Killerspiele und Spielekiller - Donau
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Killerspiele und Spielekiller - Donau
TIMNEWS Killerspiele und Spielekiller Computerspiele und Jugendschutz E Foto: Frank Sliwka, Deutscher eSport Verband s ist ein Spiel, das sich mit beständiger Regelmäßigkeit alle paar Jahrzehnte wiederholt. Kaum beginnt sich ein neues Medium in der Jugendkultur zu etablieren, wächst die Angst der Gesellschaft, die Jugend könnte zu Kriminalität verführt und in die Verwahrlosung getrieben werden. So schrieb zum Beispiel der österreichische Jugendinformationsdienst im Jahr 1955 über die Gefahr von Comics: „Die durch Comics gesteigerte Jugendkriminalität ist nur äußeres Zeichen der Schäden, die verdeckt in weit größerem Umfang alle Kinder betreffen.“ Man war der Meinung, Comics hemmen „die Entfaltung der guten Anlagen und nähren negative Triebe und Instinkte.“ Nahezu gleich lautende Argumente wurden im 19. und 20. Jahrhundert auch über die Gefahren der Etablierung von Film, Fernsehen, und nicht zuletzt sogar des Taschenbuchs vorgebracht. Inzwischen hat die geschichtliche Entwicklung gezeigt, dass viele dieser Ängste als vollkommen unbegründet eingestuft werden müssen. In der Medienforschung spricht man in diesem Zusammenhang vom so genannten „Third Person Effect“. Jene Personen, die mit bestimmten Medien am wenigsten vertraut sind, sind eher geneigt, diese Medien als gefährdend einzustufen. Dabei ist es nicht nur die Erwachsenenkultur, die oftmals Unverständnis über die Mediennutzung der Jugendkultur zeigt. Zahlreiche Studien belegen, dass der Third Person Effect auch bei Jugendlichen selbst zu finden ist. Diese Tatsache wird mitunter medial instrumentalisiert in dem selbsternannte ExpertInnen „vernünftige“ Jugendliche vorführen, die die Gefahren nach deren Einschätzung richtig einstufen und daher als Ausgabe 01/2006 Vorbilder angenommen werden sollen. Ein Ansinnen, das in der Regel nur zur weiteren Polarisierung von Meinungen führt. Wir befinden uns zurzeit inmitten einer derartigen Debatte. Auslöser ist das Internet sowie die durch die technologische Vernetzung vorangetriebene Verbreitung von gewalttätigen Online-Computerspielen. Man spricht von „Killerspielen“, die wieder die Jugendkriminalität steigern, die Entfaltung guter Anlagen hindern und negative Triebe und Instinkte nähren sollen. Im deutschen Nachrichtenmagazin „Frontal21“ wurde sogar behauptet, es sei neurowissenschaftlich nachgewiesen, dass der verstärkte Konsum von Videospielen sich negativ auf die Lernerfolge auswirkt, da im jugendlichen Gehirn nicht mehr genügend Platz für sinnvolle Informationen vorhanden sei. Darüber hinaus werden als Beweis für die kriminelle Beeinflussung der Jugend oftmals extreme Einzelereignisse wie die Amokläufe in den Schulen von Littleton, Colorado, oder im deutschen Bad Reichenhall angeführt, bei denen die Mörder ihre Handlungen über Videospiele trainiert haben sollen. Die dadurch entstehende starke Emotionalisierung des Themas lässt eine vernunftbetonte Auseinandersetzung kaum mehr zu. Auch PolitikerInnen sehen sich zunehmend zur Handlung genötigt, um sich nicht zu einem späteren Zeitpunkt Tatenlosigkeit vorwerfen lassen zu müssen. So wird in Deutschland zurzeit ein generelles Verbot bestimmter Videospiele diskutiert, Killerspiele sollen „gekillt“ werden. Tatsächlich