Die Düngeverordnung kommt - Wochenblatt für Landwirtschaft

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Die Düngeverordnung kommt - Wochenblatt für Landwirtschaft
FRÜHJAHRSBESTELLUNG GETREIDE
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
INHALT
Die Düngeverordnung kommt . . . . . 23
Frühe Güllegabe lohnt . . . 26
Foto: Leichhauer
Den Stickstoff retten . . . . . 28
Dünne Gülle ins Getreide. . 29
Die Düngeverordnung kommt
Noch ist sie nicht verabschiedet, aber sie wird wohl kommen – die
Novellierung der Düngeverordnung. Es lohnt, sich schon jetzt mit den
vorgesehenen Neuerungen auseinanderzusetzen.
D
Stickstoff und Phosphat eine zentrale Bedeutung haben. Für Stickstoff wird es kulturspezifische
feste Bedarfswerte geben (Übersicht 1).
er Entwurf zur Novellierung
der Düngeverordnung wurde im vergangenen Dezember der EU zur Notifizierung und
zur Einleitung der Strategischen
Umweltprüfung zugeleitet. Erst
danach wird der Bundesrat darüber beraten. Man kann gespannt
sein, ob der jetzt vorliegende Entwurf den Bundesrat problemlos durchlaufen wird. Die wichtigsten geplanten Regelungen im
Überblick:
Bei der neuen Düngeverordnung
wird die Bedarfsermittlung für
Feste Stickstoffbedarfswerte
Von diesen darf nur abgewichen
werden, wenn das Ertragsniveau
der vergangenen drei Jahre höher
oder tiefer lag. So liegt der N-Bedarfswert für Wintergerste mit einem Ertragsniveau von 70 dt/ha
bei 180 kg N/ha. Pro 10 dt/ha Mehr-
1 Neue „N-Sollwerte“
Stickstoffbedarfswerte in Abhängigkeit von Kultur und Ertragsniveau
Kultur
Winterraps
Winterweizen A+B
Winterweizen C
Wintergerste
Winterroggen
Wintertriticale
Sommergerste
Körnermais
Silomais
Zuckerrübe
Kartoffel
Ertragsniveau
in dt/ha
40
80
80
70
70
70
50
90
450
650
400
N-Bedarfswert
(= „Sollwert“)
in kg/ha N
200
230
210
180
170
190
140
200
200
170
180
ertrag im Durchschnitt der letzten
drei Jahre erhöht sich der N-Bedarfswert um 10 kg N/ha. Liegt
das durchschnittliche Ertragsniveau um 10 dt/ha niedriger, reduziert sich der N-Bedarfswert um
15 kg N/ha. Neben der ertragsabhängigen Korrektur des N-Bedarfswertes werden für ackerbauliche
Kulturen einschließlich Gemüseanbau zusätzlich folgende Punkte
berücksichtigt werden, die zu Zubzw. Abschlägen führen können:
■ Nmin-Wert,
■ N-Nachlieferung aus Bodenvorrat (bei Humusgehalten über
4,5 %),
■ Nachlieferung aus organischer
Düngung des Vorjahres,
■ N-Nachlieferung aus Vorfrucht/
Zwischenfrucht,
■ Zuschlag bei Abdeckung zur
Ernteverfrühung.
Ein Beispiel für die zukünftige N-Bedarfsermittlung zeigt die
Übersicht 2. Nach ertragsbedingter Korrektur des vorgegebenen
N-Bedarfswerts von 200 kg N/ha
bei Winterraps müssen die oben
genannten Zu- und Abschläge berücksichtigt werden. Ein bodenbedingter Abschlag ist erst ab einem Humusgehalt von über 4,5 %
in Höhe von 20 kg N/ha vorgesehen. Die organische Düngung des
Vorjahres wird mit 10 % der ausgebrachten Gesamt-Stickstoffmenge angerechnet. Die Höhe der Abschläge in Abhängigkeit der Vorfrucht und/oder Zwischenfrucht
wird ebenfalls durch die Düngeverordnung vorgegeben werden.
Zum Beispiel soll eine winterharte, im Frühjahr eingearbeitete Zwischenfrucht mit einem Mindestabschlag von 20 kg N/ha berücksichtigt werden.
Für Grünland und mehrschnittiges
Feldfutter ist bei der N-Bedarfser-
2 Den Bedarf ermitteln
Stickstoffbedarfsermittlung am Beispiel Winterraps
Stickstoffbedarfswert
in kg N/ha
Korrekturen in Abhängigkeit von
– Ertrag (Mittel der letzten 3 Jahre)
45 dt/ha
gemessen
– Nmin-Gehalt
– Standort/Humusgehalt >4,5 %
<4,5 %
– Organische Düngung Vorjahr
140 kg Gesamt-N/ha als
Schweinegülle, davon
10 % anzurechnen
– Vorfrucht
Feldgras
– Zwischenfrucht
Keine
N-Düngebedarf
in kg N/ha
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200
+10
–25
–0
–14
–10
–0
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FRÜHJAHRSBESTELLUNG GETREIDE
Bedarf berechnen
Dieses System der Stickstoffbedarfsermittlung aus kulturspezifischem Bedarfswert unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen, im Ackerbau einschließlich
Nmin-Gehalt des Bodens, entspricht im Grundsätzlichen dem
bekannten, seit Jahrzehnten über
die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen stetig weiterentwickelten N-Sollwert-System. Im
Einzelnen können jedoch die zukünftigen
Stickstoffbedarfsberechnungen von den bisherigen
abweichen. Oft werden die Planungen zur Reglementierung der
zukünftigen
Stickstoffdüngung
mit den Vorgaben in Dänemark
verglichen. Das bei uns vorgesehene Zu- und Abschlagssystem
in Abhängigkeit spezifischer Anbau- und Standortverhältnisse ermöglicht in Deutschland auch zukünftig eine an die Gegebenheiten
und die Ertragsleistung des Standortes angepasste Bewirtschaftung,
allerdings in einem konkret vorgegebenen Rahmen.
Reduzierung der Salden
Für die Phosphatversorgung der
Pflanzen gilt weiterhin die bedarfsbezogene Mengenbemessung.
Allerdings wird die Einbeziehung
des aktuellen Phosphatgehaltes im
Boden eine entscheidende Bedeutung bekommen. Derzeit ist vorgesehen, dass bei einer Phosphatversorgung des Bodens von mehr
als 20 mg P2O5 je 100 g Boden
(nach CAL-Methode) maximal die
Phosphatabfuhr gedüngt werden
darf. Auf allen anderen Flächen
ist zukünftig ein P-Überhang von
maximal 10 kg/ha P2O5 als gewogenes Mittel zulässig. Derzeit liegt
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das zulässige P-Bilanzsaldo bei
20 kg/ha P2O5.
tigt, um einen bodenbedeckenden,
unkrautunterdrückenden Bestand
mit intensivem Wurzelwachstum
im Sinne des Erhalts der Bodenfruchtbarkeit zu erzielen.
