4 technik - Moto Sport Schweiz
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4 TECHNIK CUSTOMBIKES VON BÈLA B., BIG BEAR, CCCP UND SAXON Der Mittelweg 04_MSSD_004_Techn 4 13.02.2009 15:01:08 4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 5 Vergleich Mehr oder minder umgestaltet ist jede Harley. Wirklich aus der Masse heraus sticht erst das individuell aufgebaute Einzelstück. Das ist teuer und aufwendig. Doch es gibt so etwas wie einen Mittelweg. Text: Rolf Lüthi Bilder: Cipress, Daniel Riesen 04_MSSD_005_Techn 5 13.02.2009 15:01:17 6 TECHNIK ➥ CUSTOMBIKES VON BÉLA B., BIG BEAR, CCCP UND SAXON E ine serienmässige Harley fährt niemand. Zumindest irgendein klitzekleines Zubehörteil schraubt jeder dran, um sein Bike zu personalisieren. Oder lässt dranschrauben. Hardcore-Biker bauen sich den Wunschtöff von Grund auf selbst. Oder lassen bauen. Solche Custombikes, vom Kunden selbst oder vom Spezialisten nach Kundenwunsch aufgebaute Motorräder, sind in der Schweiz längst keine unrealistischen Hirngespinste mehr. Wer sich mit den einschlägigen Vorschriften auskennt und diese beim Bau beachtet, kann mit seinem Traumtöff legal über Schweizer Strassen gleiten. Die grössere Hürde ist der Preis eines solchen Einzelstücks: So um die 100 000 Franken sind bald mal verbaut. 2 3 5 4 6 Keine Harleys. Nein, nein! In der Lücke zwischen individualisierten Serien-Harleys und als Einzelstück aufgebauten Custombikes platzieren sich die Anbieter von Kleinserien-Customs. Deren Grundaufbau – in der Regel Rahmen, Motor und Getriebe – ist immer die gleiche, typengeprüfte Basis. Die Individualisierung beschränkt sich auf periphere Variationen wie verschiedene Designs für Räder und Lackierung. Der Preisrahmen liegt zwischen 30 000 und 55 000 Franken; also rund die Hälfte von dem, was der Komplettaufbau eines Custombikes realistischerweise verschlingt. Wir haben uns vier solcher «Customs ab Stange» genauer angeschaut: CCCP Chopper, 1 04_MSSD_006_Techn 6 «Es sollte mehr solche Töff geben. Die sind strassenzugelassen und problemlos zu fahren.» Vielfahrer und Hells Angel Dani Mettraux sieht es pragmantisch. 1 Mit dem Bopper von Béla B. fährt es sich trotz breitem 150er-Vorderpneu entspannt. 2 Solider Dampf aus 1640 Kubik – dass Rev Tech in Korea produziert, ändert daran nichts. 3 Kunstvoll gefertigte Mündungen der Edelstahl-Auspuffanlage, Hinterrad mit 60 Speichen. 4 Am Heck ungefedert, ein Federsattel sorgt für beschränkten Komfort. 5 Der Alu-Knopf neben der Zündkerze ist ein manueller Dekompressor. Ohne dessen Hilfe bekundet der Anlasser bei kaltem Motor Mühe 6 Kompakt und komplett. 7 Auf dem Big Bear kommt der Absatz dem Asphalt schon recht nahe, im Sommer wird man sich auf den Touchdown einstellen müssen. 8 Alles serienmässig. Perfektionisten werden die sichbare Verkabelung bemängeln. 9 Auch hier wollten wir nie mehr wissen. 10 Nicht einfach ein zurechtgebogenes, schwarz bepinseltes Flacheisen: kunstvoll gefertigtes Bremspedal. BÉLA B. CLASSIC CYCLES: MADE IN SWITZERLAND Classic Cycles gibt es seit 1993, der gelernte Maschinenmechaniker Béla Börden übernahm die Firma 1999. 2007 wurde er mit der Marke Béla B. zum Hersteller, seit einem Jahr exportiert er in die EU. Die Rahmen werden extern gefertigt, Motoren (Rev-Tech mit Vergaser) und weitere Komponenten eingekauft. Montiert werden die Töff bei Béla B. in Oberwil BL, wo auch direkt an Kunden geliefert wird. Zwei Varianten stehen zur Wahl, der Bopper und der Chopper (ab Fr. 36 995.