malls kreis soest

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malls kreis soest
SPECIAL REGENWASSER
Klaus W. KÖNIG
Projektdaten
Betonwerk nutzt
Regenwasser
Adresse:
Oststraße 7, 48301 Nottuln
Jahresniederschlagsmenge:
845 mm
Sammelfläche: 2.730 m²
Als Ressource und Betriebswasser nutzen:
Regenwasser zur Herstellung von Betonfertigteilen einsetzen.
Filter:
Mall Filterschacht FS 3000,
Schachtabdeckung Klasse D 400
Speicher:
Mall Großbehälter 200 m³,
Schachtabdeckung Klasse D 400
Pumpentechnik:
2 Tauchmotorpumpen Fabrikat KSB
im Pumpschacht
Planung:
Keese + Hahne, Ingenieurbüro für
das Bauwesen, Projekt- und Umweltmanagement, Beratende Ingenieure
VBI, Soest
Inbetriebnahme: Juni 2012
Einsparung Trinkwasser pro Jahr:
1.660 m³
Einsparung Regenabfluss pro Jahr:
1.660 m³
Einsparung Wassergebühr pro Jahr:
5.262 €
Einsparung Niederschlagsgebühr
pro Jahr: 1.338 €
Betonwerk von Mall in Nottuln, Kreis Coesfeld/Nordrhein-Westfalen
A
lles Fließt: Mit „Panta rei“ wurde der
griechische Philosoph Heraklit bei uns
bekannt. Das Motto passt zu Regenwasser
und zu Beton – so lange dieser noch flüssig
ist. Im Werk Nottuln, Kreis Cosfeld, gießt
Mall den Beton in unterschiedliche Formen
und fertigt so Regenspeicher für den unterirdischen Einbau. Regenwasser vom Dach
der Produktionshalle ist einer der Rohstoffe
für diese Fertigteil-Zisternen. Der Industriebetrieb spart Gebühren und damit Betriebskosten – und hat eine vorzeigbare Referenz
im eigenen Haus.
Dreifache Gebühreneinsparung
Genau genommen profitiert Mall bei der
Gebühreneinsparung dreifach: Statt Trinkwasser kann das kostenlos anfallende Regenwasser von den Dachflächen genutzt
werden. So lange der in der unterirdischen
Zisterne zwischengelagerte Niederschlag
ausreicht, wird der Gebührenanteil für das
sonst erforderliche Trinkwasser gespart.
Wenn, wie in diesem Fall, das Regenwasser
zum Bestandteil des Produkts wird, fällt
auch keine Schmutzwassergebühr, wie z. B.
bei der WC-Spülung, an. Der dritte Spareffekt entsteht durch einen Abschlag bei der
Niederschlagsgebühr. In der Satzung der
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Bild 1
Gemeinde Nottuln gilt für Regenzisternen
mit Anschluss an die örtliche Kanalisation,
dass zunächst pro Kubikmeter Fassungsvermögen 25 Quadratmeter Sammelfläche
abgezogen und dann der verbleibende
Flächenanteil mit 80 % (entsprechend Abflussbeiwert C nach DIN 1986-100 von 0,8)
gewertet wird.
Regenwasser für die
Produktion
Natürlich muss zunächst investiert werden.
Die Firma Mall konnte hier den Regenspeicher und die Pumpentechnik aus eigener
Produktion einsetzen, so dass nur der Selbstkostenpreis zu verbuchen war. Und Wasserbedarf gibt es im Betonwerk genug, nicht
nur zur Reinigung. Schließlich besteht der
hochwertige Fertigteilbeton bei Mall zu
14,5 Vol.-% aus Wasser.
Mit dem Neubau einer weiteren Produktionshalle bot sich die Gelegenheit, den Dachablauf zu sammeln und zu verwenden. Das
neue Pultdach läuft parallel zu einem der
vorhandenen und ist mit diesem traufseitig
verbunden. So konnte auch die Hälfte des
alten Daches an die Zisterne angeschlossen
werden. „Durch Unterdruckentwässerung
wird nun der Niederschlag von insgesamt
2.730 m2 Sammelfläche unter der neuen
Hallendecke zur Sammelleitung geführt und
über den unterirdischen Filterschacht in die
Zisterne geleitet“, erläutert Peter Menke
vom Ingenieurbüro Keese & Hahne. Bei
einem durchschnittlichen Niederschlag in
Nottuln von 845 mm pro Jahr kommt übers
Jahr ein Ertrag von 1.845 m3 zusammen. Berücksichtigt ist dabei ein Verlust durch Verwehen (Wind), Verspritzen an der Dachkante und Benetzen der Sammelflächen von
insgesamt 20 %, rechnerisch enthalten im so
genannten Ertragsbeiwerte laut DIN 1989-1
von 0,8. Bei voller Zisterne und weiter zufließendem Regenwasser reduziert sich
durch Überlauf der nutzbare Ertrag in diesem Fall noch weiter um rund 10 % im Jahr.
