durch ihn die Herrlichkeit
der Welt gesehen, aber
auch die verzweifeltsten
Tränen geweint.“
9
10
11
FRIEDHÖFE VOR
DEM HALLESCHEN TOR
DOROTHEENSTÄDTISCHER
FRIEDHOF
JÜDISCHER
FRIEDHOF WEISSENSEE
ZENTRALFRIEDHOF
FRIEDRICHSFELDE
1856 eingeweiht
Gräber von 4 Gemeinden
1762 angelegt
mehr als 115.000 Gräber
„Sozialistenfriedhof“
RIO REISER
* 09. 01. 1950
✝ 20. 08. 1996
–
Vor dem schnöden
Mammon macht auch die
Totenruhe nicht Halt: Nachdem der ehemalige Hof
des Musikers Rio Reiser
(Ton Steine Scherben) im
nordfriesischen Fresenhagen verkauft worden war,
mussten sein Leichnam,
der Grabstein und der Grabschmuck am 11. Februar
2011 auf den Alten St.Matthäus-Kirchhof umgebettet werden. Sein altes
Grab wurde eingeebnet.
KURT MÜHLENHAUPT
* 19. 01. 1921
✝ 16. 04. 2006
–
Der Berliner Maler sah in
den Friedhöfen am Halleschen Tor vor allem einen
Park, in dem die Kreuzberger gerne spazieren gehen.
„Damit er nicht so traurig
aussieht“, gestaltete er die
Grabsteine seiner Eltern
und der Schwester selbst –
im für ihn typischen naiven
Stil. Und auch seinen
eigenen. Beerdigt wurde er
samt Markenzeichen,
einem roten Hut.
WIDERSTANDSKÄMPFER
✝ 21. 07. 1944
–
Graf Stauffenberg und
seine Mitstreiter wurden
nach ihrem Attentat auf
Adolf Hitler im Bendlerblock erschossen und noch
in derselben Nacht auf
dem St.-Matthäus-Kirchhof
begraben. Schon am nächsten Tag wurden die Toten
von der SS wieder exhumiert, während eines
fingierten Fliegeralarms im
Krematorium Wedding
verbrannt und die Asche
auf Rieselfeldern verstreut.
Wenn ich
mein Leben
noch einmal
leben könnte,
würde ich
die gleichen
Fehler
machen. Aber
ein bisschen
früher, damit
ich mehr
davon habe.
RUDOLF VIRCHOW
* 13. 10. 1821
✝ 05. 09. 1902
–
Auf dem Weg zu einem Vortrag sprang der Arzt mit 80
Jahren aus einer fahrenden
Straßenbahn und brach
sich dabei den Oberschenkelhals. Der Bruch heilte,
von den Folgen des Sturzes
erholte er sich jedoch nicht
mehr. Nach zwei Kuraufenthalten starb er in seiner
Berliner Wohnung. Sogar
Kaiser Wilhelm II. schickte
ein Beileidstelegramm.
MARLENE DIETRICH
* 27. 12. 1901
† 06. 05. 1992
Horst Buchholz, Dietrich
Georg Kolbe, Joachim Ringelnatz
GRAB MIT
VIELEN NAMEN
–
Das „Grab mit vielen
Namen“ richtete der verstorbene Pfarrer Joachim
Ritzkowsky vor zehn Jahren
auf dem Friedhof am Halleschen Tor ein. Hier finden
Obdachlose einen Begräbnisplatz, ihr Name wird auf
einem gemeinsamen Grabstein eingraviert. Ritzkowsky selbst ließ sich 2003
im Gemeinschaftsgrab
bestatten, über 500 Menschen kamen zur Trauerfeier. Noch gibt es nur Platz
für 40 Urnen, bald schon
soll aber eine zweite
Grabstätte entstehen.