–), beide geprüft nach Euro 3. Beim Chopper ist die Gabel um 36 cm verlängert, das Vorderrad ist ein schmales 21erRädchen, hinten ist ein gewaltiger 300er-Schlappen serienmässig. Natürlich gibt es individuelle Variationen, z. B. Motoren bis 1800 cm3. 13.02.2009 15:01:34 4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 7 7 Béla B, Bopper Hot Rod, Big Bear Miss Behavin, Saxon Warlord. Dem CustomLaien ist das keineswegs sonnenklar, deshalb sei es hier erwähnt: Es handelt sich bei den vier Maschinen NICHT um Produkte der Firma Harley-Davidson. Immerhin hat die CCCP einen Harley-Motor drin. Der Bopper von Béla B. wird angetrieben von einem V2 von Rev-Tech, Big Bear und Saxon vertrauen auf Motoren von S&S. CCCP und Béla B. gelten als Hersteller, ihre Motorräder sind made in Switzerland, auch wenn die Mehrzahl der Komponenten von ausländischen Zulieferern stammt. Big Bear und Saxon sind amerikanische Erzeugnisse, die von Schweizer Importeuren typengeprüft wurden. Als Fahrer agierten – neben dem Autor – Roland Meier, Daniel Mettraux und Adrian «Schueni» Häggi (siehe Kasten Seite 13). Sie alle sind in der MC- und Custom-Szene heimisch. Exklusivität ist preiswert Preisschlager unseres Vergleichsquartetts ist der Bopper «Hot Rod» von Béla B. Das von uns gefahrene Exemplar entspricht der Basisversion, die mit Fr. 9995.– in der Preisliste steht. Dafür erhält man einen Starrrahmen-Bopper mit 1600 cm3 und Sechsganggetriebe mit Kettenantrieb rechts, Drahtspeichenräder mit 60 Speichen obendrein. Dass die Motoren von Rev-Tech in Korea gebaut werden, muss man bei dem Preis abnicken. Die in der Schweiz gebaute Hot Rod ist kaum teurer, aber bei Weitem exklusiver als die in Grossserie produzierte Harley-Davidson Rocker C, auch wenn der Töff ein Stilmix ist, der nicht jedem gefällt. Generell waren die 04_MSSD_007_Techn 7 8 9 10 BIG BEAR: AUF 2000 METER Die amerikanische Firma Big Bear Choppers wurde 1994 in Big Bear Lake, California (2000 m ü M), gegründet vom Australier Kevin Alsop. Verbaut wird ein V2 des amerikanischen Kleinserien-Herstellers S&S mit 1640 cm3, der von Big Bear modifiziert wird für einen besonders weichen, vibrationsarmen Lauf. Damit sind die Gemeinsamkeiten der 11 Modelle schon bald erschöpft. Alle 11 Modelle sind in der Schweiz erhältlich, acht davon sowohl mit Vergaser wie auch mit Einspritzmotor, drei ausschliesslich mit Vergaser. Es werden Getriebe mit fünf oder sechs Gängen verbaut, mit Riemen- oder Kettenantrieb rechts oder links, Teleskop- und Springergabeln werden eingebaut, und jedes Modell hat ein anderes Chassis. Europa-Importeur ist die Firma Midland Choppers von Reto Schatzmann und Oli Birrer in Gretzenbach SO, sie besorgten auch die EU-Prüfung und die Schweizer Strassenzulassung. Schatzmann und Birrer importieren ebenso die Boom Trikes und die Wakan, ein hochwertiges Kleinserien-Sportmotorrad mit HarleyMotor. Über das Detailgeschäft Good Drive wird direkt an Endkunden geliefert. «Big Bear legt Wert auf Qualität und Finish», sagt Schatzmann. «Es werden hochwertige Baker-Getriebe verbaut, obwohl es preisgünstigere Getriebe gibt, die Motoren sind serienmässig poliert. Der von euch gefahrene Töff entspricht dem Grundpreis.» 