Voruntersuchung zur Ermittlung des Forschungs

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Voruntersuchung zur Ermittlung des Forschungs
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Inhaltverzeichnis
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Ausgangssituation ...................................................................................... 3
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SWOT-Analyse zum Einsatz von Faserverbundwerkstoffen....................... 5
3
Einschätzung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der
Faserverbundtechnik .................................................................................. 6
4
Verallgemeinerte Beschreibung des Wissens- und Technologiestandes ... 8
4.1
Verarbeitungsverfahren für Faserverbundwerkstoffe ........................... 8
4.2
Bearbeitungsverfahren von FVW ........................................................ 15
4.3
Technologien zum Material- bzw. Halbzeughandling .......................... 20
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Ziele und Lösungsansatz der Untersuchung............................................. 28
6
Ausgewählte Ergebnisse der Befragung .................................................. 30
7
Priorisierte Handlungsfelder ..................................................................... 40
7.1
Angepasste Handlingsysteme ............................................................ 40
7.2
Erweiterte Trenn- und Fügeverfahren ................................................. 44
7.3
Prozessintegrierte Qualitätssicherungsverfahren................................ 46
7.4
Optimierung der Herstellungsprozesse für endlosfaserverstärkte
Verbundbauteile .................................................................................. 47
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Zusammenfassung ................................................................................... 50
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Literatur .................................................................................................... 52
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Ausgangssituation
Die globale Verfügbarkeit von Rohstoffen sowie deren effizienter Einsatz sind
inzwischen bei der Produktentwicklung weltweit zum zentralen Thema geworden. Dies umfasst neben der materialeffizienten Bauteilgestaltung und dem
Aufbau ressourceneffizienter Produktionsketten insbesondere auch die Berücksichtigung des Energie- und Materialeinsatzes für den gesamten Produktlebenszyklus. Diese Herausforderungen bieten für den Wirtschaftsstandort
Deutschland einzigartige Chancen, durch die Entwicklung innovativer wettbewerbsdominierender Hochtechnologie-Produkte und durchgängiger, effizienter
Prozessketten neue Marktsegmente hoher Wertschöpfung zu eröffnen und
auszubauen. Die hieraus entstehende Innovationskraft ist der Treiber und nachhaltige Garant für Wachstum sowie Arbeitsplätze in Deutschland und prägt das
Markenzeichen „Made in Germany“.
Komplexe Hochtechnologie-Produktlösungen in Multi-Material-Design erfordern
sowohl ressourceneffiziente Prozessketten als auch multifunktionale Werkstoffe mit erweiterten Einsatzspektren. Hierbei bietet insbesondere die noch junge
Gruppe der Faserverbundwerkstoffe (FVW) mit Endlosfaserverstärkung ein besonderes Potential, das jedoch nicht zuletzt aufgrund des geringen Automatisierungsgrades bei der Verarbeitung noch weitgehend unausgeschöpft ist.
In der Luft- und Raumfahrtbranche ist diese Werkstoffgruppe für zukünftige
Entwicklungen von strategischer Bedeutung, sowohl hinsichtlich Strukturgewicht und Antrieb als auch hinsichtlich Treibstoff- und Emissionsreduzierung. So
sind die vorgegebenen Entwicklungsziele etwa beim Airbus A 350 oder bei der
Boeing 787 ohne den Einsatz von Hochleistungs-Faserverbundwerkstoffen
kaum realisierbar.
Aber auch in anderen Branchen, etwa der Fahrzeugindustrie, bieten diese anisotropen Werkstoffe mit ihrer weitgehend einstellbaren Funktionalität ein großes Anwendungspotential beim Multi-Material-Design, insbesondere dort, wo
metallische Werkstoffe an ihre physikalischen und funktionalen Grenzen stoßen. Neben den hervorragenden spezifischen Werkstoffeigenschaften und der
großen Gestaltungsfreiheit bieten derartige FVW auch die Möglichkeit der Integration elektronischer Funktionselemente, wie etwa Antennen oder neuartige
Sensor-Aktor-Netzwerke in intelligenten Leichtbaustrukturen. Durch die Funkti-
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onsintegration ist es möglich, das Einsatzspektrum technischer Systeme des
Fahrzeug- und Schiffbaus aber auch des Maschinen- und Anlagenbaus deutlich
zu erweitern.
Vielfältige Kenntnisse und Erfahrungen zu dieser Werkstoffgruppe sind an zahlreichen Stellen in Deutschland vorhanden, wie die durchgeführte Erhebung bei
einschlägigen Industrieunternehmen und der öffentliche Diskurs am 12.04.2008
in Dresden zeigten, meist jedoch in Form von isolierten Insellösungen. Für eine
breitere Markteinführung von Faserverbundprodukten kommt es aber auf die
Bereitstellung serientauglicher, robuster und effizienter Fertigungstechnologien
an, wie sie etwa beim Spritzgießen bereits erfolgreich eingesetzt werden. Darüber hinaus müssen diese Technologien in bestehende Prozessketten flexibel
integrierbar sein. Insbesondere neuartige Bearbeitungs-, Handling- und Qualitätssicherungsverfahren für FVW sowie die Verkettung der einzelnen Prozessschritte sind dabei der Schlüssel zum Aufbau flexibler, durchgängig automatisierter Fertigungsprozessketten. Durch die Realisierung derartiger Prozessketten kann Deutschland im internationalen Vergleich nachhaltig eine Vorreiterrolle
bei der ressourceneffizienten Faserverbundtechnik einnehmen.
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SWOT-Analyse zum Einsatz von Faserverbundwerkstoffen
Für eine strategische Einschätzung der Stärken und Schwächen sowie Chancen
und Risiken in Bezug auf die hier fokussierte Zielstellung – Serientaugliche Bearbeitung und Handhabung moderner faserverstärkter Hochleistungswerkstoffe
– ist eine SWOT-Analyse durchgeführt worden. Abbildung 1: SWOT-Analyse
der Faserverbundwerkstoffe, -technologien und -produkte zeigt die sich hiernach ergebenden wesentlichen Aspekte.
• Hohes Leichtbaupotential (kurze
Taktzeiten, hohe Beschleunigungen)
• Große Gestaltungsfreiheit
• Entwicklung und Marktrealisierung
wettbewerbsdominierender Produkte
hohen Leichtbaugrades
• Wissens- und Technologievorsprung,
• Hervorragende spezifische
Eigenschaften (E, σ)
• Wirtschaftliches Wachstum, Schaffung
von hochwertigen Arbeitsplätzen
• Gute Dämpfungseigenschaften
• Eröffnung breiter Einsatzszenarien
auch für nachwachsende Rohstoffe
• Gute Schwingfestigkeit
• Image: Hohe Innovationskraft
Stärken Chancen
Schwächen Risiken
• Materialkosten, Prozesskosten
• Aufwändige Recyclingverfahren
• Verfügbarkeit der Rohstoffe und
Halbzeuge
• Anisotropes Werkstoffverhalten
erfordert spezielles Know-how
• Nicht verkettete Fertigungsabläufe
• Komplexe Versagensmechanismen
• Integrationsfähigkeit in bestehende
Strukturen und Prozesse
• Aufwändige Qualitätssicherung
• Fehlende Reparaturkonzepte
• Struktur- und Prozesssimulation
Abbildung 1:
SWOT-Analyse der Faserverbundwerkstoffe, -technologien und -produkte
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Einschätzung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Faserverbundtechnik
Vor dem Hintergrund der steten Verknappung einer Vielzahl von Roh- und Werkstoffen sowie der anstehenden Herausforderungen bei der Verfügbarkeit von
Energie und Wasser wird es zunehmend schwerer fallen, unter Einsatz der
klassischen Wertschöpfungsketten den hohen Lebensstandard in Deutschland
zu wahren. Zielstellung aller Anstrengungen muss es daher sein, neben der
kontinuierlichen Verbesserung der Material- und Energieeffizienz bestehender
Produktionsprozesse neue Wertschöpfungsketten für innovative Produkte dauerhaft in Deutschland zu verankern. Zu den aufstrebenden Branchen gehören
beispielsweise die Biotechnologie, die Solar- und Dünnschichttechnik sowie die
hier fokussierte Faserverbundtechnik.
Die wissenschaftliche Durchdringung und technologische Bereitstellung material- und energieeffizienter Produktionsprozesse für die Fertigung umweltschonender Hightech-Produkte auf Basis von FVW wird einen deutlichen Wettbewerbsvorteil im 21. Jahrhundert bieten. Hierzu müssen sowohl die Qualifizierung zukünftiger Know-how-Träger als auch der Aufbau automatisierter Prozessketten deutlich vorangetrieben werden.
Der Einsatz von FVW eröffnet hierbei vor allem für kleine und mittelständische
Unternehmen (KMU) enorme Wachstumschancen, da für die Verarbeitung dieser neuartigen Werkstoffklasse in der Regel kostengünstige Maschinen und Anlagen mit Amortisationszeiten von wenigen Jahren eingesetzt werden können.
Zudem sind diese Produktionsmittel durch eine hohe Flexibilität hinsichtlich der
Fertigung unterschiedlicher Bauteilgeometrien und -größen gekennzeichnet. Sie
werden damit dem zunehmenden Trend zur Produktdiversifizierung und -individualisierung in besonderer Weise gerecht.
Gerade für KMU ist indes die entsprechende Entwicklung durchgängig automatisierter, flexibler Verarbeitungsprozessketten für FVW eine allein kaum zu bewältigende Aufgabe mit hohem Risikopotential. Nur durch eine enge Verzahnung komplementärer Wissensträger in öffentlich geförderten Forschungsvorhaben können derartige Prozessketten in Form von Pilotanlagen bis zur Serientauglichkeit vorangetrieben werden.
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Eine Abschätzung der tatsächlichen Umsatz- und Beschäftigungszahlen der
entsprechenden Industrie gelingt derzeit nur eingeschränkt, da diese Branche
bislang nicht im Fokus der politischen Diskussionen steht und somit Daten zum
volkswirtschaftlichen Beitrag nur in begrenztem Umfang erhoben werden. Es
ist jedoch festzuhalten, dass die gesamte europäische Produktion an FVW ungefähr ein Drittel der weltweiten Nachfrage deckt. Allein das auf Deutschland
entfallende Umsatzvolumen entspricht in etwa dem der US-amerikanischen Industrie (Tabelle 1). Da der Markt für Faserverbundbauteile zudem kontinuierlich
wächst, ist hier eine große Hebelwirkung zukünftiger Fördermaßnahmen zu erwarten.
Tabelle 1: Vergleich der Umsatz- und Beschäftigtenzahlen zwischen USA und Deutschland
USA (2004)
Deutschland (2006)
Beschäftigte bei Zulieferern
278 000
98 500
Umsatz der Zulieferer
45 Mrd. $
29 Mrd. EUR
Beschäftigte bei FVWVerarbeitern
ca. 106 000
ca. 80 000
Jahresumsatz der FVWVerarbeiter
ca. 14 Mrd. $
ca. 15 Mrd. EUR
Quelle: American
Composites
Manufacturers Association, 2006
Quelle: AVK,
Kunststofftrends
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Verallgemeinerte Beschreibung des Wissensund Technologiestandes
In zahlreichen Vorhaben und Projekten auf unterschiedlichen Forschungsebenen ist aufgezeigt worden, dass Faserverbundwerkstoffe bei einer Vielzahl
von Anwendungsfällen extremen Anforderungen gewachsen und hierbei klassischen Werkstoffen teilweise überlegen sind. Einer breiten Einführung in die industrielle Serienanwendung dieser Werkstoffklasse stehen jedoch, neben den
bekannten Hemmnissen im Bereich der Ausgangsmaterialkosten, vor allem
derzeit noch ungelöste fertigungstechnische Fragestellungen im Wege. Nur
durch eine gezielte Neu- und Weiterentwicklung effizienter flexibler Verarbeitungstechnologien, Werkzeugsysteme sowie zugehöriger Bearbeitungs- und
Handlingsverfahren können Fertigungsprozessketten hoher Wertschöpfung bei
der Herstellung von Hightech-Produkten nachhaltig in Deutschland verankert
und weiter ausgebaut werden. Insbesondere für Serienanwendungen mittlerer
und hoher Stückzahlen ist eine weitgehende Prozessautomatisierung notwendige Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie mit
ihren vergleichsweise hohen Lohn- und Lohnnebenkosten.