ist die Situation aber wesentlich komplexer als es auf den ersten Blick erscheint. Wie schon in früheren Schmutzund Schundkampagnen ist der Zusam- menhang zwischen der Nutzung gewalttätiger Computerspiele und ausgelebtem aggressiven Verhalten höchst umstritten. Objektiv nachgewiesen erscheint lediglich die Tatsache, dass Kinder und Jugendliche nach dem Konsum gewalttätiger Videospiele für einen eingeschränkten Zeitraum zu aggressivem Spielen neigen. Interessanterweise nimmt diese Neigung mit der Länge des Videospielkonsums wieder ab. Kinder, die über längere Zeit gewalttätige Videospiele konsumieren, verbleiben anschließend einen kürzeren Zeitraum in einer Phase aggressiven Spielens als jene Kinder, die nur kurz mit den Videospielen konfrontiert werden. Der Zusammenhang mit tatsächlichem aggressivem Verhalten von Jugendlichen ist hingegen überraschend schwer nachweisbar. Hauptkritikpunkt an einem Grossteil der durchgeführten Studien ist dabei die Tatsache, dass der freiwillige Spielcharakter in Laborversuchen nicht entsprechend simuliert werden kann, eben diese Freiwilligkeit aber einen starken Einfluss auf die Ergebnisse haben müsste. Viele Studien ziehen sich daher auf die Interpretation von Indizien zurück. In einer vorwiegend emotional geführten Diskussion ist dies ein denkbar ungünstiger Ausgangspunkt für das Erzielen objektiv gültiger Aussagen. Dies gilt natürlich ebenso für das Umkehrargument, das Spielen gewalttätiger Computerspiele würde das Aggressionspotential verringern, da die Jugendlichen so lernen, mit Aggression und Gewalt besser umgehen zu können. Der an der Universität Utrecht lehrende Psychologe Jeffrey Goldstein kommt in einer im „Handbook of Computer Game TIMNEWS Studies“ veröffentlichten Metastudie über „Violent Video Games“ zu dem Schluss, dass die bisherigen Ergebnisse im besten Fall als inkonsistent betrachtet werden müssen. Tatsächlich gibt es keine Anzeichen, dass durchschnittliche Jugendliche oder sogar Kinder von gewalttätigen Videospielen in irgendeiner Form negativ wie positiv beeinflusst werden. Dies bedeutet insbesondere, dass eine Entemotionalisierung des Themas höchst angebracht wäre. Gleichzeitig stellt Goldstein aber auch fest, dass gewalttätige Videospiele – wie vergleichbare gewalttätige Inhalte anderer Medien auch – in bestimmten Jugendlichen mit latent aggressiven Verhalten gewalttätige Verhaltensweisen durchaus auslösen können. Dies ist aber ein Problem, das ursächlich nicht mit den Videospielen selbst zusammenhängt und daher über ein Verbot derselben auch nicht lösbar ist. Die Situation ist vergleichbar mit dem Zusammenhang zwischen Epilepsie und dem Fernsehkonsum. Fernsehen kann niemals Ursache für Epilepsie sein, es kann die Krankheit aber auslösen. Dennoch ist das Verbot von Fernsehen ganz offensichtlich kein Heilmittel für Epilepsie. Wie aber gehen wir mit dem Problem dann um? Es scheint so nahe liegend und offensichtlich, dass ein Verbot von gewalttätigen Computerspielen unsere Jugend schützen müsste. Bei näherer Betrachtung ist dieser bewahrpädagogische Zugang allerdings sehr kurzsichtig. Ein Verbot würde gewalttätige Computerspiele nicht weniger attraktiv machen sondern im Gegenteil deren Attraktivität weiter steigern. In Zeiten der globalen Vernetzung ist es für Jugendliche ein Leichtes, illegal an jedes Computerspiel