13.02.2009 15:01:50 8 TECHNIK ➥ CUSTOMBIKES VON BÉLA B., BIG BEAR, CCCP UND SAXON Bopper die Custom-Bikes der 60erJahre, langgablige Chopper kamen erst in den 70ern auf. Aber aus dieser Ära stammt der flache Lenkkopfwinkel. Die Tankform der Hot Rod ist wieder eher 80er-Stil, und die Rücklichtpartie erinnert an Panheads der 60er-Jahre. Wurscht, jetzt wird gefahren. Zum Anwerfen des Motors müssen links an den Zylinderköpfen neben den Zündkerzen die manuellen Deko-Ventile betätigt werden. Diese reduzieren die Verdichtung des Langhubers so weit, dass der Anlasser den Motor ächzend anwerfen kann. Hin und wieder überschnappt der Anlasser auch unter martialischem Krachen. Ist der Motor mal warmgefahren, ist der Anlasser seiner Aufgabe gewachsen. Nachdrücklich setzt man sich in Bewegung. Die Gänge werden nachgereicht, man sitzt hinter dem breiten Lenker und lenkt seine Geschicke. Auch wenn das Fahrgefühl gut rüberkommt: Die Vergaserabstimmung am Testtöff war nicht restlos gelungen, harte Gasannahme, harter Übergang in den Schiebebetrieb, und bei niedriger Drehzahl manchmal ein kurzes Verschlucken. Der Motor starb nie unvermittelt ab, mühsam oder gefährlich waren die Unarten also nie, nur lästig oder eben Euro 3. Es herrschten allerdings Temperaturen leicht über dem Gefrierpunkt. Vielleicht gibt sich das, wenn die Sonne scheint. Das Fahrverhalten versöhnt. Trotz üppigem Vorderreifen ein gut fahrbarer 1 04_MSSD_008_Techn 8 2 3 4 6 5 7 CCCP: PREISWERTE SPORTSTER Diese Buchstabenreihe stand auch für die inzwischen untergegangene Sowjetunion, die Schweizer Firma CCCP (für Conis Custom Chopper Project), gegründet 1998 in Malters LU, gibt es weiterhin. Coni heisst mit bürgerlichem Namen Remo Bernasconi. CCCP hat 2004 den Starrrahmen der niederländischen Firma VG in der Schweiz typengeprüft. Die Töff werden in der Schweiz aufgebaut, CCCP gilt als Hersteller. Die Typenprüfung für die neuen Sportster-Motoren mit Einspritzung ist abgeschlossen. Komplett aufgebaute Töff gibt es ab Fr. 27 990.–. Dabei wird eine Harley Sportster vom Typ Nightster (Fr. 13 500.–) ausgeschlachtet. Bis auf Rahmen, Tank, Sattel, Öltank und Gabelrohre werden alle Serienteile wiederverwendet. Das ergibt eine strassenzugelassene StarrrahmenSportster mit 10 cm längerer Gabel. Am anderen Ende der Preisspanne, bei Fr. 53 000.–, liegt der von uns gefahrene Töff, bei dem nur noch der Motor ein Harley-Teil ist. Die Typenprüfung umfasst Hinterreifen bis 250 mm Breite und Gabelverlängerungen bis 20“ (51 cm). «Länger zu gehen hat wenig Sinn, die Durchbiegung der Gabel und ihr Eigenleben werden zu dramatisch», begründet Coni. Warum hat Coni die als «Wiibertöff» verachtete Sportster als Umbaubasis gewählt? «Als die Kosten für Customs explodierten, sah ich eine Chance für preisgünstigere Umbauten», sagt Coni. «Der Sportster ist ein Blockmotor, Primärtrieb links, Riemen rechts, das ist für Breitreifen ideal. Ausserdem ist der Sportster viel drehfreudiger als die Big Blocks.» 13.02.2009 15:02:06 4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 9 SAXON: AUS DER BAUBRANCHE Die Gründer der Firma Saxon waren in der US-amerikanischen Baubranche tätig, wo sie mit dem Konzept eines standardisierten und rationalisierten Hausbaus Erfolg hatten. Logisch, dass die vier passionierten Biker ihre Philosophie auch auf den Bau von Custombikes anwenden. Saxon ist in Casa Grande, Arizona, ansässig und hat eine Kapazität von 1200 Maschinen pro Jahr. Die Custombikes werden in einem strukturierten, rationalisierten Prozess mit integrierter Qualitätskontrolle aufgebaut. Die Palette umfasst acht Modelle, der Schweizer Importeur Fat Attack in Arlesheim BL importiert deren zwei: Warlord und Firestorm. Die technische Basis ist weit gehend identisch: V2 von S&S mit 1565 cm3, Sechsganggetriebe mit Riemenantrieb rechts, 42er-Mikuni-Vergaser. Das Hinterrad ist gefedert, wie beim Softail-Rahmen von Harley-Davidson liegen die zwei Federbeine versteckt unter dem Getriebe. Am Warlord sind das zentrale Rahmenrohr und die Unterzüge verlängert, der Lenkkopf liegt weiter oben. Die Firestorm ist tiefer gebaut, ihre Gabel ist 17,5 cm kürzer. Die Typenprüfung eines dritten Modells, des Boppers Henchman, ist im Gange. 