Bei der Analyse gegenwärtiger Serienprozesse zur Verarbeitung von FVW ergibt
sich jedoch werkstoffbezogen eine unterschiedliche Ausprägung des jeweiligen
Automatisierungsgrades. So finden sich gerade für die Bereiche der Kurz- und
Langfaserverstärkung – d. h. für mechanisch gering belastbare Bauteile mit quasiisotroper Faserarchitektur – bereits heute zahlreiche vollautomatisierte Fertigungsprozesse. Für die Herstellung von Strukturbauteilen hoher Material- und
Ressourceneffizienz ist hingegen der Einsatz einer gezielt ausgerichteten, anisotropen Endlosfaserverstärkung erforderlich. Die hierfür notwendigen Produktionsprozesse sind aber derzeit aus Sicht der Automatisierungstechnik nicht geschlossen und bedürfen oftmals manueller Eingriffe in den qualitätssensitiven
Prozessschritten, wie Verbundaufbau oder Materialtransport.
4.1
Verarbeitungsverfahren für Faserverbundwerkstoffe
Die Bandbreite möglicher Matrixwerkstoffe für FVW reicht derzeit von duroplastischen Mehrkomponenten-Harzsystemen über fast den gesamten Bereich
der Thermoplaste bis hin zu Keramiken und Metallen. Bei der Wahl geeigneter
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Verstärkungsfasern besteht ebenfalls eine große Vielfalt, wobei hier die wesentliche Einteilung nach Material (Kohlenstoff, Silikate, Polymere, Metalle,
Sonderwerkstoffe) sowie nach dem jeweiligen Verarbeitungszustand (Faserlänge, -orientierung, etc.) erfolgt. Bezüglich der Faserlänge wird zwischen Kurz(0,1 - 1 mm), Lang- (1 - 50 mm) und Endlosfasern (>50 mm) unterschieden.
Hieraus ergibt sich ein umfangreiches Portfolio an Materialkombinationen, die
den Einsatz von FVW in einem sehr weiten Belastungs- und Temperaturbereich
erlauben.
In Abhängigkeit von der ausgewählten Faser-Matrix-Kombination und der Verstärkungsfaserlänge kommen angepasste Verarbeitungsverfahren zur Anwendung, deren prozentuale Verteilung im industriellen Einsatz Abbildung 2 darstellt.
GMT/LFT Sonstige
2%
8%
Filament
Wickeln
12%
SMC/BMC
26%
Pultrusion,
Extrusion
12%
RTM 9%
Handlaminiat
31%
Abbildung 2:
Prozentuale Verteilung der verschiedenen Herstellungsverfahren für glasfaserverstärkte Kunststoffe in Europa 2006 (grün: endlosfaser verarbeitende Technologien, blau: kurz- und langfaser verarbeitende Technologien)
[AVK07]
SMC/BMC (Sheet Moulding Compound/Bulk Moulding Compound)
Sheet Moulding Compound (SMC) bezeichnet flächige Formmassen, die aus
duroplastischen Reaktionsharzen und 1 - 50 mm langen Verstärkungsfasern
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(vorwiegend Glasfasern) bestehen [EHR06]. SMC-Halbzeuge entstehen typischerweise durch vollautomatisches Tränken von Faserpreformen mit einem
Harz-Füllstoff-Gemisch, wobei die einzelnen Komponenten produktangepasst
zusammengestellt werden [REI99, BUS07]. Diese Halbzeuge werden dann im
Verarbeitungsbetrieb bauteilspezifisch zugeschnitten und nach dem Einlegen in
das beheizte Presswerkzeug konsolidiert. Infolge des relativ guten Fließvermögens der Formmassen können großflächige, komplex geformte Bauteile hergestellt werden [STA03, REI00]. Eine verfahrenstechnische Weiterentwicklung
stellt das sog. Direkt-SMC-Verfahren (D-SMC) dar. Hier wird das kontinuierliche
hergestellte SMC direkt zum Bauteil mittels Fließpressverfahren verarbeitet.
Dadurch können sowohl Zykluszeiten reduziert als auch eine höhere Bauteilqualität durch optimierte Faser-Matrix-Kombinationen realisiert werden [BRÄ08].
Bulk Moulding Compound (BMC) sind teigartige Formmassen, deren werkstoffliche Zusammensetzung der des SMC sehr ähnlich ist. Typische Lieferformen
sind Granulate, Stäbchen oder sog. „Sauerkraut“-Massen, welche sowohl im
Spritzguss- oder Pressverfahren als auch im kombinierten Spritzprägen verarbeitet werden [MOR06]. BMC unterscheidet sich gegenüber SMC durch seine relativ kurzen Faserlängen, was es gerade für die Herstellung von geometrisch
komplexeren, dünnwandigen Bauteilen prädestiniert. Sehr verbreitet sind BMCFormmassen etwa im Bereich der Elektroindustrie (Lampengehäuse, Verteilerkästen, …) [BIT05, REF03, BLE99].
Beide Verfahren erlauben die vollautomatische Herstellung komplexer Bauteilgeometrien, wobei diese aber aufgrund der Verstärkungsfaserlänge mechanisch
nur eingeschränkt belastbar sind.
GMT/LFT (Glasmattenverstärkte Thermoplaste/Langfaserverstärkte Thermoplaste)
Die Herstellung der flächigen GMT-Halbzeuge erfolgt mittels einer temperierten
Doppelbandpresse, in der Faserpreformen (Matten, Gewebe) mit einer Thermoplastschmelze getränkt und vorkonsolidiert werden. Die Bereitstellung des
schmelzflüssigen Thermoplast erfolgt entweder durch den Einsatz eines Extruders oder durch das Aufschmelzen von eingezogenen Thermoplastfolien
(Filmstacking) bzw. -filamenten (z.B. Hybridgarne). Nach der bauteilspezifischen
Konfektionierung im Verarbeitungsbetrieb wird das GMT-Halbzeug mittels
Strahlungs- (Infrarot) oder Kontaktheizung bzw. in einer Umluft-Ofenheizung auf
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Verarbeitungstemperatur (Matrixabhängig im Bereich von 160 bis 240 °C) erwärmt. Die nunmehr semistabilen Halbzeuge werden anschließend manuell
oder roboterunterstützt in ein temperiertes Presswerkzeug eingelegt und konsolidiert. Als Pressverfahren kommen das Formpressen für geometrisch einfache Bauteilstrukturen mit weitgehend gleicher Wanddicke und das Fliesspressen für komplexere Teile mit stark unterschiedlicher Wanddickenverteilung zur
Anwendung [HAQ06].
Ausgangshalbzeug für Bauteile aus langfaserverstärkten Thermoplasten (LFT)
sind Stäbchengranulate mit Verstärkungsfaserlängen von 10 bis 50 mm
[PAR07]. Deren Herstellung erfolgt durch die Tränkung einzelner Faserrovings
mit schmelzflüssigem Thermoplast unter Einsatz von Extrudern. Diese rieselfähigen Granulate werden sowohl presstechnisch in Kombination mit Plastifizierextrudern als auch spritzgießtechnisch zu Bauteilen hoher geometrischer Komplexität verarbeitet [BÜR05]. Eine Weiterentwicklung dieser Technologie stellt
das so genannte Direkt-LFT-Verfahren (D-LFT) dar [HEN05, SCH04], bei dem
von Faserspulen abgezogenen Rovings sowie die Matrixkomponenten direkt
dem Plastifizierextruder zugeführt werden. Hiermit können höhere Bauteilqualitäten durch optimierte Faser-Volumengehalte bei gleichzeitiger Senkung der
Herstellungskosten erzielt werden.
Handlaminieren
Das Handlaminierverfahren ist das älteste und derzeit noch vorrangig eingesetzte Fertigungsverfahren zur Herstellung von Faserverbundbauteilen insbesondere bei kleinen Stückzahlen [BIT04]. Hierbei wird ein Faserhalbzeug über ein
Formwerkzeug (Holz, GFK, Schaumstoff) drapiert und manuell unter Einsatz von
Hilfsmitteln (Rakel, Pinsel, Rolle, …) mit Harz getränkt [EHR92]. Dieser Vorgang
wiederholt sich, bis die gewünschte Anzahl an Faserlagen übereinander aufgebracht und durchtränkt sind. Das Aushärten der Harzsysteme erfolgt bei Raumtemperatur oder in Wärmekammern, je nach gewähltem Matrixwerkstoff. Geometrisch komplexe und große Teile mit beliebig vielen Faserlagen sind mit
diesem einfachen Verfahren kostengünstig herstellbar. So werden derzeit Rotorblätter von Windkraftanlagen, Tanks und Bootsrümpfe hiermit hergestellt
[BIT02]. Der Materialdurchsatz pro Zeiteinheit ist aber zu gering, um größere
Stückzahlen unter Berücksichtigung des überproportional hohen Lohnkostenanteils an den Herstellungskosten effektiv realisieren zu können [FLE99].
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Injektions- und Infusionsverfahren
In den vergangenen Jahren haben sich In-mould-Imprägnierverfahren, wie Injektions- und Infusionsverfahren zu bewährten Technologien für die Herstellung
von komplexen Strukturteilen mit hoher Qualität und Reproduzierbarkeit auch
für mittlere bis große Stückzahlen entwickelt [MIL01]. Der notwendige Infiltrationsdruck wird hierbei entweder durch eine Druckbeaufschlagung des Harzsystems (Injektionsverfahren) oder durch Unterdruckerzeugung im Werkzeug (Infusionsverfahren) gebildet, vergleiche Tabelle 2. Zahlreiche Verfahrensvariationen
und -kombinationen erlauben die bauteilbezogene Auswahl einer effizienten
Fertigungstechnologie. Grundsätzlich werden bei allen Verfahrensvarianten Faserpreformen in ein Formwerkzeug eingelegt und mit einem Harzsystem unter
Ausnutzung eines Differenzdruckes imprägniert [HUF07]. Der Imprägnierung
folgen die Konsolidierung (zumeist mit Energieeinkopplung durch Temperatur,
Strahlung, ...) und in der Regel eine Nachhärtung. Nach Abschluss dieser Härtungsprozesse wird das FVW-Bauteil entformt und gegebenenfalls nachbearbeitet.
In-mould-Imprägnierverfahren bieten ein hohes Potential zur Integration von
Krafteinleitungselementen, Sensorik und Aktorik sowie schall- und wärmedämmender Elemente [STA05], sowie von Schaumstoff- oder Holzkernen mit
geschlossener Oberfläche zur Herstellung von Sandwichstrukturen [THU99].
Aktuelle Entwicklungsarbeiten zielen auf die Verkürzung der Prozesszeiten
durch den Einsatz hochreaktiver Harzsysteme bzw. optimierter Prozesstechniken ab [WIN08, WIN06]. Mit der Zielstellung endkonturidentische Bauteile zu
fertigen, werden darüber hinaus zahlreiche Untersuchungen zu optimierten Preformingverfahren und Werkzeugsystemen durchgeführt [PTK07].
Pultrusion
Das Pultrusionsverfahren (auch Strangziehverfahren) ist eine automatisierte
Technologie zur Herstellung faserverstärkter Duroplast- bzw. Thermoplastprofile
in einem kontinuierlichen Prozess mit den Verarbeitungsschritten Imprägnierung, Formgebung und Konsolidierung/Abkühlung.