Geänderte Feld-Stall-Bilanz
Den Schwächen der derzeitigen
Feld-Stall-Bilanz bei Futterbaubetrieben wird die Düngeverordnung
Rechnung tragen, indem die „Plausibilisierte Feld-Stall-Bilanz“ eingeführt wird. Bei dieser Form der
Bilanzierung wird die Nährstoffabfuhr von den Grundfutterflächen über die Nährstoffaufnahme
der gehaltenen Tiere unter Berücksichtigung möglicher Abgaben
oder Aufnahmen von Grundfutter
berechnet (plausibilisiert). Gleichzeitig ist eine Absenkung des zulässigen N-Saldos von derzeit
60 kg N/ha und Jahr im dreijährigen Durchschnitt auf 50 kg N/ha
geplant. Die verbindliche Vorgabe
zur Erstellung einer Hoftor-Bilanz
wurde verschoben.
Geringere N-Verluste
Hinzu kommt, dass die Mindestanrechenbarkeit des Stickstoffs von
Wirtschaftsdüngern bei der Ermittlung des N-Saldos oder der Berechnung der 170-kg-N-Grenze teilweise erhöht wurde. Dies betrifft im
Wesentlichen Schweinegülle und
-mist sowie den Weidegang. So
soll der beim Weidegang hinterlassene Stickstoff bei der Berechnung
des Stickstoffsaldos mit 40 % und
nicht mehr mit 25 % angerechnet
werden. Der Stickstoff aus Schweinegülle soll bei der Berechnung der
170-kg-N-Grenze sowie bei der Ermittlung des Stickstoffsaldos zukünftig mit 10 % mehr in die Berechnungen eingehen.
Nicht mehr als 170 kg N/ha
Die Obergrenze für den Einsatz
von Wirtschaftsdüngern tierischer
Herkunft von 170 kg N/ha und Jahr
im Betriebsdurchschnitt wird sich
auf alle organischen und organisch-mineralischen Düngemittel
beziehen. Dies trifft insbesondere die Betriebe mit Biogasanlagen,
da der pflanzliche Anteil wie beispielsweise Mais in die Obergrenze einbezogen werden muss. Für
den Komposteinsatz ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen. Bei
Komposteinsatz sollen innerhalb
von drei Jahren 510 kg N/ha ausgebracht werden dürfen.
Gegebenenfalls kann die N-Obergrenze von 170 kg N/ha bei Einsatz von Gärrückständen auf Antrag und unter Einhaltung umfassender Auflagen überschritten
werden. Die Rahmenbedingungen für eine zulässige Überschreitung und die Höhe der zulässigen
N-Obergrenze wurden noch nicht
Aufnahmefähiger Boden
Foto: Weidemann
mittlung eine vergleichbare Vorgehensweise geplant. Es wird einen
vom Ertragsniveau und Rohproteingehalt abhängigen N-Bedarfswert geben, der durch folgende
Faktoren korrigiert wird:
■ Ertragsniveau und/oder Rohproteingehalte im Durchschnitt
der vergangenen drei Jahre,
■ N-Nachlieferung aus organischer Düngung des Vorjahres,
■ N-Nachlieferung aus Bodenvorrat,
■ N-Nachlieferung aus Leguminosen.
Zuschläge aufgrund nachträglich
eintretender Umstände, insbesondere bezogen auf die Bestandsentwicklung oder Witterungsereignisse, sind im Ackerbau sowie
Grünland möglich. Die Entscheidungskriterien für die Begründung
einer Zusatzdüngung sind noch
nicht weiter definiert.
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Schwenkverteiler und Prallteller dürfen ab 2020 auf bestelltem Ackerland nicht mehr eingesetzt werden.
konkretisiert. Auch die 2013 ausgelaufene Derogationsregelung für
Grünlandbetriebe will man wieder
ermöglichen.
Neue Sperrfristen
Ein weiterer zentraler Punkt bei
der Novellierung ist der Nährstoffeinsatz im Herbst. Die neuen Regelungen zur Sperrfrist werden sich auf alle Düngemittel mit
wesentlichem N-Gehalt beziehen.
Dies betrifft auch die Mineraldünger. Nach aktuellem Sachstand
werden folgende Sperrfristen für
die Ausbringung von Düngemitteln mit wesentlichem Stickstoffgehalt gelten:
■ Ackerland: nach der Ernte der
Hauptfrucht bis 31. Januar,
■ Grünland und mehrjähriges
Feldfutter: 1. November bis 31. Januar,
■ für Festmist, feste Gärrückstände und Komposte ist ein Ausbringverbot vom 15. November bis 31.
Januar vorgesehen.
Ausnahmen von der Sperrfrist
sind derzeit für die Folgekulturen
Winterraps, Feldfutter, Zwischenfrüchte und Wintergerste nach
Getreide geplant. In diesen Fällen dürfen N-haltige Düngemittel
bis zur Höhe des Stickstoffdüngebedarfes, allerdings maximal
bis 60 kg Gesamt-N/ha oder 30 kg
Ammoniumstickstoff/ha, ausgebracht werden. Zu anderen Wintergetreidearten wie Winterweizen
oder Triticale wird dies nicht mehr
zulässig sein. Ziel dieser stringenten Regelung ist die maximale
Bindung von Rest-Nmin im Boden
durch die Pflanze im Sinne des Gewässerschutzes.
Die landwirtschaftliche Praxis
kritisiert dies, da gerade in Ackerbauregionen die Zwischenfrucht
mehr verfügbaren Stickstoff benö-
Generell dürfen N- oder P-haltige Stoffe nur bei Aufnahmefähigkeit des Bodens ausgebracht werden. Eine Ausbringung ist nicht
bei wassergesättigten, gefrorenen oder überschwemmten Böden zulässig. Dieser Bodenzustand ist häufig nach Ablauf der
Sperrfristen anzutreffen und fällt
in die Zeit der ersten Düngergaben. Die Ausnahmemöglichkeit,
bei gefrorenem Boden zum Schutz
des Bodens vor Strukturschäden
fahren zu dürfen, wird mit der
neuen Düngeverordnung weiter
eingeschränkt und konkretisiert.
Vorgesehen ist eine Mengenbegrenzung auf maximal 60 kg Gesamt-N/ha und eine Ausbringung
nur auf eine bestehende Pflanzendecke und bei Auftauen des Bodens über Tag. Ausnahmen von
der Mengenbegrenzung könnte
es gegebenenfalls für die Ausbringung von Festmist, Kompost und
festen Gärrückständen geben.
