Kölner Stadt-Anzeiger_Konrad Stöckel Interview neu

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Kölner Stadt-Anzeiger_Konrad Stöckel Interview neu
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Dienstag,19. November2013 Nr. 268
Magazin
INTERVIEW
Zauberei für zu Hause
Comedian und Hobby-Wissenschaftler Konrad Stöckel zeigt in seinem
sächlich angelesen. Ich probiere der Form darf man das veröffentliaber auch viel aus, zum Beispiel chen. Es geht ja darum, die Zauberkunst zu fördern, die bei Kinmit Experimentierkästen.
dern sogar erwiesenermaßen heilende Wirkung haben kann. Wenn
Die für Kinder?
STÖCKEL Ja. Ich habe das Glück, man etwas kann, was andere nicht
dass mein Nachbar hier in Ham- können, stärkt das das Selbstverburg auch immer Bock auf Wis- trauen. Kinder können von ihrer
senschaftsspielkram hat. Wir sit- passiven Rolle in die aktive wechzen abends zusammen auf dem seln und Erfolgserlebnisse haben.
Balkon und probieren neue Sachen aus. Gerade haben wir uns ei- War es so bei Ihnen damals?
nen Original-Chemiebaukasten STÖCKEL Ja, mir hat die Zauberei
aus den 80er Jahren bestellt, den früher geholfen zu kompensieren,
„Kosmos 4000“. Mit Chemikalien, was in der Schule nicht so glückdie es im Handel eigentlich gar lich lief. Es war auch gut, dass ich
nicht mehr geben darf. Uns beiden als jüngerer Schüler die 13. Klasse
hatte man in der Kindheit den Um- auf meiner Seite hatte, wenn es
gang mit solchen Baukästen ver- Klopperei auf dem Schulhof gab.
wehrt, weil unsere Eltern Angst Denen hatte ich nämlich mal gedavor hatten. Zu Recht, muss ich zeigt, wie man Zigaretten verheute sagen.
schwinden lassen kann.
Herr Stöckel, Sie schreiben, für Sie
als Comedian höre das Spielen nie
auf. Kind bleiben zu können – ist
das ein Grund, warum Sie sich für
diesen Beruf entschieden haben?
KONRAD STÖCKEL So wirklich
entschieden habe ich mich für den
Beruf ja nicht. Ich bin da eher so
reingerutscht. Aber das bringt jetzt
natürlich so manchen Vorteil. Zum
Beispiel, dass ich mit dem Spielen
nie aufhören muss.
Wie sind Sie reingerutscht?
STÖCKELIch habe mit zehn Jahren
hobbymäßig mit der Zauberei angefangen. Meinen ersten größeren
Auftritt hatte ich mit zwölf bei den
Deutschen Meisterschaften der
Zauberkunst. Da ging einfach alles
schief. Mir war das sehr unangenehm. Aber das Publikum hat sich
köstlich amüsiert. Danach stand
der Chef vom Schmidt-Theater in
Hamburg, Corny Littmann, vor
mir und fragte, ob er mich engagieren könnte. Ich versicherte ihm,
dass ich üben würde, damit beim
nächsten Mal alles klappt. Aber er
sagte, das würde er gar nicht wollen. Da hat man mein komisches
Talent entdeckt – auch, wenn es
damals unfreiwillig war.
Könnten Sie sich vorstellen, einen
durchschnittlicheren Beruf zu
haben?
STÖCKEL Ja, das kann ich. Das ist
der spießige Wunsch von so manchem Künstler. Ich habe eine kleine Tochter. Da denke ich manchmal, dass es doch ganz spannend
wäre, einen „9-to-5-Job“ zu haben.
Buch Tricks zum Nachmachen
Bezieht sein Wissen auch aus Experimentier-Kästen aus den 80er Jahren: Konrad Stöckel.
Hand rausholen – er rieselt dann an
der Luft sofort trocken herunter.
Das kann man auch gut als Zaubertrick vorführen. Hydrophoben
Sand habe ich allerdings nicht erfunden, den gibt es schon lange.
Welcher wäre das?
Man benutzt ihn etwa, um Öl aus
STÖCKEL Erfinder wäre nicht dem Meer zu binden.
schlecht!
Was gefällt Ihnen an der VerbinIrgendwie sind Sie auch Erfinder – dung von Zauberei und Comedy?
Sie müssen sich ständigTricks aus- STÖCKELLeider wird die Zauberei
denken. Verraten Sie uns Ihr Lieb- gerne in die Kindersparte gesteckt.
lingsexperiment aus dem Buch?