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Tabelle 2: Einteilung der In-mould-Imprägnierverfahren nach der Matrixviskosität [HUF07]
Viskosität des Matrixsystems
hochviskoses
Matrixsystem
niederviskoses
Matrixsystem
Resin Film Infusion (RFI)
Injektion
treibende Kraft
maßgeblich
durch Überdruck
(angussseitig)
Infusion
treibende Kraft
maßgeblich
durch Vakuum
(absaugseitig)
einseitig steif,
eigenstabil
hauptsächlich
zweiseitig steif
hauptsächlich
einseitig steif,
eigenstabil, zweite Seite flexibel
Verfahren
Form
Bei der Duroplastpultrusion werden die Verstärkungsfasern vom Spulenständer
abgezogen und durchlaufen ein Vorformwerkzeug, welches diese bündelt und
in die gewünschte Profilform drapiert. Nach deren Imprägnierung im Matrixbad
werden die Faserbündel durch ein Ausformungswerkzeug gezogen und hierbei
konsolidiert [JAN00]. Der Vorschub wird durch ein Ziehwerk (Puller), dessen
Spanbacken am fertigen Profil angreifen, realisiert.
Demgegenüber ist die Pultrusion mit Thermoplasten ein noch relativ junges
Verfahren und wird in Abhängigkeit der Imprägnierung zwischen reaktiver und
nicht reaktiver Thermoplastpultrusion unterschieden [KÄR99]. Grundlage der
reaktiven Thermoplastpultrusion sind monomere Harzkomponenten, welche
während der Verarbeitung im Werkzeug zu den Thermoplasten auspolymerisieren. Dagegen verwendet die nichtreaktive Thermoplastpultrusion vollständig
polymerisierte Thermoplaste, welche beispielsweise als Granulat, Pulver, Polymerfilamente eingesetzt werden. Besonders der Einsatz von vorimpregnierten
Halbzeugen ist aufgrund der kurzen Fließwege vorteilhaft. Da dieses Verfahren
keine Imprägnierstation benötigt, wird das Ausgangsmaterial in einer Vorheizzone auf Verarbeitungstemperatur aufgeheizt und in einem speziell temperierten Düsensystem konsolidiert [NEI04].
Bei erreichbaren Faservolumengehalten von bis zu 80 % zeichnen sich diese
Profile durch sehr gute mechanische Eigenschaften in axialer Richtung aus
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[HUF04]. Pultrusionsteile werden vor allem im Bauwesen, im Transportwesen,
in der Elektroindustrie und im Chemieanlagenbau verwendet. Beispielhaft sind
hier Fensterrahmen, Teile von Containern, Verkleidungen im Schienenfahrzeugbau zu nennen [SAN98].
Wickeln
Durch den Einsatz des Wickel-Verfahrens lassen sich geschlossene Formkörper
mit einer Endlosfaserverstärkung erzeugen. Hierzu erfolgt das definierte, kontinuierliche Ablegen eines oder mehrerer matrixgetränkter Rovings auf einen Wickelkern, welcher die Bauteilgeometrie vorgibt [KOU04]. Hierbei werden die
Position des Wickelkerns und der Fadenführungselemente (Fadenauge) in einer
zeitlich definierten Bewegungsbahn gezielt verändert. Infolge dieser gekoppelten Bewegung entsteht auf dem Wickelkern ein typisches Wickelmuster der
abgelegten Fasern. Dabei kommen in praxi NC-gesteuerte Wickelmaschinen
mit einzeln programmierbaren Achsen zum Einsatz.
Zur Imprägnierung durchlaufen die Verstärkungsfasern bei der Verwendung duroplastischer Matrixsysteme eine Walzen- oder Tauchtränkung. Nach dem Wickelprozess erfolgt die Aushärtung in Abhängigkeit von dem Harzsystem und
der Bauteildimension unter Umgebungstemperatur bzw. mit Hilfe von Temperiereinrichtungen. Demgegenüber werden beim Thermoplastwickeln vorimpregnierte Rovings (Tapes) oder Hybridgarne am Ablagepunkt auf dem Wickelkern
aufgeschmolzen bzw. auf der Zuführstrecke auf Schmelztemperatur der Thermoplastkomponente vorgeheizt [SCH06].
Im zunehmenden Maße werden auch geometrisch komplexe, nicht zwingend
rotationssymmetrische Bauteile, wie beispielsweise Rohrkrümmer und TStücke, im Wickelverfahren hergestellt. Die Wickeltechnik verfügt wie kaum ein
anderes Herstellungsverfahren für endlosfaserverstärkte Bauteile über die Möglichkeit zur Automatisierung. In aktuellen Anlagen können z.B. bis zu 100.000
Druckbehälter pro Jahr produziert werden. Damit erreicht dieses Verfahren den
höchsten Massendurchsatz aller etablierten Fertigungstechnologien für endlosfaserverstärkte Bauteile [JEC07].
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Prepregtechnologie
Prepregs (abgeleitet aus dem Englischen: preimpregnated) sind ebene Halbzeuge (Gewebe, Gelege, Bänder), welche aus den Verstärkungsfasern und duro- bzw. thermoplastischer Polymermatrix bestehen. Derartige Halbzeuge werden mittels Druck und Temperatur im Autoklav oder im Heisspresswerkzeug
ausgehärtet [LEN08, GIE05]. Der Ablegevorgang der vorimpregnierten Faserlagen beim Verbundaufbau kann entweder manuell oder maschinell mittels Portalroboter geschehen, wobei das Ablegen in verschiedene Faserrichtungen
möglich ist. Der Harzfluss im Laminat und die Kompaktierung der aufeinander
abgelegten Prepreglagen werden durch Temperaturerhöhung, Vakuum und
Druck ermöglicht [ECK94].
Vorteil dieser Technologie ist die hohe Reproduzierbarkeit von komplexen Bauteilgeometrien bei hohen Faservolumengehalten. Dieses Verfahren wird derzeit
vor allem zur Herstellung von hochbelastbaren Strukturkomponenten in der
Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt [GAR07].
4.2
Bearbeitungsverfahren von FVW
Der ökonomische und ökologische Zwang einer immer höheren Material- und
Energieeffizienz bei der Herstellung von Bauteilen, erfordert das Verhältnis von
zerspantem Volumen zum Gesamtvolumen des Bauteils möglichst klein zu halten. Die spanende Nachbearbeitung lässt sich jedoch bei der Umrissbearbeitung und dem Einbringen von Bohrungen für Verbindungselemente i.d.R. nicht
vermeiden. Zu den typischen Bearbeitungsverfahren zählen hierbei das Drehen,
Sägen, Fräsen und Bohren, wobei die Auswahl der jeweiligen Bearbeitungstechnologie stark abhängig von der geometrischen Form des Werkstückes ist
[WEI05, HES95]. Weitere artfremde Verfahren sind hierbei das Wasserstrahlschneiden, die Ultraschallbearbeitung, die Laserbearbeitung und das vibrationsunterstützte Bohren [HOC03, HOC05].
Generell stellt die spanende Bearbeitung von faserverstärkten Werkstoffen aufgrund der relativ inhomogenen Materialzusammensetzung besondere Anforderungen an den Zerspanungsprozess [WEI01]. Diese resultieren vor allem aus
der hohen Härte und dem Sprödbruchverhalten der Verstärkungsfasern, der Faser-Matrixbindung, der relativ niedrigen Wärmeleitfähigkeit von Polymermatrixwerkstoffen bzw. dem eventuellen Erweichen der Matrix bei hohen Temperatu-
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ren. Daraus folgen inhomogene Zerspanungsbedingungen sowie letztendlich
ein häufig unzureichendes Prozessverhalten [SCH84].
Dies kann sich sowohl in werkzeugseitigen Problemen wie erhöhten Verschleiß
oder Werkzeugbruch, aber auch in Schädigungen des Bauteils wie beispielsweise in Delaminationen oder Ausbrüchen äußern. Ein bedeutendes Problem
bei der spanenden Bearbeitung von faserverstärkten Kunststoffen stellt die
Temperaturentwicklung während des Bearbeitungsprozesses dar [REI91]. In
Abhängigkeit des jeweiligen Fertigungsverfahrens können durch den Zerspanungsvorgang selbst so hohe Temperaturen entstehen, dass eine Schädigung
des Bauteils nicht auszuschließen ist [WEI03]. Eine zu starke Temperaturerhöhung bei der Bearbeitung ist jedoch zu vermeiden, da die Glasübergangstemperatur bzw. die Schmelztemperatur des Polymers nicht überschritten werden
darf. Aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit der Kunststoffe ist der Wärmetransport in das Werkstück allerdings zu gering, so dass es bei ungünstigen
Schnittparametern zu Verbrennungen und Aufschmelzungen an der Werkstückoberfläche kommt. Infolge der unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Matrixwerkstoff und Verstärkungsfaser wird hierdurch die Entstehung von Eigenspannungen begünstigt, welche die Einhaltung der geforderten Genauigkeit beeinträchtigen. Bei der Zerspanung von Polymeren kann es
überdies durch Feuchtigkeitsaufnahme (bei Verwendung von Kühlschmierstoff)
zu Quellvorgängen des Werkstoffs kommen. Aus diesem Grund sollte eine
spanende Bearbeitung der meisten FVW trocken erfolgen.
Bei der Zerspanung von faserverstärkten Thermoplasten ist die Oberflächenqualität besser, jedoch der Werkzeugverschleiß höher im Vergleich zur Zerspanung
faserverstärkter Duroplaste. Die Späne bei der Bearbeitung von Thermoplasten
sind lang und mit der Spanform bei der Holzbearbeitung vergleichbar, während
bei der Duroplastzerspanung feine, pulvrige Späne entstehen [NEI04]. Trotz der
schon zahlreichen Anwendungen faserverstärkter Verbundwerkstoffe treten
insbesondere bei der Bohrbearbeitung dieser Werkstoffe noch immer prozessbegleitende Probleme auf, welche besondere Anforderungen an die Werkzeugform, den Schneidstoff und die Prozessbedingungen stellen.
Die spröd brechenden und abrasiv wirkenden Verstärkungsfasern erhöhen hierbei deutlich den Verschleiß der Werkzeuge [WEI07]. Insbesondere der Verzicht
der konventionellen KSS-Konzepte führt zu einer kritischen Beurteilung des
Bohrprozesses, da es zu einem erschwerten Spanabtransport kommt. Dieser
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Effekt verstärkt sich mit zunehmender Bohrtiefe sowie einer gleichzeitig einhergehenden Temperaturerhöhung am Bauteil. Eine wirksame Maßnahme zur
Steigerung der Bearbeitungsqualität sind zu Stufenbohrern umgearbeitete Spiralbohrer [JAN03]. Zur Verbesserung der Schneidenstabilität können Werkzeuge
mit optimierten Hauptschneiden verwendet werden. Diamant als Schneidwerkstoff weist hierbei ein deutlich besseres Verschleißverhalten auf als herkömmliches Hartmetall [HES95]. Weiterhin ist es möglich durch Verminderung der
Schnittgeschwindigkeit die Durchmesserabweichungen zu reduzieren und damit die Bohrungsqualität zu erhöhen.
Neben der Bohrergestalt stellt der Vorschub die delaminationsbeeinflussende
Größe dar [HOC03]. Zur Reduktion der Delamination ist auch die Verwendung
einer Gegenhalterplatte, auf der das zu bearbeitende Werkstück aufliegt möglich. Diese Platte soll die Kräfte, welche auf die letzten zu durchbohrenden
Schichten wirken, aufnehmen und so mögliche Schädigungen durch Delamination vermeiden.
Neben der klassischen Bohrbearbeitung kommen alternative Fertigungsverfahren, wie beispielsweise das Zirkularfräsen zur Anwendung, welche eine Bearbeitung mit minimaler Schädigung ermöglicht. Die wesentlichen Unterschiede
der Verfahren Bohren und Zirkularfräsen leiten sich aus den kinematischen Bedingungen ab. Während beim Bohren der Bohrungsdurchmesser durch das
Werkzeug bestimmt wird, ist beim Zirkularfräsen der Fräserbahnradius hierfür
verantwortlich (Abbildung 3).