Einarbeitungspflicht
Aufgrund der Vorgaben der
überarbeiteten
NEC-Richtlinie
(EU-Richtlinie über nationale
Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe) müssen insbesondere die Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft weiterhin deutlich
reduziert werden. Dies hat zur
Auf den Punkt gebracht
• Die neue Düngeverordnung
wird möglicherweise Mitte 2016
verabschiedet werden.
• Für Stickstoff wird es kulturspezifische feste Bedarfswerte
geben, die je nach Ertragsniveau
aber angepasst werden können.
• Ab 1. Februar 2020 darf Gülle auf bestelltem Acker nur noch
streifenförmig oder injiziert auf
den Boden ausgebracht werden.
• Zu Winterraps, Feldfutter,
Zwischenfrüchten und Wintergerste nach Getreide dürfen maximal 60 kg Gesamt-N/ha oder
30 kg Ammoniumstickstoff/ha,
ausgebracht werden.
• In Risikogebieten dürfen die
Länder weitergehende, schärfere Regelungen festlegen.
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
Konsequenz, dass in der neuen
Düngeverordnung weitergehende Maßnahmen zur Reduzierung
der gasförmigen N-Verluste vorgesehen sind. Auf unbestelltem
Acker sind organische und organisch-mineralische Düngemittel
mit wesentlichem Gehalt an verfügbarem Stickstoff und Harnstoff
unverzüglich einzuarbeiten. Ausnahmeregelungen sind für Harnstoff mit Ureasehemmer, Festmist und Kompost möglich. Die
im Oktober 2015 noch vorgesehene Regelung, ab 2018 die Einarbeitungsfrist von vier auf eine Stunde
zu verkürzen, wurde wieder gestrichen. Allerdings ist das Bundesministerium nun gefordert,
zur Einhaltung der NEC-Richtlinie andere Maßnahmen zur Reduzierung der Ammoniak-Emissionen zu erarbeiten.
Bodennahe Ausbringung
Ein weiterer Baustein zur Absenkung der Ammoniakemissionen
werden die Vorgaben zur bodennahen Ausbringung von flüssigen
organischen und organisch-mineralischen Düngern wie Gülle und
Gärrückständen sein. Ab 1. Februar 2020 sollen diese auf bestelltem Acker nur noch streifenförmig
oder injiziert auf den Boden ausgebracht werden. Für Grünland
und mehrschnittigen Feldfutterbau soll die Vorgabe ab 1. Februar 2025 gelten. Damit dürften ab
diesem Zeitpunkt Prallteller und
Schwenkverteiler der Vergangenheit angehören.
Abstandsauflagen
Zudem sollen die P- und N-Einträge in Oberflächengewässer reduziert werden, indem man die einzuhaltenden Abstände zu Gewässern erhöht. So soll der Abstand
zu Gewässern bei der Ausbringung
von Stoffen mit wesentlichen Gehalten an Stickstoff oder Phosphat
von 3 auf 4 m erhöht werden. Bei
Ausbringtechniken, bei denen die
Streubreite der Arbeitsbreite entspricht oder die mit Grenzstreueinrichtungen ausgestattet sind,
vermindert sich der vorgegebene Abstand auf 1 m. Auf Flächen
mit Hangneigung (10 %) sind ein
Ausbringverbot im Abstand von
5 m zur Böschungsoberkante und
zusätzlich in einem Streifen von 5
bis 20 m Abstand weitergehende
Maßnahmen geplant.
Die Regelungen zur Lagerdauer von flüssigen und festen Wirtschaftsdüngern soll zukünftig
FRÜHJAHRSBESTELLUNG GETREIDE
ebenfalls über die Düngeverordnung vorgegeben werden. Vorgesehen ist eine Lagerdauer von
■ sechs Monaten für flüssige Wirtschaftsdünger wie Gülle, Jauche,
Silagesickersäfte,
■ vier Monaten für Festmist,
Komposte,
■ neun Monaten für flüssige Wirtschaftsdünger von Betrieben mit
mehr als 3 GV oder ohne eigene
Aufbringungsflächen.
Länderbefugnisse
Neu ist auch die Übertragung von
Länderbefugnissen, durch die
die Länder weitergehende Regelungen in Risikogebieten festlegen, aber auch Erleichterungen in
nicht belasteten Gebieten treffen
können. Risikogebiete nach derzeitiger Definition sind Gebiete,
in denen im Grundwasserkörper
mehr als 40 mg Nitrat/l mit ansteigender Tendenz oder mehr als 50
mg Nitrat/l festgestellt wurden. Zu
den weitergehenden Regelungen
gehören zum Beispiel Vorgaben
zur Nmin- und Wirtschaftsdüngeranalyse, Absenkung des zulässigen N-Saldos auf 40 kg N/ha. Die
Etablierung von Länderbefugnissen hat zur Konsequenz, dass die
Düngeverordnung zukünftig nicht
mehr bundeseinheitlich gilt, sondern in Abhängigkeit der Länderaktivitäten deutliche Unterschiede aufweisen kann.
Wie geht es weiter?
Der vorliegende Entwurf zur Novellierung der Düngeverordnung
wurde zwischen Landwirtschaftsund Umweltministerium abgestimmt, vom Justizministerium
rechtsförmlich geprüft und am
16. Dezember 2015 der Europäischen Union zur Notifizierung
und Strategischen Umweltprüfung zugeleitet. Daran schließt
sich das Bundesratsverfahren an.
Wenn die Bundesländer mit dem
dann vorliegenden Entwurf einverstanden sind, kann die neue
Düngeverordnung möglicherweise Mitte 2016 verabschiedet werden. Voraussetzung für die Verabschiedung ist jedoch die Änderung des Düngegesetzes, dessen
Novellierung bereits in die Wege
geleitet wurde.
Solange die neue Düngeverordnung nicht rechtskräftig verabschiedet wurde, gelten weiterhin
die Regelungen der Düngeverordnung von 2007.
Birgit Apel,
Landwirtschaftskammer
Nordrhein-Westfalen
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Foto: Fechner
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
Auch wenn die Vegetationsperiode erst später im Jahr beginnt, können Gülle- oder Gärreste zu Getreide bereits ab Mitte Januar oder wenig später pflanzenbaulich
sinnvoll ausgebracht werden. Bei Frost sind die Böden tragfähiger und die Pflanzenwurzeln unempfindlicher.
Frühe Güllegabe lohnt
Die Ausbringung von Gülle und Gärresten im zeitigen Frühjahr ist
pflanzenbaulich sinnvoll, wenn einige grundlegende Punkte beachtet werden.
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Verlauf der Bodentemperatur (5 cm Tiefe) in den letzten drei Jahren am
Standort Münster-Greven = leichter Boden
25
2013
2014
2015
15
10
5
.M
är
z
z
31
.M
är
21
z
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11
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20
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Bodentemperatur °C
20
nu
Die Sperrfrist für alle Dünger mit
einem wesentlichen Gehalt an
verfügbarem Stickstoff beginnt
mende Düngeverordnung stellt
eine solche Möglichkeit in Aussicht.