CARL ANDREAS JULIUS BOLLE
Gründer der Meierei C. Bolle
* 01. 09. 1832 ✝ 28. 09. 1910
GEORGE GROSZ
Berliner Maler und Grafiker
* 26. 07. 1893 ✝ 06. 07. 1959
Fischer-Dieskau, Arno Holz,
8
E.T.A. HOFFMANN
* 24. 01. 1776
✝ 25. 06. 1822
–
Mit einer Flasche Schaumwein erklomm der Schauspieler Ludwig Devrient im
Juni 1822 die Friedhofsmauer und lief zum Grab
seines Freundes, des Dichters E.T.A. Hoffmann. Die
Hälfte der Flasche goss er
über das Grab, die andere
Hälfte trank er – und rief
dem Toten wütend zu:
„Komm raus, du!“
Fotos: Kitty Kleist-Heinrich (2), p-a/dpa (5),
p-a/akg-images (2), p-a/United Archiv, p-a/Jörg Kolbe, dapd (2), STR/AP/dapd, bpk, Cinetext Bildarchiv
WALDFRIEDHOF
ZEHLENDORF
Toten
1- W A L D F R I E D H O F Z E H L E N D O R F
3- FRIE D HOF GRUNE WALD -FORS T
die
1
NR. 21 524 / SONNTAG, 25. NOVEMBER 2012
Max Bruch, Jacob & Wilhelm
Grimm, Ovo Maltine, Alfred
Messel, Heinrich von Treitschke
David Gilly, Henriette Herz, Georg
Wenzeslaus von Knobelsdorff, Felix
Mendelssohn Bartholdy, Ernst
Schering, Rahel Varnhagen von Ense
FRITZ TEUFEL
* 17. 06. 1943
✝ 06. 07. 2010
–
Als die Urne Teufels nach
seiner Einäscherung vom
Friedhof verschwand,
vermutete die Polizei Grabschändung. Doch die Überreste des Ex-Kommunarden wurden schon bald
gefunden: am Grab Rudi
Dutschkes auf dem Dahlemer St.-Annen-Kirchhof.
Unbekannte hatten sich
einen Spaß erlaubt und die
beiden Politaktivisten posthum zusammengebracht.
Der jüdische Glaube verlangt – wie auch der islamische – die ewige Totenruhe (während in Berlin
nur eine Liegezeit von
20 Jahren gesichert ist).
Die Gräber werden daher nie „abgeräumt“.
Außerdem sind sie
stets nach Osten ausgerichtet, dorthin also, wo
Jerusalem liegt. Wer als
Mann einen jüdischen
Friedhof betritt, muss
eine Kopfbedeckung
tragen, außerdem ist
es üblich, sich nach dem
Besuch die Hände zu
waschen. Der Brauch,
Steine auf die Grabsteine
zu legen, stammt vermutlich noch aus einer Zeit,
in der man die Gräber
gegen Tiere schützen
musste. Der Friedhof in
Weißensee ist der größte
noch bestehende jüdische Friedhof in Europa.
Er wurde im Jahr 1880
eingeweiht und erstreckt
sich über eine Fläche
von 42 Hektar.
JOHANNES RAU
Bundespräsident (1999–2004)
* 16. 01. 1931 ✝ 27. 01. 2006
BERTOLT BRECHT
* 10. 02. 1898
✝ 14. 08. 1956
–
Brecht hatte große Angst
davor, scheintot begraben
zu werden und im Sarg
aufzuwachen. Wegen
seines Misstrauens gegenüber den Ärzten verlangte
er, dass man ihm nach seinem Tod mit einem Messer
ins Herz sticht – was dann
auch getan wurde.
ROSA LUXEMBURG
* 05. 03. 1871
✝ 15. 01. 1919
&
KARL LIEBKNECHT
* 13. 08. 1871
✝ 15. 01. 1919
–
Ist sie’s oder ist sie’s
nicht? Diese Frage stellte
sich 2009, als eine Wasserleiche in der Rechtsmedizin
der Charité untersucht
wurde. Rosa Luxemburg
war nach ihrer Ermordung
in den Landwehrkanal geworfen worden, der Aufbewahrungsort der Leiche danach unklar – doch die unbekannte Tote sei sie wohl
nicht, lautete das Ergebnis
der Untersuchungen. Eine
Grabstätte auf dem „Sozialistenfriedhof“ hat Luxemburg in jedem Fall, gemeinsam mit Karl Liebknecht.
