Der iQ-Test

Transcription

Der iQ-Test
Test The Best
Vergleich
powered by
Der iQ-Test
Wer baut den intelligentesten Mini?
Mit dem Toyota iQ kommt ein Oberstreber in die automobile Grundschule. Aber welche Noten
geben ihm die Lehrer aus 29 Ländern im Intelligenztest mit Smart Fortwo, Ford Ka und Fiat 500?
Vier Kleine, die hohe Wellen schlagen: Fiat 500, Smart, Ford Ka und Toyota iQ am Mittelmeerstrand von Nettuno bei Rom
D
er Fischer Dario aus
Nettuno südlich von
Rom setzt seine Sonnenbrille auch dann nicht
ab, wenn der Himmel über
dem kleinen Küstenort winterlich düster ist und Sonnenstrahlen so selten zu sehen sind wie Touristen Ende
Januar.
Gassenhauer: In den engen Straßen von Nettuno
können die vier Stadtflitzer ihre Wendigkeit ausspielen
Und so spiegelt sich der
Toyota iQ in seinen Brillengläsern, als Dario an den
Kleinwagen tritt und mit seinen kräftigen Händen über
das kurze, breite Blechkleid
streicht. „Gefällt mir“, sagt
Dario kurz. „Die Form mag
ich leiden.“ Dann geht er zurück zu seinen Netzen.
32 www.autobild.de · Nr. 6 · 6. Februar 2009
Eine flüchtige Einzelmeinung. Deutlich ausführlicher
und kompetenter werden die
Urteile am nächsten Tag, als
der Toyota iQ mit dem Fiat
500, dem Ford Ka und dem
Smart auf der BridgestoneTeststrecke die Frage klärt:
Wer baut den intelligentesten
Kleinwagen? Es ist ein echter
Den iQ fest im Blick: Fischer Dario am Yachthafen des kleinen Fischerortes. Ihm gefällt der japanische Fiat-Gegner
iQ-Test, und die Jury ist so
schlau, sich von niemandem
beeinflussen zu lassen, erst
recht nicht von Dario, dem
Fischer.
Die 29 AUTO BILD-Chefredakteure haben zwei Tage
lang Zeit, die vier klassischen
Stadtflitzer auf ihre Intelligenz-Quotienten zu prüfen.
Wer hat die pfiffigste Form?
Wer die ausgekochteste Leistung? Wer zeigt beim Komfort die cleverste Lösung,
und welches Modell ist die
Leuchte, wenn es um Fahrdynamik geht?
Am Anfang heißt es:
schnell sein. Denn jeder will
den Toyota iQ testen, den
Moderne Kunst: Das Rundstück Fiat 500 ist ein Gute-Laune-Auto – und auf dem Weg, ein Klassiker zu werden, wie es der
Smart schon ist. Der Ford Ka ist ein unauffälliger Kleinwagen, überzeugt im Test aber mehr als der trendige Toyota iQ
Herausforderer. Toyota greift
mit ihm den Smart an und
will dem Urvater des modernen Stadtautos den Kultstatus streitig machen.
Mit Kult hat Sinisa Tkal­
cevic wenig am Hut. Der
Chefredakteur von AUTO
BLIC, unserem kroatischen
Schwesterblatt, hat sich als
Yogendra Pratap,
Chefredakteur
AUTO BILD Indien
„Der Fiat 500 ist bei
uns ein Luxusauto
für reiche Inder und
wird kaum verkauft“
Erster in den iQ gesetzt, und
als er nach seinem ausgiebigen Test zurück auf den
Parkplatz rollt, ist er schlauer als zuvor. „Ich hab’ etwas
anderes erwartet. Die Verarbeitung der Plastikwüste ist
schlimm, der hohe Preis fast
schon lächerlich. Wenn das
die Zukunft des Stadtautos
Wer bootet hier wen aus? Der iQ macht sich vor
seinen drei Konkurrenten ganz schön breit
ist, fahre ich bald wieder Motorrad.“ Ein hartes Urteil.
Für Sinisa steht iQ für „inakzeptable Qualität“. Sechs,
setzen!
Und tatsächlich verursacht
so mancher Tester mit seinem Ehering Kratzer auf
dem Billig-Plastik im Innenraum, die nie wieder wegge-
hen. Der iQ ist wohl tatsächlich eher ein Auto für den
Großstadt-Single.