Eine Verschiebung der Sperrfrist
nach vorne macht für Veredlungsbetriebe, aber auch für Betriebe
mit Biogasanlagen aus mehreren
Gründen Sinn. Die Böden sind zu
Beginn des Jahres oftmals durch
Bodenfrost für schwere Maschinen tragfähiger und für die jungen Pflanzenwurzeln und die Aggregatstabilität unempfindlicher.
Vor allem Gülle und Gärreste werden vermehrt mithilfe von Lohnunternehmern mit schweren Zugmaschinen und Güllewagen ausgebracht. Eine solche moderne
Einheit kann voll beladen schnell
30 bis 40 t (= Maximalgewicht für
1 Nur selten Bodenfrost im Januar
Ja
Sperrfristverschiebung
auf Ackerland grundsätzlich am
1. November. Offizielles Ende ist
der 31. Januar. Abseits der offiziellen Sperrfristzeiträume besteht
nach der aktuell gültigen Düngeverordnung die Möglichkeit, die
Sperrfrist mithilfe eines Antrages
bei den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer zu verschieben. Die Kreisstelle kann dann
im Einvernehmen mit der jeweiligen Unteren Wasserbehörde eine
Sperrfristverschiebung um maximal zwei Wochen nach vorne oder
hinten bewilligen – die Sperrfristdauer darf nicht verkürzt werden.
Die bewilligte Verschiebung gilt
für die gesamten Flächen des Betriebes und muss jedes Jahr neu
beantragt werden. Auch die kom-
1.
J
edes Jahr zu Jahresbeginn
stellt sich die Frage, wann die
erste Gülle in Getreide platziert werden sollte. Für einen frühestmöglichen Ausbringtermin
sorgen in vielen Fällen schon volle Gülleläger in den Veredlungsbetrieben. Die frühe Gabe sorgt dann
für eine deutliche Entspannung.
Grund für die vorzeitig vollen Gülleläger ist der sogenannte „Herbsterlass“ nach dem eine Düngung im
Herbst nur bei einem tatsächlichen
Düngebedarf erfolgen darf. In vielen Fällen hinterlässt die Vorfrucht
noch genügend Stickstoff, sodass
die meisten Winterungen keine
zusätzliche Stickstoffzufuhr mehr
benötigen, um eine ausreichende
vorwinterliche Entwicklung abschließen zu können. Dies geht
auch aus den Auswertungen der
Nitratdienst-Referenzflächen hervor. Im Herbst/Winter 2015 haben
bislang geringe Niederschläge und
extrem milde Temperaturen dafür
gesorgt, dass mineralischer Stickstoff nur anteilig in untere Schichten verlagert bzw. ausgewaschen
und gleichzeitig der vorhandene
mineralische Bodenstickstoff von
den Pflanzen aufgenommen wurde. Durch stattfindende Mineralisation von Ernteresten wurde
gleichzeitig neuer mineralischer
Stickstoff gebildet, der den Pflanzen bis dato zur Verfügung stand.
Straßenfahrt) wiegen. Falls die
Möglichkeit vorhanden ist, können Niederdruckreifen und Fahren im Hundegangbetrieb eine
weitere Entlastung für die Böden
und Pflanzen herbeiführen. Die
Verschiebung der Sperrfrist nach
vorne erhöht insgesamt die Wahrscheinlichkeit, eine Periode mit
Bodenfrost zu nutzen, um dann
boden- und pflanzenschonend
Gülle oder Gärreste auszubringen. Außerdem ist die Gefahr der
Straßenverschmutzung deutlich
geringer.
Immer seltener Bodenfrost
Leider kann man sich nicht immer
auf das Wetter verlassen: Wie die
Übersicht zeigt, gab es Bodenfrost
in der zweiten Januarhälfte in den
vergangenen drei Jahren in Münster-Greven eher selten. Es gab nur
2013 kurzzeitig nennenswerten
Bodenfrost zu Beginn der vorgezogenen Sperrfristphase Mitte Januar. Dies gilt im Übrigen auch
für andere Standorte. So gab es
auf schweren Böden in Werl in den
vergangenen drei Jahren fast keine
Tage mit Bodenfrost im Januar. In
diesem Jahr allerdings konnten Betriebe mit Sperrfristverschiebung
die wenigen Frosttage in der dritten Januarwoche gut nutzen.
Unter dem Strich Vorteile
Insgesamt kann durch die Verschiebung der Sperrfrist nach
vorne das Zeitfenster der Frühjahrsdüngegaben ausgedehnt werden, was zu einer besseren Ausnutzung der Witterung aber auch
zu einer Entlastung von Arbeitsspitzen – vor allem bei Dienstleistern – führt. Auch wenn die
Vegetationsperiode (für Getreide
= Zeitpunkt, ab dem die mittlere
Tagestemperatur über 5 °C beträgt)
üblicherweise erst später im Jahr
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
Auf den Punkt gebracht
•
Frühe Güllegaben haben Vorteile. Volle Lager werden zeitig
im Frühjahr entlastet und Arbeitsspitzen werden entzerrt.
• Vor allem schwere Böden
können bei Frost besser befahren werden. Bodenstruktur und
Pflanzenwurzeln werden geschützt.
• Ein Großteil des Stickstoffs
kommt zeitgerecht zur Wirkung,
wenn die Bodentemperatur
steigt und das Pflanzenwachstum startet.
• Im Vergleich zur Herbstausbringung ist die N-Ausnutzung
höher.
• Auf leichten Böden ist der
Zusatz eines Nitrifikationshemmers sinnvoll, um Stickstoffverluste zu vermeiden.
beginnt, ist der Zeitpunkt einer
Gülle- oder Gärrestgabe Mitte Januar oder wenig später keinesfalls
zu früh gewählt.
Informationen zu dem kreisbezogenen Antragsverfahren zur Sperrfristverschiebung werden auf den
jeweiligen Internetseiten der
Kreisstellen der Landwirtschaftskammer eingestellt: http://www.
landwirtschaftskammer.de/wegweiser/kreisstellen.htm. Dabei ist
zu beachten, dass für Gebiete mit
sogenannten „roten Grundwasserkörpern“ (über 50 mg/l Nitrat)
eine Verschiebung nicht genehmigt wird.
Darauf ist zu achten
Nach Düngeverordnung sind die
Nährstoffe so auszubringen, dass
sie zum Zeitpunkt des Bedarfs
der Pflanzen wirken. Eine verzögerte Wirkung des enthaltenen
Stickstoffs in den Wirtschaftsdüngern kommt allein durch den immobilen Ammonium-Stickstoff
(NH4-N) zustande. Wird diese
N-Form nicht unmittelbar in Wurzelnähe platziert, muss sie erst mithilfe von Bakterien in das mobile
Nitrat-N überführt werden (Nitrifikation) und gelangt erst dann mit
dem Wasserstrom an die Wurzeln.