8 9 10 «Als wir die ersten Starrrahmen bauten, hüpften wir beim Beschleunigen aus den Kurven wie die Pingpongbälle.» Roli erinnert sich an die Frühzeit. 11 12 13 1 Fahren hinter der dominierenden Gabel, auf der Reifenkante: Von federleichtem Kurvenfiedeln wollen wir bei dieser CCCP nicht schreiben, aber Richtungsänderungen sind grundsätzlich möglich. 2 Speichendickicht im Hinterrad: Putzen mit meditativer Komponente. 3 Spielt Gewicht eine Rolle? Durch Ausfräsen erleichterte Pulley-Abdeckung. 4 Unkonventioneller Platz fürs Gepäck an den vorderen Unterzügen. Probieren Sie das nicht mit einem normalen Strassentöff! 5 Russische Beschriftung. «Ich mag die USA nicht», sagt Coni. 04_MSSD_009_Techn 9 6 7 8 9 10 11 12 13 So versteckt man Kontrollleuchten sauber in der Befestigungsschelle. Sogar von 0 auf 100 kann man damit anzeigen lassen. Auf der Saxon Warlord, die Nase im frischen Wind, die Sinne hellwach. Ein Teil der Elektrik wurde in diesem schmucken Behälter verstaut. Wenige Details ausser Acht gelassen: bestickter Sattel. Saxon baut wie Big Bear Motoren von S&S ein, jedoch nicht die gleichen Typen. Kennen wir von Harley, aber nicht so schön glänzend. Sogar ein digitaler Drehzahlmesser hat Platz gefunden im kleinen Dreieck. 13.02.2009 15:02:27 SWISS MOTO 2009 Entdecken Sie unsere Neuheiten, Produkte und den neuen RedWing Club® an der Swiss-Moto, Messezentrum Zürich, vom 19. - 22. Februar, Halle 1, Stand A30. www.hondamoto.ch 04_MSSD_010_Inser 10 12.02.2009 15:23:04 TECHNIK ➥ 4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 11 CUSTOMBIKES VON BÉLA B., BIG BEAR, CCCP UND SAXON «Nicht lachen!», schnauzt der Fotograf. TECHNISCHE DATEN Motorrad Béla B. Bopper Hot Rod Big Bear Miss Behavin CCCP Chopper Saxon Warlord Motor 45°-V2 OHV Rev. Tech 100 cui 1640 cm3 (101,6 × 101,6) 11:1 Vergaser Mikuni Ø 42 mm 54 PS/4500/min 95 Nm/3000/min 6 Gänge (Ultima) Kette links 45°-V2 OHV S&S 100, modifiziert 1640 cm3 (101,6 × 101,6) 8,5:1 Vergaser Mikuni Ø 42 mm k. A. (Euro-3-Mess. im Gang) k. A. (Euro-3-Mess. im Gang) 6 Gänge (Baker) Kette rechts 45°-V2 OHV Harley Sportster 1200 1201 cm3 (88,8 × 96,8) 10:1 Vergaser Keihin Ø 40 mm 67 PS/5700/min 98 Nm/3200/min 5 Gänge (Harley) Riemen rechts 45°- OHV S&S 98 Super E 1565 cm3 (92,1 × 117,5) 10,1:1 Vergaser Mikuni Ø 42 mmn 53 / 4100/min 97 Nm / 3400/min 6 Gänge (Primo) Riemen rechts Felgen vorn/hinten Reifen vorn/hinten Semi-Doppelschleife Teleskopgabel Ø 41 mm hinten starr k. A./starr je 1 Scheibenbremse Ø vorne 292 mm, hinten Ritzelbremse 3.5 × 16/6.00 × 16 150/80-16/200/60-16 Semi-Doppelschleife Teleskopgabel Ø 40 mm Dreieckschwinge, Federbeine 76 mm/76 mm je 1 Scheibenbremse Ø vorne 295 mm Ø hinten 230 mm, Ritzelbr. 2.125 × 21/8,5 × 18 90/90-21/250/40-18 Semi-Doppelschleife Teleskopgabel Ø 41 mm hinten starr 100 mm/starr Doppelscheibe/1 Scheibe Ø vorne 2 × 254 mm Ø hinten 254 mm 2.15 × 18/7.00 × 15 90/90-18/205/60-15 Semi-Doppelschleife Teleskopgabel Ø 41 mm Dreieckschwinge, Federbeine 120 mm / 80 mm je 1 Scheibenbremse Ø vorne 292 mm Ø hinten 292 mm 2.15 × 21/8.5 × 18 90/90-21/260/40-18 Radstand Lenkkopfwinkel Gabelreckung Nachlauf Sitzhöhe Gewicht Tank 1770 mm 54° 3° 90 mm 630 mm 270 kg vollgetankt 12,5 l 2083 mm 56° 6° 95 mm 510 mm 315 kg vollgetankt 14,5 l 2225 mm 47° 6° 90 mm 500 mm 196 kg vollgetankt 12 l 2060 mm 50° 5° 125 mm 660 mm 294 kg Trockengewicht 17 l Preis ab Preis gefahrenes Modell Fr. 29 995.