Wesentliche Bedingung ist hierbei, dass die Maschine sowie die Kombination
aus Werkzeug und Aufnahme eine ausreichende Steifigkeit besitzt. Zusätzlich
sollte die Werkzeugmaschine für die Zirkularbearbeitung ein hohes Beschleunigungsvermögen der Achsen aufweisen. Reicht dieses nicht aus, können Abweichungen in der Rundheit und im Durchmesser auftreten, wenn mit hohen
Schnittwerten gearbeitet werden soll. Der unterbrochene Schnitt führt beim
Zirkularfräsen zu einer geringeren Temperaturbelastung der Schneiden, demgegenüber steht jedoch die höhere Anfälligkeit für Schwingungen und Rattern
beim wiederholten Schneideneintritt. Gerade bei der Bearbeitung von temperaturempfindlichen Kunststoffen ist das Zirkularfräsen von Vorteil. Der unterbrochene Schnitt gewährleistet zudem eine bessere Spanabfuhr, da immer unabhängig von den Materialeigenschaften relativ kurze Späne gebildet werden.
Durch das Fräsen entlang einer Helixbahn verteilen sich die Bearbeitungskräfte
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besser, so dass die Kräfte entlang der Koordinatenachsen betragsmäßig geringer als bei der Bohrbearbeitung sind.
Abbildung 3: Verfahrensvergleich zwischen Bohren und Zirkularfräsen
Nach [RUM96] können die hochdynamisch ablaufenden Vorgänge mit den verfahrensspezifisch hohen Deformationsgeschwindigkeiten beim Fräsen nicht
mehr alleine durch die konventionelle Bruchmechanik im Bereich der Polymerverbundwerkstoffe erklärt werden. Vor allem die Faserart und deren Orientierung im Verbund verfügen über einen signifikanten Einfluss auf das Bearbeitungsergebnis nach dem Fräsprozess. Die Trennmechanismen sind stark vom
Faserorientierungswinkel abhängig, wobei die zwei Grenzfälle, eine Bearbeitung
parallel (0°) zur Faserorientierung und eine Bearbeitung orthogonal (90°) zur Faserorientierung, zu unterscheiden sind. Bei einer Bearbeitung unter 0°, je nach
Werkzeugwinkel und Eingriffsverhältnissen, kann ein Versagen des Verbundes
durch Knicken oder Abschälen auftreten, wohingegen bei einer Bearbeitung unter 90° die Fasern auf Biegung und Druck belastet werden.
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Abbildung 4:
Bearbeitung mit Schleifstiften
Erste innovative Lösungskonzepte für diese Problematik bietet beispielsweise
die Bearbeitung von faserverstärkten Werkstoffen mit Schleifstiften (Abbildung
4). Bei diesem Bearbeitungsverfahren werden Werkzeuge mit gesinterten
Werkzeugspitzen eingesetzt, um Durchgangsbohrungen zu erzeugen. Hierdurch
ist es möglich, dem sehr hohen abrasiven Verschleiß, welcher insbesondere bei
der Bearbeitung von kohlenstofffaserverstärkten Werkstoffen auftritt, wirkungsvoll zu begegnen. Des Weiteren werden durch dieses Bearbeitungsverfahren Schädigungen, wie sie beim konventionellen Bohren etwa durch Delaminationen oder Faserpullouts entstehen, verringert.
Umfangreiche Untersuchungen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass für
den Werkzeugverschleiß, aber auch für die Entstehung von Maß- und Formfehlern sowie die erzeugte Oberflächengüte, die bei der Zerspanung auftretenden
Schnittkräfte in Verbindung mit stark abrasiv wirkenden Verstärkungsfasern
verantwortlich sind. Obwohl die thermische Belastung des Werkstückmaterials
einen signifikanten Einfluss auf die entstehenden Vorschubkräfte und Bohrmomente haben kann, sind die beim Bohren von faserverstärkten Polymerwerkstoffen entstehenden Temperaturen und deren Einfluss auf die Werkstoffeigenschaften bisher nur unzureichend analysiert worden [WEI04]. Hieraus resul-
20
tiert insbesondere in diesem Bereich ein hohes Forschungspotenzial für zukünftige Bearbeitungstechnologien.
4.3
Technologien zum Material- bzw. Halbzeughandling
Die automatisierte Bereitstellung wie auch das Greifen biegeschlaffer Halbzeuge stellt auch heute noch in der industriellen Produktion eine große Herausforderung dar. Überwiegend werden die zur Bereitstellung und Zuführung von biegeschlaffen Materialien durchgeführten Handhabungsprozesse manuell ausgeführt [STE01]. Dies birgt ein enormes Potenzial zur Kostenreduzierung durch
Automatisierung, wobei derzeitig die oftmals nicht materialadaptierten Handlingsvorrichtungen dem noch entgegenstehen. Insbesondere bei ungewöhnlichen Handhabungsaufgaben wie dem Greifen von forminstabilen bzw. biegeschlaffen faserverstärkten Materialien ist der Anwender oft gezwungen, nach
Alternativen zu den herkömmlichen mechanischen oder pneumatischen Greifsystemen zu suchen.
Im Rahmen der serientauglichen Bearbeitung von modernen Faserverbundwerkstoffen tritt das Handling als Schnittstellenbereich über die gesamte Prozesskette mit unterschiedlichen Ausprägungsstufen in Erscheinung. Wesentlich
für jeden einzelnen Prozessschritt ist, dass zur Erfüllung der jeweiligen Zielvorgaben geeignete Greif- und Handhabungsmethoden sowie -komponenten vorliegen. Zur Auswahl einer geeigneten Greiftechnologie ist eine Vielzahl von Kriterien zu beachten. Diese Kriterien betreffen sowohl die zu handhabenden
Werkstoffe und das Handhabungsgerät als auch das Bearbeitungsmittel und
dessen vor- und nachgelagerten Bereiche. Abbildung 5 gibt einen Überblick
über die zahlreichen Einflusskriterien auf den Handhabungsprozess und enthält
Aussagen zur Relevanz einzelner Kriterien [HES91]. Das Bearbeitungsmittel
kann beispielsweise der Zuschneidetisch oder eine Drehmaschine sein, mit der
die zu handhabenden Werkstücke bearbeitet werden.
Wesentliche Einflusskriterien sind zum einen die Eigenschaften des zu handhabenden Werkstücks bzw. des Werkstückspektrums. Der Werkstoff, aus dem
der Handhabungsgegenstand gefertigt ist, kann Ursache dafür sein, dass bestimmte Halteprinzipien nicht verwendet werden können. So kann beispielsweise ein hydroadhäsives Greifverfahren für hydrophobe Werkstoffe mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Zum anderen bestimmt das Gewicht des
Werkstücks unmittelbar die im statischen Zustand aufzubringende Haltekraft
21
des Greifers. Mittelbar nimmt das Gewicht in Verbindung mit der Beschleunigung des Handhabungsgerätes auch Einfluss auf die erforderliche Haltekraft im
dynamischen Zustand. Die Lage des Schwerpunktes ergibt unter Berücksichtigung der Angriffspunkte der Haltekräfte Drehmomente, die im statischen und
vor allem im dynamischen (Beschleunigungs-) Zustand auftreten und durch zusätzliche vom Greifer aufzubringende Haltekräfte kompensiert werden müssen.
Handhabungsgegenstand
Handhabungsgerät
vorgelagerter
Bereich
Fertigungsmittel
nachgelagerter
Bereich
Geometrische
Form
Antriebsart
Art der
Bereitstellung
Spannmittel
Art der Ablage
Abmessungen
Tragfähigkeit
Zugänglichkeit
Zugänglichkeit
Zugänglichkeit
Toleranzen
Beschleunigungen
Positionierungsgrad
Eingabezeit
Positionierungsgrad
Gewicht
Geschindigkeiten
Orientierungsgrad
Bearbeitungszeit
Orientierungsgrad
Schwerpunktlage
Positioniergenauigkeit
Toleranzen bei
der Bereitstellung
Änderung des
Wkst während
Bearbeitung
Toleranzen
beim Ablegen
Temperatur
Schnittstellen
zur Steuerung
Entnahmezeit
Entnahmezeit
Ablegezeit
Empfindlichkeit
Sonstige bes.
Eigenschaften
Abbildung 5:
großer Einfluss
mittlerer Einfluss
geringer Einfluss
Einflusskriterien beim Handhaben
Gleichzeitig ist aber auch auszuschließen, dass durch zu hohe Greifkräfte oder
eine ungünstige Greifkinematik am Werkstück unzulässige Verformungen oder
Beschädigungen auftreten. Diese Gefahr besteht besonders bei Halteelementen mit rauer Oberflächenstruktur, wenn diese unter hohen Kräften auf empfindliche Werkstückoberflächen gepresst werden oder in die Oberfläche des
Werkstücks eindringen. Signifikant ist auch eine Verschiebung der Lagenbilder
infolge mechanischer Eindringkräfte durch Nadeln oder Haken.
Abschließend sind die zulässigen Zeiten für die Eingabe in das bzw. Entnahme
aus der Bearbeitungsstation entscheidend. Die Vielzahl und Vielschichtigkeit der
geschilderten Einflusskriterien zeigt, dass nur eine umfassende Analyse und
Planung zu einer sinnvollen und dadurch wirtschaftlichen Gesamtlösung führen
kann. Dabei stellt die Greifergestaltung zwar einen wesentlichen Punkt dar, darf
aber niemals losgelöst vom gesamten System aus Werkstückbereitstellung,
Handhabungsgerät, Bearbeitungseinrichtung sowie vor- und nachgelagerten
Bereichen gesehen werden.
22
Im Folgenden werden Komponenten und Systeme zur Handhabung von faserverstärkten biegeschlaffen Werkstoffen vorgestellt und ihr Einsatzbereich beleuchtet.
Handhabungskomponenten
Seit vielen Jahren wird an der Entwicklung flexibler Greifwerkzeuge zum automatisierten Handhaben biegeschlaffer Werkstoffe weltweit geforscht. Als Ausprägung textiler Werkstoffe finden Greifer einen industriellen Einsatz, jedoch
nur eingeschränkt beim Einzelteiltransport von großflächigen Bauteilen in der
Automobilindustrie [STE01, RES05]. Ausgehend von den in Abbildung 6 dargestellten physikalischen Wirkprinzipien lassen sich mechanische Greifer, pneumatische Greifer sowie Adhäsionsgreifer zum Greifen von biegeschlaffen
Werkstoffen unterscheiden.
Handhabungssysteme
Eine Hauptanforderung an Handhabungssysteme für biegeschlaffe Materialien
ist das Beibehalten der geometrischen Bestimmtheit während der Handhabung.
Dabei ist zu unterscheiden, ob das Halbzeug beim Handhaben punktuell, linear,
multipel oder vollflächig formgebend gegriffen wird (Abbildung 7) [GUT93]. Je
nach Greiferbauform müssen zur Formgebung ein oder mehrere Greifer bauteilspezifisch angeordnet werden. Bei einer punktuellen und linearen Greiferanordnung ist die Sicherung der geometrischen Bestimmtheit nur im hängenden
Transport möglich, währenddessen für komplexe Bauteile multiple oder vollflächig unterstützende Greifer erforderlich sind, um die geometrische Bestimmtheit zu sichern [SZI07].
23
Physikalische
Wirkprinzipien
Halten durch
Kraftschluss
Reibkräfte
Klemmen
Unterdruckkräfte
Haftsauger
NiederdruckFlächensauger
Bernoulli
Halten durch
Stoffschluss
Elektrostatische
Kräfte
Elektroadhäsion
Molekularkräfte
Adhäsionsfolien
-
+ + + + + + +
- - - - - - -
Gefriergreifer
Halten durch
Formschluss
Oberflächenverhakungen
Nadeln
Kratzen
Klettverschluss
Abbildung 6:
Physikalische Wirkprinzipien und Bauformen von Textilgreifern
Handhabungssysteme für biegeschlaffe Werkstoffe müssen infolge der oft
wechselnden Materialtypen und Bauteildimensionen flexibel sein. Das Umrüsten und Justieren von Greifern muss im Arbeitsfluss möglich sein, wobei dies
nur erreicht werden kann, wenn die Greifer mit punktueller oder kleiner Wirkfläche über ein Greifsystem zueinander positioniert werden können. Die hierfür
erforderliche Bauteilanalyse bzw. Lageerkennung kann entweder durch einen
Mitarbeiter oder computerbasiert erfolgen. Eine computerbasierte Lagebestimmung erfordert immer eine Bauteilidentifikation, die häufig mittels Bildverarbeitung erfolgt. Greifsysteme, kombiniert mit Bildverarbeitungssystemen,
können autonom auf variable Bauteilvarianten oder spezifisch auf Formtoleranzen reagieren [SES90, SDA04].