FRÜHJAHRSBESTELLUNG GETREIDE
Für diesen Prozess sind Feuchtigkeit und Temperatur notwendig.
Bei 5 °C Bodentemperatur etwa
dauert es sechs Wochen, bis die
Hälfte des gedüngten NH4 in die
Nitratform umgewandelt ist. Liegt
die Temperatur doppelt so hoch
(10 °C), benötigen die nitrifizierenden Bakterien dafür nur noch
zwei Wochen und bei 20 °C lediglich eine Woche.
Um eine Verlagerung von Nitrat-N
aus der Wurzelzone bzw. dessen
Auswaschung in das Grundwasser
auf leichten Böden bei vorgezogener Sperrfrist im Januar zu vermeiden, verpflichten sich die Landwirte in Regionen mit leichten Böden (Anträge im Münsterland) in
diesem Zeitraum einen Nitrifikationshemmstoff beim Gülle- und
Gärresteinsatz einzusetzen. Dieser schützt die Umwandlung des
NH4-N und gewährleistet den maximalen Schutz vor einer N-Verlagerung. Der Einsatz muss durch
Kaufbelege nachgewiesen werden.
Besonders auswaschungsgefährdet sind sorptionsschwache,
flachgründige und leichte Böden.
Auf schweren Böden ist zum ei-
nen eine größere Bindemöglichkeit durch die Tonpartikel gegeben. Vor allem weisen diese Böden
eine sehr viel höhere Feldkapazität auf und es findet erst bei sehr
hohen Wassermengen eine Sickerwasserbildung statt. Auf leichten
Böden setzt dieser Vorgang bereits
sehr viel früher ein und ermöglicht
es dem mobilen Nitrat-N somit zu
wandern. Auf schweren Böden
werden damit grundsätzlich die
applizierten und neu gebildeten
Nährstoffe sehr viel länger in der
Wurzelzone gehalten.
Mit dem Einsatz eines Nitrifikationshemmers auf leichten Böden sorgt der Landwirt für eine
ausdauerndere Stickstoffquelle
im Oberboden. Ein weiterer Vorteil: Grundsätzlich können Düngegaben zusammengefasst und
dadurch Überfahrten eingespart
werden. Ein Überwachsen der Getreidebestände ist hierbei in der
Regel nicht zu befürchten.
■ Aktuelle Versuchsergebnisse
zum Einsatz von Nitrifikationshemmern nennt der nächste Beitrag auf Seite 28.
Holger Fechner,
Landwirtschaftskammer NRW
5 / 2016
27
FRÜHJAHRSBESTELLUNG GETREIDE
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
Den Stickstoff retten
bar ist als auf Sand am Standort
Dülmen-Merfeld, wo es zu Schäden an den Pflanzen kam. Die
Pflanzen haben sich im weiteren
Vegetationsverlauf gut regenerieren können.
In Gülle und Gärresten liegt ein großer Teil des Stickstoffs in Ammoniakform vor. Bei frühen Düngeterminen muss die Umwandlung in
auswaschungsgefährdetes Nitrat verzögert werden.
Foto: Fechner
Ergebnisse
Wenn Gülle auf auswaschungsgefährdeten leichten Böden schon früh vor Vegetationsbeginn ausgebracht wird, sollte ein
Nitrifikationshemmstoff zugesetzt werden. Sonst drohen Auswaschungsverluste an Nitratstickstoff.
D
ie Landwirtschaftskammer
führt bereits seit mehreren
Jahren an den Standorten
Dülmen-Merfeld (Sand, Ackerzahl
ca. 30) und Haus Düsse bei Soest
(schluffiger Lehm, Ackerzahl ca.
67) Versuche in der Kultur Winterweizen mit der Fragestellung
durch, wann der geeignete Ausbringtermin von Gülle ist und welche Wirkung vom Einsatz eines
Nitrifikationshemmers ausgeht.
Dieser verlangsamt im Boden die
Umwandlung des stabilen, nicht
auswaschungsgefährdeten Ammoniumstickstoffes der Gülle in die
sehr bewegliche Nitratform. Die
längere Ammoniumphase führt zu
einer ammoniumbetonten Pflanzenernährung.
Zwei Fragestellungen
In den Versuchen soll geklärt werden, welches der optimale Ausbringtermin für Getreide ist und
ob der Zusatz eines Nitrifikationshemmers Sinn macht. Hierzu
wird Schweinegülle zu unterschiedlichen Zeitpunkten (Mitte
Januar, Februar und März) mit
und ohne Nitrifikationshemmer
1 Nitrifikationshemmer einsetzen?
Versuch Gülletermin mit/ohne Nitrifikationshemmer Piadin in Winterweizen, Erträge (dt/ha) 2012 bis 2015
120
Ertrag dt/ha
100
80
60
40
mit Piadin ohne Piadin Gesamtergebnis
20
0
28
Januar
Februar
März
Haus Düsse
„schwerer“ Boden
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Januar
Februar
Merfeld
„leichter“ Boden
März
mit dem Schleppschlauch ausgebracht. Als Hemmstoff kommt das
Mittel Piadin (SKW Piesteritz) mit
den empfohlenen Aufwandmengen (Januar = 7 l/ha; Februar = 7 l/
ha; März = 6 l/ha) zur Anwendung. Der in der Gülle enthaltene
Stickstoff wird bei der Düngebedarfsberechnung mit seinem Ammonium-N bewertet, was bei
Schweinegülle ungefähr 70 bis
80 % des Gesamtstickstoffs ausmacht (bei Rindergülle sind es ca.
50 bis 60 %). An allen Terminen
werden jeweils nur zwei Drittel
des berechneten Düngebedarfs
appliziert, um die unterschiedlichen Düngeeffekte deutlicher
werden zu lassen. Abgesehen von
der einen Güllegabe wird dem
Weizen kein weiterer Stickstoffdünger mehr zugeführt.