– Fr. 29 995.– Fr. 49 800.– Fr. 49 800.– Fr. 27 990.– Fr. 53 000.– Fr. 49 145.– Fr. 56 095.– Hersteller/Importeur Béla B Classic Cycles Stephan-Gschwindstr. 17 4104 Oberwil BL 061 402 16 16 www.classic-cycles.ch Midland Choppers Im Grund 28 5014 Gretzenbach SO 062 893 04 93 www.bigbearchoppers.ch CCCP Motorcycles Eistrasse 1 6102 Malters LU 041 497 30 01 www.cccp.ch Fat Attack Talstrasse 82 4144 Arlesheim BL 061 743 04 00 www.fatattack.ch Hubraum (B × H mm) Verdichtungsverhältnis Gemischaufbereitung Leistung Drehmoment Getriebe Sekundärtrieb Fahrwerk Federwege vorn/hinten Bremsen vorn/hinten 04_MSSD_011_Techn 11 Töff, der sich von Rillen oder Unebenheiten wenig beeinflussen lässt. Erst wenn man im Schritttempo einen schrägen Randstein in spitzem Winkel überfahren will, erinnern deutliche Kippmomente an die breiten Gummis. Bremsmanöver werden vor der Kurve abgeschlossen, so lässt sich ein runder Strich fahren. Will man auf der Vorderbremse in die Kurve reinbremsen, kann auch die gelungene Fahrwerksgeometrie das gewaltige Aufstellmoment des breiten Vorderreifens nicht mehr kaschieren. Herausbeschleunigen aus Kurven geht bestens, was mit einem Starrrahmen nicht selbstverständlich ist. «Als wir die ersten Starrrahmen bauten, hüpften wir beim Beschleunigen aus den Kurven wie Pingpongbälle», erinnert sich Roli. Der Motor zieht von unten sehr gesund, bei höherer Drehzahl (ca. 5000/ min) nehmen die Vibrationen zu, und man reicht den nächsten Gang nach. Fast wie zwei Tourentöff Im Charakter recht ähnlich sind sich Big Bear und Saxon. Die von uns gefahrenen Modelle Miss Behavin und Warlord sind beide mit Motoren von S&S bestückt. S&S wurde 1958 von George und Marjorie Smith gegründet und produziert in Blue Island, Illinois, eine breite Palette von V2-Einbaumotoren. Big Bear wählte für Miss Behavin eine quadratisch ausgelegte Version mit 1640 cm3, Saxon einen Langhuber mit 1565 Kubik. Beide haben sechs Gänge und für eine ausgewogene Gewichtsverteilung den Antrieb rechts, 13.02.2009 15:02:39 Grosser Wettbewerb! Machen Sie mit und gewinnen Sie eine SUZUKI GLADIUS im Wert von über CHF 10 500.– Jetzt ausfüllen und gewinnen! Herr Frau Geburtsjahr Vorname/Name Wettbewerbsfrage: Welches Jubiläum feiert Suzuki im Jahr 2009? 10 Jahre 100 Jahre Strasse/Nr. PLZ/Ort E-Mail Telefon Unterschrift www.motosport.ch 04_MSSD_012_Inser 12 Talon vollständig ausfüllen und bis am 13. September 2009 einsenden an: MOTO SPORT SCHWEIZ, S. Mosimann, Dammweg 9, Postfach, 3001 Bern. Alle ausgefüllten Talons nehmen an der Verlosung im September 2009 teil. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. 12.02.2009 13:12:54 TECHNIK ➥ 4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 13 CUSTOMBIKES VON BÉLA B., BIG BEAR, CCCP UND SAXON und beide verzichten nicht auf eine Federung des Hinterrads. In Fahrt setzt sich die Ähnlichkeit fort: Wenn auch die Warlord langgabliger dahergleitet, verkörpern doch beide Maschinen einen gemässigten Low-Rider-Stil und lassen sich sehr gut fahren. Gemässigt heisst in diesem Fall nicht brav. Beide Maschinen sehen aus wie Custombikes, wie handgefertigte Einzelstücke: verlängerte Gabeln, breite Hinterreifen, Pizzarädchen vorne, tiefe Sättel. Doch das Fahrverhalten erinnert an Grossserien-Cruiser, ist weitgehend problemlos, angesichts der breiten Hinterschlappen sogar