Grundsätzlich werden Handhabungsvorgänge aus einer Speicherform (Bereitstellung) zu einer Bearbeitungsstelle sowie nachfolgend der Bearbeitung wieder
in eine Speicherform ausgeführt, wobei Speicher nach der VDI 2860 allgemein
24
dem Aufbewahren von Bauteilen dienen. Sie können damit klassische Pufferfunktionen z.B. zum Taktausgleich übernehmen, aber auch für Verkettungs-,
Kommissionier- oder Prozessfunktionen eingesetzt werden [WAR92]. Je nach
Bestimmung der Freiheitsgrade kann in geordnete, teilgeordnete oder ungeordnete Speicher unterschieden werden, ausgehend von geometrisch bestimmten
Körpern [HAN88, VDI2860]. Wie in Abbildung 8 dargestellt, definiert [SPU86]
geordnete und teilgeordnete Speicher als Magazine.
Abbildung 7:
Formgebende Greiferanordnung
[GUT93] unterscheidet dabei vereinzelte und gestapelte Magazine. Bereits vereinzelte Bauteile können nach [SCN99] in Flachmagazinen, auf Trägermaterialien oder bei geringen Bauteilgrößen auch in Coils gespeichert werden. Gestapelte Magazine ermöglichen eine kompakte, einfache Speicherbildung und somit eine leicht zugängliche Abholposition. Allerdings kann es bei zu weit tolerierten Stangen- und Schachtmagazinen zu so genannten „Schubladeneffekten“
kommen, bei denen die Bauteile leicht versetzt gestapelt sind. Lagegenaue
Magazine, welche eine optimale Flächenpressung ermöglichen und ein Verklemmen verhindern, sind jedoch bauteilspezifisch und damit zu unflexibel sowie kostenintensiv und werden deshalb selten verwendet.
Für die Bereitstellung biegeschlaffer Bauteile in Stapeln ist zudem von Relevanz, ob bei einem Magazin die Bauteile in Ruhe oder in Bewegung sind. Während sich die Abholposition bei Magazinen mit Bauteilen in Ruhe stetig ändert,
werden bei Magazinen mit Bauteilen in Bewegung die einzelnen Lagen mit ei-
25
ner Zwangsbewegung kraftschlüssig an die immer gleiche Abholposition nachgeführt [SPU86].
Abbildung 8:
Speicherformen zur Bereitstellung
Derzeit werden die Handhabungsvorgänge faserverstärkter Werkstoffe immer
noch weitgehend manuell ausgeführt (Abbildung 9). Die Einführung von Automatisierungskomponenten, wie beispielsweise in der metallverarbeitenden Industrie geschehen, ist im Zusammenhang mit dem Handling biegeschlaffer
Halbzeuge bisher noch nicht erfolgt [RES05, DRE04].
Verfahrensschritte werden zumeist losgelöst von Transport- und Handhabungsaufgaben betrachtet und ausgearbeitet [PAT98a, PAT98b, PAT90, PAT01]. Es ist
jedoch zu bemerken, dass wissenschaftliche Anstrengungen insbesondere im
Feld der adhäsiven Greiftechnologien zu ersten erfolgversprechenden Ansätzen
geführt haben, die aber bisher noch keine serientaugliche Prozesssicherheit erwarten lassen [STE01, SZI07, ZHA00].
26
Abbildung 9:
Legen einer Flügelschale (links) und von UD Tapes in eine Rumpfschale
(rechts), (Quelle: Drechsler)
Abbildung 10: Automatisiertes Legen mit KUKA Robotersystem im Portal (Quelle: Wittig)
Vorindustrielle Entwicklungsansätze den Legeprozess von großflächigen faserverstärkten biegeschlaffen textilen Halbzeugen zu automatisieren verfolgt das
Unternehmen Composite Systems, USA [WIT03]. So konnten für die Windflügelproduktion erste Portalsysteme entworfen werden, die zukünftig weiter ausgebaut werden müssen (Abbildung 10) [GRO03]. Bei dem betrachteten System
handelt es sich um ein Legesystem, das kein aktives Greifelement zum Auf-
27
nehmen von Werkstoffen mitführt. Die Halbzeugbahnen werden direkt in die
Schale von der Rolle oder im Tailored-Fiber-Placement-Verfahren direkt in das
Formwerkzeug gelegt.
28
5
Ziele und Lösungsansatz der Untersuchung
Moderne Faserverbundwerkstoffe bieten vielfältiges Anwendungspotential für
die schnelle Herstellung endkonturnaher Strukturbauteile mit beanspruchungsangepasstem Eigenschaftsprofil bei hoher Materialeffizienz. Um dieses Potential zukünftig für eine Serienfertigung nutzbar zu machen, ist es dringend erforderlich, die vorhandenen Defizite bei der Realisierung entsprechender Prozessketten für derartige Bauteile zu identifizieren.
Für eine effiziente Durchführung der Untersuchung wird ein interdisziplinärer
Systemansatz gewählt, in dem die Diskussionspartner die gesamte Produktentwicklungskette von der Konzeption, Modellierung und Simulation über die
Konstruktion bis hin zur Prozessgestaltung unter besonderer Berücksichtigung
der Bearbeitung und der Handhabungstechnik hinterfragen.
Zur Lösung dieser interdisziplinären Aufgabenstellung ist eine enge, abgestimmte Zusammenarbeit von Forschungspartnern notwendig, die durch ihre
einschlägige Kompetenz sowie ihre langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet
der Faserverbundtechnik in besonderer Weise ausgewiesen sind. Dabei kommen den Partnern entsprechend ihrer fachlichen Ausrichtung folgende komplementären Teilbereiche zu:
•
ILK - TU Dresden, Prof. Hufenbach: Faserverbundwerkstoffe und Fertigungsprozessketten,
•
IWF - TU Berlin, Prof. Seliger: Handhabungstechnik,
•
ISF - TU Dortmund, Prof. Biermann: Spanende Bearbeitungsverfahren.
Wesentliches Element der Untersuchung ist die Erarbeitung eines fundierten
Thesen- und Fragenkataloges, anhand dessen der aktuelle Handlungsbedarf im
Bereich der serienfähigen Bearbeitungs- und Handhabungstechnologien faserverstärkter Bauteile ermittelt werden kann. Im Vordergrund der Analyse stehen
hierbei Fragestellungen zu den komplexen Wechselwirkungen zwischen den
technisch-ökonomischen Bedürfnissen und den bestehenden herstellungsbedingten Restriktionen. Hiermit können die Einsatzgrenzen derzeit realisierter Serienproduktionen für faserverstärkte Bauteile hinsichtlich Robustheit und Flexibi-
29
lität unter Beachtung der spezifischen Randbedingungen in den einzelnen Branchen aufgezeigt werden.
Schwerpunkte der Untersuchung sind die allgemeinen Themenfelder:
•
Aufbau durchgängiger Prozessketten und Definition von Schnittstellen,
•
Entwicklung spezifischer Bearbeitungsverfahren (hier speziell Maschinen und Werkzeuge),
•
Entwicklung von angepassten Handlingsystemen für faserverstärkte
Halbzeuge,
•
Integrierte Prozessüberwachung und Qualitätssicherung zur Steigerung der Systemzuverlässigkeit.
Diese Themenfelder sind mit Hypothesen zu untersetzen und in Form eines
skalengestützten Befragungsbogens zu verschlüsseln, der an ausgewiesene
Know-how-Träger (200 Industriefachleute aus 65 Firmen) verteilt wird. So kann
ein repräsentativer Querschnitt über alle Unternehmenstypen sowie die verschiedenen Branchen generiert werden.
Die Ergebnisse der Erhebung werden in einem anschließenden öffentlichen
Diskurs zahlreichen Fachvertretern aus Wissenschaft, Forschung und Industrie
vorgestellt und intensiv diskutiert. Die Bündelung der so gewonnenen Erkenntnisse führt zu den vordringlichen Handlungsfeldern zukünftiger Forschungs- und
Entwicklungsmaßnahmen.
30
6
Ausgewählte Ergebnisse der Befragung
Für die Durchführung der Industriebefragung wurde ein Katalog mit 52 Fragen
erarbeitet, die 19 Hypothesen zu den unterschiedlichen Handlungsfeldern verschlüsseln. Der Fragenkatalog wurde von ausgewiesenen Know-how-Trägern
auf dem Gebiet der Verarbeitung und der Handhabung modernern Faserverbundwerkstoffe beantwortet. Abbildung 11 gibt einen Überblick über die Anzahl
von den in die Auswertung eingeflossenen Fragebögen in Abhängigkeit der angegebenen Unternehmenskennzahlen Umsatz und Mitarbeiterzahl. Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Unternehmen in 4 Typen (Unternehmenstypen
– UT) geclustert.
Umsatz
1
25
1
3
4
2
4
> 500 Mio. €
101 - 500 Mio. €
UT
3
21 - 100 Mio. €
6 - 20 Mio. €
UT
1
10
bis 5 Mio. €
4
3
bis 20
21 - 250
UT
4
UT
2
3
251 - 500
> 500
Mitarbeiter
Abbildung 11: Anzahl der beantworteten Fragebögen in Abhängigkeit zu den abgefragten
Unternehmenskennzahlen (Mitarbeiterzahl, Umsatz im Vorjahr) sowie die 4
Clustergruppen der Unternehmenstypen (UT)
Der Unternehmenstyp 1 ist dabei in der Regel gekennzeichnet durch eine breit
aufgestellte Fertigung in Klein- und Mittleren Serien, häufig sind es Start-up Un-
31
ternehmen bzw. handwerklich orientierte Spezialbetriebe. Der Unternehmenstyp 2 zeichnet sich durch eine hohe Entwicklungstiefe in hochspezialisierten,
klassischen Fertigungsverfahren, wie etwa SMC oder LFT Verfahren aus. Unternehmenstyp 3 sind zumeist Zulieferer, die bereits eine hohe Prozessautomatisierung aufweisen um so innovative Faserverbundprodukte kostengünstig herstellen zu können. Diese Unternehmen verfügen in der Regel über eine sehr
hohe fachliche Kompetenz über die gesamte Prozesskette der Herstellung von
Faserverbundwerkstoffen. Große Mittelständler und Konzerne bilden den Unternehmenstyp 4. Diese Unternehmen führen Faserverbundwerkstoffprodukte
zumeist als Teil eines komplexen Liefersortiments, bzw. benötigen diese Werkstoffklasse und die hierfür eingesetzten Prozessketten für einzelne Spezialanwendungen bzw. Neuentwicklungen.
0-25%
18%
UT 1
26-50%
51-75%
5% 18%
59%
33%
66%
UT 2
50%
UT 3
50%
74%
UT 4
0%
20%
76-100%
40%
6% 9% 11%
60%
80%
100%
Abbildung 12: Darstellung des prozentualen Anteils der FVW-Produkte am Gesamtproduktportfolio der jeweiligen Unternehmenstypen
Ein wesentlicher Indikator zur Charakterisierung des FVW-Marktes ist der prozentuale Anteil dieser Werkstoffgruppe am Gesamt-Produktportfolio der befragten Unternehmen (Abbildung 12). Hieraus lässt sich ein Bild der FVWverarbeitenden Industrie entwerfen, in dem vor allem kleine hochspezialisierte
Unternehmen (UT1) mit einem Schwerpunkt auf Sonderkonstruktionen bzw.
Kleinserien den Markt bestimmen. Großunternehmen bzw. Konzerne (UT4) ver-
32
arbeiten die Faserverbundwerkstoffe meist nur in einem kleinen Produktsegment des Gesamtportfolios.