In einigen Jahren konnten die festgelegten Gülleausbringtermine
nicht immer exakt eingehalten
werden und fanden jeweils etwas
zeitversetzt – in der Regel etwas
später – statt. Insgesamt gab es
aber immer einen frühen, einen
mittleren und einen späten Ausbringzeitpunkt. Einige der ersten
Termine („Mitte Januar“) sowie
zweiten Termine („Mitte Februar“) konnten auf gefrorenem Boden, der im Tagesverlauf aufgetaut
ist, durchgeführt werden. Mithilfe
des Versuchs konnte unter anderem 2012 festgestellt werden, dass
bei Frost eher der schwere Boden
am Standort Haus Düsse befahr-
Die Übersicht nennt die Ergebnisse
von 2012 bis 2015. Im Durchschnitt
der vier Versuchsjahre am Standort
Haus Düsse gibt es keine Unterschiede zwischen den drei Ausbringterminen bezüglich der Ernteerträge. Auch macht es an keinem
Termin einen Unterschied, ob der
Nitrifikationshemmstoff eingesetzt
wurde. Insgesamt kann für diesen
schweren Standort festgehalten
werden, dass der Zeitpunkt der Applikation der Gülle hinsichtlich
des Ertrags sehr variabel ist. Die
Andüngung mit Gülle und Gärresten kann zeitlich sehr flexibel
durchgeführt werden. Dies gilt besonders für vieharme Ackerbauregionen auf den eher schwereren
Böden mit niedrigem Gülleanfall.
Die Varianten – früh oder spät, mit
oder ohne Nitrifikationshemmer –
haben Vor- und Nachteile:
■ Gerade auf schweren Böden
sollte der Termin der Gülleapplikation im Idealfall bei Bodenfrost
gewählt werden, um Bodenschäden zu vermeiden und gegebenenfalls Arbeitsspitzen zu entzerren.
■ Findet die Güllegabe später
(mittlerer und später Termin) bei
abgetrockneten Böden statt, kann
das Getreide vorher die für diese
Standorte vorliegenden typisch
hohen Nmin-Werte ausnutzen,
ohne in Stress zu geraten, wie an
den Säulen gut zu erkennen ist.
■ Der Einsatz des Nitrifikationshemmstoffs wirkt sich bei der spät
applizierten Gülle (später Termin)
Auf den Punkt gebracht
• Eine sehr frühe Andüngung
mit Gülle oder Gärrest auf leichten Böden macht nur mit einem
Nitrifikationshemmer Sinn.
• Dann ist der Anwender in Bezug auf den Ertrag zeitlich ähnlich flexibel wie bei der Anwendung auf schweren Böden.
• Auf schweren Böden kann
auf Nitrifikationshemmer verzichtet werden. Auch kann der
Termin der Gülledüngung flexibler gestaltet werden.
• Die Kosten für den Einsatz
dieser Mittel sind erschwinglich
und deren Einsatz bezüglich des
Pflanzenbaus und Wasserschutzes auf jeden Fall berechtigt.
FRÜHJAHRSBESTELLUNG GETREIDE
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
2 Vier Produkte zur Auswahl
Übersicht der Nitrifikationshemmstoffe auf dem Markt
Produkt
Piadin
Entec flüssig
Firma
Wirkstoff
und
SKW Piesteriz 1H-1,2,4-Triazol
3-Methyl-pyrazol
= 3,4-DimethylEuroChem Agro DMPP
pyrazol-Phosphat
N-Lock
Dow
AgroScience
Vizura
BASF
Nitrapyrin (200 g/l)
DMPP = 3,4-Dimethylpyrazol-Phosphat
Formulierung
Aufwandmenge (l/ha)
flächig
bei Injektion
Kosten ca.
€/l* (netto)
flüssig
4–7
3
4,35
flüssig
6–8
4
3,55
flüssig,
mikroverkapselte
Suspension (CS)
2,5
–
9,20
flüssig
2–3
1
11,40
* Preise Stand Januar 2016; jeweils kleinstes Gebinde
leicht negativ auf den Ertrag aus,
weil der zu diesem Zeitpunkt von
den Pflanzen dringend benötigte
Stickstoff dann unnötig in seiner
Verfügbarkeit gebremst wird.
Bei dem leichten Standort in Dülmen-Merfeld sieht die Situation etwas anders aus. Zuerst fällt beim
Vergleich der Versuchsergebnisse
das unterschiedliche Ertragsniveau im Vergleich zu Haus Düsse
auf, wo die Ertragskraft höher ist.
Der Hauptunterschied zwischen
den beiden Standorten wird beim
frühen Applikationstermin ersichtlich. Hier gibt es im Mittel der
Jahre fast 10 dt Ertragsunterschied
pro Hektar zwischen der Variante
mit und ohne Nitrifikationshemmer. Gülle mit Piadin zum frühen
frühen Termin brachte ähnlich
hohe Erträge wie die beiden späte-
ren Termine im Februar und März.
Dabei sind auch die Kosten des
Piadins zu berücksichtigen: Der
etwas niedrigere Ertrag von 3 dt/
ha zwischen dem frühen Applikationstermin mit Piadin und
dem mittleren Termin (mit und
ohne Piadin) rechtfertigt ökonomisch betrachtet einen eher mittleren Ausbringtermin. Dann kann
auf den Zusatz von Piadin ver-
zichtet werden, was die Wirtschaftlichkeit weiter erhöht. Bei
beiden späteren Einsatzterminen
gibt es so gut wie keine Ertragsunterschiede. Sowohl beim mittleren als auch beim späten Applikationstermin ergeben sich keine
Vorteile mehr durch die Anwendung des Nitrifikationshemmstoffs. Anders als am Standort
Haus Düsse kostet der Einsatz von
Piadin keinen Ertrag.
Übersicht 2 nennt die in Deutschland verfügbaren Nitrifikationshemmer. Umgerechnet auf den
Hektar ergeben sich keine besonders großen Unterschiede bezüglich der Kosten zwischen den einzelnen Mitteln. Die Landwirtschaftskammer NRW hat bisher
lediglich den Hemmstoff Piadin in
Versuchen getestet. Dieses Mittel
liefert zuverlässige Ergebnisse. Bis
neuere Versuche mit anderen Produkten vorliegen, lautet die Empfehlung auf das bewährte Mittel Piadin zurückzugreifen.
Holger Fechner
Landwirtschaftskammer NRW
„Dünne Gülle“ ins Getreide
Sauenhalter Heinrich Steggemann aus Stadtlohn setzt seine Gülle auf den
knappen Flächen gezielt ein. So spart er teuren Mineraldünger und hat
die kostenintensive Abgabe des Naturdüngers auf ein Minimum reduziert.
„Dick und dünn“
Hierzu hat Steggemann ein ausgeklügeltes System entwickelt.
Bereits seit 15 Jahren arbeitet der
pfiffige Landwirt nach dem Sinkschichtverfahren. Informationen
hierzu im Kasten. Diese Art der
Gülletrennung war auf dem Betrieb relativ einfach möglich, da
ohnehin viele unterschiedliche
Lagerräume für die Gülle zur Verfügung stehen. In einem 200 m3
großen Behälter lässt der Landwirt die Feststoffe der Gülle absetzen und pumpt die oben stehende
Dünnphase in einen 1000 m3 großen, überdachten Güllebehälter.