Als Anführer des Spartakusbundes und Gründer der
Kommunistischen Partei
waren beide 1919 für den
bewaffneten „Januaraufstand“ verantwortlich –
und wurden nach dessen
Niederschlagung von Freikorpssoldaten umgebracht.
Tausende Linke pilgern jeden Januar zu den Gräbern.
SIGMUND ASCHROTT
* 14. 06. 1826
✝ 05. 05. 1915
–
Für jüdische Grabstätten
gilt eigentlich die Regel: so
schlicht wie möglich! Denn
nach dem Tod sollen keine
sozialen Unterschiede
mehr deutlich werden. Der
Kaufmann Sigmund
Aschrott hielt sich nicht
ganz daran, sein Mausoleum aus rotem Granit mit
pyramidenförmigem Turm
und innen vergoldeter
Kuppel gilt als eines der
prächtigsten in ganz Berlin.
WEITERE GRÄBER
IN BERLIN
–B–
PETER FECHTER
* 14. 01. 1944 – ✝ 17. 08. 1962
–A–
OTTO LILIENTHAL
* 23. 05. 1848 – ✝ 10. 08. 1896
„Opfer müssen gebracht werden“
Am 9. August 1896 machte der Flugpionier einen seiner
Sprünge vom Gollenberg, etwa 70 Kilometer nordwestlich
von Berlin gelegen. „Weite Luftsprünge“ ließen sich von
dort aus machen, hatte Lilienthal festgestellt. Doch nach
rund 3000 Versuchen verließ ihn an diesem Tag das
Glück: Aus etwa 15 Metern Höhe stürzte er ab und brach
sich dabei vermutlich das Genick. Noch bei Bewusstsein
wurde er mit einem Pferdewagen in einen Gasthof im nahegelegenen Ort Stölln gebracht. Als sein Bruder aus Berlin
eintraf, konnte der Verunglückte noch sprechen, später
wurde er in ärztlicher Begleitung im Güterwagen liegend
nach Berlin transportiert. Während des Transportes fiel er
ins Koma und erlag am folgenden Tag seiner schweren Verletzung. Über Lilienthals letzte Worte herrscht Unklarheit.
Von Augenzeugen ist überliefert, er habe gesagt: „Ich
muss etwas ausruhen, dann machen wir weiter.“Eine
andere, ähnlich lakonische Version ist auf dem Grabstein
verewigt: „Opfer müssen gebracht werden“.
FRIEDHOF LANKWITZ
FRIEDHOF DER AUFERSTEHUNGSGEMEINDE IN WEISSENSEE
–C–
HEINRICH VON KLEIST
* 10. 10. 1777 ✝ 21. 11. 1811
„Er lebte,
sang und litt in
trüber, schwerer
Zeit, er suchte
hier den Tod
und fand
Unsterblichkeit.“
Die
Revolution
sagt: ich war,
ich bin, ich
werde sein!
ROSA LUXEMBURG
* 05. 03. 1871
† 15. 01. 1919
–D–
ULRIKE MEINHOF
* 07. 10. 1934 – ✝ 09. 05. 1976
Nur der Dreifaltigkeitsfriedhof III in Mariendorf war 1976 bereit,
der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof die letzte Ruhe zu gewähren,
nachdem sie sich in ihrer Zelle der JVA Stuttgart-Stammheim erhängt
hatte. Die Trauerrede hielt der Theologe Helmut Gollwitzer, und in
einem am Grab verlesenen Telegramm bezeichnete der Dichter
Erich Fried Ulrike Meinhof als „die bedeutendste Frau in der
deutschen Politik seit Rosa Luxemburg“. Im Jahr 2002 wurde auch
Meinhofs Gehirn eingeäschert und bestattet. Es war ihr nach dem
Suizid entnommen und – ohne das Wissen ihrer Angehörigen –
in Tübingen und Magdeburg untersucht worden.