Im Rahmen der Voruntersuchungen wird davon ausgegangen, dass in Zukunft
immer mehr Bauteile aus FVW gefertigt werden und somit die volkswirtschaftliche Relevanz dieser Werkstoffgruppe stetig steigen wird. Diese Ansicht wird
von einem Großteil der befragten Unternehmen bestätigt (Abbildung 13).
3,1%
1,8%
26,3%
96,9%
steigend
71,9%
bleiben gleich
fallend
Abbildung 13: Antworten auf die Fragen: „Wie schätzen Sie die zukünftige Nachfrage an
FVW ein?“ (links) und „Wie beurteilen Sie die Tendenz des Anteils von
FVW-Produkten am Produktportfolio Ihres Unternehmens?“(rechts)
Gerade durch die Entwicklung der Rohstoffmärkte wird der Einsatz von FVW
begünstigt. Auf die Frage “Wie schätzen Sie die zukünftige Nachfrage des
Marktes für FVW ein?“ antworteten ca. 97% der Befragten, dass mit einer
steigenden Nachfrage zu rechnen ist. Ursachen hierfür scheinen neben der
Entwicklung der Rohstoffpreise vor allem höhere umweltpolitische Anforderungen und darin impliziert der Trend zum Leichtbau zu sein (Abbildung 14). Dies
erfordert aber gerade bei den verarbeitenden Betrieben den Übergang von Sonderkonstruktionen für einzelne Bauteile zu integral gefertigten hochkomplexen
Bauteilstrukturen bzw. Baugruppen (Abbildung 15).
33
100%
98,4%
96,8%
89,1%
steigen
80%
bleiben gleich
60%
40%
20%
0%
sinken
53,4%
31,0%
3,2%
0,0%
1,6%
0,0%
Leichtbauanforderungen
Umweltpolitische
Anforderungen
10,9%
0,0%
Rohstoffpreise
klass.
Werkstoffe
15,5%
Rohstoffpreise
FVW
Abbildung 14: Ursachen für die steigende Nachfrage an FVW-Produkten
7%
34%
43%
38%
66%
12%
sehr komplex
komplex
sowohl als auch
eher gering
steigend
gleichbleibend
Abbildung 15: Antworten auf die Fragen „Welche Formkomplexität hat die Mehrzahl der
gefertigten Teile?“(links) und „Wie beurteilen Sie hierzu die Formkomplexität der Mehrzahl der gefertigten Teile in 3 Jahren?“(rechts)
Der Erfüllung dieser Zielstellungen stehen aber derzeit noch zahlreiche Hindernisse im Weg. So sind gerade die Automatisierungstechniken für FVWWerkstoffe bzw. -Halbzeuge noch stark entwicklungsbedürftig (Abbildung 16).
34
Hierbei können gerade durch eine verstärkte Automatisierung in der Verarbeitung von FVW wichtige Impulse für KMU generiert werden. So geht ein Großteil der UT1-Gruppe davon aus, dass mit der Automatisierung der Fertigungsprozesse von FVW ein Unternehmenswachstum einhergeht (Abbildung 17).
100%
Stimme voll zu
75%
61,9%
50%
25%
15,0%
0%
Automatisierungsgrad
Energieverbrauch
Abbildung 16: Antwort auf die Frage „Welches sind die größten Herausforderungen bei
der Serienfertigung und dem Einsatz von FVW-Bauteilen?“
stimme zu
stimme bedingt zu
50,0%
Herstellkosten UT1
gesenkt
werden UT4
50,0%
70,3%
27,0%
62,5%
Unternehmens- UT1
wachstum
generiert werden UT4
37,5%
51,4%
0%
20%
stimme nicht zu
45,9%
40%
60%
80%
100%
Abbildung 17: Antworten auf die Frage “Mit steigender Automatisierung im Bereich faserverstärkter Kunststoffe kann / können ...“
35
Eine Darstellung der Befragungsergebnisse in Abhängigkeit von den vornehmlich verarbeiteten Faserhalbzeugen differenziert diese globale Aussage. So sind
es vor allem der Automatisierungsgrad der gesamten Prozesskette und die Preise der Ausgangsmaterialien die einen wesentlichen Einfluss auf eine erfolgreiche Serienproduktion von FVW-Produkten haben (Abbildung 18). In diesem Zusammenhang gehen mehr als 85% der Befragten davon aus, dass ein deutlicher Forschungsbedarf im Bereich der Prozessketten zur Verarbeitung von FVW
besteht.
Jedoch gibt es einzelne Teilaspekte der Verarbeitungsprozesse, die bereits heute einen recht hohen Automatisierungsgrad aufweisen. Dies sind Bereiche, in
denen auf Wissen aus klassischen Verarbeitungsketten z.B. für metallische
Werkstoffe zurückgegriffen werden kann. So stellt das Handling konsolidierter
Halbzeuge in der Regel kein Problem dar. Der Verbundaufbau von FVWPreformen und der damit einhergehende Handlingsprozess von semistabilen
Materialien, die Nachbearbeitung und die Lagerung sind hingegen weitgehend
ungelöste Fragestellungen (Abbildung 19).
stimme zu
stimme bedingt zu
57,0%
EF
stimme nicht zu
34,0%
9,0%
Automatisierungsgrad
der Fertigungsverfahren
KF/LF
Ausgangsmaterialpreise
EF
63,0%
28,0%
9,0%
KF/LF
62,0%
29,0%
9,0%
Anlageninvestitionskosten
KF/LF
Material- und
Halbzeughandling
Aufwändige
Nachbearbeitung
74,0%
EF
EF
KF/LF
EF
KF/LF
0%
21,0%
36,0%
48,0%
43,0%
16,0%
48,0%
9,0%
66,0%
20,0%
35,0%
23,0%
14,0%
55,0%
50,0%
20,0%
10,0%
27,0%
60,0%
20%
40%
20,0%
60%
80%
100%
Abbildung 18: Antwort auf die Frage „Welches sind Ihrer Meinung nach die derzeit größten Herausforderungen bei der Serienfertigung und dem Einsatz von FVWBauteilen?“
36
Gerade durch einen automatisierten Verbundaufbau verspricht sich die Mehrzahl der Befragten eine deutliche Steigerung der Effektivität der gesamten Prozesskette (Abbildung 20). So werden so z.B. die Zuschnittprozesse in der Mehrzahl der Unternehmen vollständig manuell (handgeführte Schere) bzw. teilautomatisiert (Schneidvorgang auf Schneidplottern) durchgeführt. Dies ist auf
Dauer nicht mit dem Ziel einer hohen Produktionseffizienz zu vereinbaren
(Abbildung 21).
Abbildung 19: Verallgemeinerte Darstellung einer FVW-Prozesskette und Automatisierungsgrad der einzelnen Prozessteilschritte
Abbildung 20: Relative Bewertung auf die Frage „Bitte geben Sie an, bei welchen Fertigungsschritten Sie sich den größten Vorteil durch eine Automatisierung
versprechen.“
37
Die Ausgangssituationen in den einzelnen Industriezweigen bezüglich der eingesetzten Handlingsysteme sind sehr unterschiedlich. Derzeit verfügbare Greifsysteme erlauben nur ein Handling ausgewählter FVW-Halbzeuge unter Ausnutzung ihrer spezifischen Eigenschaften (Abbildung 22). Die Entwicklung weitgehend werkstoff- und prozessunabhängiger flexibler Greifsysteme steht hingegen noch aus.
32%
36%
32%
manuell
teilautomatisiert
beides
Anzahl der Nennungen
Abbildung 21: Automatisierungsgrad des Zuschnittprozesses von Preformen
30
21
20
14
10
10
8
6
3
0
Keine
SaugGreiftech. greifer
Nadelgreifer
Klemmgreifer
1
Gefrier- Kratzen- Sonstige
greifer greifer Greiftech.
Abbildung 22: Verbreitung der unterschiedlichen Greiftechnologien
38
Die Bearbeitung von FVW ist ebenfalls eine bislang nicht umfassend gelöste
Herausforderung bei der Realisierung von Serienprodukten. Zwar gibt es derzeit
eine Reihe von erprobten Bearbeitungsverfahren (Abbildung 23), jedoch sind die
Probleme mit Faser- bzw. Laminatschädigung sowie eines überaus hohen
Werkzeugverschleißes hinlänglich bekannt (Abbildung 24) und nach wie vor
noch nicht ausreichend gelöst. Hier gilt es zum einen die Sensibilität der Produzenten zu erhöhen und gleichzeitig neue Bearbeitungsverfahren bzw. Bearbeitungswerkzeuge bereitzustellen.
Anzahl der Nennungen
50
40
38
38
27
30
20
20
10
10
9
8
6
2
Sc
hl
ei
W
fe
sc as
n
hn se
r
ei st
d e ra
n hlD
re
he
n
Re
ib
en
L
sc ase
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ei tra
de hl
G n
bo ew
hr ind
en e
So
ns
tig
es
Bo
hr
en
Fr
äs
en
0
Abbildung 23: Verbreitung der unterschiedlichen spanenden Verfahren für FVW-Bauteile
Anzahl der Nennungen
35
Duroplastische Matrix
31
Thermoplastische Matrix
30
25
20
18
15
10
6
5
0
2
ja
nein
39
Abbildung 24: Antwort auf die Frage „Ist bei der Bearbeitung von FVW ein deutlich erhöhter Werkzeugverschleiß festzustellen?“
Neben den ungelösten Fragestellungen im Zusammenhang mit der Prozessautomatisierung sind es vor allem die modellhafte Materialbeschreibung bzw. die
exakte Vorhersage der erreichbaren Steifigkeiten, Festigkeiten und betriebsbedingten Veränderungen der Produkte, die die größten Herausforderungen darstellen. So ist das am häufigsten genannte Hemmnis beim Einsatz von FVW die
Einschätzung des Versagensverhaltens der hieraus hergestellten Strukturen
(Abbildung 25).
Stimme voll zu
Einschätzung des Versagensverhaltens
62,3%
Automatisierungsgrad der Fertigungsverfahren
61,9%
60,0%
Ausgangsmaterialpreise
54,8%
Schadensdetektion
51,6%
Vorhersage der Material- und Bauteileigenschaften
Bauteilauslegung
48,4%
Reparatur und Austausch während der Nutzung
48,4%
Aufwändige Qualitätskontrolle
47,5%
47,5%
Toleranzen in der Geometrie
Zykluszeiten
0,0%
41,0%
20,0%
40,0%
60,0%
80,0%
Abbildung 25: Antworten auf die Frage: „Welches sind Ihrer Meinung nach die derzeit
größten Herausforderungen bei der Serienfertigung und dem Einsatz von
faserverstärkten Verbundbauteilen?“ (vgl. Abbildung 18)
40
7
Priorisierte Handlungsfelder
Die schriftliche Erhebung fand im Zeitraum von Oktober 2007 bis Februar 2008
statt, wobei eine hohe Rücklaufquote von über 33% und die fundierte Beantwortung der Fragebögen auf ein deutliches Interesse der Teilnehmer hinwies.
Im Rahmen des anschließenden öffentlichen Diskurses (12.04.2008) wurden
aus den Ergebnissen der Erhebung vier vordringliche Handlungsfelder auf dem
Gebiet der Faserverbundtechnik abgeleitet:
•
Angepasste Handlingsysteme,
•
Erweiterte Trenn- und Fügeverfahren,
•
Prozessintegrierte Qualitätssicherungsverfahren,
•
Optimierung der Herstellungsprozesse für endlosfaserverstärkte Verbundbauteile.
7.1
Angepasste Handlingsysteme
Bei der Entwicklung von Faserverbundwerkstoffen eröffnet sich ein weites
Spektrum an möglichen Materialkombinationen, woraus sich eine große Eigenschaftsvielfalt der Ausgangsmaterialien und Zwischenprodukte ableiten lässt.
