Liebe Ehemalige, ich habe versucht, Ihnen in meinen Beiträgen

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Liebe Ehemalige, ich habe versucht, Ihnen in meinen Beiträgen
Liebe Ehemalige,
ich habe versucht,
Ihnen in meinen Beiträgen
einen kleinen Einblick in das Schulleben zu geben.
Das habe ich mit Statistiken, Prognosen,
Beschreibungen, Berichten, Bildern getan.
Heute will ich es einmal anders versuchen:
Eine Schule hat viele Geschichten, die
weitergegeben werden, wahre und leider auch
unwahre.
Diese Geschichten habe ich gesammelt.
Einen kleinen Teil von ihnen, möchte ich hier
erzählen:
Der Feuerlöscher
Eine Schule hat viele Feuerlöscher.
Eine Schule muss Feuerlöscher haben.
Feuerlöscher werden viel zu selten bedient.
Das fand jedenfalls ein Schüler, den ich nie
vergessen werde.
Andere werden ihn wegen der folgenden Ereignisse
auch nie mehr vergessen.
In einer Pause – in einem unbeobachteten
Augenblick – riss er den Feuerlöscher von der
Wand. Er versprühte den gesamten Inhalt des
Feuerlöschers auf dem Flur.
Feines weißes Pulver legte sich auf alles und saß in
allen Ritzen.
In einer Schule gibt es immer Augen, die etwas
sehen.
So auch bei diesem Geschehen.
Der „Täter“ war sich sicher: Niemand hat mich
beobachtet.
Umso verblüffter war er, als er in das Rektorzimmer
gerufen wurde.
Dort wurde seine „Täterschaft“ unter Mithilfe der
Zeugen schnell festgestellt.
Natürlich gab es auch eine „Strafe“.
Die sah in diesem Falle so aus:
Der „Feuerwehrmann“ wurde mit einem weißen
Overall, einer Schutzbrille, einer Gasmaske,
Gummihandschuhen, einer Gummischürze, einem
Handfeger und einer Kehrschaufel ausgestattet.
Dann musste der junge Mann unter Aufsicht des
Hausmeisters alles wieder saubermachen.
Die ganze Schulgemeinschaft konnte diese Aktion
beobachten.
Sie sprach sich herum wie ein Lauffeuer.
Danach war der „Ruf“ des Schülers für immer
beschädigt.
Der Einbruch
Einbrüche in die Schule hat es einige gegeben.
Jeder Einbruch führte dazu, dass die Schule einen
neuen und besseren Tresor bekam.
Einbrüche hat es am Sonntag gegeben.
Am helllichten Tag.
Der Erzähler sitzt am Schreibtisch in der Schule.
Am Sonntag. Mittags. Er hört nichts und merkt
nichts. Trotzdem wird in die Schule eingebrochen.
Der Erzähler erfährt es erst am Montag. Er erinnert
sich, am Sonntag einen Knall gehört zu haben. Das
wird wohl die Scheibe des Biologie-Raumes
gewesen sein.
Einbrüche gab es auch nachts.
So klingelt es nachts um drei an der Tür des
Erzählers.
Draußen steht ein Taxifahrer.
Er sagt: „Nehmen Sie Ihre Schulschlüssel mit und
eine Taschenlampe. In die Schule wird
eingebrochen.“ Der Erzähler nimmt auch noch
einen Golfschläger mit, der im Flur steht. Eisen
sieben.
Taxifahrer und Erzähler kommen auf dem
Schulparkplatz an.
In der Schule brennt Licht. Oben in zwei Räumen.
Der Erzähler schließt die Schule auf. Der Taxifahrer
schleicht hinter ihm her, eine Gaspistole in der
Hand. Beide schleichen durch die dunkle Schule.
Sie kommen vor den beiden Räumen an. Sie sind
abgeschlossen. Die Einbrecher werden sich nicht
eingeschlossen haben. Entwarnung.
Was war vermutlich geschehen?
Am Nachmittag – während der Reinigung der
Schule – schien die Sonne in die beiden Räume. Da
wird jemand die eingeschaltete Beleuchtung
übersehen haben.
Nun ist es kurz vor vier.
Der Taxifahrer bringt den Erzähler nach Haus.
„Gute Nacht noch!“
Nuscheln
Vielleicht kennen Sie es.
Das Buch „Der weiße Neger Wumbawa“.
Empfehlenswert ist diese Lektüre allemal.
Darin geht es um das Verhören.
Jemand hört „Der weiße Neger Wumbawa“.
Gesagt wurde die Gedicht-Zeile „die weißen Nebel
wunderbar“.
Solche „Verhörer“ und dann auch „Verschreiber“
gibt es viele in der Schule:
„Mummeltan“ schreibt eine Schülerin. Sie hat das
Wort, das sie eigentlich meint, nur gehört.