Damit bleibt für die Produktion eine
Wassermenge von 1.660 m3 per anno – bei
1,36 €/m3 ohne Mehrwertsteuer für Trinkwasser und 1,81 € für Schmutzwasser ein
Spareffekt von 5.262 €.
Niederschlagswassergebühr
reduziert
In Nottuln muss seit 1. 1. 2011 pro Quadratmeter an den Kanal angeschlossene Fläche
eine Gebühr von 0,49 €/m2 pro Jahr bezahlt
werden. Da die Zisterne 200 m3 fasst, konnten gemäß Entwässerungssatzung 200 ×
25 m2 = 5.000 m2 von der tatsächlichen
11–12/2013
Behandeln und nutzen
Sammelfläche 2.730 m2 abgezogen werden.
Das Ergebnis ist negativ, die Gebühr entfällt
demnach komplett für diesen Dachabschnitt.
Ohne Regenspeicher, aber mit Kanalanschluss hätte sie 1.338 € betragen und
wird nun Jahr für Jahr eingespart.
Für die konventionell über den Kanal entwässerten Dach- und Geländeflächen bleibt
alles beim Alten. Diesen Anteil berechnet
die Kommune der Firma wie jedem anderen
in der Gemeinde auch. Ob und wann eventuell das bisher nicht genutzte anfallende Niederschlagswasser ebenfalls gesammelt und
verwendet wird, ist bei Mall noch nicht entschieden. Das Werk in Nottuln war erst 2009
gekauft worden und wird seither Zug um
Zug umgebaut, modernisiert und vergrößert.
Die Erweiterung im Jahr 2011/2012 bot erstmalig die Gelegenheit, das Dachwasser zu
verwenden. Wie überall hätte man damit die
Toiletten spülen können. Dann wäre das genutzte Regenwasser als Abwasser in den örtlichen Schmutzwasserkanal abgegeben worden. Gebührentechnisch bedeutet das, dass
nur der Trinkwasseranteil der Wassergebühr
gespart werden kann und nicht, wie nun bei
Mall, auch der Schmutzwasseranteil.
Option
Das Wasser der Oberflächen neben den Produktionshallen wird mit Freispiegel-Leitungen konventionell in den örtlichen Kanal abgeleitet. Mit Sedimentationsanlagen, die
auch zum Sortiment von Mall gehören,
könnte zusätzlich das Oberflächenwasser
genutzt werden. Allerdings wäre der Wartungsaufwand hoch bei den StaubablagerunTypische industrielle Verwendung von Regenwasser
❙ Produktion
❙ WC-Spülung
❙ Kühlung, z. B. durch Verdunstung
(adiabate Kühlung)
❙ Reinigung von Industriefiltern, von
Metallteilen vor der Beschichtung,
von Maschinen und Fahrzeugen
❙ Bewässerung von Fassadenbegrünung, Dachbegrünung, Außenanlagen, Innenbegrünung
❙ Siehe auch Website Ministerium
für Umwelt Baden-Württemberg:
www.umweltschutz-bw.de/?lvl=6712
gen auf den nicht befestigten Außenlagerflächen, deshalb allenfalls langfristig vorgesehen. Mittelfristig wird wohl eher
die restliche Dachfläche von zusammen
3.530 m2 an einen weiteren Regenspeicher
angeschlossen. Doch bis es soweit ist, wird
vorrangig verwendet, was vorhanden ist,
selbst wenn der Speicher gelegentlich
trocken fällt. Die Jahresproduktion mit
8.300 m3 Fertigteilbeton benötigt in den
Mischanlagen 1.200 m3 Wasser. Der durchschnittliche Regenertrag von 1.660 m3 deckt
diesen Bedarf vollständig ab. Für den Fall,
dass Regenwasser fehlt, ist jedoch vorgesorgt. Eine automatische Trinkwassernachspeisung liefert der Pumpe, welche die
Verbrauchsstellen versorgt, durch die Übergabeeinrichtung des „Freien Auslaufs“
Nachschub. Dieser Vorgang wiederholt sich,
bis laut Wasserstandsensor wieder Regenwasser zur Verfügung steht.