Doch es geht auch anders:
Tito Klein, Chefredakteur
von AUTO BILD Spanien,
findet den iQ „für den Preis
in Ordnung“ und lobt die
gute Fahrdynamik. Tatsächlich liegen die vier Räder .
Nr. 6 · 6. Februar 2009 · www.autobild.de 33
fotos: m. heimbach, u.sonntag (1)
Experten unter sich: Fanny Glazenburg
(Holland) und der Franzose Laurent Chiapello
Vergleich
Test The Best
fotos: m. heimbach, u. sonntag (2), K. Weichbrodt (1)
powered by
Vier Minis, vier mal ganz unterschiedliche Typen: Beim iQ fällt vor allem auf, wie
breit er sich macht. Mit 1,68 Meter ist er über 12 Zentimeter breiter als der Smart
Toyota iQ
Die Optik des iQ polarisiert: Die zu großen Radkästen lassen den
Toyota wie auf Stelzen laufen, findet Sergio Veiga aus Portugal
Braunes Billig-Plastik: Die Materialwahl im Innenraum rechtfertigt
den hohen Preis nicht. Auch das Design (kl. Foto links) verstört
Der iQ-Vorteil:
Sind nur zwei an
Bord, bietet die
umlegbare Rückbank viel Platz
Kantiger Herausforderer: Der iQ orientiert sich optisch eindeutig am Smart
Fiat 500
Ford Ka
Smart Fortwo
Bruder des Cinquecento: Der Ka ist ein optisch zurückhaltender Typ, der dafür auffällig fahraktiv ist
Design im Innenraum: Ob bei der
Türverkleidung
oder beim ModellLogo – im Ka fühlt
man sich nicht
wie in einem Unter10 000-Euro-Auto
Fiat
Smart
Toyota
Vierzylinder
Dreizylinder
Dreizylinder
2 pro Zylinder/1
4 pro Zylinder/2
4 pro Zylinder/2
Zahnriemen
Kette
Zahnriemen
1242 cm³
999 cm³
998 cm³
51 (69)/5500
45 (61)/5800
50 (68)/6000
102/3000
89/3000
91/4800
160 km/h
145 km/h
150 km/h
Fünfgang
Fünfgang-Halbautomatik
Fünfgang
Vorderradantrieb
Hinterradantrieb
Vorderradantrieb
Scheiben/Trommeln
Scheiben/Trommeln
Scheiben/Scheiben
185/55 R 15 H
155/60 –175/55 R 15 T
175/65 R 15 S
6,0 x 15“
4,5 – 5,5 x 15“
5,0 x 15“
119 g/km
103 g/km
99 g/km
6,4/4,3/5,1 l
5,1/3,8/4,3 l
4,9/3,9/4,3 l
35 l/Super
33 l/Super
32 l/Super
12,9 s
16,7 s
14,7 s
940/365 kg
790/230 kg
920/290 kg
185–610 l
220–340 l
32–238 l
3546/1627/1488 mm 2695/1559/1542 mm 2985/1680/1500 mm
ab 10900 Euro
ab 9850 Euro
ab 12700 Euro
*innerorts/außerorts/gesamt auf 100 km
Wertung
ford
fiat
smart
toyota
Antrieb
Beschleunigung
Elastizität
Motoreigenschaften
Getriebe
Antrieb gesamt
Unverwechselbar: der Armaturenträger des
Smart wirkt
cool, aber nicht
billig, findet
auch Goran
Kerim aus
Mazedonien
Das fehlt beim Smart, und
da nützt es dem Klassiker
auch nichts, dass er – wie
neuerdings der Fiat 500 – inzwischen mit Start-StoppAutomatik zu bekommen ist.
Auf diese im Stadtverkehr
wichtige Technik verzichtet
sogar der Hybrid-Vorreiter
Toyota. Nicht sehr schlau.
Sinisa Tkalcevic,
Chefredakteur
AUTO BLIC (Kroatien)
„Wenn der iQ die
Zukunft des Autos ist,
fahre ich bald
wieder Motorrad“
Doch ein entscheidendes
Kriterium liegt jenseits aller
Intelligenz, denn es gibt kein
„schlaues Design“. Die Frage nach der Form beantworten alle Autos auf ihre Weise.
„Jeder der vier hat einfach
etwas Spezielles“, sagt der
Inder Pratap.