Das gilt auch für das Wort „Ballerstoffe“, von denen
sie gehört hat, dass vollwertige Ernährung sie
enthalten müsse. In diesem „Verhörer“ wird die
Wirkung eines reichhaltigen Kohlgerichtes allzu
deutlich. Ballaststoffe ist dagegen sprachlich
schlapp.
Auch wenn man aus dem Geschichtsunterricht über
die Antike das sagenumwobene „Orakel von Delve“
mitgenommen hat, zeigt man, dass einem die
Heimat mehr bedeutet als die übrige Welt.
Guter Unterricht
Eine Schülerin kommt nach der Unterrichtsstunde
nach vorne.
Sie stellt sich neben das Lehrerpult.
Sie sagt zum Lehrer: „Ich habe gerne Unterricht bei
dir.“
Der Lehrer freut sich.
Er will Gewissheit darüber erlangen, was so gut ist
an seinem Unterricht.
Er vermutet, die Schülerin würde sagen: Die
Mindmaps, die Texte, das Lerntagebuch, das
Leseportfolio seien das Gute an seinem Unterricht.
Die Schülerin sagt etwas ganz anderes, das den
Lehrer grübelnd im Klassenraum zurücklässt: „Du
riechst so gut.“
Gelobt sei, was hart macht
Eine Schule hat auch einen Feierabend.
Dann stehen die Gebäude der Schule anderen zur
Verfügung.
Solche Nutzer sind die Volkshochschule und
verschiedene Vereine und Institutionen.
Eines Abends im Winter steht der Schulleiter mit
dem Hausmeister im Dunkeln auf dem Schulhof.
Alles ist dunkel.
Nur in einem Raum brennt Licht.
Der Schulleiter weist den Hausmeister darauf hin.
Der Hausmeister schüttelt den Kopf: „Nein, das ist
o.k. Das Licht muss da noch brennen. Da ist
Hartmacher-Kurs von der Volkshochschule.“
„Hartmacher-Kurs?“ „Ja.“
Grübelnd verlässt der Schulleiter den Schulhof und
das Gelände.
Erst Tage später hat er die Lösung. Da liest er eine
Veranstaltungs-Ankündigung der Volkshochschule:
Hardanger-Kurs.
Das ist die norwegische Variante des Klöppelns.
Sicherer Parkplatz
Es ist ein lauer Sommerabend. Ein Sonntag.
Der Schulleiter sitzt in seinem Büro und sieht die
Klassenbücher durch und macht so seinen
Verwaltungskram.
Da kommt der Hausmeister in sein Büro.
Er hat gerade seinen Geländerundgang gemacht.
Er bittet den Schulleiter mitzukommen: „Ich muss
Ihnen mal was zeigen.“
Der Schulleiter kommt mit.
Der Hausmeister zeigt auf ein Auto, das unter dem
Dachüberstand am äußersten Ende des Schulhofes
ganz verdeckt steht.
Von weitem kann man sehen: Die Scheiben des
Wagens sind beschlagen. Das Auto wiegt sich leicht
hin und her.
Der Hausmeister möchte, dass der Schulleiter
näher herangeht, um einem Blick durch die
Scheiben des Fahrzeugs zu werfen.
Der Schulleiter sagt: „Ich möchte nicht in den
Verdacht kommen, ein Spanner zu sein.“
Er geht zurück in sein Büro.
Später fahren zwei Leute direkt unter seinem
Fenster vorbei und verlassen den Schulhof.
Steingarten
Gerade wurde der Steingarten auf dem
Schulgelände eingeweiht.
Der Zeitungsbericht darüber ist nicht erschienen.
Da hält an einem Sonntagnachmittag ein Caravan
vor dem Fenster des Schulleiters.
Er bearbeitet Akten, die liegen geblieben sind.
Aus dem Caravan steigt ein Mann.
Er öffnet die hintere Wagenklappe, nimmt einen
Spaten aus dem Auto und beginnt Pflanzen
auszugraben und sie in mitgebrachte Behältnisse zu
stellen.
Der Schulleiter öffnet sein Fenster und will etwas
sagen.
Da sieht ihn der Mann, springt in sein Auto und rast
mit offener Kofferklappe davon.
Spaten und Eimer bleiben zurück.
Das waren ein paar von den Geschichten, die sich
so im Laufe der Zeit bei mir angesammelt haben.
Ich fühle mich dabei einem Satz verpflichtet, der
von Umberto Ecco stammt: „Unser Gehirn ist nicht
gemacht für Informationen, sondern für
Geschichten.“
Ich wünsche Ihnen
alles Gute
und eine besinnliche Zeit
Ihr