Teile der Sinkschicht – so viel wie
nötig – werden mit hohen Trockensubstanzgehalten (10,8 %) über
die Güllebörse abgegeben. Auch
die Phosphatbilanz wird entlastet: Laut Untersuchung der LUFA
(siehe Übersicht) enthält die abgegebene Gülle 8,4 kg/m3 Phosphor
(P2O5).
Große Teile vom Stickstoff und
Kali hingegen verbleiben in der
dünnen Phase und können so optimal – wie flüssiger, stark mit Wasser verdünnter Mineraldünger –
für die Ernährung von Mais, Gerste und Triticale eingesetzt werden.
Ein weiterer pflanzenbaulicher
Vorteil: Die dünne Phase dringt
schneller in den Boden ein, Ammoniakverluste werden vermie-
den und die Düngerausnutzung
ist höher.
Innerhalb der Fruchtfolge werden
alle Stickstoffgaben in stehende
Bestände mit der dünnen Phase
durchgeführt. Zu Mais und Zwischenfrüchten wird die auf dem
Betrieb verbleibende Normalgülle und Sinkschichtgülle per
Schwenkverteiler ausgebracht und
direkt eingearbeitet. Sinkschichtgülle wird dabei auf Flächen mit
P-Gehalten unterhalb des Betriebsdurchschnittes ausbracht.
Foto: Große Enking
D
ie anfallende Gülle möglichst sinnvoll auf den betriebseigenen Flächen verwerten – dies ist das Ziel von Sauenhalter Heinrich Steggemann aus
Stadtlohn. Und dies aus gutem
Grund: Der Landwirt hält 220 Sauen. Die Ferkel werden im Flatdeck
bis zu einem Gewicht von etwa 28
bis 30 kg aufgezogen, bevor sie den
Betrieb in Richtung Mäster verlassen. Jedes Jahr fallen so etwa
1600 m3 Gülle an. 28 ha Ackerfläche reichen nicht aus, um die
gesamten Nährstoffe zu verwerten. Ein Teil muss daher abgegeben werden. „Daher will ich möglichst viel des guten Naturdüngers
im Betrieb effizient einsetzen. So
sparen wir teuren Mineraldünger
und – wichtiger – können die kostenintensive Gülleabgabe auf ein
Minimum begrenzen.“
Eigene Technik
Schon seit Jahren setzt Steggemann für die Düngung ein leichtes, fahrgassentaugliches 10 m3Güllefaß ein. Zur dritten Gabe
im Getreide und zur Spätgabe im
Mais werden Pflegeräder angebaut. Die Verteilung übernimmt
ein Schleppschlauchverteiler mit
15 m Arbeitsbreite. Diesen hat
Steggemann selbst gebaut. „Die
einfache und vor allem leichte
Technik reicht für die Dünnphase
völlig aus“, ist die Erfahrung nach
15 Jahren Einsatz.
Heinrich Steggemann: „Die Dünnphase hat ein Fließverhalten wie Wasser
und dringt schnell in den Boden ein.
Es wäre sicher einfacher, die Gülle in einem Behälter zu lagern und
im Frühjahr aufzurühren, damit
der Lohnunternehmer den Pott
leerfährt. So ist aber nicht garantiert, dass die Gülle dann ausgebracht wird, wenn die Pflanzen
die Nährstoffe benötigen und der
5 / 2016
29
FRÜHJAHRSBESTELLUNG GETREIDE
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
Viel Phosphor in der Sinkschicht
Ausblick
Nährstoffgehalte unterschiedlicher Güllen des Betriebs Steggemann, Prüfergebnisse der LUFA NRW
Prüfparameter
Einheit
Dünnphase Sauen und
Flatdeck
2013
in Frischsubstanz
in kg/m3
Dünnphase Sauen
2014
in Frischsubstanz in kg/m3
Schwimm- und
Sinkschicht, Flatdeck
2014
in Frischsubstanz
in kg/m3
Trockensubstanz
%
1,0
0,7
10,8
Organische Substanz
%
<1,0
0,3
7,3
Stickstoff (N) gesamt
%
0,25
2,52
0,12
1,21
0,75
7,50
Ammonium-N (NH4-N)
%
0,22
2,16
0,11
1,14
0,45
4,50
Phosphor (P2O5)
%
<0,030
<0,300
<0,030
<0,300
0,84
8,40
Kalium (K2O)
%
0,25
2,46
0,22
2,15
0,53
5,30
Magnesium (MgO) gesamt
%
<0,05
<0,50
<0,05
<0,50
0,380
3,797
Calcium (CaO) gesamt
%
<0,10
<1,00
<0,10
<1,00
0,64
6,35
Schwefel (S) gesamt
%
0,016
0,165
0,016
0,158
0,139
1,390
%
0,0003
<0,0002
0,0192
mg/kg
<25,0
0,0025
0,0210
<0,10
1,4
6
Zink (Zn) gesamt
C/N-Verhältnis
Bodenzustand ein Fahren ohne
Verdichtungen ermöglicht. „Für
wenige Kubikmeter auf unseren
klein parzellierten Flächen, etwa
für die Spätdüngung des Getreides, kommt wohl kein Unternehmer“, so der Landwirt. „Außerdem
muss die Technik zu unseren Fahrgassen passen.“
Gülle in Getreide und Mais
So geht der Landwirt vor:
■ Wintergerste und Triticale werden ausschließlich mit Gülle gedüngt. Der Stickstoffbedarf wird
grundsätzlich nach der Sollwertmethode errechnet. Selbstverständlich ist auch eine Analyse des Stickstoffgehaltes mit dem Schnellbestimmungsgerät „Quantofix“.
Der gesamte Stickstoffbedarf wird
auf drei Gaben verteilt, angelehnt
an die Zeiten der mineralischen
Auf den Punkt gebracht
•
Beim Sinkschichtverfahren
setzen sich die Feststoffe der
Gülle ab. Die oben stehende
„dünne Phase“ kann wie Mineraldünger eingesetzt werden.
• Heinrich Steggemann düngt
sein Getreide dreimal mit „dünner Gülle“ und kann so Mineraldünger einsparen.
• Teile der phosphatreichen
Sinkschicht werden über die
Güllebörse abgegeben.
• Für die Ausbringung der
dünnen Gülle eignen sich einfache, leichte Schleppschlauchverteiler.
30
5 / 2016
Düngung. Die erste Gabe wird
möglichst früh auf Frost gegeben.
Dies schont die Bodenstruktur
und den Pflanzen steht rechtzeitig zu Vegetationsbeginn Stickstoff
für das Wachstum zur Verfügung.
Zur Schwefelversorgung und zur
Ergänzung des Stickstoffgehaltes
wird ASL zugesetzt (Ammoniumsulfat-Lösung mit 8 % Stickstoff
und 9 % Schwefel).