Das hätte so wohl auch Dario formuliert, der Fischer
aus Nettuno.
Fazit
„Der Ford Ka bietet
guten Fahrkomfort
und viel Platz. Und
das zu diesem Preis“
Fahrverhalten
Assistenzsysteme
Lenkung
Bremseigenschaften
Handling
Fahrverhalten gesamt
Preis*
Umwelt (Verbrauch/CO2)*
Gesamtwertung
Platz
des breiten und kurzen iQ
fast im Quadrat auf der Straße, was dem Handling spürbar guttut. Die Tester haben
den Eindruck, der iQ wende
fast auf der Stelle. Klein hat
zwei Kollegen zur Testfahrt
mitgenommen, und es wirkt
schon ungewöhnlich, wenn
der Beifahrer im iQ schräg
vor dem Fahrer sitzt, damit
dahinter ein dritter Erwachsener Platz findet. Und die
Sicht nach rechts ist auch getrübt.
Während Goran Kerim,
Chefredakteur aus Mazedonien, verzweifelt und fluchend versucht, im iQ das
abnehmbare Handschuhfach mit seinen Druckknöpfen wieder festzumachen,
grübelt Yogendra Pratap aus
Indien noch darüber, wem er
mehr Punkte geben soll, dem
Ford Ka oder dem Fiat 500.
„Sind ja fast die gleichen Autos. 80 Prozent der Technik
ist übernommen“, weiß er.
„Der Fiat ist bei uns in Indien ein Luxusauto für Reiche. Nur 100 Stück werden
davon im Monat verkauft.“
Laurent Chiapello,
Chefredakteur
AUTO PLUS (Frankreich)
Komfort
Fahrkomfort
Sitze
Geräuscheindruck
Bedienbarkeit
Komfort gesamt
* doppelt gewichtet
34 www.autobild.de · Nr. 6 · 6. Februar 2009
Ford
Vierzylinder
2 pro Zylinder/1
Zahnriemen
1242 cm³
51 (69)/5500
102/3000
159 km/h
Fünfgang
Vorderradantrieb
Scheiben/Trommeln
195/50 R 15 H
6,0 x 15“
119 g/km
6,3/4,4/5,1 l
35 l/Super
13,1 s
940/380 kg
224–710 l
3620/1658/1506 mm
ab 9750 Euro
Karosserie
Raumkonzept
Verarbeitung
Rundumsicht
Qualitätseindruck
Karosserie gesamt
Klassiker als Micro-Hybrid mit Start-Stopp-Technik:
Schaltruckler bleiben aber noch immer ein Problem
Herzensbrecher:
als „pur O2“
mit Start-StoppAutomatik ist
der Fiat noch
attraktiver, notiert Alexandru
Sincan aus Rumänien
FAHRZEUGDATEN
Motor Bauart/Zylinder/
Ventile/Nockenwellen
Nockenwellenantrieb
Hubraum
kW (PS) bei U/min
Nm bei U/min
Höchstgeschwindigkeit
Getriebe
Antrieb
Bremsen vorn/hinten
Testwagenbereifung
Radgröße
Abgas COπ
Verbrauch*
Tankinhalt/Kraftstoff
Beschleunig. 0–100 km/h
Leergewicht/Zuladung
Kofferraumvolumen
Länge/Breite/Höhe
Preis
1.
2.
3.
3.
Das Geschwisterduell sieht
einen klaren Sieger. Der Rumäne Alexandru Sincan hält
den 500 für „einen modischen Wagen, aber beim
Ford wurde mehr Wert auf
Fahrkomfort gelegt“. Und in
seiner Heimat würden die
Leute eben mehr auf Funktion als auf Form achten. Auch
Laurent Chiapello sieht den
unauffälligeren Ka vorn.
Dem Franzosen gefällt auch
das Platzangebot des Ford.
‡ Wer clever ist, baut einen
Stadtflitzer, der nicht billig
wirkt, Platz bietet und unter
10 000 Euro kostet. Über die
Form des iQ kann man streiten,
nicht über das Billig-Material
und den dafür zu hohen Preis.
Schlauer ist die Schlichtheit
des Testsiegers Ka, der durchdacht ist, aber kein Angeber.
Der Ka ist smarter als der iQ.
Hafenrundfahrt: die vier Minis
in Nettuno am Mittelmeer
Nr. 6 · 6. Februar 2009 · www.autobild.de 35