sensationell tückenfrei. Beide Motoren laufen geschmeidig und kraftvoll, die Getriebe schalten sich mechanisch und akustisch klar definiert und präzise. Fahrer verschiedener Statur kamen soweit gut zurecht, Lenkerform und Schräglagenfreiheit links des Big Bear fanden aber nicht ungeteilte Zustimmung. Als Kritikpunkt fiel einzig die Zahnkranzbremse des Big Bear mit spärlicher Wirkung auf – da haben wohl aus Versehen die Bremsbeläge Kettenspray abbekommen. Überleben auf der Kante «Das ist Hardcore, das kann nicht jeder fahren», stellt Dani klar. Bei der von uns gefahrenen CCCP handelt es sich um das Fahrzeug eines Kunden, der seinen Töff so wollte, wie er ist. Das heisst, die Gabel ist so lang, dass der Töff auch nach den gestrengen Massstäben von Roli ein echter Chopper ist – wenn auch einer «mit eher kurzer Gabel». Der Wendekreis würde selbst Fahrer von Langholztransportern in Verlegenheit bringen. Schlägt man im Stand den Lenker ein, dreht das Vorderrad nicht nach rechts oder links – es klappt in Schräglage, ähnlich wie bei einem Döschwo. Der Sportster-Twin hat 1200 Kubik, das ist in diesem Motorradgenre unterdimensioniert. «Da gehört ein Big Block rein», schnaubt Adi verächtlich, während der unwissende Autor den runden Lauf und das breitere Drehzahlband des kleinen Motors rühmt, der den Big Blocks in Sachen Street Performance nichts schenkt. Schwer gewöhnungsbedürftig ist das Fahren mit dem Autoreifen auf dem Hinterrad. Man muss entschlossen in eine Schräglage gehen, in welcher der Töff nur noch auf der Reifenkante läuft. Dann mit (sanftem) Zug durch die Kurve, nach der Kurve aufrichten und erst dann beschleunigen. Wir befuhren zur Meinungsbildung eine kurvenreiche Bergstrecke, was mit diesem Töff definitiv nicht das reine Vergnügen war, eher eine Herausforderung. Der Autoreifen hat aber auch Vorteile: Man kann ihn mit 1,6 bar fahren, so schluckt der Pneu etliche Unebenheiten, ohne dass sich der Töff schwammig anfühlt. Und er ist weit preisgünstiger als ein Töffpneu dieser Breite, was bei Kilometerfressern ein Argument ist. Angesichts der Gewichtsverteilung und Temperaturen unwesentlich über dem Gefrierpunkt ist die Doppelschei- Hells Angels: 23 Mio. für ein paar Hanfstauden Wer nicht in der MC-Szene verkehrt, wird hin und wieder über die Massenmedien zum Thema Hells Angels desinformiert. Das letzte Mal in grösserem Umfang 2004, als vor laufenden Fernsehkameras beim Clubhaus an der Zürcher Langstrasse eine Razzia stattfand. Veranlasst hatte die spektakuläre Aktion die Bundesanwaltschaft, die Ermittlungsbehörde des Bundes. «Wir sind keine Schäfchen, einzelne Mitglieder haben Straftaten begangen, für die sie geradestehen müssen», sagt Roli. «Doch für den Vorwurf, wir seien eine kriminelle Vereinigung, liessen sich trotz intensiver Ermittlungen und illegaler Telefon-Abhöraktionen keine Beweise finden.» Als sich das abzeichnete, liess sich der ermittelnde Bundesanwalt Ernst Roduner frühpensionieren. Bei den erwähnten Straftaten geht es unter anderem um den Anbau von Cannabis für den Eigengebrauch. Da scheint ein vierjähriges Ermittlungsverfahren, das bislang 23 Mio. Franken verschlang, leicht überrissen. Hervorgegangen sind die 04_MSSD_013_Techn 13 Hells Angels in den USA aus Veteranen des Zweiten Weltkriegs. Die Hells Angels Zürich, gegründet 1970, sind das älteste Chapter (Ortsclub) ausserhalb der USA. Die Hells Angels sind eine verschworene Gemeinschaft mit eigenem Kodex, die Club Members reden von einer Familie. Die Hells Angels sehen sich an der Spitze der