So bestimmen beispielsweise die Verstärkungsfaserlänge und -architektur sowie die Art der Matrixmaterialien entscheidend die Handlingeigenschaften der
jeweiligen Halbzeuge. Die für das einzusetzende Handlingsystem wesentlichen
Parameter, wie etwa
•
Biege- und Schersteifigkeit,
•
Schiebefestigkeit der Verstärkungshalbzeuge,
•
Fließ- und/oder Rieselfähigkeit bzw. Haftneigung der Vorprodukte,
•
Halbzeugtemperaturen,
41
variieren bei den FVW in hohem Maße. Ebenso unterscheiden sich die hierfür
notwendigen Verarbeitungsprozessketten derzeit sehr stark in ihrem Automatisierungsgrad. Größter Handlungsbedarf besteht in der Gruppe der endlosfaserverstärkten Verbundwerkstoffe, mit denen eine optimale Materialeffizienz durch
belastungs- und fertigungsgerechte Werkstoff- und Bauteilauslegung möglich
ist.
Das Handling biegeschlaffer, inhomogener Faserhalbzeuge stellt dabei eine der
wesentlichen Herausforderungen dar. Allfällige handlingbedingte Veränderungen in der Faserarchitektur beeinflussen die erzielbaren Werkstoffeigenschaften
eminent und wirken sich somit bis in das Endprodukt aus. Der Handlingprozess
hat damit wesentlichen Einfluss auf die Robustheit und Qualität des gesamten
Verarbeitungsprozesses. Für eine optimale Bauteilqualität ist somit eine taktzeitgerechte und gleichzeitig faserschonende Handlingtechnik zwingend erforderlich. Als Beispiel sei hier etwa das fadenverschiebungsfreie Transportieren
und Drapieren von textilen Preformen in das Presswerkzeug genannt.
Reproduzierbarer, automatisierter Verbundaufbau für Endlosfaserverstärkungen
Endlosfaserverstärkte Verbundwerkstoffe eröffnen die Möglichkeit einer gezielten, beanspruchungsgerechten Faserorientierung. Die Realisierung der vorherbestimmten Faserarchitektur erfordert einen robusten, reproduzierbaren Fertigungsprozess. Wesentliches Kriterium ist dabei die exakte Positionierung der
einzelnen Faserlagen im Werkzeug, da bereits bei minimalen Winkelabweichungen eine deutliche Veränderung der Werkstoffeigenschaften zu verzeichnen ist (vgl. Abbildung 26: E-Modul eines unidirektional glasfaserverstärkten
Verbundwerkstoffes in Abhängigkeit von der Belastungsrichtung).
Die hohen Anforderungen an die Genauigkeit der Faserablage können derzeit
nur durch aufwendige manuelle Prozessschritte bei der Verbundherstellung erfüllt werden. Die menschliche Hand-Auge-Koordination gewährleistet hierbei
das schnelle Erkennen der Faserorientierung, das Greifen und die Neupositionierung des Halbzeuges. Ein vergleichbares Zusammenspiel von Sensoren und
Aktoren kann derzeit durch automatisierte Systeme nur bedingt realisiert werden. Manuelles Handling bedeutet andererseits aber nicht reproduzierbare Veränderung der Faserarchitektur.
42
Abbildung 26: E-Modul eines unidirektional glasfaserverstärkten Verbundwerkstoffes in
Abhängigkeit von der Belastungsrichtung
Zur Entwicklung flexibler Produktionsmittel ist die Bereitstellung taktzeitgerechter Bildverarbeitungssysteme, welche die Faserarchitektur erkennen, sowie
neuartiger Methoden zum faserschonenden Handling biegeschlaffer Halbzeuge
notwendig. Einen möglichen Lösungsansatz zeigt das an der TU Berlin entwickelte Gefriergreifersystem (vgl. Abbildung 27:
Explosionsdarstellung eines Gefriergreifers)
Abbildung 27: Explosionsdarstellung eines Gefriergreifers
43
Reversible, eigenschaftsneutrale Fixierung biegeschlaffer Halbzeuge
Die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Handling können durch
eine reversible, eigenschaftsneutrale Fixierung der biegeschlaffen Halbzeuge
weitgehend umgangen werden. Dabei soll eine lokale temporäre Stabilisierung
den Einsatz klassischer Handlingsysteme ermöglichen.
Bei den bisher eingesetzten Verfahren z.B. auf Basis aufgesprühter reaktiver
Binder steht der Vielzahl an möglichen duroplastischen und thermoplastischen
Matrixsystemen, die für die Herstellung von FVW eingesetzt werden, derzeit
nur eine sehr begrenzte Anzahl an Bindersystemen gegenüber. Mit diesen Bindern kann zwar die Schiebefestigkeit der Halbzeuge deutlich erhöht und somit
der Halbzeugtransport entscheidend erleichtert werden; jedoch wirkt sich diese
nichtreversible Fixierung negativ auf die Drapierfähigkeit der Halbzeuge aus.
Außerdem ist deren Einfluss auf die erzielbaren Verarbeitungs- und Werkstoffeigenschaften auch nach zahlreichen Forschungsvorhaben noch nicht abschließend geklärt und bedarf weiterer Aufmerksamkeit.
Die gezielte Entwicklung reversibler Fixierungssysteme, die sich auf die Eigenschaften des Finalbauteils nicht nachteilig auswirken, steht vor dem Hintergrund einer Serienfertigung von Faserverbundbauteilen noch aus.
Schnelles Handling und genaue Positionierung extrem großer Halbzeuge/Strukturen bei veränderlichen Fertigungsbedingungen
Faserverbundwerkstoffe erlauben die Herstellung extrem großer, hochbelasteter Strukturen in Leichtbauweise bei Einsatz relativ einfacher Herstellungsverfahren. Dieser Vorteil wird beispielsweise seit einigen Jahren für die Fertigung
von Flügeln für Windenergieanlagen ausgenutzt. Die entsprechende technische
Infrastruktur steht – gerade vor dem Hintergrund der KMU-geprägten FVWBranche – nur wenigen Produzenten zur Verfügung und stellt selbst für Global
Player wie Airbus eine Herausforderung dar. Dabei ist etwa die Einhaltung eines
ganzjährig konstanten Klimas (Temperatur, Feuchte) in den Fertigungseinrichtungen essentieller Bestandteil der Qualitätssicherung, denn die Umweltbedingungen besitzen einen deutlichen Einfluss auf alle Glieder (Halbzeuge, Werkzeuge, Handlingsysteme) des Verarbeitungsprozesses.
44
Ein möglicher Lösungsansatz ist mit der Entwicklung prozessaktiver Werkzeugund Handlingsysteme zur Kompensierung dieser Einflüsse gegeben. Dies erfordert eine genaue Kenntnis der umweltbedingten Veränderung der Werkzeuggeometrien und der Halbzeugeigenschaften. Große Herausforderungen bestehen derzeit bei der Auslegung und konstruktiven Umsetzung kostengünstiger,
thermisch kompatibler Werkzeugsysteme für die Fertigung von FVW-Großkomponenten (>> 20 m²), welche unabhängig von den klimatischen Fertigungsbedingungen konstante Bauteilqualitäten erlauben und einen robusten
Fertigungsprozess ermöglichen.
7.2
Erweiterte Trenn- und Fügeverfahren
Produkte aus FVW werden aufgrund der vergleichsweise hohen Ausgangsmaterialpreise im Allgemeinen endkonturnah hergestellt. Für die Endbearbeitung
erfordern die hohe Härte und das spröde Bruchverhalten der Fasern sowie die
niedrige Wärmeleitfähigkeit der Matrix bei vergleichsweise niedrigem Schmelzpunkt eine gesonderte Weiterentwicklung konventioneller Trenn- und Fügeverfahren. Darüber hinaus kann verschiedenen Problemen beim Einsatz klassischer
Bearbeitungsverfahren wie z.B. erhöhter Werkzeugverschleiß oder Schädigungen des Bauteils (Delaminationen, Ausbrüche, ...) durch die Entwicklung FVWangepasster Werkzeuge entgegengewirkt werden.
Die seriengerechte Integration von FVW-Bauteilen in werkstofflich artfremde
Strukturen wird bislang durch das Fehlen entsprechender taktzeitgerechter
Trenn- und Fügeverfahren behindert. Durch die Bereitstellung neuartiger effizienter Verfahren können Leichtbaustrukturen hoher Material- und Energieeffizienz serientechnisch hergestellt werden, die optimale Lösungen im Sinne des
Multi-Material-Designs darstellen.
Entwicklung FVW-angepasster hochproduktiver Trennverfahren sowie technisch ausgereifter automatisierbarer Fügeverfahren
Wesentliches Ziel bei der Entwicklung neuartiger Verfahren für die Bearbeitung
von FVW muss die deutliche Produktivitätssteigerung sein. Nur so können
Hemmnisse bei der Integration der FVW in bestehende übergeordnete Produktionsprozesse überwunden werden. Als Analogie sei hier die Einführung von
Laserverfahren bei der Bearbeitung von metallischen Blechen genannt. Derarti-
45
ge hochproduktive robuste Verfahren stehen derzeit für FVW-Bauteile nur eingeschränkt zur Verfügung.
Bei der Verarbeitung endlosfaserverstärkter Verbundwerkstoffe ist die Bereitstellung endkonturnaher Preformen Voraussetzung für einen effizienten Verbundaufbau. Die hierfür eingesetzten Bearbeitungstechnologien (Schneiden,
Stanzen, Schweißen, Nähen, Kleben, ...) leiten sich in der Regel von klassischen
Textilbearbeitungsverfahren ab. Die eingesetzten Trennwerkzeuge besitzen jedoch in Abhängigkeit von den jeweils verarbeiteten Verstärkungsfasern teilweise sehr geringe Werkzeugstandzeiten. Ähnliche Probleme ergeben sich bei der
Bearbeitung von konsolidierten Faserverbundbauteilen. Hier können durch die
gezielte Neuentwicklung von Bearbeitungsverfahren (z.B. auf Basis der Laseroder Plasmastrahltechnologie) höhere Durchsatzraten bei gleichzeitig verbesserter Qualität erreicht werden.
Weiterentwicklung klassischer Bearbeitungswerkzeuge für die spanende Bearbeitung von FVW
Der Zerspanungsprozess ist im Allgemeinen einer der wesentlichen Arbeitsschritte bei der Bauteilherstellung. Dabei stehen die Wirkzusammenhänge von
Schneide und Werkstück im Metallbereich seit mehreren Jahrzehnten im Fokus
internationaler Forschungsvorhaben. Vorrangiges Ziel ist dabei die Entwicklung
immer leistungsfähigerer Verfahren – d. h. höhere Abtragsleistungen bei verlängerten Werkzeugstandzeiten – zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit bei
gleichzeitiger Berücksichtigung ökologischer Aspekte. Ein entscheidender Baustein ist hierbei die Entwicklung werkstoffangepasster Werkzeuge, d. h. gezielte Entwicklung neuer Schneidenwerkstoffe und -beschichtungen sowie angepasster Schneidengeometrien. Hiermit können die Grenzen der Zerspanungsparameter zu immer höheren Werten verschoben werden, was mit einer direkten
Produktivitätssteigerung einhergeht. Gleichzeitig werden bei der umweltschonenderen Trockenbearbeitung qualitativ hochwertigere Ergebnisse möglich.
Die Entwicklung spezieller Zerspanungswerkzeuge für die Bearbeitung von Faserverbundbauteilen auf klassischen Anlagen steht im Vergleich zu den metallischen Bauteilen noch weitgehend aus. Neben den Herausforderungen im Bereich des Werkzeugverschleißes, in Folge eines stark heterogenen Aufbaus der
FVW, ist es vor allem die starke Temperaturerhöhung bei der Bearbeitung, die
es zu vermeiden gilt. Denn die geringe Wärmeleitfähigkeit des polymeren Mat-
46
rixwerkstoffes verhindert einen schnellen Abtransport der entstehenden Wärmeenergie und führt damit zur Überschreitung der Glasübergangstemperatur
bzw. der Schmelztemperatur in der Bearbeitungszone. Der Einsatz von Kühlstoffen scheidet dabei in den meisten Fällen aufgrund des hydrophilen Matrixmaterials und der damit einhergehenden Quellung aus. Ziel muss daher die
Entwicklung speziell angepasster Zerspanungswerkzeuge für die Hochgeschwindigkeits-Trockenbearbeitung von FVW sein.