Einige Wochen später kommt eine
vorgezogene Schossgabe und kurz
vor dem Ährenschieben folgt die
dritte Gabe mit dem Schleppschlauchverteiler. Hier hat die
Dünnphase Vorteile, da sie auch
in Trockenphasen in den Boden
einsickert und so den Pflanzen zur
Verfügung steht. Durch die fehlenden Feststoffe hat diese nach der
Ausbringung ein Fließverhalten
wie Wasser. Da es allerdings einen kurzen Moment bis zum Einsickern dauert, besteht die Gefahr,
dass die Dünnphase auf hügeligen
Flächen je nach Oberflächenstruktur bei Einzelgaben über 15 bis 25
m3/ha in die nächste Senke fließt.
Die Verteilgenauigkeit wird so im
Nachhinein verschlechtert. Eine
Zusammenlegung der drei Teilgaben, etwa mit Zugabe eines Nitrifikationshemmers, würde diesen Effekt aber noch verstärken. Außerdem würde eine Arbeitsspitze im
Frühjahr entstehen.
■ Auch Mais wird mit Ausnahme einer Unterfußdüngung (15 kg
P205 + 50 kg N/ha) ausschließlich
mit Gülle gedüngt. Hier pflügt der
Landwirt zunächst feststoffreiche
Gülle aus der Sinkschicht vor der
Saat flach ein. Anfang Juni wird
dann die Dünnphase in den stehenden Maisbestand gefahren.
Diese sickert sehr schnell ein, so-
dass keine Gefahr von Nährstoffverlusten durch Ausgasung der
oben liegenden Güllefeststoffe bei
warmem Wetter oder durch Abschwemmung besteht.
Humusversorgung
Auch vor der Novellierung der
Düngeverordnung hat Steggemann
keine Angst. „Wir haben genügend
Lagerraum, damit wir unsere Gülle einsetzen können, wo und wann
es pflanzenbaulich sinnvoll ist.“
Auch in Zukunft wird er verschiedene Güllequalitäten sammeln, um
sie zielgerichtet zu den jeweiligen
Kulturen einzusetzen. Dabei hat er
auch die Humusversorgung seiner
leichten Sandböden im Blick. Da
mit dem Sinkschichtverfahren Teile der wertvollen Feststoffe den Betrieb verlassen, werden nach Wintergerste schon seit vielen Jahren
winterharte Zwischenfrüchte wie
Ölrettich und Winterrübsen ange-
Foto: Steggemann
Kupfer (Cu) gesamt
Für kontraproduktiv hält Steggemann auch die in der neuen
Düngeverordnung weiter eingeschränkte Ausbringmöglichkeit
auf gefrorenem Boden. Die
Gülle muss dann später im
Frühjahr bei höheren Außentemperaturen ausgebracht werden. Dies hat negative Folgen,
ist sich der Landwirt sicher:
■ Je höher die Temperaturen
umso aufwendiger muss die
Ausbringtechnik (Schlitzgeräte)
sein, damit die Ammoniakverluste nicht zu stark ansteigen.
■ Durch das höhere Eigengewicht der Verteiler ist die Arbeitsbreite beschränkt und der Fahrspuranteil höher.
■ Dadurch sinkt die Schlagkraft und es stehen im Vergleich
zu leichterer Technik weniger
Tage für die Düngung bei optimalen Bodenverhältnissen zur
Verfügung.
■ Das Zeitfenster für die Düngung wird kleiner und der Stress
steigt. Möglicherweise werden
schwierig befahrbare Getreideflächen im Frühjahr nicht mehr
mit Gülle versorgt.
Nach Ansicht des Landwirtes
bestehen noch Reserven bei
dem Ausbringen dünner Gülle.
Was spricht dagegen, dass die
Ausbringtechnik für die Dünnphase mit breiten Schleppschlauchgestängen mit kleinen
Schlauchquerschnitten, aber
ohne Schneidtechnik weiterentwickelt wird? Auch wären
Versuche mit dieser Technik im
Vergleich zu aufwendigen
schweren Verteilern für Normalgülle sicher sehr hilfreich.
Dabei sollte der höhere Spurenanteil bei Injektoren mit kleineren Arbeitsbreiten berücksichtigt werden.
ekg
Der gesamte Sickstoffbedarf des Getreides wird auf drei Gaben verteilt, mit
Gülle abgedeckt. Die dritte Gabe erfolgt kurz vor dem Ährenschieben.
PFLANZE
Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben
baut. Hier ist die Begrenzung der
Stickstoffdüngung nach neuer Düngeverordnung in Höhe von 60 kg/ha
Gesamt-N bzw. 30 kg/ha Ammonium-N eher kontraproduktiv. „Auf
unseren leichten Böden brauchen
die Zwischenfrüchte mehr Stickstoff, um sich im Herbst vernünftig entwickeln zu können und werden so ihrem Anspruch, Stickstoff
über Winter zu retten und für die
Humusversorgung zu sorgen, nicht
gerecht. Zukünftig will Steggemann
zu den Zwischenfrüchten zunächst
feststoffhaltige Gülle fahren und bei
Bedarf mit „dünner Gülle“ eventuJosef Große Enking
ell nachdüngen.
Gülle trennen im Sinkschichtverfahren
Das Sinkschichtverfahren, bei dem
sich die Feststoffe in der Gülle allein mithilfe der Schwerkraft absetzen, wird inzwischen in vielen Betrieben genutzt. Das Absetzen der
Gülle funktioniert in der Praxis und
ist insbesondere in flächenarmen
Sauenbetrieben interessant, die einen Teil ihrer Gülle abgeben müssen. Denn durch die Abgabe der
Sinkschicht anstelle von Rohgülle
lassen sich gleich mehrere Probleme auf einen Schlag lösen:
■ Es wird weniger Wasser transportiert. Die Sinkschicht hat einen hö-
heren Trockensubstanzgehalt, sodass Abgabemenge und Transportkosten sich reduzieren.
■ Phosphor sammelt sich zu rund
90 % in der Sinkschicht. Dadurch
kann er einfach exportiert werden,
sodass es für die Betriebe leichter
wird, das Saldo von höchstens 20 kg
P2O5 einzuhalten.
■ Große Teile von Stickstoff und
Kali bleiben in der dünnen Phase
und können zielgerichtet für die
Düngung der eigenen Früchte eingesetzt werden. Mineraldüngerkosten werden eingespart.
■ Die dünne Phase kann ohne aufwendige Technik ausgebracht werden, fließt schneller von den Blättern ab und dringt besser in den Boden ein.
■ Die gasförmigen Verluste werden
geringer, der Düngewert dadurch
höher. Es bleiben keine ausgasenden Feststoffwürste an der Bodenoberfläche zurück.
■ Da die Sinkschicht allein mithilfe
der Schwerkraft entsteht, fallen keine zusätzlichen Technikkosten wie
bei der Separierung oder Zentrifugierung der Gülle an.
ekg
5 / 2016
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