WiSSEN.kompakt
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sa.font | Wissen aus einer Hand WiSSEN.kompakt Nr. 25 | November 2007 Der Newsletter von sa.font Vertragsverstoß gleich Stafbarkeit? Kriminalisierung der Leistungserbringer? Das Strafrecht erlangt auch im Bereich der Hilfsmittelversorgung leider immer größere Bedeutung. Nicht weil mehr kriminelle Energie durch die Leistungserbringer, insbesondere in Zusammenarbeit mit den ärztlichen Leistungserbringern, aufgebracht wird, sondern weil zum Teil von Krankenkassen versucht wird, tatsächliche oder vermeintliche Vertragsverstöße gleichzeitig als strafbare Handlungen, insbesondere als Betrug auszulegen. BGH in Strafsachen hat entschieden, dass der verordnende Arzt als Vertreter der Krankenkasse handelt, so dass hieraus bereits die Zahlungspflicht der Krankenkasse entsteht. Bei der Versorgung mit Hilfsmitteln gehen die Krankenkassen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG von der Genehmigungspflicht vor der Versorgung mit einem Hilfsmittel aus, so dass der Arzt gerade nicht als Vertreter der Krankenkasse gilt. In diesen Fällen wird nicht mehr der Dialog mit dem Leistungserbringer gesucht, sondern direkt mit der Strafanzeige gearbeitet, wodurch ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Neben einem möglichen Regress der Krankenkasse kommt nun zusätzlich die Gefahr der Strafbarkeit hinzu. Für den Hilfsmittelbereich ist bisher keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen, die die Übertragung der in anderen Verfahren angewandten Grundsätze zwingend nahelegen würde. Vielmehr haben die Urteile gerade die besonderen Aspekte der jeweiligen Versorgungsabläufe berücksichtigt, die nicht mit Aspekten der Hilfsmittelversorgung vergleichbar sind. Ist jeder Vertragsverstoß gleich eine Straftat? auch Die bekannten Argumentationen der Krankenkassen stützen sich auf eine Vermengung verschiedenster Urteile sowohl des Bundessozialgerichtes zur Frage der Rückforderung von Zahlungen, als auch des Bundesgerichtshofes zu strafbarem Verhalten von Leistungserbringern. Hierbei handelte es sich um Verfahren, in denen es um das Verhalten von Ärzten oder Apothekern ging. Grundlage der Entscheidungen war immer der jeweilige Versorgungsablauf in diesen Bereichen. Sowohl das BSG bei der Retaxierung eines Apothekers als auch der © sa.font 2007 Im Übrigen ist eine Differenzierung zwischen einem Vertragsverstoß und der Strafbarkeit einer fehlerhaften Abrechnung dringend geboten. Nicht jeder Vertragsverstoß stellt automatisch ein strafbares Verhalten wie Betrug oder Untreue dar. Vielmehr ist die Strafbarkeit jeweils im Einzelfall festzustellen, wie sich schon daraus ergibt, dass Betrug und Untreue allein bei vorsätzlicher Nachteilszufügung überhaupt den Straftatbestand erfüllen. „Differenzierung zwischen einem Vertragsverstoß und der Strafbarkeit einer fehlerhaften Abrechnung dringend geboten.“ Man kann nur hoffen, dass die Strafverfolgungsbehörden mit entsprechendem Augenmaß und einer differenzierenden Sichtweise an diese Fälle herangehen. wissen.kompakt 11/2007 Seite 2 Leistungsentgelt im Krankenhaus TVöD und leistungsorientierte Vergütung „Die adäquate Umsetzung des TVöD macht die Der am 01. Oktober 2005 in Kraft getretene Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes schreibt im § 18 vor, dass ab dem Jahr 2007 eine leistungsorientierte Vergütung eingeführt werden soll. Da es in Krankenhäusern so gut wie unmöglich ist (abteilungsbezogene) Zielvereinbarungen zu vereinbaren, müsste die Grundlage für die Auszahlung des Leistungsentgeltes eine systematische Leistungsbewertung sein. Einführung einer Leistungserfassung notwendig.