Bereitstellung hochproduktiver Fügeverfahren zur Verbindung von klassischen
Werkstoffen mit FVW im Sinne des Multi-Material-Designs
In vielen Prozessketten erweist sich die Effizienz der eingesetzten Verbindungsund Montagetechniken als wettbewerbsbestimmender Faktor. Für den erfolgreichen Einsatz der FVW besteht daher die Notwendigkeit, geeignete Fügetechniken zu entwickeln und die zugehörigen Montageprozesse bereitzustellen.
Bei der Anpassung erweiterter Fügeverfahren für die Verbindungen artfremder
Komponenten, wie etwa von FVW mit metallischen Werkstoffen, ist den besonderen Problemstellungen bezüglich des unterschiedlichen Wärmeausdehnungs- und Korrosionsverhaltens in besonderer Weise Rechnung zu tragen.
Die Warmumformbarkeit und die Schweißbarkeit der thermoplastischen FVW
eröffnen überdies einen großen Gestaltungsspielraum für form- und stoffschlüssige Verbindungen, welche über die klassischen Fügeverfahren (Schrauben, Nieten, Clinchen, ...) hinausgehen.
7.3
Prozessintegrierte Qualitätssicherungsverfahren
Die erzielbaren Eigenschaften der FVW werden maßgeblich durch die Architektur der Verstärkungsfasern bestimmt. Gerade bei endlosfaserverstärkten Verbundwerkstoffen ist der gezielten Einstellung und Beibehaltung der Faserorientierung oberste Priorität innerhalb einer prozessbegleitenden Qualitätssicherung
beizumessen. Gleichzeitig sind unter Einsatz eines taktzeitgerechten, robusten
Messverfahrens die konsolidierten Fertigteile auf evtl. Einschlüsse oder Fehlstellen zu untersuchen. Eine derartige prozessintegrierte Qualitätsüberwachung
aller Eingangsmaterialien, Zwischen- und Finalprodukte ist für den Aufbau einer
reproduzierbaren, automatisierten Fertigung zwingend notwendig.
47
Dennoch stehen gerade für die Verarbeitung der Faserverbundwerkstoffe prozessintegrierbare Qualitätssicherungsverfahren (In-line-Verfahren) nur in einem
stark eingeschränkten Maße zur Verfügung. Vorrangiges Ziel sollte daher die
Bereitstellung taktzeitgerechter Detektionsverfahren zur Erfassung der wesentlichen Fehlerarten:
•
Faserbrüche, Drapierfehler (Falten, Überwurf, ...) und Inhomogenitäten
innerhalb des Faserhalbzeuges,
•
Geometrieabweichungen, Faserdisorientierungen in den Zwischenstufen,
•
Einschlüsse und Fehlstellen im Endprodukt,
bei der Verarbeitung von FVW sein. Derzeit stehen zur Detektion derartiger
Fehlstellen vor allem Verfahren auf Basis optischer 3D-Messungen, Thermografie-, Tomografie-, Ultraschall- oder Röntgenverfahren zur Verfügung. All diesen
Verfahren ist in der Regel eine nicht-echtzeitfähige Informationsaufbereitung
gemein, die eine direkte Prozessintegration behindert.
Darüber hinaus stehen robuste Diagnoseverfahren für große bzw. dickwandige
FVW-Strukturen (z.B. Behälter oder Rohrleitungen) kaum zur Verfügung. Gerade
die Einschätzung eines Schadensfalles an einem derartigen Bauteil erfolgt im
Betrieb zurzeit überwiegend mittels visueller Begutachtung. Die Beurteilung der
Schädigung des Bauteils kann somit bislang nicht objektiv durchgeführt werden.
Dies führt häufig zur sicherheitsbedingten Überdimensionierung der Bauteile,
was einer Ressourceneffizienz während der Fertigung und dem Betrieb konträr
gegenübersteht.
7.4
Optimierung der Herstellungsprozesse für endlosfaserverstärkte Verbundbauteile
Konventionelle Fertigungsverfahren für die Herstellung von FVW-Bauteilen (Infiltrations- und Infusionsverfahren, Flecht- und Wickeltechnik, Autoklav- und
Pressverfahren, ...) eröffnen hinsichtlich ihres Ressourceneinsatzes deutliches
Optimierungspotential. Vor allem die Rückgewinnung von ungenutzter Energie
bzw. die Minimierung von Produktionsabfällen und Hilfsstoffen stehen dabei im
48
Vordergrund etwaiger Anstrengungen. Hierbei können ökonomische und ökologische Aspekte gleichermaßen Triebfeder sein. Durch die Bereitstellung ressourceneffizienter Herstellungsprozesse für FVW-Bauteile wird deren Kostenstruktur positiv beeinflusst, was eine Serienproduktion derartiger Hochtechnologieprodukte nachhaltig unterstützt.
Aufbau energieeffizienter, robuster Prozessketten
Die Rekuperation ungenutzter Prozessenergie z.B. durch kaskadierte Abwärmenutzung stellt eine Möglichkeit zur Verbesserung der Energiebilanz der gesamten Prozesskette dar. Zudem können Anstrengungen zur Verkürzung der
Prozessketten einen weiteren entscheidenden Beitrag zur Minimierung der eingesetzten Ressourcen leisten. Ziel sind hierbei möglichst einstufige Prozesse
die durch ein hohes Maß an Funktionsbündelung der Anlagenhilfsmittel gekennzeichnet sind. Ein Beispiel für eine derartige Funktionsbündelung ist die
Nutzung von nur einem Roboter sowohl zur Entnahme, Halbzeugbestückung
und Drapierung sowie Nachbearbeitung, wobei für die zusätzlichen Aufgaben
Wartezeiten (z.B. Pressvorgang, Heizvorgang) ausgenutzt werden. Durch die
Verkürzung und Komprimierung der Prozesskette kann zudem eine höhere Robustheit des Herstellungsprozesses erreicht werden.
Die Einsparung bzw. Minimierung logistischer Zwischenschritte (z.B. Halbzeugtransport) erlauben darüber hinaus, Transportkosten zu senken und Materialbeeinflussungen durch übermäßige Handlingprozesse zu vermeiden.
Ein weiteres Arbeitsfeld ergibt sich bei der direkten Rückführung von Abfällen
(z.B. Halbzeugverschnitt, Stanzabfälle, Späne) in den Produktionskreislauf. Insbesondere bei Kombinationsverfahren, die den Einsatz von kurz- oder langfaserverstärkten Verbundwerkstoffen beinhalten, können hierdurch weitere Einsparpotentiale ausgeschöpft werden.
Gekoppelte Prozesssimulationen des Konsolidiervorganges zur Vorhersage der
Bauteilqualität und Optimierung der Herstellungsparameter
Auf Grund der vielfältigen Einflüsse entlang der gesamten Prozesskette, die auf
die finalen Bauteileigenschaften wirken, stößt die bislang übliche isolierte Betrachtung einzelner Arbeitsvorgänge an ihre Grenzen. Gekoppelte Prozesssimulationen, z.B. zur Beschreibung des Konsolidiervorganges unter Einbeziehung
49
von technisch-technologischen Wechselwirkungen zwischen Werkstoff, Werkstück und Fertigungstechnik erlauben eine genauere Vorhersage der erzielbaren
Bauteileigenschaften. Gleichzeitig wird hierdurch eine Analyse der gegenseitigen Wechselwirkungen der Prozessparameter ermöglicht, was für einen
schnellen Prozessanlauf und eine gleichbleibend hohe Bauteilqualität erforderlich ist.
Mit Hilfe der gekoppelten Prozesssimulationen kann das optimale Parameterfenster bei der Verarbeitung von FVW ermittelt werden. Dies erlaubt eine gezielte Einstellung der Anlagentechnik, wodurch die Standzeiten der Maschinen
und Werkzeuge verlängert werden können.
Weiterentwicklung von Preformingverfahren für endlosfaserverstärkte Verbundbauteile
Die Herstellung endlosfaserverstärkter Verbundbauteile erfordert häufig ein Preformingverfahren, bei dem die notwendige Verstärkungsstruktur vorgefertigt
wird. Hierbei kann durch den Einsatz spezieller Fertigungssimulationsverfahren,
die eine Rückkopplung der Zuschnitt- und Ablegeprozesse in die Bauteilauslegung beinhalten, eine deutliche Minimierung von Abfallmengen erzielt werden.
So ist beispielsweise die Fertigungssimulation von FVW-Wickelprozessen Stand
der Technik und erlaubt Material- und Zeiteinsparungen im zweistelligen Prozentbereich.
Des Weiteren ermöglicht der Einsatz moderner textiltechnischer Verfahren die
Herstellung von komplex geformten endkonturnahen Preformen. Hierdurch
können Prozesszeiten verkürzt und Abfallmengen drastisch minimiert werden.
Die textiltechnische Herstellung der Preformen erlaubt zudem eine hohe Reproduzierbarkeit der Verstärkungsstruktur, die ohnedies nur durch ein kompliziertes Handlingsystem oder fixierte Preformen gewährleistet werden kann.
50
8
Zusammenfassung
Die Untersuchungsergebnisse der vorliegenden Studie und insbesondere der
öffentliche Diskurs, an dem Experten aus Wissenschaft, Forschung und Industrie teilnahmen, zeigen, dass auf dem Feld der serientauglichen Bearbeitung und
Handhabung moderner Faserverbundwerkstoffe branchenübergreifend noch
Entwicklungspotential besteht. Gleichzeitig wurde deutlich, dass in Deutschland
an vielen Stellen erhebliches Know-how vorhanden ist, das es jedoch in Breite
und Tiefe noch zu vernetzen gilt. Beim Aufbau ressourceneffizienter, automatisierter Prozesse für Faserverbundprodukte zeigen sich zudem Lücken, die für
die Realisierung durchgängiger Prozessketten hoher Wertschöpfung noch zu
schließen sind.
Die Eingrenzung der Forschungsthemen und die Fokussierung auf zentrale
Handlungsfelder mit der größten Hebelwirkung für die deutsche Wirtschaft ist
notwendige Voraussetzung für eine zügige Marktrealisierung konkurrenzfähiger
Hightech-Produkte aus FVW. Als wesentliche Handlungsfelder wurden hierfür
identifiziert:
•
angepasste Handlingsysteme,
•
erweiterte Trenn- und Fügeverfahren,
•
prozessintegrierte Qualitätssicherungsverfahren sowie
•
optimierte Herstellungsprozesse speziell für endlosfaserverstärkte
Verbundbauteile.
Die Bündelung der wissenschaftlichen Grundlagen und der Erfahrungen aus der
industriellen Praxis erlaubt auf dem Zukunftsfeld der Faserverbundtechnik eine
Vorreiterrolle in verschiedenen Branchen einzunehmen. Durch die angestrebte
durchgängige Prozessautomatisierung gelingt es zielgerichtet, schnell Produktund Prozessinnovationen zu realisieren. Die generierte Innovationskraft und der
damit einhergehende Know-how-Gewinn sind wesentliche Wettbewerbsfaktoren, die nachhaltig zum Auf- und Ausbau dieser Zukunftstechnologie für Hightech-Produkte von morgen in Deutschland beitragen.
51
Hierbei kommt der Integration der neuen Prozessketten in bestehende Produktionsprozesse besonderes Augenmerk zu, weil so die Flexibilisierung und
Wandlungsfähigkeit der Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens entscheidend vorangetrieben und gestärkt wird. Auch im internationalen
Vergleich innerhalb Europas sowie mit den USA und Asien kann Deutschland
durch die Bündelung aller Anstrengungen die Technologieführerschaft auf dem
Gebiet der ressourceneffizienten Faserverbundtechnik übernehmen und entsprechendes Wachstum sowie Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen erreichen.
52
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