MC-Hierarchie. Die Mitglieder tragen unübersehbar das Clubabzeichen. In der Schweiz gibt es 17 weitere sogenannte Grosspatch-Clubs, dann eine ähnliche Anzahl Kleinpatch-Clubs und wieder eine Stufe tiefer T-Shirt-Clubs (Abzeichen als T-Shirt-Aufdruck). Es können sich nicht einfach ein paar Freunde zusammentun und ein selbst entworfenes Clublogo spazieren fahren, da gibt es ein mehrjähriges Verfahren, währenddem sich ein Club beweisen muss. Auch Mitglied bei den Hells wird man nicht durch simples Einzahlen eines Mitgliederbeitrags. Ein Anwärter muss sich über mehrere Jahre bewähren, bis er als Full Patch Member aufgenommen wird. «Keiner muss irgendwelches schlimmes Zeugs machen, um Mitglied zu werden», sagt Roli zu kursierenden Gerüchten. «Jeder muss Töff fahren und berufstätig sein. Und er muss in die Familie passen. Aufgenommen wird er per Abstimmung.» Frauen können nicht Member werden. Zur Gesamtzahl der Schweizer Hells Angels will Roli keine Angabe machen. «Wir wollen nicht wachsen, aber wir wachsen trotzdem. Weltweit sind die Hells Angels der grösste Bikerclub, Tendenz weiter steigend. Wir sind überall vertreten, wo Töff gefahren wird, ausser in arabischen Ländern. Selbst aus der Türkei gibt es Anfragen. Die Hells Angels sind eine Legende.» Nicht überall ist die Bikerszene so friedlich wie in der Schweiz: In Deutschland schwelt ein Rockerkrieg, und vergangenen Herbst wurde der Präsident der Hells Angels San Francisco von einem Mitglied des rivalisierenden Mongols MC erschossen. Riders in the Cold Roli Meier (50) fährt Töff, seit er 17 ist. Sein erster Töff war eine Kawasaki Z 900, seit 1976 fährt er Harley. «Ich war der Zweite, der in Zürich eine Harley fuhr, eine Super Glide», erzählt er. Seither besass er nacheinander rund 100 V2-Chopper und Cruiser, darunter zahlreiche Maschinen, die von Grund auf nach seinen Vorstellungen gebaut wurden. Er ist seit 27 Jahren «im Club», also Mitglied der Zürcher Hells Angels. Derzeit stehen mehrere Harleys in seiner Garage. In Sachen Chopper steht er auf den schwedischen Stil, also die ganz langen Gabeln. «Von den gefahrenen Maschinen ist für mich nur die CCCP ein Chopper. Aber eine richtig lange Gabel hat auch die nicht.» Von Beruf ist er Kaufmann und verdient sein Geld mit Autos, Schmuck und Harleys. Dani Mettraux (46) begann seine Töffler-Laufbahn mit der Suzuki GSX-F und wechselte dann auf die supersportliche GSX-R, natürlich mit 1100 Kubik. Harley fährt er seit 13 Jahren, aktuell eine Dyna Low Rider, «die sehr gut läuft». Er ist seit fünf Jahren Club Member und arbeitet als selbstständiger Fliesenleger. Pro Jahr legt er per Töff gegen 30 000 km zurück. Adrian «Schueni» Häggi (50) fing seinerzeit mit einer 750er-Honda an, die er mithilfe des Schweizer ChopperPioniers Walter Senn umzubauen begann. Er wechselte dann auf Harley und war immer in der MC-Szene präsent, unter anderem als Präsident der «Rebels of Road», welche die legendäre Easy Rider Party in Egliswil organisierten, oder derzeit als Komiteemitglied des Schweizer Love Ride. «Mitglied bei den Hells zu werden, das habe ich immer verpasst», sagt er, der heute beim Uglys MC dabei ist, der den Love Ride von San Francisco organisiert. Er boxt seit 20 Jahren und arbeitet als selbstständiger Arbeitsagoge. In diesem Beruf kümmert er sich mithilfe von Arbeitstherapie und Sport (Boxen, logisch) um Jugendliche, die auf die schiefe Bahn geraten sind. Autor Rolf Lüthi (49) hat keine Ahnung von Choppern und kam darum auf die rettende Idee, für diese Story die grösste