Die Technik dahinter
Im Gelände zwischen dem 200 m3 fassenden
unterirdischen Regenspeicher und der neuen
Produktionshalle sitzt ein Pumpschacht mit
Unterwassermotorpumpe. Diese entnimmt
dem Regenspeicher periodisch das für die
Betonproduktion erforderliche Wasser. Zwei
Mischanlagen im Gebäude werden durch
die Betriebswasserleitung automatisch versorgt. Thomas Rendler, technischer Mitarbeiter bei Mall, beschreibt das von ihm
konzipierte Wasserrecycling so: „Ein Membran-Druckbehälter mit 1.000 l Fassungsvermögen sorgt für einen gleichmäßigen
Leitungsdruck. Ventile in den Mischanlagen
öffnen und schließen automatisch. Ebenso
reagiert die Unterwassermotorpumpe im
Pumpschacht, sobald die Wassermenge im
Druckbehälter nicht mehr ausreicht und fördert entsprechend nach“.
Nachdem der fertig gemischte Flüssigbeton
mit der Betonkübelbahn in die Gussformen
transportiert ist, muss das Mischwerk und
die Kübelbahn mit dem Betriebswasser aus
der Zisterne gereinigt werden. Das abflie-
ßende Wasser enthält so genannte Betonschlämme, die per Ringleitung der Mischanlage wieder zugeführt wird. Ein Tauchmotorrührwerk sorgt auf halber Strecke
dafür, dass sich Feststoffe nicht absetzen. Je
nach Menge und Konsistenz des im Vorlagebehälter gesammelten Waschwassers kann
nach Bedarf Betriebswasser aus der Zisterne
zugemischt werden. Die verschiedenen
Pumpen, Wasserstandssonden und das
Tauchmotorrührwerk stehen über einen zentralen Steuerschrank miteinander in Verbindung. Dies ist die eigentliche Zentrale des
gesamten Betriebswassersystems, die einschließlich Trinkwassernachspeisung leicht
zugänglich und Platz sparend das Wasserrecycling in der Produktionshalle verwaltet.
Die Qualität von Regenwasser
Die laut DIN 1989-1 vorgesehene Verwendung, zu der auch die hier praktizierte Nutzung zur Herstellung von Beton zählt, bedarf weder einer besonderen Aufbereitung
noch Desinfektion des gesammelten Regenwassers. Dies ist aus ökonomischen und
ökologischen Gründen auch nicht wünschenswert. Natürliche Prozesse und ein geringes Nährstoffangebot im unterirdischen
Regenspeicher führen dazu, dass eingespülte (natürliche, organische) Bestandteile
wie Bakterien von den Sammelflächen des
Hallendachs nur kurzzeitig in der Zisterne
vorhanden sind. Untersuchungen des Landesamtes für allgemeine Hygiene in Bremen
über mehr als 12 Jahre haben gezeigt, dass
die festgestellten Konzentrationen in Regenspeichern unterschiedlicher Bauart im
Durchschnitt deutlich unter den zulässigen
Werten für Badegewässer liegen /1/.
Dennoch erhält jede nach DIN 1989 gebaute
Regenwassernutzungsanlage einen Filter im
Zulauf zur Zisterne. Großanlagen wie diese
Betriebserweiterung in Nottuln werden üblicherweise mit einem Filterschacht vor dem
Regenspeicher ausgestattet. Mall konnte sich
hierfür wie beim Zisternenbau aus dem eigenen Sortiment bedienen. Im Filterschacht
Nutzen von Regenwasser
im Produkt
❙ Flüssigdünger bei ADB in Coswig/
Sachsen-Anhalt
❙ Steinwolle als Dämmmaterial
bei Rockwool in Gladbeck/NRW
❙ Betonfertigteile bei Mall Umweltsysteme in Nottuln/NRW
❙ Topfpflanzen bei Gärtnerei Engels
in Pulheim-Sinnersdorf/NRW
wwt-online.de
SPECIAL REGENWASSER
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SPECIAL REGENWASSER
Regenspeicher V = 200 m3
Pumpschacht
DN 1.500 T1
D –0,12
D –0,13
DN
HD
E-
P
G/
-K
VC
, 0P
1 % 30
DN
20
0
D –0,13
RS –1,39
Zulauf
DN 300/
Da 315 mm
Filterschacht
FS 3.000
D –0,06
Pos. 3
Schwimmerschalter
Entspannungsschacht DN 1.000
Pos. 4 Druckwasserbehälter
1.000 l Brauchwasser
DN 150
DN 150
Pos. 1
Pos. 5
Steuerschrank
E-Schrank/Heizung
DN
200
Pos. 2
Rührwerk
OK-FFB = 0,00
Halle 3
Lageplan neue Produktionshalle mit unterirdischem Regenspeicher
trennt eine zylindrische Edelstahlspaltsiebstruktur mit einer Maschenweite von 0,6 mm
den Zulauf vom Ablauf Richtung Speicher.