“ Im Rahmen der Ausgestaltung und Weiterentwicklung eines Krankenhauses bezüglich Management und Führung Motivationsstruktur von Mitarbeitern Arbeitsaufgabengestaltung Wissenserwerb und -transfer stellt die Erfassung des Leistungsverhaltens der Mitarbeiter ein wich- tiges Instrument dar. Die adäquate Umsetzung des TVöD macht die Einführung einer Leistungserfassung notwendig. In einem unserer Projektkrankenhäuser haben wir in einem interdisziplinären Beraterteam aus Juristen und Ökonomen ein standardisiertes Leistungsbewertungssystem entwickelt. Alle Bereiche des Krankenhauses werden zukünftig regelmäßige Leistungserfassungen durchführen. Diese erfolgen systematisch und strukturiert durch abteilungsbezogene Erfassungsbögen. Entlang der erreichten Punkte in der Leistungsbeurteilung wird jeder Mitarbeiter in eine Leistungsgruppe eingeordnet, der ein festes Leistungsentgelt zugeordnet ist. Dieses führt zu einer gerechten und akzeptierten Auszahlung der Leistungsprämie. Sachgrundbefristete Arbeitsverträge § 14 Abs.1 Nr.2 TzBfG Anschlussbeschäftigung nach der Ausbildung „Vorsicht bei Arbeitsverträgen als Anschlussbeschäftigung ....“ © sa.font 2007 Für Unternehmen ist es üblich geworden, Arbeitsverträge sowohl mit Auszubildenden nach der Ausbildung als auch mit neuen, frisch ausgebildeten Arbeitnehmern nur noch befristet abzuschließen. Im Regelfall kann eine solche Befristung nach § 14 Abs.2 TzBfG als Kalenderbefristung ohne Sachgrund erfolgen. Das gilt selbst für die Berufsanfänger, die im eigenen Unternehmen ausgebildet wurden, da das Ausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis ist, auch nicht i.S.d. § 14 TzBfG. Hat jedoch der Arbeitnehmer bereits vor Beginn seiner Ausbildung im Unternehmen gearbeitet, und sei es auch nur als Aushilfe, oder hat der damalige Student im Unternehmen z.B. einen 400-Euro-Job gehabt, ist die Kalenderbefristung ausgeschlossen. Die vereinbarte Befristungsklausel ist dann unwirksam. wissen.kompakt In einem solchen Fall besteht jedoch die Möglichkeit einer Befristung mit Sachgrund nach § 14 Abs.1 Nr. 2 TzBfG, um dem Arbeitnehmer den Übergang in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern — im Unternehmen oder außerhalb. Aber Vorsicht: Eine Verlängerung der einmal vereinbarten Befristungsdauer durch Anschlussverträge ist nicht möglich. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 10. Oktober 2007 ausführte, kann dieser Grund für die Befristung lediglich einmal für den ersten Arbeitsvertrag nach der Ausbildung herangezogen werden. Wird das Arbeitsverhältnis anschließend fortgesetzt, handelt es sich entweder um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder ein neuer Sachgrund muss für die Befristung vereinbart werden. 11/2007 Seite 3 Markteinführung durch innovative Vertragsmodelle Neue Produkte in Zeiten der Ausschreibungen Wenn man die Innovationskraft eines Landes nach der Zahl der Patente misst, liegt Deutschland mit den USA und Japan unter den TOP 3. Das trifft auch im Bereich der Medizintechnik zu. Doch die Vermarktung ist nicht immer einfach und im Hilfsmittelbereich kommt neuerdings auch noch das Problem der Ausschreibungen hinzu. Hat ein Hersteller ein neues Produkt entwickelt, das preislich nicht mit den Bestehenden konkurrieren kann, aber deutlich besser ist als die gängigen Produkte im Markt, stellen ihn die Ausschreibungen vor ein Problem. An den Ausschreibungen, in denen es vor allem um das wirtschaftlichste Angebot, sprich den günstigsten Preis geht, kann er mit dem Produkt nicht teilnehmen. peutischen Vorteil hat, der sich einfach in Euro ausdrücken lässt, sind solche Vertragsformen sinnvoll. Klar muss sein: was ist der Vorteil und wie ist er zu messen. Für das Beispiel Novartis sieht die Rechnung wie folgt aus: Unter der Therapie erleiden ca. 1,5% (anstatt ca. 4%) einen Knochenbruch. Für diese Patienten muss Novartis die Therapiekosten zurückerstatten. Das Medikament wird einmal jährlich verabreicht, der Preis dafür beträgt 561 Euro. Er liegt damit etwa 10-15% höher als die Tagesdosiskosten der herkömmlichen Tablettentherapie. Wie kann der Hersteller das Produkt aber — quasi an den Ausschreibungen vorbei — in den Markt bringen? Für die DAK besteht die realistische Aussicht, das mit der einmaligen Gabe die Probleme mit der Compliance der Patienten beseitigt und sich die Zahl der Knochenbrüche reduziert. Die Lösung liegt in direkten Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen. Und dabei sind innovative Lösungen gefragt. Den Patienten