Autorität zu diesem Thema beizuziehen, die Hells Angels. Er begann mit einer Kreidler-Florett und blickt heute zufrieden auf einen wild durchmischten Fuhrpark aus Gelände-, Strassen- und Wintertöff, der aber keinen Chopper enthält. Er ist Mitglied in zwei Geländesport-Clubs und beim Schweizer Veteranentöff-Verband FAM. 13.02.2009 15:02:45 14 TECHNIK Dieses Bild auf Ihr Handy: MSSFOTO 3131 an 919 (Fr. 2.40/SMS) ➥ CUSTOMBIKES VON BÉLA B., BIG BEAR, CCCP UND SAXON Béla B. Bopper: legaler Starrrahmen mit Big Block für 30 000 Franken. Big Bear: Näher kommt man dem Asphalt nur beim Stürzen. Der Modellname «Miss Behavin» (Fräulein Benimm) provoziert ein Wortspiel mit «misbehaving» (sich schlecht benehmen). Wir konnten solcherlei aber nicht feststellen. 3 Ein Hardcore-Chopper für 53 000 Franken ist eh kein schlechtes Angebot. Der CCCP-Basisumbau für Fr. 27 990.– (kleines Bild) sieht schon gemässigter aus als der gefahrene Kundentöff. Die neuste Version ist mit Einspritzung ausgerüstet. 4 Saxon Warlord: Der Kriegsherr macht alle platt, die meinen, gestylte Custombikes gebe es erst ab 80 000 Franken. 5 Es ist immer Cruising-Wetter. Irgendwo. 1 2 Der Fünfte: MCP Custombikes Auf eigenen Wunsch nicht an diesem Vergleich dabei war die Firma MCP Custombikes, die typengeprüfte Custombikes in drei Grundvarianten anbietet, als Chopper, Old Stile Bopper (im Bild) oder als lang gestreckte Pro Street. Preise: ab Fr. 38 000.–, Sonderpreis-Aktion noch bis Ende März. Verwendet wird ein Rahmen mit versteckter hinterer Federung, je nach Modell werden Teleskop- oder Springer-Gabeln verbaut. Hinterreifen bis 260 mm sind möglich. Eingebaut werden Motoren des koreanischen Herstellers Rev Tech mit 1442 cm3, Motoren mit grösserem Hubraum sind optional möglich. 2 Dieses Bild auf Ihr Handy: MSSFOTO 3133 an 919 (Fr. 2.40/SMS) 1 3 5 ➥ MCP Custombikes, Carlo Dell Angelo, Neuhausstrasse 16, 9545 Wängi, Tel. 052 730 00 10, www.mcp-custombikes.ch. 04_MSSD_014_Techn 14 13.02.2009 15:02:59 benbremse im Vorderrad mit Vorsicht und vor dem Einlenken zu geniessen. Unvergleichlich faszinierend ist der Blick auf das in weiter Ferne vor einem abrollende Vorderrad, das Fahren hinter dieser alles dominierenden Gabel. Sicher nicht geschadet Wem Harleys zu öde und Customs zu teuer sind, der findet in Kleinserien-Anfertigungen den preislichen Mittelweg. Bis auf die CCCP sind die in diesem Vergleich gefahrenen Kleinserien-Customs mehrheitsfähig ausgelegt: Die Kompromisse, die für den optischen Auftritt zulasten der Fahrbarkeit gemacht wurden, sind bei artgerechtem Einsatz minimal. Von Béla B., Big Bear und Saxon fuhren wir allerdings eher gemässigte Versionen, von CCCP eine Extremvariante. Von Béla B. und Big Bear sind herbere, langgabeligere Varianten zu haben, die CCCP-Sportster kann man auch ziviler bekommen. Von Hardcore-Bikern hätte man vielleicht anderes erwartet, doch Roli, Dani und Schueni finden die Idee vom Kleinserien-Custombike gut. «Es sollte mehr solche Töff geben. Die sind strassenzugelassen und problemlos zu fahren», sagt Dani pragmatisch. «Wenn mehr Leute solche Töff fahren, wächst die MC-Szene, und wir bekommen einen anderen Ruf», meint Roli, und Schueni meint verschmitzt: «Dass Doktoren, Zahnärzte oder Rechtsanwälte sich Harleys kauften, hat uns sicher nicht geschadet.» ■ Dieses Bild auf Ihr Handy: MSSFOTO 3134 an 919 (Fr. 2.40/SMS) Dieses Bild auf Ihr Handy: MSSFOTO 3132 an 919 (Fr. 2.40/SMS) 4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 15 4 04_MSSD_015_Techn 15 13.02.2009 15:03:13