INSCHRIFT DES
GRABSTEINS AM
KLEINEN WANNSEE
DREIFALTIGKEITSFRIEDHOF III IN MARIENDORF
–F–
SIEGMUND BREITBART
* 22. 02. 1893 ✝ 12. 10. 1925
–E–
KÖNIGIN LUISE VON PREUSSEN
* 10. 03. 1776 – ✝ 19. 07. 1810
AUGUST BORSIG
* 23. 06. 1804
✝ 06. 07. 1854
–
Heute ist es kaum noch vorstellbar, dass zehntausend
Menschen beim Begräbnis
eines Unternehmers die
Straße säumen. Dem Sarg
des „Lokomotiven-Königs“,
der den 14-Stunden-Tag abgeschafft hatte, folgten
1854 sowohl Arbeiter der
Borsigwerke als auch die
der befreundeten und konkurrierenden Eisenfabriken
und Werkstätten.
Johannes R. Becher, Bärbel Bohley, Klaus Bonhoeffer, Thomas
Brasch, Hanns Eisler, Johann Gottlieb Fichte, Günter Gaus, John
Heartfield, Georg Wilhelm
Friedrich Hegel, Ernst Litfaß,
Heinrich Mann, Herbert Marcuse,
Bernhard Minetti, Heiner Müller,
Christian Daniel Rauch, Johann
Gottfried Schadow, Karl Friedrich
Schinkel, Anna Seghers, Friedrich
August Stüler, George Tabori,
Helene Weigel, Christa Wolf,
Arnold Zweig
Ein Ehrengrab für den
DDR-Flüchtling und Mauertoten
Peter Fechter? Nein, entschied
der Senat 2005, 2010 und
auch in diesem Jahr. Es würden
nur Verstorbene berücksichtigt,
„die besondere Verdienste um
Berlin erworben haben und
über Berlin hinaus
hervorragende Leistungen
vollbracht haben“, heißt es in
einem Schreiben der
Senatskanzlei. Fechter war am
17. August 1962 als
18-Jähriger bei einem
Fluchtversuch von
DDR-Grenzsoldaten
erschossen worden und
verblutete auf dem
Grenzstreifen. Sein Grab auf
dem Friedhof der
Auferstehungsgemeinde an der
Indira-Gandhi-Straße ist als
Grabstätte eines Opfers von
Krieg und Gewaltherrschaft
anerkannt, wodurch er ein
dauerndes Ruherecht besitzt.
Der „Eisenkönig“ trat in einer Gladiatorenrüstung auf, zerbrach Hufeisen und
schlug sich Nägel in den Körper. Er galt
als stärkster Mann der Welt und starb
mit 32 Jahren an einer Blutvergiftung,
nachdem er sich bei einem Auftritt
einen Stahlbolzen ins Knie getrieben
und sich die Wunde entzündet hatte.
ADASS-JISROEL-FRIEDHOF
IN WEISSENSEE
–G–
ADOLPH VON MENZEL
*08. 12. 1815 – ✝09. 02. 1905
MAUSOLEUM IM PARK
DES SCHLOSSES CHARLOTTENBURG
Samuel Fischer, Stefan Heym,
Otto Grotewohl, Wilhelm
Adolf Jandorf,
Liebknecht, Wilhelm
Hermann Tietz, Lesser Ury
Pieck, Walter Ulbricht
Schon am Neujahrstag 1905
hatte der Maler einen vielsagenden Gruß an Kaiser Wilhelm II.
geschickt: „Die letzte Stunde ist
vor der Tür! Schütze der Himmel
Eure Majestät und Ihr ganzes
Haus und unser Deutsches Vaterland!“ Als Menzel dann im
Februar starb, ordnete der Regent
ein Staatsbegräbnis an und folgte
mit seiner Familie dem Sarg.
DREIFALTIGKEITSFRIEDHOF II
IN KREUZBERG