Lange Zeit im Schatten Chinas.
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Lange Zeit im Schatten Chinas.
Indien 21 H erzergreifende Liebesgeschichten, viel Gesang und opulente Tanzszenen mit Hunderten von Komparsen. Das sind die Markenzeichen von Bollywood. Indiens berühmte Traumfabrik produziert rund 1.300 Filme im Jahr, mehr als doppelt so viele wie die USA. Rund drei Milliarden Dollar Umsatz im Jahr erwirtschaftet die indische Filmindustrie. Zwar existiert sie bereits seit über einhundert Jahren, doch nur ein Bruchteil der Produktionen schafft es hierzulande in die Kinos. Dafür hat es eine Deutsche ins indische Filmgeschäft geschafft. Die 26-jährige Schauspielerin Claudia Ciesla aus Bamberg ist eine der ganz wenigen Ausländerinnen, die in Bollywood zu einem Leinwand-Star aufgestiegen sind. Und die einzige aus Deutschland noch dazu. Eiserne Disziplin, sehr viel Geduld und die Bereitschaft, sich auf Land und Leute einzulassen, so erklärt sie immer wieder in Interviews, waren die Gründe, warum ausgerechnet sie in Indien Erfolg haben konnte. Genau diese Eigenschaften müssen auch deutsche Firmen mitbringen, wenn sie sich auf dem boomenden Subkontinent engagieren wollen. Denn das riesige Land ist kein einfaches Terrain. „Nur wer eine langfristige Strategie verfolgt und die richtigen Partner an seiner Seite weiß, hat letztendlich Erfolg“, weiß Ulrich Bäumer aus seinen Erfahrungen zu berichten. „Zudem wollen die Inder ernst genommen werden“, so der Rechtsanwalt der internationalen Kanzlei Osborne Clarke in Köln, der zugleich als Experte in den Bereichen Informationstechnologie und Intellectual Property deutsche Unternehmen in Indien berät. Foto: Procect1photography / dreamstime Lange Zeit im Schatten Chinas. Jahrzehnte verharrte Indien in einer Art wirtschaftlichem Dornröschenschlaf. Nach der Unabhängigkeit im Jahr 1947 suchten die Verantwortlichen in Neu-Delhi ihr Glück eher im Protektionismus und der sozialistischen Planung. Erst zu Beginn der neunziger Jahre hielt die Marktwirtschaft Einzug und das Land begann sich zögerlich für Auslandsinvestoren zu öffnen. Genau deshalb stand Indien lange Zeit im Schatten Chinas. Sehr zu Unrecht, glauben viele. „Indien ist eine Demokratie, und zwar die bevölkerungsreichste, bunteste und zugleich lauteste dieser Welt“, schwärmt Bäumer. „Deshalb gibt es sowohl große gesellschaftliche als auch unternehmerische Freiheiten. Das sind ganz klar zwei Gründe, die für Indien sprechen.“ Ein riesiger Markt mit 1,2 Milliarden Menschen, davon die Hälfte jünger als 25 Jahre, ist ein weiteres Argument. Das Bruttoinlandsprodukt verzeichnete im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts ähnlich hohe Wachstumsraten wie China, schwächte sich aber 2012 auf ein Plus von 4,9 Prozent ab. 2013 dagegen soll es wieder mindestens 6,0 Prozent betragen, heißt es beim Internationalen Währungsfonds (IWF). Was dagegen nicht an Dynamik verloren hatte, war der deutsch-indische Handel. Im Zeitraum zwischen 2001 und 2011 vervierfachten sich die Einfuhren von Waren „made in Germany“ auf ein Volumen von 10,9 Milliarden Euro. „China und Indien sind zwei grundverschiedene Märkte“, ergänzt Dr. Daniel Neff. „Die chinesische Volkswirtschaft ist überwiegend exportorientiert und damit sehr stark den Schwankungen auf den Weltmärkten ausgesetzt“, so der Soziologe und Research Fellow vom Giga Institute for Asian Studies in Hamburg. „In Indien dagegen wird viel mehr für den Binnenmarkt produziert.