heran zu kommen. Damit wäre diese Vorgangsweise zutiefst kontraproduktiv, da sie tatsächlich kriminelles Handeln im Gegensatz zur eigentlichen Intention sogar fördern würde. Die Lösung kann daher nur in einem aktiven, von den Eltern getragenen, Jugendschutz durch Aufklärung liegen. Eltern müssen sich der Mediennutzung ihrer Kinder bewusst werden und ihm Rahmen ihrer Erziehungspflicht Aufklärungsarbeit leisten. Dazu wäre es aber auch notwendig, dass die Industrie die Kennzeichnung problematischer Inhalte konsequent durchführt und dass vor allem der Handel diese Informationen an die KonsumentInnen weitergibt. Das Problem liegt also nicht in der Verfügbarkeit gewalttätiger Inhalte bei Computerspielen. Das Problem liegt vielmehr in der Tatsache, dass sich niemand dafür zuständig sieht, Eltern über diese Inhalte in einer für sie brauchbaren Form sachlich und vor allem ohne Panikmacherei zu informieren. M ichael Wagn er [email protected] infobox Universitätslehrgang: Computer Game Studies Lehrgangsstart: 27. November 2006 Studiendauer: 90 ECTS, 4 Semester, berufsbegleitend Abschluss: Master of Arts (MA) Anmeldeschluss: 30. Juni 2006 Studienort: Krems mit Modulen in Kopenhagen, Pittsburgh, Düsseldorf, Stuttgart Unterrichtssprache: Englisch Studiengebühr: EUR 12.900,Information: [email protected] www.donau-uni.ac.at/imb Geoda(e)ten verbinden… A n der Donau-Universität Krems wird vom 3. bis 5. Mai im Rahmen des 9. Österreichischen Geodätentages ein Überblick über Entwicklungsstand, Projekte und Trends der Geodäsie vermittelt. In zahlreichen Fachexkursionen sowie vielfältigen Ausstellungen und Firmenpräsentationen haben die TeilnehmerInnen des Kongresses die Möglichkeit sich einen umfassenden Einblick in Gegenwart und Zukunft von Vermessung und Geoinformation zu verschaffen. Prognoseinstrumenten und Techniken der Entscheidungsunterstützung. So beginnt DI Dr. Karin Siebenhandl mit ihrem Vortrag über die Verknüpfung von Datenerfassung und Kommunikationssystemen im Verkehrswesen. Die weiteren Vorträge demonstrieren die Bedeutung interdisziplinärer Forschung für Entscheidungsunterstützung ebenso wie Methoden der Flusslauf- und hydrographischen Vermessung und geodätisches Monitoring durch Geologen und Bauingenieure. Inhaltlicher Schwerpunkt dieser Tagung sind Fachvorträge mit ExpertInnen aus Österreich, Deutschland, Italien, Slowenien, der Schweiz sowie der Tschechischen Republik. Ein zentrales Thema ist die Interdisziplinarität von Einsatzgebieten, Ein Fokus gilt auch den Anwendungsmöglichkeiten von Geodaten durch BürgerInnen, Wirtschaftsunternehmen und Verwaltung: Es werden der Bodensee-Geodatenpool, das Urkundenarchiv der Ziviltechniker und das Geoinformationsportal e- geodata Austria vorgestellt. Zusätzlich informiert Mag. Dr. Peter Parycek über den aktuellen Stand der geodatenbasierten E-Governmentdienste und die politischen Motive der Europäischen Kommission sowie deren Auswirkungen auf den öffentlichen Sektor. Weiterer Vortragsschwerpunkt ist die Schaffung und Vernetzung von regionalen und internationalen Infrastrukturen. Der inhaltliche Abschluss der Fachvorträge durch Univ.-Prof. Dr. Hanna Risku und Mag. Franz Hable behandelt die Benutzbarkeit und Verständlichkeit von OnlineGeoinformationen. Informationen: http://ogt2006.ovg.at/index.htm Hannes Hinterer [email protected] Ausgabe 01/2006