Schwebstoffe, die diesen Filter nicht passieren können, sinken als Feinteile zu Boden
oder schwimmen auf an die Wasseroberfläche, wie z. B. Blütenpollen. Der Filterschacht
kann im Zuge von Wartungsmaßnahmen
ohne großen Aufwand vom Filtergut befreit
werden. Um die Planung zu erleichtern, tragen die Filterschächte von Mall als Produktbezeichnung die hydraulische Leistungsfähigkeit im unverschmutzten Zustand in
Liter pro Sekunde. In diesem Fall wurde ein
Filterschacht mit der Typenbezeichnung FS
85 verwendet. Das bedeutet, dass der Filter
den Abfluss von 85 l/s rückstaufrei verkraftet. Bei dem zugrunde gelegten Bemessungsregen von 300 l/s × ha kann unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Abflussbeiwertes deshalb eine Dachfläche bis zu
3.000 m2 fachgerecht angeschlossen werden
/2/. Sollte der Regenwasservorrat im unterirdischen Speicher ganz aufgefüllt sein und
dennoch weiterhin Niederschlagswasser anfallen, so wird der Überlauf aus Speicher und
Filter in den öffentlichen Kanal abgeleitet.
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Halle 2
Grafik: Mall
Fertigteile
schnell montiert
Filterschacht und Regenspeicher aus Betonfertigteilen werden auf 15 cm hohem Sandbett versetzt. Die Wanddurchführungen der
Zu- und Ablaufleitungen sind mit hochwertigen Dichtungen so in den Behältern eingegossen, dass bei der Montage die Verbindungsrohre nur gesteckt werden müssen.
Mit Schachtabdeckungen Klasse B sind
diese Behälter befahrbar. So kann der Standort flexibel gewählt werden, sowohl unter
Grünflächen als auch unter Stellflächen und
Zufahrten.
Wenn Marktführer wie Mall, die erfahrungsgemäß ihrer Zeit voraus sind, auf Regenwasser als Ressource setzen, ist dies ein
deutliches Zeichen.
Heute schon mit Betriebswasser Erfahrung
zu sammeln heißt, optimal mit den Möglichkeiten der Verwendung umgehen zu lernen und damit wieder einen Schritt voraus
zu sein, wenn es in einigen Jahren wirklich
darauf ankommt, das Lebensmittel Trinkwasser nur noch dort zu verwenden, wo die
höchste Qualitätsstufe von Wasser auch tatsächlich gebraucht wird.
Bild 7
L I T E R AT U R
/1/ König, Klaus W.: Regenwassernutzung von A – Z.
Ein Anwenderhandbuch für Planer, Handwerker
und Bauherren, mit DIN 1989, Trinkwasserverordnung 2001 und besonderen Projekten. Speziell:
Teil 2, Optimale Wasserqualität, Seite 35 ff.
Aktualisierter Auszug, Stand 2008, online auf
www.mall.info.
/2/ Regenwasserbewirtschaftung und Niederschlagswasserbehandlung, Planerhandbuch. (Hrsg.:)
Mall GmbH, Donaueschingen, 2012. 71 Seiten,
DIN A 4, kostenlos
K O N TA K T
Dipl.-Ing. Klaus W. König
Öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter für die
Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser,
Fachbuchautor und Lehrbeauftragter an der
Universität Stuttgart und an der Hochschule
Reutlingen.
Jakob-Kessenring-Straße 38
88662 Überlingen
Tel.: 07551/61305 | Fax: 07551/68126
E-Mail: [email protected]
11–12/2013