Wenn bei meinen Shows ein junSTÖCKEL Der hydrophobe Sand, ges Paar in der ersten Reihe sitzt,
also Sand, der Angst hat vor Was- will der Mann der Frau immer erser. Der Trick ist toll, weil er ein- klären, wie meine Tricks funktiofach nachzumachen ist, aber sehr nieren. Männer möchten sich dem
effektiv. Man breitet dafür Sand Typen auf der Bühne nicht unterleauf Backpapier aus und sprüht ihn gen fühlen. Sie haben den Drang
mit Imprägnierspray für Leder- zu zeigen, dass sie das durchschauschuhe ein. Wirft man den getrock- en. Durch die Comedy lockert man
neten Sand ins Wasser, verklumpt das auf. Die Leute können sich
er und man kann ihn mit einer dann eher auf die Tricks einlassen.
Bei Ihrem Programm „Fat King
Konrad“ sind Sie schon in lebensgefährliche Situationen geraten.
Gehen Sie diese Gefahr bewusst
ein?
STÖCKEL Meine Unterwasserentfesselung war wirklich nicht ganz
ohne. Es ist natürlich nicht mein
erklärtes Ziel, mich in solche Situationen zu bringen. Mich treibt
da ein anderer Reiz an als bei den
anderen Shows: dieses Abseitige,
Bizarre. Das ist was für Freaks.
nicht zu einem Brand, es rauchen
nur die Finger. Dafür nimmt man
weißen Phosphor, der beim Verbrennen von rotem Phosphor aus
einem Zündholz im Aschenbecher
entsteht. Wenn man den zwischen
den Fingern reibt, fängt es an zu
qualmen. Im Dunkeln sieht man
auch, dass die Finger leuchten.
Kinder dürfen das natürlich nur
mit Erziehungsberechtigten machen. Und die Finger müssen danach gut gewaschen werden.
Darf man alle Experimente aus Ihrem Buch nachmachen? Zum Beispiel die „menschliche Fackel“. . .
STÖCKEL Man kann schon einiges
nachmachen. Außer, man traut es
sich nicht zu oder weiß, dass die
Sicherheitsvorschriften nicht erfüllt sind, die ich in jedem Kapitel
erwähne. Bei der menschlichen
Fackel zum Beispiel kommt es ja
Sie haben nie studiert. Haben Sie
sich Ihr Wissen angelesen?
STÖCKEL Ich bin durch die Wissenschaftssendung „Plietsch“ im
NDR zur Wissenschaft gekommen. Die haben mich wohl hauptsächlich wegen meiner Frisur eingekauft, mit der ich aussehe wie
ein verrückter Professor. Das Wissen dafür habe ich mir dann haupt-
Comedy und Wissenschaft – wie
passt das zusammen?
STÖCKEL Die Wissenschaft passt
vor allem mit der Zauberei zusammen: Wenn ein Zauberer einen
zwei Meter langen Zauberstab in
einem Zylinder verschwinden
lässt, dann löst er das tricktechnisch – etwa, indem der Stab sich
aufrollt. Ich kann so etwas mit wissenschaftlichen Mitteln ganz real
machen. Nämlich, indem ich den
Zauberstab aus Styropor in dem
Zylinder tatsächlich auflöse. Mithilfe von Aceton, das ich vorher in
den Hut gegeben habe.
Sie schreiben, dass es immer auf die
richtige Präsentation ankommt.
Wie verkauft man sich richtig?
STÖCKEL Man kann sich natürlich
für viel Geld einen Apparat mit
goldener Glimmerfolie kaufen.
Aber da weiß jeder gleich: Das ist
ein Trick-Apparat. Nimmt man dagegen ganz normale Requisiten,
zum Beispiel was aus der Küche,
wirken die Wunder viel größer.
Bei Kartentricks ist es clever, du
lässt erst einmal ein paar Karten
runterfallen, damit die Leuten denken, du kannst nix. Wenn der Trick
dann klappt, beeindruckt sie das
mehr, als wenn du vorher schon ein
Kriegen Sie keinen Ärger mit Zau- paar tolle Fingerübungen gezeigt
berern, wenn Sie Tricks verraten? hast. Das kann man natürlich aufs
STÖCKEL Nö. Da stehe ich drüber. richtige Leben übertragen.
Das Buch ist ja für diejenigen geschrieben, die mehr über ZauberDasGespräch führte
kunst erfahren möchten. Und in
JasminKrsteski
*
Zur Person
Konrad Stöckel (35) lebtmit Frau
undTochter in Hamburg.Bekannt
wurdeer mit Auftrittenbeider
Comedy-Show„Nightwash“im
WDR undbeiderWissenschaftssendung„Plietsch“im NDRFernsehen.
In seinemBuch, das im Oktober
erschienenist, erzähltKonrad
StöckelBiografischesausseinem
Leben,erklärt ernstzunehmende
ZaubertricksundExperimente
undbeschreibtweniger
ernstzunehmendeErfindungen
wie die„Wadenwaschmaschine“
.
„W ie manmit AC/DCdas Licht
ausmacht.UndandereWeltwunder des Wissens“,
PiperVerlag,9,99Euro
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