erspart die Einmalgabe die häufige Tabletteneinnahme. Außerdem sind sie besser vor Knochenbrüchen geschützt. Im Bereich der Arzneimittel haben Novartis und die DAK eine neue Vertragsform eingeführt: Die Geldzurück-Garantie. In diesem Fall rechnet sich eine Geld-Zurück-Garantie für alle Seiten. „Wie kann ein Hersteller ein neues, besseres Produkt auf den Markt bringen und dabei die Ausschrei- Wenn DAK-Versicherte mit Osteoporose, die ein neues Novartis Medikament einnehmen, beispielsweise einen Knochenbruch erleiden, muss Novartis die Kosten für die medikamentöse Behandlung erstatten. Gleiches gilt für Nierentransplantierte, bei denen trotz der Einnahme von Medikamenten das Organ abgestoßen wird. Beides hat für die Krankenkassen hohe Folgekosten. Rechnet sich Garantie? eine Geld-zurück- Die Möglichkeiten der Vertragsmodelle sind hierbei vielfältig, nicht alle Krankenkassen stehen den neuen Modellen immer offen gegenüber. bungen umgehen?“ Allerdings haben diese Verträge für die Kassen immer auch einen PR– Effekt und können im Wettbewerb eingesetzt werden. Denn in diesem Beispiel hat die DAK die Versorgung ihrer Patienten verbessert. Hierfür ist eine Beratung aus unternehmerischer und juristischer Sicht in Kombination mit Krankenkassen Know-How unverzichtbar. Wie so oft im Leben lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Wenn das Produkt einen deutlichen thera© sa.font 2007 wissen.kompakt 11/2007 Seite 4 Strukturwandel (Teil 5) Vorbereitung oder Nachbereitung In den vorangegangenen Ausgaben des Newsletters haben wir die Auswirkungen und die Entwicklungen des Strukturwandels beschrieben. „Strategieberatung kann oftmals die Am Ende stellt sich noch eine Frage: „Wie kann ich mein Unternehmen auf den Wandel vorbereiten oder muss ich ihn für mein Unternehmen nachbereiten?“ Weichen stellen, in jedem Fall aber die Fahrtrichtung prüfen!“ KONTAKT / IMPRESSUM Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Frank Altmeyer, Jörg Hackstein und Peter Hartmann Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. sa.font OHG Heinrichstraße 51 44536 Lünen Fon: 0231 9860 410 Fax: 0231 9860 455 E-Mail: [email protected] http://www.safont.de © sa.font 2007 Es gibt also keine Bestandsgarantie. Newcomer sind u.a.: im Gesundheitsmarkt Am Anfang steht immer die Analyse des Marktsegmentes und des Umfelds im Segment. Schlecker Google Danach sollte man die größten Bedrohungen des Unternehmensumfelds ermitteln und mit dem (fähigen Teil des) Management eine Bewertung der Situation vornehmen. Microsoft TUI Deutsche Post Bertelsmann Ein gefundener Ausweg aus der Situation sollte von einem externen Berater aus der Szene begutachtet und beurteilt werden. real Unabhängig von dem Teilmarkt und von der Art des zu untersuchenden Unternehmens kann man jedoch sagen: Es wird sich etwas ändern und jedes Unternehmen muss sich verändern und an die neuen Rahmenbedingungen anpassen. Wenn Sie Interesse an einer Zusammenarbeit haben, freuen wir uns über Ihre Anfrage. Wir beraten Sie gerne. LTU wurde vor 6 Monaten von einem Unternehmen übernommen, welches zu Beginn des Strukturwandels noch nicht gegründet war (Air Berlin). Solche Strukturveränderungen, die wirklich alle Teilnehmer treffen gibt es und gab es nicht nur im Gesundheitswesen. Andere Branchen, die einem starken Wandel unterzogen wurden sind die Medienbranche, die Automobilbranche, die Pharmabranche (GenerikaHersteller und GKV-Entwicklungen) und die Logistik-Branche. Ich hoffe, dass unsere Newsletterreihe Ihnen Mut für den Wandel gemacht hat. Die Risiken sind dadurch vorhanden, dass andere Marktteilnehmer den Wandel für sich durchführen. Die Chancen hat jedes Unternehmen für sich. Ähnliche Änderungen konnte man in den letzten 10 Jahren beispielsweise auch in der Tourismus-Branche feststellen: Billigflieger, Internetbuchungen und politische Rahmenbedingungen haben die Branche stark verändert. Easyjet und expedia waren vor 10 Jahren unbekannt oder noch nicht gegründet. Jetzt mussten sich LTU und TUI den neuen Angeboten anpassen und reagieren. Die Airline wissen.kompakt 11/2007